1 – Interkantonale bzw. interbehördliche Vereinbarung über den Datenaustausch zum Bet... (559.16)
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1 – Interkantonale bzw. interbehördliche Vereinbarung über den Datenaustausch zum Betrieb von Lage- und Analysesystemen im Bereich der seriellen Kriminalität

1 559.16-1 Interkantonale bzw. interbehördliche Vereinbarung über den Datenaustausch zum Betrieb von Lage- und Analysesystemen im Bereich der seriellen Kriminalität vom 14.06.2019 (Stand 01.09.2020) Die dieser Vereinbarung beitretenden Vereinbarungspartner in Ausführung von Artikel 48, 56, 57 und 189 Absatz 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 1 ) verabschieden folgende interkantonale bzw. interbehördliche Vereinbarung
1 Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Gegenstand und Zweck
1 Die Vereinbarung bezweckt die effiziente Bekämpfung der Serienkriminalität durch die Schaffung und den Betrieb von interkantonalen beziehungsweise in terbehördlichen Datenbanken und ermöglicht den interkantonalen beziehungs weise interbehördlichen Datenaustausch in diesem Bereich.
2 Die Vereinbarung dient dem Ziel, serielle Verbrechen und Vergehen zu ver hindern und aufzuklären und die mutmassliche Täterschaft oder verdächtige Personen zu identifizieren. Dazu tauschen die an der jeweiligen Datenbank be teiligten Vereinbarungspartner (nachfolgend Teilnehmer) insbesondere mittels gemeinsamer Datenbanken polizeiliche Daten nach Artikel 8 dieser Vereinba rung aus.
3 Die Auswertungen dienen den Empfängern zur Erstellung von Lagebildern und zu Ermittlungszwecken.
4 Die Vereinbarungspartner können dem Vereinbarungszweck entsprechende, gemeinsame Datenbanken schaffen und betreiben und Daten, auch besonders schützenswerte Daten, austauschen oder übertragen.

Art. 2

Struktur
1 Für jede gemeinsame Datenbank unter dieser Vereinbarung wird ein separa tes Betriebsreglement geschaffen. Es steht jedem Vereinbarungspartner frei, an der gemeinsamen Datenbank und dem Datenaustausch durch Genehmi gung des Betriebsreglements teilzunehmen.
1) SR 101 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
20-083
559.16-1 2
2 Die Regelungen dieser Vereinbarung gelten als Grundsätze und werden für jede gemeinsame Datenbank in einem eigenen Betriebsreglement spezifisch umgesetzt.
2 Organisation

Art. 3

Interkantonales Aufsichtsorgan
1 Das interkantonale Aufsichtsorgan übt die Aufsicht über die Einhaltung der vorliegenden Vereinbarung aus.
2 Es setzt sich aus je einer Vertreterin oder einem Vertreter der Regierungen der Vereinbarungspartner beziehungsweise dem für die eidgenössische Behör de politisch Verantwortlichen zusammen.
3 Es erstattet den Kantonsregierungen der Vereinbarungspartner beziehungs weise der jeweiligen zuständigen eidgenössischen Behörde periodisch Bericht. Soweit das Recht eines Vereinbarungspartners es vorsieht, enthält der Bericht zusätzlich eine Evaluation der einzelnen Datenbanken.

Art. 4

Lenkungsausschuss
1 Es wird ein Lenkungsausschuss eingesetzt, der sich selbst konstituiert. Jeder Vereinbarungspartner nominiert dazu die verantwortliche Person. Dem Len kungsausschuss obliegt insbesondere a die strategische Führung und Umsetzung dieser Vereinbarung; b die Entgegennahme von Beitrittsgesuchen und Kündigungen zu dieser Vereinbarung; c die Streitbeilegung. Für besondere Fälle kann er ein unabhängiges Schiedsgericht einsetzen.
2 Der Lenkungsausschuss erlässt die Betriebsreglemente gemäss Artikel 7, wo bei die Bestimmung des Verteilschlüssels gemäss Artikel 14 ausschliesslich den Teilnehmern vorbehalten ist.

Art. 5

Zentralstelle und Aussenstellen
1 Der Betrieb der jeweiligen Datenbank wird durch eine Zentralstelle, die gege benenfalls als Lizenznehmerin agiert, gewährleistet.
2 Die Zentralstelle wird beim Betrieb durch je eine Aussenstelle der anderen Teilnehmer unterstützt.
3 Die Zentralstelle und die Aussenstellen sind für die Bearbeitung der Daten ih res Zuständigkeitsbereichs und der von Dritten erhaltenen Daten zuständig.
3 559.16-1
4 Jeder Teilnehmer bezeichnet namentlich diejenigen Mitarbeitenden, welche in der Zentral- und in den Aussenstellen für den Datenaustausch zuständig sind und meldet diese der Zentralstelle.

Art. 6

Verantwortlichkeit
1 Die Verantwortung für die Einhaltung des Datenschutzes und die Gewährleis tung der Datensicherheit liegt beim Polizeikommandanten bzw. der Polizeikom mandantin der Zentralstelle.
2 Die Zentral- und die Aussenstellen stellen sicher, dass ihre Daten rechtmässig und richtig sind. Das Nähere wird im Betriebsreglement geregelt.
3 Inhalt des Betriebsreglements und Grundsätze der Datenbearbeitung

Art. 7

Betriebsreglement
1 Für jede gemeinsam betriebene Datenbank nach dieser Vereinbarung ist ein entsprechendes Betriebsreglement zu erlassen. Das Betriebsreglement ist von allen Teilnehmern vor dem Beitritt zu einer Datenbank zu genehmigen.
2 Unter Berücksichtigung der in der vorliegenden Vereinbarung definierten Grundzüge legt das Betriebsreglement für jede Datenbank insbesondere die Modalitäten fest betreffend: a Zweck und Inhalt der jeweiligen Datenbank; b Zugriffsberechtigung auf die jeweilige Datenbank; c Gewährleistung der Rechtmässigkeit und Richtigkeit der Daten; d den anwendbaren Verteilschlüssel nach Artikel 14; e finanzielle Folgen des Austritts eines Teilnehmers aus der Datenbank so wie die Verteilung allfälliger Liquidationskosten nach Artikel 16 Absatz 2; f Haftung der Teilnehmer untereinander im Innenverhältnis für Schäden aus unrechtmässiger Datenbearbeitung oder mangelnder Sorgfalt; g Löschung von Daten gemäss Artikel 13 und 16.

Art. 8

Inhalt
1 Die Teilnehmer bearbeiten in den gemeinsamen Datenbanken ausschliesslich Daten, welche von kommunalen, kantonalen, eidgenössischen Polizeibehörden oder von anderen Partnerorganisationen aus dem In- oder Ausland rechtmäs sig erhoben und weitergeleitet wurden.
2 In den Datenbanken können folgende Daten bearbeitet werden: a Angaben zum Ereignis und zum Ereignisort;
559.16-1 4 b Angaben zu Modus Operandi und Tatmittel; c Angaben zur bekannten und unbekannten Täterschaft und zu verdächti gen Personen: Name, Vorname, Geburtsdatum, Geschlecht, Alias- Namen, Nationalität, Signalement, Bilder, Identifikationsnummern amtli cher Ausweise, Pass- bzw. Personalnummern, Firmen, Telefonnummern, Adressen, IP-Adressen, URI, E-Mail-Adressen, weitere Angaben zu den von dieser eingesetzten Informations- und Kommunikationstechnologien, Namensbezeichnungen in sozialen Medien und Spielen (Pseudonyme, etc.), Registrierungs- und Zugangsdaten (inklusive biometrische Daten) für Accounts und bevorzugte Modi Operandi; d Angaben zu geschädigten natürlichen und juristischen Personen: Name, Vorname, Geburtsdatum und Geschlecht bzw. Firma und Sitz e Angaben zum Deliktsgut; f Angaben zu Fahrzeugen, die in einem Zusammenhang mit dem Ereignis stehen könnten; g Angaben zu Fallverbindungen zwischen Ereignissen (situative und auf materiellen oder elektronischen Spuren basierende Verbindungen); h Ereignisbilder; i Angaben von Informationsquellen; j Prozesskontrollnummern gemäss Artikel 8 Absatz 3 Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen (DNA- Profil-Gesetz) 1 ) ; k Informationen zu Zahlungsmitteln und Geldfluss; l Verfahrensdaten.

Art. 9

Datenbearbeitung
1 Die Teilnehmer sind ermächtigt, die unter Artikel 8 Absatz 2 aufgeführten Da ten gemäss den Grundsätzen von Artikel 8 Absatz 1 gegenseitig auszutau schen, in einer zentralen Datenbank zu speichern sowie elektronisch auszu werten.
2 Die physische Speicherung der Daten liegt ausschliesslich in der Verantwor tung der jeweiligen Zentralstelle.

Art. 10

Zugriffsberechtigung
1 Zugriff auf die jeweilige Datenbank haben ausschliesslich besonders geschul te und bezeichnete Personen der Zentral- und der Aussenstellen gemäss Arti kel 5 Absatz 4.
1) SR 363
5 559.16-1
2 Andere Mitarbeitende der Teilnehmer erhalten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nur mittelbar, insbesondere in Form von Meldungen, Auswertungen und Berich ten, Kenntnis über den Inhalt der Datenbank.
3 Die Zentral- und die Aussenstellen können nur die von ihnen zur Verfügung gestellten Daten mutieren. Sie haben ein Leserecht für die Daten der anderen Aussenstellen sowie der Zentralstelle.
4 Die Verwaltung der Zugriffsberechtigungen erfolgt durch die Zentralstelle.
4 Anwendbares Recht und Datenschutz

Art. 11

Anwendbares Recht
1 Anwendbar ist das Recht des Sitzkantons der Zentralstelle. Dieses bestimmt die Zuständigkeit der Datenschutzaufsichtsstelle.
2 Vorbehalten bleibt die Rechtmässigkeit der einzelnen Datenerfassungen. Die se richtet sich nach dem Recht der Behörde, welche die Daten eingetragen hat oder hat eintragen lassen.

Art. 12

Auskunfts-, Einsichts- und Berichtigungsrecht
1 Das Auskunfts-, Einsichts- und Berichtigungsrecht richtet sich nach der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO) 1 ) und dem Datenschutzrecht des Sitzkantons der Zentralstelle.
2 Die Zentralstelle erteilt die Auskünfte oder veranlasst die Berichtigung bezie hungsweise Löschung der entsprechenden Daten nach Rücksprache mit der Behörde, welche die Daten eingetragen hat oder hat eintragen lassen.
3 Die Einsicht kann aufgrund der Einschränkungsgründe des kantonalen Rech tes des Sitzkantons der Zentralstelle oder aufgrund der bundesrechtlich vorge sehenen Einschränkungsgründe eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert werden.

Art. 13

Löschung von Daten
1 Die erfassten Daten werden gemäss den nachfolgenden Grundsätzen ge löscht: a Die Datensätze werden, sobald sie für die Bearbeitung nicht mehr erfor derlich sind, umgehend, spätestens jedoch nach 10 Jahren gelöscht. b Massgebend für den Beginn des Fristenlaufs ist der letzte Datenzuwachs zum letzten erfassten Ereignis.
1) SR 312.0
559.16-1 6 c Daten zu einer Person werden von Amtes wegen gelöscht, sobald der Verdacht gegen sie wegen Beteiligung an Delikten gemäss Artikel 1 glaubhaft ausgeräumt werden konnte. d Während des Vollzugs einer Strafe oder einer stationären Massnahme und während einer zivilrechtlichen Unterbringung steht der Fristenlauf still.
2 Daten über geschädigte Personen werden unabhängig von den Fristen nach Absatz 1 von der Zentralstelle von Amtes wegen gelöscht oder anonymisiert, sobald der Bearbeitungszweck es erlaubt.
5 Finanzierung der gemeinsamen Datenbanken

Art. 14

Kosten und Betrieb
1 Jeder Teilnehmer trägt seine eigenen Infrastruktur- und Lizenzkosten.
2 Die Kosten für den Betrieb der Zentral- und Datenschutzaufsichtsstelle wer den unter den Teilnehmern geteilt. Der anwendbare Verteilschlüssel hängt von der jeweiligen Datenbank ab. Mögliche Verteilschlüssel sind abschliessend: a Anteilsmässige Aufteilung analog zu den Artikeln 11 und 12 der Vereinba rung zwischen dem Bund und den Kantonen zur Harmonisierung der Poli zeiinformatik in der Schweiz vom 10. November 2011; b Anzahl Teilnehmer; c Ständige Wohnbevölkerung der Teilnehmer; d Datenmenge.
3 Der Verteilschlüssel nach Absatz 2 Buchstabe c und d kann mit einem So ckelbeitrag, der maximal 40% der Gesamtkosten deckt, ergänzt werden. Dieser wird gleichmässig auf die Teilnehmer verteilt.
4 Das jeweilige Betriebsreglement definiert den anwendbaren Verteilschlüssel. Die Zentralstelle stellt den Teilnehmern jährlich die Kostenrechnung zu.
6 Austritt aus einer gemeinsamen Datenbank

Art. 15

Kündigung eines Betriebsreglements und Austritt aus der entspre chenden Datenbank
1 Unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten kann das Betriebsreglement auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Die Kündigung ist schriftlich an den Lenkungsausschuss zu richten.
2 Mit Eintritt der Kündigungswirkung verliert der vormalige Teilnehmer das Recht, die gemeinsame Datenbank zu nutzen. Gleichzeitig entfällt seine Kostenpflicht nach Artikel 14.
7 559.16-1
3 Eine Rückerstattung für geleisteten Sach- und Personalaufwand des ausge tretenen Teilnehmers ist grundsätzlich ausgeschlossen. Näheres regelt das je weilige Betriebsreglement.

Art. 16

1 Die vom austretenden Teilnehmer bis dahin eingegebenen Daten werden aus der Datenbank gelöscht, sofern sie nicht in Verbindung zu einem Ereignis ste hen, das von einem anderen Teilnehmer erfasst wurde.
2 Wird eine Datenbank gänzlich aufgelöst, werden die Datenbestände gelöscht. Allfällige Liquidationskosten sind von den Teilnehmern gemäss dem im Betriebsreglement festgelegten Verteilschlüssel zu tragen.
7 Schlussbestimmungen

Art. 17

Beitritt und Kündigung der Vereinbarung
1 Alle Kantone oder geeignete Bundesstellen können der Vereinbarung jeder zeit beitreten. Der Beitritt wird sofort wirksam.
2 Jeder Vereinbarungspartner kann seine Mitgliedschaft unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres kündigen.
3 Das Beitrittsgesuch sowie die Kündigung sind in schriftlicher Form an den Lenkungsausschuss zu richten.

Art. 18

Inkrafttreten
1 Die Vereinbarung tritt in Kraft, sobald ihr mindestens zwei Vereinbarungspart ner beigetreten sind und sie, falls notwendig, in deren Gesetzessammlung pu bliziert worden ist. 1 )
2 Änderungen der Vereinbarung bedürfen der Zustimmung aller Vereinbarungs partner.

Art. 19

Notifikation an den Bund und das interkantonale Aufsichtsorgan
1 Der Lenkungsausschuss informiert die Bundeskanzlei über die vorliegende Vereinbarung. Das Verfahren richtet sich nach Artikel 27o der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (RVOV) 2 ) .
1) Inkrafttreten auf den 11. Dezember 2019, nach dem Beitritt der Kantone Aargau und Basel- Stadt.
2) SR 172.010.1
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2 Der Lenkungsausschuss informiert das interkantonale Aufsichtsorgan über die gestützt auf die Vereinbarung erlassenen Betriebsreglemente, die gemein samen Datenbanken und allfällige Änderungen.

Art. 20

Rechtspflege
1 Für die Beilegung von Streitigkeiten aus der Anwendung und Auslegung die ser Vereinbarung ist der Lenkungsausschuss zuständig.

Art. 21

Haftung
1 Für Schäden aus unrechtmässiger Datenbearbeitung, die Mitarbeitende eines Teilnehmers in Ausübung von Tätigkeiten nach der vorliegenden Vereinbarung einem anderen Teilnehmer mit Absicht oder infolge grober Fahrlässigkeit wider rechtlich zufügen, haftet der Arbeitgeber des Schadenverursachers.
2 Für Schäden aus unrechtmässiger Datenbearbeitung, die Mitarbeitende eines Teilnehmers in Ausübung von Tätigkeiten nach der vorliegenden Vereinbarung einem Dritten mit Absicht oder infolge grober Fahrlässigkeit widerrechtlich zufü gen, haftet der Sitzkanton der jeweiligen Zentralstelle. Dieser kann auf den Arbeitgeber des Schadenverursachers Rückgriff nehmen.
3 Das Klagerecht des haftbaren Teilnehmers und des geschädigten Dritten ge gen Mitarbeitende eines anderen Teilnehmers ist ausgeschlossen.
4 Die Verantwortlichkeit der Mitarbeitenden gegenüber ihren Arbeitgebern rich tet sich nach der jeweils anwendbaren Gesetzgebung. Basel, 14. Juni 2019 Polizeikonkordat Nordwestschweiz
9 559.16-1 Änderungstabelle - nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung BAG-Fundstelle 14.06.2019 01.09.2020 Erlass Erstfassung 20-083
559.16-1 10 Änderungstabelle - nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung BAG-Fundstelle Erlass 14.06.2019 01.09.2020 Erstfassung 20-083
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