Verordnung über die Integrität und Transparenz im Heilmittelbereich (812.214.31)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über die Integrität und Transparenz im Heilmittelbereich (VITH)

(VITH) vom 10. April 2019 (Stand am 1. Januar 2020)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 4 Absatz 2, 55 Absatz 3 und 56 Absätze 2 und 3 des Heilmittelgesetzes vom 15. Dezember 2000¹ (HMG),
verordnet:
¹ SR 812.21

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand
Diese Verordnung regelt die Einzelheiten zur Integrität und zur Transparenzpflicht nach den Artikeln 55 und 56 HMG.
Art. 2 Begriffe
Im Sinne dieser Verordnung gelten als:
a. Fachperson en : Personen, die verschreibungspflichtige Arzneimittel verschreiben, abgeben, eigenverantwortlich beruflich anwenden, zu diesen Zwecken einkaufen oder über deren Einkauf mitentscheiden;
b. Organisationen : juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sowie Gesellschaften und Einzelfirmen, die Fachpersonen beschäftigen.

2. Abschnitt: Integrität

Art. 3 Vorteile von bescheidenem Wert
¹ Als Vorteile von bescheidenem Wert nach Artikel 55 Absatz 2 Buchstabe a HMG zulässig sind Vorteile an Fachpersonen im Gesamtwert von höchstens 300 Franken pro Fachperson und Jahr, die für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang sind.
² Ein Vorteil ist für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang, wenn er in direktem Zusammenhang mit der Berufsausübung der Fachperson steht oder direkt der Kundschaft der Fachperson zugutekommt.
³ Gewinne und Preise im Rahmen von Wettbewerben sind nur zulässig, wenn:
a. sie aus einem Vorteil von bescheidenem Wert und von Belang für die medizinische oder pharmazeutische Praxis bestehen;
b. der Wettbewerb sich ausschliesslich an den Adressatenkreis für Fach­werbung im Sinne von Artikel 3 der Arzneimittel-Werbeverordnung vom 17. Oktober 2001² (AWV) richtet; und
c. die Teilnahme am Wettbewerb nicht an den Einkauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln geknüpft ist.
² SR 812.212.5
Art. 4 Unterstützungsbeiträge für Forschung, Lehre und Infrastruktur
Als Unterstützungsbeiträge an Organisationen für Forschung, Lehre und Infrastruktur nach Artikel 55 Absatz 2 Buchstabe b HMG zulässig sind Beiträge, die:
a. nicht einer Fachperson selbst angeboten, versprochen oder gewährt werden, sondern der Organisation, welche die Fachperson beschäftigt;
b. auf einer schriftlichen Vereinbarung basieren, woraus der beabsichtigte Ver­wendungszweck hervorgeht;
c. ausschliesslich zweckgebunden verwendet werden;
d. nicht an Bedingungen oder Auflagen geknüpft sind, die die Verschreibung, Abgabe, Anwendung oder den Bezug bestimmter verschreibungspflichtiger Arzneimittel betreffen;
e. auf ein dafür bestimmtes Konto der Organisation überwiesen werden, worauf Fachpersonen keinen alleinigen Zugriff haben; und
f. in der Buchhaltung der Organisation ausgewiesen werden.
Art. 5 Unterstützungsbeiträge für die Weiter- oder Fortbildung von Fachpersonen
¹ Als Unterstützungsbeiträge für die Weiter- oder Fortbildung von Fachpersonen nach Artikel 55 Absatz 2 Buchstabe b HMG zulässig sind Beiträge, die die Voraussetzungen nach Artikel 4 Buchstaben a–f erfüllen.
² Die Organisation muss unabhängig über die Art und Auswahl der Weiter- oder Fortbildung sowie über die teilnehmenden Fachpersonen entscheiden.
Art. 6 Unterstützungsbeiträge für die Teilnahme an Veranstaltungen zur Weiter- oder Fortbildung von Fachpersonen
¹ Unterstützungsbeiträge für die Teilnahme an Veranstaltungen zur Weiter- oder Fortbildung von Fachpersonen nach Artikel 55 Absatz 2 Buchstabe b HMG sind zulässig, sofern sie schriftlich vereinbart werden und die teilnehmenden Fachpersonen oder die sie beschäftigenden Organisationen einen angemessenen Beitrag an die Veranstaltungskosten leisten (Selbstkostenbeitrag).
² Der Selbstkostenbeitrag beträgt pro Person, die an einer Fortbildungsveranstaltung teilnimmt, mindestens einen Drittel, und pro Person, die an einer Weiterbildungsveranstaltung teilnimmt, mindestens einen Fünftel folgender Kosten:
a. Teilnahmegebühren;
b. Hin- und Rückreise;
c. Unterkunft und Verpflegung; und
d. Angebote, die für die Teilnahme an der Veranstaltung nicht erforderlich sind (Rahmenprogramme) und die von deutlich untergeordneter Bedeutung sind.
³ Von einem Selbstkostenbeitrag kann abgesehen werden, sofern:
a. die teilnehmende Fachperson während der Veranstaltung eine gleichwertige Gegenleistung nach Artikel 7 erbringt;
b. eine Veranstaltung keine Übernachtung der teilnehmenden Fachpersonen vor Ort erfordert und ohne eine allfällige Verpflegung im Anschluss an den fachlichen Teil höchstens einen halben Arbeitstag dauert.
⁴ Nicht zulässig sind:
a. die ganze oder teilweise Rückerstattung des Selbstkostenbeitrags;
b. die Übernahme indirekter Teilnahmekosten wie Arbeits- oder Einkommensausfall;
c. die Übernahme der Kosten von Rahmenprogrammen, die in Bezug auf den fachlichen Teil der Veranstaltung nicht von deutlich untergeordneter Bedeutung sind;
d. die Übernahme der Kosten von Reise, Unterkunft, Verpflegung oder Rahmenprogrammen von Begleitpersonen der teilnehmenden Fachpersonen, auch wenn die Begleitpersonen selbst Fachpersonen sind.
Art. 7 Abgeltungen für gleichwertige Gegenleistungen
¹ Als Abgeltungen für gleichwertige Gegenleistungen einer Fachperson oder Organisation nach Artikel 55 Absatz 2 Buchstabe c HMG zulässig sind Abgeltungen, die:
a. auf einer schriftlichen Vereinbarung basieren, woraus Art und Umfang von Gegenleistung und Abgeltung hervorgeht; und
b. in einem angemessenen Verhältnis zur Gegenleistung stehen.
² Im Rahmen eines Fachgesprächs ist die Übernahme von Verpflegungskosten bis höchstens 100 Franken von der Verpflichtung nach Absatz 1 Buchstabe a ausgenom­men.
³ Nicht abgegolten werden dürfen insbesondere Leistungen, die eine Fachperson oder Organisation:
a. für sich selbst erbringt;
b. in Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen erbringt; oder
c. anderweitig vergütet erhält.
⁴ Abgeltungen nach Absatz 1 sind insbesondere zulässig für:
a. Gegenleistungen beim Einkauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wie die Übernahme von Logistikaufwand, Lagerkosten oder Lagerrisiko;
b. Lehr-, Gutachtens- und Beratungstätigkeiten oder die Durchführung von wissenschaftlichen Studien und klinischen Versuchen;
c. Praxiserfahrungsberichte, die in einem wissenschaftlich anerkannten Fachmedium publiziert sind;
d. Mitwirkung in Beratungsgremien, Workshops oder an Marktforschungen, soweit kein Werbezweck besteht.
Art. 8 Rabatte
¹ Ein Preisrabatt entspricht der Differenz zwischen dem Standardpreis eines Produkts und dem im Rahmen einer Transaktion effektiv bezahlten Preis. Für Arzneimittel der Spezialitätenliste liegt ein Preisrabatt insbesondere vor, wenn der effektiv bezahlte Preis unter dem Fabrikabgabepreis liegt.
² Die Lieferung einer grösseren Menge, als bestellt und in Rechnung gestellt wird, ist unzulässig.
Art. 9 Musterpackungen
Musterpackungen im Sinne von Artikel 10 AWV³ dürfen von Fachpersonen, die sie erhalten, nicht verkauft werden.
³ SR 812.212.5

3. Abschnitt: Transparenz

Art. 10
¹ Sämtliche Preisrabatte und Rückvergütungen, die beim Heilmitteleinkauf Personen oder Organisationen gewährt werden, die Heilmittel verschreiben, abgeben, anwenden oder zu diesem Zweck einkaufen, sind dem Bundesamt für Gesundheit auf Verlangen offenzulegen.
² Die Transparenzpflicht nach Artikel 56 HMG gilt nicht für den Einkauf von freiverkäuflichen Arzneimitteln (Abgabekategorie E) und klassischen Medizinprodukten der Klasse I gemäss Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG⁴ über Medizinprodukte.
⁴ Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte, ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1; zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/47/EG, ABl. L 247 vom 21.9.2007, S. 21.

4. Abschnitt: Kontrolle

Art. 11
Wer Heilmittel herstellt oder vertreibt, die von den Bestimmungen über die Integrität und Transparenz erfasst werden, muss:
a.
eine Person bezeichnen, die dem Bundesamt für Gesundheit auf Verlangen alle geforderten Unterlagen und Informationen liefert ;
b. sämtliche im Sinne dieser Verordnung mit Fachpersonen und Organisationen geschlossenen Vereinbarungen nach deren letzter Verwendung während zehn Jahren aufbewahren;
c. ein Verzeichnis aller Fachpersonen und Organisationen führen, die gebührende Vorteile im Sinne dieser Verordnung erhalten haben.

5. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 12 Änderung anderer Erlasse
Die Änderung anderer Erlasse wird im Anhang geregelt.
Art. 13 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.

Anhang

(Art. 12)

Änderung anderer Erlasse

Die nachstehenden Verordnungen werden wie folgt geändert:
...⁵
⁵ Die Änderungen können unter AS 2019 1395 konsultiert werden.
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