Verordnung über den Justizvollzug
Nr. 327 Verordnung über den Justizvollzug (JVV) vom 24. März 2016 (Stand 1. Juli 2021) Der Regierungsrat des Kantons Luzern, gestützt auf § 53 des Gesetzes über den Justizvollzug vom 14. September 2015
1
, auf Antrag des Justiz- und Sicherheitsdepartementes, beschliesst:
1 Allgemeines
§ 1
Geltungsbereich
1 Die Verordnung regelt die Organisation, die Zuständigkeiten und die Verfahren der un
- ter § 1 des Gesetzes über den Justizvollzug (JVG) vom 14. September 2015
2
aufgeführ
- ten Formen des Sanktionenvollzuges im Kanton Luzern.
2 Sie regelt die Untersuchungs- und die Sicherheitshaft, soweit diese nicht in der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) vom 5. Oktober 2007
3 und im Gesetz über den Justizvollzug geregelt ist.
§ 2
Justiz- und Sicherheitsdepartement
1 Das Justiz- und Sicherheitsdepartement ist die Aufsichtsbehörde über den Justizvoll
- zug.
1 G 2016 21 (SRL Nr.
305 )
2 SRL Nr.
305 . Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.
3 SR
312.0 . Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen. * Siehe Tabellen mit Änderungsinformationen am Schluss des Erlasses. G 2016 42
2 Nr. 327
2 Das Justiz- und Sicherheitsdepartement a kann privaten Vollzugseinrichtungen die Bewilligung zum Vollzug von Strafen und Massnahmen erteilen, soweit das Bundesrecht dies vorsieht, b kann privaten Vollzugseinrichtungen zur Durchsetzung der Hausordnung das Dis
- ziplinarrecht erteilen.
§ 3
Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug
1 Die Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug ist mit ihren Abteilungen Justiz
- vollzugsanstalt Grosshof, Justizvollzugsanstalt Wauwilermoos und Vollzugs- und Be
- währungsdienst zuständig für den Justizvollzug.
2 Die Abteilungen der Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug handeln in ih
- ren Zuständigkeitsbereichen im Namen und nach Weisung der Dienststelle, ausser in den in den Absätzen 4 bis 6 aufgeführten Fällen. *
3 ... *
4 Die Dienststelle entscheidet auf Antrag des Arztes oder der Ärztin über die Anordnung der Zwangsmedikation nach § 36 JVG oder der Zwangsernährung nach § 39 JVG. *
5 Sie schliesst mit privaten Vollzugseinrichtungen, denen die Bewilligung zum Vollzug von Strafen und Massnahmen erteilt worden ist, Leistungsvereinbarungen im Sinn von
§ 20i des Gesetzes über die Steuerung der Finanzen und Leistungen vom 13. September
2010 (FLG)
4 ab.
6 Sie ist die kantonale Koordinationsstelle nach dem Bundesgesetz zum Internationalen Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen vom 18. De
- zember 2015
5 . *
§ 4
Vollzugs- und Bewährungsdienst *
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst vollzieht die Strafbefehle und -urteile der Staats
- anwaltschaft und der kantonalen Gerichte, soweit das Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil-, Straf- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Justiz
- gesetz) vom 10. Mai 2010
6 und diese Verordnung die Zuständigkeit nicht einer anderen Dienststelle beziehungsweise das Bundesrecht einer richterlichen Behörde überträgt.
2 Er vollzieht namentlich Strafbefehle und -urteile betreffend a. Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen, b. Verwahrungen, c. stationäre Massnahmen, d. ambulante Massnahmen, e. * ... f. Bewährungshilfe und Weisungen,
4 SRL Nr.
600 . Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.
5 SR
150.2
6 SRL Nr.
260
Nr. 327
3 g. vorzeitig angeordnete Freiheitsstrafen und Massnahmen, h. andere Massnahmen, soweit diese in dieser Verordnung oder einem anderen Erlass nicht einer anderen Behörde übertragen sind.
2bis Er kann im Rahmen des Sanktionenvollzuges technische Geräte, die mit der zu über
- wachenden Person fest verbunden sind, für die elektronische Überwachung einsetzen.
*
2ter Er sorgt für die Durchführung der Beratungen über den Umgang mit Gewalt bei Weg
- weisungen (§ 13e Abs. 1 EGZGB
7 ) und der Lernprogramme gegen Gewalt (Art. 55a Abs. 2 StGB
8 ). Er kann Leistungsvereinbarungen mit Dritten abschliessen. *
3 Er vollzieht auf dem Rechtshilfeweg im Rahmen der Verordnung zum Strafgesetz- buch und zum Militärstrafgesetz vom 19. September 2006
9 Strafverfügungen und -urtei
- le sowie Entscheide von Strafbehörden und Strafgerichten anderer Kantone und des Bundes sowie Strafverfügungen des Auditors und Urteile der Militärgerichte.
4 Er prüft die gesetzlichen Voraussetzungen zum Vollzug von Amtes wegen.
5 Er informiert die ViCLAS-Zentralstelle auf Anfrage hin über den Beginn und das Ende einer Freiheitsstrafe oder einer stationären Massnahme im Sinn von § 13 Absatz 3 der Interkantonalen Vereinbarung über die computergestützte Zusammenarbeit der Kantone bei der Aufklärung von Gewaltdelikten (ViCLAS-Konkordat) vom 2. April 2009
10
.
6 Er vollzieht das Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983
11 sowie das Zusatzprotokoll
12 dazu. *
§ 5
Oberstaatsanwaltschaft
1 Die Oberstaatsanwaltschaft a. ist gemäss Bundesgesetz über die Teilung eingezogener Vermögenswerte (TEVG) vom 19. März 2004
13 zuständige Behörde für Stellungnahmen und Informationen zuhanden der Bundesbehörden, für die Geltendmachung von Rückerstattungsan
- sprüchen und für das Einlegen von Rechtsmitteln, b. schliesst mit privaten Einrichtungen im Jugendstrafbereich, denen die Bewilligung zum Vollzug von Schutzmassnahmen erteilt worden ist, Leistungsvereinbarungen im Sinn von § 20i FLG ab.
7 SRL Nr.
200
8 SR
311.0
9 SR
311.01
10 SRL Nr.
354
11 SR
0.343
12 SR
0.343.1
13 SR
312.4
4 Nr. 327
§ 6
Jugendanwaltschaft
1 Strafbefehle des Jugendanwalts oder der Jugendanwältin sowie Urteile des Jugendge
- richtes und des Kantonsgerichtes im Bereich des Jugendstrafrechts werden von der Ju
- gendanwaltschaft vollzogen.
2 Die Jugendanwaltschaft kann im Rahmen des Vollzuges technische Geräte, die mit der jugendlichen Person fest verbunden sind, zur elektronischen Überwachung von Mass
- nahmen und Schutzmassnahmen einsetzen. *
§ 7
Vollzugseinrichtungen
1 Freiheitsstrafen und freiheitsentziehende Massnahmen werden in der Regel in den hier
- für vorgesehenen Vollzugseinrichtungen des Konkordates der Kantone der Nordwest- und Innerschweiz über den Vollzug von Strafen und Massnahmen vom 5. Mai 2006
14 (Strafvollzugskonkordat) vollzogen.
2 Sie können auch in anderen Vollzugseinrichtungen vollzogen werden, wenn die Art der Sanktion und das Bundesrecht dies zulassen.
3 Aus wichtigen Gründen kann der Vollzug auch in Vollzugseinrichtungen anderer Straf
- vollzugskonkordate durchgeführt werden.
§ 8
Justizvollzugsanstalt Grosshof
1 Die Justizvollzugsanstalt Grosshof dient dem Vollzug * a. * der Freiheits- und Ersatzfreiheitsstrafen im Normalvollzug, b. * ... c. * ... d. * der Einschliessungsstrafen gemäss dem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht vom 20. Juni 2003
15 , e. * der Untersuchungs- und Sicherheitshaft, f. * der fürsorgerischen Unterbringung gemäss Artikel 426 des Schweizerischen Zivil gesetzbuches vom 10. Dezember 1907
16 , g. * der vorläufigen Festnahme, h. * der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, i. * des Arrestes ausserhalb des Militärdienstes gemäss Artikel 192 des Militärstrafge
- setzbuches vom 13. Juni 1927
17 .
2 Sie kann eine besondere Abteilung für Frauen führen (Art. 377 Abs. 2 StGB).
3 In die Justizvollzugsanstalt Grosshof können vorübergehend auch zu Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehenden Massnahmen verurteilte Personen bis zur Überführung in eine geeignete Anstalt oder therapeutische Einrichtung eingewiesen werden.
14 SRL Nr.
325
15 SR
311.1
16 SR
210
17 SR
321.0
Nr. 327
5
§ 9
Justizvollzugsanstalt Wauwilermoos
1 Die Justizvollzugsanstalt Wauwilermoos dient als offene Anstalt dem Vollzug von Freiheits- und Ersatzfreiheitsstrafen im Normalvollzug von männlichen Straftätern, bei denen keine Gefahr besteht, dass sie fliehen, und nicht zu erwarten ist, dass sie weitere Straftaten begehen. *
2 Sie kann für den Vollzug von Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht eine besondere Abteilung führen.
§ 10
Unterbringung in Haftzellen der Luzerner Polizei
1 Vorläufig festgenommene Personen, Personen in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft sowie verurteilte Personen dürfen in Haftzellen der Luzerner Polizei bis maximal 96 Stunden untergebracht werden, wobei nach 48 Stunden mindestens ein täglicher Spazier
- gang von einer Stunde ermöglicht werden muss.
§ 11
Private Vollzugseinrichtungen
1 Private Vollzugseinrichtungen bedürfen zum Vollzug von Strafen und Massnahmen, so
- weit das Bundesrecht dies vorsieht, einer Bewilligung des Justiz- und Sicherheitsdepar
- tementes.
2 Sie haben eine Hausordnung zu erlassen, welche der Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug zur Genehmigung vorzulegen ist. *
§ 12
Besondere Aufgaben von Vollzugseinrichtungen
1 Die Leitung der Vollzugseinrichtung führt eine Kontrolle über die Ein- und Austritte und informiert die zuständige Einweisungsbehörde darüber.
2 Sie fertigt als erkennungsdienstliche Massnahmen Fotografien an.
3 Sie erneuert die nach § 27 Absatz 1 JVG durchgeführten erkennungsdienstlichen Mass
- nahmen, wenn deren Resultate für die Sicherstellung des ausstehenden Sanktionenvoll
- zuges ungenügend geworden sind.
§ 13
Aufenthaltsnachforschung und polizeiliche Zuführung
1 Ist eine verurteilte Person unbekannten Aufenthaltes oder leistet sie einer Aufforderung des Vollzugs- und Bewährungsdienstes zu einem Strafantritt, zu einem Massnahmenan
- tritt, zu einer Besprechung, zu einer Abstinenzkontrolle, zu einer Medikamenteneinnah
- me oder zu einer angeordneten Betreuung keine Folge, kann dieser Dienst die Person zur Aufenthaltsnachforschung oder zur Verhaftung und polizeilichen Zuführung ausschrei
- ben.
6 Nr. 327
§ 13a
* Polizeiliche Befragung
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst kann die Polizei zur Abklärung der persönlichen Verhältnisse mit einer Befragung der verurteilten Person beauftragen, insbesondere wenn diese aus dem Ausland überstellt worden ist.
§ 14
Pflichten der beschuldigten und der verurteilten Personen
1 Die beschuldigten und die verurteilten Personen sind den Vollzugsbehörden und Voll
- zugseinrichtungen gegenüber zur Mitwirkung bei der Erreichung der Vollzugs- und Therapieziele verpflichtet. Ausserdem haben sie a. einen Wohnsitz- und Aufenthaltswechsel unaufgefordert bekannt zu geben, b. ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, ihre Erwerbseinkünfte sowie den Bezug von Leistungen der Sozialversicherungen offenzulegen, c. im Fall der Unterstützung bei der Kostentragung von nicht vollzugsbedingten Nebenkosten die notwendigen Abtretungserklärungen zu unterzeichnen, d. die mit Urteil, Entscheid oder Verfügung auferlegten Weisungen und Auflagen strikte zu befolgen.
2 Sie haften für Schäden, die sie schuldhaft verursachen. Der Kanton haftet subsidiär. Er kann auf die beschuldigten und verurteilten Personenzurückgreifen.
2 Bussen, Geldstrafen und Ersatzforderungen
§ 15
Vollzugsbehörde
1 Bussen, Geldstrafen und Ersatzforderungen, welche von Strafbehörden und Gerichten des Kantons Luzern verfügt worden sind, werden nach § 96 des Justizgesetzes von der letzten entscheidenden kantonalen Instanz eingezogen.
2 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst zieht Bussen, Geldstrafen und Ersatzforderungen ein, die im Auftrag einer Behörde oder eines Gerichtes des Bundes einzuziehen sind.
§ 16
Nichtbezahlung von Bussen und Geldstrafen
1 Bezahlt die verurteilte Person die Busse oder Geldstrafe nicht innert der angesetzten Frist und ist diese auf dem Betreibungsweg uneinbringlich, leitet die Inkassostelle den Fall zum Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe dem Vollzugs- und Bewährungsdienst weiter.
2 Wird die Busse oder Geldstrafe nachträglich bezahlt, entfällt die Ersatzfreiheitsstrafe.
Nr. 327
7
3 Freiheitsstrafen
3.1 Normalvollzug
§ 17
Vorzeitiger Strafvollzug
1 Ist einer beschuldigten Person der vorzeitige Strafantritt bewilligt worden, untersteht sie dem Vollzugsregime des Strafvollzuges.
2 Zieht der Vollzugs- und Bewährungsdienst eine Vollzugsöffnung in Betracht, gibt er der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht Gelegenheit zur Stellungnahme. *
3 Der Staatsanwalt oder die Staatsanwältin beziehungsweise der Präsident oder die Präsi
- dentin des zuständigen Gerichtes entscheidet über Entlassungen. *
§ 18
Voraussetzungen und Vollzugseinrichtungen
1 Die verurteilte Person verbüsst die Freiheitsstrafe im Normalvollzug, sofern die Vor
- aussetzungen für eine andere Vollzugsform nicht erfüllt sind.
2 Der Normalvollzug findet in einer offenen Vollzugseinrichtung statt, wenn angenom
- men werden kann, dass deren beschränkte Aufsichts- und Kontrollmöglichkeiten zur Vermeidung einer Flucht, zur Verhinderung neuer Straftaten und insbesondere zum Schutz der Öffentlichkeit ausreichen. In den übrigen Fällen findet der Vollzug in einer geschlossenen Vollzugseinrichtung oder in der geschlossenen Abteilung einer offenen Vollzugseinrichtung statt.
§ 19
Versetzung und Verlegung
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst kann eingewiesene Personen im Verlauf des Vollzuges in eine andere Vollzugseinrichtung, in eine psychiatrische Klinik oder in eine anerkannte private Vollzugseinrichtung verlegen, wenn ihr Zustand, ihr Verhalten oder die Sicherheit dies notwendig macht, ihre Behandlung dies erfordert oder ihre Eingliede
- rung dadurch begünstigt wird.
2 Die Versetzung in eine andere Vollzugseinrichtung kann unter Angabe der Gründe von der Vollzugsbehörde oder auf Antrag der bisherigen Vollzugseinrichtung veranlasst wer
- den.
§ 20
Vollzugsunterbrechung
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst kann im Sinn von Artikel 92 StGB eine Unter
- brechung des Vollzuges aus wichtigen Gründen bewilligen.
2
- halten, über die Beschäftigung, über den Aufenthaltsort oder über die Meldepflicht, so
- wie mit der Anordnung einer Beaufsichtigung oder Betreuung verbunden werden.
8 Nr. 327
§ 21
Unterstützung nach definitiver Entlassung
1 Personen, die definitiv aus dem Sanktionenvollzug entlassen werden, können sich zwecks Unterstützung an den Vollzugs- und Bewährungsdienst wenden.
3.2 Besondere Vollzugsformen von Freiheitsstrafen *
3.2.1 ... *
§ 22
Voraussetzungen
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst prüft auf Gesuch hin, ob für den Vollzug von Freiheitsstrafen die Voraussetzungen für eine der folgenden besonderen Vollzugsfor
- men erfüllt sind: * a. * Halbgefangenschaft (Art. 77b StGB), b. * gemeinnützige Arbeit (Art. 79a StGB), c. * elektronische Überwachung (Art. 79b StGB).
2 Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, legt er im Vollzugsbefehl die Auflagen und Bedingungen sowie den zu zahlenden Vollzugskostenanteil fest.
§ 22
bis * Richtlinie über die besonderen Vollzugsformen
18
1 Die Anordnung und der Vollzug von Halbgefangenschaft, gemeinnütziger Arbeit und elektronischer Überwachung richtet sich nach der Richtlinie des Strafvollzugskonkorda
- tes der Nordwest- und Innerschweiz betreffend die besonderen Vollzugsformen, insbe
- sondere in Bezug auf a. die zeitlichen und persönlichen Voraussetzungen, b. das Bewilligungsverfahren, c. den Vollzugsplan und die Vollzugsöffnungen, d. die Folgen bei Regelverstössen oder bei Nichteinhalten des Vollzugsplans, e. die Kostenbeteiligung, f. die Anrechnung von Teilzahlungen, g. die Änderungen der Zulassungsvoraussetzungen nach erteilter Bewilligung oder während des Vollzuges, h. den Abbruch des Vollzuges, i. die Beendigung des Vollzuges.
§ 23
* ...
18 https://www.konkordate.ch/konkordatliche-erlasse-ssed
Nr. 327
9
§ 24
Lohn und Arbeitsentgelt *
1 Der während einer besonderen Vollzugsform erzielte Lohn steht der verurteilten Person zu. *
2 Ein Arbeitsentgelt im Sinne von Artikel 83 StGB wird nicht erstattet. *
§ 24
bis * Unfallversicherung
1 Bei den besonderen Vollzugsformen ist die Versicherung gegen Unfälle Sache der ver
- urteilten Person.
2 Der Kanton versichert die verurteilte Person gegen die Folgen von Unfällen, soweit sie nicht bereits über einen ausreichenden Versicherungsschutz verfügt.
3.2.2 ... *
§ 25
* ...
§ 26
* ...
3.2.3 ... *
§ 27
* ...
§ 28
Beteiligung an den Vollzugskosten der Halbgefangenschaft und der elek
- tronischen Überwachung *
1 Die verurteilte Person hat sich während des Vollzuges der Freiheitsstrafe in der
Form der Halbgefangenschaft oder der elektronischen Überwachung mit einem Betrag von 40 Franken pro Vollzugstag an den Vollzugskosten zu beteiligen. *
2 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst kann den Kostenbeitrag ganz oder teilweise er
- lassen, wenn die verurteilte Person zur Bezahlung ausserstande ist. Es gelten die Richtli
- nien des Kantonsgerichtes zum Existenzminimum.
§ 28
bis * Persönliche Aufwendungen beim Vollzug durch gemeinnützige Arbeit
1 Die persönlichen Aufwendungen zur Leistung der gemeinnützigen Arbeit, namentlich die Auslagen für die Arbeitskleidung, den Arbeitsweg und die Verpflegung, trägt die ver
- urteilte Person.
10 Nr. 327
3.3 Arbeitsexternat und Wohn- und Arbeitsexternat
§ 29
Bewilligung
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst entscheidet über die Zulassung zum Arbeits- oder zum Wohn- und Arbeitsexternat im Sinn der Artikel 77a und 90 Absatz 2 bis StGB.
2 Er ordnet dabei an, wer die verurteilte Person betreut und überwacht.
3 Für die Voraussetzungen, Entscheidungskompetenzen und Rahmenbedingungen gelten die Richtlinien des Strafvollzugskonkordates.
§ 30
Widerruf
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst kann die Bewilligung zur Versetzung in das Arbeits- oder das Wohn- und Arbeitsexternat widerrufen und die Rückversetzung in den Normalvollzug anordnen, wenn a. die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, b. die verurteilte Person die Bedingungen und Auflagen nicht einhält oder c. die verurteilte Person die Hausordnung der Vollzugseinrichtung verletzt.
2 Die Vollzugseinrichtung meldet dem Vollzugs- und Bewährungsdienst, wenn Wider
- rufsgründe vorliegen.
§ 30
bis * Elektronische Überwachung
1 Auf Gesuch der verurteilten Person hin kann der Vollzugs- und Bewährungsdienst an
- stelle des Arbeitsexternates oder des Wohn- und Arbeitsexternates die elektronische Überwachung für die Dauer von drei bis zwölf Monaten anordnen.
2 Das Gesuch ist rechtzeitig, mindestens zwei Monate vor dem möglichen Beginn eines Arbeitsexternates über den Sozialdienst der Vollzugseinrichtung bei der Vollzugsbehör
- de einzureichen.
§ 31
Kostentragung
1 Die verurteilte Person beteiligt sich an den Kosten des Arbeitsexternates oder des Wohn- und Arbeitsexternates mit einem Beitrag von
50 Franken pro Vollzugstag. *
1bis Falls anstelle des Arbeitsexternates oder des Wohn- und Arbeitsexternates die elektro
- nische Überwachung angeordnet wird, beteiligt sich die verurteilte Person an den Kosten mit einem Beitrag von 40 Franken pro Vollzugstag. *
2 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst kann den Kostenbeitrag ganz oder teilweise er
- lassen, wenn die verurteilte Person zur Bezahlung ausserstande ist. Es gelten die Richtli nien des Kantonsgerichtes zum Existenzminimum.
Nr. 327
11
4 ... *
§ 32
* ...
§ 33
* ...
§ 34
* ...
§ 35
* ...
§ 36
* ...
§ 37
* ...
5 Massnahmen und Verwahrung
5.1 Vollzugsbehörde
§ 38
1 Als zuständige Behörde im Sinn des Strafgesetzbuches gilt die Vollzugsbehörde, so
- weit nicht eine andere Zuständigkeit, namentlich für Vollzugsöffnungen, festgelegt ist.
2 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst stellt beim erstinstanzlichen Gericht Antrag, wenn nach Bundesrecht ein Gericht einen nachträglichen Entscheid zu fällen hat.
3 Er macht der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde gemäss Artikel 62c Absatz 5 StGB Mitteilung, wenn er bei der Aufhebung der strafrechtlichen Massnahme eine Massnahme des Kindes- und Erwachsenenschutzes für angezeigt hält.
5.2 Gutachten und Beurteilung durch die Fachkommission
§ 39
Erstellung von Gutachten
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst wendet bei der Erstellung von Gutachten die Weisung des Kantonsgerichtes und der Oberstaatsanwaltschaft über psychiatrische und aussagepsychologische Gutachten im Strafverfahren vom 7. Mai 2014 sinngemäss an.
12 Nr. 327
§ 40
Beurteilung durch die Fachkommission
1 Die konkordatliche Fachkommission beurteilt auf Antrag des Vollzugs- und Bewäh
- rungsdienstes die Gemeingefährlichkeit von erwachsenen Straftätern in den im Regle
- ment für die konkordatliche Fachkommission aufgeführten Fällen. Bei jugendlichen Straftätern stellt die Jugendanwaltschaft Antrag auf Beurteilung.
2 Die antragstellende Behörde stellt der Fachkommission die für die Beurteilung notwen
- digen Akten zur Verfügung.
§ 41
Rechtliches Gehör
1 Bevor über Vollzugsöffnungen entschieden wird, ist der verurteilten Person im Rahmen des rechtlichen Gehörs Einsicht in das Gutachten und den Bericht der Fachkommission zu gewähren und ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben.
5.3 Ambulante Behandlung und Weisungen
§ 42
Zuständigkeit
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst kann zur Einleitung einer Behandlung nach Arti
- kel 63 Absatz 3 StGB verfügen, dass die verurteilte Person vorübergehend stationär be
- handelt wird.
2 Er überprüft periodisch die festgelegten Therapieziele und legt geeignete Kontroll massnahmen fest.
§ 43
Vollzug unter Aufschub der Freiheitsstrafe
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst regelt die Durchführung einer ambulanten Be
- handlung bei Aufschub der Freiheitsstrafe mit der verurteilten Person.
§ 44
Vollzug während des Freiheitsentzuges
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst regelt die Durchführung einer ambulanten Be
- handlung während des Freiheitsentzuges einer verurteilten Person mit der Vollzugsein
- richtung.
2 Er sorgt dafür, dass der Vollzug der ambulanten Behandlung in die Vollzugsplanung der verurteilten Person aufgenommen wird.
§ 45
Wahl der Fachperson
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst bestimmt die geeignete Fachperson zur Durch
- führung der angeordneten Therapie.
Nr. 327
13
2 Wird die ambulante Behandlung während des Freiheitsentzuges vollzogen, ist in der Regel auf das bestehende Angebot der Vollzugseinrichtung abzustellen. Der Vollzugs- und Bewährungsdienst kann in begründeten Fällen und in Absprache mit der Vollzugs
- einrichtung Ausnahmen bewilligen.
§ 46
Pflichten der Fachperson
1 Die Fachperson ist verpflichtet, eine gesetzmässige und auf Rückfallverhütung ausge
- richtete delikt- und problemorientierte Therapie durchzuführen und Weisungen der an
- ordnenden Behörde umzusetzen und deren Einhaltung zu kontrollieren sowie dem Vollzugs- und Bewährungsdienst Bericht zu erstatten.
5.4 Gemeinsame Bestimmungen
§ 47
Vorzeitiger Massnahmenvollzug
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst nimmt bei Gesuchen um vorzeitigen Massnah
- menantritt zuhanden der Verfahrensleitung Stellung.
§ 48
Entbindung der Fachperson von der Schweigepflicht
1 Die mit der Therapie oder dem Weisungsvollzug beauftragte Fachperson ist von der Schweigepflicht gegenüber der Vollzugsbehörde und der Vollzugseinrichtung entbunden.
§ 49
Berichterstattung
1 Die Fachperson erstattet der Vollzugsbehörde auf Verlangen oder zu vorgängig verein
- barten Terminen schriftlich Bericht.
2 Sie informiert die Vollzugsbehörde unverzüglich und unaufgefordert über Vorkomm
- nisse und Feststellungen, a. welche auf eine rückfallrelevante kritische Entwicklung schliessen lassen, b. welche die Nichteinhaltung von Abmachungen und Terminen durch die verurteilte Person betreffen, c. welche die Fortführung der Therapie in Frage stellen.
3 Sie kann Änderungen von Auflagen und Bedingungen des Vollzuges empfehlen.
§ 50
Inhalt der Berichte
1 Die Berichte der Fachpersonen umfassen insbesondere: a. die Diagnose und die Beschreibung der Therapie, einschliesslich der bearbeiteten Problemkreise, b. Aussagen zu Zuverlässigkeit und Motivation der verurteilten Person, c. Angaben über die Einhaltung von Weisungen und weiteren Auflagen,
14 Nr. 327 d. Angaben zum Erreichen oder Nichterreichen von Therapiezielen und zu den Ver
- änderungen in den deliktsrelevanten Bereichen, e. Einschätzung der Legalprognose und Beurteilung des Rückfallrisikos, f. Empfehlung zur Fortsetzung, zur Änderung oder zum Abbruch der Therapie.
§ 51
Undurchführbarkeit der Massnahme oder Weisung
1 Die Fachperson erstattet der Vollzugsbehörde Bericht, wenn die Behandlung oder die Weisung a. wegen Aussichtslosigkeit oder b. nach der Methode der Fachperson oder nach dem Konzept der Vollzugseinrich
- tung nicht vollzogen werden kann.
2 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst überprüft im Fall von Absatz 1b die weiteren Vollzugsmöglichkeiten. Andernfalls hebt er die Massnahme oder die Weisung auf.
5.5 Ersatzmassnahmen, andere Massnahmen und Schutzmassnahmen *
§ 51
bis * Überwachung von Ersatzmassnahmen
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst sorgt im Auftrag der Gerichte für die elektroni
- sche Überwachung von Ersatzmassnahmen nach Artikel 237 Absatz 3 StPO.
§ 52
Landesverweisung
1 Das Amt für Migration vollzieht Landesverweisungen nach den Artikeln 66a und 66a
bis StGB und den Artikeln 49a und 49a bis des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 1927
19 .
2 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst teilt dem Amt für Migration den Zeitpunkt der bedingten oder endgültigen Entlassung aus dem Sanktionenvollzug rechtzeitig mit.
§ 53
Tätigkeitsverbot, Kontakt- und Rayonverbot *
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst vollzieht a. Tätigkeitsverbote gemäss den Artikeln 67 und 67a StGB, b. * Kontakt- und Rayonverbote gemäss Artikel 67b StGB.
19 SR
321.0
Nr. 327
15
§ 53
bis * Kostentragung beim Kontakt- und Rayonverbot
1 Ist ein vom Gericht angeordnetes Kontakt- und Rayonverbot elektronisch überwacht, hat sich die betroffene Person mit einem Beitrag von 40 Franken pro Vollzugstag zu be
- teiligen.
§ 54
Fahrverbot
1 Das Strassenverkehrsamt vollzieht die gerichtlich verfügten Fahrverbote gemäss Arti
- kel 67e StGB.
§ 54
bis * Überwachung von Schutzmassnahmen im Jugendstrafrecht
1 Die Jugendanwaltschaft kann die Einhaltung von Schutzmassnahmen elektronisch überwachen, insbesondere a. bei einem Verbot, einen bestimmten Ort zu verlassen, b. zur Einhaltung einer Tagesstruktur.
6 Hungerstreik
§ 55
Umgang mit Personen im Hungerstreik
1 Der Betreuer oder die Betreuerin orientiert die Leitung der Vollzugseinrichtung, wenn eine inhaftierte Person aus Protest fastet oder die Aufnahme von Essen und Trinken ver
- weigert.
2 Der Arzt oder die Ärztin der Vollzugseinrichtung klärt die inhaftierte Person mehrmals über die Risiken längeren Fastens auf. Können sich Arzt oder Ärztin und inhaftierte Per
- son nicht klar und sicher verständigen, ist ein Übersetzer oder eine Übersetzerin oder eine andere geeignete Hilfsperson beizuziehen.
3 Trotz der geäusserten Absicht der inhaftierten Person zur Nahrungsverweigerung sind ihr dreimal täglich Mahlzeiten anzubieten. Der Zugang zu Getränken ist jederzeit sicher
- zustellen.
4 Die Leitung der Vollzugseinrichtung lässt die Urteilsfähigkeit der inhaftierten Person durch einen forensischen Psychiater oder eine forensische Psychiaterin abklären und durch einen zweiten forensischen Psychiater oder eine zweite forensische Psychiaterin überprüfen und allenfalls bestätigen.
5 Wird die Urteilsfähigkeit bestätigt, kann die inhaftierte Person in einer Patientenverfü
- gung unterschriftlich bestätigen, dass sie die Zwangsernährung ausdrücklich ablehnt, selbst wenn dieses Fasten zum Tod führt.
16 Nr. 327
§ 56
Dokumentation
1 Alle im Sinn von § 55 getroffenen Massnahmen sind in einem Dossier chronologisch und vollständig zu dokumentieren.
2 Zudem sind insbesondere Listen zu führen über: a. die Zahl und die Art der Aufklärungen der inhaftierten Person durch den Arzt oder die Ärztin, b. die Zahl und die Art der angebotenen Mahlzeiten, c. die Zahl und das Resultat der vorgenommenen Gewichtskontrollen der inhaftier
- ten Person.
7 Bewährungshilfe und freiwillige soziale Betreuung
§ 57
Allgemeines
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst nimmt die Aufgaben der Bewährungshilfe ge
- mäss dem Schweizerischen Strafgesetzbuch und den Richtlinien des Strafvollzugskon
- kordates wahr.
2 Er arbeitet bei der Bewährungshilfe mit den Strafverfolgungs-, den Gerichts- und den Strafvollzugsbehörden sowie mit den Sozialdiensten zusammen.
§ 58
Bewährungshilfe
1 Mit der Bewährungshilfe soll die Rückfälligkeit vermindert und die dafür erforderliche Sozial- und Fachhilfe vermittelt werden. Die Eigenständigkeit und Eigenverantwortung der verurteilten Person sowie die Eingliederung in die Gesellschaft werden gefördert. Dabei wird dem Unterstützungs-, Kontroll- und Veränderungsbedarf der verurteilten Person besonders Rechnung getragen. Die Entlassungsvorbereitungen sind mit den Voll
- zugseinrichtungen abzustimmen.
2 Die Betreuung kann nach Ablauf der Probezeit ausnahmsweise fortgesetzt werden, wenn die verurteilte Person es wünscht und die Leitung des Vollzugs- und Bewährungs
- dienstes zustimmt.
§ 59
Freiwillige soziale Betreuung
1 Die soziale Betreuung auf freiwilliger Basis ist während des Strafverfahrens und des Strafvollzuges zu gewährleisten. Bei Personen, die in Vollzugseinrichtungen eingewie
- sen sind, wird die soziale Betreuung von deren Sozialdienst wahrgenommen, in den üb
- rigen Fällen vom Vollzugs- und Bewährungsdienst.
Nr. 327
17
§ 60
Berichterstattung
1 Die Bewährungshelferinnen und -helfer erstellen bei aussergewöhnlichen Vorfällen oder auf Begehren der Staatsanwaltschaft, der Gerichte oder der Vollzugsbehörde einen Bericht über die betreute beschuldigte oder verurteilte Person.
2 Der Bericht dient der Urteilsfindung und der Planung des Straf- und Massnahmenvoll
- zugs. Die beschuldigte oder verurteilte Person wird über den Inhalt des Berichts infor
- miert.
3 Der Bericht soll je nach Bedarf und je nach Fall Auskunft geben über die Persönlich
- keit der betreuten Person, ihr persönliches Umfeld, den Verlauf der Betreuung, die Ver
- änderungen in den deliktrelevanten Problembereichen sowie über den Unterstützungs- und Kontrollbedarf. Empfehlungen oder Anträge für das weitere Vorgehen schliessen den Bericht ab.
8 Besondere Vorschriften zum Vollzug in Vollzugseinrichtungen
§ 61
Unterkunft
1 Die eingewiesenen Personen werden in Einzel- oder in Gruppenhaft untergebracht.
2 Folgende Personengruppen sind strikt zu trennen: a. Erwachsene und Jugendliche, b. männliche und weibliche Personen.
3 Nach Möglichkeit voneinander zu trennen sind Straf- und Untersuchungsgefangene so
- wie administrativ eingewiesene Personen.
§ 62
Verpflegung
1 Die eingewiesenen Personen erhalten eine einfache, nahrhafte und ausreichende Ver
- pflegung.
2 Abweichungen von der Kost der Vollzugseinrichtung werden aus Gründen religiöser Überzeugung, bei konsequenten Vegetarierinnen und Vegetariern oder auf Weisung des Arztes oder der Ärztin der Vollzugseinrichtung (insbesondere bei Diät) gestattet.
§ 63
Persönliche Aussprache
1 Jede eingewiesene Person kann sich zu persönlichen Aussprachen beim Direktor oder bei der Direktorin der Vollzugseinrichtung, bei den Seelsorgerinnen und Seelsorgern und den Mitgliedern der Aufsichtskommission anmelden.
18 Nr. 327
§ 64
Aufenthalt im Freien
1 Die eingewiesene Person kann sich im Rahmen der Anordnungen der Leitung der Voll
- zugseinrichtung täglich während mindestens einer Stunde im Freien aufhalten.
2 Die Leitung der Vollzugseinrichtung kann dieses Recht aus Sicherheits- oder diszipli
- narischen Gründen einschränken.
§ 65
Beschäftigung und Entgelt
1 Die eingewiesene Person im Normalvollzug ist im Sinn von Artikel 81 Absatz 1 StGB zur Arbeit verpflichtet, soweit die Vollzugseinrichtung über ein entsprechendes Angebot verfügt. Sie hat die ihr zugewiesene Arbeit gewissenhaft und so gut wie möglich auszu
- führen.
2 Sie erhält für die geleistete Arbeit ein angemessenes Entgelt. Die Vollzugseinrichtung bestimmt die Höhe des Entgelts anhand der erbrachten Leistung und unter Berücksichti
- gung der Richtlinien des Strafvollzugskonkordates.
3 Die Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug erlässt unter Berücksichtigung der Richtlinien des Strafvollzugskonkordates Vorschriften über die Verwendung des Ent
- gelts währenddes Freiheitsentzuges.
§ 66
Aus- und Weiterbildung
1 Die Vollzugseinrichtung ist dafür besorgt, dass der verurteilten Person bei Eignung nach Möglichkeit Gelegenheit zu einer ihren Fähigkeiten entsprechenden Aus- oder Weiterbildung gegeben wird (Art. 82 StGB).
§ 67
Versicherung
1 Die Vollzugseinrichtung versichert die eingewiesenen Personen gemäss den Richtlinien des Strafvollzugskonkordates.
§ 68
Ärztlicher Dienst
1 Die Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug sorgt in den Justizvollzugsan
- stalten Wauwilermoos und Grosshof für die ärztliche Betreuung der eingewiesenen Per
- sonen. Sie kann Leistungsvereinbarungen mit Dritten abschliessen. *
§ 69
Seelsorge
1 Die Leitung der Vollzugseinrichtung ermöglicht den eingewiesenen Personen die Teil
- nahme an anstaltsinternen Gottesdiensten und anderen anstaltsinternen religiösen Feiern.
2 Die Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug sorgt in den Justizvollzugsan
- stalten Wauwilermoos und Grosshof für die seelsorgerische Betreuung der eingewiese
- nen Personen. Sie kann Leistungsvereinbarungen mit Dritten abschliessen. *
Nr. 327
19
3 Sie wählt je einen Seelsorger oder eine Seelsorgerin der katholischen sowie der refor
- mierten Konfession, die mit den eingewiesenen Personen frei verkehren können.
4 Seelsorgerinnen und Seelsorger anderer Bekenntnisse können von der Leitung der Vollzugsanstalt zugelassen werden.
§ 70
Korrespondenz und Pakete
1 Die Korrespondenz der eingewiesenen Personen kann durch die Leitung der Vollzugs
- einrichtung kontrolliert werden.
2 Der Empfang von Briefen ist unbeschränkt möglich.
3 Der Empfang von Paketen und der Versand von Briefen sind im Rahmen der Hausord
- nung gestattet.
§ 71
Weitere Kommunikationsmittel
1 Den inhaftierten Personen sind das Telefonieren und das Benützen anderer Kommuni
- kations- und Datenübermittlungsgeräte der Vollzugseinrichtung im Rahmen der Haus
- ordnung gestattet.
2 Das Aufzeichnen und Abhören von Telefongesprächen richtet sich nach § 29 JVG.
3 Der Besitz und die Benützung von privaten Mobiltelefonen und Funkrufempfängern sowie von andern privaten Kommunikations- und Datenübermittlungsgeräten sind ver
- boten.
§ 72
Besuche
1 Die Leitung der Vollzugseinrichtung gestattet den eingewiesenen Personen im Rahmen der Hausordnung den Empfang von Besuchen
2 Die Besuche finden in der Regel unter Aufsicht statt. Besuche von schweizerischen Amtspersonen, Anwältinnen und Anwälten, Ärztinnen und Ärzten, Seelsorgerinnen und Seelsorgern sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern in amtlicher oder beruflicher Funktion werden in der Regel nicht beaufsichtigt.
3 Bei jedem Missbrauch des Besuchsrechtes, insbesondere durch unerlaubtes Überrei
- chen oder Entgegennehmen von Briefen, Geld oder Waren aller Art, wird der Besuch ab
- gebrochen. Die Leitung der Vollzugseinrichtung kann Besucherinnen und Besucher ei
- ner Kontrolle unterziehen. Sie kann bestimmte Besucherinnen und Besucher von Besu
-
§ 73
Urlaub
1 Es besteht kein Rechtsanspruch auf Urlaub.
20 Nr. 327
2 Urlaub kann zur Erhaltung der persönlichen Beziehungen zur Aussenwelt gewährt wer
- den, insbesondere zur Familie, sowie aus zwingenden beruflichen Gründen und zur Vor
- bereitung der Entlassung.
3 Zuständig für die Gewährung von Urlaub ist die Vollzugsbehörde. Diese kann diese Kompetenz an die Leitung der Vollzugseinrichtung delegieren, sofern sich die Frage der Gemeingefährlichkeit und der Fluchtgefahr bei der eingewiesenen Person nicht stellt. Bei offenen Vollzugseinrichtungen ist die Leitung der Vollzugseinrichtung für die Bewil
- ligung zuständig, sofern die Vollzugsbehörde nichts anderes anordnet.
4 Im Übrigen richtet sich die Gewährung von Urlaub nach den Richtlinien des Strafvoll
- zugskonkordates.
§ 74
Alkohol, Drogen und Medikamente
1 Handel, Besitz und Konsum von Alkohol, illegalen Drogen sowie von unerlaubten Me
- dikamenten sind während des Freiheitsentzuges in den Vollzugseinrichtungen untersagt.
2 Erlaubt sind Medikamente, die von einem Arzt oder einer Ärztin verschrieben oder vom Arzt oder von der Ärztin der Vollzugseinrichtung geprüft worden sind.
3 Die Abgabe wird von einer medizinisch verantwortlichen Fachperson der Vollzugsein
- richtung vorbereitet.
4 Medikamente dürfen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Vollzugseinrichtung abgegeben werden, wenn die medizinisch verantwortliche Fachperson der Vollzugsein
- richtung die Abgabe vorbereitet und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter instruiert hat.
§ 75
Rauchen
1 Das Rauchen ist grundsätzlich nicht gestattet, ausser in den von der Hausordnung be
- zeichneten Räumen und im Freien.
§ 76
Schmuggelgut
1 Sachen, deren Besitz in der Vollzugseinrichtung verboten ist, sind von der Leitung der Vollzugseinrichtung zu beschlagnahmen.
2 Die Leitung der Vollzugseinrichtung hat Schmuggelgut je nach Art in der Regel selbst zu vernichten, einer Apotheke zur fachgerechten Entsorgung zu übergeben oder der Lu
- zerner Polizei zwecks Vernichtung oder Verwertung weiterzuleiten.
§ 77
Sozialdienst
1 Der Sozialdienst der Vollzugseinrichtung unterstützt die eingewiesenen Personen in persönlichen Angelegenheiten. Bei der Vorbereitung der Entlassung zieht er den Vollzugs- und Bewährungsdienst bei.
2 Es können weitere Sozialdienste beigezogen werden.
Nr. 327
21
§ 78
Wirtschaftliche Sozialhilfe
1 Gesuche um wirtschaftliche Sozialhilfe sind über den Sozialdienst der Vollzugseinrich
- tung an das für die wirtschaftliche Sozialhilfe zuständige Gemeinwesen zu richten.
2 Über Gesuche, bei denen der Kanton nach § 47 Absatz 2b JVG zu befinden hat, ent
- scheidet die Dienststelle Soziales und Gesellschaft.
§ 79
Hausordnung
1 Die Justizvollzugsanstalten Grosshof und Wauwilermoos erlassen je eine Hausord
- nung, die insbesondere folgende Bereiche regelt: a. das Eintrittsverfahren, b. die Kontrolle der Effekten, Wertgegenstände und Ausweise, deren Besitz in den Zellen sowie deren Hinterlegung, c. die Rechte und Pflichten der eingewiesenen Personen, d. die Zuständigkeiten in der Vollzugseinrichtung, e. den Empfang und Versand von Briefen und Paketen und die Benützung von Tele
- fonen, f. den Empfang von Besuchen, den Besuchsausgang, die Aussen- sowie Freizeitakti
- vitäten, g. den Sach- und den Beziehungsurlaub, h. die Gesundheits- und Sozialbetreuung, Drogen, Alkohol und Medikamente, i. das Versicherungswesen (Krankheit, Unfall sowie AHV/IV), j. * Arbeit, Aus- und Weiterbildung sowie Entgelt, Frei-, Sperr- und Wiedergutma
- chungskonten, k. die Disziplinarmassnahmen, l. das Austrittsverfahren.
2 Die Hausordnungen bedürfen der Genehmigung der Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug. *
9 Besondere Vorschriften zur Untersuchungs- und Sicherheitshaft in der Justizvollzugsanstalt Grosshof
§ 80
Grundsatz
1 Für Personen in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft finden die besonderen Vorschrif
- ten im Teil
8 mit den Abweichungen und Ergänzungen gemäss Teil
9 Anwendung.
2 Soweit dies durch den Zweck des Untersuchungsverfahrens bedingt ist, kann die Staatsanwaltschaft oder das Gericht abweichende Anordnungen treffen.
22 Nr. 327
§ 81
Besuche, Telefongespräche und Kommunikations- und Datenübermittlungsgeräte
1 Der Empfang von Besuchen gemäss § 72 sowie die Benützung des Telefons oder ande
- rer Kommunikationsmittel gemäss § 71 bedürfen bei Personen in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft der Bewilligung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichtes.
2 Die Staatsanwaltschaft oder das Gericht befindet über die Aufsicht über die Besuche und über den Ausschluss von Besuchen gemäss § 72.
3 Personen in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft ist die Benützung von Kommunikati
- ons- und Datenübermittlungsgeräten im Rahmen der Hausordnung ohne Erlaubnis nicht gestattet.
§ 82
Spaziergang
1 Die Staatsanwaltschaft oder das Gericht kann bei Personen in Untersuchungs- oder Si
- cherheitshaft für den täglichen Spaziergang besondere Auflagen anordnen.
§ 83
Beschäftigung und Lesestoff
1 Personen in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft können nicht zur Arbeit verpflichtet werden.
2 Der Bezug von Lesestoff von ausserhalb der Justizvollzugsanstalt Grosshof bedarf der Zustimmung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichtes.
§ 84
Urlaub und Erleichterungen
1 Über die Gewährung von Urlaub und Erleichterungen für Personen in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft entscheidet die Staatsanwaltschaft oder das Gericht.
2 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst entscheidet über Vollzugsöffnungen für Perso
- nen, die sich im Rahmen eines nachträglichen gerichtlichen Verfahrens im Sinn von Ar
- tikel 363 ff. StPO in Sicherheitshaft befinden. Zieht er eine Vollzugsöffnung in Betracht, gibt er dem Gericht Gelegenheit zur Stellungnahme. Vorbehalten bleibt der Entscheid des Gerichtes über eine Entlassung. *
10 Disziplinar- und Beschwerdeordnung
§ 85
Zuständigkeit
1 In den Justizvollzugsanstalten des Kantons wie auch in den privaten Vollzugseinrich
- tungen ist deren Leitung für den Erlass von disziplinarischen Sanktionen zuständig.
Nr. 327
23
§ 86
Private Vollzugseinrichtungen
1 In privaten Vollzugseinrichtungen dürfen nur die in § 41 Absatz 1a–e JVG enthaltenen disziplinarischen Sanktionen angeordnet werden, wobei ein Zellen- oder Zimmerein
- schluss sieben Tage nicht übersteigen darf.
2 Die zulässigen Disziplinarsanktionen müssen in der Hausordnung ausdrücklich aufge
- führt werden.
§ 87
Abklärung und rechtliches Gehör
1 Die Leitung der Vollzugseinrichtung klärt den Sachverhalt ab und hält ihn schriftlich fest.
2 Sie gibt der inhaftierten Person im Rahmen des rechtlichen Gehörs Gelegenheit, sich zum Vorfall zu äussern.
§ 88
Eröffnung des Entscheides
1 Die Leitung der Vollzugseinrichtung eröffnet der inhaftierten Person den Disziplina
- rentscheid mündlich und händigt ihr gleichzeitig den schriftlichen Entscheid gegen Un
- terzeichnung aus.
2 Der Disziplinarentscheid hat eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
§ 89
Zelleneinschluss und Arrest
1 Der Zimmer- oder Zelleneinschluss wird ausserhalb der Arbeitszeit in der eigenen oder in einer leer stehenden Zelle oder in einer Disziplinarzelle vollzogen.
2 Der Arrest wird in der Disziplinarzelle vollzogen.
§ 90
Aufsichtsbeschwerden
1 Für Aufsichtsbeschwerden gelten die §§ 180–187 des Gesetzes über die Verwaltungs
- rechtspflege vom 3. Juli 1972
20 .
11 Aufsichtskommissionen
§ 91
Einsetzung und Aufgabe
1 Der Regierungsrat wählt für die Justizvollzugsanstalten Grosshof und Wauwilermoos je eine Aufsichtskommission sowie deren Präsidentinnen oder Präsidenten.
20 SRL Nr.
40
24 Nr. 327
2 Die Aufsichtskommissionen sind Beratungsgremien für das Justiz- und Sicherheitsde
- partement, für die Leitung der Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug sowie für die Leitungen der Vollzugseinrichtungen.
3 Die Mitglieder der Aufsichtskommissionen überwachen durch monatliche Besuche im Turnus den Betrieb und die Ordnung in der Vollzugseinrichtung und erstatten dem Jus
- tiz- und Sicherheitsdepartement an gemeinsamen Sitzungen Bericht. Über schwerwie
- gende Feststellungen ist dem Justiz- und Sicherheitsdepartement sofort Bericht zu erstat
- ten.
§ 92
Konstituierung
1 Die Aufsichtskommissionen setzen sich aus je fünf bis sieben Mitgliedern zusammen, die auf Vorschlag des Justiz- und Sicherheitsdepartementes für vier Jahre gewählt wer
- den.
2 Der Leiter oder die Leiterin der Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug ist von Amtes wegen Mitglied der Aufsichtskommissionen.
3 Die Leitung der Justizvollzugsanstalt Grosshof beziehungsweise der Justizvollzugsan
- stalt Wauwilermoos ist an den Sitzungen der Aufsichtskommission vertreten.
4 Im Übrigen konstituieren sich die Aufsichtskommissionen selbst und sie regeln ihre Belange in einem Organisationsreglement.
12 Ausbildung des Personals im Sanktionenvollzug
§ 93
1 Die Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug fördert im Rahmen der Richtli
- nien des Strafvollzugskonkordates die Aus- und Weiterbildung der im Sanktionenvoll
- zug tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. *
13 Schlussbestimmungen
§ 93
bis * Übergangsbestimmung der Änderung vom 1. Dezember 2017
1 Der Vollzugs- und Bewährungsdienst sorgt für die Durchführung der gemeinnützigen Arbeit, die nach den Artikeln 37 ff. und 107 StGB in der Fassung bis 31. Dezember
2017 von den Strafbehörden angeordnet worden ist.
2 Er stellt der zuständigen Strafbehörde Antrag, wenn die gemeinnützige Arbeit nicht vollzogen werden kann.
Nr. 327
25
§ 94
Aufhebung eines Erlasses
1 Die Verordnung über den Justizvollzug vom 12. Dezember 2006
21 wird aufgehoben.
§ 95
Inkrafttreten
1 Die Verordnung tritt, mit Ausnahme von § 52, am 1. Juli 2016 in Kraft. § 52 tritt am
1. Oktober 2016 in Kraft. Die Verordnung ist zu veröffentlichen.
21 G 2006 422 (SRL Nr. 327)
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