Dekret über die Anwaltsgebühren (168.81)
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Dekret über die Anwaltsgebühren

168.81
6. November 1973 Dekret über die Anwaltsgebühren Der Grosse Rat des Kantons Bern, gestützt auf Artikel 16 des Gesetzes vom 6. Februar 1984 über die Fürsprecher [BSG 168.11] , Artikel 77 Absatz 6 des Gesetzes vom 7. Juli 1918 betreffend die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern [BSG
271.1] (ZPO) und Artikel 52 Absatz 1 des Gesetzes vom 15. März 1995 über das Strafverfahren [BSG
321.1] auf Antrag des Regierungsrates, [Ingress Fassung vom 7. 11. 1996] beschliesst: I. Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Nach diesem Dekret bestimmt sich die Gebühren- und Auslagenforderung für die Tätigkeit des Anwaltes in streitigen Rechtssachen zivil-, straf- und verwaltungsrechtlicher Natur.

Art. 2

Die gerichtliche oder behördliche Festsetzung eines Parteikostenersatzes ist für die Gebühren- und Auslagenforderung des Anwaltes gegenüber seinem Auftraggeber nicht massgebend. Der Anwalt kann seinem Klienten unabhängig davon nach diesem Dekret Rechnung stellen.

Art. 3

Für die Vorbereitung oder Durchführung eines Zivil-, Straf- oder Verwaltungsrechtsstreites hat der Anwalt eine Normalgebühr zu fordern.

Art. 4

1 Dieses Dekret bestimmt die Mindest- und Höchstgebühr. Innerhalb dieses Rahmens bemisst sich die Normalgebühr nach der mit der Sache verbundenen Verantwortung, dem nach den Umständen gebotenen Zeitaufwand des Anwaltes, der Bedeutung der Sache für den Auftraggeber, den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien.
2 Diese Grundsätze gelten auch als Anhaltspunkte für die Honorarbemessung in nicht streitigen Rechtssachen. Der Anwaltsverband stellt darüber einen Konventionaltarif auf. Die Anwaltskammer ist auch zuständig für die Überprüfung dieses Tarifes und der gestützt darauf geforderten Honorare.

Art. 5

1 Für die Ermittlung des Streitwertes finden die Regeln der Artikel 137 bis 139 der ZPO [BSG 271.1] Anwendung.
2 Wird vom Beklagten ein selbständiger Gegenanspruch erhoben, sei es in Form der Widerklage oder der Verrechnung, wird der Streitwert für die Berechnung der Normalgebühr durch Zusammenzählung der beiden den Streitgegenstand bildenden Ansprüche bestimmt.

Art. 6

1 Die Auslagen des Anwaltes sind in der Normalgebühr nicht inbegriffen.
2 Notwendige oder von der Partei geforderte Abschriften und Photokopien kann der Anwalt zu den Ansätzen berechnen, die das Gericht gemäss dem hierfür geltenden Tarif zu fordern berechtigt ist.

Art. 7

Der Regierungsrat passt, auf Antrag des Anwaltsverbandes des Kantons Bern, die Normalgebühren und
die Reisezuschläge der jeweiligen Teuerung an.

Art. 8

Dieses Dekret ist auch bei schiedsgerichtlichen Prozessen anzuwenden.

Art. 9

Vorbehalten bleibt - unter Beachtung der Standesordnung - die freie Vereinbarung des Honorares zwischen Auftraggeber und Anwalt. II. Tarif in Zivilrechtssachen

Art. 10

[Buchstaben a und b Fassung vom 7. 11. 1996] a im ordentlichen Verfahren bei einem Streitwert von Franken Franken unter 8 000 100-3 000 von 8 000 bis 20 000 1 500-7 900 über 20 000 bis 50 000 3 200-15 700 über 50 000 bis 100 000 3 900-23 700 über 100 000 bis 300 000 7 900-35 400 über 300 000 bis 600 000 11 800-49 200 über 600 000 bis 1 Million 19 700-59 000 über 1 Million bis 2 Millionen 38 500-78 700 über 2 Millionen bis zu 3,8 %; b kann der Streitwert nicht zahlenmässig bestimmt werden und sind zudem keine bedeutenden vermögensrechtlichen Interessen zu wahren, insbesondere in Streitigkeiten gemäss Artikel 3 Absatz 2 EG zum ZGB [BSG 211.1] Sind jedoch bedeutende vermögensrechtliche Interessen zu wahren, ist Buchstabe a anzuwenden. c für vorsorgliche Beweisführungen und in summarischen Verfahren, soweit nicht bundesrechtliche Vorschriften zur Anwendung gelangen,
30-60 Prozent der Gebühren gemäss Buchstaben a und b; d für ein Rechtsmittelverfahren - soweit es vom bisherigen Anwalt geführt wird,
30-50 Prozent der Gebühren gemäss Buchstaben a, b und c. Sofern die oberinstanzliche Beurteilung nur auf Grund der Akten ohne Parteiverhandlung und ohne Einreichung neuer Rechtsschriften erfolgt, bis zu 20 Prozent der Gebühren gemäss Buchstaben a, b und c; e bei Erledigung des Rechtsstreites ohne Urteil (durch Vergleich, Abstand, Klagerückzug usw.) ein Viertel bis das Ganze der Gebühren gemäss Buchstaben a, b, c und d; f für ein Beschwerdeverfahren gemäss Artikel 374 ZPO [BSG 271.1] 200 bis 2 000 Franken. [Fassung vom 18. 8. 1993]

Art. 11

Als Zuschlag [Fassung vom 7. 11. 1996] darf der Anwalt berechnen: a bis zu 75 Prozent der Normalgebühr in Prozessen, die besonders viel Zeit und Arbeit beanspruchen, wie namentlich bei schwieriger und zeitraubender Sammlung oder Zusammenstellung des Beweismaterials, bei grossem Aktenmaterial oder umfangreichem Briefwechsel, wenn ein wesentlicher Teil des Aktenmaterials oder des Briefwechsels in einer anderen als der Gerichtssprache vorliegt, bei besonders verwickelten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen sowie in Rechnungsprozessen, Prozessen mit Prüfung von Buchführungen und dergleichen; b für einen Reisetag bis zu 300 Franken, wobei die notwendigen Auslagen für Fahrt, Verpflegung und Übernachtung gesondert berechnet werden. [Fassung vom 7. 11. 1996] III.

Art. 12

[Fassung vom 7. 11. 1996] Streitigkeiten mit bestimmtem Streitwert. Bei Enteignungsverfahren und in sozialversicherungsrechtlichen Streitigkeiten ist jedoch die untere Grenze der Ansätze nach Artikel 10 nicht verbindlich.

Art. 13

1 Für die Vertretung einer Partei in Streitigkeiten ohne bestimmten Streitwert beträgt die Normalgebühr
400 bis 11 800 Franken pro Instanz.
2 Sind überwiegend vermögensrechtliche Interessen zu wahren, ist Artikel 12 sinngemäss anwendbar.

Art. 14

Die Zuschläge nach Artikel 11 können auch in Verwaltungsrechtssachen berechnet werden. IV.

Art. 15

[Fassung vom 7. 11. 1996] Fr. a im Verfahren vor dem Haftgericht 250-450 b im Strafmandatsverfahren und vor dem Gerichtspräsidenten 400-7 900 c im Verfahren vor dem Kreisgericht mindestens 2 000 d im Verfahren vor dem Wirtschaftsstrafgericht mindestens 2 000 e im Verfahren, das vor der Überweisung an den urteilenden Richter seine Erledigung findet ein Viertel bis das Ganze der Normalgebühr f im Rechtsmittelverfahren 30-50 Prozent der Normalgebühr g im Beschwerdeverfahren 400-2 000 h für nachträgliche richterliche Entscheide und Widerrufsverfahren gemäss Art. 316 ff StrV [BSG 321.1] 10-40 Prozent der Normalgebühr

Art. 16

1 Die Zuschläge nach Artikel 11 können auch im Strafverfahren berechnet werden.
2 Erfordert jedoch ein Strafprozess einen derartigen Zeitaufwand, dass die Honorarabrechnung nach diesem Dekret, selbst unter Berücksichtigung von Artikel 11, kein angemessenes Entgelt für die Leistung des Anwaltes darstellt, ist es gerechtfertigt, bei der Bemessung des Honorars über diesen Rahmen hinauszugehen. V. Entschädigung des amtlich bestellten Anwaltes

Art. 17

1 Der amtlich bestellte Anwalt in Zivil-, Straf- und Verwaltungsrechtssachen bezieht aus der Staatskasse zwei Drittel der tarifmässigen Gebühren einschliesslich allfälliger Zuschläge, nach diesem Dekret, mit eingeschlossen die Bemühungen zur Erlangung der unentgeltlichen Prozessführung. [Fassung vom 9. 11.
1992]
2 Die Auslagen und Reiseentschädigungen sind dem amtlich bestellten Anwalt voll zu vergüten.

Art. 18

Der amtlich bestellte Anwalt kann seine Entschädigung vom Staat auch dann verlangen, wenn die von ihm vertretene Partei obsiegt, die Eintreibung der Kostenforderung vom Gegner gemäss Artikel 82 ZPO aber erfolglos bleibt oder aussichtslos erscheint.

Art. 19

[Fassung vom 7. 11. 1996]
1 Die Gebühren- und Auslagenforderungen des amtlich bestellten Anwaltes werden vom Richter
festgesetzt. Der amtlich bestellte Anwalt und die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion können gegen dekretswidrige oder unangemessene Festsetzungen durch untere Instanzen binnen 30 Tagen in Zivilrechtssachen an den Appellationshof, in Strafrechtssachen an die Strafkammer rekurrieren und in Verwaltungsrechtssachen mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Verwaltungsgericht gelangen. Ist die durch den amtlich bestellten Anwalt vertretene Partei im Urteil zu den Kosten verurteilt worden, steht auch ihr ein Rekursrecht zu.
2 Die Honorarfestsetzung einer unteren Instanz in Strafsachen kann nur mit einem Rekurs angefochten werden und ist nicht Gegenstand eines Rechtsmittels in der Hauptsache. Die Frist beginnt für die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion mit dem Zeitpunkt des Erhalts der Rechnung und für den Anwalt und die vertretene Partei mit dem Zeitpunkt der Mitteilung der Kostenbestimmung.
3 In Strafsachen, in welchen das amtliche Mandat zwölf Monate gedauert hat und die voraussichtlich in den nächsten sechs Monaten erstinstanzlich nicht abgeschlossen werden können, sind dem amtlichen Anwalt auf Gesuch hin richterlich zu bestimmende Vorschusszahlungen zu entrichten. VI.

Art. 20

1 Dieses Dekret tritt am 1. Januar 1974 in Kraft.
2 Alle Bemühungen der Anwälte vor Inkrafttreten des neuen Dekretes sind nach den bisherigen Bestimmungen zu honorieren.
3 Mit dem Inkrafttreten dieses Dekretes wird dasjenige vom 28. November 1919/16. Mai 1928 mit den seitherigen Abänderungen aufgehoben. Bern, 6. November 1973 Meyer Ory Anhang Änderungen
27. 2. 1980 D GS 1980/53, in Kraft am 1. 1. 1980
9. 2. 1982 D GS 1982/22, in Kraft am 1. 1. 1982
11. 12. 1985 D GS 1985/406, in Kraft am 1. 1. 1986
16. 1. 1991 D GS 1991/13, in Kraft am 1. 3. 1991
17. 9. 1992 D GS 1992/332, in Kraft am 15. 12. 1992
9. 11. 1992 D GS 1992/411, in Kraft am 1. 1. 1993 II. Die Entschädigungen der amtlich bestellten Anwälte für Leistungen, die sie vor Inkrafttreten dieser Änderung erbracht haben, richten sich nach bisherigem Recht.
18. 8. 1993 D GS 1993/548, in Kraft am 1. 10. 1993
10. 11. 1993 V GS 1993/696, in Kraft am 1. 1. 1994
7. 11. 1996 D BAG 96-125, in Kraft am 1. 1. 1997
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