Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht)
vom 30. März 1911 (Stand am 9. Februar 2023)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
nach Einsicht in die Botschaften des Bundesrates vom 3. März 1905 und 1. Juni 1909¹,
beschliesst:
¹ BBl 1905 II 1 , 1909 III 725 , 1911 I 845
Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen
Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen
Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
A. Abschluss des Vertrages
I. Übereinstimmende Willensäusserung
1. Im Allgemeinen
Art. 1
¹ Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
² Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
2. Betreffend Nebenpunkte
Art. 2
¹ Haben sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt, so wird vermutet, dass der Vorbehalt von Nebenpunkten die Verbindlichkeit des Vertrages nicht hindern solle.
² Kommt über die vorbehaltenen Nebenpunkte eine Vereinbarung nicht zustande, so hat der Richter über diese nach der Natur des Geschäftes zu entscheiden.
³ Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Form der Verträge.
II. Antrag und Annahme
1. Antrag mit Annahmefrist
Art. 3
¹ Wer einem andern den Antrag zum Abschlusse eines Vertrages stellt und für die Annahme eine Frist setzt, bleibt bis zu deren Ablauf an den Antrag gebunden.
² Er wird wieder frei, wenn eine Annahmeerklärung nicht vor Ablauf dieser Frist bei ihm eingetroffen ist.
2. Antrag ohne Annahmefrist
Art. 4
¹ Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.
² Wenn die Vertragschliessenden oder ihre Bevollmächtigten sich persönlich des Telefons bedienen, so gilt der Vertrag als unter Anwesenden abgeschlossen.
Art. 5
¹ Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkte gebunden, wo er den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsmässigen und rechtzeitigen Absendung erwarten darf.
² Er darf dabei voraussetzen, dass sein Antrag rechtzeitig angekommen sei.
³ Trifft die rechtzeitig abgesandte Annahmeerklärung erst nach jenem Zeitpunkte bei dem Antragsteller ein, so ist dieser, wenn er nicht gebunden sein will, verpflichtet, ohne Verzug hievon Anzeige zu machen.
3. Stillschweigende Annahme
Art. 6
Ist wegen der besonderen Natur des Geschäftes oder nach den Umständen eine ausdrückliche Annahme nicht zu erwarten, so gilt der Vertrag als abgeschlossen, wenn der Antrag nicht binnen angemessener Frist abgelehnt wird.
3 a . Zusendung unbestellter Sachen
Art. 6 a ²
¹ Die Zusendung einer unbestellten Sache ist kein Antrag.
² Der Empfänger ist nicht verpflichtet, die Sache zurückzusenden oder aufzubewahren.
³ Ist eine unbestellte Sache offensichtlich irrtümlich zugesandt worden, so muss der Empfänger den Absender benachrichtigen.
² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 1990, in Kraft seit 1. Juli 1991 ( AS 1991 846 ; BBl 1986 II 354 ).
4. Antrag ohne Verbindlichkeit, Auskündung, Auslage
Art. 7
¹ Der Antragsteller wird nicht gebunden, wenn er dem Antrage eine die Behaftung ablehnende Erklärung beifügt, oder wenn ein solcher Vorbehalt sich aus der Natur des Geschäftes oder aus den Umständen ergibt.
² Die Versendung von Tarifen, Preislisten u. dgl. bedeutet an sich keinen Antrag.
³ Dagegen gilt die Auslage von Waren mit Angabe des Preises in der Regel als Antrag.
5. Preisausschreiben und Auslobung
Art. 8
¹ Wer durch Preisausschreiben oder Auslobung für eine Leistung eine Belohnung aussetzt, hat diese seiner Auskündung gemäss zu entrichten.
² Tritt er zurück, bevor die Leistung erfolgt ist, so hat er denjenigen, die auf Grund der Auskündung in guten Treuen Aufwendungen gemacht haben, hierfür bis höchstens zum Betrag der ausgesetzten Belohnung Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihnen die Leistung doch nicht gelungen wäre.
6. Widerruf des Antrages und der Annahme
Art. 9
¹ Trifft der Widerruf bei dem anderen Teile vor oder mit dem Antrage ein, oder wird er bei späterem Eintreffen dem andern zur Kenntnis gebracht, bevor dieser vom Antrag Kenntnis genommen hat, so ist der Antrag als nicht geschehen zu betrachten.
² Dasselbe gilt für den Widerruf der Annahme.
III. Beginn der Wirkungen eines unter Abwesenden geschlossenen Vertrages
Art. 10
¹ Ist ein Vertrag unter Abwesenden zustande gekommen, so beginnen seine Wirkungen mit dem Zeitpunkte, wo die Erklärung der Annahme zur Absendung abgegeben wurde.
² Wenn eine ausdrückliche Annahme nicht erforderlich ist, so beginnen die Wirkungen des Vertrages mit dem Empfange des Antrages.
B. Form der Verträge
I. Erfordernis und Bedeutung im Allgemeinen
Art. 11
¹ Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt.
² Ist über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht etwas anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab.
II. Schriftlichkeit
1. Gesetzlich vorgeschriebene Form
Art. 12
Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
Art. 13
¹ Ein Vertrag, für den die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben ist, muss die Unterschriften aller Personen tragen, die durch ihn verpflichtet werden sollen.
² …³
³ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur, mit Wirkung seit 1. Jan. 2005 ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ).
Art. 14
¹ Die Unterschrift ist eigenhändig zu schreiben.
² Eine Nachbildung der eigenhändigen Schrift auf mechanischem Wege wird nur da als genügend anerkannt, wo deren Gebrauch im Verkehr üblich ist, insbesondere wo es sich um die Unterschrift auf Wertpapieren handelt, die in grosser Zahl ausgegeben werden.
²bis Der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt ist die mit einem qualifizierten Zeitstempel verbundene qualifizierte elektronische Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 2016⁴ über die elektronische Signatur. Abweichende gesetzliche oder vertragliche Regelungen bleiben vorbehalten.⁵
³ Für den Blinden ist die Unterschrift nur dann verbindlich, wenn sie beglaubigt ist, oder wenn nachgewiesen wird, dass er zur Zeit der Unterzeichnung den Inhalt der Urkunde gekannt hat.
⁴ SR 943.03
⁵ Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. II 4 des BG vom 18. März 2016 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 4651 ; BBl 2014 1001 ).
Art. 15
Kann eine Person nicht unterschreiben, so ist es, mit Vorbehalt der Bestimmungen über den Wechsel, gestattet, die Unterschrift durch ein beglaubigtes Handzeichen zu ersetzen oder durch eine öffentliche Beurkundung ersetzen zu lassen.
2. Vertraglich vorbehaltene Form
Art. 16
¹ Ist für einen Vertrag, der vom Gesetze an keine Form gebunden ist, die Anwendung einer solchen vorbehalten worden, so wird vermutet, dass die Parteien vor Erfüllung der Form nicht verpflichtet sein wollen.
² Geht eine solche Abrede auf schriftliche Form ohne nähere Bezeichnung, so gelten für deren Erfüllung die Erfordernisse der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftlichkeit.
C. Verpflichtungsgrund
Art. 17
Ein Schuldbekenntnis ist gültig auch ohne die Angabe eines Verpflichtungsgrundes.
D. Auslegung der Verträge, Simulation
Art. 18
¹ Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
² Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
E. Inhalt des Vertrages
I. Bestimmung des Inhaltes
Art. 19
¹ Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden.
² Von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarungen sind nur zulässig, wo das Gesetz nicht eine unabänderliche Vorschrift aufstellt oder die Abweichung nicht einen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung, gegen die guten Sitten oder gegen das Recht der Persönlichkeit in sich schliesst.
II. Nichtigkeit
Art. 20
¹ Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
² Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
III. Übervorteilung
Art. 21
¹ Wird ein offenbares Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung durch einen Vertrag begründet, dessen Abschluss von dem einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des andern herbeigeführt worden ist, so kann der Verletzte innerhalb Jahresfrist erklären, dass er den Vertrag nicht halte, und das schon Geleistete zurückverlangen.
² Die Jahresfrist beginnt mit dem Abschluss des Vertrages.
IV. Vorvertrag
Art. 22
¹ Durch Vertrag kann die Verpflichtung zum Abschluss eines künftigen Vertrages begründet werden.
² Wo das Gesetz zum Schutze der Vertragschliessenden für die Gültigkeit des künftigen Vertrages eine Form vorschreibt, gilt diese auch für den Vorvertrag.
F. Mängel des Vertragsabschlusses
I. Irrtum
1. Wirkung
Art. 23
Der Vertrag ist für denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat.
2. Fälle des Irrtums
Art. 24
¹ Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1. wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2. wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3. wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4. wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
² Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
³ Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
3. Geltendmachung gegen Treu und Glauben
Art. 25
¹ Die Berufung auf Irrtum ist unstatthaft, wenn sie Treu und Glauben widerspricht.
² Insbesondere muss der Irrende den Vertrag gelten lassen, wie er ihn verstanden hat, sobald der andere sich hierzu bereit erklärt.
4. Fahrlässiger Irrtum
Art. 26
¹ Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, es sei denn, dass der andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.
² Wo es der Billigkeit entspricht, kann der Richter auf Ersatz weiteren Schadens erkennen.
5. Unrichtige Übermittlung
Art. 27
Wird beim Vertragsabschluss Antrag oder Annahme durch einen Boten oder auf andere Weise unrichtig übermittelt, so finden die Vorschriften über den Irrtum entsprechende Anwendung.
II. Absichtliche Täuschung
Art. 28
¹ Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
² Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
III. Furchterregung
1. Abschluss des Vertrages
Art. 29
¹ Ist ein Vertragschliessender von dem anderen oder von einem Dritten widerrechtlich durch Erregung gegründeter Furcht zur Eingehung eines Vertrages bestimmt worden, so ist der Vertrag für den Bedrohten unverbindlich.
² Ist die Drohung von einem Dritten ausgegangen, so hat, wo es der Billigkeit entspricht, der Bedrohte, der den Vertrag nicht halten will, dem anderen, wenn dieser die Drohung weder gekannt hat noch hätte kennen sollen, Entschädigung zu leisten.
2. Gegründete Furcht
Art. 30
¹ Die Furcht ist für denjenigen eine gegründete, der nach den Umständen annehmen muss, dass er oder eine ihm nahe verbundene Person an Leib und Leben, Ehre oder Vermögen mit einer nahen und erheblichen Gefahr bedroht sei.
² Die Furcht vor der Geltendmachung eines Rechtes wird nur dann berücksichtigt, wenn die Notlage des Bedrohten benutzt worden ist, um ihm die Einräumung übermässiger Vorteile abzunötigen.
IV. Aufhebung des Mangels durch Genehmigung des Vertrages
Art. 31
¹ Wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Teil binnen Jahresfrist weder dem anderen eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte, noch eine schon erfolgte Leistung zurückfordert, so gilt der Vertrag als genehmigt.
² Die Frist beginnt in den Fällen des Irrtums und der Täuschung mit der Entdeckung, in den Fällen der Furcht mit deren Beseitigung.
³ Die Genehmigung eines wegen Täuschung oder Furcht unverbindlichen Vertrages schliesst den Anspruch auf Schadenersatz nicht ohne weiteres aus.
G. Stellvertretung
I. Mit Ermächtigung
1. Im Allgemeinen
Art. 32
¹ Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
² Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse.
³ Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen.
Art. 33
¹ Soweit die Ermächtigung, im Namen eines andern Rechtshandlungen vorzunehmen, aus Verhältnissen des öffentlichen Rechtes hervorgeht, ist sie nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes des Bundes und der Kantone zu beurteilen.
² Ist die Ermächtigung durch Rechtsgeschäft eingeräumt, so beurteilt sich ihr Umfang nach dessen Inhalt.
³ Wird die Ermächtigung vom Vollmachtgeber einem Dritten mitgeteilt, so beurteilt sich ihr Umfang diesem gegenüber nach Massgabe der erfolgten Kundgebung.
2. Auf Grund von Rechtsgeschäft
Art. 34
¹ Eine durch Rechtsgeschäft erteilte Ermächtigung kann vom Vollmachtgeber jederzeit beschränkt oder widerrufen werden, unbeschadet der Rechte, die sich aus einem unter den Beteiligten bestehenden anderen Rechtsverhältnis, wie Einzelarbeitsvertrag, Gesellschaftsvertrag, Auftrag, ergeben können.⁶
² Ein vom Vollmachtgeber zum voraus erklärter Verzicht auf dieses Recht ist ungültig.
³ Hat der Vertretene die Vollmacht ausdrücklich oder tatsächlich kundgegeben, so kann er deren gänzlichen oder teilweisen Widerruf gutgläubigen Dritten nur dann entgegensetzen, wenn er ihnen auch diesen Widerruf mitgeteilt hat.
⁶ Fassung gemäss Ziff. II Art. 1 Ziff. 1 des BG vom 25. Juni 1971, in Kraft seit 1. Jan. 1972 ( AS 1971 1465 ; BBl 1967 II 241 ). Siehe auch die Schl- und UeB des X. Tit.
Art. 35
¹ Die durch Rechtsgeschäft erteilte Ermächtigung erlischt, sofern nicht das Gegenteil bestimmt ist oder aus der Natur des Geschäfts hervorgeht, mit dem Verlust der entsprechenden Handlungsfähigkeit, dem Konkurs, dem Tod oder der Verschollenerklärung des Vollmachtgebers oder des Bevollmächtigten.⁷
² Die nämliche Wirkung hat die Auflösung einer juristischen Person oder einer in das Handelsregister eingetragenen Gesellschaft.
³ Die gegenseitigen persönlichen Ansprüche werden hievon nicht berührt.
⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. 10 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 36
¹ Ist dem Bevollmächtigten eine Vollmachtsurkunde ausgestellt worden, so ist er nach dem Erlöschen der Vollmacht zur Rückgabe oder gerichtlichen Hinterlegung der Urkunde verpflichtet.
² Wird er von dem Vollmachtgeber oder seinen Rechtsnachfolgern hierzu nicht angehalten, so sind diese den gutgläubigen Dritten für den Schaden verantwortlich.
Art. 37
¹ Solange das Erlöschen der Vollmacht dem Bevollmächtigten nicht bekannt geworden ist, berechtigt und verpflichtet er den Vollmachtgeber oder dessen Rechtsnachfolger, wie wenn die Vollmacht noch bestehen würde.
² Ausgenommen sind die Fälle, in denen der Dritte vom Erlöschen der Vollmacht Kenntnis hatte.
II. Ohne Ermächtigung
1. Genehmigung
Art. 38
¹ Hat jemand, ohne dazu ermächtigt zu sein, als Stellvertreter einen Vertrag abgeschlossen, so wird der Vertretene nur dann Gläubiger oder Schuldner, wenn er den Vertrag genehmigt.
² Der andere ist berechtigt, von dem Vertretenen innerhalb einer angemessenen Frist eine Erklärung über die Genehmigung zu verlangen und ist nicht mehr gebunden, wenn der Vertretene nicht binnen dieser Frist die Genehmigung erklärt.
2. Nichtgenehmigung
Art. 39
¹ Wird die Genehmigung ausdrücklich oder stillschweigend abgelehnt, so kann derjenige, der als Stellvertreter gehandelt hat, auf Ersatz des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens belangt werden, sofern er nicht nachweist, dass der andere den Mangel der Vollmacht kannte oder hätte kennen sollen.
² Bei Verschulden des Vertreters kann der Richter, wo es der Billigkeit entspricht, auf Ersatz weitern Schadens erkennen.
³ In allen Fällen bleibt die Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung vorbehalten.
III. Vorbehalt besonderer Vorschriften
Art. 40
In Bezug auf die Vollmacht der Vertreter und Organe von Gesellschaften, der Prokuristen und anderer Handlungsbevollmächtigter bleiben die besonderen Vorschriften vorbehalten.
H. Widerruf bei Haustürgeschäften und ähnlichen Verträgen
I. Geltungsbereich
Art. 40 a ⁸
¹ Die nachfolgenden Bestimmungen sind auf Verträge über bewegliche Sachen und Dienstleistungen, die für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Kunden bestimmt sind, anwendbar, wenn:
a. der Anbieter der Güter oder Dienstleistungen im Rahmen einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gehandelt hat und
b. die Leistung des Kunden 100 Franken übersteigt.
² Die Bestimmungen gelten nicht für Rechtsgeschäfte, die im Rahmen von bestehenden Finanzdienstleistungsverträgen gemäss Finanzdienstleistungsgesetz vom 15. Juni 2018⁹ durch Finanzinstitute und Banken abgeschlossen werden.¹⁰
²bis Für Versicherungsverträge gelten die Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes vom 2. April 1908¹¹.¹²
³ Bei wesentlicher Veränderung der Kaufkraft des Geldes passt der Bundesrat den in Absatz 1 Buchstabe b genannten Betrag entsprechend an.
⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 1990, in Kraft seit 1. Juli 1991 ( AS 1991 846 ; BBl 1986 II 354 ).
⁹ SR 950.1
¹⁰ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2022 ( AS 2020 4969 ; BBl 2017 5089 ).
¹¹ SR 221.229.1
¹² Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2022 ( AS 2020 4969 ; BBl 2017 5089 ).
II. Grundsatz
Art. 40 b ¹³
Der Kunde kann seinen Antrag zum Vertragsabschluss oder seine Annahmeerklärung widerrufen, wenn ihm das Angebot gemacht wurde:
a.¹⁴
an seinem Arbeitsplatz, in Wohnräumen oder in deren unmittelbaren Umgebung;
b. in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf öffentlichen Strassen und Plätzen;
c. an einer Werbeveranstaltung, die mit einer Ausflugsfahrt oder einem ähnlichen Anlass verbunden war;
d.¹⁵
am Telefon oder über vergleichbare Mittel der gleichzeitigen mündlichen Telekommunikation.
¹³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 1990, in Kraft seit 1. Juli 1991 ( AS 1991 846 ; BBl 1986 II 354 ).
¹⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. Juni 1993, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 3120 ; BBl 1993 I 805 ).
¹⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Revision des Widerrufsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 4107 ; BBl 2014 921 2993 ).
III. Ausnahmen
Art. 40 c ¹⁶
Der Kunde hat kein Widerrufsrecht, wenn er:
a. die Vertragsverhandlungen ausdrücklich gewünscht hat;
b. seine Erklärung an einem Markt- oder Messestand abgegeben hat.
¹⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 1990 ( AS 1991 846 ; BBl 1986 II 354 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. Juni 1993, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 3120 ; BBl 1993 I 805 ).
IV. Orientierungspflicht des Anbieters
Art. 40 d ¹⁷
¹ Der Anbieter muss den Kunden schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, über das Widerrufsrecht sowie über Form und Frist des Widerrufs unterrichten und ihm seine Adresse bekannt geben.¹⁸
² Diese Angaben müssen datiert sein und die Identifizierung des Vertrags ermöglichen.
³ Sie sind dem Kunden so zu übermitteln, dass er sie kennt, wenn er den Vertrag beantragt oder annimmt.¹⁹
¹⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 1990 ( AS 1991 846 ; BBl 1986 II 354 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. Juni 1993, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 3120 ; BBl 1993 I 805 ).
¹⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Revision des Widerrufsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 4107 ; BBl 2014 921 2993 ).
¹⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Revision des Widerrufsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 4107 ; BBl 2014 921 2993 ).
V. Widerruf
1. Form und Frist
Art. 40 e ²⁰
¹ Der Widerruf ist an keine Form gebunden. Der Nachweis des fristgemässen Widerrufs obliegt dem Kunden.²¹
² Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und beginnt, sobald der Kunde:²²
a. den Vertrag beantragt oder angenommen hat; und
b. von den Angaben nach Artikel 40 d Kenntnis erhalten hat.
³ Der Beweis des Zeitpunkts, in dem der Kunde von den Angaben nach Artikel 40 d Kenntnis erhalten hat, obliegt dem Anbieter.
⁴ Die Frist ist eingehalten, wenn der Kunde am letzten Tag der Widerrufsfrist dem Anbieter seinen Widerruf mitteilt oder seine Widerrufserklärung der Post übergibt.²³
²⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 1990 ( AS 1991 846 ; BBl 1986 II 354 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. Juni 1993, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 3120 ; BBl 1993 I 805 ).
²¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Revision des Widerrufsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 4107 ; BBl 2014 921 2993 ).
²² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Revision des Widerrufsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 4107 ; BBl 2014 921 2993 ).
²³ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Revision des Widerrufsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 4107 ; BBl 2014 921 2993 ).
2. Folgen
Art. 40 f ²⁴
¹ Hat der Kunde widerrufen, so müssen die Parteien bereits empfangene Leistungen zurückerstatten.
² Hat der Kunde eine Sache bereits gebraucht, so schuldet er dem Anbieter einen angemessenen Mietzins.
³ Hat der Anbieter eine Dienstleistung erbracht, so muss ihm der Kunde Auslagen und Verwendungen nach den Bestimmungen über den Auftrag (Art. 402) ersetzen.
⁴ Der Kunde schuldet dem Anbieter keine weitere Entschädigung.
²⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 1990, in Kraft seit 1. Juli 1991 ( AS 1991 846 ; BBl 1986 II 354 ).
Art. 40 g ²⁵
²⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 1990 ( AS 1991 846 ; BBl 1986 II 354 ). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 5 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 III 2829 ).
Zweiter Abschnitt: Die Entstehung durch unerlaubte Handlungen
A. Haftung im Allgemeinen
I. Voraussetzungen der Haftung
Art. 41
¹ Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
² Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
II. Festsetzung des Schadens
Art. 42
¹ Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
² Der nicht ziffernmässig nachweisbare Schaden ist nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen.
³ Bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, können die Heilungskosten auch dann angemessen als Schaden geltend gemacht werden, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen.²⁶
²⁶ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).
III. Bestimmung des Ersatzes
Art. 43
¹ Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat.
¹bis Im Falle der Verletzung oder Tötung eines Tieres, das im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten wird, kann er dem Affektionswert, den dieses für seinen Halter oder dessen Angehörige hatte, angemessen Rechnung tragen.²⁷
² Wird Schadenersatz in Gestalt einer Rente zugesprochen, so ist der Schuldner gleichzeitig zur Sicherheitsleistung anzuhalten.
²⁷ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).
IV. Herabsetzungsgründe
Art. 44
¹ Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden.
² Würde ein Ersatzpflichtiger, der den Schaden weder absichtlich noch grobfahrlässig verursacht hat, durch Leistung des Ersatzes in eine Notlage versetzt, so kann der Richter auch aus diesem Grunde die Ersatzpflicht ermässigen.
V. Besondere Fälle
1. Tötung und Körperverletzung
Art. 45
¹ Im Falle der Tötung eines Menschen sind die entstandenen Kosten, insbesondere diejenigen der Bestattung, zu ersetzen.
² Ist der Tod nicht sofort eingetreten, so muss namentlich auch für die Kosten der versuchten Heilung und für die Nachteile der Arbeitsunfähigkeit Ersatz geleistet werden.
³ Haben andere Personen durch die Tötung ihren Versorger verloren, so ist auch für diesen Schaden Ersatz zu leisten.
Art. 46
¹ Körperverletzung gibt dem Verletzten Anspruch auf Ersatz der Kosten, sowie auf Entschädigung für die Nachteile gänzlicher oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit, unter Berücksichtigung der Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens.
² Sind im Zeitpunkte der Urteilsfällung die Folgen der Verletzung nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, so kann der Richter bis auf zwei Jahre, vom Tage des Urteils an gerechnet, dessen Abänderung vorbehalten.
Art. 47
Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.
2. …
Art. 48 ²⁸
²⁸ Aufgehoben durch Art. 21 Abs. 1 des BG vom 30. Sept. 1943 über den unlauteren Wettbewerb, mit Wirkung seit 1. März 1945 (BS 2 951).
3. Bei Verletzung der Persönlichkeit
Art. 49 ²⁹
¹ Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
² Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
²⁹ Fassung gemäss Ziff. II 1 des BG vom 16. Dez. 1983, in Kraft seit 1. Juli 1985 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ).
VI. Haftung mehrerer
1. Bei unerlaubter Handlung
Art. 50
¹ Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
² Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
³ Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
2. Bei verschiedenen Rechtsgründen
Art. 51
¹ Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
² Dabei trägt in der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derjenige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.
VII. Haftung bei Notwehr, Notstand und Selbsthilfe
Art. 52
¹ Wer in berechtigter Notwehr einen Angriff abwehrt, hat den Schaden, den er dabei dem Angreifer in seiner Person oder in seinem Vermögen zufügt, nicht zu ersetzen.
² Wer in fremdes Vermögen eingreift, um drohenden Schaden oder Gefahr von sich oder einem andern abzuwenden, hat nach Ermessen des Richters Schadenersatz zu leisten.
³ Wer zum Zwecke der Sicherung eines berechtigten Anspruches sich selbst Schutz verschafft, ist dann nicht ersatzpflichtig, wenn nach den gegebenen Umständen amtliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt und nur durch Selbsthilfe eine Vereitelung des Anspruches oder eine wesentliche Erschwerung seiner Geltendmachung verhindert werden konnte.
VIII. Verhältnis zum Strafrecht
Art. 53
¹ Bei der Beurteilung der Schuld oder Nichtschuld, Urteilsfähigkeit oder Urteilsunfähigkeit ist der Richter an die Bestimmungen über strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit oder an eine Freisprechung durch das Strafgericht nicht gebunden.
² Ebenso ist das strafgerichtliche Erkenntnis mit Bezug auf die Beurteilung der Schuld und die Bestimmung des Schadens für den Zivilrichter nicht verbindlich.
B. Haftung urteilsunfähiger Personen
Art. 54
¹ Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
² Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
C. Haftung des Geschäftsherrn
Art. 55
¹ Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.³⁰
² Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
³⁰ Fassung gemäss Ziff. II Art. 1 Ziff. 2 des BG vom 25. Juni 1971, in Kraft seit 1. Jan. 1972 ( AS 1971 1465 ; BBl 1967 II 241 ). Siehe auch die Schl- und UeB des X. Tit.
D. Haftung für Tiere
I. Ersatzpflicht
Art. 56
¹ Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
² Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff, wenn das Tier von einem andern oder durch das Tier eines andern gereizt worden ist.
³ …³¹
³¹ Aufgehoben durch Art. 27 Ziff. 3 des Jagdgesetzes vom 20. Juni 1986, mit Wirkung seit 1. April 1988 ( AS 1988 506 ; BBl 1983 II 1197 ).
II. Pfändung des Tieres
Art. 57
¹ Der Besitzer eines Grundstückes ist berechtigt, Dritten angehörige Tiere, die auf dem Grundstücke Schaden anrichten, zur Sicherung seiner Ersatzforderung einzufangen und in seinen Gewahrsam zu nehmen und, wo die Umstände es rechtfertigen, sogar zu töten.
² Er ist jedoch verpflichtet, ohne Verzug dem Eigentümer davon Kenntnis zu geben und, sofern ihm dieser nicht bekannt ist, zu dessen Ermittlung das Nötige vorzukehren.
E. Haftung des Werkeigentümers
I. Ersatzpflicht
Art. 58
¹ Der Eigentümer eines Gebäudes oder eines andern Werkes hat den Schaden zu ersetzen, den diese infolge von fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter Instandhaltung verursachen.
² Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff auf andere, die ihm hierfür verantwortlich sind.
II. Sichernde Massregeln
Art. 59
¹ Wer von dem Gebäude oder Werke eines andern mit Schaden bedroht ist, kann von dem Eigentümer verlangen, dass er die erforderlichen Massregeln zur Abwendung der Gefahr treffe.
² Vorbehalten bleiben die Anordnungen der Polizei zum Schutze von Personen und Eigentum.
F. Haftung für kryptografische Schlüssel
Art. 59 a ³²
¹ Der Inhaber eines kryptografischen Schlüssels, der zur Erzeugung elektronischer Signaturen oder Siegel eingesetzt wird, haftet Drittpersonen für Schäden, die diese erleiden, weil sie sich auf ein gültiges geregeltes Zertifikat einer anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten im Sinne des Bundesgesetzes vom 18. März 2016³³ über die elektronische Signatur verlassen haben.
² Die Haftung entfällt, wenn der Inhaber glaubhaft darlegen kann, dass er die nach den Umständen notwendigen und zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat, um den Missbrauch des kryptografischen Schlüssels zu verhindern.
³ Der Bundesrat umschreibt die Sicherheitsvorkehrungen im Sinne von Absatz 2.
³² Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. II 4 des BG vom 18. März 2016 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 4651 ; BBl 2014 1001 ).
³³ SR 943.03
G. Verjährung ³⁴
³⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2005 ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ).
Art. 60
¹ Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.³⁵
¹bis Bei Tötung eines Menschen oder bei Körperverletzung verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.³⁶
² Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung ungeachtet der vorstehenden Absätze frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.³⁷
³ Ist durch die unerlaubte Handlung gegen den Verletzten eine Forderung begründet worden, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn sein Anspruch aus der unerlaubten Handlung verjährt ist.
³⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
³⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
³⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
H. Verantwortlichkeit öffentlicher Beamter und Angestellter ³⁸
³⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2005 ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ).
Art. 61
¹ Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen.
² Für gewerbliche Verrichtungen von öffentlichen Beamten oder Angestellten können jedoch die Bestimmungen dieses Abschnittes durch kantonale Gesetze nicht geändert werden.
Dritter Abschnitt: Die Entstehung aus ungerechtfertigter Bereicherung
A. Voraussetzung
I. Im Allgemeinen
Art. 62
¹ Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten.
² Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund oder aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat.
II. Zahlung einer Nichtschuld
Art. 63
¹ Wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, kann das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befunden hat.
² Ausgeschlossen ist die Rückforderung, wenn die Zahlung für eine verjährte Schuld oder in Erfüllung einer sittlichen Pflicht geleistet wurde.
³ Vorbehalten bleibt die Rückforderung einer bezahlten Nichtschuld nach Schuldbetreibungs- und Konkursrecht.
B. Umfang der Rückerstattung
I. Pflicht des Bereicherten
Art. 64
Die Rückerstattung kann insoweit nicht gefordert werden, als der Empfänger nachweisbar zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert ist, es sei denn, dass er sich der Bereicherung entäusserte und hiebei nicht in gutem Glauben war oder doch mit der Rückerstattung rechnen musste.
II. Ansprüche aus Verwendungen
Art. 65
¹ Der Empfänger hat Anspruch auf Ersatz der notwendigen und nützlichen Verwendungen, für letztere jedoch, wenn er beim Empfange nicht in gutem Glauben war, nur bis zum Betrage des zur Zeit der Rückerstattung noch vorhandenen Mehrwertes.
² Für andere Verwendungen kann er keinen Ersatz verlangen, darf aber, wenn ihm ein solcher nicht angeboten wird, vor der Rückgabe der Sache, was er verwendet hat, wieder wegnehmen, soweit dies ohne Beschädigung der Sache selbst geschehen kann.
C. Ausschluss der Rückforderungen
Art. 66
Was in der Absicht, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizuführen, gegeben worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.
D. Verjährung
Art. 67
¹ Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.³⁹
² Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
³⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
Zweiter Titel: Die Wirkung der Obligationen
Erster Abschnitt: Die Erfüllung der Obligationen
A. Allgemeine Grundsätze
I. Persönliche Leistung
Art. 68
Der Schuldner ist nur dann verpflichtet, persönlich zu erfüllen, wenn es bei der Leistung auf seine Persönlichkeit ankommt.
II. Gegenstand der Erfüllung
1. Teilzahlung
Art. 69
¹ Der Gläubiger braucht eine Teilzahlung nicht anzunehmen, wenn die gesamte Schuld feststeht und fällig ist.
² Will der Gläubiger eine Teilzahlung annehmen, so kann der Schuldner die Zahlung des von ihm anerkannten Teiles der Schuld nicht verweigern.
2. Unteilbare Leistung
Art. 70
¹ Ist eine unteilbare Leistung an mehrere Gläubiger zu entrichten, so hat der Schuldner an alle gemeinsam zu leisten, und jeder Gläubiger kann die Leistung an alle gemeinsam fordern.
² Ist eine unteilbare Leistung von mehreren Schuldnern zu entrichten, so ist jeder Schuldner zu der ganzen Leistung verpflichtet.
³ Sofern sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt, kann alsdann der Schuldner, der den Gläubiger befriedigt hat, von den übrigen Schuldnern verhältnismässigen Ersatz verlangen, und es gehen, soweit ihm ein solcher Anspruch zusteht, die Rechte des befriedigten Gläubigers auf ihn über.
3. Bestimmung nach der Gattung
Art. 71
¹ Ist die geschuldete Sache nur der Gattung nach bestimmt, so steht dem Schuldner die Auswahl zu, insofern sich aus dem Rechtsverhältnis nicht etwas anderes ergibt.
² Er darf jedoch nicht eine Sache unter mittlerer Qualität anbieten.
4. Wahlobligation
Art. 72
Ist die Schuldpflicht in der Weise auf mehrere Leistungen gerichtet, dass nur die eine oder die andere erfolgen soll, so steht die Wahl dem Schuldner zu, insofern sich aus dem Rechtsverhältnis nicht etwas anderes ergibt.
5. Zinse
Art. 73
¹ Geht die Schuldpflicht auf Zahlung von Zinsen und ist deren Höhe weder durch Vertrag noch durch Gesetz oder Übung bestimmt, so sind Zinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen.
² Dem öffentlichen Rechte bleibt es vorbehalten, Bestimmungen gegen Missbräuche im Zinswesen aufzustellen.
B. Ort der Erfüllung
Art. 74
¹ Der Ort der Erfüllung wird durch den ausdrücklichen oder aus den Umständen zu schliessenden Willen der Parteien bestimmt.
² Wo nichts anderes bestimmt ist, gelten folgende Grundsätze:
1. Geldschulden sind an dem Orte zu zahlen, wo der Gläubiger zur Zeit der Erfüllung seinen Wohnsitz hat;
2. wird eine bestimmte Sache geschuldet, so ist diese da zu übergeben, wo sie sich zur Zeit des Vertragsabschlusses befand;
3. andere Verbindlichkeiten sind an dem Orte zu erfüllen, wo der Schuldner zur Zeit ihrer Entstehung seinen Wohnsitz hatte.
³ Wenn der Gläubiger seinen Wohnsitz, an dem er die Erfüllung fordern kann, nach der Entstehung der Schuld ändert und dem Schuldner daraus eine erhebliche Belästigung erwächst, so ist dieser berechtigt, an dem ursprünglichen Wohnsitze zu erfüllen.
C. Zeit der Erfüllung
I. Unbefristete Verbindlichkeit
Art. 75
Ist die Zeit der Erfüllung weder durch Vertrag noch durch die Natur des Rechtsverhältnisses bestimmt, so kann die Erfüllung sogleich geleistet und gefordert werden.
II. Befristete Verbindlichkeit
1. Monatstermin
Art. 76
¹ Ist die Zeit auf Anfang oder Ende eines Monates festgesetzt, so ist darunter der erste oder der letzte Tag des Monates zu verstehen.
² Ist die Zeit auf die Mitte eines Monates festgesetzt, so gilt der fünfzehnte dieses Monates.
2. Andere Fristbestimmung
Art. 77
¹ Soll die Erfüllung einer Verbindlichkeit oder eine andere Rechtshandlung mit dem Ablaufe einer bestimmten Frist nach Abschluss des Vertrages erfolgen, so fällt ihr Zeitpunkt:
1. wenn die Frist nach Tagen bestimmt ist, auf den letzten Tag der Frist, wobei der Tag, an dem der Vertrag geschlossen wurde, nicht mitgerechnet und, wenn die Frist auf acht oder 15 Tage lautet, nicht die Zeit von einer oder zwei Wochen verstanden wird, sondern volle acht oder 15 Tage;
2. wenn die Frist nach Wochen bestimmt ist, auf denjenigen Tag der letzten Woche, der durch seinen Namen dem Tage des Vertragsabschlusses entspricht;
3. wenn die Frist nach Monaten oder einem mehrere Monate umfassenden Zeitraume (Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr) bestimmt ist, auf denjenigen Tag des letzten Monates, der durch seine Zahl dem Tage des Vertragsabschlusses entspricht, und, wenn dieser Tag in dem letzten Monate fehlt, auf den letzten Tag dieses Monates.
Der Ausdruck «halber Monat» wird einem Zeitraume von 15 Tagen gleichgeachtet, die, wenn eine Frist auf einen oder mehrere Monate und einen halben Monat lautet, zuletzt zu zählen sind.
² In gleicher Weise wird die Frist auch dann berechnet, wenn sie nicht von dem Tage des Vertragsabschlusses, sondern von einem andern Zeitpunkte an zu laufen hat.
³ Soll die Erfüllung innerhalb einer bestimmten Frist geschehen, so muss sie vor deren Ablauf erfolgen.
3. Sonn- und Feiertage
Art. 78
¹ Fällt der Zeitpunkt der Erfüllung oder der letzte Tag einer Frist auf einen Sonntag oder auf einen andern am Erfüllungsorte staatlich anerkannten Feiertag⁴⁰, so gilt als Erfüllungstag oder als letzter Tag der Frist der nächstfolgende Werktag.
² Abweichende Vereinbarungen bleiben vorbehalten.
⁴⁰ Hinsichtlich der gesetzlichen Frist des eidgenössischen Rechts und der kraft eidgenössischen Rechts von Behörden angesetzten Fristen wird heute der Samstag einem anerkannten Feiertag gleichgestellt (Art. 1 des BG vom 21. Juni 1963 über den Fristenlauf an Samstagen – SR 173.110.3 ).
III. Erfüllung zur Geschäftszeit
Art. 79
Die Erfüllung muss an dem festgesetzten Tage während der gewöhnlichen Geschäftszeit vollzogen und angenommen werden.
IV. Fristverlängerung
Art. 80
Ist die vertragsmässige Frist verlängert worden, so beginnt die neue Frist, sofern sich aus dem Vertrage nicht etwas anderes ergibt, am ersten Tage nach Ablauf der alten Frist.
V. Vorzeitige Erfüllung
Art. 81
¹ Sofern sich nicht aus dem Inhalt oder der Natur des Vertrages oder aus den Umständen eine andere Willensmeinung der Parteien ergibt, kann der Schuldner schon vor dem Verfalltage erfüllen.
² Er ist jedoch nicht berechtigt, einen Diskonto abzuziehen, es sei denn, dass Übereinkunft oder Übung einen solchen gestatten.
VI. Bei zweiseitigen Verträgen
1. Ordnung in der Erfüllung
Art. 82
Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat.
2. Rücksicht auf einseitige Zahlungsunfähigkeit
Art. 83
¹ Ist bei einem zweiseitigen Vertrag der eine Teil zahlungsunfähig geworden, wie namentlich, wenn er in Konkurs geraten oder fruchtlos gepfändet ist, und wird durch diese Verschlechterung der Vermögenslage der Anspruch des andern gefährdet, so kann dieser seine Leistung so lange zurückhalten, bis ihm die Gegenleistung sichergestellt wird.
² Wird er innerhalb einer angemessenen Frist auf sein Begehren nicht sichergestellt, so kann er vom Vertrage zurücktreten.
D. Zahlung
I. Landeswährung
Art. 84 ⁴¹
¹ Geldschulden sind in gesetzlichen Zahlungsmitteln der geschuldeten Währung zu bezahlen.
² Lautet die Schuld auf eine Währung, die am Zahlungsort nicht Landeswährung ist, so kann die geschuldete Summe nach ihrem Wert zur Verfallzeit dennoch in Landeswährung bezahlt werden, sofern nicht durch den Gebrauch des Wortes «effektiv» oder eines ähnlichen Zusatzes die wortgetreue Erfüllung des Vertrags ausbedungen ist.
⁴¹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 22. Dez. 1999 über die Währung und die Zahlungsmittel, in Kraft seit 1. Mai 2000 ( AS 2000 1144 ; BBl 1999 7258 ).
II. Anrechnung
1. Bei Teilzahlung
Art. 85
¹ Der Schuldner kann eine Teilzahlung nur insoweit auf das Kapital anrechnen, als er nicht mit Zinsen oder Kosten im Rückstande ist.
² Sind dem Gläubiger für einen Teil seiner Forderung Bürgen gestellt, oder Pfänder oder andere Sicherheiten gegeben worden, so ist der Schuldner nicht berechtigt, eine Teilzahlung auf den gesicherten oder besser gesicherten Teil der Forderung anzurechnen.
2. Bei mehreren Schulden
Art. 86
¹ Hat der Schuldner mehrere Schulden an denselben Gläubiger zu bezahlen, so ist er berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will.
² Mangelt eine solche Erklärung, so wird die Zahlung auf diejenige Schuld angerechnet, die der Gläubiger in seiner Quittung bezeichnet, vorausgesetzt, dass der Schuldner nicht sofort Widerspruch erhebt.
Art. 87
¹ Liegt weder eine gültige Erklärung über die Tilgung noch eine Bezeichnung in der Quittung vor, so ist die Zahlung auf die fällige Schuld anzurechnen, unter mehreren fälligen auf diejenige Schuld, für die der Schuldner zuerst betrieben worden ist, und hat keine Betreibung stattgefunden, auf die früher verfallene.
² Sind sie gleichzeitig verfallen, so findet eine verhältnismässige Anrechnung statt.
³ Ist keine der mehreren Schulden verfallen, so wird die Zahlung auf die Schuld angerechnet, die dem Gläubiger am wenigsten Sicherheit darbietet.
III. Quittung und Rückgabe des Schuldscheines
1. Recht des Schuldners
Art. 88
¹ Der Schuldner, der eine Zahlung leistet, ist berechtigt, eine Quittung und, falls die Schuld vollständig getilgt wird, auch die Rückgabe des Schuldscheines oder dessen Entkräftung zu fordern.
² Ist die Zahlung keine vollständige oder sind in dem Schuldscheine auch andere Rechte des Gläubigers beurkundet, so kann der Schuldner ausser der Quittung nur die Vormerkung auf dem Schuldscheine verlangen.
2. Wirkung
Art. 89
¹ Werden Zinse oder andere periodische Leistungen geschuldet, so begründet die für eine spätere Leistung ohne Vorbehalt ausgestellte Quittung die Vermutung, es seien die früher fällig gewordenen Leistungen entrichtet.
² Ist eine Quittung für die Kapitalschuld ausgestellt, so wird vermutet, dass auch die Zinse bezahlt seien.
³ Die Rückgabe des Schuldscheines an den Schuldner begründet die Vermutung, dass die Schuld getilgt sei.
3. Unmöglichkeit der Rückgabe
Art. 90
¹ Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
² Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Kraftloserklärung von Wertpapieren.
E. Verzug des Gläubigers
I. Voraussetzung
Art. 91
Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die Annahme der gehörig angebotenen Leistung oder die Vornahme der ihm obliegenden Vorbereitungshandlungen, ohne die der Schuldner zu erfüllen nicht imstande ist, ungerechtfertigterweise verweigert.
II. Wirkung
1. Bei Sachleistung
Art. 92
¹ Wenn der Gläubiger sich im Verzuge befindet, so ist der Schuldner berechtigt, die geschuldete Sache auf Gefahr und Kosten des Gläubigers zu hinterlegen und sich dadurch von seiner Verbindlichkeit zu befreien.
² Den Ort der Hinterlegung hat der Richter zu bestimmen, jedoch können Waren auch ohne richterliche Bestimmung in einem Lagerhause hinterlegt werden.⁴²
⁴² Fassung gemäss Anhang Ziff. 5 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 III 2829 ).
Art. 93
¹ Ist nach der Beschaffenheit der Sache oder nach der Art des Geschäftsbetriebes eine Hinterlegung nicht tunlich, oder ist die Sache dem Verderben ausgesetzt, oder erheischt sie Unterhaltungs- oder erhebliche Aufbewahrungskosten, so kann der Schuldner nach vorgängiger Androhung mit Bewilligung des Richters die Sache öffentlich verkaufen lassen und den Erlös hinterlegen.
² Hat die Sache einen Börsen- oder Marktpreis oder ist sie im Verhältnis zu den Kosten von geringem Werte, so braucht der Verkauf kein öffentlicher zu sein und kann vom Richter auch ohne vorgängige Androhung gestattet werden.
Art. 94
¹ Der Schuldner ist so lange berechtigt, die hinterlegte Sache wieder zurückzunehmen, als der Gläubiger deren Annahme noch nicht erklärt hat oder als nicht infolge der Hinterlegung ein Pfandrecht aufgehoben worden ist.
² Mit dem Zeitpunkte der Rücknahme tritt die Forderung mit allen Nebenrechten wieder in Kraft.
2. Bei andern Leistungen
Art. 95
Handelt es sich um die Verpflichtung zu einer andern als einer Sachleistung, so kann der Schuldner beim Verzug des Gläubigers nach den Bestimmungen über den Verzug des Schuldners vom Vertrage zurücktreten.
F. Andere Verhinderung der Erfüllung
Art. 96
Kann die Erfüllung der schuldigen Leistung aus einem andern in der Person des Gläubigers liegenden Grunde oder infolge einer unverschuldeten Ungewissheit über die Person des Gläubigers weder an diesen noch an einen Vertreter geschehen, so ist der Schuldner zur Hinterlegung oder zum Rücktritt berechtigt, wie beim Verzug des Gläubigers.
Zweiter Abschnitt: Die Folgen der Nichterfüllung
A. Ausbleiben der Erfüllung
I. Ersatzpflicht des Schuldners
1. Im Allgemeinen
Art. 97
¹ Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
² Für die Vollstreckung gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 11. April 1889⁴³ über Schuldbetreibung und Konkurs sowie der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008⁴⁴ (ZPO).⁴⁵
⁴³ SR 281.1
⁴⁴ SR 272
⁴⁵ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
2. Bei Verbindlichkeit zu einem Tun oder Nichttun
Art. 98
¹ Ist der Schuldner zu einem Tun verpflichtet, so kann sich der Gläubiger, unter Vorbehalt seiner Ansprüche auf Schadenersatz, ermächtigen lassen, die Leistung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen.
² Ist der Schuldner verpflichtet, etwas nicht zu tun, so hat er schon bei blossem Zuwiderhandeln den Schaden zu ersetzen.
³ Überdies kann der Gläubiger die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes verlangen und sich ermächtigen lassen, diesen auf Kosten des Schuldners zu beseitigen.
II. Mass der Haftung und Umfang des Schadenersatzes
1. Im Allgemeinen
Art. 99
¹ Der Schuldner haftet im Allgemeinen für jedes Verschulden.
² Das Mass der Haftung richtet sich nach der besonderen Natur des Geschäftes und wird insbesondere milder beurteilt, wenn das Geschäft für den Schuldner keinerlei Vorteil bezweckt.
³ Im übrigen finden die Bestimmungen über das Mass der Haftung bei unerlaubten Handlungen auf das vertragswidrige Verhalten entsprechende Anwendung.
2. Wegbedingung der Haftung
Art. 100
¹ Eine zum voraus getroffene Verabredung, wonach die Haftung für rechtswidrige Absicht oder grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen sein würde, ist nichtig.
² Auch ein zum voraus erklärter Verzicht auf Haftung für leichtes Verschulden kann nach Ermessen des Richters als nichtig betrachtet werden, wenn der Verzichtende zur Zeit seiner Erklärung im Dienst des anderen Teiles stand, oder wenn die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes folgt.
³ Vorbehalten bleiben die besonderen Vorschriften über den Versicherungsvertrag.
3. Haftung für Hilfspersonen
Art. 101
¹ Wer die Erfüllung einer Schuldpflicht oder die Ausübung eines Rechtes aus einem Schuldverhältnis, wenn auch befugterweise, durch eine Hilfsperson, wie Hausgenossen oder Arbeitnehmer vornehmen lässt, hat dem andern den Schaden zu ersetzen, den die Hilfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht.⁴⁶
² Diese Haftung kann durch eine zum voraus getroffene Verabredung beschränkt oder aufgehoben werden.
³ Steht aber der Verzichtende im Dienst des andern oder folgt die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes, so darf die Haftung höchstens für leichtes Verschulden wegbedungen werden.
⁴⁶ Fassung gemäss Ziff. II Art. 1 Ziff. 3 des BG vom 25. Juni 1971, in Kraft seit 1. Jan. 1972 (am Schluss des OR. Schl- und UeB des X. Tit.).
B. Verzug des Schuldners
I. Voraussetzung
Art. 102
¹ Ist eine Verbindlichkeit fällig, so wird der Schuldner durch Mahnung des Gläubigers in Verzug gesetzt.
² Wurde für die Erfüllung ein bestimmter Verfalltag verabredet, oder ergibt sich ein solcher infolge einer vorbehaltenen und gehörig vorgenommenen Kündigung, so kommt der Schuldner schon mit Ablauf dieses Tages in Verzug.
II. Wirkung
1. Haftung für Zufall
Art. 103
¹ Befindet sich der Schuldner im Verzuge, so hat er Schadenersatz wegen verspäteter Erfüllung zu leisten und haftet auch für den Zufall.
² Er kann sich von dieser Haftung durch den Nachweis befreien, dass der Verzug ohne jedes Verschulden von seiner Seite eingetreten ist oder dass der Zufall auch bei rechtzeitiger Erfüllung den Gegenstand der Leistung zum Nachteile des Gläubigers betroffen hätte.
2. Verzugszinse
Art. 104
¹ Ist der Schuldner mit der Zahlung einer Geldschuld in Verzug, so hat er Verzugszinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen, selbst wenn die vertragsmässigen Zinse weniger betragen.
² Sind durch Vertrag höhere Zinse als fünf vom Hundert, sei es direkt, sei es durch Verabredung einer periodischen Bankprovision, ausbedungen worden, so können sie auch während des Verzuges gefordert werden.
³ Unter Kaufleuten können für die Zeit, wo der übliche Bankdiskonto am Zahlungsorte fünf vom Hundert übersteigt, die Verzugszinse zu diesem höheren Zinsfusse berechnet werden.
Art. 105
¹ Ein Schuldner, der mit der Zahlung von Zinsen oder mit der Entrichtung von Renten oder mit der Zahlung einer geschenkten Summe im Verzuge ist, hat erst vom Tage der Anhebung der Betreibung oder der gerichtlichen Klage an Verzugszinse zu bezahlen.
² Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nach den Grundsätzen über Konventionalstrafe zu beurteilen.
³ Von Verzugszinsen dürfen keine Verzugszinse berechnet werden.
3. Weiterer Schaden
Art. 106
¹ Hat der Gläubiger einen grösseren Schaden erlitten, als ihm durch die Verzugszinse vergütet wird, so ist der Schuldner zum Ersatze auch dieses Schadens verpflichtet, wenn er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
² Lässt sich dieser grössere Schaden zum voraus abschätzen, so kann der Richter den Ersatz schon im Urteil über den Hauptanspruch festsetzen.
4. Rücktritt und Schadenersatz
Art. 107
¹ Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
² Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
Art. 108
Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1. wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2. wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3. wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
Art. 109
¹ Wer vom Vertrage zurücktritt, kann die versprochene Gegenleistung verweigern und das Geleistete zurückfordern.
² Überdies hat er Anspruch auf Ersatz des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens, sofern der Schuldner nicht nachweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
Dritter Abschnitt: Beziehungen zu dritten Personen
A. Eintritt eines Dritten
Art. 110
Soweit ein Dritter den Gläubiger befriedigt, gehen dessen Rechte von Gesetzes wegen auf ihn über:
1. wenn er eine für eine fremde Schuld verpfändete Sache einlöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht;
2. wenn der Schuldner dem Gläubiger anzeigt, dass der Zahlende an die Stelle des Gläubigers treten soll.
B. Vertrag zu Lasten eines Dritten
Art. 111
Wer einem andern die Leistung eines Dritten verspricht, ist, wenn sie nicht erfolgt, zum Ersatze des hieraus entstandenen Schadens verpflichtet.
C. Vertrag zugunsten eines Dritten
I. Im Allgemeinen
Art. 112
¹ Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde.
² Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung entspricht.
³ In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen.
II. Bei Haftpflichtversicherung
Art. 113
Wenn ein Dienstherr gegen die Folgen der gesetzlichen Haftpflicht versichert war und der Dienstpflichtige nicht weniger als die Hälfte an die Prämien geleistet hat, so steht der Anspruch aus der Versicherung ausschliesslich dem Dienstpflichtigen zu.
Dritter Titel: Das Erlöschen der Obligationen
A. Erlöschen der Nebenrechte
Art. 114
¹ Geht eine Forderung infolge ihrer Erfüllung oder auf andere Weise unter, so erlöschen alle ihre Nebenrechte, wie namentlich die Bürgschaften und Pfandrechte.
² Bereits erlaufene Zinse können nur dann nachgefordert werden, wenn diese Befugnis des Gläubigers verabredet oder den Umständen zu entnehmen ist.
³ Vorbehalten bleiben die besonderen Vorschriften über das Grundpfandrecht, die Wertpapiere und den Nachlassvertrag.
B. Aufhebung durch Übereinkunft
Art. 115
Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.
C. Neuerung
I. Im Allgemeinen
Art. 116
¹ Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
² Insbesondere bewirkt die Eingehung einer Wechselverbindlichkeit mit Rücksicht auf eine bestehende Schuld oder die Ausstellung eines neuen Schuld- oder Bürgschaftsscheines, wenn es nicht anders vereinbart wird, keine Neuerung der bisherigen Schuld.
II. Beim Kontokorrentverhältnis
Art. 117
¹ Die Einsetzung der einzelnen Posten in einen Kontokorrent hat keine Neuerung zur Folge.
² Eine Neuerung ist jedoch anzunehmen, wenn der Saldo gezogen und anerkannt wird.
³ Bestehen für einen einzelnen Posten besondere Sicherheiten, so werden sie, unter Vorbehalt anderer Vereinbarung, durch die Ziehung und Anerkennung des Saldos nicht aufgehoben.
D. Vereinigung
Art. 118
¹ Wenn die Eigenschaften des Gläubigers und des Schuldners in einer Person zusammentreffen, so gilt die Forderung als durch Vereinigung erloschen.
² Wird die Vereinigung rückgängig, so lebt die Forderung wieder auf.
³ Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften über das Grundpfandrecht und die Wertpapiere.
E. Unmöglichwerden einer Leistung
Art. 119
¹ Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
² Bei zweiseitigen Verträgen haftet der hienach freigewordene Schuldner für die bereits empfangene Gegenleistung aus ungerechtfertigter Bereicherung und verliert die noch nicht erfüllte Gegenforderung.
³ Ausgenommen sind die Fälle, in denen die Gefahr nach Gesetzesvorschrift oder nach dem Inhalt des Vertrages vor der Erfüllung auf den Gläubiger übergeht.
F. Verrechnung
I. Voraussetzung
1. Im Allgemeinen
Art. 120
¹ Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
² Der Schuldner kann die Verrechnung geltend machen, auch wenn seine Gegenforderung bestritten wird.
³ Eine verjährte Forderung kann zur Verrechnung gebracht werden, wenn sie zurzeit, wo sie mit der andern Forderung verrechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
2. Bei Bürgschaft
Art. 121
Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, soweit dem Hauptschuldner das Recht der Verrechnung zusteht.
3. Bei Verträgen zugunsten Dritter
Art. 122
Wer sich zugunsten eines Dritten verpflichtet hat, kann diese Schuld nicht mit Forderungen, die ihm gegen den andern zustehen, verrechnen.
4. Im Konkurse des Schuldners
Art. 123
¹ Im Konkurse des Schuldners können die Gläubiger ihre Forderungen, auch wenn sie nicht fällig sind, mit Forderungen, die dem Gemeinschuldner ihnen gegenüber zustehen, verrechnen.
² Die Ausschliessung oder Anfechtung der Verrechnung im Konkurse des Schuldners steht unter den Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts.
II. Wirkung der Verrechnung
Art. 124
¹ Eine Verrechnung tritt nur insofern ein, als der Schuldner dem Gläubiger zu erkennen gibt, dass er von seinem Rechte der Verrechnung Gebrauch machen wolle.
² Ist dies geschehen, so wird angenommen, Forderung und Gegenforderung seien, soweit sie sich ausgleichen, schon im Zeitpunkte getilgt worden, in dem sie zur Verrechnung geeignet einander gegenüberstanden.
³ Vorbehalten bleiben die besonderen Übungen des kaufmännischen Kontokorrentverkehres.
III. Fälle der Ausschliessung
Art. 125
Wider den Willen des Gläubigers können durch Verrechnung nicht getilgt werden:
1. Verpflichtungen zur Rückgabe oder zum Ersatze hinterlegter, widerrechtlich entzogener oder böswillig vorenthaltener Sachen;
2. Verpflichtungen, deren besondere Natur die tatsächliche Erfüllung an den Gläubiger verlangt, wie Unterhaltsansprüche und Lohnguthaben, die zum Unterhalt des Gläubigers und seiner Familie unbedingt erforderlich sind;
3. Verpflichtungen gegen das Gemeinwesen aus öffentlichem Rechte.
IV. Verzicht
Art. 126
Auf die Verrechnung kann der Schuldner zum voraus Verzicht leisten.
G. Verjährung
I. Fristen
1. Zehn Jahre
Art. 127
Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt.
2. Fünf Jahre
Art. 128
Mit Ablauf von fünf Jahren verjähren die Forderungen:
1. für Miet-, Pacht- und Kapitalzinse sowie für andere periodische Leistungen;
2. aus Lieferung von Lebensmitteln, für Beköstigung und für Wirtsschulden;
3.⁴⁷
aus Handwerksarbeit, Kleinverkauf von Waren, ärztlicher Besorgung, Berufsarbeiten von Anwälten, Rechtsagenten, Prokuratoren und Notaren sowie aus dem Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern.
⁴⁷ Fassung gemäss Ziff. II Art. 1 Ziff. 4 des BG vom 25. Juni 1971, in Kraft seit 1. Jan. 1972 ( AS 1971 1465 ; BBl 1967 II 241 ). Siehe auch die Schl- und UeB des X. Tit.
2 a . Zwanzig Jahre
Art. 128 a ⁴⁸
Forderungen auf Schadenersatz oder Genugtuung aus vertragswidriger Körperverletzung oder Tötung eines Menschen verjähren mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.
⁴⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
3. Unabänderlichkeit der Fristen
Art. 129
Die in diesem Titel aufgestellten Verjährungsfristen können durch Verfügung der Beteiligten nicht abgeändert werden.
4. Beginn der Verjährung
a. Im Allgemeinen
Art. 130
¹ Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung.
² Ist eine Forderung auf Kündigung gestellt, so beginnt die Verjährung mit dem Tag, auf den die Kündigung zulässig ist.
b. Bei periodischen Leistungen
Art. 131
¹ Bei Leibrenten und ähnlichen periodischen Leistungen beginnt die Verjährung für das Forderungsrecht im Ganzen mit dem Zeitpunkte, in dem die erste rückständige Leistung fällig war.
² Ist das Forderungsrecht im Ganzen verjährt, so sind es auch die einzelnen Leistungen.
5. Berechnung der Fristen
Art. 132
¹ Bei der Berechnung der Frist ist der Tag, von dem an die Verjährung läuft, nicht mitzurechnen und die Verjährung erst dann als beendigt zu betrachten, wenn der letzte Tag unbenützt verstrichen ist.
² Im Übrigen gelten die Vorschriften für die Fristberechnungen bei der Erfüllung auch für die Verjährung.
II. Wirkung auf Nebenansprüche
Art. 133
Mit dem Hauptanspruche verjähren die aus ihm entspringenden Zinse und andere Nebenansprüche.
III. Hinderung und Stillstand der Verjährung
Art. 134
¹ Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat:
1.⁴⁹
für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährigkeit der Kinder;
2.⁵⁰
für Forderungen der urteilsunfähigen Person gegen die vorsorgebeauftragte Person, solange der Vorsorgeauftrag wirksam ist;
3. für Forderungen der Ehegatten gegeneinander während der Dauer der Ehe;
3bis.⁵¹
für Forderungen von eingetragenen Partnerinnen oder Partnern gegeneinander, während der Dauer ihrer eingetragenen Partnerschaft;
4.⁵²
für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, gegen diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses;
5. solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutzniessung zusteht;
6.⁵³
solange eine Forderung aus objektiven Gründen vor keinem Gericht geltend gemacht werden kann;
7.⁵⁴
für Forderungen des Erblassers oder gegen diesen, während der Dauer des öffentlichen Inventars;
8.⁵⁵
während der Dauer von Vergleichsgesprächen, eines Mediationsverfahrens oder anderer Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbaren.
² Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang.
³ Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes.
⁴⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
⁵⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. 10 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
⁵¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 11 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
⁵² Fassung gemäss Ziff. II Art. 1 Ziff. 5 des BG vom 25. Juni 1971, in Kraft seit 1. Jan. 1972 ( AS 1971 1465 ; BBl 1967 II 241 ). Siehe auch die Schl- und UeB des X. Tit.
⁵³ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
⁵⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
⁵⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
IV. Unterbrechung der Verjährung
1. Unterbrechungsgründe
Art. 135
Die Verjährung wird unterbrochen:
1. durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung;
2.⁵⁶
durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs.
⁵⁶ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
2. Wirkung der Unterbrechung unter Mitverpflichteten
Art. 136 ⁵⁷
¹ Die Unterbrechung der Verjährung gegen einen Solidarschuldner oder den Mitschuldner einer unteilbaren Leistung wirkt auch gegen die übrigen Mitschuldner, sofern sie auf einer Handlung des Gläubigers beruht.
² Ist die Verjährung gegen den Hauptschuldner unterbrochen, so ist sie es auch gegen den Bürgen, sofern die Unterbrechung auf einer Handlung des Gläubigers beruht.
³ Dagegen wirkt die gegen den Bürgen eingetretene Unterbrechung nicht gegen den Hauptschuldner.
⁴ Die Unterbrechung gegenüber dem Versicherer wirkt auch gegenüber dem Schuldner und umgekehrt, sofern ein direktes Forderungsrecht gegen den Versicherer besteht.
⁵⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
3. Beginn einer neuen Frist
a. Bei Anerkennung und Urteil
Art. 137
¹ Mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem.
² Wird die Forderung durch Ausstellung einer Urkunde anerkannt oder durch Urteil des Richters festgestellt, so ist die neue Verjährungsfrist stets die zehnjährige.
b. Bei Handlungen des Gläubigers
Art. 138
¹ Wird die Verjährung durch Schlichtungsgesuch, Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt die Verjährung von Neuem zu laufen, wenn der Rechtsstreit vor der befassten Instanz abgeschlossen ist.⁵⁸
² Erfolgt die Unterbrechung durch Schuldbetreibung, so beginnt mit jedem Betreibungsakt die Verjährung von neuem.
³ Geschieht die Unterbrechung durch Eingabe im Konkurse, so beginnt die neue Verjährung mit dem Zeitpunkte, in dem die Forderung nach dem Konkursrechte wieder geltend gemacht werden kann.
⁵⁸ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
V. Verjährung des Regressanspruchs
Art. 139 ⁵⁹
Haften mehrere Schuldner solidarisch, so verjährt der Regressanspruch jenes Schuldners, der den Gläubiger befriedigt hat, mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem er den Gläubiger befriedigt hat und den Mitschuldner kennt.
⁵⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
VI. Verjährung bei Fahrnispfandrecht
Art. 140
Durch das Bestehen eines Fahrnispfandrechtes wird die Verjährung einer Forderung nicht ausgeschlossen, ihr Eintritt verhindert jedoch den Gläubiger nicht an der Geltendmachung des Pfandrechtes.
VII. Verzicht auf die Verjährungseinrede ⁶⁰
⁶⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
Art. 141
¹ Der Schuldner kann ab Beginn der Verjährung jeweils für höchstens zehn Jahre auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten.⁶¹
¹bis Der Verzicht muss in schriftlicher Form erfolgen. In allgemeinen Geschäftsbedingungen kann lediglich der Verwender auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten.⁶²
² Der Verzicht eines Solidarschuldners kann den übrigen Solidarschuldnern nicht entgegengehalten werden.
³ Dasselbe gilt unter mehreren Schuldnern einer unteilbaren Leistung und für den Bürgen beim Verzicht des Hauptschuldners.
⁴ Der Verzicht durch den Schuldner kann dem Versicherer entgegengehalten werden und umgekehrt, sofern ein direktes Forderungsrecht gegenüber dem Versicherer besteht.⁶³
⁶¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
⁶² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
⁶³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
VIII. Geltendmachung
Art. 142
Der Richter darf die Verjährung nicht von Amtes wegen berücksichtigen.
Vierter Titel: Besondere Verhältnisse bei Obligationen
Erster Abschnitt: Die Solidarität
A. Solidarschuld
I. Entstehung
Art. 143
¹ Solidarität unter mehreren Schuldnern entsteht, wenn sie erklären, dass dem Gläubiger gegenüber jeder einzeln für die Erfüllung der ganzen Schuld haften wolle.
² Ohne solche Willenserklärung entsteht Solidarität nur in den vom Gesetze bestimmten Fällen.
II. Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner
1. Wirkung
Art. 144
¹ Der Gläubiger kann nach seiner Wahl von allen Solidarschuldnern je nur einen Teil oder das Ganze fordern.
² Sämtliche Schuldner bleiben so lange verpflichtet, bis die ganze Forderung getilgt ist.
Art. 145
¹ Ein Solidarschuldner kann dem Gläubiger nur solche Einreden entgegensetzen, die entweder aus seinem persönlichen Verhältnisse zum Gläubiger oder aus dem gemeinsamen Entstehungsgrunde oder Inhalte der solidarischen Verbindlichkeit hervorgehen.
² Jeder Solidarschuldner wird den andern gegenüber verantwortlich, wenn er diejenigen Einreden nicht geltend macht, die allen gemeinsam zustehen.
Art. 146
Ein Solidarschuldner kann, soweit es nicht anders bestimmt ist, durch seine persönliche Handlung die Lage der andern nicht erschweren.
2. Erlöschen der Solidarschuld
Art. 147
¹ Soweit ein Solidarschuldner durch Zahlung oder Verrechnung den Gläubiger befriedigt hat, sind auch die übrigen befreit.
² Wird ein Solidarschuldner ohne Befriedigung des Gläubigers befreit, so wirkt die Befreiung zugunsten der andern nur so weit, als die Umstände oder die Natur der Verbindlichkeit es rechtfertigen.
III. Verhältnis unter den Solidarschuldnern
1. Beteiligung
Art. 148
¹ Sofern sich aus dem Rechtsverhältnisse unter den Solidarschuldnern nicht etwas anderes ergibt, hat von der an den Gläubiger geleisteten Zahlung ein jeder einen gleichen Teil zu übernehmen.
² Bezahlt ein Solidarschuldner mehr als seinen Teil, so hat er für den Mehrbetrag Rückgriff auf seine Mitschuldner.
³ Was von einem Mitschuldner nicht erhältlich ist, haben die übrigen gleichmässig zu tragen.
2. Übergang der Gläubigerrechte
Art. 149
¹ Auf den rückgriffsberechtigten Solidarschuldner gehen in demselben Masse, als er den Gläubiger befriedigt hat, dessen Rechte über.
² Der Gläubiger ist dafür verantwortlich, dass er die rechtliche Lage des einen Solidarschuldners nicht zum Schaden der übrigen besser stelle.
B. Solidarforderung
Art. 150
¹ Solidarität unter mehreren Gläubigern entsteht, wenn der Schuldner erklärt, jeden einzelnen auf die ganze Forderung berechtigen zu wollen sowie in den vom Gesetze bestimmten Fällen.
² Die Leistung an einen der Solidargläubiger befreit den Schuldner gegenüber allen.
³ Der Schuldner hat die Wahl, an welchen Solidargläubiger er bezahlen will, solange er nicht von einem rechtlich belangt worden ist.
Zweiter Abschnitt: Die Bedingungen
A. Aufschiebende Bedingung
I. Im Allgemeinen
Art. 151
¹ Ein Vertrag, dessen Verbindlichkeit vom Eintritte einer ungewissen Tatsache abhängig gemacht wird, ist als bedingt anzusehen.
² Für den Beginn der Wirkungen ist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Bedingung in Erfüllung geht, sofern nicht auf eine andere Absicht der Parteien geschlossen werden muss.
II. Zustand bei schwebender Bedingung
Art. 152
¹ Der bedingt Verpflichtete darf, solange die Bedingung schwebt, nichts vornehmen, was die gehörige Erfüllung seiner Verbindlichkeit hindern könnte.
² Der bedingt Berechtigte ist befugt, bei Gefährdung seiner Rechte dieselben Sicherungsmassregeln zu verlangen, wie wenn seine Forderung eine unbedingte wäre.
³ Verfügungen während der Schwebezeit sind, wenn die Bedingung eintritt, insoweit hinfällig, als sie deren Wirkung beeinträchtigen.
III. Nutzen in der Zwischenzeit
Art. 153
¹ Ist die versprochene Sache dem Gläubiger vor Eintritt der Bedingung übergeben worden, so kann er, wenn die Bedingung erfüllt wird, den inzwischen bezogenen Nutzen behalten.
² Wenn die Bedingung nicht eintritt, so hat er das Bezogene herauszugeben.
B. Auflösende Bedingung
Art. 154
¹ Ein Vertrag, dessen Auflösung vom Eintritte einer Bedingung abhängig gemacht worden ist, verliert seine Wirksamkeit mit dem Zeitpunkte, wo die Bedingung in Erfüllung geht.
² Eine Rückwirkung findet in der Regel nicht statt.
C. Gemeinsame Vorschriften
I. Erfüllung der Bedingung
Art. 155
Ist die Bedingung auf eine Handlung eines der Vertragschliessenden gestellt, bei der es auf dessen Persönlichkeit nicht ankommt, so kann sie auch von seinen Erben erfüllt werden.
II. Verhinderung wider Treu und Glauben
Art. 156
Eine Bedingung gilt als erfüllt, wenn ihr Eintritt von dem einen Teile wider Treu und Glauben verhindert worden ist.
III. Unzulässige Bedingungen
Art. 157
Wird eine Bedingung in der Absicht beigefügt, eine widerrechtliche oder unsittliche Handlung oder Unterlassung zu befördern, so ist der bedingte Anspruch nichtig.
Dritter Abschnitt: Haft- und Reugeld. Lohnabzüge. Konventionalstrafe
A. Haft- und Reugeld
Art. 158
¹ Das beim Vertragsabschlusse gegebene An- oder Draufgeld gilt als Haft-, nicht als Reugeld.
² Wo nicht Vertrag oder Ortsgebrauch etwas anderes bestimmen, verbleibt das Haftgeld dem Empfänger ohne Abzug von seinem Anspruche.
³ Ist ein Reugeld verabredet worden, so kann der Geber gegen Zurücklassung des bezahlten und der Empfänger gegen Erstattung des doppelten Betrages von dem Vertrage zurücktreten.
B. …
Art. 159 ⁶⁴
⁶⁴ Aufgehoben durch Ziff. II Art. 6 Ziff. 1 des BG vom 25. Juni 1971, mit Wirkung seit 1. Jan. 1972 ( AS 1971 1465 ; BBl 1967 II 241 ). Siehe auch die Schl- und UeB des X. Tit.
C. Konventionalstrafe
I. Recht des Gläubigers
1. Verhältnis der Strafe zur Vertragserfüllung
Art. 160
¹ Wenn für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht richtigen Erfüllung eines Vertrages eine Konventionalstrafe versprochen ist, so ist der Gläubiger mangels anderer Abrede nur berechtigt, entweder die Erfüllung oder die Strafe zu fordern.
² Wurde die Strafe für Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes versprochen, so kann sie nebst der Erfüllung des Vertrages gefordert werden, solange der Gläubiger nicht ausdrücklich Verzicht leistet oder die Erfüllung vorbehaltlos annimmt.
³ Dem Schuldner bleibt der Nachweis vorbehalten, dass ihm gegen Erlegung der Strafe der Rücktritt freistehen sollte.
2. Verhältnis der Strafe zum Schaden
Art. 161
¹ Die Konventionalstrafe ist verfallen, auch wenn dem Gläubiger kein Schaden erwachsen ist.
² Übersteigt der erlittene Schaden den Betrag der Strafe, so kann der Gläubiger den Mehrbetrag nur so weit einfordern, als er ein Verschulden nachweist.
3. Verfall von Teilzahlungen
Art. 162
¹ Die Abrede, dass Teilzahlungen im Falle des Rücktrittes dem Gläubiger verbleiben sollen, ist nach den Vorschriften über die Konventionalstrafe zu beurteilen.
² …⁶⁵
⁶⁵ Aufgehoben durch Anhang 2 Ziff. II 1 des BG vom 23. März 2001 über den Konsumkredit, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 ( AS 2002 3846 ; BBl 1999 III 3155 ).
II. Höhe, Ungültigkeit und Herabsetzung der Strafe
Art. 163
¹ Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden.
² Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist.
³ Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen.
Fünfter Titel: Die Abtretung von Forderungen und die Schuldübernahme
A. Abtretung von Forderungen
I. Erfordernisse
1. Freiwillige Abtretung
a. Zulässigkeit
Art. 164
¹ Der Gläubiger kann eine ihm zustehende Forderung ohne Einwilligung des Schuldners an einen andern abtreten, soweit nicht Gesetz, Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen.
² Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, das ein Verbot der Abtretung nicht enthält, kann der Schuldner die Einrede, dass die Abtretung durch Vereinbarung ausgeschlossen worden sei, nicht entgegensetzen.
b. Form des Vertrages
Art. 165
¹ Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.
² Die Verpflichtung zum Abschluss eines Abtretungsvertrages kann formlos begründet werden.
2. Übergang kraft Gesetzes oder Richterspruchs
Art. 166
Bestimmen Gesetz oder richterliches Urteil, dass eine Forderung auf einen andern übergeht, so ist der Übergang Dritten gegenüber wirksam, ohne dass es einer besondern Form oder auch nur einer Willenserklärung des bisherigen Gläubigers bedarf.
II. Wirkung der Abtretung
1. Stellung des Schuldners
a. Zahlung in gutem Glauben
Art. 167
Wenn der Schuldner, bevor ihm der Abtretende oder der Erwerber die Abtretung angezeigt hat, in gutem Glauben an den frühern Gläubiger oder, im Falle mehrfacher Abtretung, an einen im Rechte nachgehenden Erwerber Zahlung leistet, so ist er gültig befreit.
b. Verweigerung der Zahlung und Hinterlegung
Art. 168
¹ Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
² Zahlt der Schuldner, obschon er von dem Streite Kenntnis hat, so tut er es auf seine Gefahr.
³ Ist der Streit vor Gericht anhängig und die Schuld fällig, so kann jede Partei den Schuldner zur Hinterlegung anhalten.
c. Einreden des Schuldners
Art. 169
¹ Einreden, die der Forderung des Abtretenden entgegenstanden, kann der Schuldner auch gegen den Erwerber geltend machen, wenn sie schon zu der Zeit vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntnis erhielt.
² Ist eine Gegenforderung des Schuldners in diesem Zeitpunkt noch nicht fällig gewesen, so kann er sie dennoch zur Verrechnung bringen, wenn sie nicht später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist.
2. Übergang der Vorzugs- und Nebenrechte, Urkunden und Beweismittel
Art. 170
¹ Mit der Forderung gehen die Vorzugs- und Nebenrechte über, mit Ausnahme derer, die untrennbar mit der Person des Abtretenden verknüpft sind.
² Der Abtretende ist verpflichtet, dem Erwerber die Schuldurkunde und alle vorhandenen Beweismittel auszuliefern und ihm die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Aufschlüsse zu erteilen.
³ Es wird vermutet, dass mit der Hauptforderung auch die rückständigen Zinse auf den Erwerber übergehen.
3. Gewährleistung
a. Im Allgemeinen
Art. 171
¹ Bei der entgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende für den Bestand der Forderung zur Zeit der Abtretung.
² Für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners dagegen haftet der Abtretende nur dann, wenn er sich dazu verpflichtet hat.
³ Bei der unentgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende auch nicht für den Bestand der Forderung.
b. Bei Abtretung zahlungshalber
Art. 172
Hat ein Gläubiger seine Forderung zum Zwecke der Zahlung abgetreten ohne Bestimmung des Betrages, zu dem sie angerechnet werden soll, so muss der Erwerber sich nur diejenige Summe anrechnen lassen, die er vom Schuldner erhält oder bei gehöriger Sorgfalt hätte erhalten können.
c. Umfang der Haftung
Art. 173
¹ Der Abtretende haftet vermöge der Gewährleistung nur für den empfangenen Gegenwert nebst Zinsen und überdies für die Kosten der Abtretung und des erfolglosen Vorgehens gegen den Schuldner.
² Geht eine Forderung von Gesetzes wegen auf einen andern über, so haftet der bisherige Gläubiger weder für den Bestand der Forderung noch für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners.
III. Besondere Bestimmungen
Art. 174
Wo das Gesetz für die Übertragung von Forderungen besondere Bestimmungen aufstellt, bleiben diese vorbehalten.
B. Schuldübernahme
I. Schuldner und Schuldübernehmer
Art. 175
¹ Wer einem Schuldner verspricht, seine Schuld zu übernehmen, verpflichtet sich, ihn von der Schuld zu befreien, sei es durch Befriedigung des Gläubigers oder dadurch, dass er sich an seiner Statt mit Zustimmung des Gläubigers zu dessen Schuldner macht.
² Der Übernehmer kann zur Erfüllung dieser Pflicht vom Schuldner nicht angehalten werden, solange dieser ihm gegenüber den Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, die dem Schuldübernahmevertrag zugrunde liegen.
³ Unterbleibt die Befreiung des alten Schuldners, so kann dieser vom neuen Schuldner Sicherheit verlangen.
II. Vertrag mit dem Gläubiger
1. Antrag und Annahme
Art. 176
¹ Der Eintritt eines Schuldübernehmers in das Schuldverhältnis an Stelle und mit Befreiung des bisherigen Schuldners erfolgt durch Vertrag des Übernehmers mit dem Gläubiger.
² Der Antrag des Übernehmers kann dadurch erfolgen, dass er, oder mit seiner Ermächtigung der bisherige Schuldner, dem Gläubiger von der Übernahme der Schuld Mitteilung macht.
³ Die Annahmeerklärung des Gläubigers kann ausdrücklich erfolgen oder aus den Umständen hervorgehen und wird vermutet, wenn der Gläubiger ohne Vorbehalt vom Übernehmer eine Zahlung annimmt oder einer anderen schuldnerischen Handlung zustimmt.
2. Wegfall des Antrags
Art. 177
¹ Die Annahme durch den Gläubiger kann jederzeit erfolgen, der Übernehmer wie der bisherige Schuldner können jedoch dem Gläubiger für die Annahme eine Frist setzen, nach deren Ablauf die Annahme bei Stillschweigen des Gläubigers als verweigert gilt.
² Wird vor der Annahme durch den Gläubiger eine neue Schuldübernahme verabredet und auch von dem neuen Übernehmer dem Gläubiger der Antrag gestellt, so wird der vorhergehende Übernehmer befreit.
III. Wirkung des Schuldnerwechsels
1. Nebenrechte
Art. 178
¹ Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
² Von Dritten bestellte Pfänder sowie die Bürgen haften jedoch dem Gläubiger nur dann weiter, wenn der Verpfänder oder der Bürge der Schuldübernahme zugestimmt hat.
2. Einreden
Art. 179
¹ Die Einreden aus dem Schuldverhältnis stehen dem neuen Schuldner zu wie dem bisherigen.
² Die Einreden, die der bisherige Schuldner persönlich gegen den Gläubiger gehabt hat, kann der neue Schuldner diesem, soweit nicht aus dem Vertrag mit ihm etwas anderes hervorgeht, nicht entgegenhalten.
³ Der Übernehmer kann die Einreden, die ihm gegen den Schuldner aus dem der Schuldübernahme zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse zustehen, gegen den Gläubiger nicht geltend machen.
IV. Dahinfallen des Schuldübernahmevertrages
Art. 180
¹ Fällt ein Übernahmevertrag als unwirksam dahin, so lebt die Verpflichtung des frühern Schuldners mit allen Nebenrechten, unter Vorbehalt der Rechte gutgläubiger Dritter, wieder auf.
² Ausserdem kann der Gläubiger von dem Übernehmer Ersatz des Schadens verlangen, der ihm hiebei infolge des Verlustes früher erlangter Sicherheiten od. dgl. entstanden ist, insoweit der Übernehmer nicht darzutun vermag, dass ihm an dem Dahinfallen der Schuldübernahme und an der Schädigung des Gläubigers keinerlei Verschulden zur Last falle.
V. Übernahme eines Vermögens oder eines Geschäftes
Art. 181
¹ Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
² Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.⁶⁶
³ Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
⁴ Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 2003⁶⁷.⁶⁸
⁶⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).
⁶⁷ SR 221.301
⁶⁸ Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ). Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
VI. …
Art. 182 ⁶⁹
⁶⁹ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, mit Wirkung seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).
VII. Erbteilung und Grundstückkauf
Art. 183
Die besondern Bestimmungen betreffend die Schuldübernahme bei Erbteilung und bei Veräusserung verpfändeter Grundstücke bleiben vorbehalten.
Zweite Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse
Sechster Titel: Kauf und Tausch
Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
A. Rechte und Pflichten im Allgemeinen
Art. 184
¹ Durch den Kaufvertrag verpflichten sich der Verkäufer, dem Käufer den Kaufgegenstand zu übergeben und ihm das Eigentum daran zu verschaffen, und der Käufer, dem Verkäufer den Kaufpreis zu bezahlen.
² Sofern nicht Vereinbarung oder Übung entgegenstehen, sind Verkäufer und Käufer verpflichtet, ihre Leistungen gleichzeitig – Zug um Zug – zu erfüllen.
³ Der Preis ist genügend bestimmt, wenn er nach den Umständen bestimmbar ist.
B. Nutzen und Gefahr
Art. 185
¹ Sofern nicht besondere Verhältnisse oder Verabredungen eine Ausnahme begründen, gehen Nutzen und Gefahr der Sache mit dem Abschlusse des Vertrages auf den Erwerber über.
² Ist die veräusserte Sache nur der Gattung nach bestimmt, so muss sie überdies ausgeschieden und, wenn sie versendet werden soll, zur Versendung abgegeben sein.
³ Bei Verträgen, die unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen sind, gehen Nutzen und Gefahr der veräusserten Sache erst mit dem Eintritte der Bedingung auf den Erwerber über.
C. Vorbehalt der kantonalen Gesetzgebung
Art. 186
Der kantonalen Gesetzgebung bleibt es vorbehalten, die Klagbarkeit von Forderungen aus dem Kleinvertriebe geistiger Getränke, einschliesslich der Forderung für Wirtszeche, zu beschränken oder auszuschliessen.
Zweiter Abschnitt: Der Fahrniskauf
A. Gegenstand
Art. 187
¹ Als Fahrniskauf ist jeder Kauf anzusehen, der nicht eine Liegenschaft oder ein in das Grundbuch als Grundstück aufgenommenes Recht zum Gegenstande hat.
² Bestandteile eines Grundstückes, wie Früchte oder Material auf Abbruch oder aus Steinbrüchen, bilden den Gegenstand eines Fahrniskaufes, wenn sie nach ihrer Lostrennung auf den Erwerber als bewegliche Sachen übergehen sollen.
B. Verpflichtungen des Verkäufers
I. Übergabe
1. Kosten der Übergabe
Art. 188
Sofern nicht etwas anderes vereinbart worden oder üblich ist, trägt der Verkäufer die Kosten der Übergabe, insbesondere des Messens und Wägens, der Käufer dagegen die der Beurkundung und der Abnahme.
2. Transportkosten
Art. 189
¹ Muss die verkaufte Sache an einen anderen als den Erfüllungsort versendet werden, so trägt der Käufer die Transportkosten, sofern nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist.
² Ist Frankolieferung verabredet, so wird vermutet, der Verkäufer habe die Transportkosten übernommen.
³ Ist Franko- und zollfreie Lieferung verabredet, so gelten die Ausgangs-, Durchgangs- und Eingangszölle, die während des Transportes, nicht aber die Verbrauchssteuern, die bei Empfang der Sache erhoben werden, als mitübernommen.
3. Verzug in der Übergabe
Art. 190
¹ Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
² Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.
Art. 191
¹ Kommt der Verkäufer seiner Vertragspflicht nicht nach, so hat er den Schaden, der dem Käufer hieraus entsteht, zu ersetzen.
² Der Käufer kann als seinen Schaden im kaufmännischen Verkehr die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Preise, um den er sich einen Ersatz für die nicht gelieferte Sache in guten Treuen erworben hat, geltend machen.
³ Bei Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, kann er, ohne sich den Ersatz anzuschaffen, die Differenz zwischen dem Vertragspreise und dem Preise zur Erfüllungszeit als Schadenersatz verlangen.
II. Gewährleistung des veräusserten Rechtes
1. Verpflichtung zur Gewährleistung
Art. 192
¹ Der Verkäufer hat dafür Gewähr zu leisten, dass nicht ein Dritter aus Rechtsgründen, die schon zur Zeit des Vertragsabschlusses bestanden haben, den Kaufgegenstand dem Käufer ganz oder teilweise entziehe.
² Kannte der Käufer zur Zeit des Vertragsabschlusses die Gefahr der Entwehrung, so hat der Verkäufer nur insofern Gewähr zu leisten, als er sich ausdrücklich dazu verpflichtet hat.
³ Eine Vereinbarung über Aufhebung oder Beschränkung der Gewährspflicht ist ungültig, wenn der Verkäufer das Recht des Dritten absichtlich verschwiegen hat.
2. Verfahren
Art. 193 ⁷⁰
¹ Die Voraussetzungen und Wirkungen der Streitverkündung richten sich nach der ZPO⁷¹.
² Ist die Streitverkündung ohne Veranlassung des Verkäufers unterblieben, so wird dieser von der Verpflichtung zur Gewährleistung insoweit befreit, als er zu beweisen vermag, dass bei rechtzeitig erfolgter Streitverkündung ein günstigeres Ergebnis des Prozesses zu erlangen gewesen wäre.
⁷⁰ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
⁷¹ SR 272
Art. 194
¹ Die Pflicht zur Gewährleistung besteht auch dann, wenn der Käufer, ohne es zur richterlichen Entscheidung kommen zu lassen, das Recht des Dritten in guten Treuen anerkannt oder sich einem Schiedsgericht unterworfen hat, sofern dieses dem Verkäufer rechtzeitig angedroht und ihm die Führung des Prozesses erfolglos angeboten worden war.
² Ebenso besteht sie, wenn der Käufer beweist, dass er zur Herausgabe der Sache verpflichtet war.
3. Ansprüche des Käufers
Art. 195
¹ Ist die Entwehrung eine vollständige, so ist der Kaufvertrag als aufgehoben zu betrachten und der Käufer zu fordern berechtigt:
1. Rückerstattung des bezahlten Preises samt Zinsen unter Abrechnung der von ihm gewonnenen oder versäumten Früchte und sonstigen Nutzungen;
2. Ersatz der für die Sache gemachten Verwendungen, soweit er nicht von dem berechtigten Dritten erhältlich ist;
3. Ersatz aller durch den Prozess veranlassten gerichtlichen und aussergerichtlichen Kosten, mit Ausnahme derjenigen, die durch Streitverkündung vermieden worden wären;
4. Ersatz des sonstigen durch die Entwehrung unmittelbar verursachten Schadens.
² Der Verkäufer ist verpflichtet, auch den weitern Schaden zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
Art. 196
¹ Wenn dem Käufer nur ein Teil des Kaufgegenstandes entzogen wird, oder wenn die verkaufte Sache mit einer dinglichen Last beschwert ist, für die der Verkäufer einzustehen hat, so kann der Käufer nicht die Aufhebung des Vertrages, sondern nur Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch die Entwehrung verursacht wird.
² Ist jedoch nach Massgabe der Umstände anzunehmen, dass der Käufer den Vertrag nicht geschlossen haben würde, wenn er die teilweise Entwehrung vorausgesehen hätte, so ist er befugt, die Aufhebung des Vertrages zu verlangen.
³ In diesem Falle muss er den Kaufgegenstand, soweit er nicht entwehrt worden ist, nebst dem inzwischen bezogenen Nutzen dem Verkäufer zurückgeben.
Art. 196 a ⁷²
Für Kulturgüter im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003⁷³ verjährt die Klage auf Gewährleistung des veräusserten Rechts ein Jahr, nachdem der Käufer den Mangel entdeckt hat, in jedem Fall jedoch 30 Jahre nach dem Vertragsabschluss.
⁷² Eingefügt durch Art. 32 Ziff. 2 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. Juni 2005 ( AS 2005 1869 ; BBl 2002 535 ).
⁷³ SR 444.1
III. Gewährleistung wegen Mängel der Kaufsache
1. Gegenstand der Gewährleistung
Art. 197
¹ Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.
² Er haftet auch dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat.
Art. 198
Beim Handel mit Vieh (Pferden, Eseln, Maultieren, Rindvieh, Schafen, Ziegen und Schweinen) besteht eine Pflicht zur Gewährleistung nur insoweit, als der Verkäufer sie dem Käufer schriftlich zugesichert oder den Käufer absichtlich getäuscht hat.
2. Wegbedingung
Art. 199
Eine Vereinbarung über Aufhebung oder Beschränkung der Gewährspflicht ist ungültig, wenn der Verkäufer dem Käufer die Gewährsmängel arglistig verschwiegen hat.
3. Vom Käufer gekannte Mängel
Art. 200
¹ Der Verkäufer haftet nicht für Mängel, die der Käufer zur Zeit des Kaufes gekannt hat.
² Für Mängel, die der Käufer bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit hätte kennen sollen, haftet der Verkäufer nur dann, wenn er deren Nichtvorhandensein zugesichert hat.
4. Mängelrüge
Art. 201
¹ Der Käufer soll, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, die Beschaffenheit der empfangenen Sache prüfen und, falls sich Mängel ergeben, für die der Verkäufer Gewähr zu leisten hat, diesem sofort Anzeige machen.
² Versäumt dieses der Käufer, so gilt die gekaufte Sache als genehmigt, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei der übungsgemässen Untersuchung nicht erkennbar waren.
³ Ergeben sich später solche Mängel, so muss die Anzeige sofort nach der Entdeckung erfolgen, widrigenfalls die Sache auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.
Art. 202
¹ Enthält beim Handel mit Vieh die schriftliche Zusicherung keine Fristbestimmung und handelt es sich nicht um Gewährleistung für Trächtigkeit, so haftet der Verkäufer dem Käufer nur, wenn der Mangel binnen neun Tagen, von der Übergabe oder vom Annahmeverzug an gerechnet, entdeckt und angezeigt wird, und wenn binnen der gleichen Frist bei der zuständigen Behörde die Untersuchung des Tieres durch Sachverständige verlangt wird.
² Das Gutachten der Sachverständigen wird vom Richter nach seinem Ermessen gewürdigt.
³ Im Übrigen wird das Verfahren durch eine Verordnung des Bundesrates geregelt.
5. Absichtliche Täuschung
Art. 203
Bei absichtlicher Täuschung des Käufers durch den Verkäufer findet eine Beschränkung der Gewährleistung wegen versäumter Anzeige nicht statt.
6. Verfahren bei Übersendung von anderem Ort
Art. 204
¹ Wenn die von einem anderen Orte übersandte Sache beanstandet wird und der Verkäufer an dem Empfangsorte keinen Stellvertreter hat, so ist der Käufer verpflichtet, für deren einstweilige Aufbewahrung zu sorgen, und darf sie dem Verkäufer nicht ohne weiteres zurückschicken.
² Er soll den Tatbestand ohne Verzug gehörig feststellen lassen, widrigenfalls ihm der Beweis obliegt, dass die behaupteten Mängel schon zur Zeit der Empfangnahme vorhanden gewesen seien.
³ Zeigt sich Gefahr, dass die übersandte Sache schnell in Verderbnis gerate, so ist der Käufer berechtigt und, soweit die Interessen des Verkäufers es erfordern, verpflichtet, sie unter Mitwirkung der zuständigen Amtsstelle des Ortes, wo sich die Sache befindet, verkaufen zu lassen, hat aber bei Vermeidung von Schadenersatz den Verkäufer so zeitig als tunlich hievon zu benachrichtigen.
7. Inhalt der Klage des Käufers
Art. 205
¹ Liegt ein Fall der Gewährleistung wegen Mängel der Sache vor, so hat der Käufer die Wahl, mit der Wandelungsklage den Kauf rückgängig zu machen oder mit der Minderungsklage Ersatz des Minderwertes der Sache zu fordern.
² Auch wenn die Wandelungsklage angestellt worden ist, steht es dem Richter frei, bloss Ersatz des Minderwertes zuzusprechen, sofern die Umstände es nicht rechtfertigen, den Kauf rückgängig zu machen.
³ Erreicht der geforderte Minderwert den Betrag des Kaufpreises, so kann der Käufer nur die Wandelung verlangen.
Art. 206
¹ Geht der Kauf auf die Lieferung einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen, so hat der Käufer die Wahl, entweder die Wandelungs- oder die Minderungsklage anzustellen oder andere währhafte Ware derselben Gattung zu fordern.
² Wenn die Sachen dem Käufer nicht von einem andern Orte her zugesandt worden sind, ist auch der Verkäufer berechtigt, sich durch sofortige Lieferung währhafter Ware derselben Gattung und Ersatz allen Schadens von jedem weiteren Anspruche des Käufers zu befreien.
Art. 207
¹ Die Wandelung kann auch dann begehrt werden, wenn die Sache infolge ihrer Mängel oder durch Zufall untergegangen ist.
² Der Käufer hat in diesem Falle nur das zurückzugeben, was ihm von der Sache verblieben ist.
³ Ist die Sache durch Verschulden des Käufers untergegangen, oder von diesem weiter veräussert oder umgestaltet worden, so kann er nur Ersatz des Minderwertes verlangen.
8. Durchführung der Wandelung
Art. 208
¹ Wird der Kauf rückgängig gemacht, so muss der Käufer die Sache nebst dem inzwischen bezogenen Nutzen dem Verkäufer zurückgeben.
² Der Verkäufer hat den gezahlten Verkaufspreis samt Zinsen zurückzuerstatten und überdies, entsprechend den Vorschriften über die vollständige Entwehrung, die Prozesskosten, die Verwendungen und den Schaden zu ersetzen, der dem Käufer durch die Lieferung fehlerhafter Ware unmittelbar verursacht worden ist.
³ Der Verkäufer ist verpflichtet, den weitern Schaden zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
Art. 209
¹ Sind von mehreren zusammen verkauften Sachen oder von einer verkauften Gesamtsache bloss einzelne Stücke fehlerhaft, so kann nur rücksichtlich dieser die Wandelung verlangt werden.
² Lassen sich jedoch die fehlerhaften Stücke von den fehlerfreien ohne erheblichen Nachteil für den Käufer oder den Verkäufer nicht trennen, so muss die Wandelung sich auf den gesamten Kaufgegenstand erstrecken.
³ Die Wandelung der Hauptsache zieht, selbst wenn für die Nebensache ein besonderer Preis festgesetzt war, die Wandelung auch dieser, die Wandelung der Nebensache dagegen nicht auch die Wandelung der Hauptsache nach sich.
9. Verjährung
Art. 210 ⁷⁴
¹ Die Klagen auf Gewährleistung wegen Mängel der Sache verjähren mit Ablauf von zwei Jahren nach deren Ablieferung an den Käufer, selbst wenn dieser die Mängel erst später entdeckt, es sei denn, dass der Verkäufer eine Haftung auf längere Zeit übernommen hat.
² Die Frist beträgt fünf Jahre, soweit Mängel einer Sache, die bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert worden ist, die Mangelhaftigkeit des Werkes verursacht haben.
³ Für Kulturgüter im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003⁷⁵ verjährt die Klage ein Jahr, nachdem der Käufer den Mangel entdeckt hat, in jedem Fall jedoch 30 Jahre nach dem Vertragsabschluss.
⁴ Eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist ist ungültig, wenn:
a. sie die Verjährungsfrist auf weniger als zwei Jahre, bei gebrauchten Sachen auf weniger als ein Jahr verkürzt;
b. die Sache für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Käufers bestimmt ist; und
c. der Verkäufer im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt.
⁵ Die Einreden des Käufers wegen vorhandener Mängel bleiben bestehen, wenn innerhalb der Verjährungsfrist die vorgeschriebene Anzeige an den Verkäufer gemacht worden ist.
⁶ Der Verkäufer kann die Verjährung nicht geltend machen, wenn ihm eine absichtliche Täuschung des Käufers nachgewiesen wird. Dies gilt nicht für die 30-jährige Frist gemäss Absatz 3.
⁷⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2012 (Verjährungsfristen der Gewährleistungsansprüche. Verlängerung und Koordination), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 5415 ; BBl 2011 2889 3903 ).
⁷⁵ SR 444.1
C. Verpflichtungen des Käufers
I. Zahlung des Preises und Annahme der Kaufsache
Art. 211
¹ Der Käufer ist verpflichtet, den Preis nach den Bestimmungen des Vertrages zu bezahlen und die gekaufte Sache, sofern sie ihm von dem Verkäufer vertragsgemäss angeboten wird, anzunehmen.
² Die Empfangnahme muss sofort geschehen, wenn nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist.
II. Bestimmung des Kaufpreises
Art. 212
¹ Hat der Käufer fest bestellt, ohne den Preis zu nennen, so wird vermutet, es sei der mittlere Marktpreis gemeint, der zurzeit und an dem Ort der Erfüllung gilt.
² Ist der Kaufpreis nach dem Gewichte der Ware zu berechnen, so wird die Verpackung (Taragewicht) in Abzug gebracht.
³ Vorbehalten bleiben die besonderen kaufmännischen Übungen, nach denen bei einzelnen Handelsartikeln ein festbestimmter oder nach Prozenten berechneter Abzug vom Bruttogewicht erfolgt oder das ganze Bruttogewicht bei der Preisbestimmung angerechnet wird.
III. Fälligkeit und Verzinsung des Kaufpreises
Art. 213
¹ Ist kein anderer Zeitpunkt bestimmt, so wird der Kaufpreis mit dem Übergange des Kaufgegenstandes in den Besitz des Käufers fällig.
² Abgesehen von der Vorschrift über den Verzug infolge Ablaufs eines bestimmten Verfalltages wird der Kaufpreis ohne Mahnung verzinslich, wenn die Übung es mit sich bringt, oder wenn der Käufer Früchte oder sonstige Erträgnisse des Kaufgegenstandes beziehen kann.
IV. Verzug des Käufers
1. Rücktrittsrecht des Verkäufers
Art. 214
¹ Ist die verkaufte Sache gegen Vorausbezahlung des Preises oder Zug um Zug zu übergeben und befindet sich der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises im Verzuge, so hat der Verkäufer das Recht, ohne weiteres vom Vertrage zurückzutreten.
² Er hat jedoch dem Käufer, wenn er von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen will, sofort Anzeige zu machen.
³ Ist der Kaufgegenstand vor der Zahlung in den Besitz des Käufers übergegangen, so kann der Verkäufer nur dann wegen Verzuges des Käufers von dem Vertrage zurücktreten und die übergebene Sache zurückfordern, wenn er sich dieses Recht ausdrücklich vorbehalten hat.
2. Schadenersatz und Schadenberechnung
Art. 215
¹ Kommt der Käufer im kaufmännischen Verkehr seiner Zahlungspflicht nicht nach, so hat der Verkäufer das Recht, seinen Schaden nach der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Preise zu berechnen, um den er die Sache in guten Treuen weiter verkauft hat.
² Bei Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, kann er ohne einen solchen Verkauf die Differenz zwischen dem Vertragspreis und dem Markt- und Börsenpreis zur Erfüllungszeit als Schadenersatz verlangen.
Dritter Abschnitt: Der Grundstückkauf
A. Formvorschriften
Art. 216
¹ Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
² Vorverträge sowie Verträge, die ein Vorkaufs-, Kaufs- oder Rückkaufsrecht an einem Grundstück begründen, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.⁷⁶
³ Vorkaufsverträge, die den Kaufpreis nicht zum voraus bestimmen, sind in schriftlicher Form gültig.⁷⁷
⁷⁶ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
⁷⁷ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Abis. Befristung und Vormerkung
Art. 216 a ⁷⁸
Vorkaufs- und Rückkaufsrechte dürfen für höchstens 25 Jahre, Kaufsrechte für höchstens zehn Jahre vereinbart und im Grundbuch vorgemerkt werden.
⁷⁸ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Ater. Vererblichkeit und Abtretung
Art. 216 b ⁷⁹
¹ Ist nichts anderes vereinbart, so sind vertragliche Vorkaufs-, Kaufs- und Rückkaufsrechte vererblich, aber nicht abtretbar.
² Ist die Abtretung nach Vertrag zulässig, so bedarf sie der gleichen Form wie die Begründung.
⁷⁹ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Aquater. Vorkaufsrechte
I. Vorkaufsfall
Art. 216 c ⁸⁰
¹ Das Vorkaufsrecht kann geltend gemacht werden, wenn das Grundstück verkauft wird, sowie bei jedem andern Rechtsgeschäft, das wirtschaftlich einem Verkauf gleichkommt (Vorkaufsfall).
² Nicht als Vorkaufsfall gelten namentlich die Zuweisung an einen Erben in der Erbteilung, die Zwangsversteigerung und der Erwerb zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben.
⁸⁰ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
II. Wirkungen des Vorkaufsfalls, Bedingungen
Art. 216 d ⁸¹
¹ Der Verkäufer muss den Vorkaufsberechtigten über den Abschluss und den Inhalt des Kaufvertrags in Kenntnis setzen.
² Wird der Kaufvertrag aufgehoben, nachdem das Vorkaufsrecht ausgeübt worden ist oder wird eine erforderliche Bewilligung aus Gründen, die in der Person des Käufers liegen, verweigert, so bleibt dies gegenüber dem Vorkaufsberechtigten ohne Wirkung.
³ Sieht der Vorkaufsvertrag nichts anderes vor, so kann der Vorkaufsberechtigte das Grundstück zu den Bedingungen erwerben, die der Verkäufer mit dem Dritten vereinbart hat.
⁸¹ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
III. Ausübung, Verwirkung
Art. 216 e ⁸²
Will der Vorkaufsberechtigte sein Vorkaufsrecht ausüben, so muss er es innert dreier Monate gegenüber dem Verkäufer oder, wenn es im Grundbuch vorgemerkt ist, gegenüber dem Eigentümer geltend machen. Die Frist beginnt mit Kenntnis von Abschluss und Inhalt des Vertrags.
⁸² Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
B. Bedingter Kauf und Eigentumsvorbehalt
Art. 217
¹ Ist ein Grundstückkauf bedingt abgeschlossen worden, so erfolgt die Eintragung in das Grundbuch erst, wenn die Bedingung erfüllt ist.
² Die Eintragung eines Eigentumsvorbehaltes ist ausgeschlossen.
C. Landwirtschaftliche Grundstücke
Art. 218 ⁸³
Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991⁸⁴ über das bäuerliche Bodenrecht.
⁸³ Fassung gemäss Art. 92 Ziff. 2 des BG vom 4. Okt. 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1410 ; BBl 1988 III 953 ).
⁸⁴ SR 211.412.11
D. Gewährleistung
Art. 219
¹ Der Verkäufer eines Grundstückes hat unter Vorbehalt anderweitiger Abrede dem Käufer Ersatz zu leisten, wenn das Grundstück nicht das Mass besitzt, das im Kaufvertrag angegeben ist.
² Besitzt ein Grundstück nicht das im Grundbuch auf Grund amtlicher Vermessung angegebene Mass, so hat der Verkäufer dem Käufer nur dann Ersatz zu leisten, wenn er die Gewährleistung hiefür ausdrücklich übernommen hat.
³ Die Pflicht zur Gewährleistung für die Mängel eines Gebäudes verjährt mit dem Ablauf von fünf Jahren, vom Erwerb des Eigentums an gerechnet.
E. Nutzen und Gefahr
Art. 220
Ist für die Übernahme des Grundstückes durch den Käufer ein bestimmter Zeitpunkt vertraglich festgestellt, so wird vermutet, dass Nutzen und Gefahr erst mit diesem Zeitpunkt auf den Käufer übergehen.
F. Verweisung auf den Fahrniskauf
Art. 221
Im Übrigen finden auf den Grundstückkauf die Bestimmungen über den Fahrniskauf entsprechende Anwendung.
Vierter Abschnitt: Besondere Arten des Kaufes
A. Kauf nach Muster
Art. 222
¹ Bei dem Kaufe nach Muster ist derjenige, dem das Muster anvertraut wurde, nicht verpflichtet, die Identität des von ihm vorgewiesenen mit dem empfangenen Muster zu beweisen, sondern es genügt seine persönliche Versicherung vor Gericht und zwar auch dann, wenn das Muster zwar nicht mehr in der Gestalt, die es bei der Übergabe hatte, vorgewiesen wird, diese Veränderung aber die notwendige Folge der Prüfung des Musters ist.
² In allen Fällen steht der Gegenpartei der Beweis der Unechtheit offen.
³ Ist das Muster bei dem Käufer, wenn auch ohne dessen Verschulden, verdorben oder zu Grunde gegangen, so hat nicht der Verkäufer zu beweisen, dass die Sache mustergemäss sei, sondern der Käufer das Gegenteil.
B. Kauf auf Probe oder auf Besicht
I. Bedeutung
Art. 223
¹ Ist ein Kauf auf Probe oder auf Besicht vereinbart, so steht es im Belieben des Käufers, ob er die Kaufsache genehmigen will oder nicht.
² Solange die Sache nicht genehmigt ist, bleibt sie im Eigentum des Verkäufers, auch wenn sie in den Besitz des Käufers übergegangen ist.
II. Prüfung beim Verkäufer
Art. 224
¹ Ist die Prüfung bei dem Verkäufer vorzunehmen, so hört dieser auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer nicht bis zum Ablaufe der vereinbarten oder üblichen Frist genehmigt.
² In Ermangelung einer solchen Frist kann der Verkäufer nach Ablauf einer angemessenen Zeit den Käufer zur Erklärung über die Genehmigung auffordern und hört auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer auf die Aufforderung hin sich nicht sofort erklärt.
III. Prüfung beim Käufer
Art. 225
¹ Ist die Sache dem Käufer vor der Prüfung übergeben worden, so gilt der Kauf als genehmigt, wenn der Käufer nicht innerhalb der vertragsmässigen oder üblichen Frist oder in Ermangelung einer solchen sofort auf die Aufforderung des Verkäufers hin die Nichtannahme erklärt oder die Sache zurückgibt.
² Ebenso gilt der Kauf als genehmigt, wenn der Käufer den Preis ohne Vorbehalt ganz oder zum Teile bezahlt oder über die Sache in anderer Weise verfügt, als es zur Prüfung nötig ist.
Art. 226 ⁸⁵
⁸⁵ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 23. März 1962, mit Wirkung seit 1. Jan. 1963 ( AS 1962 1047 ; BBl 1960 I 523 ).
C. …
Art. 226 a – 226 d ⁸⁶
⁸⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 1962 ( AS 1962 1047 ; BBl 1960 I 523 ). Aufgehoben durch Anhang 2 Ziff. II 1 des BG vom 23. März 2001 über den Konsumkredit, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 ( AS 2002 3846 ; BBl 1999 III 3155 ).
Art. 226 e ⁸⁷
⁸⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 1962 ( AS 1962 1047 ; BBl 1960 I 523 ). Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 14. Dez. 1990, mit Wirkung seit 1. Juli 1991 ( AS 1991 974 ; BBl 1989 III 1233 , 1990 I 120 ).
Art. 226 f – 226 k ⁸⁸
⁸⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 1962 ( AS 1962 1047 ; BBl 1960 I 523 ). Aufgehoben durch Anhang 2 Ziff. II 1 des BG vom 23. März 2001 über den Konsumkredit, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 ( AS 2002 3846 ; BBl 1999 III 3155 ).
Art. 226 l ⁸⁹
⁸⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 1962 ( AS 1962 1047 ; BBl 1960 I 523 ). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 5 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 III 2829 ).
Art. 226 m ⁹⁰
⁹⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 1962, in Kraft seit 1. Jan. 1963 ( AS 1962 1047 ; BBl 1960 I 523 ). Aufgehoben durch Anhang 2 Ziff. II 1 des BG vom 23. März 2001 über den Konsumkredit, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 ( AS 2002 3846 ; BBl 1999 III 3155 ).
Art. 227 ⁹¹
⁹¹ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 23. März 1962, mit Wirkung seit 1. Jan. 1963 ( AS 1962 1047 ; BBl 1960 I 523 ).
Art. 227 a– 227 i ⁹²
⁹² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 1962 ( AS 1962 1047 ; BBl 1960 I 523 ). Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 13. Dez. 2013 (Aufhebung der Bestimmungen zum Vorauszahlungsvertrag), mit Wirkung seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 869 ; BBl 2013 4631 5793 ).
Art. 228 ⁹³
⁹³ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 13. Dez. 2013 (Aufhebung der Bestimmungen zum Vorauszahlungsvertrag), mit Wirkung seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 869 ; BBl 2013 4631 5793 ).
D. Versteigerung
I. Abschluss des Kaufes
Art. 229
¹ Auf einer Zwangsversteigerung gelangt der Kaufvertrag dadurch zum Abschluss, dass der Versteigerungsbeamte den Gegenstand zuschlägt.
² Der Kaufvertrag auf einer freiwilligen Versteigerung, die öffentlich ausgekündigt worden ist und an der jedermann bieten kann, wird dadurch abgeschlossen, dass der Veräusserer den Zuschlag erklärt.
³ Solange kein anderer Wille des Veräusserers kundgegeben ist, gilt der Leitende als ermächtigt, an der Versteigerung auf das höchste Angebot den Zuschlag zu erklären.
II. Anfechtung
Art. 230
¹ Wenn in rechtswidriger oder gegen die guten Sitten verstossender Weise auf den Erfolg der Versteigerung eingewirkt worden ist, so kann diese innert einer Frist von zehn Tagen von jedermann, der ein Interesse hat, angefochten werden.
² Im Falle der Zwangsversteigerung ist die Anfechtung bei der Aufsichtsbehörde, in den andern Fällen beim Richter anzubringen.
III. Gebundenheit des Bietenden
1. Im Allgemeinen
Art. 231
¹ Der Bietende ist nach Massgabe der Versteigerungsbedingungen an sein Angebot gebunden.
² Er wird, falls diese nichts anderes bestimmen, frei, wenn ein höheres Angebot erfolgt oder sein Angebot nicht sofort nach dem üblichen Aufruf angenommen wird.
2. Bei Grundstücken
Art. 232
¹ Die Zu- oder Absage muss bei Grundstücken an der Steigerung selbst erfolgen.
² Vorbehalte, durch die der Bietende über die Steigerungsverhandlung hinaus bei seinem Angebote behaftet wird, sind ungültig, soweit es sich nicht um Zwangsversteigerung oder um einen Fall handelt, wo der Verkauf der Genehmigung durch eine Behörde bedarf.
IV. Barzahlung
Art. 233
¹ Bei der Versteigerung hat der Erwerber, wenn die Versteigerungsbedingungen nichts anderes vorsehen, Barzahlung zu leisten.
² Der Veräusserer kann sofort vom Kauf zurücktreten, wenn nicht Zahlung in bar oder gemäss den Versteigerungsbedingungen geleistet wird.
V. Gewährleistung
Art. 234
¹ Bei Zwangsversteigerung findet, abgesehen von besonderen Zusicherungen oder von absichtlicher Täuschung der Bietenden, eine Gewährleistung nicht statt.
² Der Ersteigerer erwirbt die Sache in dem Zustand und mit den Rechten und Lasten, die durch die öffentlichen Bücher oder die Versteigerungsbedingungen bekannt gegeben sind oder von Gesetzes wegen bestehen.
³ Bei freiwilliger öffentlicher Versteigerung haftet der Veräusserer wie ein anderer Verkäufer, kann aber in den öffentlich kundgegebenen Versteigerungsbedingungen die Gewährleistung mit Ausnahme der Haftung für absichtliche Täuschung von sich ablehnen.
VI. Eigentumsübergang
Art. 235
¹ Der Ersteigerer erwirbt das Eigentum an einer ersteigerten Fahrnis mit deren Zuschlag, an einem ersteigerten Grundstück dagegen erst mit der Eintragung in das Grundbuch.
² Die Versteigerungsbehörde hat dem Grundbuchverwalter auf Grundlage des Steigerungsprotokolls den Zuschlag sofort zur Eintragung anzuzeigen.
³ Vorbehalten bleiben die Vorschriften über den Eigentumserwerb bei Zwangsversteigerungen.
VII. Kantonale Vorschriften
Art. 236
Die Kantone können in den Schranken der Bundesgesetzgebung weitere Vorschriften über die öffentliche Versteigerung aufstellen.
Fünfter Abschnitt: Der Tauschvertrag
A. Verweisung auf den Kauf
Art. 237
Auf den Tauschvertrag finden die Vorschriften über den Kaufvertrag in dem Sinne Anwendung, dass jede Vertragspartei mit Bezug auf die von ihr versprochene Sache als Verkäufer und mit Bezug auf die ihr zugesagte Sache als Käufer behandelt wird.
B. Gewährleistung
Art. 238
Wird die eingetauschte Sache entwehrt oder wegen ihrer Mängel zurückgegeben, so hat die geschädigte Partei die Wahl, Schadenersatz zu verlangen oder die vertauschte Sache zurückzufordern.
Siebenter Titel: Die Schenkung
A. Inhalt der Schenkung
Art. 239
¹ Als Schenkung gilt jede Zuwendung unter Lebenden, womit jemand aus seinem Vermögen einen andern ohne entsprechende Gegenleistung bereichert.
² Wer auf sein Recht verzichtet, bevor er es erworben hat, oder eine Erbschaft ausschlägt, hat keine Schenkung gemacht.
³ Die Erfüllung einer sittlichen Pflicht wird nicht als Schenkung behandelt.
B. Persönliche Fähigkeit
I. Des Schenkers
Art. 240
¹ Wer handlungsfähig ist, kann über sein Vermögen schenkungsweise verfügen, soweit nicht das eheliche Güterrecht oder das Erbrecht ihm Schranken auferlegen.
² Aus dem Vermögen eines Handlungsunfähigen dürfen nur übliche Gelegenheitsgeschenke ausgerichtet werden. Die Verantwortlichkeit des gesetzlichen Vertreters bleibt vorbehalten.⁹⁴
³ …⁹⁵
⁹⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 10 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
⁹⁵ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 10 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
II. Des Beschenkten
Art. 241
¹ Eine Schenkung entgegennehmen und rechtsgültig erwerben kann auch ein Handlungsunfähiger, wenn er urteilsfähig ist.
² Die Schenkung ist jedoch nicht erworben oder wird aufgehoben, wenn der gesetzliche Vertreter deren Annahme untersagt oder die Rückleistung anordnet.
C. Errichtung der Schenkung
I. Schenkung von Hand zu Hand
Art. 242
¹ Eine Schenkung von Hand zu Hand erfolgt durch Übergabe der Sache vom Schenker an den Beschenkten.
² Bei Grundeigentum und dinglichen Rechten an Grundstücken kommt eine Schenkung erst mit der Eintragung in das Grundbuch zustande.
³ Diese Eintragung setzt ein gültiges Schenkungsversprechen voraus.
II. Schenkungsversprechen
Art. 243
¹ Das Schenkungsversprechen bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form.
² Sind Grundstücke oder dingliche Rechte an solchen Gegenstand der Schenkung, so ist zu ihrer Gültigkeit die öffentliche Beurkundung erforderlich.
³ Ist das Schenkungsversprechen vollzogen, so wird das Verhältnis als Schenkung von Hand zu Hand beurteilt.
III. Bedeutung der Annahme
Art. 244
Wer in Schenkungsabsicht einem andern etwas zuwendet, kann, auch wenn er es tatsächlich aus seinem Vermögen ausgesondert hat, die Zuwendung bis zur Annahme seitens des Beschenkten jederzeit zurückziehen.
D. Bedingungen und Auflagen
I. Im Allgemeinen
Art. 245
¹ Mit einer Schenkung können Bedingungen oder Auflagen verbunden werden.
² Eine Schenkung, deren Vollziehbarkeit auf den Tod des Schenkers gestellt ist, steht unter den Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen.
II. Vollziehung der Auflagen
Art. 246
¹ Der Schenker kann die Vollziehung einer vom Beschenkten angenommenen Auflage nach dem Vertragsinhalt einklagen.
² Liegt die Vollziehung der Auflage im öffentlichen Interesse, so kann nach dem Tode des Schenkers die zuständige Behörde die Vollziehung verlangen.
³ Der Beschenkte darf die Vollziehung einer Auflage verweigern, insoweit der Wert der Zuwendung die Kosten der Auflage nicht deckt und ihm der Ausfall nicht ersetzt wird.
III. Verabredung des Rückfalls
Art. 247
¹ Der Schenker kann den Rückfall der geschenkten Sache an sich selbst vorbehalten für den Fall, dass der Beschenkte vor ihm sterben sollte.
² Dieses Rückfallsrecht kann bei Schenkung von Grundstücken oder dinglichen Rechten an solchen im Grundbuche vorgemerkt werden.
E. Verantwortlichkeit des Schenkers
Art. 248
¹ Der Schenker ist dem Beschenkten für den Schaden, der diesem aus der Schenkung erwächst, nur im Falle der absichtlichen oder der grobfahrlässigen Schädigung verantwortlich.
² Er hat ihm für die geschenkte Sache oder die abgetretene Forderung nur die Gewähr zu leisten, die er ihm versprochen hat.
F. Aufhebung der Schenkung
I. Rückforderung der Schenkung
Art. 249
Bei der Schenkung von Hand zu Hand und bei vollzogenen Schenkungsversprechen kann der Schenker die Schenkung widerrufen und das Geschenkte, soweit der Beschenkte noch bereichert ist, zurückfordern:
1.⁹⁶
wenn der Beschenkte gegen den Schenker oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2. wenn er gegenüber dem Schenker oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat;
3. wenn er die mit der Schenkung verbundenen Auflagen in ungerechtfertigter Weise nicht erfüllt.
⁹⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
II. Widerruf und Hinfälligkeit des Schenkungsversprechens
Art. 250
¹ Bei dem Schenkungsversprechen kann der Schenker das Versprechen widerrufen und dessen Erfüllung verweigern:
1. aus den gleichen Gründen, aus denen das Geschenkte bei der Schenkung von Hand zu Hand zurückgefordert werden kann;
2. wenn seit dem Versprechen die Vermögensverhältnisse des Schenkers sich so geändert haben, dass die Schenkung ihn ausserordentlich schwer belasten würde;
3. wenn seit dem Versprechen dem Schenker familienrechtliche Pflichten erwachsen sind, die vorher gar nicht oder in erheblich geringerem Umfange bestanden haben.
² Durch Ausstellung eines Verlustscheines oder Eröffnung des Konkurses gegen den Schenker wird jedes Schenkungsversprechen aufgehoben.
III. Verjährung und Klagerecht der Erben
Art. 251
¹ Der Widerruf kann während eines Jahres erfolgen, von dem Zeitpunkt an gerechnet, wo der Schenker von dem Widerrufsgrund Kenntnis erhalten hat.
² Stirbt der Schenker vor Ablauf dieses Jahres, so geht das Klagerecht für den Rest der Frist auf dessen Erben über.
³ Die Erben des Schenkers können die Schenkung widerrufen, wenn der Beschenkte den Schenker vorsätzlich und rechtswidrig getötet oder am Widerruf verhindert hat.
IV. Tod des Schenkers
Art. 252
Hat sich der Schenker zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet, so erlischt die Verbindlichkeit mit seinem Tode, sofern es nicht anders bestimmt ist.
Achter Titel: ⁹⁷ Die Miete
⁹⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Dez. 1989, in Kraft seit 1. Juli 1990 ( AS 1990 802 ; BBl 1985 I 1389 ). Siehe auch Art. 5 der SchlB zu den Tit. VIII und VIIIbis am Schluss des OR.
Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
A. Begriff und Geltungsbereich
I. Begriff
Art. 253
Durch den Mietvertrag verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter eine Sache zum Gebrauch zu überlassen, und der Mieter, dem Vermieter dafür einen Mietzins zu leisten.
II. Geltungsbereich
1. Wohn- und Geschäftsräume
Art. 253 a
¹ Die Bestimmungen über die Miete von Wohn- und Geschäftsräumen gelten auch für Sachen, die der Vermieter zusammen mit diesen Räumen dem Mieter zum Gebrauch überlässt.
² Sie gelten nicht für Ferienwohnungen, die für höchstens drei Monate gemietet werden.
³ Der Bundesrat erlässt die Ausführungsvorschriften.
2. Bestimmungen über den Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen
Art. 253 b
¹ Die Bestimmungen über den Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen (Art. 269 ff.) gelten sinngemäss für nichtlandwirtschaftliche Pacht- und andere Verträge, die im Wesentlichen die Überlassung von Wohn- oder Geschäftsräumen gegen Entgelt regeln.
² Sie gelten nicht für die Miete von luxuriösen Wohnungen und Einfamilienhäusern mit sechs oder mehr Wohnräumen (ohne Anrechnung der Küche).
³ Die Bestimmungen über die Anfechtung missbräuchlicher Mietzinse gelten nicht für Wohnräume, deren Bereitstellung von der öffentlichen Hand gefördert wurde und deren Mietzinse durch eine Behörde kontrolliert werden.
B. Koppelungsgeschäfte
Art. 254
Ein Koppelungsgeschäft, das in Zusammenhang mit der Miete von Wohn- oder Geschäftsräumen steht, ist nichtig, wenn der Abschluss oder die Weiterführung des Mietvertrags davon abhängig gemacht wird und der Mieter dabei gegenüber dem Vermieter oder einem Dritten eine Verpflichtung übernimmt, die nicht unmittelbar mit dem Gebrauch der Mietsache zusammenhängt.
C. Dauer des Mietverhältnisses
Art. 255
¹ Das Mietverhältnis kann befristet oder unbefristet sein.
² Befristet ist das Mietverhältnis, wenn es ohne Kündigung mit Ablauf der vereinbarten Dauer endigen soll.
³ Die übrigen Mietverhältnisse gelten als unbefristet.
D. Pflichten des Vermieters
I. Im Allgemeinen
Art. 256
¹ Der Vermieter ist verpflichtet, die Sache zum vereinbarten Zeitpunkt in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben und in demselben zu erhalten.
² Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind nichtig, wenn sie enthalten sind in:
a. vorformulierten allgemeinen Geschäftsbedingungen;
b. Mietverträgen über Wohn- oder Geschäftsräume.
II. Auskunftspflicht
Art. 256 a
¹ Ist bei Beendigung des vorangegangenen Mietverhältnisses ein Rückgabeprotokoll erstellt worden, so muss der Vermieter es dem neuen Mieter auf dessen Verlangen bei der Übergabe der Sache zur Einsicht vorlegen.
² Ebenso kann der Mieter verlangen, dass ihm die Höhe des Mietzinses des vorangegangenen Mietverhältnisses mitgeteilt wird.
III. Abgaben und Lasten
Art. 256 b
Der Vermieter trägt die mit der Sache verbundenen Lasten und öffentlichen Abgaben.
E. Pflichten des Mieters
I. Zahlung des Mietzinses und der Nebenkosten
1. Mietzins
Art. 257
Der Mietzins ist das Entgelt, das der Mieter dem Vermieter für die Überlassung der Sache schuldet.
2. Nebenkosten
Art. 257 a
¹ Die Nebenkosten sind das Entgelt für die Leistungen des Vermieters oder eines Dritten, die mit dem Gebrauch der Sache zusammenhängen.
² Der Mieter muss die Nebenkosten nur bezahlen, wenn er dies mit dem Vermieter besonders vereinbart hat.
Art. 257 b
¹ Bei Wohn- und Geschäftsräumen sind die Nebenkosten die tatsächlichen Aufwendungen des Vermieters für Leistungen, die mit dem Gebrauch zusammenhängen, wie Heizungs-, Warmwasser- und ähnliche Betriebskosten, sowie für öffentliche Abgaben, die sich aus dem Gebrauch der Sache ergeben.
² Der Vermieter muss dem Mieter auf Verlangen Einsicht in die Belege gewähren.
3. Zahlungstermine
Art. 257 c
Der Mieter muss den Mietzins und allenfalls die Nebenkosten am Ende jedes Monats, spätestens aber am Ende der Mietzeit bezahlen, wenn kein anderer Zeitpunkt vereinbart oder ortsüblich ist.
4. Zahlungsrückstand des Mieters
Art. 257 d
¹ Ist der Mieter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihm der Vermieter schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Diese Frist beträgt mindestens zehn Tage, bei Wohn- und Geschäftsräumen mindestens 30 Tage.
² Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.
II. Sicherheiten durch den Mieter
Art. 257 e
¹ Leistet der Mieter von Wohn- oder Geschäftsräumen eine Sicherheit in Geld oder in Wertpapieren, so muss der Vermieter sie bei einer Bank auf einem Sparkonto oder einem Depot, das auf den Namen des Mieters lautet, hinterlegen.
² Bei der Miete von Wohnräumen darf der Vermieter höchstens drei Monatszinse als Sicherheit verlangen.
³ Die Bank darf die Sicherheit nur mit Zustimmung beider Parteien oder gestützt auf einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl oder auf ein rechtskräftiges Gerichtsurteil herausgeben. Hat der Vermieter innert einem Jahr nach Beendigung des Mietverhältnisses keinen Anspruch gegenüber dem Mieter rechtlich geltend gemacht, so kann dieser von der Bank die Rückerstattung der Sicherheit verlangen.
⁴ Die Kantone können ergänzende Bestimmungen erlassen.
III. Sorgfalt und Rücksichtnahme
Art. 257 f
¹ Der Mieter muss die Sache sorgfältig gebrauchen.
² Der Mieter einer unbeweglichen Sache muss auf Hausbewohner und Nachbarn Rücksicht nehmen.
³ Verletzt der Mieter trotz schriftlicher Mahnung des Vermieters seine Pflicht zu Sorgfalt oder Rücksichtnahme weiter, so dass dem Vermieter oder den Hausbewohnern die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist so kann der Vermieter fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.
⁴ Der Vermieter von Wohn- oder Geschäftsräumen kann jedoch fristlos kündigen, wenn der Mieter vorsätzlich der Sache schweren Schaden zufügt.
IV. Meldepflicht
Art. 257 g
¹ Der Mieter muss Mängel, die er nicht selber zu beseitigen hat, dem Vermieter melden.
² Unterlässt der Mieter die Meldung, so haftet er für den Schaden, der dem Vermieter daraus entsteht.
V. Duldungspflicht
Art. 257 h
¹ Der Mieter muss Arbeiten an der Sache dulden, wenn sie zur Beseitigung von Mängeln oder zur Behebung oder Vermeidung von Schäden notwendig sind.
² Der Mieter muss dem Vermieter gestatten, die Sache zu besichtigen, soweit dies für den Unterhalt, den Verkauf oder die Wiedervermietung notwendig ist.
³ Der Vermieter muss dem Mieter Arbeiten und Besichtigungen rechtzeitig anzeigen und bei der Durchführung auf die Interessen des Mieters Rücksicht nehmen; allfällige Ansprüche des Mieters auf Herabsetzung des Mietzinses (Art. 259 d ) und auf Schadenersatz (Art. 259 e ) bleiben vorbehalten.
F. Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Vertrags bei Übergabe der Sache
Art. 258
¹ Übergibt der Vermieter die Sache nicht zum vereinbarten Zeitpunkt oder mit Mängeln, welche die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch ausschliessen oder erheblich beeinträchtigen, so kann der Mieter nach den Artikeln 107–109 über die Nichterfüllung von Verträgen vorgehen.
² Übernimmt der Mieter die Sache trotz dieser Mängel und beharrt er auf gehöriger Erfüllung des Vertrags, so kann er nur die Ansprüche geltend machen, die ihm bei Entstehung von Mängeln während der Mietdauer zustünden (Art. 259 a –259 i ).
³ Der Mieter kann die Ansprüche nach den Artikeln 259 a –259 i auch geltend machen, wenn die Sache bei der Übergabe Mängel hat:
a. welche die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch zwar vermindern, aber weder ausschliessen noch erheblich beeinträchtigen;
b. die der Mieter während der Mietdauer auf eigene Kosten beseitigen müsste (Art. 259).
G. Mängel während der Mietdauer
I. Pflicht des Mieters zu kleinen Reinigungen und Ausbesserungen
Art. 259
Der Mieter muss Mängel, die durch kleine, für den gewöhnlichen Unterhalt erforderliche Reinigungen oder Ausbesserungen behoben werden können, nach Ortsgebrauch auf eigene Kosten beseitigen.
II. Rechte des Mieters
1. Im Allgemeinen
Art. 259 a
¹ Entstehen an der Sache Mängel, die der Mieter weder zu verantworten noch auf eigene Kosten zu beseitigen hat, oder wird der Mieter im vertragsgemässen Gebrauch der Sache gestört, so kann er verlangen, dass der Vermieter:
a. den Mangel beseitigt;
b. den Mietzins verhältnismässig herabsetzt;
c. Schadenersatz leistet;
d. den Rechtsstreit mit einem Dritten übernimmt.
² Der Mieter einer unbeweglichen Sache kann zudem den Mietzins hinterlegen.
2. Beseitigung des Mangels
Art. 259 b
Kennt der Vermieter einen Mangel und beseitigt er ihn nicht innert angemessener Frist, so kann der Mieter:
a. fristlos kündigen, wenn der Mangel die Tauglichkeit einer unbeweglichen Sache zum vorausgesetzten Gebrauch ausschliesst oder erheblich beeinträchtigt oder wenn der Mangel die Tauglichkeit einer beweglichen Sache zum vorausgesetzten Gebrauch vermindert;
b. auf Kosten des Vermieters den Mangel beseitigen lassen, wenn dieser die Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch zwar vermindert, aber nicht erheblich beeinträchtigt.
Art. 259 c
Der Mieter hat keinen Anspruch auf Beseitigung des Mangels, wenn der Vermieter für die mangelhafte Sache innert angemessener Frist vollwertigen Ersatz leistet.
3. Herabsetzung des Mietzinses
Art. 259 d
Wird die Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch beeinträchtigt oder vermindert, so kann der Mieter vom Vermieter verlangen, dass er den Mietzins vom Zeitpunkt, in dem er vom Mangel erfahren hat, bis zur Behebung des Mangels entsprechend herabsetzt.
4. Schadenersatz
Art. 259 e
Hat der Mieter durch den Mangel Schaden erlitten, so muss ihm der Vermieter dafür Ersatz leisten, wenn er nicht beweist, dass ihn kein Verschulden trifft.
5. Übernahme des Rechtsstreits
Art. 259 f
Erhebt ein Dritter einen Anspruch auf die Sache, der sich mit den Rechten des Mieters nicht verträgt, so muss der Vermieter auf Anzeige des Mieters hin den Rechtsstreit übernehmen.
6. Hinterlegung des Mietzinses
Art. 259 g
¹ Verlangt der Mieter einer unbeweglichen Sache vom Vermieter die Beseitigung eines Mangels, so muss er ihm dazu schriftlich eine angemessene Frist setzen und kann ihm androhen, dass er bei unbenütztem Ablauf der Frist Mietzinse die künftig fällig werden bei einer vom Kanton bezeichneten Stelle hinterlegen wird. Er muss die Hinterlegung dem Vermieter schriftlich ankündigen.
² Mit der Hinterlegung gelten die Mietzinse als bezahlt.
Art. 259 h
¹ Hinterlegte Mietzinse fallen dem Vermieter zu, wenn der Mieter seine Ansprüche gegenüber dem Vermieter nicht innert 30 Tagen seit Fälligkeit des ersten hinterlegten Mietzinses bei der Schlichtungsbehörde geltend gemacht hat.
² Der Vermieter kann bei der Schlichtungsbehörde die Herausgabe der zu Unrecht hinterlegten Mietzinse verlangen, sobald ihm der Mieter die Hinterlegung angekündigt hat.
Art. 259 i ⁹⁸
Das Verfahren richtet sich nach der ZPO⁹⁹.
⁹⁸ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
⁹⁹ SR 272
H. Erneuerungen und Änderungen
I. Durch den Vermieter
Art. 260
¹ Der Vermieter kann Erneuerungen und Änderungen an der Sache nur vornehmen, wenn sie für den Mieter zumutbar sind und wenn das Mietverhältnis nicht gekündigt ist.
² Der Vermieter muss bei der Ausführung der Arbeiten auf die Interessen des Mieters Rücksicht nehmen; allfällige Ansprüche des Mieters auf Herabsetzung des Mietzinses (Art. 259 d ) und auf Schadenersatz (Art. 259 e ) bleiben vorbehalten.
II. Durch den Mieter
Art. 260 a
¹ Der Mieter kann Erneuerungen und Änderungen an der Sache nur vornehmen, wenn der Vermieter schriftlich zugestimmt hat.
² Hat der Vermieter zugestimmt, so kann er die Wiederherstellung des früheren Zustandes nur verlangen, wenn dies schriftlich vereinbart worden ist.
³ Weist die Sache bei Beendigung des Mietverhältnisses dank der Erneuerung oder Änderung, welcher der Vermieter zugestimmt hat, einen erheblichen Mehrwert auf, so kann der Mieter dafür eine entsprechende Entschädigung verlangen; weitergehende schriftlich vereinbarte Entschädigungsansprüche bleiben vorbehalten.
J. Wechsel des Eigentümers
I. Veräusserung der Sache
Art. 261
¹ Veräussert der Vermieter die Sache nach Abschluss des Mietvertrags oder wird sie ihm in einem Schuldbetreibungs- oder Konkursverfahren entzogen, so geht das Mietverhältnis mit dem Eigentum an der Sache auf den Erwerber über.
² Der neue Eigentümer kann jedoch:
a. bei Wohn- und Geschäftsräumen das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen, wenn er einen dringenden Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend macht;
b. bei einer anderen Sache das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen, wenn der Vertrag keine frühere Auflösung ermöglicht.
³ Kündigt der neue Eigentümer früher, als es der Vertrag mit dem bisherigen Vermieter gestattet hätte, so haftet dieser dem Mieter für allen daraus entstehenden Schaden.
⁴ Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Enteignung.
II. Einräumung beschränkter dinglicher Rechte
Art. 261 a
Die Bestimmungen über die Veräusserung der Sache sind sinngemäss anwendbar, wenn der Vermieter einem Dritten ein beschränktes dingliches Recht einräumt und dies einem Eigentümerwechsel gleichkommt.
III. Vormerkung im Grundbuch
Art. 261 b
¹ Bei der Miete an einem Grundstück kann verabredet werden, dass das Verhältnis im Grundbuch vorgemerkt wird.
² Die Vormerkung bewirkt, dass jeder neue Eigentümer dem Mieter gestatten muss, das Grundstück entsprechend dem Mietvertrag zu gebrauchen.
K. Untermiete
Art. 262
¹ Der Mieter kann die Sache mit Zustimmung des Vermieters ganz oder teilweise untervermieten.
² Der Vermieter kann die Zustimmung nur verweigern, wenn:
a. der Mieter sich weigert, dem Vermieter die Bedingungen der Untermiete bekanntzugeben;
b. die Bedingungen der Untermiete im Vergleich zu denjenigen des Hauptmietvertrags missbräuchlich sind;
c. dem Vermieter aus der Untermiete wesentliche Nachteile entstehen.
³ Der Mieter haftet dem Vermieter dafür, dass der Untermieter die Sache nicht anders gebraucht, als es ihm selbst gestattet ist. Der Vermieter kann den Untermieter unmittelbar dazu anhalten.
L. Übertragung der Miete auf einen Dritten
Art. 263
¹ Der Mieter von Geschäftsräumen kann das Mietverhältnis mit schriftlicher Zustimmung des Vermieters auf einen Dritten übertragen.
² Der Vermieter kann die Zustimmung nur aus wichtigem Grund verweigern.
³ Stimmt der Vermieter zu, so tritt der Dritte anstelle des Mieters in das Mietverhältnis ein.
⁴ Der Mieter ist von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter befreit. Er haftet jedoch solidarisch mit dem Dritten bis zum Zeitpunkt, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet werden kann, höchstens aber für zwei Jahre.
M. Vorzeitige Rückgabe der Sache
Art. 264
¹ Gibt der Mieter die Sache zurück, ohne Kündigungsfrist oder -termin einzuhalten, so ist er von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter nur befreit, wenn er einen für den Vermieter zumutbaren neuen Mieter vorschlägt; dieser muss zahlungsfähig und bereit sein, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen.
² Andernfalls muss er den Mietzins bis zu dem Zeitpunkt leisten, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet werden kann.
³ Der Vermieter muss sich anrechnen lassen, was er:
a. an Auslagen erspart und
b. durch anderweitige Verwendung der Sache gewinnt oder absichtlich zu gewinnen unterlassen hat.
N. Verrechnung
Art. 265
Der Vermieter und der Mieter können nicht im Voraus auf das Recht verzichten, Forderungen und Schulden aus dem Mietverhältnis zu verrechnen.
O. Beendigung des Mietverhältnisses
I. Ablauf der vereinbarten Dauer
Art. 266
¹ Haben die Parteien eine bestimmte Dauer ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart, so endet das Mietverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf dieser Dauer.
² Setzen die Parteien das Mietverhältnis stillschweigend fort, so gilt es als unbefristetes Mietverhältnis.
II. Kündigungsfristen und -termine
1. Im Allgemeinen
Art. 266 a
¹ Die Parteien können das unbefristete Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen und Termine kündigen, sofern sie keine längere Frist oder keinen anderen Termin vereinbart haben.
² Halten die Parteien die Frist oder den Termin nicht ein, so gilt die Kündigung für den nächstmöglichen Termin.
2. Unbewegliche Sachen und Fahrnisbauten
Art. 266 b
Bei der Miete von unbeweglichen Sachen und Fahrnisbauten können die Parteien mit einer Frist von drei Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wenn es keinen Ortsgebrauch gibt, auf Ende einer sechsmonatigen Mietdauer kündigen.
3. Wohnungen
Art. 266 c
Bei der Miete von Wohnungen können die Parteien mit einer Frist von drei Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wenn es keinen Ortsgebrauch gibt, auf Ende einer dreimonatigen Mietdauer kündigen.
4. Geschäftsräume
Art. 266 d
Bei der Miete von Geschäftsräumen können die Parteien mit einer Frist von sechs Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wenn es keinen Ortsgebrauch gibt, auf Ende einer dreimonatigen Mietdauer kündigen.
5. Möblierte Zimmer und Einstellplätze
Art. 266 e
Bei der Miete von möblierten Zimmern und von gesondert vermieteten Einstellplätzen oder ähnlichen Einrichtungen können die Parteien mit einer Frist von zwei Wochen auf Ende einer einmonatigen Mietdauer kündigen.
6. Bewegliche Sachen
Art. 266 f
Bei der Miete von beweglichen Sachen können die Parteien mit einer Frist von drei Tagen auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen.
III. Ausserordentliche Kündigung
1. Aus wichtigen Gründen
Art. 266 g
¹ Aus wichtigen Gründen, welche die Vertragserfüllung für sie unzumutbar machen, können die Parteien das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen.
² Der Richter bestimmt die vermögensrechtlichen Folgen der vorzeitigen Kündigung unter Würdigung aller Umstände.
2. Konkurs des Mieters
Art. 266 h
¹ Fällt der Mieter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so kann der Vermieter für künftige Mietzinse Sicherheit verlangen. Er muss dafür dem Mieter und der Konkursverwaltung schriftlich eine angemessene Frist setzen.
² Erhält der Vermieter innert dieser Frist keine Sicherheit, so kann er fristlos kündigen.
3. Tod des Mieters
Art. 266 i
Stirbt der Mieter, so können seine Erben mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen.
4. Bewegliche Sachen
Art. 266 k
Der Mieter einer beweglichen Sache, die seinem privaten Gebrauch dient und vom Vermieter im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit vermietet wird, kann mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende einer dreimonatigen Mietdauer kündigen. Der Vermieter hat dafür keinen Anspruch auf Entschädigung.
IV. Form der Kündigung bei Wohn- und Geschäftsräumen
1. Im Allgemeinen
Art. 266 l
¹ Vermieter und Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen.
² Der Vermieter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will.
2. Wohnung der Familie
Art. 266 m
¹ Dient die gemietete Sache als Wohnung der Familie, kann ein Ehegatte den Mietvertrag nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des anderen kündigen.
² Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er den Richter anrufen.
³ Die gleiche Regelung gilt bei eingetragenen Partnerschaften sinngemäss.¹⁰⁰
¹⁰⁰ Eingefügt durch Anhang Ziff. 11 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
Art. 266 n ¹⁰¹
Die Kündigung durch den Vermieter sowie die Ansetzung einer Zahlungsfrist mit Kündigungsandrohung (Art. 257 d ) sind dem Mieter und seinem Ehegatten, seiner eingetragenen Partnerin oder seinem eingetragenen Partner separat zuzustellen.
¹⁰¹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 11 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
3. Nichtigkeit der Kündigung
Art. 266 o
Die Kündigung ist nichtig, wenn sie den Artikeln 266 l –266 n nicht entspricht.
P. Rückgabe der Sache
I. Im Allgemeinen
Art. 267
¹ Der Mieter muss die Sache in dem Zustand zurückgeben, der sich aus dem vertragsgemässen Gebrauch ergibt.
² Vereinbarungen, in denen sich der Mieter im Voraus verpflichtet, bei Beendigung des Mietverhältnisses eine Entschädigung zu entrichten, die anderes als die Deckung des allfälligen Schadens einschliesst, sind nichtig.
II. Prüfung der Sache und Meldung an den Mieter
Art. 267 a
¹ Bei der Rückgabe muss der Vermieter den Zustand der Sache prüfen und Mängel, für die der Mieter einzustehen hat, diesem sofort melden.
² Versäumt dies der Vermieter, so verliert er seine Ansprüche, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei übungsgemässer Untersuchung nicht erkennbar waren.
³ Entdeckt der Vermieter solche Mängel später, so muss er sie dem Mieter sofort melden.
Q. Retentionsrecht des Vermieters
I. Umfang
Art. 268
¹ Der Vermieter von Geschäftsräumen hat für einen verfallenen Jahreszins und den laufenden Halbjahreszins ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen, die sich in den vermieteten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören.
² Das Retentionsrecht des Vermieters umfasst die vom Untermieter eingebrachten Gegenstände insoweit, als dieser seinen Mietzins nicht bezahlt hat.
³ Ausgeschlossen ist das Retentionsrecht an Sachen, die durch die Gläubiger des Mieters nicht gepfändet werden könnten.
II. Sachen Dritter
Art. 268 a
¹ Die Rechte Dritter an Sachen, von denen der Vermieter wusste oder wissen musste, dass sie nicht dem Mieter gehören, sowie an gestohlenen, verlorenen oder sonstwie abhanden gekommenen Sachen gehen dem Retentionsrecht des Vermieters vor.
² Erfährt der Vermieter erst während der Mietdauer, dass Sachen, die der Mieter eingebracht hat, nicht diesem gehören, so erlischt sein Retentionsrecht an diesen Sachen, wenn er den Mietvertrag nicht auf den nächstmöglichen Termin kündigt.
III. Geltendmachung
Art. 268 b
¹ Will der Mieter wegziehen oder die in den gemieteten Räumen befindlichen Sachen fortschaffen, so kann der Vermieter mit Hilfe der zuständigen Amtsstelle so viele Gegenstände zurückhalten, als zur Deckung seiner Forderung notwendig sind.
² Heimlich oder gewaltsam fortgeschaffte Gegenstände können innert zehn Tagen seit der Fortschaffung mit polizeilicher Hilfe in die vermieteten Räume zurückgebracht werden.
Zweiter Abschnitt: Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen und andern missbräuchlichen Forderungen des Vermieters bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen
A. Missbräuchliche Mietzinse
I. Regel
Art. 269
Mietzinse sind missbräuchlich, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder wenn sie auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruhen.
II. Ausnahmen
Art. 269 a
Mietzinse sind in der Regel nicht missbräuchlich, wenn sie insbesondere:
a. im Rahmen der orts- oder quartierüblichen Mietzinse liegen;
b. durch Kostensteigerungen oder Mehrleistungen des Vermieters begründet sind;
c. bei neueren Bauten im Rahmen der kostendeckenden Bruttorendite liegen;
d. lediglich dem Ausgleich einer Mietzinsverbilligung dienen, die zuvor durch Umlagerung marktüblicher Finanzierungskosten gewahrt wurde, und in einem dem Mieter im Voraus bekanntgegebenen Zahlungsplan festgelegt sind;
e. lediglich die Teuerung auf dem risikotragenden Kapital ausgleichen;
f. das Ausmass nicht überschreiten, das Vermieter- und Mieterverbände oder Organisationen, die ähnliche Interessen wahrnehmen, in ihren Rahmenverträgen empfehlen.
B. Indexierte Mietzinse
Art. 269 b
Die Vereinbarung, dass der Mietzins einem Index folgt, ist nur gültig, wenn der Mietvertrag für mindestens fünf Jahre abgeschlossen und als Index der Landesindex der Konsumentenpreise vorgesehen wird.
C. Gestaffelte Mietzinse
Art. 269 c
Die Vereinbarung, dass sich der Mietzins periodisch um einen bestimmten Betrag erhöht, ist nur gültig, wenn:
a. der Mietvertrag für mindestens drei Jahre abgeschlossen wird;
b. der Mietzins höchstens einmal jährlich erhöht wird; und
c. der Betrag der Erhöhung in Franken festgelegt wird.
D. Mietzinserhöhungen und andere einseitige Vertragsänderungen durch den Vermieter
Art. 269 d
¹ Der Vermieter kann den Mietzins jederzeit auf den nächstmöglichen Kündigungstermin erhöhen. Er muss dem Mieter die Mietzinserhöhung mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitteilen und begründen.
² Die Mietzinserhöhung ist nichtig, wenn der Vermieter:
a. sie nicht mit dem vorgeschriebenen Formular mitteilt;
b. sie nicht begründet;
c. mit der Mitteilung die Kündigung androht oder ausspricht.
³ Die Absätze 1 und 2 gelten auch, wenn der Vermieter beabsichtigt, sonstwie den Mietvertrag einseitig zu Lasten des Mieters zu ändern, namentlich seine bisherigen Leistungen zu vermindern oder neue Nebenkosten einzuführen.
E. Anfechtung des Mietzinses
I. Herabsetzungsbegehren
1. Anfangsmietzins
Art. 270
¹ Der Mieter kann den Anfangsmietzins innert 30 Tagen nach Übernahme der Sache bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich im Sinne der Artikel 269 und 269 a anfechten und dessen Herabsetzung verlangen, wenn:
a. er sich wegen einer persönlichen oder familiären Notlage oder wegen der Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und Geschäftsräume zum Vertragsabschluss gezwungen sah; oder
b. der Vermieter den Anfangsmietzins gegenüber dem früheren Mietzins für dieselbe Sache erheblich erhöht hat.
² Im Falle von Wohnungsmangel können die Kantone für ihr Gebiet oder einen Teil davon die Verwendung des Formulars gemäss Artikel 269 d beim Abschluss eines neuen Mietvertrags obligatorisch erklären.
2. Während der Mietdauer
Art. 270 a
¹ Der Mieter kann den Mietzins als missbräuchlich anfechten und die Herabsetzung auf den nächstmöglichen Kündigungstermin verlangen, wenn er Grund zur Annahme hat, dass der Vermieter wegen einer wesentlichen Änderung der Berechnungsgrundlagen, vor allem wegen einer Kostensenkung, einen nach den Artikeln 269 und 269 a übersetzten Ertrag aus der Mietsache erzielt.
² Der Mieter muss das Herabsetzungsbegehren schriftlich beim Vermieter stellen; dieser muss innert 30 Tagen Stellung nehmen. Entspricht der Vermieter dem Begehren nicht oder nur teilweise oder antwortet er nicht fristgemäss, so kann der Mieter innert 30 Tagen die Schlichtungsbehörde anrufen.
³ Absatz 2 ist nicht anwendbar, wenn der Mieter gleichzeitig mit der Anfechtung einer Mietzinserhöhung ein Herabsetzungsbegehren stellt.
II. Anfechtung von Mietzinserhöhungen und andern einseitigen Vertragsänderungen
Art. 270 b
¹ Der Mieter kann eine Mietzinserhöhung innert 30 Tagen, nachdem sie ihm mitgeteilt worden ist, bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich im Sinne der Artikel 269 und 269 a anfechten.
² Absatz 1 gilt auch, wenn der Vermieter sonstwie den Mietvertrag einseitig zu Lasten des Mieters ändert, namentlich seine bisherigen Leistungen vermindert oder neue Nebenkosten einführt.
III. Anfechtung indexierter Mietzinse
Art. 270 c
Unter Vorbehalt der Anfechtung des Anfangsmietzinses kann eine Partei vor der Schlichtungsbehörde nur geltend machen, dass die von der andern Partei verlangte Erhöhung oder Herabsetzung des Mietzinses durch keine entsprechende Änderung des Indexes gerechtfertigt sei.
IV. Anfechtung gestaffelter Mietzinse
Art. 270 d
Unter Vorbehalt der Anfechtung des Anfangsmietzinses kann der Mieter gestaffelte Mietzinse nicht anfechten.
F. Weitergeltung des Mietvertrages während des Anfechtungsverfahrens
Art. 270 e
Der bestehende Mietvertrag gilt unverändert weiter:
a. während des Schlichtungsverfahrens, wenn zwischen den Parteien keine Einigung zustandekommt, und
b. während des Gerichtsverfahrens, unter Vorbehalt vorsorglicher Massnahmen des Richters.
Dritter Abschnitt: Kündigungsschutz bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen
A. Anfechtbarkeit der Kündigung
I. Im Allgemeinen
Art. 271
¹ Die Kündigung ist anfechtbar, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst.
² Die Kündigung muss auf Verlangen begründet werden.
II. Kündigung durch den Vermieter
Art. 271 a
¹ Die Kündigung durch den Vermieter ist insbesondere anfechtbar, wenn sie ausgesprochen wird:
a. weil der Mieter nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Mietverhältnis geltend macht;
b. weil der Vermieter eine einseitige Vertragsänderung zu Lasten des Mieters oder eine Mietzinsanpassung durchsetzen will;
c. allein um den Mieter zum Erwerb der gemieteten Wohnung zu veranlassen;
d. während eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens, ausser wenn der Mieter das Verfahren missbräuchlich eingeleitet hat;
e. vor Ablauf von drei Jahren nach Abschluss eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens, in dem der Vermieter: 1. zu einem erheblichen Teil unterlegen ist;
2. seine Forderung oder Klage zurückgezogen oder erheblich eingeschränkt hat;
3. auf die Anrufung des Richters verzichtet hat;
4. mit dem Mieter einen Vergleich geschlossen oder sich sonstwie geeinigt hat;
f. wegen Änderungen in der familiären Situation des Mieters, aus denen dem Vermieter keine wesentlichen Nachteile entstehen.
² Absatz 1 Buchstabe e ist auch anwendbar, wenn der Mieter durch Schriftstücke nachweisen kann, dass er sich mit dem Vermieter ausserhalb eines Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens über eine Forderung aus dem Mietverhältnis geeinigt hat.
³ Absatz 1 Buchstaben d und e sind nicht anwendbar bei Kündigungen:
a. wegen dringenden Eigenbedarfs des Vermieters für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte;
b. wegen Zahlungsrückstand des Mieters (Art. 257 d );
c. wegen schwerer Verletzung der Pflicht des Mieters zu Sorgfalt und Rücksichtnahme (Art. 257 f Abs. 3 und 4);
d. infolge Veräusserung der Sache (Art. 261);
e. aus wichtigen Gründen (Art. 266 g );
f. wegen Konkurs des Mieters (Art. 266 h ).
B. Erstreckung des Mietverhältnisses
I. Anspruch des Mieters
Art. 272
¹ Der Mieter kann die Erstreckung eines befristeten oder unbefristeten Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung der Miete für ihn oder seine Familie eine Härte zur Folge hätte, die durch die Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen wäre.
² Bei der Interessenabwägung berücksichtigt die zuständige Behörde insbesondere:
a. die Umstände des Vertragsabschlusses und den Inhalt des Vertrags;
b. die Dauer des Mietverhältnisses;
c. die persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien und deren Verhalten;
d. einen allfälligen Eigenbedarf des Vermieters für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte sowie die Dringlichkeit dieses Bedarfs;
e. die Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und Geschäftsräume.
³ Verlangt der Mieter eine zweite Erstreckung, so berücksichtigt die zuständige Behörde auch, ob er zur Abwendung der Härte alles unternommen hat, was ihm zuzumuten war.
II. Ausschluss der Erstreckung
Art. 272 a
¹ Die Erstreckung ist ausgeschlossen bei Kündigungen:
a. wegen Zahlungsrückstand des Mieters (Art. 257 d );
b. wegen schwerer Verletzung der Pflicht des Mieters zu Sorgfalt und Rücksichtnahme (Art. 257 f Abs. 3 und 4);
c. wegen Konkurs des Mieters (Art. 266 h ).
d. eines Mietvertrages, welcher im Hinblick auf ein bevorstehendes Umbau- oder Abbruchvorhaben ausdrücklich nur für die beschränkte Zeit bis zum Baubeginn oder bis zum Erhalt der erforderlichen Bewilligung abgeschlossen wurde.
² Die Erstreckung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn der Vermieter dem Mieter einen gleichwertigen Ersatz für die Wohn- oder Geschäftsräume anbietet.
III. Dauer der Erstreckung
Art. 272 b
¹ Das Mietverhältnis kann für Wohnräume um höchstens vier, für Geschäftsräume um höchstens sechs Jahre erstreckt werden. Im Rahmen der Höchstdauer können eine oder zwei Erstreckungen gewährt werden.
² Vereinbaren die Parteien eine Erstreckung des Mietverhältnisses, so sind sie an keine Höchstdauer gebunden, und der Mieter kann auf eine zweite Erstreckung verzichten.
IV. Weitergeltung des Mietvertrags
Art. 272 c
¹ Jede Partei kann verlangen, dass der Vertrag im Erstreckungsentscheid veränderten Verhältnissen angepasst wird.
² Ist der Vertrag im Erstreckungsentscheid nicht geändert worden, so gilt er während der Erstreckung unverändert weiter; vorbehalten bleiben die gesetzlichen Anpassungsmöglichkeiten.
V. Kündigung während der Erstreckung
Art. 272 d
Legt der Erstreckungsentscheid oder die Erstreckungsvereinbarung nichts anderes fest, so kann der Mieter das Mietverhältnis wie folgt kündigen:
a. bei Erstreckung bis zu einem Jahr mit einer einmonatigen Frist auf Ende eines Monats;
b. bei Erstreckung von mehr als einem Jahr mit einer dreimonatigen Frist auf einen gesetzlichen Termin.
C. Fristen und Verfahren ¹⁰²
¹⁰² Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
Art. 273
¹ Will eine Partei die Kündigung anfechten, so muss sie das Begehren innert 30 Tagen nach Empfang der Kündigung der Schlichtungsbehörde einreichen.
² Will der Mieter eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen, so muss er das Begehren der Schlichtungsbehörde einreichen:
a. bei einem unbefristeten Mietverhältnis innert 30 Tagen nach Empfang der Kündigung;
b. bei einem befristeten Mietverhältnis spätestens 60 Tage vor Ablauf der Vertragsdauer.
³ Das Begehren um eine zweite Erstreckung muss der Mieter der Schlichtungsbehörde spätestens 60 Tage vor Ablauf der ersten einreichen.
⁴ Das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde richtet sich nach der ZPO¹⁰³.¹⁰⁴
⁵ Weist die zuständige Behörde ein Begehren des Mieters betreffend Anfechtung der Kündigung ab, so prüft sie von Amtes wegen, ob das Mietverhältnis erstreckt werden kann.¹⁰⁵
¹⁰³ SR 272
¹⁰⁴ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
¹⁰⁵ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
D. Wohnung der Familie
Art. 273 a
¹ Dient die gemietete Sache als Wohnung der Familie, so kann auch der Ehegatte des Mieters die Kündigung anfechten, die Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen oder die übrigen Rechte ausüben, die dem Mieter bei Kündigung zustehen.
² Vereinbarungen über die Erstreckung sind nur gültig, wenn sie mit beiden Ehegatten abgeschlossen werden.
³ Die gleiche Regelung gilt bei eingetragenen Partnerschaften sinngemäss.¹⁰⁶
¹⁰⁶ Eingefügt durch Anhang Ziff. 11 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
E. Untermiete
Art. 273 b
¹ Dieser Abschnitt gilt für die Untermiete, solange das Hauptmietverhältnis nicht aufgelöst ist. Die Untermiete kann nur für die Dauer des Hauptmietverhältnisses erstreckt werden.
² Bezweckt die Untermiete hauptsächlich die Umgehung der Vorschriften über den Kündigungsschutz, so wird dem Untermieter ohne Rücksicht auf das Hauptmietverhältnis Kündigungsschutz gewährt. Wird das Hauptmietverhältnis gekündigt, so tritt der Vermieter anstelle des Mieters in den Vertrag mit dem Untermieter ein.
F. Zwingende Bestimmungen
Art. 273 c
¹ Der Mieter kann auf Rechte, die ihm nach diesem Abschnitt zustehen, nur verzichten, wenn dies ausdrücklich vorgesehen ist.
² Abweichende Vereinbarungen sind nichtig.
Vierter Abschnitt: …
Art. 274 – 274 g ¹⁰⁷
¹⁰⁷ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
Achter Titelbis: ¹⁰⁸ Die Pacht
¹⁰⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Dez. 1989, in Kraft seit 1. Juli 1990 ( AS 1990 802 ; BBl 1985 I 1389 ). Siehe auch Art. 5 der SchlB zu den Tit. VIII und VIIIbis am Schluss des OR.
A. Begriff und Geltungsbereich
I. Begriff
Art. 275
Durch den Pachtvertrag verpflichten sich der Verpächter, dem Pächter eine nutzbare Sache oder ein nutzbares Recht zum Gebrauch und zum Bezug der Früchte oder Erträgnisse zu überlassen, und der Pächter, dafür einen Pachtzins zu leisten.
II. Geltungsbereich
1. Wohn- und Geschäftsräume
Art. 276
Die Bestimmungen über die Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen gelten auch für Sachen, die der Verpächter zusammen mit diesen Räumen dem Pächter zur Benutzung überlässt.
2. Landwirtschaftliche Pacht
Art. 276 a
¹ Für Pachtverträge über landwirtschaftliche Gewerbe oder über Grundstücke zur landwirtschaftlichen Nutzung gilt das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1985¹⁰⁹ über die landwirtschaftliche Pacht, soweit es besondere Regelungen enthält.
² Im Übrigen gilt das Obligationenrecht mit Ausnahme der Bestimmungen über die Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen.¹¹⁰
¹⁰⁹ SR 221.213.2
¹¹⁰ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
B. Inventaraufnahme
Art. 277
Umfasst die Pacht auch Geräte, Vieh oder Vorräte, so muss jede Partei der andern ein genaues, von ihr unterzeichnetes Verzeichnis dieser Gegenstände übergeben und sich an einer gemeinsamen Schätzung beteiligen.
C. Pflichten des Verpächters
I. Übergabe der Sache
Art. 278
¹ Der Verpächter ist verpflichtet, die Sache zum vereinbarten Zeitpunkt in einem zur vorausgesetzten Benutzung und Bewirtschaftung tauglichen Zustand zu übergeben.
² Ist bei Beendigung des vorangegangenen Pachtverhältnisses ein Rückgabeprotokoll erstellt worden, so muss der Verpächter es dem neuen Pächter auf dessen Verlangen bei der Übergabe der Sache zur Einsicht vorlegen.
³ Ebenso kann der Pächter verlangen, dass ihm die Höhe des Pachtzinses des vorangegangenen Pachtverhältnisses mitgeteilt wird.
II. Hauptreparaturen
Art. 279
Der Verpächter ist verpflichtet, grössere Reparaturen an der Sache, die während der Pachtzeit notwendig werden, auf eigene Kosten vorzunehmen, sobald ihm der Pächter von deren Notwendigkeit Kenntnis gegeben hat.
III. Abgaben und Lasten
Art. 280
Der Verpächter trägt die mit der Sache verbundenen Lasten und öffentlichen Abgaben.
D. Pflichten des Pächters
I. Zahlung des Pachtzinses und der Nebenkosten
1. Im Allgemeinen
Art. 281
¹ Der Pächter muss den Pachtzins und allenfalls die Nebenkosten am Ende eines Pachtjahres, spätestens aber am Ende der Pachtzeit bezahlen, wenn kein anderer Zeitpunkt vereinbart oder ortsüblich ist.
² Für die Nebenkosten gilt Artikel 257 a .
2. Zahlungsrückstand des Pächters
Art. 282
¹ Ist der Pächter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Pachtzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihm der Verpächter schriftlich eine Zahlungsfrist von mindestens 60 Tagen setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Pachtverhältnis gekündigt werde.
² Bezahlt der Pächter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Verpächter das Pachtverhältnis fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.
II. Sorgfalt, Rücksichtnahme und Unterhalt
1. Sorgfalt und Rücksichtnahme
Art. 283
¹ Der Pächter muss die Sache sorgfältig gemäss ihrer Bestimmung bewirtschaften, insbesondere für nachhaltige Ertragsfähigkeit sorgen.
² Der Pächter einer unbeweglichen Sache muss auf Hausbewohner und Nachbarn Rücksicht nehmen.
2. Ordentlicher Unterhalt
Art. 284
¹ Der Pächter muss für den ordentlichen Unterhalt der Sache sorgen.
² Er muss die kleineren Reparaturen nach Ortsgebrauch vornehmen sowie die Geräte und Werkzeuge von geringem Wert ersetzen, wenn sie durch Alter oder Gebrauch nutzlos geworden sind.
3. Pflichtverletzung
Art. 285
¹ Verletzt der Pächter trotz schriftlicher Mahnung des Verpächters seine Pflicht zu Sorgfalt, Rücksichtnahme oder Unterhalt weiter, so dass dem Verpächter oder den Hausbewohnern die Fortsetzung des Pachtverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist, so kann der Verpächter fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.
² Der Verpächter von Wohn- oder Geschäftsräumen kann jedoch fristlos kündigen, wenn der Pächter vorsätzlich der Sache schweren Schaden zufügt.
III. Meldepflicht
Art. 286
¹ Sind grössere Reparaturen nötig oder masst sich ein Dritter Rechte am Pachtgegenstand an, so muss der Pächter dies dem Verpächter sofort melden.
² Unterlässt der Pächter die Meldung, so haftet er für den Schaden, der dem Verpächter daraus entsteht.
IV. Duldungspflicht
Art. 287
¹ Der Pächter muss grössere Reparaturen dulden, wenn sie zur Beseitigung von Mängeln oder zur Behebung oder Vermeidung von Schäden notwendig sind.
² Der Pächter muss dem Verpächter gestatten, die Sache zu besichtigen, soweit dies für den Unterhalt, den Verkauf oder die Wiederverpachtung notwendig ist.
³ Der Verpächter muss dem Pächter Arbeiten und Besichtigungen rechtzeitig anzeigen und bei der Durchführung auf die Interessen des Pächters Rücksicht nehmen; für allfällige Ansprüche des Pächters auf Herabsetzung des Pachtzinses und auf Schadenersatz gilt das Mietrecht (Art. 259 d und 259 e ) sinngemäss.
E. Rechte des Pächters bei Nichterfüllung des Vertrags und bei Mängeln
Art. 288
¹ Das Mietrecht (Art. 258 und Art. 259 a –259 i ) gilt sinngemäss, wenn:
a. der Verpächter die Sache nicht zum vereinbarten Zeitpunkt oder in einem mangelhaften Zustand übergibt;
b. Mängel an der Sache entstehen, die der Pächter weder zu verantworten noch auf eigene Kosten zu beseitigen hat, oder der Pächter in der vertragsgemässen Benutzung der Sache gestört wird.
² Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Pächters sind nichtig, wenn sie enthalten sind in:
a. vorformulierten allgemeinen Geschäftsbedingungen;
b. Pachtverträgen über Wohn- und Geschäftsräume.
F. Erneuerungen und Änderungen
I. Durch den Verpächter
Art. 289
¹ Der Verpächter kann Erneuerungen und Änderungen an der Sache nur vornehmen, wenn sie für den Pächter zumutbar sind und wenn das Pachtverhältnis nicht gekündigt ist.
² Der Verpächter muss bei der Ausführung der Arbeiten auf die Interessen des Pächters Rücksicht nehmen; für allfällige Ansprüche des Pächters auf Herabsetzung des Pachtzinses und auf Schadenersatz gilt das Mietrecht (Art. 259 d und 259 e ) sinngemäss.
II. Durch den Pächter
Art. 289 a
¹ Der Pächter braucht die schriftliche Zustimmung des Verpächters für:
a. Änderungen in der hergebrachten Bewirtschaftung, die über die Pachtzeit hinaus von wesentlicher Bedeutung sein können;
b. Erneuerungen und Änderungen an der Sache, die über den ordentlichen Unterhalt hinausgehen.
² Hat der Verpächter zugestimmt, so kann er die Wiederherstellung des früheren Zustandes nur verlangen, wenn dies schriftlich vereinbart worden ist.
³ Hat der Verpächter einer Änderung nach Absatz 1 Buchstabe a nicht schriftlich zugestimmt und macht der Pächter sie nicht innert angemessener Frist rückgängig, so kann der Verpächter fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.
G. Wechsel des Eigentümers
Art. 290
Das Mietrecht (Art. 261–261 b ) gilt sinngemäss bei:
a. Veräusserung des Pachtgegenstandes;
b. Einräumung beschränkter dinglicher Rechte am Pachtgegenstand;
c. Vormerkung des Pachtverhältnisses im Grundbuch.
H. Unterpacht
Art. 291
¹ Der Pächter kann die Sache mit Zustimmung des Verpächters ganz oder teilweise unterverpachten oder vermieten.
² Der Verpächter kann die Zustimmung zur Vermietung einzelner zur Sache gehörender Räume nur verweigern, wenn:
a. der Pächter sich weigert, dem Verpächter die Bedingungen der Miete bekanntzugeben;
b. die Bedingungen der Miete im Vergleich zu denjenigen des Pachtvertrages missbräuchlich sind;
c. dem Verpächter aus der Vermietung wesentliche Nachteile entstehen.
³ Der Pächter haftet dem Verpächter dafür, dass der Unterpächter oder der Mieter die Sache nicht anders benutzt, als es ihm selbst gestattet ist. Der Verpächter kann Unterpächter und Mieter unmittelbar dazu anhalten.
J. Übertragung der Pacht auf einen Dritten
Art. 292
Für die Übertragung der Pacht von Geschäftsräumen auf einen Dritten gilt Artikel 263 sinngemäss.
K. Vorzeitige Rückgabe der Sache
Art. 293
¹ Gibt der Pächter die Sache zurück, ohne Kündigungsfrist oder -termin einzuhalten, so ist er von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Verpächter nur befreit, wenn er einen für den Verpächter zumutbaren neuen Pächter vorschlägt; dieser muss zahlungsfähig und bereit sein, den Pachtvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen.
² Andernfalls muss er den Pachtzins bis zu dem Zeitpunkt leisten, in dem das Pachtverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet werden kann.
³ Der Verpächter muss sich anrechnen lassen, was er:
a. an Auslagen erspart und
b. durch anderweitige Verwendung der Sache gewinnt oder absichtlich zu gewinnen unterlassen hat.
L. Verrechnung
Art. 294
Für die Verrechnung von Forderungen und Schulden aus dem Pachtverhältnis gilt Artikel 265 sinngemäss.
M. Beendigung des Pachtverhältnisses
I. Ablauf der vereinbarten Dauer
Art. 295
¹ Haben die Parteien eine bestimmte Dauer ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart, so endet das Pachtverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf dieser Dauer.
² Setzen die Parteien das Pachtverhältnis stillschweigend fort, so gilt es zu den gleichen Bedingungen jeweils für ein weiteres Jahr, wenn nichts anderes vereinbart ist.
³ Die Parteien können das fortgesetzte Pachtverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf das Ende eines Pachtjahres kündigen.
II. Kündigungsfristen und -termine
Art. 296
¹ Die Parteien können das unbefristete Pachtverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten auf einen beliebigen Termin kündigen, sofern durch Vereinbarung oder Ortsgebrauch nichts anderes bestimmt und nach Art des Pachtgegenstandes kein anderer Parteiwille anzunehmen ist.
² Bei der unbefristeten Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen können die Parteien mit einer Frist von mindestens sechs Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wenn es keinen Ortsgebrauch gibt, auf Ende einer dreimonatigen Pachtdauer kündigen. Sie können eine längere Frist und einen anderen Termin vereinbaren.
³ Halten die Parteien die Frist oder den Termin nicht ein, so gilt die Kündigung für den nächstmöglichen Termin.
III. Ausserordentliche Beendigung
1. Aus wichtigen Gründen
Art. 297
¹ Aus wichtigen Gründen, welche die Vertragserfüllung für sie unzumutbar machen, können die Parteien das Pachtverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen.
² Der Richter bestimmt die vermögensrechtlichen Folgen der vorzeitigen Kündigung unter Würdigung aller Umstände.
2. Konkurs des Pächters
Art. 297 a
¹ Fällt der Pächter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so endet das Pachtverhältnis mit der Konkurseröffnung.
² Erhält jedoch der Verpächter für den laufenden Pachtzins und das Inventar hinreichende Sicherheiten, so muss er die Pacht bis zum Ende des Pachtjahres fortsetzen.
3. Tod des Pächters
Art. 297 b
Stirbt der Pächter, so können sowohl seine Erben als auch der Verpächter mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen.
IV. Form der Kündigung bei Wohn- und Geschäftsräumen
Art. 298
¹ Verpächter und Pächter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen.
² Der Verpächter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Pächter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Pachtverhältnisses verlangen will.
³ Die Kündigung ist nichtig, wenn sie diesen Anforderungen nicht entspricht.
N. Rückgabe der Sache
I. Im Allgemeinen
Art. 299
¹ Der Pächter gibt die Sache und das gesamte Inventar in dem Zustand zurück, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Rückgabe befinden.
² Für Verbesserungen kann der Pächter Ersatz fordern, wenn sie sich ergeben haben aus:
a. Anstrengungen, die über die gehörige Bewirtschaftung hinausgehen;
b. Erneuerungen oder Änderungen, denen der Verpächter schriftlich zugestimmt hat.
³ Für Verschlechterungen, die der Pächter bei gehöriger Bewirtschaftung hätte vermeiden können, muss er Ersatz leisten.
⁴ Vereinbarungen, in denen sich der Pächter im Voraus verpflichtet, bei Beendigung des Pachtverhältnisses eine Entschädigung zu entrichten, die anderes als die Deckung des allfälligen Schadens einschliesst, sind nichtig.
II. Prüfung der Sache und Meldung an den Pächter
Art. 299 a
¹ Bei der Rückgabe muss der Verpächter den Zustand der Sache prüfen und Mängel, für die der Pächter einzustehen hat, diesem sofort melden.
² Versäumt dies der Verpächter, so verliert er seine Ansprüche, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei übungsgemässer Untersuchung nicht erkennbar waren.
³ Entdeckt der Verpächter solche Mängel später, so muss er sie dem Pächter sofort melden.
III. Ersatz von Gegenständen des Inventars
Art. 299 b
¹ Wurde das Inventar bei der Übergabe der Sache geschätzt, so muss der Pächter bei Beendigung der Pacht ein nach Gattung und Schätzungswert gleiches Inventar zurückgeben oder den Minderwert ersetzen.
² Der Pächter muss für fehlende Gegenstände keinen Ersatz leisten, wenn er nachweist, dass der Verlust auf ein Verschulden des Verpächters oder auf höhere Gewalt zurückzuführen ist.
³ Der Pächter kann für den Mehrwert, der sich aus seinen Aufwendungen und seiner Arbeit ergeben hat, Ersatz fordern.
O. Retentionsrecht
Art. 299 c
Der Verpächter von Geschäftsräumen hat für einen verfallenen und einen laufenden Pachtzins das gleiche Retentionsrecht wie der Vermieter für Mietzinsforderungen (Art. 268 ff.).
P. Kündigungsschutz bei der Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen
Art. 300
¹ Für den Kündigungsschutz bei der Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen gilt das Mietrecht (Art. 271–273 c ) sinngemäss.
² Nicht anwendbar sind die Bestimmungen über die Wohnung der Familie (Art. 273 a ).
Q. Verfahren
Art. 301 ¹¹¹
Das Verfahren richtet sich nach der ZPO¹¹².
¹¹¹ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 5 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
¹¹² SR 272