Verordnung des SBFI über die eidgenössische Berufsmaturitätsprüfung (412.103.11)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung des SBFI über die eidgenössische Berufsmaturitätsprüfung (VEBMP)

(VEBMP) vom 5. Mai 2022 (Stand am 1. Oktober 2022)
Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) ,
gestützt auf Artikel 4 Absatz 2 der Berufsmaturitätsverordnung vom 24. Juni 2009 ¹  (BMV),
verordnet:
¹ SR 412.103.1

1. Abschnitt: Gegenstand und Prüfungszweck

Art. 1 Gegenstand
Diese Verordnung regelt die Organisation und die Durchführung der eidgenössischen Berufsmaturitätsprüfung.
Art. 2 Prüfungszweck
Mit der eidgenössischen Berufsmaturitätsprüfung soll festgestellt werden, ob Kandidatinnen und Kandidaten, welche die Kompetenzen der erweiterten Allgemeinbildung ausserhalb eines nach Artikel 29 BMV anerkannten Bildungsgangs erworben haben, die Ziele nach Artikel 3 BMV erreicht haben und befähigt sind, ein Fachhochschulstudium aufzunehmen.

2. Abschnitt: Leitung

Art. 3 Administrative Leitung
¹ Das SBFI ist zuständig für die administrative Leitung der Prüfung (Prüfungsleitung). Es kann eine externe Stelle damit beauftragen.
² Die Prüfungsleitung nimmt insbesondere folgende Aufgaben wahr:
a. Sie legt Ort und Zeitpunkt der Prüfungssession und den Anmeldetermin fest.
b. Sie publiziert die Angaben nach Buchstabe a und die Frist zur Einreichung der interdisziplinären Projektarbeit (IDPA) auf der Website des SBFI.
c. Sie legt das Prüfungsprogramm fest.
d. Sie schlägt dem Prüfungspräsidium das einzusetzende Fachpersonal vor.
e. Sie prüft die Prüfungsanmeldungen und entscheidet über die Zulassung.
f. Sie organisiert einmal jährlich eine Prüfungssession und führt diese durch.
g. Sie erstellt die Notenblätter und stellt die Zeugnisse aus.
Art. 4 Fachliche Leitung
¹ Das SBFI beauftragt eine externe Stelle mit der fachlichen Leitung der Prüfung (Prüfungspräsidium).
² Das Prüfungspräsidium nimmt folgende Aufgaben wahr:
a. Es ernennt das Fachpersonal.
b. Es legt das Thema der IDPA fest.
c. Es entscheidet über die Gewährung von besonderen Hilfsmitteln oder mehr Zeit (Nachteilsausgleich).
d. Es fällt die Prüfungsentscheide.
e. Es entscheidet über Sanktionen.

3. Abschnitt: Zulassungsverfahren

Art. 5 Teilnahmevoraussetzungen
An der Prüfung teilnehmen kann, wer:
a. Inhaberin oder Inhaber eines eidgenössischen Fähigkeitszeugnisses (EFZ) ist oder über eine gleichwertige berufliche Qualifikation verfügt;
b. die Anmeldung vollständig, form- und fristgerecht eingereicht hat; und
c. die IDPA form- und fristgerecht eingereicht hat.
Art. 6 Anmeldung
¹ Die Anmeldung zur Prüfung muss folgende Unterlagen enthalten:
a. das Anmeldeformular;
b. eine Kopie des EFZ oder des Nachweises einer gleichwertigen beruflichen Qualifikation.
² Wer aufgrund einer Beeinträchtigung besondere Hilfsmittel oder mehr Zeit benötigt (Art. 4 Abs. 2 Bst. c), muss dies mit der Anmeldung beantragen.
³ Wer für die zweite Landessprache oder die dritte Sprache über ein anerkanntes Fremdsprachendiplom verfügt, kann auf Antrag von der entsprechenden schriftlichen Prüfung dispensiert werden und muss nur die mündliche Prüfung ablegen. Der Antrag ist mit der Anmeldung einzureichen. Die Anerkennung der Fremdsprachendiplome richtet sich nach Artikel 23 BMV.
⁴ Es sind die vom SBFI zur Verfügung gestellten Formulare zu verwenden.
⁵ Ein Wechsel der Prüfungsart oder der Ausrichtung ist bis zum Ablauf der Anmeldefrist möglich.
Art. 7 Zulassung
Das Prüfungssekretariat informiert die Kandidatinnen und Kandidaten spätestens 60 Tage vor der Prüfung schriftlich über die Zulassung sowie allenfalls über die Gewährung des Nachteilsausgleichs oder die Dispensation von einer Sprachprüfung. Es verweist dabei auf diese Verordnung und im Speziellen auf die Artikel 18 und 19.
Art. 8 Rückzug
¹ Die Kandidatinnen und Kandidaten können ihre Anmeldung bis zum Ablauf der Frist zur Einreichung der IDPA ohne Begründung zurückziehen.
² Später ist ein Rückzug nur möglich, wenn ein hinreichender Grund vorliegt. Als hinreichende Gründe gelten insbesondere:
a. Mutterschaft;
b. Krankheit und Unfall;
c. Todesfall im engeren Umfeld;
d. unvorhergesehener Militär-, Zivilschutz- oder Zivildienst.
³ Der Rückzug nach Absatz 2 muss der Prüfungsleitung unverzüglich schriftlich mitgeteilt und begründet werden.

4. Abschnitt: Prüfungsinhalte

Art. 9 Grundlage
Die Kompetenzen, Lerngebiete, Anforderungen in den einzelnen Fächern und in der IDPA sowie die Prüfungsfächer in den einzelnen Ausrichtungen richten sich nach dem Rahmenlehrplan vom 18. Dezember 2012² für die Berufsmaturität (RLP-BM).
² Abrufbar unter www.sbfi.admin.ch > Bildung > Maturität > Berufsmaturität > Dokumentation.
Art. 10 Prüfungsfächer und interdisziplinäre Projektarbeit
¹ Prüfungsfächer im Grundlagenbereich sind für alle Ausrichtungen:
a. erste Landessprache: Deutsch, Französisch oder Italienisch;
b. zweite Landessprache: Deutsch, Französisch oder Italienisch;
c. dritte Sprache: Deutsch, Französisch, Italienisch oder Englisch;
d. Mathematik.
² Prüfungsfächer im Schwerpunktbereich sind:
a. für die Ausrichtung Technik, Architektur, Life Sciences: 1. Naturwissenschaften,
2. Mathematik;
b. für die Ausrichtung Wirtschaft und Dienstleistungen: 1. Finanz- und Rechnungswesen,
2. Wirtschaft und Recht;
c. für die Ausrichtung Gesundheit und Soziales: 1. Sozialwissenschaften,
2. Naturwissenschaften im Hinblick auf den Fachhochschulbereich Gesundheit sowie Wirtschaft und Recht im Hinblick auf den Fachhochschulbereich soziale Arbeit;
d. für die Ausrichtung Natur, Landschaft und Lebensmittel: 1. Naturwissenschaften 1,
2. Naturwissenschaften 2;
e. für die Ausrichtung Gestaltung und Kunst: 1. Gestaltung, Kunst, Kultur,
2. Information und Kommunikation.
³ Prüfungsfächer im Ergänzungsbereich sind:
a. für die Ausrichtung Technik, Architektur, Life Sciences: 1. Geschichte und Politik,
2. Wirtschaft und Recht;
b. für die Ausrichtung Wirtschaft und Dienstleistungen: 1. Geschichte und Politik,
2. Technik und Umwelt im Typ Wirtschaft sowie Wirtschaft und Recht im Typ Dienstleistungen;
c. für die Ausrichtung Gesundheit und Soziales: 1. Geschichte und Politik,
2. Wirtschaft und Recht im Hinblick auf den Fachhochschulbereich Gesundheit sowie Technik und Umwelt im Hinblick auf den Fachhochschulbereich soziale Arbeit;
d. für die Ausrichtung Natur, Landschaft und Lebensmittel: 1. Geschichte und Politik,
2. Wirtschaft und Recht;
e. für die Ausrichtung Gestaltung und Kunst: 1. Geschichte und Politik,
2. Technik und Umwelt.
⁴ Das interdisziplinäre Arbeiten wird im Rahmen einer IDPA geprüft. Die IDPA ist zum vorgegebenen Thema und unter Berücksichtigung von zwei vorgegebenen Fächern zu erstellen und zu präsentieren.

5. Abschnitt: Prüfungsmodalitäten

Art. 11 Prüfungssprachen
Die Prüfung wird in allen Ausrichtungen auf Deutsch, Französisch und Italienisch angeboten.
Art. 12 Prüfungsrichtlinien
Die Richtlinien des SBFI zur Prüfung werden in Zusammenarbeit mit den Fachlehrkräften der Sekundarstufe II und den Fachhochschulen erarbeitet und auf der Website des SBFI publiziert. Sie legen insbesondere fest:
a. die Prüfungsaufteilung;
b. die Prüfungsform und die Prüfungsdauer in den einzelnen Fächern, soweit diese nicht durch den Rahmenlehrplan vorgegeben sind;
c. den Prüfungsaufbau und die Bewertungskriterien;
d. die Anforderungen an die Erstellung und die Präsentation der IDPA;
e. die Liste der literarischen Werke nach Epochen und Sprachen;
f. die Liste der zugelassenen Hilfsmittel.
Art. 13 Prüfungsaufteilung
¹ Die Kandidatin oder der Kandidat kann die Prüfung nach eigener Wahl wie folgt ablegen:
a. als Gesamtprüfung in einer einzigen Prüfungssession;
b. in Form von zwei Teilprüfungen in zwei Prüfungssessionen.
² Wird die Prüfung in Form von zwei Teilprüfungen abgelegt, so muss die zweite Teilprüfung spätestens im auf die erste Teilprüfung folgenden Kalenderjahr abgelegt werden. Auf Ersuchen der Kandidatin oder des Kandidaten kann die Prüfungsleitung in begründeten Fällen Ausnahmen bewilligen.
Art. 14 Zutritt für Aussenstehende
Die Prüfungsleitung kann Aussenstehenden auf Ersuchen Zutritt zu den Prüfungen gewähren.

6. Abschnitt: Prüfungsverfahren

Art. 15 Prüfungsorgane
¹ Für das Prüfungsverfahren sind folgende Prüfungsorgane zuständig:
a. die Prüfungsleitung;
b. das Prüfungssekretariat;
c. das Prüfungspräsidium;
d. das Fachpersonal.
² Das Fachpersonal besteht aus:
a. Aufgabenstellenden, welche die schriftlichen Prüfungsaufgaben erarbeiten;
b. Validierenden, die sicherstellen, dass die schriftlichen Prüfungsaufgaben den Richtlinien und dem Rahmenlehrplan entsprechen;
c. Examinierenden, welche: 1. die schriftlich abgelegten Prüfungen korrigieren,
2. die mündlichen Prüfungen vorbereiten und abnehmen,
3. die IDPA korrigieren und deren Präsentation abnehmen,
4. die Leistungen bewerten;
d. Expertinnen und Experten, die an der mündlichen Prüfung teilnehmen und an der Bewertung mitwirken.
Art. 16 Leistungsbewertung
¹ Die in den Prüfungsfächern sowie in der IDPA erbrachten Leistungen werden in ganzen oder halben Noten ausgedrückt.
² 6 ist die höchste, 1 die tiefste Note. Noten unter 4 stehen für ungenügende Leistungen.
Art. 17 Notenberechnung
¹ Noten, die sich aus dem Mittel der Summe mehrerer bewerteter Leistungen ergeben, werden auf die nächste halbe oder ganze Note gerundet. Ausgenommen ist die Gesamtnote.
² Bei Kandidatinnen und Kandidaten, die von der schriftlichen Prüfung in der zweiten Landessprache oder der dritten Sprache dispensiert sind, beruht die Note für die entsprechende Sprache:
a. zu 70 Prozent auf dem umgerechneten Prüfungsergebnis des Fremdsprachendiploms; und
b. zu 30 Prozent auf der Note der mündlichen Prüfung.
³ Die Note für das interdisziplinäre Arbeiten beruht:
a. zu zwei Dritteln auf der Note für die IDPA;
b. zu einem Drittel auf der Note für die Präsentation der IDPA.
⁴ Die Gesamtnote ist das auf eine Dezimalstelle gerundete Mittel aus der Summe der Noten aller Fächer im Grundlagenbereich, im Schwerpunktbereich und im Ergänzungsbereich sowie der Note für das interdisziplinäre Arbeiten.
Art. 18 Bestehensanforderungen
¹ Die Prüfung gilt als bestanden, wenn:
a. die Gesamtnote mindestens 4 beträgt;
b. die Differenz der ungenügenden Noten zur Note 4 gesamthaft nicht mehr als 2 beträgt; und
c. nicht mehr als zwei Noten unter 4 erteilt wurden.
² Die Prüfung gilt als nicht bestanden, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht erfüllt sind oder die Kandidatin oder der Kandidat:
a. bei der IDPA ein Plagiat einreicht;
b. ohne rechtzeitige Angabe eines hinreichenden Grundes von der Prüfung oder von Teilen davon fernbleibt;
c. nach der Absolvierung der ersten Teilprüfung die zweite Teilprüfung nicht innerhalb der Frist nach Artikel 13 Absatz 2 absolviert;
d. sich unerlaubter Hilfsmittel bedient, die Prüfung stört oder sich andere Unredlichkeiten zu Schulden kommen lässt;
e. gestützt auf Artikel 21 Absatz 6 auf die Absolvierung der zweiten Teilprüfung verzichtet.
Art. 19 Sanktionen
¹ In den Fällen nach Artikel 18 Absatz 2 Buchstaben a–d werden die bereits erzielten Noten annulliert.
² In den Fällen nach Artikel 18 Absatz 2 Buchstaben a und d wird die Kandidatin oder der Kandidat von der Prüfungssession ausgeschlossen.
³ Das SBFI verfügt den Ausschluss auf Antrag des Prüfungspräsidiums.
⁴ In besonders schweren Fällen kann das SBFI den dauerhaften Ausschluss der Kandidatin oder des Kandidaten verfügen.
Art. 20 Prüfungsentscheid und Notenmitteilung
¹ Die Examinierenden sowie die Expertinnen und Experten verifizieren die Richtigkeit der gesetzten Noten. Die Noten werden vom Prüfungspräsidium ratifiziert und den Kandidierenden im Anschluss an die Prüfung mitgeteilt.
² Der Prüfungsentscheid wird nach Abschluss des vollständigen Prüfungsversuchs gefällt.
³ Wird die Prüfung nicht bestanden, so verfügt das SBFI den Prüfungsentscheid und teilt die erzielten Noten mit.
Art. 21 Wiederholung
¹ Wer die Prüfung nicht besteht, kann sie einmal wiederholen.
² Bei einer Wiederholung innerhalb von zwei Jahren ab Eröffnung des Prüfungsentscheids sind nur jene Fächer abzulegen, in denen eine ungenügende Leistung erbracht wurde. Dies gilt auch für die IDPA.
³ Wird eine ungenügende IDPA innerhalb der Frist nach Absatz 2 wiederholt, so kann die Kandidatin oder der Kandidat wählen, ob sie oder er:
a. die IDPA überarbeiten will; oder
b. eine IDPA zum neu vorgegebenen Thema erarbeiten will.
⁴ Bei einer Wiederholung nach Ablauf der Frist nach Absatz 2 müssen alle Fächer und die IDPA erneut abgelegt werden.
⁵ Die zu wiederholenden Fächer können in einer oder in zwei Prüfungssessionen abgelegt werden.
⁶ Wer die Prüfung nach Absolvierung der ersten Teilprüfung des ersten Prüfungsversuchs nicht mehr bestehen kann, kann auf die Absolvierung der zweiten Teilprüfung verzichten. Die Prüfung gilt in diesem Fall als nicht bestanden.

7. Abschnitt: Eidgenössisches Berufsmaturitätszeugnis

Art. 22
Wer die Prüfung bestanden hat, erhält das eidgenössische Berufsmaturitätszeugnis und den zugehörigen Notenausweis. Im Notenausweis aufgeführt sind:
a. Name, Vorname, Heimatort oder Herkunftsland und Geburtsdatum;
b. der geschützte Titel laut dem EFZ;
c. die Noten der Prüfungsfächer;
d. die Note für das interdisziplinäre Arbeiten und das Thema der IDPA;
e. die Gesamtnote;
f. die Ausrichtung der Berufsmaturität nach dem RLP-BM³;
g. das Datum der Ausstellung sowie die Unterschrift der Prüfungspräsidentin oder des Prüfungspräsidenten und der Staatssekretärin oder des Staatssekretärs für Bildung, Forschung und Innovation.
³ Abrufbar unter www.sbfi.admin.ch > Bildung > Maturität > Berufsmaturität > Dokumentation.

8. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 23 Aufhebung eines anderen Erlasses
Die Verordnung des SBFI vom 16. November 2016⁴ über die eidgenössische Berufsmaturitätsprüfung wird aufgehoben.
⁴ [ AS 2016 4529 ]
Art. 24 Übergangsbestimmungen
Kandidatinnen und Kandidaten, welche die erste Teilprüfung oder den ersten Prüfungsversuch nach bisherigem Recht absolviert haben, absolvieren die zweite Teilprüfung oder den zweiten Prüfungsversuch nach dieser Verordnung.
Art. 25 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Oktober 2022 in Kraft.
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