Abkommen (0.512.113.63)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den vorübergehenden Aufenthalt von Mitgliedern der Streitkräfte der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland im Hoheitsgebiet des jeweils anderen Staats für die Teilnahme an und die Durchführung von Übungs- und Ausbildungsvorhaben (Schweizerisch-deutsches Streitkräfteaufenthaltsabkommen) Abgeschlossen am 7. Juni 2010 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 17. Juni 2010 (Stand am 17. Juni 2010)
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Bundesrepublik Deutschland,
im Hinblick auf das in Brüssel unterzeichnete Übereinkommen vom 19. Juni 1995¹ zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen (PfP-Truppenstatut) sowie das Zusatzprotokoll vom 19. Juni 1995² zum PfP-Truppenstatut,
im Hinblick auf die Vereinbarung vom 29. September 2003³ zwischen dem Eidgenös­sischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport handelnd für den Schweizerischen Bundesrat und dem Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit der Streit­kräfte auf dem Gebiet der Ausbildung (Ausbildungsvereinbarung),
in dem Bestreben, die Voraussetzungen und Bedingungen des vorübergehenden Aufenthalts zu Übungs- und Ausbildungszwecken von Mitgliedern der deutschen Streitkräfte in der Schweizerischen Eidgenossenschaft und von Mitgliedern der schweizerischen Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland zu regeln,
davon ausgehend, dass die Bestimmungen dieses Abkommens die Rechte und Ver­pflichtungen der Vertragsparteien aus völkerrechtlichen Vereinbarungen über inter­nationale Gerichte einschliesslich des Römischen Statuts über den Internatio­nalen Strafgerichtshof unberührt lassen,
sind wie folgt übereingekommen:
¹ SR 0.510.1 ² SR 0.510.11 ³ SR 0.512.113.62
Art. 1 Gegenstand des Abkommens
Dieses Abkommen regelt für die Teilnahme an und die Durchführung von Übungs- und Ausbildungsvorhaben die Ein- und Durchreise von Mitgliedern der Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland und der Streitkräfte der Schweizerischen Eidgenos­senschaft in das und deren Ausreise aus dem Hoheitsgebiet des jeweils anderen Staats sowie deren vorübergehenden Aufenthalt darin. Der Begriff «Mitglieder der Streitkräfte» bezeichnet das militärische Personal der Streitkräfte der Vertragspar­teien und das zivile Gefolge, welche sich im Rahmen von Übungs- und Ausbil­dungsvorhaben nach der Ausbildungsvereinbarung als Auszubildende, Ausbilder oder Angehörige eines militärischen Verbandes oder einer Ausbildungseinrichtung im jeweiligen Aufnahmestaat aufhalten.
Art. 2 Art, Umfang und Dauer des Aufenthalts
Vorübergehende Aufenthalte im Sinne dieses Abkommens werden von den Streit­kräften des Entsendestaats für Übungen, Ausbildung von Einheiten und Durchreise auf dem Landwege zu diesem Zweck mit einem Umfang von bis zu 3000 Mitglie­dern der Streitkräfte des Entsendestaats und einer Aufenthaltsdauer, die in der Regel dreissig Tage nicht überschreitet, vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Behörden des Aufnahmestaats im jeweiligen Einzelfall durchgeführt.
Art. 3 Bedingungen für Einreise, Ausreise und Aufenthalt
(1)  Soweit in diesem Abkommen nichts anderes geregelt ist, richten sich die Ein­reise in den und die Ausreise aus dem Aufnahmestaat sowie der dortige vorüberge­hende Aufenthalt von Mitgliedern der Streitkräfte des Entsendestaats nach dem PfP-Truppenstatut.
(2)  Hinsichtlich der von den Streitkräften des Entsendestaats in den Aufnahmestaat ein- oder mitgeführten Waffen gelten folgende Bestimmungen:
a) Die nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland erforderlichen aussen­wirtschaftlichen und kriegswaffenkontrollrechtlichen Genehmigungen gelten für ein- oder mitgeführte Kriegswaffen der Mitglieder der Streitkräfte der Schweizerischen Eidgenossenschaft als erteilt. Die Streitkräfte der Schwei­zerischen Eidgenossenschaft führen bei der Einreise in die und während ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland eine Kopie dieses Abkommens als Nachweis der erforderlichen Genehmigung mit sich.
b) Nach dem Recht der Schweizerischen Eidgenossenschaft benötigen ausländi­sche Truppen und deren Angehörige, die für Übungs- und Ausbil­dungsvorhaben in die Schweizerische Eidgenossenschaft einreisen, für die dazu mitgeführten Rüstungsgüter weder eine Ein- noch eine Wiederausfuhr­be­willigung.
Art. 4 Gesundheitswesen
(1)  Die Streitkräfte des Entsendestaats sind zur Beachtung der Gesundheitsvor­schriften des Aufnahmestaats verpflichtet.
(2)  Zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei Menschen, Tieren und Pflanzen sowie zur Bekämpfung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse im Aufnahmestaat gelten dessen Rechtsvorschriften. Infek­tionsschutzrechtliche, tierseuchenrechtliche, lebensmittelrechtliche Massnahmen, pflanzenschutzrechtliche Massnahmen bezüglich Pflanzen, Pflanzenerzeugnissen und sonstigen Gegenständen sowie arzneimittel-, medizinprodukte- und hygiene­rechtliche Massnahmen werden von den zuständigen Behörden des Aufnahmestaats getroffen, soweit zwischenstaatliche Vereinbarungen dem nicht entgegenstehen.
Art. 5 Strafgerichtsbarkeit und Zwangsmassnahmen
(1)  Soweit dem Aufnahmestaat gemäss Artikel I des PfP-Truppenstatuts in Verbin­dung mit Artikel VII des NATO-Truppenstatuts das Recht auf Ausübung der Straf­gerichtsbarkeit gegenüber Mitgliedern der Streitkräfte des Entsendestaats zusteht, wird die zuständige Behörde des Aufnahmestaats von der Ausübung dieser Gerichtsbarkeit absehen, es sei denn, dass wesentliche Belange der Rechtspflege des Aufnahmestaats die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit erfordern.
(2)  Wesentliche Belange der Rechtspflege können die Ausübung der Strafgerichts­barkeit insbesondere in den folgenden Fällen erfordern:
a) strafbare Handlungen nach Artikel VII Absatz 2 Buchstabe c des NATO-Trup­penstatuts sowie vergleichbare strafbare Handlungen von erheblicher Bedeutung gegen die Sicherheit des Aufnahmestaats;
b) strafbare Handlungen, durch die der Tod eines Menschen verursacht wird, sowie schwerwiegende Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung, soweit sich diese nicht gegen ein Mitglied der Streitkräfte des Entsendestaats richten;
c) der Versuch solcher strafbarer Handlungen und die Teilnahme an diesen.
(3)  Wird von der Ausübung der Strafgerichtsbarkeit abgesehen, so entfernt der Entsendestaat den Tatverdächtigen auf Ersuchen des Aufnahmestaats unverzüglich aus dem Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats.
(4)  Ist der Tatverdächtige in den Entsendestaat zurückgekehrt und liegt ein Fall nach Absatz 3 nicht vor, so unterbreitet der Entsendestaat auf Ersuchen des Auf­nahmestaats den Fall seinen zuständigen Behörden zur Entscheidung über die Ein­leitung eines Strafverfahrens.
(5)  Ist im Rahmen eines Strafverfahrens im Aufnahmestaat gegen ein Mitglied der Streitkräfte des Entsendestaats zu entscheiden, ob eine Handlung oder Unterlassung in Ausübung des Dienstes erfolgt ist, ist für diese Entscheidung das Recht des Ent­sendestaats massgebend. Auf Ersuchen des Aufnahmestaats kann hierüber durch eine von dem Entsendestaat benannte Behörde eine Bescheinigung erstellt werden, die der Aufnahmestaat seinen zuständigen Behörden unterbreitet und von diesen im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnung angemessen berücksichtigt wird.
(6)  Die zuständigen Gerichte und Behörden beider Staaten leisten einander im Rahmen ihres innerstaatlichen Rechts Rechtshilfe zur Unterstützung in Strafverfah­ren. Sehen die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats nicht von der Ausübung der Strafgerichtsbarkeit ab, so wirkt der Entsendestaat im Rahmen seiner Rechtsord­nung darauf hin, dass sich Mitglieder seiner Streitkräfte, die verdächtigt werden, während des Aufenthalts im Aufnahmestaat eine Straftat begangen zu haben, den Gerichten und Behörden des Aufnahmestaats stellen.
(7)  Die Gerichte und Behörden des Aufnahmestaats sind im Rahmen ihrer Zustän­digkeiten und Befugnisse berechtigt, Zwangsmassnahmen gegenüber Mitgliedern der Streitkräfte des Entsendestaats während ihres Aufenthalts im Aufnahmestaat anzuordnen und durchzuführen.
(8)  Wird ein Mitglied der Streitkräfte des Entsendestaats durch Behörden des Auf­nahmestaats vorläufig festgenommen oder werden andere Zwangsmassnahmen angewendet, die den Entzug der Freiheit zur Folge haben, so unterrichtet die zustän­dige Behörde des Aufnahmestaats unverzüglich die diplomatische Vertretung des Entsendestaats im Aufnahmestaat. Dabei wird mitgeteilt, welches Gericht oder welche Behörde für das weitere Verfahren zuständig ist.
(9)  Die Gerichte und Behörden des Entsendestaats üben ihre Strafgerichtsbarkeit nicht im Aufnahmestaat aus.
Art. 6 Telekommunikation
(1)  Für die Inanspruchnahme von öffentlich angebotenen Telekommunikations­dienstleistungen im Aufnahmestaat gelten neben den allgemeinen Vorschriften des Aufnahmestaats die jeweiligen Geschäftsbedingungen des Dienstleistungserbringers.
(2)  Die Streitkräfte des Entsendestaats können, soweit dies zur Erreichung des Aufenthaltszwecks erforderlich ist, vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Behörden des Aufnahmestaats vorübergehend Telekommunikationsanlagen ein­schliesslich Funkanlagen errichten und betreiben.
(3)  Funkanlagen sowie Telekommunikationsendeinrichtungen der Streitkräfte des Entsendestaats, die im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats betrieben oder an Anschlüsse oder Übertragungswege der öffentlichen Telekommunikationsnetze angeschaltet werden sollen, müssen die technischen Anforderungen erfüllen, die nach der Rechtsordnung des Aufnahmestaats für Funkanlagen oder Telekommuni­kationsendeinrichtungen allgemein gelten. Die Erfüllung dieser Anforderungen muss in einem Konformitätsbewertungsverfahren nachgewiesen und die Einrichtun­gen müssen entsprechend gekennzeichnet sein.
(4)  Die Streitkräfte des Entsendestaats benutzen im Aufnahmestaat nur Funk­fre­quenzen, die ihnen von den zuständigen Behörden des Aufnahmestaats zugeteilt sind. Am Ende des Aufenthalts gehen die Funkfrequenzen an die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats zurück.
(5)  Die Streitkräfte des Entsendestaats treffen alle erforderlichen Massnahmen, um Störungen der Telekommunikationsnetze im Aufnahmestaat durch ihre Telekommu­nikations- oder anderen elektrischen Anlagen zu vermeiden. Verursachen Funkstel­len der Streitkräfte des Entsendestaats schädliche Funkstörungen bei Funkstellen ausserhalb des Aufnahmestaats oder werden sie von solchen Funkstellen in schäd­licher Weise gestört, so verfahren die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats nach den Bestimmungen der jeweils gültigen Konstitution und Konvention der Internationalen Fernmeldeunion⁴ sowie der Vollzugsordnung für den Funkdienst. Die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats treffen im Rahmen der geltenden Vorschriften alle erforderlichen Massnahmen, um Störungen der Telekommunika­tionseinrichtungen der Streitkräfte des Entsendestaats durch Telekommunikations- oder andere elektrische Anlagen des Aufnahmestaats zu vermeiden. Im Fall von elektromagnetischen Störungen werden die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten angewendet. Ergibt sich hieraus die Notwendigkeit einer Ausserbetriebnahme der Störquelle, muss diese durch die Streitkräfte des Entsendestaats unverzüglich vorgenommen werden.
⁴ SR 0.784.012 und 0.784.021
Art. 7 Umweltschutz
(1)  Die Streitkräfte des Entsendestaats anerkennen die Bedeutung des Umwelt­schutzes bei ihren Tätigkeiten im Aufnahmestaat und halten die Rechtsvorschriften des Aufnahmestaats zum Schutz der Umwelt ein.
(2)  Die zuständigen Behörden beider Staaten arbeiten im Rahmen dieses Abkom­mens in allen Fragen des Umweltschutzes, insbesondere bei der Vorbereitung von Übungen, eng zusammen.
(3)  Auch über die Einhaltung der Rechtsvorschriften des Aufnahmestaats hinaus sind Umweltbeeinträchtigungen zu vermeiden und bei unvermeidbaren Umweltbe­einträchtigungen angemessene Massnahmen zum Ausgleich zu treffen.
(4)  Für den Transport von Waffen, schwerem Gerät oder Gefahrgut wird dem Schienen- und dem Wasserweg Vorrang eingeräumt. Die Transportwege und -mittel werden zwischen den Verteidigungsministerien in Abstimmung mit den zuständigen Behörden des Aufnahmestaats vereinbart.
(5)  Die Mitglieder der Streitkräfte des Entsendestaats werden für den Betrieb ihrer Luft-, Wasser- und Landfahrzeuge im Aufnahmestaat, soweit dies mit den techni­schen Erfordernissen dieser Fahrzeuge vereinbar ist, nur Treibstoffe, Schmierstoffe und Zusatzstoffe verwenden, die schadstoffarm gemäss den Vorschriften des Auf­nahmestaats sind. Bei Personenkraftfahrzeugen und Nutzfahrzeugen werden die Vorschriften des Aufnahmestaats über die Begrenzung von Lärm- und Abgasemis­sionen eingehalten, soweit dies nicht unverhältnismässig ist.
(6)  Bei der Benutzung von Übungseinrichtungen werden durch die Mitglieder der Streitkräfte des Endsendestaats die jeweiligen Benutzungsordnungen, insbesondere die Sicherheitsbestimmungen, die Brandschutzbestimmungen und die Bestimmun­gen zum Schutz der Umwelt, eingehalten. Gleiches gilt bezüglich der Verwaltungs­vorschriften der Streitkräfte des Aufnahmestaats für Übungen. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung des Aufnahmestaats.
(7)  Die Mitglieder der Streitkräfte des Entsendestaats werden die Vorschriften des Aufnahmestaats zur umweltverträglichen Verwertung oder sonstigen Entsorgung von Abfällen einhalten.
Art. 8 Verkehr mit Fahrzeugen der Streitkräfte des Entsendestaats sowie Benutzung der Flugplätze des Aufnahmestaats
(1)  Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger der Streitkräfte des Entsendestaats werden für den Verkehr von dessen zuständiger Behörde registriert und zugelassen. Diese Fahrzeuge führen ein Nummernschild und ein deutliches Nationalitätskenn­zeichen.
(2)  Transporte und Beförderungen durch Mitglieder der Streitkräfte des Entsende­staats im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Aufnahmestaats und geltender völkerrechtlicher Verträge, die für beide Staaten verbindlich sind, sowie der damit im Zusammenhang stehenden technischen Vereinbarungen und Verfahren gelten als genehmigt beziehungsweise als zugelassen.
(3)  Die militärischen Behörden des Aufnahmestaats koordinieren die Wahrnehmung militärischer Interessen des Entsendestaats in Verkehrsangelegenheiten gegenüber den zivilen Behörden und Unternehmen.
(4)  Mitglieder der Streitkräfte des Entsendestaats halten die Verkehrsvorschriften des Aufnahmestaats einschliesslich der Vorschriften über das Verhalten am Unfall­ort und der Vorschriften über den Transport von Gefahrgut ein. Die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats überwachen die Einhaltung dieser Vorschriften. Diese Überwachung kann gemeinsam mit den zuständigen Behörden des Entsende­staats durchgeführt werden.
(5)  Die Streitkräfte des Entsendestaats beachten die Verkehrssicherheitsvorschriften des Aufnahmestaats; innerhalb dieses Rahmens können die Mitglieder der Streit­kräfte des Entsendestaats ihre eigenen innerstaatlichen Normen auf den Bau, die Ausführung und die Ausrüstung der Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuganhänger, Bin­nenschiffe und Luftfahrzeuge anwenden. Die Behörden beider Staaten arbeiten bei der Umsetzung dieser Bestimmungen eng zusammen.
(6)  Der Verkehr mit Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern, deren Abmes­sungen, Achslast, Gesamtgewicht oder Anzahl die nach dem Strassenverkehrsrecht des Aufnahmestaats geltenden Begrenzungen überschreiten, wird, ausser in Notfäl­len zum Schutz von Leib und Leben, nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörden des Aufnahmestaats durchgeführt. Ausserhalb von Übungsplätzen werden Ketten­fahrzeuge grundsätzlich auf der Schiene oder, soweit erforderlich, auf Tiefladern bewegt. Ein Befahren öffentlicher Strassen und Wege mit Kettenfahrzeugen ohne Kettenpolster ist unzulässig.
(7)  Ausser in Notfällen dürfen Mitglieder der Streitkräfte des Entsendestaats mit militärischen Luftfahrzeugen zivile Verkehrsflugplätze des Aufnahmestaats nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörden benutzen, die nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats erteilt wird.
Art. 9 Haftung und Schadensabwicklung
(1)  Bei der Haftung und Schadensabwicklung werden beide Staaten in Überein­stimmung mit den Bestimmungen des PfP-Truppenstatuts verfahren, soweit in diesem Abkommen nichts anderes geregelt ist.
(2)  Für die Abwicklung von Schäden Dritter gelten die als Anlage beigefügten Bestimmungen. Diese Anlage ist Bestandteil dieses Abkommens.
Art. 10 Übungen und Ausbildung
(1)  Für Übungen gelten die gesetzlichen Bestimmungen und die Verwaltungsvor­schriften des Aufnahmestaats.
(2)  Übungen zu Lande finden grundsätzlich auf Truppenübungsplätzen, Schiess­plätzen und in anderen militärischen Ausbildungseinrichtungen statt.
(3)  Für Übungen im Luftraum gelten die Vorschriften des Aufnahmestaats über den Einflug in den Luftraum und seine Benutzung sowie die hiervon abweichenden Regelungen militärischer Art. Ferner finden die Vorschriften über die Inanspruch­nahme von Anlagen und Einrichtungen der Luftfahrt, die sich im Rahmen der Richtlinien und Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation hal­ten, sowie die geltenden Anmeldungs-, Zustimmungs- und Koordinierungsverfah­ren, wie sie in den entsprechenden Vorschriften des Aufnahmestaats enthalten sind, Anwendung. Die an einer Übung teilnehmenden Luftfahrzeugbesatzungen sowie das daran beteiligte Flugsicherungs- und Luftverteidigungskontrollpersonal müssen die eng­lische Sprache beherrschen, soweit dies aus Gründen der Flugsicherheit oder Flug­sicherung erforderlich ist.
(4)  Die Absätze 1–3 finden auf Ausbildungsmassnahmen entsprechende Anwen­dung.
Art. 11 Streitbeilegung
Streitigkeiten über die Anwendung oder Auslegung dieses Abkommens werden durch Verhandlungen gütlich beigelegt und nicht zur Schlichtung an Dritte ver­wiesen.
Art. 12 Durchführung
Vereinbarungen zur Durchführung dieses Abkommens können zwischen den Ver­teidigungsministerien der beiden Staaten getroffen werden, die sich gegenseitig über die zuständigen Ansprechpartner zur Durchführung dieses Abkommens unterrichten.
Art. 13 Inkrafttreten, Geltungsdauer und Kündigung
(1)  Dieses Abkommen tritt an dem Tag in Kraft, an dem die Regierung der Bundes­republik Deutschland dem Schweizerischen Bundesrat mitgeteilt hat, dass die inner­staatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind. Massgebend ist der Tag des Eingangs der Mitteilung. Das Abkommen wird ab dem Tag der Unterzeich­nung nach Massgabe des jeweiligen innerstaatlichen Rechts vorläufig angewendet.
(2)  Dieses Abkommen bleibt auf unbegrenzte Zeit in Kraft. Das Abkommen kann von jeder Vertragspartei auf diplomatischem Weg schriftlich gekündigt werden. Die Kündigung wird ein Jahr nach Eingang wirksam.
(3)  Die Bestimmungen der Vereinbarung vom 29. September 2003 zwischen dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport handelnd für den Schweizerischen Bundesrat und dem Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit der Streit­kräfte auf dem Gebiet der Ausbildung gelten weiterhin. Im Falle von Widersprüchen ist das vorliegende Abkommen massgebend.
Geschehen zu Bern am 7. Juni 2010 in zwei Urschriften, jede in deutscher Sprache.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Ueli Maurer

Für die Regierung
der Bundesrepublik Deutschland:

Axel Berg

Anlage

Bestimmungen für die Schadensabwicklung

1. Zuständige Behörden

a) Schadensfälle in Deutschland – Zuständige schweizerische Behörde ist das Schadenzentrum des Eidge­nössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).
– Zuständige deutsche Behörde ist die Bundesanstalt für Immobilienaufga­ben.
b) Schadensfälle in der Schweiz – Zuständige schweizerische Behörde ist das Schadenzentrum des VBS.
– Zuständige deutsche Behörde ist das Bundesamt für Wehrverwaltung.

2. Zusammenarbeit

Die zuständigen deutschen und schweizerischen Behörden arbeiten bei allen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Abwicklung von Schadensfällen gemäss Arti­kel I des PfP-Truppenstatuts in Verbindung mit Artikel VIII Absätze (5) bis (7) des NATO-Truppenstatuts ergeben, vertrauensvoll zusammen.

3. Schadensabwicklung

a) Regelung durch den Aufnahmestaat
Die Behörde des Aufnahmestaats ist zuständig für die Entgegennahme und Prüfung des Entschädigungsantrags. Sie führt nach Eingang des Antrags unverzüglich ihre eigenen Ermittlungen hierzu durch.
b) Zusammenarbeit der Behörden des Aufnahme- und des Entsendestaats
Die Behörde des Aufnahmestaats teilt der Behörde des Entsendestaats so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von vier Wochen, den Ein­gang des Entschädigungsantrags mit. In der Mitteilung werden gegebenen­falls das Aktenzeichen der Behörde des Aufnahmestaats, Name und Anschrift des Antragstellers, eine kurze Schilderung des Vorfalls unter Angabe von Zeit und Ort, der geforderte Entschädigungsbetrag, die Art des Schadens, die Namen der beteiligten Mitglieder der Streitkräfte sowie die Bezeichnung der am Vorfall beteiligten Einheit angegeben. Die Mitteilung wird in zweifacher Ausfertigung übersandt.
Die Behörde des Entsendestaats bestätigt der Behörde des Aufnahmestaats den Eingang der Mitteilung und übersendet ihr innerhalb von sechs Wochen nach Eingang der Mitteilung alle verfügbaren Informationen und Beweis­mittel. Liegen der Behörde des Entsendestaats keine derartigen Informa­tio­nen und Beweismittel vor, so teilt sie dies der Behörde des Aufnahmestaats mit. Die Behörde des Entsendestaats teilt der Behörde des Aufnahmestaats ferner mit, ob der Schaden nach ihrer Auffassung durch eine Handlung oder Unterlassung, für die die Streitkräfte des Entsendestaats rechtlich verant­wortlich sind und/oder im Zusammenhang mit der Benutzung eines Fahr­zeugs der Truppe verursacht worden ist und ob die Fahrzeugbenutzung befugt oder unbefugt war.
c) Zahlung und Erstattung des Entschädigungsbetrages
Die Behörde des Aufnahmestaats entscheidet nach Auswertung aller ver­fügba­ren Informationen und Beweismittel, ob und in welcher Höhe der Anspruch nach dem Recht des Aufnahmestaats begründet ist.
Die Behörde des Aufnahmestaats zahlt den Entschädigungsbetrag in ihrer Währung. Sie fordert diesen von der Behörde des Entsendestaats zur Erstat­tung an. Die Behörde des Entsendestaats erstattet diesen Betrag innerhalb von drei Monaten.
Ist nach dem Recht des Aufnahmestaats eine Entschädigung in Form einer Rente zu gewähren, so ist sie im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien nach den im Aufnahmestaat geltenden Grundsätzen als kapitalisierter Betrag zu erstatten.
d) Besondere Bestimmungen zur Abwicklung ausserdienstlicher Schäden
Bei der Abwicklung von Schäden, die nicht in Ausübung des Dienstes verursacht worden sind, prüft die Behörde des Aufnahmestaats den Anspruch, ermittelt in billiger und gerechter Weise unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einschliesslich des Verhaltens der verletzten Per­son den dem Antragsteller zukommenden Betrag und fertigt einen Bericht für die Behörde des Entsendestaats, die diesen unverzüglich prüft und ent­scheidet, ob und in welcher Höhe sie eine Entschädigung für gerechtfertigt hält.
Die Behörde des Aufnahmestaats wird – unabhängig von der Entscheidung des Entsendestaats – dem Antragsteller den ihm zukommenden Betrag ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ( ex gratia ) als Abfindung anbieten. Wird dieses Angebot von dem Antragsteller als volle Befriedigung seines Anspruchs angenommen, so nimmt die Behörde des Aufnahmestaats die Zahlung vor.
Der Entsendestaat erstattet dem Aufnahmestaat die erbrachten Zahlungen.
Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Ziffer 3 Buchstaben a–c entspre­chend.
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