Vereinbarung (0.740.79)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vereinbarung

zwischen dem Bundesminister für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland, dem Vorsteher des Eidgenössischen Verkehrs‑ und Energiewirtschaftsdepartements der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verkehrsminister der Italienischen Republik über die Verbesserung des kombinierten alpenquerenden Güterverkehrs Schiene/Strasse durch die Schweiz Abgeschlossen am 3. Dezember 1991 Von der Bundesversammlung genehmigt am 16. Dezember 1992¹ Schweizerische Genehmigung, den anderen Vertragsparteien am 21. Januar 1993 mitgeteilt In Kraft getreten mit Wirkung ab 3. Dezember 1991 ¹ AS 1993 1231
Präambel
Der Bundesminister für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland, der Vorsteher des Eidgenössischen Verkehrsund Energiewirtschaftsdepartements der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Verkehrsminister der Italienischen Republik,
nachfolgend Vertragsparteien genannt, sind
wie folgt übereingekommen:
Art. 1
Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, den kombinierten Verkehr als eine Möglichkeit zu betrachten, um die Probleme des alpenquerenden Güterverkehrs kurz‑ und mittelfristig zu lösen.
Art. 2
Die vorliegende Vereinbarung ist anwendbar auf die Eisenbahnstrecken Basel/Riela­singen/Schaffhausen–Kandersteg–Domodossola und Basel/Rielasingen/Schaffhau­sen­–Göschenen–Chiasso/Luino sowie auf die nördlichen und südlichen Zufahrtsstrecken.
Art. 3
Die Vertragsparteien unterstützen die beteiligten vier Bahnen (Italienische Staatsbahn, Deutsche Bundesbahn, Schweizerische Bundesbahnen, Bern‑Lötschberg‑ Simplon‑Alpenbahn) bei der Ausführung der Massnahmen, auf die sich diese im Bahnabkommen vom 25. November 1991 geeinigt haben. Die Vertragsparteien versichern sich zu diesem Zweck der gegenseitigen Zusammenarbeit.
Art. 4
Die Vertragsparteien vereinbaren eine Kapazitätserhöhung auf täglich 58 Züge (Huckepack‑Verkehr, beide Richtungen zusammen) bis 1994 und führen zu diesem Zweck Verbesserungen der Infrastruktur und der Betriebsorganisation durch. Auf die im Bahnabkommen vom 25. November 1991 niedergelegten Programme wird Bezug genommen.
Die Vertragsparteien sichern sich zu, dass sie sich bei ihren Bahnen für die Übernahme und Beförderung aller Züge des kombinierten Verkehrs einsetzen, soweit die Infrastrukturkapazität dies zulässt. In der aktuellen Verkehrslage erlaubt dies ein Gesamtangebot von rund 700 000 Sendungen (gerechnet auf der Basis einer Lasteinheit von 12 m Länge).
Um die Ziele der vorliegenden Vereinbarung fristgerecht zu realisieren, werden die Vertragsparteien koordinierte und vorher vereinbarte Investitionsmassnahmen auf technischer Ebene ergreifen. Diese Massnahmen betreffen:
A. Transit Domodossola
Italienische Seite
– Anpassung an Profil «B plus» (Code P80) und Verstärkung der Anlagen für die elektrische Zugförderung auf der Strecke Torino–Novara–Domodossola–Iselle.
– Elektrifizierung und Anpassung an Profil «B plus» (Code P80) der Strecke Novara–Vignale–Domodossola.
– Realisierung des neuen Rangierbahnhofs Domo II.
– Ergänzung des automatischen Streckenblocks auf der Linie Gallarate–Domodossola.
– Ausbau des Huckepackterminals Novara.
– Ergänzung des Rangier‑ und Huckepackbahnhofs Torino Orbassano.
Schweizerische Seite
– Anpassung an Profil «B plus» (Code P80) des Simplontunnels (Brig–Iselle).
– Anpassung an Profil «B plus» (Code P80) im Lötschbergtunnel und auf den Zufahrtslinien.
B. Transit Chiasso
Italienische Seite
– Banalisierter automatischer Streckenblock auf der Linie Chiasso–Milano.
– Anpassung an Profil «B» (Code P60) der Strecke Chiasso–Milano.
– Neuer Huckepackterminal in Segrate.
Schweizerische Seite
– Kapazitätssteigerung auf der Strecke Basel–Chiasso durch Erweiterung von Bahnhofanlagen, Doppelspurausbauten und banalisierten automatischen Streckenblock.
– Verstärkung der Anlagen für die elektrische Zugförderung durch Einbau neuer Generatoren und zusätzlicher Umformeranlagen.
– In den Jahren nach 1994 wird die Schweiz weitere kapazitätssteigernde Massnahmen im Rahmen des Konzeptes BAHN 2000 durchführen.
Deutsche Seite
– Auf deutscher Seite wird die Strecke zwischen Offenburg und Basel nach Massgabe des Gesamtdeutschen Verkehrswegeplans ausgebaut.
– Es wird geprüft, ob ein viergleisiger Ausbau erforderlich ist.
Art. 5
Die Vertragsparteien fordern die Bahnen auf, in Zusammenarbeit mit den Gesellschaften des kombinierten Verkehrs und eventuellen anderen Betreibern des kombinierten Verkehrs konkurrenzfähige Angebote für den kombinierten Verkehr durch die Schweiz zu erarbeiten, insbesondere hinsichtlich der Beförderungsqualität, der Verkürzung und Einhaltung der Beförderungs‑ und Lieferungszeiten und der Beförderungstarife. Diese Angebote müssen dem Gemeinschaftsrecht entsprechen.
Sie fordern die Bahnen ausserdem auf, Vorschläge für eine verstärkte Haftung bezüglich der Einhaltung der Lieferungsfristen und der Schäden auszuarbeiten.
Art. 6
Die Vertragsparteien fördern die Nachfrage im kombinierten Verkehr Schiene/Strasse, indem sie sich für den Abbau von administrativen Hindernissen, insbesondere bezüglich der Fahrverbote, der Gewichte und Masse entsprechend den Regelungen für den kombinierten Verkehr in der Europäischen Gemeinschaft, der Kabotage für Vor‑ und Nachläufe und der Operationen zollbehördlicher, veterinärmedizinischer und phytosanitärischer Art einsetzen.
Die deutsche und die schweizerische Seite stimmen darin überein, dass die kombinierten Verkehre Schiene/Strasse und Binnenschiff/Schiene gleichrangig zu behandeln sind.
Art. 7
Die schweizerische Seite erklärt sich bereit, in Abstimmung mit den schweizerischen Bahnen, Niederflurwagen für den bilateralen Verkehr und den Transit mit der Rollenden Landstrasse gemäss den Marktbedürfnissen zur Verfügung zu stellen.
Sie wird die schweizerischen Bahnen für die Betriebsverluste entschädigen, die sich aus der Anwendung von wettbewerbsfähigen Preisen mit der Strasse ergeben.
Art. 8
Die Vertragsparteien verpflichten sich, bei länger als 5 Stunden andauernden Betriebzunterbrechungen als Folge von höherer Gewalt oder anderen technischen Störungen besondere Massnahmen zu ergreifen.
Für bereits verladene oder gebuchte Frachten des kombinierten Verkehrs kann eine Freistellung von Kontingenten und kostenpflichtigen Transportbewilligungen, von Vorschriften über Masse und Gewichte oder von Nachtfahrverboten auf der Strasse vorgesehen werden, sofern umgeladen werden kann.
Art. 9
Die Beauftragten der Vertragsparteien, der Bahnen und der Gesellschaften für den kombinierten Verkehr und eventuell andere Betreiber des kombinierten Verkehrs treffen sich je nach Bedarf, um die Entwicklung zu verfolgen und allfällige weitere Massnahmen zu erarbeiten.
Probleme, die im Rahmen dieser Zusammenkünfte nicht ausgeräumt werden können, sind den Vertragsparteien zur Entscheidung vorzulegen.
Art. 10
Bevor Massnahmen ergriffen werden, die den Transitverkehr durch die Schweiz betreffen, konsultieren sich die Vertragsparteien gegenseitig, um koordinierte Vorgehen zu vereinbaren, die den Bedürfnissen und den Möglichkeiten der Bahnen Rechnung tragen.
Art. 11
Die vorliegende Vereinbarung tritt am Tage ihrer Unterzeichnung in Kraft.
Für die schweizerische Seite ist jedenfalls eine Genehmigung durch das Parlament vorgesehen, die den anderen Vertragsparteien unverzüglich mitgeteilt wird.
Die vorliegende Vereinbarung gilt für die Dauer von 6 Jahren; jede Vertragspartei kann die Vereinbarung unter Wahrung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist schriftlich kündigen. Die Kündigung ist zu begründen und den anderen Vertragsparteien zur Kenntnis zu bringen.
Geschehen zu Bonn am 3. Dezember 1991 in 3 Originalen, jedes in deutscher und italienischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.
Der Bundesminister für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland
i. V.: Dieter Schulte
Der Vorsteher des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements
i. V.: Rodolphe Imhoof
Der Verkehrsminister der Italienischen Republik
i. V.: Marcello Guidi
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