Verordnung über Massnahmen zur Verhütung von Straftaten im Zusammenhang mit Mensch... (311.039.3)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über Massnahmen zur Verhütung von Straftaten im Zusammenhang mit Menschenhandel (Verordnung gegen Menschenhandel)

(Verordnung gegen Menschenhandel) vom 23. Oktober 2013 (Stand am 1. Januar 2014)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 386 Absatz 4 des Strafgesetzbuchs¹, in Ausführung der Artikel 5 und 6 des Übereinkommens vom 16. Mai 2005² zur Bekämpfung des Menschenhandels,
verordnet:
¹ SR 311.0 ² SR 0.311.543

1. Abschnitt: Gegenstand

Art. 1
Diese Verordnung regelt:
a. die Durchführung von Präventionsmassnahmen des Bundes im Sinne der Artikel 5 und 6 des Übereinkommens vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels;
b. die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an Massnahmen nach Buch­stabe a, die von Dritten durchgeführt werden;
c. die Beteiligung des Bundes an Organisationen, die Massnahmen nach Buchstabe a durchführen, sowie die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an solche Organisationen;
d. die Aufgaben der Koordinationsstelle gegen Menschenhandel und Menschenschmuggel (KSMM) im Bereich des Menschenhandels sowie die Aufgaben der Geschäftsstelle der KSMM zur Umsetzung dieser Verordnung.

2. Abschnitt: Präventionsmassnahmen

Art. 2 Arten und Zweck der Massnahmen
¹ Als Präventionsmassnahmen gelten Programme, regelmässige Aktivitäten und Projekte.
² Die Massnahmen sollen der Sensibilisierung, Information, Wissens­vermittlung, Beratung, Betreuung, Weiterbildung, Kompetenzentwicklung, Forschung und Evaluation dienen.
³ Sie sollen dazu beitragen, dass:
a. der Handel mit Menschen zum Zwecke der Ausbeutung verhütet wird;
b. der Nachfrage entgegengewirkt wird, die alle Formen der zum Menschenhandel führenden Ausbeutung von Menschen begünstigt; oder
c. Betroffene unterstützt werden, um zu verhindern, dass sie Opfer erneuten Menschenhandels ( retrafficking ) werden, und um ihnen eine Integration zu ermöglichen.
Art. 3 Massnahmen des Bundes
¹ Der Bund kann folgende Massnahmen durchführen:
a. gesamtschweizerische oder überregionale Informations- und Sensibilisierungskampagnen und -programme;
b. wissenschaftliche Projekte in der Schweiz.
² Er kann zur Durchführung oder Unterstützung seiner Massnahmen Organisationen des privaten oder öffentlichen Rechts beiziehen.
³ Er arbeitet mit den Kantonen und anderen wichtigen öffentlichen und privaten Akteuren zusammen. Er konsultiert die Kantone vorgängig, wenn deren Interessen betroffen sind.
Art. 4 Massnahmen Dritter
¹ Der Bund kann Organisationen des öffentlichen oder privaten Rechts mit Sitz in der Schweiz Finanzhilfen gewähren zur Durchführung von Massnahmen nach Artikel 2 in der Schweiz.
² Er kann sich an solchen Organisationen, die Massnahmen nach Artikel 2 in der Schweiz durchführen, beteiligen und solche Organisationen mit Finanzhilfen unterstützen.

3. Abschnitt: Finanzhilfen

Art. 5 Grundsatz
Der Bund kann Finanzhilfen im Rahmen der jährlich bewilligten Kredite gewähren.
Art. 6 Höchstbetrag
¹ Die Finanzhilfen für Massnahmen Dritter betragen höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Ausgaben.
² Anrechenbar sind jene Ausgaben, die unmittelbar mit der Vorbereitung und Durch­führung der Massnahme zusammenhängen.
³ Die Finanzhilfen für die Unterstützung von Organisationen nach Artikel 4 Absatz 2 betragen höchstens 25 Prozent der diesen jährlich zur Verfügung stehenden Mittel.
Art. 7 Bemessung
¹ Die Finanzhilfen zur Durchführung von Massnahmen Dritter bemessen sich nach:
a. der Art und Bedeutung einer Massnahme;
b. dem Interesse des Bundes an der Massnahme;
c. den Eigenleistungen sowie den Beiträgen, die gestützt auf andere Bundes­erlasse ausgerichtet werden, und den Beiträgen Dritter.
² Die Finanzhilfen zur Unterstützung von Organisationen bemessen sich nach:
a. dem Interesse des Bundes an der Tätigkeit der Organisation;
b. den Eigenleistungen sowie den Beiträgen, die gestützt auf andere Bundes­erlasse ausgerichtet werden, und den Beiträgen Dritter.
Art. 8 Auszahlung
Das Bundesamt für Polizei kann die Finanzhilfen abgestimmt auf den Fortschritt der jeweiligen Massnahme gestaffelt auszahlen.

4. Abschnitt: Verfahren

Art. 9 Grundlage und Rechtsform
¹ Das Verfahren für die Gewährung von Finanzhilfen richtet sich nach den Bestimmungen des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990³ (SuG).
² Das Bundesamt für Polizei gewährt die Finanzhilfen auf der Grundlage:
a. einer Verfügung nach Artikel 16 Absatz 1 SuG für die Durchführung von Projekten;
b. eines Vertrages nach Artikel 16 Absatz 2 SuG für regelmässige Aktivitäten, Programme und Kampagnen sowie für die Unterstützung von Organisa­tionen nach Artikel 4 Absatz 2.
³ In einem Vertrag werden namentlich festgelegt:
a. das Ziel der Finanzhilfe;
b. die Höhe der Finanzhilfe;
c. die Berichterstattung;
d. die Qualitätssicherung.
⁴ Ein Vertrag wird unter Kreditvorbehalt für die Dauer von höchstens vier Jahren abgeschlossen.
³ SR 616.1
Art. 10 Gesuche
¹ Gesuche um Finanzhilfe sind dem Bundesamt für Polizei einzureichen.
² Das Bundesamt für Polizei erlässt Richtlinien für das Gesuchsverfahren. Darin legt es namentlich fest, welche Unterlagen den Gesuchen beigelegt werden müssen.
Art. 11 Prüfung der Gesuche und Entscheid
¹ Das Bundesamt für Polizei prüft die Gesuche und entscheidet über die Gewährung von Finanzhilfen.
² Erachtet das Bundesamt für Polizei ein Gesuch als unvollständig, so räumt es der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller die Möglichkeit der Ergänzung ein.
³ Die Ablehnung eines Gesuchs erfolgt schriftlich und begründet.
Art. 12 Bedingungen und Auflagen
Das Bundesamt für Polizei kann die Gewährung einer Finanzhilfe an Bedingungen knüpfen und mit Auflagen verbinden.

5. Abschnitt: Koordinationsstelle gegen Menschenhandel und Menschenschmuggel

Art. 13
¹ Die KSMM gemäss Artikel 10 Absatz 2 der Organisationsverordnung vom 17. November 1999⁴ für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement erfüllt mit Unterstützung ihrer Geschäftsstelle zum Zweck der Verhütung und der Bekämpfung von Menschenhandel folgende Aufgaben:
a. Sie beurteilt laufend die Lage bezüglich Menschenhandel.
b. Sie erstellt und koordiniert Lage- und Bedrohungsberichte, Stellungnahmen sowie Planungsgrundlagen.
c. Sie entwickelt gesamtschweizerische Strategien und Konzepte für die Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels und seiner Folgen und bereitet die notwendigen Grundlagen für die politische Entscheidfindung vor.
d. Sie setzt die internationalen Verpflichtungen der Schweiz in ihrem Fach­bereich um.
e. Sie koordiniert die strategischen und die operativen Massnahmen der zuständigen Behörden und Stellen des Bundes und der Kantone.
f. Sie bearbeitet und koordiniert Informationen aus dem In- und Ausland in ihrem Zuständigkeitsbereich.
g. Sie richtet eine Anlauf- und Vermittlungsstelle ein für Anfragen und Auskünfte aus dem In- und Ausland.
h. Sie initiiert und erarbeitet gezielte Ausbildungs- und Informationsangebote.
² Die Geschäftsstelle der KSMM nimmt zur Umsetzung dieser Verordnung folgende Aufgaben wahr:
a. Sie erarbeitet und begleitet Massnahmen des Bundes nach Artikel 3.
b. Sie unterstützt die Überprüfung der gewährten Finanzhilfen auf ihre gesetzmässige Verwendung.
c. Sie nimmt Stellung zu Gesuchen um Finanzhilfen nach Artikel 10.
⁴ SR 172.213.1

6. Abschnitt: Auskunfts- und Rechenschaftspflicht, Evaluation

Art. 14 Auskunfts- und Rechenschaftspflicht
¹ Wer Beiträge nach dieser Verordnung erhält, ist verpflichtet, dem Bundesamt für Polizei über die Verwendung der Finanzhilfen jederzeit Auskunft zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die relevanten Unterlagen zu gewähren.
² Organisationen des privaten oder öffentlichen Rechts nach Artikel 3 Absatz 2 sind verpflichtet, dem Bundesamt für Polizei über ihre Geschäfts- und Rechnungsführung regelmässig Rechenschaft abzulegen.
Art. 15 Evaluation
¹ Das Bundesamt für Polizei überprüft regelmässig die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der vom Bund durchgeführten Massnahmen und der gewährten Finanz­hilfen.
² Es erstattet dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement regelmässig Bericht über die Ergebnisse der Evaluation.
³ Es kann externe Fachpersonen mit der Evaluation beauftragen.

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 16 Änderung eines anderen Erlasses
…⁵
⁵ Die Änderung kann unter AS 2013 3625 konsultiert werden.
Art. 17 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2014 in Kraft.
Markierungen
Leseansicht