Verordnung über den Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten an der Universität Zü... (415.27)
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Verordnung über den Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten an der Universität Zürich

1 Integritätsverordnung
415.27 Verordnung über den Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten an der Universität Zürich (Integritätsverordnung) (vom 25. Mai 2020)
1 ,
2 Der Universitätsrat, gestützt auf §
29 Abs.
5 Ziff.
1 des Universitätsgesetzes (UniG) vom
15. März 1998
4 , beschliesst: I. Allgemeines
Grundsatz

§ 1.

1 Die Universität ist den Regeln guter wissenschaftlicher Pra xis verpflichtet. Sie duldet kein wi ssenschaftliches Fehlverhalten und trifft Massnahmen zur Verhinde rung solchen Fehlverhaltens.
2 Die Universität informiert alle ihre Forschenden und insbesondere auch ihren wissenschaftlichen Nach wuchs regelmässig über die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis.
Geltungsbereich

§ 2.

1 Diese Verordnung gilt für al le im Zeitpunkt eines wissen schaftlichen Fehlverhalte ns an der Universität wissenschaftlich tätigen Personen einschliesslich ihrer Doktorierenden.
2 Vorbehalten bleibt eine zivil- oder strafrechtliche Verfolgung. II. Wissenschaftliches Fehlverhalten
Begriff

§ 3.

1 Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt vor, wenn vorsätzlich oder fahrlässig gegen die gute wissenschaftliche Praxis verstossen wird.
2 Gegen die gute wissenschaftliche Praxis verstösst namentlich, wer Falschangaben macht, geistiges Ei gentum anderer verletzt, eine For schungstätigkeit auf andere unlaut ere Weise beeinträchtigt oder eine solche Handlung mitzuverantworten hat.
3 Eine Mitverantwortung kann sich insbesondere aus der Verschlei erung wissenschaftlichen Fehlverhaltens, einer erheblichen Vernachläs sigung der Aufsichtspflicht sowie der Mitautorschaft an erkennbar fäl schungsbehafteten Veröffentlichungen ergeben.
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415.27 Integritätsverordnung Forschung

§ 4.

1 Wissenschaftliches Fehlverhalten bei der Durchführung von Forschungsprojekten lieg t insbesondere vor bei a. der Erfindung, Unterschlagung oder ungerechtfertigten Beseitigung von Daten, b. der Verfälschung oder Manipulation von Daten, Darstellungen und Abbildungen, Forschun gsmaterial und Geräten, c. der Behinderung oder beträchtlic hen Störung der Forschungstätig
- keit anderer Personen, namentlich durch die gezielte Beseitigung oder das Unbrauchbarmachen vo n Forschungsmaterial, Geräten oder Forschungsdaten.
2 Wissenschaftliches Fehlverhalten bei der Veröffentlichung von For
- schungsergebnissen liegt insbesondere vor bei a. der Unterlassung von Quellenangaben bzw. der Anmassung von fremden Arbeitsergebnissen und Erkenntnissen (Plagiat), b. der Unterlassung von Quellenang aben in Bezug auf eigene Publika
- tionen in schweren Fällen, c. der Nichterwähnung von Projektm itarbeitenden, die wesentliche wissenschaftliche Beit räge geleistet haben, d. der Erwähnung einer Person als Mi tautorin oder Mitautor, die kei
- nen wesentlichen wissenschaftl ichen Beitrag geleistet hat. Begutachtung

§ 5.

Wissenschaftliches Fehlverhalte n bei der Begutachtung von Manuskripten oder Forschungsgesuc hen liegt insbesondere vor bei a. dem Verschweigen von Interessenkonflikten, b. der Verwendung von Projektideen Dritter für eigene Forschungs
- arbeiten oder Forschungsarbeiten Dritter, c. einer sachlich nicht begründbaren Beurteilung, um anderen einen Schaden zuzufügen oder um andere zu begünstigen. III. Massnahmen Grundsatz

§ 6.

Stellt die Universitätsleitung ein wissenschaftliches Fehlver
- halten fest, kann sie in ihrem Zust ändigkeitsbereich eine oder mehrere Massnahmen gemäss §
7 anordnen bzw. einer anderen zuständigen Orga
- nisationseinheit zur An ordnung empfehlen. Massnahmen

§ 7.

1 Massnahmen bei wissenschaft lichem Fehlverhalten sind ins
- besondere: a. Einleitung personalre chtlicher Massnahmen, b. Kürzung, Sperre, Entzug oder Rückforderung von Forschungsmit
- teln,
3 Integritätsverordnung
415.27 c. Entzug der Lehrbefugnis und Widerruf der Ernennung zur Privat dozentin oder zum Privatdozenten, d. Titelentzug, e. schriftlicher Verweis, f. vorübergehender Ausschluss von der Universität für die Dauer von bis zu sechs Semestern, g. Ausschluss von der Universität.
2 Der Vollzug einer Massnahme nach lit. f und g kann bedingt aufge schoben werden, wenn die gesamten Umstände erwarten lassen, dass sich die schuldige Person künftig wohlve rhalten wird. Es wird eine Probe zeit von mindestens einem und höchs tens sechs Semestern angesetzt.
3 Begeht die schuldige Person während der Probezeit erneut ein wis senschaftliches Fehlverha lten, wird eine aufg eschobene Massnahme ge mäss Abs. 2 ungeachtet der Anordnung weiterer Massnahmen vollzogen. In leichten Fällen kann stattdesse n die Probezeit verlängert werden. IV. Organe
Beratungs
-
instanz:
Vertrauens
-
person

§ 8.

1 Die Universität setzt eine Ve rtrauensperson als Beratungs instanz ein.
2 Die Vertrauensperson ist die Ansp rechperson in Belangen der gu ten wissenschaftlichen Praxis und is t beratend, unterstützend und ver mittelnd tätig.
3 Sie ist zuständig für die Beurte ilung von Meldungen wegen wissen schaftlichen Fehlverhaltens und fü r Vorabklärungen. Sie kann nament lich im Falle eines Verdachts auf gravierende Widerhandlungen oder bei erheblicher Komplexität des zu untersuchenden Sachverhalts eine Expertin oder einen Experten beiziehen.
4 Die Erweiterte Univer sitätsleitung wählt di e Vertrauensperson und deren Stellvertretung.
5 Die Amtsdauer beträgt zwei Ja hre. Wiederwahl ist möglich.
Ermittlungs
-
instanz

§ 9.

1 Die Universität setzt eine Inte gritätsbeauftragte oder einen Integritätsbeauftragten ein.
2 Die oder der Integritätsbeauftragt e ist zuständig für die Durchfüh rung des Verfahrens zur Prüfung wissenschaftlichen Fehlverhaltens.
3 Die Erweiterte Universitätsleitung wählt die Integritätsbeauftragte oder den Integritätsbeauftragten sowie die Stellvertretung.
4 Die Amtsdauer beträgt zwei Ja hre. Wiederwahl ist möglich.
a. Integritäts-
beauftragte
oder Integritäts-
beauftragter
4
415.27 Integritätsverordnung b. Unter suchungs kommission

§ 10.

1 Die Universitätsleitung kann na mentlich im Falle eines Ver
- dachts auf gravierende Widerhan dlungen oder bei erheblicher Kom
- plexität des zu untersuchenden Sa chverhalts eine Untersuchungskom
- mission einsetzen.
2 Die Untersuchungskommi ssion setzt sich ne ben der oder dem Inte
- gritätsbeauftragten aus mindestens zwei weiteren Personen zusammen, die im zu untersuchenden Bereich über Fachkenntnisse verfügen. Min
- destens eine Person ist extern. Den Vorsitz führ t die oder der Integri
- tätsbeauftragte. Entscheidungs instanz: Universitäts leitung

§ 11.

Die Universitätsleitung entscheidet über das Vorliegen eines wissenschaftlichen Fehl verhaltens und ordnet an oder empfiehlt Mass
- nahmen gemäss §
7. V. Verfahrensablauf Vorabklärung

§ 12.

1 Ein Verdacht auf wissenschaft liches Fehlverhalten ist bei der Vertrauensperson anzuzeigen.
2 Die Vertrauensperson trifft die erforderlichen Vorabklärungen. Lässt sich der Verdacht auf ein wi ssenschaftliches Fe hlverhalten nicht erhärten, wird die Angelegenheit nicht weiterverfolgt.
3 Hält die Vertrauensperson eine Verfahrenseinleitung für angezeigt, informiert sie umgehend die Univer sitätsleitung, den Rechtsdienst und die beschuldigte Person. Verfahrens einleitung und Ermittlung

§ 13.

1 Die Universitätsleitung beauftragt die Integritätsbeauftragte oder den Integritätsbeauftragten bz w. eine Untersuchungskommission, das Verfahren zur Feststellung eine s wissenschaftlichen Fehlverhaltens einzuleiten und durchzuführen, oder le itet andere ge eignete Massnah
- men ein.
2 Die oder der Integritätsbeauftr agte bzw. die Untersuchungskom
- mission trifft die erforderlichen A bklärungen. Die beschuldigte Person und allenfalls weitere Pe rsonen werden angehört. Abschluss des Verfahrens

§ 14.

1 Die oder der Integritätsbeau ftragte bzw. die Untersuchungs
- kommission schliesst das Verfahren mit einem schriftlichen Bericht zu
- handen der Universi tätsleitung ab.
2 Der Bericht enthält ei ne begründete Beurteil ung der Sache, nament
- lich zur Frage, inwiefern und wesh alb der Verdacht auf wissenschaft
- liches Fehlverhalten bestät igt oder widerlegt wurde.
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3 Die oder der Integritätsbeauftrag te bzw. die Untersuchungskom mission beantragt der Universitätsleitung auf der Grundlage des Be richts entweder die Eins tellung des Verfahrens ode r die Feststellung des Vorliegens wissenschaftlichen Fehl verhaltens und die allfällige Anord nung von Massnahmen gemäss §
7.
4 Die Universitäts leitung entscheidet au fgrund der Untersuchungs ergebnisse und einer allfälligen m ündlichen Anhörung der beschuldig ten Person. VI. Verfahrensgrundsätze
Verfahren

§ 15.

Das Verfahren und die Rechte der am Verfahren Beteilig ten richten sich sinngemäss nach den Bestimmungen des Verwaltungs rechtspflegegesetzes
3 .
Verfahrens
-
garantien

§ 16.

1 Die des wissenschaftlichen Fehlverhaltens beschuldigte Per son hat Anspruch auf rechtliches Gehör.
2 Sie hat insbesondere das Recht, a. auf eigene Kosten eine Begleitperson eigener Wahl oder einen Rechtsbeistand beizuziehen, b. die Akten einzusehen und Stellung zu nehmen.
3 Die Akteneinsicht kann zur Wahr ung wichtiger öffentlicher oder schutzwürdiger privater Interessen oder im Interesse einer noch nicht abgeschlossenen Untersuchung eingeschränkt werden.
4 Im Rahmen der Vorabklärung durch die Vertrauensperson besteht kein Recht auf Akteneinsicht.
Dokumentation

§ 17.

1 Die einzelnen Verfah rensschritte sind zu dokumentieren.
2 Von Befragungen sind schriftlic he Protokolle anzufertigen.
3 Die Vertrauensperson ist von einer Dokumentationspflicht ausge nommen.
Schweigepflicht

§ 18.

1 Die Vertrauensperson, die oder der Integritätsbeauftragte und die Mitglieder der Untersuchungskommission unterstehen der Schweigepflicht. Bei schwerwiegen den Fällen können diese Personen auf ihr Gesuch hin von der Schwei gepflicht entbunde n werden. Zustän dig hierfür ist die Univ nbezug des Rechtsdiens tes.
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2 Die Mitglieder der Universitätsle itung unterstehen ebenfalls der Schweigepflicht. Bei sc hwerwiegenden Fällen könne n die Mitglieder der Universitätsleitung auf ihr Gesuch hin von der Schweigepflicht entbun
- den werden. Zuständig hierfü r ist der Universitätsrat. Anhörung

§ 19.

Die beschuldigte Person kann eine mündliche Anhörung durch die Universitä tsleitung verlangen. Ausstand

§ 20.

1 Personen, die im Zusammenhang mit dem Verfahren auf wissenschaftliches Fehlverhalten Anor dnungen zu treffen, dabei mitzu
- wirken oder sie vorzubereit en haben, treten in den Ausstand, wenn sie in der Sache persönlich befangen erscheinen, insbesondere: a. in der Sache ein pers önliches Interesse haben, b. mit der beschuldigten Person, de r geschädigten Person oder der Meldeperson in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum drit
- ten Grade verwandt oder verschwägert oder durch Ehe, Verlobung, eingetragene Partnerschaft, faktische Lebensgemeinschaft oder Kin
- desannahme verbunden sind, c. Vertretende der beschuldigten Pe rson, der geschädigten Person oder der Meldeperson sind oder für di ese in der Sache tätig waren.
2 Ist der Ausstand streitig, so ents cheidet darüber die Universitäts
- leitung oder, wenn es sich um den Ausstand eines Mitglieds der Uni
- versitätsleitung handelt, eben diese unter Aussc hluss des betreffenden Mitglieds endgültig. Schutz vor Benachteiligung

§ 21.

Die Universitätsleitung sorgt bei Bedarf für den Schutz der geschädigten Person oder der Meldep erson vor möglichen Repressalien oder Benachteiligungen insbesondere, wenn diese zu der beschuldigten Person in einem Abhängig keitsverhältnis stehen. Kostenauflage und Kosten ersatz

§ 22.

1 Das Verfahren ist kostenlos.
2 Die Universitätsleitung kann im Einzelfall der zu Unrecht des wis
- senschaftlichen Fehlverh altens beschuldigten Pe rson Ersatz der ihr durch ein Verfahren entstandenen Kosten zusprechen. Archivierung

§ 23.

Sämtliche Akten werden durch die Integritätsbeauftragte oder den Integritätsbeauftragten für mindestens zehn Jahre aufbewahrt. Rekurs

§ 24.

Die beschuldigte Person kann gegen Verfügungen gestützt auf diese Verordnung innerhalb von 30 Tagen nach Empfang bei der Rekurs
- kommission der Zürcher Hochschule n Rekurs gemäss Verwaltungs
- rechtspflegegesetz
3 erheben.
7 Integritätsverordnung
415.27 VII. Schlussbestimmung
Inkrafttreten

§ 25.

Auf den Zeitpunkt des Inkrafttr etens wird di e Weisung der Erweiterten Universitätsleitung zum Verfahren beim Verdacht der Un lauterkeit in der Wissenschaft vo m 11. November 2003 aufgehoben.
1 OS 75, 393 ; Begründung siehe ABl 2020-06-12 .
2 Inkrafttreten: 1. September 2020.
3 LS 175.2 .
4 LS 415.11 .
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