Stauanlagenverordnung (721.101.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Stauanlagenverordnung (StAV)

(StAV) vom 23. November 2022 (Stand am 1. Januar 2023)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 4, 5 Absatz 3, 12 Absatz 2, 22 Absatz 3, 31 Absatz 3 und 33 des Stauanlagengesetzes vom 1. Oktober 2010¹ (StAG) und Artikel 72 Absatz 1 des Wasserrechtgesetzes vom 22. Dezember 1916² (WRG),
verordnet:
¹ SR 721.101 ² SR 721.80

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Begriffe
(Art. 3 StAG)
¹ Eine Stauanlage besteht aus:
a. dem Absperrbauwerk;
b. dem zugehörigen Stauraum;
c. den sicherheitsrelevanten Nebenanlagen.
² Als Absperrbauwerke gelten:
a. Beton- oder Natursteinmauern;
b. Schüttdämme;
c. Wehre einer Flussstauhaltung mit den zugehörigen Seitendämmen.
³ Als Stauraum gelten künstlich angelegte Speicher, die durch Absperrbauwerke gebildet werden.
⁴ Das Stauraumvolumen ist dasjenige Volumen einer Stauanlage, das im Falle eines totalen Bruchs der zugehörigen Absperrbauwerke bei vollem Stauraum entweichen kann.
⁵ Die Stauhöhe einer Stauanlage ist die bei vollem Stauraum durch das höchste Absperrbauwerk gestaute Höhe.
⁶ Als sicherheitsrelevante Nebenanlagen gelten die für den sicheren Betrieb einer Stauanlage notwendigen Bauten und Einrichtungen beim Stauraum und beim Absperrbauwerk, insbesondere die Entlastungs- und Ablassvorrichtungen.
⁷ Als Betreiberin einer Stauanlage gilt die Inhaberin der Inbetriebnahmebewilligung.
Art. 2 Stauanlagen mit besonderem Gefährdungspotenzial
(Art. 2 Abs. 2 Bst. a StAG)
¹ Ein besonderes Gefährdungspotenzial besteht, wenn im Falle eines Bruches des Absperrbauwerks Menschenleben gefährdet oder grössere Sachschäden verursacht werden können.
² Die betroffenen Kantone melden der Aufsichtsbehörde des Bundes (Bundesamt für Energie, BFE) Stauanlagen, die aufgrund ihrer Grösse nicht dem StAG unterstehen, aber voraussichtlich ein besonderes Gefährdungspotenzial aufweisen.
³ Die Betreiberinnen dieser Stauanlagen müssen dem BFE sämtliche zur Prüfung notwendigen Unterlagen zur Verfügung stellen.
⁴ Das BFE holt vor seinem Entscheid die Stellungnahme der weiteren betroffenen Kantone ein.
Art. 3 Stauanlagen ohne besonderes Gefährdungspotenzial
(Art. 2 Abs. 2 Bst. b StAG)
¹ Die Betreiberin muss dem Antrag, ihre Stauanlage vom Geltungsbereich des StAG auszunehmen, sämtliche zur Prüfung des Gefährdungspotenzials notwendigen Unterlagen beilegen.
² Das BFE holt vor seinem Entscheid die Stellungnahme der betroffenen Kantone ein.
Art. 4 Stauanlagen an Grenzgewässern
(Art. 4 StAG)
¹ Das BFE übt die direkte Aufsicht über Stauanlagen an Grenzgewässern aus.
² Es legt die sicherheitstechnischen Anforderungen an den Bau und den Betrieb von Stauanlagen an Grenzgewässern im Einzelfall fest, insbesondere um den Gefahren zu begegnen, die entstehen aus:
a. dem Bruch eines Absperrbauwerks;
b. Schwall und Sunk im Stauraum oder im Unterlauf;
c. Schäden an den Triebwasserwegen.
³ Es nimmt seine Aufgaben in Zusammenarbeit mit den zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörden wahr. Soweit möglich hält es sich an die schweizerische Stauanlagengesetzgebung; es sorgt in jedem Fall für ein gleichwertiges Sicherheitsniveau.

2. Kapitel: Anforderungen an die technische Sicherheit von Stauanlagen

Art. 5 Konstruktive Sicherheit
(Art. 5 Abs. 1)
¹ Wer eine Stauanlage bauen, ändern oder betreiben will, muss die Sicherheit des Absperrbauwerks, der sicherheitsrelevanten Nebenanlagen und des Stauraumes unter normalen, ausserordentlichen und extremen Lastfällen gewährleisten.
² Normale Lastfälle sind Kombinationen von Einwirkungen, welche die Stauanlage ständig oder regelmässig, insbesondere bei vollem und leerem See, beanspruchen. Unter diesen Lastfällen sind keine Schäden an der Stauanlage zulässig.
³ Ausserordentliche Lastfälle sind temporäre Kombinationen von Einwirkungen, wie sie insbesondere in einer ausserordentlichen Hochwassersituation, durch Lawinen oder Murgänge, durch Eisdruck oder durch Porenwasserdruckzustände aufgrund des Bauvorgangs oder rascher Absenkung entstehen können. Unter diesen Lastfällen sind leichte Schäden an der Stauanlage zulässig.
⁴ Extreme Lastfälle sind insbesondere eine extreme Hochwassersituation und Erdbeben. Unter diesen Lastfällen sind Schäden an der Stauanlage zulässig; diese dürfen jedoch keinen unkontrollierten, schadenverursachenden Wasserabfluss aus dem Stauraum verursachen.
⁵ Das BFE erarbeitet Richtlinien und weitere technische Grundlagen zu den normalen, ausserordentlichen und extremen Lastfällen. Es berücksichtigt dabei insbesondere die Besonderheiten der Stauanlagen zum Schutz vor Naturgefahren.
Art. 6 Überwachung
(Art. 8 Abs. 2 StAG)
Die Betreiberin muss während des Baus, der Inbetriebnahme und des Betriebs einer Stauanlage mittels Kontrollen und Messungen die frühzeitige Erkennung von Zustands- oder Verhaltensmerkmalen, die auf eine Beeinträchtigung der Sicherheit der Stauanlage hinweisen können, gewährleisten.
Art. 7 Notfallkonzept
(Art. 10 StAG)
Die Betreiberin muss während des Baus, der Inbetriebnahme und des Betriebs einer Stauanlage Vorkehrungen treffen für den Fall, dass die Sicherheit der Stauanlage nicht mehr gewährleistet werden kann.

3. Kapitel: Bau und Betrieb

1. Abschnitt: Plangenehmigung und Bau

Art. 8 Plangenehmigung
(Art. 5 Abs. 3 und Art. 6 Abs. 5 StAG)
¹ Die Aufsichtsbehörde prüft die ihr vorgelegten Unterlagen hinsichtlich der Erfüllung der Anforderungen an die technische Sicherheit der Stauanlage. Bei Rückhaltebecken und Bauwerken zur Sohlenstabilisierung kann auf den Einbau von Grundablässen und Tiefschützen verzichtet werden.
² In der Plangenehmigung wird festgelegt, welche Unterlagen die Inhaberin der Plangenehmigung der Aufsichtsbehörde vor und während der Bauausführung sowie nach Abschluss der Bauarbeiten zustellen muss.
³ Während der Bauausführung können insbesondere die folgenden Unterlagen einverlangt werden:
a. die Ergebnisse der geologischen Aufnahmen und der geotechnischen Untersuchungen;
b. die Ergebnisse der Injektionen oder sonstiger geotechnischer Massnahmen, die zur Verfestigung und Abdichtung des Untergrundes vorgenommen worden sind;
c. die Ergebnisse der Materialprüfungen;
d. die Ergebnisse der Überwachung;
e. die Bauberichte;
f. die Berichte zu besonderen Ereignissen.
⁴ Nach Abschluss der Bauarbeiten können insbesondere die folgenden Unterlagen einverlangt werden:
a. eine Zusammenfassung und Bewertung der geologischen Aufnahmen und der geotechnischen Untersuchungen;
b. eine Zusammenfassung und Bewertung der Injektionen oder sonstiger geotechnischer Massnahmen, die zur Verfestigung und Abdichtung des Untergrundes vorgenommen worden sind;
c. eine Zusammenstellung der beim Bau verwendeten Materialien und der Materialprüfungen;
d. die Änderungen gegenüber dem Bauprojekt;
e. die Pläne des ausgeführten Bauwerks;
f. die Typen und Standorte der Überwachungsinstrumente.
Art. 9 Bauausführung
(Art. 6 Abs. 8 und Art. 25 Bst. a StAG)
¹ Die Aufsichtsbehörde begleitet die Bauausführung. Sie kontrolliert insbesondere, ob diese den genehmigten Plänen entspricht.
² Die Inhaberin der Plangenehmigung muss der Aufsichtsbehörde während der Bauausführung die in der Plangenehmigung festgelegten Unterlagen zustellen (Art. 8 Abs. 2 und 3).
Art. 10 Projektänderungen
Projektänderungen müssen der Aufsichtsbehörde gemeldet und von dieser im Sinne von Artikel 6 StAG genehmigt werden.
Art. 11 Abschluss der Bauarbeiten
(Art. 6 Abs. 8 und Art. 25 Bst. a StAG)
¹ Nach Abschluss der Bauarbeiten muss die Inhaberin der Plangenehmigung der Aufsichtsbehörde einen Bauabschlussbericht zustellen.
² Der Bauabschlussbericht muss die in der Plangenehmigung festgelegten Unterlagen enthalten (Art. 8 Abs. 2 und 4).
³ Die Aufsichtsbehörde prüft, ob die Bauarbeiten nach den genehmigten Plänen und den angeordneten Auflagen ausgeführt worden sind. Sie hält das Resultat ihrer Prüfung in einem Abnahmeprotokoll fest.
Art. 12 Rückbau
(Art. 6 Abs. 1 StAG)
Der Rückbau von Stauanlagen ist einer Änderung gleichgesetzt.

2. Abschnitt: Inbetriebnahme

Art. 13 Reglemente
(Art. 7, 8, 10 und 25 Bst. a StAG)
¹ Die Betreiberin muss vor der Inbetriebnahme die folgenden Reglemente erstellen und der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung unterbreiten:
a. ein Reglement zur Bedienung der Entlastungs- und Ablassvorrichtungen mit beweglichen Verschlüssen, die für die Bewältigung eines Hochwassers nötig sind (Wehrreglement);
b. ein Reglement zur Alarmierung der Behörden und der Bevölkerung im Notfall und zu dessen Bewältigung (Notfallreglement).
² Sie muss nach Abschluss der Inbetriebnahme ein Reglement für die Überwachung der Stauanlage im normalen Betrieb und bei ausserordentlichen Ereignissen erstellen und der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung unterbreiten (Überwachungsreglement).
³ Sie muss die Reglemente laufend überprüfen und allfällige Nachführungen der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung unterbreiten. Nachführungen von nicht sicherheitsrelevanten Einzelheiten wie den Adressen der Kontaktpersonen oder Änderungen betreffend die Bedienung der Entlastungs- und Ablassvorrichtungen mit beweglichen Verschlüssen im normalen Betrieb müssen der Aufsichtsbehörde gemeldet werden, bedürfen aber keiner Genehmigung.
Art. 14 Inbetriebnahme
(Art. 7 StAG)
¹ Bei Anlagen, bei denen der Ersteinstau kontrolliert erfolgen kann, muss die Betreiberin das Verhalten und den Zustand der Stauanlage insbesondere mit Hilfe von Messungen und visuellen Kontrollen überwachen. Sie teilt der Aufsichtsbehörde das Resultat ihrer Beobachtungen mit.
² Die Aufsichtsbehörde begleitet den Ablauf der Inbetriebnahme und kontrolliert, ob diese gemäss Bewilligung durchgeführt wird.
³ Eine Stauerhöhung nach einem Umbau und der Wiedereinstau nach einer sicherheitsrelevanten Instandsetzung sind dem Ersteinstau gleichgesetzt.
Art. 15 Abschluss der Inbetriebnahme
(Art. 7, 8 und 25 Bst. a StAG)
¹ Nach Abschluss des Ersteinstaus oder des Wiedereinstaus muss die Betreiberin der Aufsichtsbehörde einen Inbetriebnahmebericht zustellen.
² Der Bericht muss insbesondere enthalten:
a. eine Übersicht über den Ablauf des Ersteinstaus oder des Wiedereinstaus;
b. eine Analyse des Verhaltens der Stauanlage während der Inbetriebnahme oder der Wiederinbetriebnahme;
c. die Ergebnisse der Funktionskontrollen der Entlastungs- und Ablassvorrichtungen.
³ Eine Stauanlage darf nur betrieben werden, wenn das Resultat des Ersteinstaus oder des Wiedereinstaus auf einen sicheren Betrieb schliessen lässt.
Art. 16 Aktensammlung über die Stauanlage
(Art. 25 Bst. a StAG)
¹ Die Betreiberin muss ab Inbetriebnahme eine Aktensammlung über die Stauanlage führen und diese laufend aktualisieren. Sie gewährt der Aufsichtsbehörde jederzeit Einsicht in die Aktensammlung.
² Die Aktensammlung enthält insbesondere:
a. die wichtigsten Pläne des ausgeführten Bauwerks und Angaben über die Bauausführung;
b. die Vereinbarung zwischen der Bauherrschaft und den Projektplanerinnen und Projektplanern über die geplante Nutzung (Nutzungsvereinbarung);
c. die Darstellung der technischen Umsetzung der Nutzungsvereinbarung (Projektbasis);
d. die Nachweise der konstruktiven Sicherheit (Hochwassersicherheit, statische Sicherheit, Erdbebensicherheit);
e. die geologischen Gutachten;
f. den Inbetriebnahmebericht;
g. die Jahresberichte und die Berichte über die geodätischen Deformationsmessungen;
h. die Fünfjahresberichte;
i. die Berichte über Störfälle und Betriebsanomalien;
j. das Überwachungs-, das Wehr- und das Notfallreglement.

3. Abschnitt: Betrieb und Überwachung

Art. 17 Laufende Kontrolle
(Art. 8 Abs. 2 StAG)
¹ Die Betreiberin muss Messungen, visuelle Kontrollen und Prüfungen der Betriebstüchtigkeit der Ablass- und Entlastungsvorrichtungen gemäss dem Überwachungsreglement (Art. 13 Abs. 2) durchführen.
² Sie muss in der Periode, in der eine grosse Anlage eingestaut ist, fernübertragene Messdaten mindestens einmal monatlich mit Handmessungen vor Ort nachprüfen.
³ Bei den übrigen Anlagen muss sie die fernübertragenen Messdaten mindestens einmal jährlich mit Handmessungen vor Ort nachprüfen.
Art. 18 Jahreskontrolle
(Art. 8 Abs. 2 und Art. 25 Bst. a StAG)
¹ Die Betreiberin muss dafür sorgen, dass eine erfahrene Fachperson die Messresultate fortlaufend beurteilt, einmal pro Jahr eine visuelle Kontrolle der Stauanlage durchführt und die Ergebnisse in einem jährlichen Mess- und Kontrollbericht festhält (Jahresbericht).
² Sie muss der Aufsichtsbehörde den Jahresbericht einschliesslich der Resultate der Prüfungen der beweglichen Verschlüsse, der visuellen Kontrollen und der Messungen spätestens sechs Monate nach Abschluss der Berichtsperiode zustellen.
³ Die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen vom Jahresrhythmus und der Frist zur Einreichung des Jahresberichts gewähren, sofern der gleiche Grad an Sicherheit gewährleistet ist.
Art. 19 Fünfjahreskontrolle
(Art. 8 Abs. 2 und Art. 25 Bst. a StAG)
¹ Die Betreiberin muss dafür sorgen, dass ausgewiesene Expertinnen oder Experten für Bau und Geologie alle fünf Jahre eine umfassende Sicherheitsüberprüfung durchführen, wenn die betreffende Stauanlage:
a. eine Stauhöhe von mindestens 40 m aufweist; oder
b. eine Stauhöhe von mindestens 10 m und einen Stauraum von mehr als 1 Million m³ aufweist.
² Sie muss der Aufsichtsbehörde die Berichte der Sicherheitsüberprüfungen spätestens neun Monate nach Abschluss der Berichtsperiode zustellen (Fünfjahresberichte).
³ Die Aufsichtsbehörde kann auf eine regelmässige umfassende Sicherheitsüberprüfung verzichten und Ausnahmen von der Frist zur Einreichung der Fünfjahresberichte gewähren, sofern der gleiche Grad an Sicherheit gewährleistet ist.
⁴ Sie kann ausserordentliche Überprüfungen und die Fünfjahreskontrolle von Stauanlagen mit geringeren Ausmassen anordnen.
Art. 20 Fachperson sowie Expertinnen und Experten
(Art. 8 Abs. 2 und Art. 25 Bst. a StAG)
¹ Die Betreiberin muss der Aufsichtsbehörde die Wahl ihrer Fachperson (Art. 18) melden. Die Aufsichtsbehörde kann die Fachperson ablehnen, falls begründete Zweifel an deren Eignung bestehen.
² Die Betreiberin muss der Aufsichtsbehörde die Wahl ihrer Expertinnen und Experten (Art. 19) zur Genehmigung unterbreiten.
³ Die Expertinnen und Experten müssen von der Fachperson, der Betreiberin und der Eigentümerin der Anlage unabhängig sein.
Art. 21 Prüfung der Entlastungs- und Ablassvorrichtungen
(Art. 8 Abs. 2 StAG)
¹ Die Betreiberin muss jedes Jahr die Betriebstüchtigkeit der Entlastungs- und Ablassvorrichtungen mit beweglichen Verschlüssen prüfen. Der Ablauf und die Resultate der Prüfung sind in einem Protokoll festzuhalten.
² Die Prüfung muss bei hohem Stauspiegel und mit Wasserablass erfolgen (Nassprobe).
³ Die Entlastungsvorrichtungen können auch trocken oder auf andere Weise geprüft werden, wenn der normale Stauspiegel unter dem für eine Öffnung notwendigen Wasserspiegel liegt.
⁴ Die Ablassvorrichtungen von Rückhaltebecken und von Bauwerken zur Sohlen­stabilisierung können trocken geprüft werden.
Art. 22 Meldepflichten
(Art. 8, 25 Bst. a und 26 StAG)
¹ Die Betreiberin muss der Aufsichtsbehörde Ereignisse im Zusammenhang mit der Stauanlagensicherheit melden; gemeldet werden müssen insbesondere:
a. unverzüglich: sicherheitsrelevante Ereignisse von grosser Bedeutung mit massiven Schäden an der Stauanlage oder an Gütern Dritter oder schweren oder tödlichen Verletzungen von Drittpersonen;
b. innert 24 Stunden: sicherheitsrelevante Ereignisse von mittelgrosser Bedeutung mit erheblichen Schäden an der Stauanlage oder an Gütern Dritter oder leichten Verletzungen von Drittpersonen;
c. innert 5 Tagen: sicherheitsrelevante Ereignisse von geringer Bedeutung mit geringen Schäden an der Stauanlage oder an Gütern Dritter und ohne Verletzung von Drittpersonen.
² Die Betreiberin muss der Aufsichtsbehörde rechtzeitig die Termine melden für:
a. die Prüfung der Entlastungs- und Ablassvorrichtungen;
b. die Begehung der Stauanlage im Rahmen der Jahres- und der Fünfjahreskontrollen;
c. die Entleerung der Anlage.
Art. 23 Revision
(Art. 8 Abs. 3 Bst. a StAG)
¹ Die Betreiberin muss der Aufsichtsbehörde Revisionsarbeiten rechtzeitig melden.
² Sie muss während Arbeiten an Entlastungs- und Ablassvorrichtungen:
a. eine ausreichende Hochwassersicherheit gewährleisten; und
b. die Absenkung des Stausees bei drohender Gefahr innerhalb kurzer Frist wieder ermöglichen.
Art. 24 Beeinflussung der Sicherheit durch andere Bauten und Anlagen
(Art. 9 StAG)
¹ Die Behörde, die über die Errichtung oder die Änderung einer Baute oder einer Anlage entscheidet, die sich auf die Sicherheit einer bestehenden Stauanlage nachteilig auswirken könnte (Genehmigungsbehörde), stellt der Aufsichtsbehörde sämtliche zur Prüfung der technischen Sicherheit der Stauanlage notwendigen Unterlagen zu.
² Die Aufsichtsbehörde prüft die ihr vorgelegten Unterlagen hinsichtlich der technischen Sicherheit der Stauanlage im Sinne des 2. Kapitels. Soweit die technische Sicherheit der Stauanlage es erfordert, teilt sie der Genehmigungsbehörde Nebenbestimmungen für den Bau mit.
³ Haben die Betreiberinnen der beeinflussten Stauanlagen nicht selber das Gesuch gestellt, so sorgt die Aufsichtsbehörde dafür, dass sie über die Nebenbestimmungen in-formiert werden.

4. Abschnitt: Notfallkonzept

Art. 25 Vorkehrungen für den Notfall
(Art. 10 StAG)
¹ Das Notfallreglement gemäss Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b muss mindestens die folgenden Unterlagen enthalten:
a. Karten mit denjenigen Gebieten, die durch ein Versagen des Absperrbauwerks oder der Nebenanlagen überflutet werden können (Überflutungsflächen) sowie Angaben zur Zeit bis zur Überflutung und zum Ausmass der Überflutung;
b. ein Dossier für den Einsatz im Notfall (Einsatzdossier).
² Die Aufsichtsbehörde übermittelt eine Kopie der Unterlagen an die betroffenen Kantone und an das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS).
Art. 26 Wasseralarmsystem
(Art. 11 StAG)
¹ Das BFE bestimmt nach Anhörung der Betreiberin, der betroffenen Kantone und des BABS, welche Stauanlagen mit weniger als 2 Millionen m³ Stauraum mit einem Wasseralarmsystem ausgerüstet sein müssen.
² Eine hohe Gefahr gemäss Artikel 11 Absatz 2 StAG besteht, wenn im Falle eines plötzlichen totalen Bruches des Absperrbauwerkes mindestens 1000 Personen, die sich regelmässig während längerer Zeit in der Nahzone aufhalten, gefährdet sind.
³ Die Konzeption und die technischen Systeme des Wasseralarmsystems bedürfen der Genehmigung durch das BABS.
Art. 27 Evakuierungspläne für die Bevölkerung
(Art. 12 Abs. 1 StAG)
¹ Basierend auf den Unterlagen gemäss Artikel 25 erstellen die betroffenen Kantone die für die Evakuierung der Bevölkerung notwendigen Pläne (Evakuierungspläne).
² Sie informieren die Bevölkerung über die Evakuierungspläne und gewähren ihr jederzeit Einsicht in die Karten der Überflutungsflächen.
³ Sie übermitteln eine Kopie der Evakuierungspläne an das BFE und an das BABS.
⁴ Sie überprüfen die Evakuierungspläne laufend und übermitteln allfällige Nachführungen an das BFE und an das BABS.
⁵ Das BABS beaufsichtigt den Vollzug dieser Bestimmung.
Art. 28 Anordnungen im Falle einer militärischen Bedrohung
(Art. 12 Abs. 2 StAG)
Für besondere Anordnungen im Fall einer militärischen Bedrohung ist der Bundesstab Bevölkerungsschutz gemäss Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung vom 2. März 2018³ über den Bundesstab Bevölkerungsschutz zuständig.
³ SR 520.17

4. Kapitel: Aufsicht

Art. 29 Aufsichtsbehörde des Bundes
(Art. 22 StAG)
¹ Aufsichtsbehörde des Bundes ist das BFE.
² Das BFE hat insbesondere die folgenden Aufgaben:
a. die direkte Aufsicht über grosse Stauanlagen und Stauanlagen an Grenzgewässern;
b. die Oberaufsicht über die der Aufsicht der Kantone unterstehenden Stauanlagen;
c. den Erlass von Richtlinien und die Erarbeitung von weiteren technischen Grundlagen in Zusammenarbeit mit den Kantonen, den Hochschulen, den Fachorganisationen und der Wirtschaft;
d. die Förderung der Forschung;
e. die Sicherung des Fachwissens in Zusammenarbeit mit Hochschulen, Kantonen und Fachorganisationen, insbesondere die Sicherstellung der Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen sowie von Expertinnen und Experten;
f. die Sicherstellung des Informationsaustausches mit dem Ausland.
³ Es stellt den betroffenen Kantonen insbesondere die folgenden Unterlagen zu:
a. die Verfügungen, mit denen es Stauanlagen dem StAG unterstellt (Art. 2) oder von dessen Geltungsbereich ausnimmt (Art. 3);
b. die Liste der Stauanlagen unter seiner direkten Aufsicht, die in Betrieb sind (Art. 22 Abs. 2 und Art. 24 StAG);
c. die Plangenehmigungen für den Bau und die Änderung von Anlagen unter seiner direkten Aufsicht, sofern keine Genehmigung nach einem anderen Gesetz erfolgt (Art. 6 StAG);
d. die nach Abschluss der Bauarbeiten erstellten Abnahmeprotokolle von Anlagen unter seiner direkten Aufsicht (Art. 11 Abs. 3);
e. die Inbetriebnahmebewilligungen von Anlagen unter seiner direkten Aufsicht (Art. 7 StAG);
f. die weiteren Verfügungen, die es zur Gewährleistung der Sicherheit von Anlagen unter seiner direkten Aufsicht erlässt (Art. 32; Art. 8 StAG).
Art. 30 Aufsichtsbehörden der Kantone
(Art. 23 StAG)
Die Aufsichtsbehörden der Kantone haben insbesondere die folgenden Aufgaben:
a. Sie beaufsichtigen die Stauanlagen, die nicht der direkten Aufsicht des Bundes unterstehen.
b. Sie melden dem BFE insbesondere die folgenden Angaben der unter ihrer Aufsicht stehenden Stauanlagen: 1. die Betreiberin;
2. den Zweck;
3. die Standortkoordinaten, den Typ und das Baujahr des Absperrbauwerks;
4. das Jahr der Inbetriebnahme;
5. die geometrischen Daten.
c. Sie erstellen zuhanden des BFE jährlich bis zum 30. Juni des Folgejahres einen Bericht über ihre Aufsichtstätigkeit.
d. Sie melden dem BFE unverzüglich alle ausserordentlichen Ereignisse, die einen Einfluss auf die Sicherheit der unter ihrer Aufsicht stehenden Stauanlagen haben könnten.
Art. 31 Kontrollen durch die Aufsichtsbehörde
(Art. 8 Abs. 4 StAG)
¹ Die Aufsichtsbehörde nimmt an den Fünfjahreskontrollen (Art. 19) teil und inspiziert die betreffenden Anlagen in der Regel zusätzlich einmal in fünf Jahren.
² Sie inspiziert die grossen, nicht den Fünfjahreskontrollen unterliegenden Stauanlagen in der Regel einmal alle drei Jahre.
³ Sie inspiziert die weiteren Stauanlagen in der Regel einmal alle fünf Jahre.
Art. 32 Massnahmen der Aufsichtsbehörde
(Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 3 und 5 StAG)
¹ Erfüllt die Betreiberin ihre Pflichten gemäss dem StAG und dieser Verordnung nicht, so ordnet die Aufsichtsbehörde die notwendigen Massnahmen an, insbesondere:
a. Sanierungsmassnahmen oder Betriebseinschränkungen zur Gewährleistung der konstruktiven Sicherheit;
b. Unterhaltsmassnahmen, eine verstärkte Überwachung oder Betriebseinschränkungen, wenn die Resultate der Überwachung auf einen unsicheren Betrieb schliessen lassen.
² Ist die Betreiberin mit einer Unterhalts- oder Sanierungsmassnahme im Verzug, so ordnet die Aufsichtsbehörde die notwendigen Massnahmen und nach erfolgloser Mahnung die Entleerung der Stauanlage an.

5. Kapitel: Schlussbestimmungen

Art. 33 Zuständige Behörde für Verwaltungsstrafverfahren
(Art. 31 StAG)
Verfolgende und urteilende Verwaltungsbehörde gemäss Artikel 31 Absatz 3 StAG ist das BFE.
Art. 34 Aufhebung eines anderen Erlasses
Die Stauanlagenverordnung vom 17. Oktober 2012⁴ wird aufgehoben.
⁴ [ AS 2012 5995 ; 2018 1093 Anhang 3 Ziff. II 3]
Art. 35 Übergangsbestimmungen
Die bei Inkrafttreten dieser Verordnung bestehenden Genehmigungen und Bewilligungen bleiben rechtsgültig.
Art. 36 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.
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