Verordnung über die Leistungsangebote der Familien-, Kinder- und Jugendförderung (860.22)
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Verordnung über die Leistungsangebote der Familien-, Kinder- und Jugendförderung

1 860.22 Verordnung über die Leistungsangebote der Familien-, Kinder- und Jugendförderung (FKJV) vom 24.11.2021 (Stand 01.01.2023) Der Regierungsrat des Kantons Bern, gestützt auf Artikel 316 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. De zember 1907 (ZGB) 1 ) , Artikel 3 der Verordnung des Bundesrates vom 19. Okto ber 1977 über die Aufnahme von Pflegekindern (Pflegekinderverordnung, PAVO) 2 ) und Artikel 46 Absatz 2, Artikel 47 Absatz 2, Artikel 49 Absatz 3, Arti kel 58 Absatz 2, Artikel 107 Absatz 3, Artikel 116, Artikel 119 Absatz 2, Artikel
120 Absatz 2, Artikel 131 und Artikel 138 Absatz 4 des Gesetzes vom 9. März
2021 über die sozialen Leistungsangebote (SLG) 3 ) , auf Antrag der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion beschliesst:
1 Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Geltungsbereich
1 Diese Verordnung regelt die Bewilligung und Aufsicht bei Kindertagesstätten nach Artikel 107 SLG sowie die Leistungsangebote der Familien-, Kinder- und Jugendförderung nach Artikel 37 ff. SLG, namentlich a die familienergänzende Kinderbetreuung, b die offene Kinder- und Jugendarbeit, d die Beratungs- und Informationsangebote für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung sowie deren Familien, e die pädagogisch-therapeutischen Massnahmen.
2 Sie findet keine Anwendung auf a Angebote im Geltungsbereich des Gesetzes vom 3. Dezember 2020 über die Leistungen für Kinder mit besonderem Förder- und Schutzbedarf (KFSG) 4 ) ,
1) SR 210
2) SR 211.222.338
3) BSG 860.2
4) BSG 213.319 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
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860.22 2 b Angebote im Geltungsbereich des Volksschulgesetzes vom 19. März 1992 (VSG) 2 ) .

Art. 2

Erteilung einer Ermächtigung sowie Berichterstattung
1 Ermächtigungen an die Gemeinden, Aufwendungen für ein soziales Leis tungsangebot im Sinne dieser Verordnung dem Lastenausgleich zuzuführen, werden vom Amt für Integration und Soziales (AIS) der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) verfügt.
2 Das AIS kann von ermächtigten Gemeinden regelmässige Berichte zur Zieler reichung verlangen und weitere Vorgaben zur Berichterstattung machen.

Art. 3

Anpassung und Aufhebung der Ermächtigung
1 Die Ermächtigung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch der Gemeinde ins besondere dann angepasst oder aufgehoben, wenn a die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel des Kantons es erfordern, b die mit der Ermächtigung verbundenen Bedingungen und Auflagen nicht eingehalten werden und andere Sanktionen wirkungslos geblieben sind, c das Leistungsangebot die Voraussetzungen für die Zulassung zum Las tenausgleich nicht mehr erfüllt, d die Gemeinde im Vollzug trotz Abmahnung gegen eidgenössische oder kantonale Bestimmungen verstösst, e ermächtigte Gemeinden infolge von Gemeindefusionen nicht mehr existie ren, f ermächtigte Gemeinden durch Gemeindefusionen erweitert werden oder Anpassungen in der interkommunalen Zusammenarbeit vornehmen, so weit dies Auswirkungen auf die Ermächtigung hat oder g eine Gemeinde nicht mehr am Gutscheinsystem teilnehmen will.
2 Die Anpassung oder Aufhebung der Ermächtigung ist in der Regel sechs Mo nate im Voraus anzukündigen.
2) BSG 432.210
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2 Familienergänzende Kinderbetreuung
2.1 Bewilligung und Aufsicht Kindertagesstätten
2.1.1 Allgemeines

Art. 4

Bewilligungspflicht
1 Einer Bewilligung als Kindertagesstätte bedarf, wer a regelmässig tagsüber mehr als ein Kind unter zwölf Jahren ausserhalb ei nes privaten Haushalts betreut oder b mehr als fünf Betreuungsplätze innerhalb eines privaten Haushalts anbie tet.
2 Als regelmässig im Sinne von Absatz 1 gilt ein Betreuungsangebot, das a während mindestens zwei Monaten pro Jahr am Stück oder gesamthaft 39 Wochen pro Jahr angeboten wird sowie b einen Umfang von mehr als drei Stunden pro Tag oder mehr als sechs Stunden pro Woche hat.
3 Von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind vom Volksschulgesetz erfass te Betreuungsangebote.

Art. 5

Zuständige Behörde
1 Das AIS ist zuständige Bewilligungs- und Aufsichtsbehörde für alle Kinderta gesstätten nach Artikel 4.
2 Es ist in diesem Bereich zuständig für a die Erteilung und den Entzug von Bewilligungen für Kindertagesstätten, b die Anordnungen von Massnahmen gegen Inhaberinnen und Inhaber ei ner Bewilligung.

Art. 6

Modellversuche
1 Im Rahmen von Modellversuchen gemäss Artikel 78 SLG kann die GSI von einzelnen Bewilligungsvoraussetzungen nach dieser Verordnung abweichen.
2 Die Vorgaben der PAVO müssen eingehalten werden.
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2.1.2 Bewilligungsvoraussetzungen

Art. 7

Betriebsorganisation
1 Folgende Aspekte der Betriebsorganisation sind geregelt und für die Erzie hungsberechtigten einsehbar: a rechtliche Organisation, b Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, c Öffnungszeiten, d Sicherstellung der Qualität in allen relevanten Bereichen, e Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten, f sämtliche von den Erziehungsberechtigten zu tragenden Kosten im Zu sammenhang mit der Betreuung.

Art. 8

Betreuungsverträge
1 Kindertagesstätten schliessen mit den Erziehungsberechtigten der betreuten Kinder schriftlich öffentlich-rechtliche Verträge ab.
2 Die Regelungen zur Betriebsorganisation nach Artikel 7 bilden Bestandteil der Betreuungsverträge.

Art. 9

Infrastruktur
1 Standort, Raumangebot, Raumnutzung und Einrichtung der Kindertagesstätte sind zur Umsetzung des Angebots geeignet.
2 Die Kindertagesstätte erfüllt insbesondere folgende Anforderungen an die In frastruktur: a Pro anwesendem Kind liegt eine bespielbare Innenraumfläche von vier Quadratmetern vor, wobei während der Mittagszeit zusätzliche Kinder betreut werden können. b Räume, in welchen gespielt oder gegessen wird, verfügen über ein Fens ter mit Aussenraumbezug, ausser es handelt sich um Räume mit beson derem Nutzungszweck, in welchen sich die Kinder nicht länger als zwei Stunden pro Tag aufhalten. c Die Räumlichkeiten sind ausreichend beleuchtet. d Es besteht die Möglichkeit, alle Räume zu lüften. e Es bestehen Vorrichtungen, die gewährleisten, dass die Raumtemperatur ganzjährig kinds- und situationsgerecht ist. f Ausreichende sanitäre Lösungen liegen vor.
5 860.22 g Innerhalb einer Gehdistanz von maximal zehn Minuten besteht ein Zu gang zu einer sicheren und zum Spielen geeigneten Aussenraumfläche von vier Quadratmetern pro anwesendem Kind. h Zustand und Anordnung der Ausstattung und Einrichtung gewährleisten das Spielen, die Umsetzung des pädagogischen Konzepts sowie die Si cherheit der anwesenden Kinder und des Personals. i Für Kinder, die aufgrund ihres Alters und ihres Entwicklungsstands tags über Schlafphasen benötigen, steht ein Schlafraum zur Verfügung, der ausreichend ruhig ist.
3 Für Kindertagesstätten, die während mindestens 90 Prozent der Betreuungs zeiten den Aufenthalt im Freien vorsehen, gelten folgende Anforderungen an die Infrastruktur: a Pro Kind liegt im Freien eine jederzeit nutzbare Fläche von mindestens vier Quadratmetern vor. b Eine geeignete und ausreichende Notunterkunft ist jederzeit zugänglich. c Ausreichende sanitäre Lösungen liegen vor. d Die Aufenthalts- und Spielräume im Freien sind so gewählt, dass das Spielen, die Umsetzung des pädagogischen Konzepts sowie die Sicher heit der anwesenden Kinder und des Personals gewährleistet sind.

Art. 10

Wirtschaftliche Grundlage
1 Die wirtschaftliche Grundlage hat den längerfristigen Bestand der Kinderta gesstätte zu sichern.
2 Bei neu zu eröffnenden Kindertagesstätten wird im Rahmen des Bewilligungs verfahrens anhand der Eröffnungsbilanz, des Budgets für das erste Betriebs jahr und eines Finanzplans über die ersten drei Betriebsjahre geprüft, ob eine ausreichende wirtschaftliche Grundlage besteht.

Art. 11

Versicherungen
1 Die Kindertagesstätte hat über diejenigen Versicherungen zu verfügen, die das spezifische Betriebsrisiko abdecken.
2 Sie hat insbesondere eine Haftpflichtversicherung mit ausreichender Deckung abzuschliessen.
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Art. 12

Pädagogisches Konzept
1 Die Kindertagesstätte verfügt über ein pädagogisches Konzept, das folgende Mindeststandards erfüllt: a Der individuelle Lern- und Entwicklungsstand des Kindes wird berücksich tigt. b In allen Bereichen werden dem individuellen Lern- und Entwicklungsstand sowie dem Alter entsprechende spielerische und alltagsintegrierte Her ausforderungen und Anregungen angeboten. c Bedingungen für ein verlässliches Umfeld und eine sichere Bindung wer den benannt. d Es wird aufgezeigt, wie die soziale Teilhabe und die Sprachförderung si chergestellt werden. e Es wird aufgezeigt, wie die Integration und Förderung von Kindern mit be sonderen Bedürfnissen sichergestellt werden.
2 Das Konzept enthält zudem Regelungen in den Bereichen a Eingewöhnung der Kinder, b Tagesablauf und c Altersdurchmischung.

Art. 13

Personal
1 Für die Übernahme von Betreuungsverantwortung als qualifiziert gilt folgen des Personal: a Fachfrau oder Fachmann Betreuung mit eidgenössischem Fähigkeits zeugnis (EFZ) oder gleichwertige Ausbildungen, b bei ausreichendem Lern- und Erfahrungsstand Lernende und Studierende einer gleichwertigen höheren Fachausbildung unter 25 Jahren ab dem 2. Lehr- oder Studienjahr sowie Lernende und Studierende einer gleichwerti gen höheren Fachausbildung ab 25 Jahren, c Personen, die eine Ausbildungsvereinbarung abgeschlossen haben mit dem Ziel, über ein Äquivalenzverfahren ein Eidgenössisches Fähigkeits zeugnis nach Buchstabe a zu erlangen, bei ausreichendem Lern- und Er fahrungsstand und frühestens ab Beginn des Ausbildungsverhältnisses, bei Personen unter 25 Jahren zudem frühestens ab einem Jahr berufss pezifischer Arbeitserfahrung, d Personen, die am 1. Januar 2022 über einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Kindertagesstätte verfügen und in diesem Rahmen Aufgaben mit Betreuungsverantwortung übernehmen, bei ausreichendem Lern- und Er fahrungsstand in derselben Kindertagesstätte.
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2 Als gleichwertig im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a gelten anerkannte Aus bildungsabschlüsse als Berufsbildnerin oder Berufsbildner, um Lernende zur Fachfrau oder zum Fachmann Betreuung anzuleiten.
3 Die GSI kann durch Direktionsverordnung weitere Vorschriften zu den erfor derlichen Ausbildungen erlassen.

Art. 14

Leitung
1 Auf Leitungsebene verfügt die Kindertagesstätte über Kompetenz in Perso nal- und Betriebsführung sowie in Pädagogik.
2 Als Nachweis über Führungskompetenz gelten Aus- und Weiterbildungstitel im Umfang von mindestens 300 Lernstunden, die mindestens die Inhalte Füh rungsrollen und -aufgaben, Teamentwicklung, Teamdynamik, Mitarbeiterförde rung und -beurteilung, Organisations- und Qualitätsentwicklung, betriebswirt schaftliche Grundlagen sowie Arbeitsrecht abdecken.
3 Als Nachweis über pädagogische Kompetenzen gelten ein Abschluss nach Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a sowie drei Jahre (Vollzeitäquivalent) Berufser fahrung in dieser Funktion.

Art. 15

Betreuungsschlüssel
1 Pro Gruppe muss für die Betreuung der Kinder mindestens das folgende für die Übernahme von Betreuungsverantwortung qualifizierte Personal anwesend sein: a für 1 bis 5 Plätze: eine Person, b für 6 bis 14 Plätze: zwei Personen, c für zusätzliche 1 bis 7 Plätze: jeweils eine Person.
2 Für die gesamte Kindertagesstätte muss für die Betreuung der Kinder min destens das folgende für die Übernahme von Betreuungsverantwortung qualifi zierte Personal anwesend sein: a für 1 bis 5 Plätze: eine Person, b für 6 bis 12 Plätze: zwei Personen, c für zusätzliche 1 bis 6 Plätze: jeweils eine Person.
3 Bei der Beurteilung des Betreuungsschlüssels sind die Plätze wie folgt zu be rechnen: a für Kinder unter zwölf Monaten: 1,5 Plätze, b für Kinder ab zwölf Monaten vor dem Eintritt in den Kindergarten: 1 Platz, c für Kinder ab Eintritt in den Kindergarten bis und mit 2. Klasse: 0,75 Plät ze,
860.22 8 d für Kinder ab der dritten Klasse: 0,5 Plätze, e für Kinder mit besonderen Bedürfnissen unabhängig vom Alter: 1,5 Plät ze.

Art. 16

Betreuung durch Lernende
1 Eine Gruppe darf von Lernenden oder Studierenden einer gleichwertigen hö heren Fachausbildung im ersten oder zweiten Lehr- oder Studienjahr nur gemeinsam mit mindestens einer qualifizierten Person im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a betreut werden.
2 Lernende im dritten Lehrjahr und Personen ohne spezifische Ausbildung kön nen Gruppen nach Massgabe der Leitung alleine betreuen, es muss aber im mer eine qualifizierte Person im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a in unmittelbarer Nähe anwesend sein.

Art. 17

Sicherheitsvorkehrungen
1 Alle potenziell für Kinder gefährlichen Bereiche sind zu sichern, insbesondere die Folgenden: a Türen und Fenster sind so gesichert, dass Kinder selbstständig nur in ebenfalls kindersichere Bereiche wechseln können. Die Abläufe beim Öff nen von Türen und Fenstern sind so zu gestalten, dass für die Kinder kei ne Gefahr besteht. b Alle für Kinder zugänglichen Stromquellen sind gegen Zugriff zu schützen. Mindestens in den Nasszellen sind die Stromleitungen zusätzlich mit ei nem Fehlerstrom-Schutzschalter zu sichern.
2 Sämtliche Chemikalien sind auch während ihrer Benutzung ausserhalb der Reichweite von Kindern zu halten.

Art. 18

Notfallplan und Kindernothilfe
1 Die Kindertagesstätte verfügt über einen den Erziehungsberechtigten zugäng lichen Notfallplan, der mindestens folgende Elemente beinhaltet: a Vorgehen bei einer Erkrankung eines Kindes, b Vorgehen bei einer allergischen Reaktion eines Kindes, c Vorgehen bei einem Unfall mit Verletzungsfolge für eines oder mehrere Kinder, d Vorgehen im Falle eines Brands, e Bezeichnung einer Kontaktärztin oder eines Kontaktarztes, f Regelungen für Notsituationen in Randstunden.
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2 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen den Notfallplan kennen und an wenden können.
3 Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Betreuungsverantwortung müssen Kenntnisse in der Kindernothilfe besitzen und diese mindestens alle zwei Jahre auffrischen.

Art. 19

Schutz vor Grenzüberschreitungen
1 Kindertagesstätten a dürfen keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen, die eine Straf tat begangen haben, aufgrund der das Kindeswohl gefährdet erscheint, b holen zu diesem Zweck von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor der Anstellung und anschliessend mindestens alle fünf Jahre einen Privat- und einen Sonderprivatauszug aus dem Strafregister ein.
2 Jede Kindertagesstätte muss über eine Selbstverpflichtungserklärung verfü gen, die von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern datiert unterschrieben wird und folgende Aspekte abdeckt: a Beschreibung der körperlichen, verbalen und nonverbalen Formen von Grenzüberschreitungen, auf die bewusst verzichtet werden soll, b Darstellung der Situationen, in welchen die Gefahr für solche Grenzüber schreitungen besteht und eine Beschreibung des positiven Verhaltens, das an Stelle von Grenzüberschreitungen gezeigt werden soll, c Verpflichtung, auf alle Formen von Grenzüberschreitungen zu verzichten, d Verpflichtung, auch unbeabsichtigt erfolgte Grenzverletzungen, die selbst begangen oder bei Dritten beobachtet worden sind, unverzüglich gegen über der Leitung offenzulegen.
3 Bei Verdacht einer schweren Grenzverletzung ist die entsprechende Mitarbei terin oder der entsprechende Mitarbeiter sofort freizustellen.

Art. 20

Ernährung
1 Die Kindertagesstätten haben bei der Abgabe von Getränken und Nahrungs mitteln die Empfehlungen des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Ve terinärwesen zu berücksichtigen.
2.1.3 Bewilligungsverfahren

Art. 21

Gesuch
1 Das Gesuch um Erteilung einer Betriebsbewilligung ist elektronisch auf dem amtlichen Formular, das vom AIS zur Verfügung gestellt wird, einzureichen.
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2 Ebenfalls elektronisch einzureichen sind alle zur Beurteilung des Gesuchs er forderlichen Beilagen, insbesondere a Angaben zum Zweck und zur rechtlichen Form der Kindertagesstätte, b eine Dokumentation zur Betriebsorganisation, c eine Dokumentation des Standorts mit Mietvertrag sowie Protokoll über erfolgte Sicherungsmassnahmen, d ein pädagogisches Konzept, e die Anstellungsverträge und Qualifikationsnachweise der Leitungen sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschliesslich Nachweise über den Besuch von Kindernothilfekursen, Privat- und Sonderprivatauszüge sowie Selbstverpflichtungserklärungen, f ein Notfallplan.

Art. 22

Überprüfung der Bewilligungsvoraussetzungen
1 Das AIS prüft, ob die Anforderungen für die Bewilligungserteilung erfüllt sind.
2 Es kann insbesondere Gespräche und Besichtigungen vor Ort durchführen.

Art. 23

Bewilligungserteilung
1 Sind die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt, wird die Bewilligung erteilt.
2 Verfügt eine Kindertagesstätte über mehrere Standorte, wird eine einzige Be willigung ausgestellt, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Standorte einer einzigen Leitung mit direkter Führungsverantwortung unterstehen.
2.1.4 Betriebsführung

Art. 24

Aufgaben der Inhaberin oder des Inhabers einer Betriebsbewilli gung
1 Die Inhaberin oder der Inhaber einer Betriebsbewilligung ist insbesondere da für verantwortlich, dass a die zum Betrieb der Kindertagesstätte notwendigen strategischen Grund lagen aktuell sind, b die Infrastruktur jederzeit in einem für die Erbringung des Angebots geeig neten Zustand ist, c die Leitungsfunktionen durch Personen besetzt sind, die über die nach Ar tikel 13 und 14 erforderliche Aus- und Weiterbildung sowie die erforderli che Berufs- und Führungserfahrung verfügen, d das pädagogische Konzept durch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingehalten wird,
11 860.22 e das physische und psychische Wohlergehen der Kinder jederzeit gesi chert ist, f die Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen der Leitungsperso nen klar umschrieben und voneinander abgegrenzt sind.

Art. 25

Meldepflichten
1 Zusätzlich zu den Meldepflichten nach Artikel 18 PAVO sind dem AIS unver züglich zu melden a Änderungen des pädagogischen Konzepts, b ausserordentliche Ereignisse, die den Betrieb der Kindertagesstätte oder das Wohl einzelner oder mehrerer betreuter Kinder wesentlich beeinträch tigen können sowie damit zusammenhängende getroffene Massnahmen, c schwere Grenzverletzungen oder ein entsprechender Verdacht sowie da mit zusammenhängende getroffene Massnahmen.
2.1.5 Aufsicht

Art. 26

Kontrollen
1 Das AIS führt in den Kindertagestätten regelmässig und in der Regel unange meldete Kontrollen vor Ort durch.
2 Es hat das Recht, jederzeit aktuelle Betreibungsregisterauszüge zu verlan gen, die Buchhaltung einzusehen sowie Zwischenjahresabschlüsse anzufor dern.
3 Dem AIS a ist der Zugang zu allen Räumlichkeiten zu gewähren und das Gespräch mit allen anwesenden Kindern, Erziehungsberechtigten sowie Mitarbeite rinnen und Mitarbeitern zu ermöglichen, b sind sämtliche Unterlagen, die zur Wahrnehmung der Aufsicht erforderlich sind, auf Nachfrage und in der von ihm vorgegebenen Form zur Einsicht auszuhändigen.

Art. 27

Beanstandungen
1 Das AIS geht bei Beanstandungen wie folgt vor: a Es setzt eine Frist an, innerhalb der die Missstände zu beseitigen sind. b In schweren Fällen mit unmittelbar drohender Gefahr für die Kinder ordnet es die sofortige Schliessung des Betriebs an.
2 Die Frist nach Absatz 1 Buchstabe a wird in Abhängigkeit des Schweregrads der Missstände festgelegt.
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3 Erfolgt innert Frist keine Beseitigung der Missstände, entzieht das AIS die Be willigung.
2.2 Betreuungsgutscheine
2.2.1 Allgemeines

Art. 28

Ermächtigung
1 Die Ermächtigung an die Wohnsitzgemeinde, Aufwendungen der familiener gänzenden Kinderbetreuung im Betreuungsgutscheinsystem in den Lastenaus gleich einzugeben, wird einmalig und unbefristet erteilt.
2 Die Wohnsitzgemeinde kann ein Gesuch um Beitritt zum Gutscheinsystem je derzeit stellen.

Art. 29

Kontingentierung
1 Die Wohnsitzgemeinde kann die Ausgabe von Betreuungsgutscheinen nach den verfügbaren Mitteln begrenzen.
2 Begrenzt die Wohnsitzgemeinde die Ausgabe von Betreuungsgutscheinen, hat sie a eine Warteliste zu führen, b die Begrenzung, die angewandten Priorisierungskriterien sowie das Ver fahren zur Ausgabe der Betreuungsgutscheine in einem Reglement zu re geln und c die für eine neue Gutscheinperiode geltenden Regeln jeweils bis Ende des Vorjahres bekannt zu geben.
3 Im Falle einer Kontingentierung besteht kein Anspruch auf Erhöhung des an spruchsberechtigten Betreuungspensums im Sinne von Artikel 66 Absatz 1 Buchstabe a.

Art. 30

Zielgruppe
1 Betreuungsgutscheine werden ausgerichtet a grundsätzlich für Kinder bis zum Abschluss des Kindergartens, b für schulpflichtige Kinder nach Abschluss des Kindergartens, wenn die Betreuung durch eine Tagesfamilie erbracht wird.
2 Wohnsitzgemeinden können die Zielgruppe betreffend schulpflichtige Kinder einschränken.
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Art. 31

Grundsätze
1 Betreuungsgutscheine erhalten mit dem betreuten Kind im selben Haushalt wohnende Erziehungsberechtigte, a bei denen ein entsprechender Bedarf an familienergänzender Kinderbe treuung nach Artikel 36 besteht, b die das erforderliche Beschäftigungspensum nach Artikel 38 erreichen, c deren massgebendes Einkommen unter 160'000 Franken liegt und d deren Wohnsitzgemeinde über eine Ermächtigung nach Artikel 28 verfügt.
2 Als Erziehungsberechtigte gelten auch a Pflegeeltern, die für die Betreuung ihrer Pflegekinder Betreuungsgutschei ne beantragen, b Partnerinnen oder Partner von Erziehungsberechtigten, die nach Artikel 61 Absatz 1 ein gemeinsames Gesuch um Betreuungsgutscheine einrei chen.

Art. 32

Tagesfamilienorganisationen
1 Tagesfamilienorganisationen vermitteln die regelmässige Betreuung von Kin dern durch die bei ihnen angestellten Tageseltern und begleiten diese fachlich.
2 Sie schliessen mit den Erziehungsberechtigten die Betreuungsverträge ab und stellen ihnen die Betreuungskosten in Rechnung.
3 Nicht als Betreuung durch Tageseltern gelten: a die Betreuung von Kindern, die im gleichen Haushalt wie die betreuende Person leben, b die Betreuung durch Personen, die in gerader Linie im ersten oder zwei ten Grad oder in der Seitenlinie im zweiten oder dritten Grad mit dem betreuten Kind verwandt sind, c die dauerhafte Platzierung bei Pflegeeltern.

Art. 33

Qualitätssicherung durch Tagesfamilienorganisationen
1 Tagesfamilienorganisationen sind dafür verantwortlich, dass die Qualität der Betreuung in den Tagesfamilien sichergestellt ist.
2 Insbesondere sind sie dafür besorgt, dass a die organisatorischen und pädagogischen Grundsätze sowie die Aufga ben der Vermittlungsstelle umschrieben sind, b die Eignung der Tageseltern und der Infrastruktur regelmässig überprüft wird,
860.22 14 c die Vermittlerinnen und Vermittler über eine den Anforderungen entspre chende Grundausbildung verfügen, d die Tageseltern der Meldepflicht nach Artikel 12 Absatz 1 PAVO nach kommen, e die Tageseltern einen Einführungskurs besuchen, f ein Angebot an Weiterbildung für Vermittlerinnen und Vermittler und für Tageseltern besteht und regelmässig genutzt wird.

Art. 34

Zulassung der Kindertagestätten und Tagesfamilienorganisatio nen
1 Um zum Betreuungsgutscheinsystem zugelassen zu werden, müssen die Angebote der Kindertagestätten und Tagesfamilienorganisationen (Leistungs erbringer) a öffentlich zugänglich sein, b konfessionell und politisch neutral sein, c für Kinder mit und ohne Betreuungsgutschein die gleichen Tarife vorse hen, d Kinder mit besonderen Bedürfnissen aufnehmen, e Kinder in sozialen Notsituationen aufnehmen, soweit die Kapazitäten vor handen sind und bis ein regulärer Platz für sie gefunden wird.
2 Tagesfamilienorganisationen müssen ihren Sitz, Kindertagesstätten ihren Standort im Kanton haben.
3 Tagesfamilienorganisationen haben zusätzlich die Voraussetzungen nach Ar tikel 33 zu erfüllen.

Art. 35

Zulassungsverfahren
1 Die Zulassung zum Betreuungsgutscheinsystem wird den Leistungserbrin gern auf Gesuch hin und gestützt auf die eingereichten Belege durch das AIS erteilt.
2 Die Leistungserbringer müssen dem AIS alle betreffend die Zulassungsvor aussetzungen wesentlichen Änderungen unverzüglich melden.
3 Sind die Voraussetzungen für die Zulassung nicht mehr erfüllt oder werden die Vorgaben der vorliegenden Verordnung verletzt, hebt das AIS die Zulas sung auf; die Artikel 26 und 27 gelten sinngemäss.
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2.2.2 Bedarf

Art. 36

Grundsatz
1 Einen Bedarf an familienergänzender Kinderbetreuung haben Erziehungsbe rechtigte, a die erwerbstätig sind, b die nach Arbeit suchen und vermittlungsfähig sind, c die sich in einer Ausbildung der Sekundarstufe II oder einer berufsorien tierten Aus- oder Weiterbildung befinden, d die an einem qualifizierenden Integrations- oder Beschäftigungsprogramm teilnehmen, e deren Betreuungsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft ein geschränkt ist oder f deren Kinder eine soziale oder sprachliche Indikation aufweisen.
2 Einen zusätzlichen Bedarf haben Erziehungsberechtigte, deren Kinder auf grund ihrer besonderen Bedürfnisse einen ausserordentlichen Betreuungs- oder Förderaufwand aufweisen, der höhere Betreuungskosten verursacht.
3 Ist vor einer durch einen Betreuungsgutschein vergünstigten Kinderbetreuung eine vorgängige Eingewöhnung erforderlich, so besteht der Bedarf bereits einen Monat vor dem eigentlichen Bedarf nach Absatz 1.

Art. 37

Erforderliches Beschäftigungspensum
1 Erziehungsberechtigte mit einem Bedarf nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe a bis e erhalten nur bei Erreichen des erforderlichen Beschäftigungspensums einen Betreuungsgutschein.
2 Die Wohnsitzgemeinde kann in begründeten Einzelfällen einen Betreuungs gutschein ausgeben, obwohl das erforderliche Beschäftigungspensum nach Ar tikel 38 Absatz 1 und 2 nicht erreicht wird, wobei die Differenz zwischen dem erforderlichen und dem effektiven Beschäftigungspensum nicht mehr als 20 Prozent betragen darf.
3 Bei einem Bedarf nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe f besteht kein erforderli ches Beschäftigungspensum.
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Art. 38

Umfang des erforderlichen Beschäftigungspensums
1 Das erforderliche, gemeinsame Beschäftigungspensum bei einem Bedarf nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe a bis e beträgt bei gemeinsamer Gesuch stellung von zwei Erziehungsberechtigten mit gemeinsamer oder alternierender Obhut mindestens a 120 Prozent für Kinder vor Eintritt in den Kindergarten, b 140 Prozent für Kinder ab Eintritt in den Kindergarten.
2 Das erforderliche Beschäftigungspensum bei einem Bedarf nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe a bis e beträgt bei alleiniger Gesuchstellung und bei gemeinsamer Gesuchstellung aber alleiniger Obhut mindestens a 20 Prozent für Kinder vor Eintritt in den Kindergarten, b 40 Prozent für Kinder ab Eintritt in den Kindergarten.

Art. 39

Weitere Regeln
1 Die GSI kann durch Direktionsverordnung weitere Regeln zum Bedarf nach Artikel 36 und zur Bestimmung des erforderlichen Beschäftigungspensums festlegen.

Art. 40

Gesundheitliche Gründe
1 Eine Einschränkung der Betreuungsfähigkeit der Erziehungsberechtigten aus gesundheitlichen Gründen liegt vor, wenn deren Betreuungsfähigkeit dauerhaft eingeschränkt ist aufgrund a einer eigenen anhaltenden gesundheitlichen Einschränkung, b einer anhaltenden gesundheitlichen Einschränkung eines weiteren in ihrer Obhut stehenden Kindes oder c eines dauerhaft in ihrer Pflege stehenden nahen Familienangehörigen.
2 Die Einschränkung der Betreuungsfähigkeit und der Umfang des familiener gänzenden Betreuungsbedarfs müssen von einer in der Schweiz zugelassenen Ärztin oder einem in der Schweiz zugelassenen Arzt bestätigt und bezeichnet sein und gelten längstens für eine Gutscheinperiode.
3 Der von einer Ärztin oder einem Arzt bestätigte Umfang der Betreuungsunfä higkeit wird dem nach Artikel 38 erforderlichen Beschäftigungspensum ange rechnet.

Art. 41

Soziale und sprachliche Indikation
1 Eine soziale Indikation nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe f liegt vor, wenn einem Kind aufgrund seiner sozialen Situation ohne familienergänzende Kin derbetreuung eine Benachteiligung droht.
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2 Eine sprachliche Indikation nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe f liegt vor bei einem mindestens zweijährigen Kind vor Eintritt in den Kindergarten, wenn ihm im Hinblick auf den Volksschuleintritt aufgrund seiner sprachlichen Situation ohne familienergänzende Kinderbetreuung eine Benachteiligung droht.
3 Bei Vorliegen einer sprachlichen Indikation hat die Betreuung durch einen ge eigneten Leistungserbringer in der Amtssprache zu erfolgen, in der das betrof fene Kind der Förderung bedarf.

Art. 42

Ausserordentlicher Betreuungs- oder Förderaufwand
1 Erziehungsberechtigte erhalten eine Pauschale für den ausserordentlichen Betreuungs- oder Förderaufwand ihres Kindes, wenn a selbstständige Früherzieherinnen und Früherzieher oder eine qualifizierte Fachstelle das Kind aufgrund des besonderen Bedarfs begleiten, b eine qualifizierte Fachstelle den höheren Aufwand für die Betreuung oder Förderung des Kindes infolge seiner besonderen Bedürfnisse beurteilt und c der ausserordentliche Betreuungs- oder Förderaufwand die Verrechnung höherer Kosten durch den Leistungserbringer rechtfertigt.
2 Höhere Kosten gemäss Absatz 1 Buchstabe c liegen vor, wenn der Aufpreis mindestens die Beträge nach Artikel 59 Absatz 1 erreicht.
3 Die GSI definiert die qualifizierten Fachstellen im Sinne von Absatz 1 Buch stabe a und b in einer Direktionsverordnung.
2.2.3 Anspruchsberechtigtes Betreuungspensum

Art. 43

Allgemeines
1 Das anspruchsberechtigte Betreuungspensum bezeichnet die maximale Betreuungsdauer pro Monat, die durch einen Betreuungsgutschein vergünstigt wird.
2 Ein anspruchsberechtigtes Betreuungspensum aufgrund eines Bedarfs nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe f kann nicht mit jenem aus einem anderen Be darfsgrund kumuliert werden; das anspruchsberechtigte Betreuungspensum richtet sich nach dem höheren Prozentsatz.
3 Der Anspruch auf einen Betreuungsgutschein wird monatsweise berechnet; ein in einem Monat nicht vollständig ausgeschöpfter Anspruch kann nicht in ei nem anderen Monat beansprucht werden.
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Art. 44

Bei einem Bedarf nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe a bis e
1 Das anspruchsberechtigte Betreuungspensum bei einem Bedarf nach Artikel
36 Absatz 1 Buchstabe a bis e beträgt a bei gemeinsamer Gesuchstellung von zwei Erziehungsberechtigten mit gemeinsamer oder alternierender Obhut das tatsächliche Beschäftigungs pensum abzüglich 100 Prozent und zuzüglich 20 Prozent, b bei gemeinsamer Gesuchstellung von zwei Erziehungsberechtigten aber alleiniger Obhut das tatsächliche Beschäftigungspensum zuzüglich 20 Prozent, c bei alleiniger Gesuchstellung das tatsächliche Beschäftigungspensum zu züglich 20 Prozent.
2 Die Wohnsitzgemeinde kann den Zuschlag von 20 Prozent nach Absatz 1 Buchstabe a, b und c reduzieren oder gänzlich auf diesen verzichten.
3 Wird das erforderliche Beschäftigungspensum nicht erreicht und besteht ein begründeter Einzelfall nach Artikel 37 Absatz 2, beträgt das anspruchsberech tigte Pensum maximal 20 Prozent.

Art. 45

Bei einem Bedarf nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe f
1 Das anspruchsberechtigte Betreuungspensum bei einem Bedarf nach Artikel
36 Absatz 1 Buchstabe f wird aufgrund einer Beurteilung und Empfehlung einer Fachstelle festgesetzt und beträgt a 20 bis 60 Prozent bei einer sozialen Indikation, b 40 Prozent bei einer sprachlichen Indikation.
2 Die anspruchsberechtigten Betreuungspensen nach Absatz 1 Buchstabe a und b können nicht miteinander kumuliert werden; das anspruchsberechtigte Betreuungspensum richtet sich nach dem höheren Prozentsatz.
3 Die GSI definiert die Fachstellen im Sinne von Absatz 1 in einer Direktions verordnung.
2.2.4 Vergünstigtes Betreuungspensum

Art. 46

Grundsätzliches
1 Beim vergünstigten Betreuungspensum handelt es sich um die Betreuungs dauer pro Monat, die durch einen Betreuungsgutschein vergünstigt wird.
2 Das vergünstigte Betreuungspensum entspricht dem mit dem Leistungser bringer vereinbarten Betreuungspensum nach Artikel 47 ff., maximal aber dem anspruchsberechtigten Betreuungspensum nach Artikel 43 ff.
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3 Besteht ein Bedarf einzig aufgrund einer sprachlichen Indikation nach Artikel
36 Absatz 1 Buchstabe f, entspricht das vergünstigte Betreuungspensum dem anspruchsberechtigten Betreuungspensum nach Artikel 45.

Art. 47

Berechnung des vereinbarten Betreuungspensums im Allgemei nen
1 Das vereinbarte Betreuungspensum pro Monat kann auch einen Durch schnittswert darstellen, um Schwankungen in der nachgefragten Betreuung abzubilden.
2 Ungenutzte Pikettzeit zählt nicht zum vereinbarten Betreuungspensum.

Art. 48

Berechnung des vereinbarten Betreuungspensums in Kinderta gesstätten
1 Das vereinbarte Betreuungspensum in Kindertagesstätten berechnet sich wie folgt: Betreuungspensum Betreuungsdauer pro Tag Betreuungsdauer pro Woche 20 Prozent 8 bis 12 Stunden ganzer Tag 15 Prozent 5 bis 8 Stunden dreiviertel Tag 10 Prozent 2 bis 5 Stunden halber Tag 5 Prozent bis 2 Stunden Kurzbetreuung

Art. 49

Berechnung des vereinbarten Betreuungspensums in Tagesfamili en
1 Das vereinbarte Betreuungspensum in Tagesfamilien entspricht der Anzahl Betreuungsstunden pro Monat.
2 Werden im Rahmen des Gutscheinsystems Übernachtungen angeboten, so werden pro Nacht pauschal zwei Betreuungsstunden angerechnet; muss das Kind während der Nacht intensiv betreut werden, so können diese effektiven Betreuungsstunden zusätzlich angerechnet werden.

Art. 50

Kindergartenzeit
1 Die Zeit, die ein Kind im Kindergarten verbringt, darf nicht an das vereinbarte Betreuungspensum angerechnet werden.
860.22 20
2 Bei Kindern, die den Kindergarten in einer Kita mit einem integrierten privaten Kindergartenangebot besuchen, werden vom vereinbarten Betreuungspensum pauschal 30 Prozentpunkte abgezogen.
2.2.5 Höhe des Betreuungsgutscheins

Art. 51

Grundsatz
1 Die Höhe des Betreuungsgutscheins richtet sich namentlich nach dem Ein kommen und Vermögen der Erziehungsberechtigten, der Familiengrösse, dem Alter des betreuten Kindes, dem Angebot und dem vergünstigten Betreuungs pensum.

Art. 52

Familiengrösse
1 Die massgebende Familiengrösse entspricht a den gesuchstellenden Erziehungsberechtigten und den mit ihnen im glei chen Haushalt wohnenden, minderjährigen Kindern, denen gegenüber sie unterhaltspflichtig sind und b den volljährigen Kindern der Erziehungsberechtigten sofern für sie der Kinderabzug nach Artikel 40 Absatz 3 und 4 des Steuergesetzes vom 21. Mai 2000 (StG) 1 ) zulässig ist.
2 Bei Kindern, die bei Pflegeeltern wohnen, werden die Verhältnisse der Pflege eltern herangezogen.
3 Pflegekinder zählen nicht zur Familiengrösse der Pflegeeltern, wenn diese eine Pflegeentschädigung erhalten.

Art. 53

Massgebendes und anrechenbares Einkommen
1 Das massgebende Einkommen berechnet sich aus dem anrechenbaren Ein kommen minus den Familienabzug.
2 Anrechenbar ist das Einkommen der gesuchstellenden Erziehungsberechtig ten nach Absatz 3 minus a die geleisteten Unterhaltsbeiträge, soweit sie nach kantonaler Steuerge setzgebung steuerlich in Abzug gebracht werden können, und b die steuerlich berücksichtigten Schuldzinsen und Gewinnungskosten.
3 Das Einkommen der Gesuchstellenden umfasst a den Nettolohn, b das steuerpflichtige Ersatzeinkommen,
1) BSG 661.11
21 860.22 c die erhaltenen Unterhaltsbeiträge, soweit sie nach kantonaler Steuerge setzgebung versteuert werden müssen, d Bruttoerträge aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen, e den in der Steuererklärung ausgewiesenen Geschäftsgewinn (Durch schnitt der vergangenen drei Jahre), f fünf Prozent des Nettovermögens und g weitere steuerbare Einkünfte.

Art. 54

Familienabzug
1 Vom anrechenbaren Einkommen abgezogen wird pro Familienmitglied ein Pauschalbetrag von a 3800 Franken bei einer Familiengrösse von drei Personen, b 6000 Franken bei einer Familiengrösse von vier Personen, c 7000 Franken bei einer Familiengrösse von fünf Personen, d 7700 Franken bei einer Familiengrösse von sechs oder mehr Personen.
2 Massgebend für die abzugsberechtigten Pauschalbeträge ist die aktuelle Fa miliengrösse nach Artikel 52.
3 Wird von den Erziehungsberechtigten kein gemeinsames Gesuch gestellt und leben ein oder mehrere Kinder alternierend in zwei Haushalten, wird für diese Kinder lediglich der halbe Pauschalbetrag abgezogen.

Art. 55

Vergünstigung pro Monat
1 Die Vergünstigung pro Monat berechnet sich linear nach dem massgebenden Einkommen nach Artikel 53 und 54 und der maximalen Vergünstigung sowie nach dem vergünstigten Betreuungspensum; die Berechnung erfolgt nach den Formeln im Anhang 1.
2 Bei einem Betreuungspensum von 100 Prozent bestehen pro Monat folgende Vergünstigungen: a 20 Tage bei einer Betreuung in einer Kindertagesstätte, b 220 Stunden bei einer Betreuung in einer Tagesfamilie.
3 Ein Bedarf nach Artikel 36 Absatz 2 wird durch eine Pauschale abgegolten.

Art. 56

Maximale Vergünstigung
1 Die maximale Vergünstigung für Kinder unter zwölf Monaten liegt bei a 150 Franken pro 20 Prozent Betreuung pro Woche in einer Kindertages stätte, b 12.75 Franken pro Betreuungsstunde in einer Tagesfamilie.
860.22 22
2 Die maximale Vergünstigung für Kinder ab zwölf Monaten vor Eintritt in den Kindergarten liegt bei a 100 Franken pro 20 Prozent Betreuung pro Woche in einer Kindertages stätte, b 8.50 Franken pro Betreuungsstunde in einer Tagesfamilie.
3 Die maximale Vergünstigung für schulpflichtige Kinder ab dem Eintritt in den Kindergarten liegt bei a 75 Franken pro 20 Prozent Betreuung pro Woche in einer Kindertages stätte, b 8.50 Franken pro Betreuungsstunde in einer Tagesfamilie.
4 Die maximale Vergünstigung pro Monat wird bei sozialhilfebeziehenden Er ziehungsberechtigten und bei Erziehungsberechtigten mit einem massgeben den Einkommen nach Artikel 53 von maximal 43‘000 Franken gewährt.

Art. 57

Massgebende Verhältnisse für die Berechnung
1 Für die Bestimmung des anrechenbaren Einkommens nach Artikel 53 sind die Verhältnisse des Kalenderjahres, das dem Beginn der Gutscheinperiode nach Artikel 62 Absatz 3 vorangegangen ist, massgebend.
2 Wenn das nach Absatz 1 massgebende Einkommen weniger als 80'000 Fran ken beträgt und das anrechenbare Einkommen des laufenden Jahres im Ver gleich zum für die Gutscheinperiode anrechenbaren Einkommen voraussicht lich mehr als 20 Prozent tiefer ist, ist auf Antrag der Erziehungsberechtigten auf das reduzierte Einkommen abzustellen.

Art. 58

Minimalbeitrag
1 Der Minimalbeitrag der Erziehungsberechtigten beträgt a 7 Franken pro 20 Prozent Betreuung pro Woche in einer Kindertagesstät te, b 0.70 Franken pro Betreuungsstunde bei einer Tagesfamilie.
2 Übersteigen die Kosten für das vergünstigte Betreuungspensum nach Abzug des Betreuungsgutscheins den Minimalbeitrag nach Absatz 1 nicht oder nicht vollumfänglich, zieht die Wohnsitzgemeinde die Differenz vom Betreuungsgut schein ab.
23 860.22

Art. 59

Pauschale für ausserordentlichen Betreuungs- oder Förderauf wand
1 Die Pauschalabgeltung für die kostenintensivere Betreuung von Kindern mit einem ausserordentlichen Betreuungs- oder Förderaufwand im Sinne von Arti kel 36 Absatz 2 beträgt a 50 Franken pro 20 Prozent Betreuung pro Woche in einer Kindertages stätte, b 4.25 Franken pro Betreuungsstunde in einer Tagesfamilie.
2 Die Ausrichtung der Pauschale setzt voraus, dass ein grundsätzlicher An spruch auf einen Betreuungsgutschein besteht.
3 Die Pauschale wird ab dem Zeitpunkt ausbezahlt, ab dem der ausserordentli che Betreuungs- oder Förderaufwand vom Leistungserbringer in Rechnung ge stellt wird und für den eine Fachstelle den Bedarf feststellt.
2.2.6 Verfahren zur Erlangung von Betreuungsgutscheinen

Art. 60

Grundsätzliches zur Gesuchstellung
1 Erziehungsberechtigte reichen das Gesuch um Betreuungsgutscheine grund sätzlich gemeinsam bei der Wohnsitzgemeinde ein.
2 Eine alleinige Gesuchstellung ist vorbehältlich Artikel 61 Absatz 2 Buchstabe b möglich bei alleiniger Obhut und bei Erziehungsberechtigten mit alternieren der Obhut.
3 Das AIS stellt zur Unterstützung der Gesuchseinreichung eine Webapplikati on zur Verfügung.

Art. 61

Weiteres zur Gesuchstellung
1 Lebt eine Erziehungsberechtigte oder ein Erziehungsberechtigter mit einer Partnerin oder einem Partner zusammen, die oder der gegenüber dem betreu ten Kind nicht erziehungsberechtigt ist, so müssen sie das Gesuch gemeinsam einreichen, wenn sie a in einer Ehe, b einer eingetragenen Partnerschaft oder c in einem Konkubinat leben und gemeinsame Kinder haben oder das Konkubinat länger als zwei Jahre dauert.
860.22 24
2 Hat eine Erziehungsberechtigte oder ein Erziehungsberechtigter die alleinige Obhut, muss sie oder er a ein alleiniges Gesuch stellen, wenn eine Unterhaltvereinbarung abge schlossen worden ist oder wird oder keine Unterhaltsvereinbarung abge schlossen werden kann, b das Gesuch gemeinsam mit der oder dem anderen Erziehungsberechtig ten einreichen, wenn hinsichtlich möglicher Unterhaltsansprüche keine entsprechenden, rechtskräftigen Unterhaltstitel vorgewiesen werden kön nen.
3 Ein gemeinsames Gesuch nach Absatz 2 Buchstabe b ist ausgeschlossen, wenn einer der beiden Erziehungsberechtigen in einer Beziehung nach Absatz
1 lebt.

Art. 62

Verfügung
1 Die Wohnsitzgemeinde prüft das Gesuch und verfügt über die Gutscheinbe rechtigung und deren Höhe.
2 Begünstigende Entscheide können in anderer Form mitgeteilt werden, auf Verlangen ist jedoch auch für diese Entscheide eine Verfügung zu erlassen.
3 Ein Betreuungsgutschein wird a befristet und maximal für die Dauer einer Gutscheinperiode ausgestellt, die jeweils vom 1. August bis zum 31. Juli dauert, b auf den Folgemonat nach Einreichung des vollständigen Gesuchs und ab Beginn des Betreuungsverhältnisses ausgestellt, wobei in begründeten Ausnahmefällen auf einen früheren Zeitpunkt abgestellt werden kann.
4 Die GSI kann die Einzelheiten durch Direktionsverordnung regeln.

Art. 63

Mitwirkungspflicht
1 Die Erziehungsberechtigten a liefern die für die Berechnung des Betreuungsgutscheins erforderlichen Angaben durch Selbstdeklaration, b haben ihre Angaben durch die Einreichung der erforderlichen Belege nachzuweisen.
2 Sie haben insbesondere Angaben zu machen über a den Bedarfsgrund nach Artikel 36, b das anrechenbare Einkommen nach Artikel 53, c die Familiengrösse nach Artikel 52, d das Alter des Kindes,
25 860.22 e den Leistungserbringer, f das vereinbarte Betreuungspensum und g die Kosten für das vereinbarte Betreuungspensum.

Art. 64

Datenbearbeitung
1 Die Wohnsitzgemeinde kann die Angaben der Erziehungsberechtigten bei den Steuerbehörden und auf der Gemeinderegistersysteme-Plattform (GE RES) mit dem Zugriff auf die erforderlichen Daten gemäss der Verordnung vom
20. Januar 2021 über die Gemeinderegistersysteme-Plattform (GERES V) 1 ) überprüfen.
2.2.7 Anpassung des Betreuungsgutscheins

Art. 65

Änderung der Verhältnisse
1 Vorbehältlich Absatz 2 und 3 melden die Erziehungsberechtigten der Wohn sitzgemeinde umgehend Änderungen der Verhältnisse, die bezüglich des An spruchs und der Höhe des Betreuungsgutscheins relevant sind.
2 Eine Erhöhung des effektiven Beschäftigungspensums muss nur gemeldet werden, wenn eine Erhöhung des vergünstigten Betreuungspensums nach Ar tikel 46 beantragt wird.
3 Die Leistungserbringer melden der Wohnsitzgemeinde für jeden Monat das vereinbarte Betreuungspensum im Sinne von Artikel 47 ff. und die dafür ver rechneten Betreuungskosten.

Art. 66

Voraussetzungen
1 Eine Anpassung des Betreuungsgutscheins erfolgt a bei einer Veränderung des anspruchsberechtigten Betreuungspensums, b bei einer Veränderung des vergünstigten Betreuungspensums, c bei einer Veränderung der Betreuungskosten, d bei einer Veränderung der Familiengrösse, e beim Wechsel oder Wegfall eines Leistungserbringers, f bei der Inanspruchnahme eines zusätzlichen Leistungserbringers, g bei Vorliegen eines ausserordentlichen Betreuungs- oder Förderaufwands nach Artikel 36 Absatz 2, h bei einer Korrektur der Gesuchsangaben aufgrund von Tatsachen, die bei der Gesuchseinreichung noch nicht vorgelegen oder der Wohnsitzge meinde nicht bekannt gewesen sind, insbesondere nach Artikel 64,
1) BSG 152.051
860.22 26 i beim Bezug wirtschaftlicher Hilfe nach den Vorschriften des Gesetzes vom 11. Juni 2001 über die öffentliche Sozialhilfe (Sozialhilfegesetz, SHG) 1 ) , k bei Erziehungsberechtigten mit einem massgebenden Einkommen von weniger als 80'000 Franken im Falle einer Senkung ihres anrechenbaren Einkommens im laufenden Kalenderjahr um mindestens 20 Prozent im Vergleich zum für die Gutscheinperiode anrechenbaren Einkommen.
2 Bei unregelmässigen Beschäftigungspensen erfolgt eine Anpassung des an spruchsberechtigten Betreuungspensums nur dann, wenn das durchschnittli che Beschäftigungspensum während der letzten sechs Monate mehr als zehn Prozent vom im Gesuch deklarierten Beschäftigungspensum abweicht.
3 Bei geringfügigen Reduktionen des bisherigen Betreuungsgutscheins kann auf eine Anpassung verzichtet werden.

Art. 67

Zeitpunkt im Allgemeinen
1 Hat die Anpassung eine Erhöhung des Betreuungsgutscheins zur Folge, er folgt sie grundsätzlich auf den Folgemonat nach Einreichung aller Belege, wo bei sie ausnahmsweise früher erfolgen kann.
2 Hat die Anpassung eine Herabsetzung des Betreuungsgutscheins zur Folge, erfolgt sie auf den Folgemonat des Eintretens des Anpassungsgrunds.

Art. 68

Zeitpunkt in Sonderfällen
1 Anpassungen nach Artikel 66 Absatz 1 Buchstabe h erfolgen für die ganze Gutscheinperiode bzw. für die betroffene Zeitspanne.
2 Anpassungen nach Artikel 66 Absatz 1 Buchstabe b, sofern die Änderung in nerhalb des anspruchsberechtigten Betreuungspensums liegt, sowie nach Arti kel 66 Absatz 1 Buchstabe c erfolgen auf den Zeitpunkt der Änderung.
3 Änderungen nach Absatz 2 werden in der Regel zusammengefasst, müssen aber spätestens auf Ende der Gutscheinperiode erfolgen.

Art. 69

Aufhebung des Betreuungsgutscheins
1 Der Betreuungsgutschein wird bei fehlendem Bedarf nach Artikel 36 oder beim Wegzug der Erziehungsberechtigten aus der Wohnsitzgemeinde auf Ende des Monats aufgehoben.
2 Bezüglich des Wegzugs ist der letzte ganze Tag in der bisherigen Gemeinde relevant.
1) BSG 860.1
27 860.22
2.2.8 Auszahlung und Abrechnung

Art. 70

Grundsatz
1 Die Wohnsitzgemeinde überweist den Leistungserbringern den Betrag aus dem verfügten Betreuungsgutschein abzüglich eines allfälligen Minimalbeitrags nach Artikel 58 Absatz 1 für den laufenden Monat bis spätestens am letzten Tag dieses Monats.
2 Die Leistungserbringer stellen den Erziehungsberechtigten die Betreuungs kosten, die nach dem von der Wohnsitzgemeinde überwiesenen Betrag ver bleiben, in Rechnung und weisen dabei den von der Wohnsitzgemeinde erhal tenen Gutscheinbetrag aus.

Art. 71

Unterbrechung der Auszahlung
1 Bei einer Abwesenheit des Kindes im Betreuungsverhältnis des Leistungser bringers ab 30 aufeinanderfolgenden Kalendertagen wird die Auszahlung des Betreuungsgutscheins unterbrochen.
2 Fehlt das Kind aufgrund von Krankheit oder Unfall oder einem anderen unver schuldeten und vorübergehenden Grund, wird die Auszahlung des Betreuungs gutscheins nicht unterbrochen.
3 Kann die familienergänzende Betreuung des Kindes aus Gründen, die beim Leistungserbringer liegen, nicht erfolgen, werden diese Kalendertage nicht als Abwesenheit nach Absatz 1 gerechnet.

Art. 72

Meldung von Abwesenheiten
1 Die Leistungserbringer melden der Gemeinde Abwesenheiten von Kindern mit einem Betreuungsgutschein, wenn die Abwesenheit über 30 aufeinander folgende Kalendertage innerhalb derselben Gutscheinperiode beträgt.

Art. 73

Abrechnung
1 Die Abrechnungen zwischen der Wohnsitzgemeinde und den Leistungserbrin gern sind mindestens nach Abschluss der Gutscheinperiode und nach Beendi gung des Kalenderjahres zu bereinigen.
2 Die Wohnsitzgemeinden können bei den Leistungserbringern Einsicht in die Rechnungen an die Erziehungsberechtigten verlangen.
860.22 28

Art. 74

Weitere Vorgaben
1 Das AIS kann zugelassenen Leistungserbringern hinsichtlich der von der Wohnsitzgemeinde erhaltenen Gutscheinbeträge Vorgaben zur Buchführung und Rechnungstellung machen.
2.2.9 Lastenausgleichberechtigte Aufwendungen

Art. 75

1 Zum Lastenausgleich zugelassen sind die Aufwendungen der Gemeinden für die nach kantonalem Recht ausgerichteten Betreuungsgutscheine abzüglich ei nes Selbstbehalts von 20 Prozent.
2 Für Aufwendungen für ausgerichtete Betreuungsgutscheine für Personen nach Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 3. Dezember 2019 über die Sozial hilfe im Asyl- und Flüchtlingsbereich (SAFG) 1 ) und nach Artikel 6 des Einfüh rungsgesetzes vom 9. Dezember 2019 zum Ausländer- und Integrationsgesetz sowie zum Asylgesetz (EG AIG und AsylG) 2 ) besteht kein Selbstbehalt.
3 Offene Kinder- und Jugendarbeit
3.1 Allgemeines

Art. 76

Ziele
1 Die offene Kinder- und Jugendarbeit ist auf folgende Ziele ausgerichtet: a soziale, kulturelle, politische und berufliche Integration, b selbstständige und verantwortungsbewusste Lebensführung, c Mitwirkung, d Gesundheitsförderung und Prävention, e Stärkung der Kinder- und Jugendkultur, f kinder- und jugendgerechte Rahmenbedingungen.

Art. 77

Zielgruppe
1 Die offene Kinder- und Jugendarbeit richtet sich primär an alle Kinder und Ju gendlichen von 6 bis 20 Jahren, an nicht institutionell organisierte Gruppen von Kindern und Jugendlichen sowie an deren Umfeld.
2 Die Leistungsangebote der Gemeinden richten sich grundsätzlich an das ge samte Altersspektrum nach Absatz 1.
1) BSG 861.1
2) BSG 122.20
29 860.22

Art. 78

Leistungsangebote des Kantons
1 Das AIS stellt die Leistungsangebote bereit, die auf den ganzen Kanton aus gerichtet sind.
2 Es kann Leistungsangebote bereitstellen, die insbesondere folgende Aufga ben betreffen: a Vernetzung und Zusammenarbeit der Leistungserbringer sowie der in der offenen Kinder- und Jugendarbeit tätigen Personen, b Fort- und Weiterbildung der in der offenen Kinder- und Jugendarbeit täti gen Personen, c inhaltliche Weiterentwicklung der offenen Kinder- und Jugendarbeit, d Wahrnehmung der Öffentlichkeitsarbeit, e Bereitstellung von überregionalen Leistungsangeboten für Kinder und Ju gendliche.

Art. 79

Leistungsangebote der Gemeinden
1 Die Gemeinden stellen die Leistungsangebote bereit, die auf eine oder meh rere Gemeinden ausgerichtet sind.
2 Sie erbringen die Leistungen entweder selbst oder schliessen Leistungsver träge mit Leistungserbringern ab.
3 Die Ermächtigung nach Artikel 2 wird in der Regel für eine Dauer von vier Jahren ausgestellt.
3.2 Anforderungen an die Leistungsangebote der Gemeinden

Art. 80

Konzeptionelle Grundlagen
1 Die Leistungserbringer verfügen über die für die professionelle Angebotsbe reitstellung notwendigen konzeptionellen Grundlagen.
2 Sie bezeichnen darin insbesondere a die übergeordneten Ziele der Leistungsangebote der verschiedenen Leis tungsbereiche, b die Altersgruppen, an die sich die Leistungsangebote richten, c die personellen Ressourcen und die Zusammensetzung des Personals, d eine effektive Leistungs- und Wirkungskontrolle, e die Kompetenzen im Hinblick auf die strategischen und operativen Füh rungs- und Entscheidungsfunktionen und f die Vorgehensweise hinsichtlich der Sicherstellung einer altersgerechten Mitwirkung der Kinder- und Jugendlichen.
860.22 30
3 Die Leistungsangebote müssen konfessionell und politisch neutral sein.

Art. 81

Ermächtigungen und Einzugsgebiet
1 Das AIS erteilt Ermächtigungen für Leistungsangebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit an Gemeinden oder Einzugsgebiete mit mehreren Gemein den, in denen mindestens 2000 Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten
20. Lebensjahr wohnen.
2 Ein Einzugsgebiet charakterisiert sich dadurch, dass die Leistungen für die ganze Region aus einer Hand gesteuert, konzipiert und erbracht werden.
3 In begründeten Einzelfällen, insbesondere in grenznahen Gebieten, kann das AIS Ermächtigungen für Gemeinden oder Einzugsgebiete ausstellen, welche die Anforderungen nicht erfüllen.

Art. 82

Leistungsbereiche
1 Die offene Kinder- und Jugendarbeit umfasst die Leistungsbereiche a Animation und Begleitung, b Information und Beratung und c Entwicklung und Fachberatung.
2 Die Gemeinden oder Einzugsgebiete mit mehreren Gemeinden bieten Leis tungsangebote in allen Leistungsbereichen an.

Art. 83

Leistungsbereich Animation und Begleitung
1 Der Leistungsbereich Animation und Begleitung umfasst die aktive Freizeitge staltung von Kindern und Jugendlichen als Ausgangspunkt für vielfältiges und soziales Lernen.

Art. 84

Leistungsbereich Information und Beratung
1 Der Leistungsbereich Information und Beratung richtet sich an Kinder und Ju gendliche sowie deren Bezugspersonen und umfasst die Wissensvermittlung und die beratende Unterstützung.

Art. 85

Leistungsbereich Entwicklung und Fachberatung
1 Der Leistungsbereich Entwicklung und Fachberatung richtet sich primär an In stitutionen, Behörden sowie Gemeinwesen und umfasst die Förderung von ge eigneten Rahmenbedingungen und Strukturen für die Anliegen von Kindern und Jugendlichen.
31 860.22

Art. 86

Personal
1 Die Gemeinden stellen sicher, dass a bei der Konzeption und Bereitstellung des Leistungsangebots das benö tigte Fachpersonal eingesetzt wird und b die operative Leitung über die erforderliche Berufs- und Führungserfah rung verfügt.
2 Als Fachpersonen gelten insbesondere a Personen, die über eine abgeschlossene Ausbildung im Bereich der sozialen Arbeit, namentlich in soziokultureller Animation, Sozialarbeit oder Sozialpädagogik an einer Universität, Fachhochschule oder Höheren Fachschule verfügen, b Personen, deren im Ausland abgeschlossene Ausbildung im Bereich der sozialen Arbeit, namentlich in soziokultureller Animation, Sozialarbeit oder Sozialpädagogik vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Inno vation (SBFI) als gleichwertig anerkannt ist, c weitere Personen, sofern sie über einschlägige Berufserfahrung verfügen und durch die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsmassnahmen die er forderlichen methodischen und fachlichen Kompetenzen erworben haben.

Art. 87

Zusammenarbeit
1 Die offene Kinder- und Jugendarbeit arbeitet mit relevanten lokalen und regio nalen Institutionen und Behörden zusammen.

Art. 88

Standorte und Räumlichkeiten
1 Die Standorte und Räumlichkeiten der Leistungsangebote haben den Bedürf nissen der Kinder und Jugendlichen zu entsprechen.

Art. 89

Aufsicht und Reporting
1 Die Gemeinden bestimmen für die von ihnen bereitgestellten Leistungsange bote eine Behörde, die für die Aufsicht über die Leistungserbringer zuständig ist.
2 Die von den Gemeinden bestimmte Behörde a Vorgaben im Zusammenhang mit der Leistungserbringung und der Ab rechnung der Kosten einhalten, b führt ein angemessenes Leistungs- und Wirkungscontrolling durch und verlangt die erforderlichen Nachweise.
860.22 32
3 Sie kann für die Ausübung der Aufsicht unabhängige, sachkundige Personen oder Fachstellen beiziehen.
3.3 Lastenausgleichsberechtigte Aufwendungen der Gemeinden

Art. 90

Anrechenbare Aufwendungen
1 Das AIS legt in den Ermächtigungen die Bemessungsgrundlage für die Be rechnung des Höchstbetrags der anrechenbaren Aufwendungen fest.
2 Als anrechenbar gelten die Beiträge an den Nettoaufwand der Leistungser bringer, soweit damit der Höchstbetrag nach Absatz 1 nicht überschritten wird.
3 Der Nettoaufwand entspricht dem Personal- und Sachaufwand für das Leis tungsangebot abzüglich des Ertrags mit Ausnahme freiwilliger zweckbestimm ter Zuwendungen Dritter sowie Mitgliederbeiträgen an die Leistungserbringer.
4 Beträgt der Personalaufwand weniger als 70 Prozent des Höchstbetrags der anrechenbaren Aufwendungen, so wird der anrechenbare Beitrag so weit ge kürzt, bis die Personalkosten 70 Prozent der anrechenbaren Aufwendungen ausmachen.

Art. 91

Höchstbetrag der anrechenbaren Aufwendungen
1 Der Höchstbetrag der anrechenbaren Aufwendungen besteht aus a * einem Grundbetrag von 81.86 Franken multipliziert mit der Anzahl Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 20. Lebensjahr im entsprechenden Einzugsgebiet und b einem Zusatzbetrag gemäss Soziallastenindex.
2 Der Soziallastenindex wird zur Verteilung einer von der GSI in einer Direkti onsverordnung definierten Gesamtsumme der Zusatzbeträge verwendet.
3 Die Berechnung des Zusatzbetrags erfolgt gemäss der im Anhang 2 wieder gegebenen Formel.

Art. 92

Bemessungsgrundlagen
1 Die GSI kann den Grundbetrag nach Artikel 91 Absatz 1 Buchstabe a jeweils auf Jahresbeginn im Umfang der vom Regierungsrat für das Kantonspersonal beschlossenen Anhebung der Gehälter anpassen.
2 Die in der Ermächtigungsverfügung festgelegte Anzahl Kinder und Jugendli che bis zum vollendeten 20. Lebensjahr und der Zusatzbetrag pro Gemeinde gelten für die ganze Ermächtigungsperiode.
33 860.22

Art. 93

Fristen
1 Gesuche um Erteilung einer Ermächtigung sind jeweils bis spätestens am 31. März des der nächsten Ermächtigungsperiode vorangehenden Jahres beim AIS einzureichen.
2 Gesuche, die nach der Frist nach Absatz 1 eingereicht werden, müssen bis spätestens am 31. März des Folgejahres eingereicht werden, und die entspre chende Ermächtigung erfolgt ab dem darauffolgenden Jahresbeginn und ledig lich bis zum Ablauf der laufenden, vierjährigen Ermächtigungsperiode.
4 Frühe Förderung

Art. 94

Grundsatz
1 Das AIS stellt bedarfsgerecht die Leistungsangebote der frühen Förderung bereit.

Art. 95

Hausbesuchsprogramme
1 Das AIS a stellt Hausbesuchsprogramme durch Abschluss von Leistungsverträgen bereit und b finanziert einen Drittel der Kosten.
2 Die Gemeinden können unter Übernahme der Restfinanzierung a Dritte, die über einen Leistungsvertrag nach Absatz 1 verfügen, mit der Durchführung des Hausbesuchsprogramms in ihrer Gemeinde beauftra gen, b im Rahmen eines Leistungsvertrags nach Absatz 1 Hausbesuchspro gramme durchführen.
5 Beratungs- und Informationsangebote für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung oder psychosozialer Belastung sowie deren Familien

Art. 96

Grundsatz
1 Beratungs- und Informationsangebote für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung oder in besonderes schwierigen psychosozialen Verhältnissen sowie deren Familien sind präventive und niederschwellige Leistungsangebote, die freiwillig in Anspruch genommen werden können und nicht Teil des Volks schulangebots sind.
2 Die Leistungsangebote werden vom AIS bereitgestellt.
860.22 34

Art. 97

Zielgruppe und Subsidiarität
1 Die Beratungs- und Informationsangebote stehen für Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr und deren Familien zur Verfügung.
2 Sie erfolgen subsidiär zu den Leistungen der Volksschule, des Bundes oder anderer Kostenträger.
6 Pädagogisch-therapeutische Massnahmen
6.1 Allgemeines

Art. 98

Massnahmen
1 Als pädagogisch-therapeutische Massnahmen im Sinne dieser Verordnung gelten a die heilpädagogische Früherziehung, b die Logopädie, c die Psychomotorik und d Massnahmen zur Erlernung einer Kommunikationsform bei Sinnesbeein trächtigungen.
2 Durch bedarfsentsprechende und angemessene Massnahmen sollen die Ent wicklungs- und Bildungsziele erreicht werden.

Art. 99

Zielgruppen
1 Pädagogisch-therapeutische Massnahmen werden bei entsprechendem Be darf grundsätzlich bewilligt für a Kinder vor Eintritt in den Kindergarten, b Jugendliche nach Austritt aus der Volksschule bis zum vollendeten 20. Lebensjahr.
2 Beiträge für heilpädagogische Früherziehung können für Kinder bis längstens am 30. September nach Eintritt in die erste Primarstufe geleistet werden.
3 Beiträge für Massnahmen zur Ermöglichung der gegenseitigen Kommunikati on werden bei entsprechendem Bedarf auch für Personen geleistet, die Kin dern und Jugendlichen mit Sinnesbeeinträchtigungen besonders nahestehen.
35 860.22

Art. 100

Voraussetzungen
1 Ein Bedarf an pädagogisch-therapeutischen Massnahmen setzt voraus, dass a bei Kindern vor Eintritt in den Kindergarten die Entwicklung eingeschränkt oder gefährdet ist oder sie dem Unterricht in der Volksschule ohne spezifi sche Unterstützung nicht werden folgen können, b bei Jugendlichen nach Austritt aus der Volksschule für die erfolgreiche nachobligatorische Schulbildung oder für eine erfolgreiche berufliche Inte gration Logopädie, Psychomotorik, Kurse in ergänzter Lautsprache oder Kurse in Gebärdensprache notwendig sind.
2 Nach dem Volksschulalter ist grundsätzlich ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mit einer während der Volksschulzeit durchgeführten pädagogisch-therapeutischen Behandlung erforderlich.
3 Die GSI kann die Einzelheiten durch Direktionsverordnung regeln.

Art. 101

Anforderungen an die Leistungserbringung
1 Die leistungserbringenden Personen müssen über die erforderliche, von der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) aner kannte oder eine gleichwertige Ausbildung verfügen.
2 Die Durchführung der pädagogisch-therapeutischen Massnahmen hat sich nach den Qualitätsrichtlinien der entsprechenden Berufsverbände zu richten.
3 Die GSI kann durch Direktionsverordnung weitergehende Vorschriften zur Qualität und zu den Anforderungen erlassen.

Art. 102

Umfang
1 Der Umfang des Anspruchs auf pädagogisch-therapeutische Massnahmen im Vor- und Nachschulbereich ergibt sich aus dem besonderen Entwicklungs- und Bildungsbedarf und richtet sich insbesondere nach a den bestehenden Risiken und Ressourcen für Entwicklungs- und Bil dungsprozesse, b dem Schweregrad des Bedarfs und c der Eignung und Wirksamkeit der Massnahme hinsichtlich der Erreichung der individuellen Entwicklungs- und Bildungsziele.
2 Es besteht ein Anspruch auf angemessene Massnahmen zur Erreichung der individuellen Entwicklungs- und Bildungsziele.
3 Der Anspruch auf Leistungen entsteht frühestens zum Zeitpunkt der Gesuch seinreichung.
860.22 36

Art. 103

Unentgeltlichkeit und Subsidiarität
1 Die pädagogisch-therapeutischen Massnahmen sind für die Leistungsemp fängerinnen und Leistungsempfänger unentgeltlich.
2 Sie werden nur bewilligt, wenn und soweit nicht Dritte dafür aufkommen müs sen.

Art. 104

Zuständigkeit
1 Soweit die GSI die Bereitstellung der pädagogisch-therapeutischen Massnah men einschliesslich der damit verbundenen Verfügungskompetenz nicht einer anderen geeigneten Behörde oder Stelle übertragen hat, ist die zuständige Stelle das AIS.

Art. 105

Interkantonales Verhältnis
1 Die Übernahme der Kosten für pädagogisch-therapeutische Massnahmen von Kindern und Jugendlichen in einer ausserkantonalen Institution bestimmt sich nach der Interkantonalen Vereinbarung vom 20. September 2002 für Soziale Einrichtungen (IVSE) 1 ) .
2 Ist der andere Kanton dieser Vereinbarung nicht beigetreten, erfolgt die Ab geltung gemäss Vereinbarung mit dem anderen Kanton.

Art. 106

Kostenübernahmegarantie im interkantonalen Verhältnis
1 Die Erteilung einer Kostenübernahmegarantie gemäss IVSE oder bilateraler Vereinbarung an eine Institution eines anderen Kantons erfolgt durch das AIS.
2 Sie setzt einen positiven Entscheid der zuständigen Stelle über den Anspruch auf eine pädagogisch-therapeutische Massnahme gemäss dieser Verordnung voraus.
6.2 Massnahmen im Einzelnen

Art. 107

Heilpädagogische Früherziehung
1 Ein Bedarf im Sinne dieser Verordnung an heilpädagogischer Früherziehung liegt vor bei Kindern mit Entwicklungsverzögerungen, -einschränkungen oder - gefährdungen.
2 Übernommen werden können die Kosten für auf einen längeren Zeitraum ausgerichtete Behandlungen sowie für niederschwellige und kürzere Interven tionen.
1) BSG 862.71-1
37 860.22
3 Die Behandlungen erfolgen grundsätzlich unter Einbezug des familiären Kon textes im privaten Umfeld des Kindes; in begründeten Fällen können sie auch in Gruppensettings stattfinden.

Art. 108

Logopädie
1 Ein Bedarf im Sinne dieser Verordnung an Logopädie liegt vor bei einer schweren Störung a der mündlichen oder schriftlichen Sprache, b des Sprechens, c der Kommunikation, d des Redeflusses, e der Stimme oder f des Schluckens.
2 Ein Bedarf kann zudem bei kumulativ auftretenden leichten und mittleren Stö rungen in mehreren Bereichen nach Absatz 1 vorliegen.
3 Das Vorliegen eines Bedarfs richtet sich nach den aktuellen Diagnoseverfah ren und berücksichtigt des Weiteren insbesondere a die Dauer der vorliegenden Störung, b den Leidensdruck, c die Beeinträchtigungen aufgrund der Störung, d das Alter.

Art. 109

Psychomotorik
1 Ein Bedarf im Sinne dieser Verordnung an Psychomotorik liegt vor bei einer schweren Störung einer der folgenden Bereiche: a Wahrnehmen, b Fühlen, c Denken, d Bewegen, e Verhalten oder f körperlicher Ausdruck.
2 Ein Bedarf kann zudem bei kumulativ auftretenden leichten und mittleren Stö rungen in mehreren Bereichen nach Absatz 1 vorliegen.
3 Das Vorliegen eines Bedarfs richtet sich nach den aktuellen Diagnoseverfah ren und berücksichtigt des Weiteren insbesondere a die Dauer der vorliegenden Störung, b den Leidensdruck,
860.22 38 c die Beeinträchtigungen aufgrund der Störung, d das Alter.

Art. 110

Massnahmen zur Erlernung einer Kommunikationsform bei Sin nesbeeinträchtigungen
1 Massnahmen zur Erlernung einer Kommunikationsform bei Sinnesbeeinträch tigungen umfassen die Schulung in ergänzter Lautsprache, Gebärdensprach kurse sowie Lormen für Kinder und Jugendliche sowie diesen nahestehende Personen.
6.3 Finanzierung

Art. 111

Grundsatz
1 Die Finanzierung der pädagogisch-therapeutischen Massnahmen erfolgt grundsätzlich a durch Leistungsvertrag oder b nach Tarifen bemessen durch direkte Auszahlung an die Leistungserbrin ger, wenn einer Leistungsempfängerin oder einem Leistungsempfänger eine Massnahme bewilligt worden ist.

Art. 112

Tarifverträge
1 Die GSI vereinbart mit den Berufsverbänden der Therapeutinnen und Thera peuten die Tarife für die Entschädigung der pädagogisch-therapeutischen Massnahmen.
2 Es können Zeittarife, Einzelleistungstarife oder Pauschaltarife vereinbart wer den, und es ist auf eine betriebswirtschaftliche Bemessung, effiziente Durch führung und sachgerechte Struktur zu achten.
3 Kommt keine Einigung zustande, gilt der bestehende Tarifvertrag weiter, bis der Regierungsrat die Tarife auf Antrag der GSI und nach Anhörung der Berufsverbände durch Beschluss festsetzt.

Art. 113

Nichtverbandsmitglieder
1 Nichtverbandsmitglieder, die pädagogisch-therapeutische Massnahmen er bringen, können maximal zum vereinbarten Tarif oder zum Tarif abrechnen, der vom Regierungsrat festgelegt worden ist.

Art. 114

Kostentragung durch Berechtigte
1 Die Berechtigten haben die Kosten für unentschuldbar versäumte Sitzungen selbst zu tragen.
39 860.22
6.4 Transportkosten

Art. 115

Grundsatz
1 Die zuständige Stelle gewährt Kindern auf Gesuch hin Beiträge für Transport kosten, die aufgrund gestützt auf diese Verordnung bewilligter pädagogisch- therapeutischer Massnahmen entstehen.
2 Sie gewährt Jugendlichen nach Austritt aus der Volksschule bis zum vollen deten 20. Lebensjahr Beiträge für Transportkosten, wenn a ihnen gestützt auf diese Verordnung eine pädagogisch-therapeutische Massnahme bewilligt worden ist und b sie den Weg zwischen Wohnort und Therapiestelle aufgrund ihrer Behin derung nicht selbstständig bewältigen können.
3 Die Beiträge werden bis maximal ein Jahr nach Entstehung der Kosten über nommen.

Art. 116

Kostenübernahme
1 Die zuständige Stelle übernimmt grundsätzlich die Kosten, die den Preisen der öffentlichen Transportmittel für Fahrten auf dem direkten Weg entsprechen.
2 Beiträge für Transporte durch private Transportunternehmen oder Privatper sonen werden bewilligt, wenn diese notwendig sind.

Art. 117

Weitere Transportkosten
1 Fahrauslagen für eine unerlässliche Begleitperson werden für Fahrten vergü tet, bei welchen die Leistungsempfängerin oder der Leistungsempfänger anwe send ist.
2 Fahrauslagen einer Früherzieherin oder eines Früherziehers werden entschä digt, wenn eine heilpädagogische Früherziehung notwendigerweise im Umfeld des Kindes erfolgen muss.

Art. 118

Kriterien
1 Hinsichtlich der Notwendigkeit im Sinne von Artikel 116 Absatz 2 und der Un erlässlichkeit im Sinne von Artikel 117 Absatz 1 sind die gesamten Umstände massgebend, insbesondere a das Alter und die Behinderung der Leistungsempfängerinnen und Leis tungsempfänger, b die Länge des Wegs zur Durchführungsstelle, c die vorhandenen Verkehrsverbindungen und
860.22 40 d die zur Verfügung stehenden Transportmöglichkeiten.

Art. 119

Standort
1 Vergütet werden die Kosten maximal bis zur nächstgelegenen geeigneten Durchführungsstelle.

Art. 120

Bemessung der Transportkosten
1 Die Entschädigung von Transporten ausserhalb des öffentlichen Verkehrs er folgt grundsätzlich nach Kilometertarifen.
2 Die GSI kann die Einzelheiten durch Direktionsverordnung regeln und in die ser insbesondere Kilometertarife festlegen.
3 Die Kilometertarife für von Privatpersonen durchgeführte Transporte dürfen die vom Regierungsrat nach Artikel 113 Absatz 2 der Personalverordnung vom
18. Mai 2005 (PV) 1 ) festgesetzten Kilometerentschädigungen für Dienstfahrten mit privaten Motorfahrzeugen nicht überschreiten.
6.5 Verfahren

Art. 121

Gesuch
1 Das Verfahren zur Gewährung von Beiträgen oder Entschädigungen oder zur Bewilligung von Massnahmen wird auf Gesuch hin und in Ausnahmefällen von Amtes wegen eröffnet.
2 Die Berechtigten haben die Gesuche bei der zuständigen Stelle auf dem amt lichen Formular einzureichen, das im Internet abrufbar ist.

Art. 122

Abklärung
1 Mit dem Gesuch ist grundsätzlich ein Bericht einer geeigneten Abklärungs stelle einzureichen.
2 Die zuständige Stelle achtet dabei auf die Unabhängigkeit der den Bedarf ab klärenden Stellen gegenüber den Durchführungsstellen.
3 Berichte von bereits konsultierten Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Fachstellen oder anderen Fachpersonen sind dem Gesuch beizulegen, soweit sie mit diesem in Zusammenhang stehen.
4 Die GSI kann in einer Direktionsverordnung a die Kriterien festlegen, die eine Abklärungsstelle erfüllen muss,
1) BSG 153.011.1
41 860.22 b die Rahmenbedingungen der Abklärungen und Abklärungsinstrumente definieren.

Art. 123

Entscheid
1 Die zuständige Stelle trifft und eröffnet ihre Entscheide grundsätzlich durch Verfügung.
2 Begünstigende Entscheide können in anderer Form mitgeteilt werden, auf Verlangen ist jedoch auch für diese Entscheide eine Verfügung zu erlassen.

Art. 124

Verfahrenskosten
1 Das Verfahren ist kostenlos.
7 Übergangsbestimmungen
7.1 Familienergänzende Kinderbetreuung

Art. 125

Aufsicht
1 Die Kindertagesstätten, die über eine Bewilligung nach bisherigem Recht ver fügen, unterstehen ab Inkrafttreten dieser Verordnung der Aufsicht des AIS.
2 Das AIS führt innerhalb von 24 Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung einen Aufsichtsbesuch durch.

Art. 126

Bewilligungen
1 Die nach bisherigem Recht erteilten unbefristeten Betriebsbewilligungen blei ben gültig bis zum Erhalt der nach dem ersten Aufsichtsbesuch ausgestellten Betriebsbewilligung, sofern der Aufsichtsbesuch nicht einen Entzug der Bewilli gung zur Folge hat.
2 Hinsichtlich des Entzugs einer nach bisherigen Recht erteilten unbefristeten Bewilligung richtet sich das Vorgehen nach Artikel 27.
3 Die Erteilung einer Bewilligung nach neuem Recht ist für bereits vor Inkrafttre ten dieser Verordnung betriebene Kindertagesstätten gebührenfrei.

Art. 127

Meldepflicht Tagesfamilien
1 Während der zweijährigen Übergangsfrist nach Artikel 139 Absatz 1 SLG ist die Behörde nach Artikel 12 Absatz 1 PAVO die Kindes- und Erwachsenen schutzbehörde.
860.22 42

Art. 128

Kindertagesstätten mit sozialpädagogischer Ausrichtung für schul pflichtige Kinder
1 Sofern eine Gemeinde die Aufwendungen für Kindertagesstätten mit sozialpä dagogischer Ausrichtung für schulpflichtige Kinder ab der ersten Klasse bereits bisher dem Lastenausgleich zugeführt hat, kann sie dies mit Ermächtigung des AIS noch bis zum Ende des Schuljahres fortsetzen, in dem die Gesetzgebung über die Leistungen für Kinder mit besonderem Förder- und Schutzbedarf in Kraft tritt.

Art. 129

Zulassungen
1 Nach bisherigem Recht erteilte Zulassungen von Leistungserbringern zum Betreuungsgutscheinsystem bleiben gültig.
2 Die Leistungserbringer müssen die Zulassungsvoraussetzungen betreffend die orts- und branchenüblichen Arbeitsbedingungen ab spätestens 1. Juli 2022 erfüllen.

Art. 130

Betreuungsgutscheine
1 Nach bisherigem Recht verfügte Betreuungsgutscheine bleiben bis längstens
31. Juli 2022 gültig.
2 Gesuche um Betreuungsgutscheine betreffend die Monate Januar bis Juli
2022 beurteilen sich nach bisherigem Recht.

Art. 131

Anforderungen an das Personal von Kindertagesstätten
1 Beim Betreuungsschlüssel und bei den Anforderungen an die Qualifikation von Personal und Leitung können die bisherigen Bestimmungen noch bis am
31. Juli 2022 angewendet werden.
7.2 Offene Kinder- und Jugendarbeit sowie pädagogisch-therapeutische Massnahmen

Art. 132

Offene Kinder- und Jugendarbeit
1 Die erste vierjährige Ermächtigungsperiode dauert vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2026, diesbezüglich können Gesuche um Erteilung einer Ermächtigung in Abweichung von Artikel 93 Absatz 1 bis am 30. Juni 2022 ein gereicht werden.
2 Die Leistungsangebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit haben die An forderungen dieser Verordnung spätestens ab dem 1. Januar 2023 zu erfüllen.
43 860.22
3 Die bestehenden Ermächtigungen behalten bis zur Ausstellung einer Ermäch tigung nach dieser Verordnung, längstens jedoch bis am 31. Dezember 2022, ihre Gültigkeit.

Art. 133

Pädagogisch-therapeutische Massnahmen
1 Gestützt auf die Verordnung vom 8. Mai 2013 über die sonderpädagogischen Massnahmen (Sonderpädagogikverordnung, SPMV) 1 ) erlassene Verfügungen betreffend pädagogisch-therapeutische Massnahmen, betreffend heilpädagogi sche Unterstützung und betreffend Transportkosten bleiben bis längstens am
31. Juli 2022 gültig.
2 Zuständigkeit, Vollzug und Finanzierung richten sich ab Inkrafttreten dieser Verordnung nach neuem Recht.
8 Schlussbestimmungen

Art. 134

Änderung von Erlassen
1 Folgende Erlasse werden geändert: a Verordnung vom 30. Juni 2021 über die Organisation und die Aufgaben der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (Organisationsverord nung GSI, OrV GSI) 2 ) , b Verordnung vom 22. Februar 1995 über die Gebühren der Kantonsverwal tung (Gebührenverordnung; GebV) 3 ) , c Tagesschulverordnung vom 28. Mai 2008 (TSV) 4 ) .

Art. 135

Aufhebung von Erlassen
1 Folgende Erlasse werden aufgehoben: a Verordnung vom 8. Mai 2013 über die sonderpädagogischen Massnah men (Sonderpädagogikverordnung, SPMV) 5 ) , b Verordnung vom 2. November 2011 über die Angebote der sozialen Inte gration (ASIV) 6 ) .

Art. 136

Inkrafttreten
1 Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2022 in Kraft.
1) BSG 432.281
2) BSG 152.221.121
3) BSG 154.21
4) BSG 432.211.2
5) BSG 432.281
6) BSG 860.113
860.22 44 Bern, 24. November 2021 Im Namen des Regierungsrates Die Präsidentin: Simon Der Staatskanzler: Auer
45 860.22 Änderungstabelle - nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung BAG-Fundstelle 24.11.2021 01.01.2022 Erlass Erstfassung 21-123 01.02.2022 01.01.2022

Art. 91 Abs. 1, a

geändert 22-009 31.01.2023 01.01.2023

Art. 91 Abs. 1, a

geändert 23-009
860.22 46 Änderungstabelle - nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung BAG-Fundstelle Erlass 24.11.2021 01.01.2022 Erstfassung 21-123

Art. 91 Abs. 1, a

01.02.2022 01.01.2022 geändert 22-009

Art. 91 Abs. 1, a

31.01.2023 01.01.2023 geändert 23-009
1 860.22 A1 Anhang 1 zu Artikel 55 Absatz 1 (Stand 01.01.2022 ) Formel zur Berechnung der Vergünstigung pro Monat in einer Kita: 푉 = ( ( 푀푎푥 푉 푀푖푛 푚퐸 − 푀푎푥 푚퐸 × ( 푚퐸 − 푀푖푛 푚퐸 ) + 푀푎푥 푉 ) + 푃 ) × 20 푇푎푔푒 × 푣퐵푃 퐾푖푡푎 Formel zur Berechnung der Vergünstigung pro Monat in einer TFO: 푉 = ( ( 푀푎푥 푉 푀푖푛 푚퐸 − 푀푎푥 푚퐸 × ( 푚퐸 − 푀푖푛 푚퐸 ) + 푀푎푥 푉 ) + 푃 ) × 푣퐵푃 푇퐹푂 V Vergünstigung pro Monat in einer Kita bzw. einer TFO Max V Maximale Vergünstigung pro 20 Prozent Betreuung pro Woche in einer Kita bzw. pro Betreuungsstunde in einer Tagesfamilie Min mE Minimales massgebendes Einkommen Max mE Maximales massgebendes Einkommen mE Massgebendes Einkommen P Pauschale für den ausserordentlichen Betreuungs oder För- der aufwand vBP Kita Vergünstigtes Betreuung spensum in Prozent in einer Kita vBP TFO Vergünstigtes Betreuungspensum in Stunden pro Monat in ei- ner TFO
1 8 60.22 A 2 Anhang 2 zu Artikel 91 Absatz 1 Buchstabe b (Stand 01.01.2022 ) 푍푢푠 푔 = 퐼푛푑푒푥 푍 푔 × 푍푢푠 푇 Wobei Zus g Zusatzbetrag der Gemeinde g in Franken Index Z g Soziallastenindex der Gemeinde g Zus T Gesamtsumme (Total) Zusatzbeträge Wobei: 퐼푛푑푒푥 푍 푔 = 퐵푒푣 푔 × ( 푦 ̃ 푔 − 푦 ̃ 푀푖푛 ) ∑ 퐵푒푣 푔 × 푁 1 ( 푦 ̃ 푔 − 푦 ̃ 푀푖푛 ) Regressionsgleichung zur Berechnung der abgeltungsberechtigten Kosten: y g = 937 x (AAus g ) + 19371 x (AArb g ) + 4880 x (AEL g ) + 10727 x (AFl g ) 173 Wobei ỹ Min = Min( ỹ g ) für 1 ≤ g ≤ N ỹ g = ∑ 훽 푗 푥 푗 퐾 푗 gegeben x j ist eine abgeltungsberechtigte Variable AAus g Anteil Ausländer der Gemeinde g AArb g Anteil Arbeitslose der Gemeinde g AEL g Anteil EL Bezüger der Gemeinde g AFl g Anteil anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene der Gemeinde g Bev g Bevölkerung der Gemeinde g y g abgeltungsberechtigte Kosten der Gemeinde g
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