Vereinbarung zwischen dem Bund und den Kantonen über die Harmonisierung und die gemeinsame Bereitstellung der Polizeitechnik und -informatik in der Schweiz (PTI-Vereinbarung)
(PTI-Vereinbarung) vom 2. September 2020 (Stand am 1. Januar 2022)
Die Kantone Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden, Glarus, Zug, Freiburg, Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Schaffhausen, Appenzell Ausserrhoden, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg und Jura, handelnd durch ihre Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren, und der Bund, handelnd durch die Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD),
mit dem Ziel, die Polizeitechnik und -informatik (PTI) zu harmonisieren, mit der Absicht, im Rahmen eines Programms PTI Neues gemeinsam zu realisieren und Bestehendes schrittweise anzugleichen, mit dem Bestreben, polizeiliche Fachanwendungen und Systeme sowie deren Schnittstellen zu Dritten gemeinsam und aufeinander abgestimmt zu planen, zu beschaffen, zu implementieren, weiterzuentwickeln und zu betreiben, mit der Absicht, dabei den Datenschutz und den Informationsschutz sicherzustellen,
schliessen folgende Vereinbarung:
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Gegenstand der Vereinbarung
¹ Diese Vereinbarung regelt die Zusammenarbeit zwischen den Kantonen, die Partei dieser Vereinbarung sind, sowie zwischen diesen Kantonen und den beteiligten Bundesstellen im Bereich der Polizeitechnik und -informatik (PTI).
² Sie regelt insbesondere die Gründung und die Arbeitsweise der Körperschaft «PTI Schweiz»
³ Zur PTI gehören insbesondere:
a. polizeiliche Einsatzmittel;
b. Informatiklösungen, die insbesondere der Kommunikation sowie der gemeinsamen Verwaltung und dem Austausch von Daten zur Erfüllung von Polizeiaufgaben und damit verwandten öffentlichen Aufgaben dienen.
Art. 2 Grundsätze der Zusammenarbeit
¹ Die Parteien dieser Vereinbarung streben eine Harmonisierung der PTI und, wo es angezeigt ist, deren gemeinsame Bereitstellung an.
² PTI Schweiz und ihre Partner, insbesondere die Parteien dieser Vereinbarung, sorgen für die gegenseitige Information und die gegenseitige Abstimmung der Tätigkeiten, insbesondere was Beschaffungstätigkeiten, die Informatikarchitektur, den Datenschutz und die Informationssicherheit betrifft. Zu diesem Zweck sorgen sie insbesondere dafür, dass ihre Behörden aller Stufen sowie die Organe von PTI Schweiz:
a. einander frühzeitig über laufende und über geplante Vorhaben informieren;
b. geplante und laufende Vorhaben auf ihre Relevanz für die betroffenen Anwendungen und Systeme von PTI Schweiz sowie von Bund und Kantonen prüfen und bei der Führung eigener Projekte die Interessen der anderen Stellen berücksichtigen.
2. Abschnitt: Körperschaft «PTI Schweiz»
Art. 3 Rechtsform und Zweck
¹ PTI Schweiz ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und Sitz in der Stadt Bern.
² Sie dient der Harmonisierung und der gemeinsamen Bereitstellung der PTI. Ihre Tätigkeiten können insbesondere die Planung, Beschaffung, Implementierung, Weiterentwicklung und den Betrieb von Produkten der PTI umfassen.
³ Sie erbringt ihre Leistungen primär für die Parteien dieser Vereinbarung.
⁴ Sie kann ihre Produkte gestützt auf Vereinbarungen den folgenden weiteren Nutzern zur Verfügung stellen:
a. schweizerischen Gemeinwesen sowie dem Fürstentum Liechtenstein und deren gemeinsamen Organisationen;
b. dezentralen Verwaltungseinheiten der Gemeinwesen nach Buchstabe a sowie Privaten, die zur Erfüllung von Polizeiaufgaben beigezogen werden oder denen polizeinahe öffentliche Aufgaben übertragen sind, soweit diese die Produkte für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen.
⁵ Sie verfolgt ausschliesslich öffentliche Interessen zugunsten der Gemeinwesen.
⁶ Sie arbeitet mit ausländischen Organisationen mit entsprechendem Zweck zusammen.
Art. 4 Organe
¹ Die Organe von PTI Schweiz sind:
a. die strategische Versammlung;
b. der strategische Ausschuss;
c. die operative Versammlung;
d. der operative Ausschuss;
e. der Leistungserbringer;
f. die Fachgruppen;
g. die Revisionsstelle.
² Bei der Besetzung der Organe ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen vertreten sind.
³ Die Amtsdauer der gewählten Mitglieder der Organe gemäss Absatz 1 Buchstaben b, d, e sowie der Revisionsstelle beträgt vier Jahre.
Art. 5 Verhältnis zwischen den Organen
¹ Die strategische Versammlung hat die Aufsicht über den strategischen Ausschuss und die Oberaufsicht über die anderen Organe.
² Der strategische Ausschuss hat die Aufsicht über die operative Versammlung, diese über den operativen Ausschuss und dieser über den Leistungserbringer sowie die Fachgruppen.
³ Jedes Aufsichtsorgan kann insbesondere:
a. zur Erfüllung seiner eigenen Aufgaben die untergeordneten Organe mit Vorarbeiten beauftragen;
b. den untergeordneten Organen Weisungen über die Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben erteilen.
⁴ Das beaufsichtigte Organ kann seinem Aufsichtsorgan Anträge stellen.
⁵ Die beiden Ausschüsse bereiten die Geschäfte ihrer jeweiligen Versammlung vor und berufen die Versammlungen ein.
⁶ Die Fachgruppen können dem Leistungserbringer Anträge zuhanden der Ausschüsse und der Versammlungen stellen.
⁷ Die Revisionsstelle ist von den anderen Organen unabhängig.
Art. 6 Strategische Versammlung
¹ Die strategische Versammlung ist das oberste Organ von PTI Schweiz.
² Ihre Mitglieder sind die kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren, deren Kantone Parteien dieser Vereinbarung sind, die Vorsteherin oder der Vorsteher des EJPD sowie die Präsidentin oder der Präsident der Konferenz der Städtischen Sicherheitsdirektorinnen und -direktoren (KSSD).
³ Die strategische Versammlung wählt ihre Präsidentin oder ihren Präsidenten und die Vizepräsidentin oder den Vizepräsidenten.
Art. 7 Strategischer Ausschuss
¹ Der strategische Ausschuss ist das strategische Führungsorgan von PTI Schweiz.
² Er besteht aus:
a. zwei Mitgliedern der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD);
b. der Generalsekretärin oder dem Generalsekretär der KKJPD;
c. zwei Vertreterinnen oder Vertretern der Konferenz der kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten (KKPKS);
d. je einer Vertreterin oder einem Vertreter des EJPD, des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) und des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).
³ Die strategische Versammlung wählt die kantonalen Mitglieder nach Absatz 1 Buchstaben a–c sowie die Präsidentin oder den Präsidenten und die Vizepräsidentin oder den Vizepräsidenten. Der Bundesrat wählt die Vertreterinnen und Vertreter des Bundes.
Art. 8 Operative Versammlung
¹ Die operative Versammlung ist das oberste Organ von PTI Schweiz in Bezug auf Angelegenheiten, die nicht in die Zuständigkeit der strategischen Organe fallen; die Aufsicht durch die strategischen Organe bleibt vorbehalten.
² Ihre Mitglieder sind:
a. die Kommandantinnen und Kommandanten der Kantonspolizeien, deren Kantone Parteien dieser Vereinbarung sind;
b. die Kommandantin oder der Kommandant der Stadtpolizei Zürich, sofern der Kanton Zürich Partei dieser Vereinbarung ist;
c. die Präsidentin oder der Präsident der Schweizerischen Vereinigung Städtischer Polizeichefs (SVSP);
d. die Direktorin oder der Direktor des Schweizerischen Polizei-Instituts (SPI);
e. die Direktorinnen oder Direktoren des Bundesamts für Polizei (fedpol), des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (BABS) und des Bundesamt s für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) ¹ .
³ Hat dieselbe Person zwei Rollen nach Absatz 2, so vertritt sie in der operativen Versammlung nur eine von beiden Behörden. Die strategische Versammlung wählt eine andere Person zur Vertretung der anderen Behörde.
⁴ Die operative Versammlung wählt ihre Präsidentin oder ihren Präsidenten sowie die Vizepräsidentin oder den Vizepräsidenten.
¹ Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde in Anwendung von Art. 20 Abs. 2 der Publikationsverordnung vom 7. Okt. 2015 ( SR 170.512.1 ) auf den 1. Jan. 2022 angepasst ( AS 2021 589 ).
Art. 9 Operativer Ausschuss
¹ Der operative Ausschuss ist das operative Steuerungsorgan von PTI Schweiz.
² Er erfüllt alle Aufgaben, die nicht einem anderen Organ zugewiesen sind.
³ Er setzt sich zusammen aus:
a. der Präsidentin oder dem Präsidenten; sie oder er muss Mitglied der KKPKS sein;
b. einer Finanzexpertin oder einem Finanzexperten;
c. einer Juristin oder einem Juristen;
d. je einer Vertreterin oder einem Vertreter: 1. der Polizeikonkordate Concordat de coopération policière de Suisse romande et du Tessin (CCPC RBT), Polizeikonkordat Nordwestschweiz (PKNW), Zentralschweizer Polizeikonkordat (ZPK) und Polizeikonkordat der Ostschweizer Polizeikorps (ostpol),
2. der Kantone Bern, Zürich und Tessin,
3. der Stadt Zürich,
4. der Schweizerischen Vereinigung Städtischer Polizeichefs (SVSP),
5. des Programms Harmonisierung der Informatik in der Strafjustiz (HIS);
e. je einer Vertreterin oder einem Vertreter des EJPD, des EFD und des VBS.
⁴ Die Mitglieder nach Absatz 3 Buchstaben b und c können Privatpersonen sein.
⁵ Die Mitglieder werden von der operativen Versammlung gewählt. Ausgenommen sind die Vertreterinnen und Vertreter des Bundes; diese werden vom Bundesrat gewählt. Die operative Versammlung wählt zudem die Präsidentin oder den Präsidenten und die Vizepräsidentin oder den Vizepräsidenten.
Art. 10 Leistungserbringer
¹ Der Leistungserbringer ist für die Umsetzung der Beschlüsse der übergeordneten Organe zuständig.
² Er wird von einer Geschäftsleiterin oder einem Geschäftsleiter geleitet. Diese oder dieser wird von der operativen Versammlung gewählt.
³ Die Geschäftsleiterin oder der Geschäftsleiter sowie das weitere Personal werden mit einem Arbeitsvertrag direkt von PTI Schweiz angestellt oder aufgrund einer Vereinbarung zwischen PTI Schweiz und einem Gemeinwesen von diesem gestellt. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für PTI Schweiz unterstehen sie in beiden Fällen der Hierarchie gemäss dieser Vereinbarung und dürfen keine Weisungen des Gemeinwesens entgegennehmen.
⁴ Für den Abschluss der Vereinbarung mit dem Gemeinwesen ist der strategische Ausschuss zuständig; dieser unterbreitet sie vorgängig der strategischen Versammlung zur Genehmigung.
Art. 11 Revisionsstelle
¹ Die Revisionsstelle führt eine ordentliche Revision unter sinngemässer Anwendung der diesbezüglichen Vorschriften des Obligationenrechts² durch.
² Sie wird von der strategischen Versammlung gewählt.
³ Wenn möglich wird die Finanzkontrolle einer Partei dieser Vereinbarung gewählt.
⁴ Die Wiederwahl ist zulässig.
² SR 220
Art. 12 Fachgruppen
¹ Der operative Ausschuss setzt für die Bereiche Polizeitechnik und Polizeiinformatik je eine Fachgruppe ein. Er kann bei Bedarf weitere Fachgruppen einsetzen.
² Er wählt die Mitglieder der Fachgruppen auf Vorschlag der Leistungsbezüger.
³ Die Fachgruppen setzen sich aus Fachleuten zusammen. Diese werden von den Leistungsbezügern gestellt. Bei Bedarf können weitere Fachleute beigezogen werden.
⁴ Die Fachgruppen vertreten die gemeinsamen Interessen der Leistungsbezüger und fördern die Zusammenarbeit unter diesen.
Art. 13 Beschlussfassung in den Versammlungen und Ausschüssen
¹ In der strategischen Versammlung entfallen auf jeden Kanton zwei Stimmen. Die Vorsteherin oder der Vorsteher des EJPD und die Präsidentin oder der Präsident der KSSD haben je eine Stimme. In der operativen Versammlung und in beiden Ausschüssen hat jedes Mitglied eine Stimme.
² Die Versammlungen und die Ausschüsse sind beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Stimmen vertreten ist.
³ Sachentscheide der Versammlungen und der Ausschüsse bedürfen der Mehrheit der Stimmen der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Präsidentin oder der Präsident.
⁴ Ein Sachentscheid der strategischen Versammlung kommt nicht zustande, wenn ihn das EJPD ablehnt.
⁵ Bei Entscheiden der Versammlungen über ein Produkt sind nach dem folgenden Zeitpunkt nur diejenigen Mitglieder stimmberechtigt, deren Gemeinwesen sich am Produkt beteiligen:
a. bei Produkten von nationaler und strategischer Bedeutung: nach der Verabschiedung des Projektauftrags;
b. bei den übrigen Produkten: nach dem Abschluss der Vorstudien.
⁶ An der Beschlussfassung über Produkte, an denen der Bund sich nicht beteiligt, nehmen seine Vertreterinnen und Vertreter in allen Organen nur mit beratender Stimme teil, und das EJPD kann einen Entscheid nicht nach Absatz 4 ablehnen.
⁷ Bei Wahlen besetzt das Wahlorgan jeden Sitz einzeln. Es ist die kandidierende Person gewählt, auf welche die meisten Stimmen entfallen. Bei Stimmengleichheit wird eine Stichwahl durchgeführt.
⁸ Das Stimmrecht in den Versammlungen und Ausschüssen kann nur von den gewählten beziehungsweise in dieser Vereinbarung bestimmten Personen ausgeübt werden. Eine Stellvertretung durch ein anderes Mitglied des betreffenden Organs ist zulässig.
⁹ Beschlüsse können über elektronische Kommunikationsmittel gefasst werden, insbesondere an Telefon- oder Videokonferenzen. Schriftliche Beschlussverfahren sind zulässig, wenn kein Mitglied eine Beratung verlangt. Es gelten die gleichen Mehrheitsregeln.
Art. 14 Geschäfts- und Finanzreglement
¹ Die strategische Versammlung erlässt für die Organe von PTI Schweiz ein Geschäftsreglement und ein Finanzreglement.
² Das Geschäftsreglement und das Finanzreglement enthalten die notwendigen Bestimmungen namentlich zu den folgenden Gegenständen:
a. Organisation, Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der einzelnen Organe;
b. Verhältnis zwischen den Organen (Art. 5);
c. Einberufung und Traktandierung von Versammlungen und Ausschüssen;
d. internes Kontrollsystem (IKS) und Risikomanagement;
e. Budgetierung, Finanzplan und überjährige Finanzierungen.
Art. 15 Zeichnungsberechtigung und Handelsregistereintrag
¹ Die operative Versammlung bestimmt die zur Vertretung von PTI Schweiz befugten Personen. Sie erteilt nur Kollektivunterschrift zu zweien.
² PTI Schweiz wird in das Handelsregister eingetragen.
³ Die zur Vertretung befugten Personen sowie die Mitglieder beider Ausschüsse werden ins Handelsregister eingetragen.
3. Abschnitt: Strategische Führung
Art. 16
¹ Die strategische Versammlung legt die Ziele und die Strategie von PTI Schweiz und rollend einen Masterplan mit einem Horizont von vier Jahren fest.
² Der strategische und der operative Ausschuss analysieren laufend den Ist-Zustand bei den Gemeinwesen und ermitteln den Handlungsbedarf einschliesslich des Rechtsetzungsbedarfs.
³ Zeichnet sich Rechtsetzungsbedarf ab, so führt die strategische Versammlung eine Aussprache über die Initiierung von Rechtsetzungsprojekten in den betreffenden Gemeinwesen.
⁴ Der strategische Ausschuss sorgt dafür, dass die für politische und strategische Entscheide dienlichen Informationen aus dem Bereich von PTI Schweiz den zuständigen Stellen zur Verfügung stehen.
4. Abschnitt: Projekte sowie Produkte und deren Bezug
Art. 17 Leistungsbezüger mit Parteistatus
¹ Jede Partei dieser Vereinbarung entscheidet im Rahmen des für sie anwendbaren Rechts selber, an welchen Projekten sie teilnimmt, welche Produkte sie bezieht und nach welchen Regeln ihre Behörden diese nutzen.
² Auch eine Partei, die am Projekt zur Entwicklung oder Beschaffung eines Produkts nicht teilgenommen hat, kann dieses im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten beziehen.
³ Jede Partei kann die Teilnahme an einem Projekt und den Bezug eines Produkts beenden.
Art. 18 Leistungsbezüger ohne Parteistatus
¹ Die Bedingungen, unter denen Gemeinwesen ohne Parteistatus an Projekten teilnehmen und Produkte beziehen können, werden in den Nutzungsvereinbarungen (Art. 3 Abs. 4) geregelt, insbesondere betreffend die Finanzierung.
² Diese Bedingungen orientieren sich an den für die Parteien geltenden Regeln. Es kann eine Teilnahme an den Sitzungen der Organe mit oder ohne Stimmrecht vereinbart werden.
³ Die Vereinbarungen werden der Versammlung, die für den Entscheid über die Lancierung des betreffenden Projekts zuständig ist, vorgängig zur Genehmigung unterbreitet. Der entsprechende Ausschuss ist für den Abschluss der Vereinbarungen zuständig.
⁴ Der Bezug von Produkten durch Private (Art. 3 Abs. 4 Bst. b) setzt zusätzlich die Zustimmung der zuständigen Behörde voraus.
Art. 19 Entwicklung, Lancierung und Durchführung von Projekten
¹ Der Leistungserbringer entwickelt gestützt auf den Masterplan oder einen Auftrag des operativen Ausschusses mögliche Projekte und erarbeitet entsprechende Vorstudien als Entscheidgrundlage.
² Über die Lancierung von Projekten von nationaler und strategischer Bedeutung entscheidet die strategische Versammlung, über die Lancierung anderer Projekte die operative Versammlung. Für den Abbruch und die Neuausrichtung eines Projekts gilt dasselbe.
³ Die Versammlung, die für den Entscheid über die Lancierung eines Projekts zuständig ist, legt mit nach Artikel 13 Absatz 5 eingeschränktem Stimmrecht die Bedingungen fest für:
a. die Teilnahme der Gemeinwesen am Projekt einschliesslich der Bedingungen für den nachträglichen Einstieg in ein Projekt und den Ausstieg aus einem Projekt;
b. den Bezug von Produkten und dessen Beendigung.
⁴ Der jeweilige Ausschuss setzt eine Einzelperson als Projektauftraggeberin oder -auftraggeber ein. Diese Person untersteht der Aufsicht durch den Ausschuss.
⁵ Für die Durchführung der Projekte sowie das Entwickeln, Beschaffen und Zurverfügungstellen der Produkte ist der Leistungserbringer zuständig.
⁶ Die zuständigen Fachgruppen werden in allen Phasen einbezogen.
⁷ Die Projektabwicklung richtet sich nach anerkannten Standards. Insbesondere ist im Rahmen der Projektabwicklung ein ISDS³-Konzept zu erarbeiten, das die Grundlage für die Festlegung der Massnahmen für die Informationssicherheit und den Datenschutz bildet.
⁸ Der Leistungserbringer unternimmt frühzeitig die nötigen Schritte, um eine Zusammenarbeit der Datenschutzaufsichtsstellen von Bund und Kantonen im Rahmen des für die Parteien anwendbaren Rechts zu unterstützen.
³ ISDS = Informationssicherheit und Datenschutz
5. Abschnitt: Finanzen
Art. 20 Voranschlag
¹ Die strategische Versammlung beschliesst den allgemeinen Voranschlag und den Finanzplan von PTI Schweiz sowie je einen Voranschlag für jedes Produkt von nationaler und strategischer Bedeutung.
² Die operative Versammlung beschliesst je einen Voranschlag für jedes übrige Produkt.
³ Über den allgemeinen Voranschlag wird insbesondere Folgendes finanziert:
a. die nicht an ein Produkt gebundenen Aufgaben des Leistungserbringers;
b. Vorstudien zu Projekten;
c. die Initialisierungsphase bei Projekten von nationaler und strategischer Bedeutung; diese endet mit der Verabschiedung des Projektauftrags.
Art. 21 Allgemeine Kosten
¹ Jede Partei dieser Vereinbarung leistet einen jährlichen Beitrag an die über den allgemeinen Voranschlag finanzierten Kosten. Dieser wird von der strategischen Versammlung nach den folgenden Regeln festgelegt:
a. Der Bund trägt 30 Prozent der Kosten.
b. Die Kantone tragen gesamthaft 70 Prozent der Kosten; die Beiträge der Kantone werden im Verhältnis ihrer im Zeitpunkt der Festlegung bekannten ständigen Wohnbevölkerungen festgelegt.
² Mit Leistungsbezügern ohne Parteistatus (Art. 18) wird ein Beitrag an die allgemeinen Kosten von PTI Schweiz vereinbart, der der Belastung der Organe, insbesondere des Leistungserbringers, durch das Produkt entspricht. Die Beiträge der Parteien nach Absatz 1 reduzieren sich in diesem Umfang.
Art. 22 Projektkosten
¹ Die für den Entscheid über die Lancierung eines Projekts zuständige Versammlung (Art. 19 Abs. 2) legt mit nach Artikel 13 Absatz 5 eingeschränktem Stimmrecht Folgendes fest:
a. den Schlüssel, nach dem die Kosten des Produkts auf die Teilnehmer des Projekts und die Leistungsbezüger verteilt werden;
b. die Regeln zur Bemessung der Einkaufsbeiträge von nachträglich eintretenden Projektteilnehmern und von Leistungsbezügern, die nicht am Projekt zur Einführung des Produkts beteiligt waren.
² Massgebend für die Festlegung des Verteilschlüssels und der Einkaufsbeiträge ist der Nutzen des betreffenden Produkts für die Beteiligten.
³ Die Einkaufsbeiträge werden den Parteien dieser Vereinbarung, die am Projekt teilgenommen haben, im Verhältnis ihrer eigenen Beiträge gutgeschrieben.
Art. 23 Gewinn und Vermögen
PTI Schweiz strebt keinen Gewinn an und baut Vermögen nur so weit auf, als es notwendig ist, um den dauerhaften Betrieb zu finanzieren und die Liquidität sicherzustellen.
Art. 24 Buchführung und Rechnungslegung
¹ Die strategische Versammlung ist für die Genehmigung der Jahresrechnung von PTI Schweiz zuständig.
² Jedes Produkt wird als eigene Kostenstelle geführt.
³ Für jedes an einem Produkt teilnehmende Gemeinwesen wird in der Bilanz pro Produkt ein eigenes Konto geführt. Gutschriften aus Einkaufsbeiträgen (Art. 21 Abs. 2) werden auf diesen Konten verbucht. Über allfällige Guthaben entscheidet jedes Gemeinwesen gemäss seinem Recht.
⁴ Die Rechnungslegung richtet sich nach einem der anerkannten Standards zur Rechnungslegung nach Artikel 962 a des Obligationenrechts⁴.
⁵ Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.
⁴ SR 220
6. Abschnitt: Anwendbares Recht
Art. 25
¹ Auf die mit dem Betrieb von PTI Schweiz verbundenen Rechtsfragen ist unter Vorbehalt der Absätze 4 und 5 kantonales bernisches Recht anwendbar, insbesondere betreffend:
a. Datenschutz, Öffentlichkeit der Verwaltung, Informationsschutz und Archivierung;
b. öffentliche Beschaffungen;
c. Arbeitsverhältnisse und damit verbundene Fragen wie die berufliche Vorsorge;
d. Haftung.
² Für die Behörden der beteiligten Gemeinwesen richtet sich die Beurteilung von Zugangsgesuchen zu amtlichen Dokumenten, die sie zuhanden von PTI Schweiz erstellt haben oder die ihnen als Hauptadressaten zugestellt wurden, nach der jeweils anwendbaren Gesetzgebung über die Öffentlichkeit der Verwaltung.
³ PTI Schweiz kann in eigenem Namen öffentliche Beschaffungen durchführen und die dazu erforderlichen Verfügungen erlassen.
⁴ Wird Personal von einem Gemeinwesen gestellt, so bleibt auf die Arbeitsverhältnisse und die damit verbundenen Fragen unter Vorbehalt von Artikel 10 Absatz 3 dessen Recht anwendbar.
⁵ Für Staatshaftungsansprüche nach bernischem Recht haftet PTI Schweiz mit ihrem Vermögen. Die Ausfallhaftung des Kantons Bern (Art. 101 Abs. 2 des bernischen Personalgesetzes vom 16. Sept. 2004⁵) gilt nicht; an ihre Stelle treten die Beitragsverpflichtungen nach dieser Vereinbarung.
⁶ Sieht das bernische Recht einen Entscheid durch Verfügung vor, so erlässt diese:
a. bei Beschaffungen: der Leistungserbringer;
b. in den übrigen Fällen: der operative Ausschuss.
⁷ Verfügungen nach Absatz 6 können beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern angefochten werden; im Übrigen gilt das Verfahrensrecht des Kantons Bern.
⁵ BSG 153.01
7. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Art. 26 Abschluss der Vereinbarung und Inkrafttreten
¹ Diese Vereinbarung steht allen Kantonen und dem Bund zur Unterzeichnung offen.
² Sie kann in Kraft treten, nachdem der Bund sowie mindestens 18 Kantone sie unterzeichnet haben. Die strategische Versammlung legt das Datum des Inkrafttretens fest.
³ Artikel 28 Absätze 2 und 3 tritt mit dem Erreichen des Quorums nach Absatz 2 in Kraft.
Art. 27 Beitritt
¹ Jeder Kanton kann der Vereinbarung nach deren Inkrafttreten durch einseitige Erklärung gegenüber dem strategischen Ausschuss beitreten. Der Beitritt wird auf den 1. Januar des folgenden Jahres oder auf einen durch den Kanton und den strategischen Ausschuss einvernehmlich festgelegten Zeitpunkt wirksam.
² Der Beitritt wird nur wirksam, sofern die Auflösung und die Abwicklung bestehender Nutzungsvereinbarungen (Art. 3 Abs. 4 und Art. 18) zwischen dem Kanton und dem strategischen Ausschuss vereinbart wurden. Diese Vereinbarung bedarf der Genehmigung durch die strategische Versammlung.
Art. 28 Gründung von PTI Schweiz
¹ PTI Schweiz entsteht durch das Inkrafttreten dieser Vereinbarung.
² Die strategische Versammlung führt eine Gründungsversammlung durch. Sie führt diese in der Zeit zwischen dem Erreichen der Mitgliederzahl nach Artikel 26 Absatz 2 und dem Inkrafttreten durch.
³ Sie nimmt an der Gründungsversammlung die erforderlichen Wahlen vor.
⁴ Beschliesst der Verein HPI⁶ Applikationen seine Auflösung und die Übertragung seines Vermögens auf PTI Schweiz, so:
a. übernimmt diese es vollständig;
b. führt diese die im Verein geführten Produkte weiter;
c. werden die vorhandenen Vermögenswerte den Produkten sowie den daran beteiligten Gemeinwesen gemäss der bisherigen Regelung im Verein zugeordnet.
⁵ Die Regeln nach Absatz 4 gelten, solange die für den Entscheid über die Lancierung eines Projekts zuständige Versammlung nichts anderes beschliesst.
⁶ HPI = Harmonisierung der Schweizer Polizeiinformatik
Art. 29 Weitergeführter Bezug von Produkten von HPI ohne Unterzeichnung dieser Vereinbarung
¹ Ein Leistungsbezüger, der im Verein HPI Applikationen vertreten ist oder sich an bestehenden Projekten des Vereins beteiligt oder bestehende Produkte des Vereins bezieht, diese Vereinbarung aber im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens nicht unterzeichnet hat, kann sich während zwei Jahren ohne Abschluss einer Nutzungsvereinbarung nach dieser Vereinbarung (Art. 3 Abs. 4 und Art. 18) weiterhin an den bisherigen Produkten beteiligen.
² Die bisherigen Bedingungen gelten weiter, solange sie nicht in Nutzungsvereinbarungen neu geregelt werden.
³ Läuft die Frist nach Absatz 1 ab, ohne dass eine Nutzungsvereinbarung nach dieser Vereinbarung abgeschlossen wird oder der Kanton dieser Vereinbarung beitritt, so wird er von der Beteiligung an den Projekten und dem Bezug von Produkten entschädigungslos ausgeschlossen. Er hat keinen Anspruch auf eine Rückerstattung geleisteter Beiträge oder auf einen Anteil am Vermögen von PTI Schweiz.
Art. 30 Änderung dieser Vereinbarung
¹ Die strategische Versammlung kann eine Änderung dieser Vereinbarung beschliessen. Anstelle der einfachen Mehrheit (Art. 13 Abs. 2) ist eine Zwei-Drittels-Mehrheit erforderlich.
² Die Änderung wird zur Ratifikation aufgelegt. Sie bedarf der Ratifikation durch zwei Drittel der Parteien.
³ Sie tritt auf den nächsten Kündigungstermin nach dem Erreichen der notwendigen Ratifikationen in Kraft.
⁴ Die strategische Versammlung kann das Inkrafttreten auf einen anderen Zeitpunkt festsetzen, nicht aber auf einen Zeitpunkt vor dem Erreichen der notwendigen Ratifikationen. Setzt sie ein Inkrafttreten vor dem nächsten Kündigungstermin fest, so kann jeder Kanton in den zwölf Monaten nach dem Beschluss gegenüber dem strategischen Ausschuss seinen Austritt auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung erklären.
Art. 31 Austritt
¹ Jeder Kanton und der Bund können mit einer Frist von drei Jahren auf das Ende eines Kalenderjahrs aus dieser Vereinbarung austreten.
² Sinkt die Zahl der Parteien unter zehn, so muss die strategische Versammlung, bestehend aus den Vertreterinnen und Vertretern der verbleibenden Parteien, einen Beschluss über die Auflösung oder die Anpassung dieser Vereinbarung herbeiführen.
Art. 32 Auflösung der Vereinbarung
¹ Diese Vereinbarung kann durch einen Beschluss der strategischen Versammlung jederzeit aufgelöst werden.
² Die strategische Versammlung beschliesst über die Modalitäten der Auflösung sowie die Fristen zur Einstellung der Arbeiten.
Art. 33 Auflösung von PTI Schweiz
Wird diese Vereinbarung aufgelöst, so liquidiert der operative Ausschuss PTI Schweiz und lässt die Organisation im Handelsregister löschen.
Art. 34 Finanzielle Folgen des Austritts und der Auflösung von PTI Schweiz
¹ Beim Austritt einer Partei aus dieser Vereinbarung sowie bei der Auflösung von PTI Schweiz werden geleistete Beiträge nicht zurückerstattet.
² Die Parteien haben im Falle ihres Austritts oder der Auflösung Anspruch auf einen positiven Saldo ihres Bilanzkontos.
³ Bei der Auflösung von PTI Schweiz wird:
a. das positive oder negative Liquidationsergebnis für jedes Produkt gesondert ermittelt und gemäss dem entsprechenden Schlüssel (Art. 22 Abs. 1) unter den Projektteilnehmern beziehungsweise Leistungsbezügern aufgeteilt;
b. das verbleibende positive oder negative Gesamtergebnis gemäss dem Schlüssel für die Beiträge an die allgemeinen Kosten (Art. 21 Abs. 1) unter den Parteien dieser Vereinbarung aufgeteilt.
Art. 35 Weitergeführter Bezug von Produkten nach dem Austritt
Für ausgetretene Parteien gelten in Bezug auf die Beteiligung an Projekten und den Bezug von Produkten die Regeln für Leistungsbezüger ohne Parteistatus (Art. 18 und Art. 19 Abs. 3).
Art. 36 Streitbeilegung
Streitigkeiten unter Parteien dieser Vereinbarung, Projektteilnehmern und Leistungsbezügern ohne Parteistatus und PTI Schweiz werden nach Möglichkeit durch Verhandlung und Vermittlung beigelegt (Art. 44 Abs. 3 der Bundesverfassung⁷).
Beschluss der Gründungsversammlung über das Inkrafttreten
Am 14. November 2020 wurde die Zahl von 18 Signatarkantonen erreicht
(ZH, LU, UR, SZ, OW, GL, ZG, FR, SO, BS, BL, SH, AR, SG, GR, AG, TG, TI, VD, VS, NE und JU).
Am 11. Dezember 2020 hat zudem der Bund die Vereinbarung unterzeichnet. Die Vereinbarung tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.
⁷ SR 101
Feedback