Vollzugsübereinkommen über ein Programm für gemeinsame Forschung und Entwicklung im... (0.423.12)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vollzugsübereinkommen über ein Programm für gemeinsame Forschung und Entwicklung im Hinblick auf den Bau einer intensiven Neutronenquelle

Abgeschlossen in Paris am 20. Mai 1976 Von der Bundesversammlung genehmigt am 17. September 1979² Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 22. Februar 1980 In Kraft getreten für die Schweiz am 22. Februar 1980 (Stand am 22. Februar 1980) ¹ Übersetzung des englischen Originaltextes. ² Art. 1 Abs. 1 Bst. b des BB vom 17. Sept. 1979 ( AS 1980 1215 )
Die Vertragschliessenden Parteien,
In Erwägung, dass die Vertragschliessenden Parteien – Regierungen, internationale Organisationen oder Parteien, die durch ihre Regierung in Anwendung von Artikel III der Richtlinien für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Energieforschung und -entwicklung, welche am 28. Juli 1975 vom Verwaltungsrat der Internationalen Energie-Agentur (nachfolgend «Agentur» genannt) genehmigt worden waren, bezeichnet wurden – sich gemäss diesem Übereinkommen an einem gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprogramm (das «Programm») zu beteiligen wünschen, das sich auf den Bau einer intensiven Neutronenquelle bezieht, und das Informationen über das Verhalten von Material liefern soll, die für die Auslegung von Fusionsreaktoren von Bedeutung sind;
In Erwägung, dass die Vertragschliessenden Parteien, die Regierungen sind, und die Regierungen der anderen Vertragschliessenden Parteien (im folgenden zusammenfassend als «die Regierungen» bezeichnet) sich an der Agentur beteiligen und sich in Artikel 41 des Übereinkommens über ein Internationales Energieprogramm³ (im folgenden als IEP bezeichnet) bereit erklärt haben, in den in Artikel 42 des IEP bezeichneten Bereichen nationale Programme in die Wege zu leiten und die Annahme von Zusammenarbeitsprogrammen zu fördern, einschliesslich der Energieforschung und -entwicklung auf dem Gebiet der kontrollierten thermonuklearen Fusion;
In Erwägung, dass die Regierungen am 28. Juli 1975 im Verwaltungsrat der Agentur dem Programm als einer unter Artikel 65 des IEP fallenden Tätigkeit zugestimmt haben;
In Erwägung, dass die Agentur die Erstellung des Programms als einen wichtigen Bestandteil internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der kontrollierten thermonuklearen Fusion anerkannt hat,
sind wie folgt übereingekommen:
³ SR 0.730.1
Art. 1 Zielsetzung
Die Vertragschliessenden Parteien vereinbaren, gemäss den Bestimmungen dieses Übereinkommens zusammenzuarbeiten bei gemeinsamen Forschungstätigkeiten im Hinblick auf die Entwicklung und den Bau einer intensiven Neutronenquelle (Intense Neutron Source, INS) am Wissenschaftlichen Laboratorium von Los Alamos (Los Alamos Scientific Laboratory, LASL), das von der Universität von Kalifornien gemäss einem Vertrag mit der Energieforschungs- und ‑ent­wicklungsbehörde der Vereinigten Staaten von Amerika (USERDA) mit Schwer­gewicht auf den folgenden Gebieten betrieben wird:
– Entwicklung von Ionenquellen;
– Vakuumtechnik;
– experimentelle und theoretische Aerodynamik;
– System- und Anlagetechnik.
Die Vertragschliessenden Parteien vereinbaren ausserdem, dass es in ihrer Absicht liegt, die Zusammenarbeit aufgrund dieses Übereinkommens in der Forschungs- und Betriebsphase des INS-Projektes weiterzuführen und darüber Abmachungen zu treffen, falls sich die oben beschriebene gemeinsame Forschung für den Bau der INS als gegenseitig nutzbringend und befriedigend erweist.
Die Vertragschliessenden Parteien können nach gegenseitiger Vereinbarung den oben angeführten Forschungsgebleten weitere hinzufügen.
Die technischen Seiten der INS werden im Anhang zu diesem Übereinkommen beschrieben.
Art. 2 Programmbereich
(a)  Die Zusammenarbeit zwischen den Parteien bei den Tätigkeiten, die gemäss diesem Übereinkommen ausgeführt werden sollen, umfasst:
– Informationsaustausch zwischen den Parteien auf den in Artikel 1 bezeichneten Gebieten;
– Zuweisungen von Wissenschaftern, Ingenieuren und anderem technischem Personal, um am LASL auf ihrem (ihren) Fachgebiet(en) zu arbeiten;
– Durchführung von gemeinsamen experimentellen und theoretischen Projekten am LASL nach Vereinbarung unter den Parteien.
(b)  Jede Zusammenarbeit, die Zuweisung von Personal einschliesst, erfolgt gemäss besonderen Abmachungen zwischen der zuweisenden Partei und dem LASL.
Art. 3 Informationsaustausch
(a)  Jede Vertragschliessende Partei, die gemäss Artikel 4 dieses Übereinkommens dem LASL Personal zuweist, stellt dem LASL alle experimentellen und theoretischen Daten zur Verfügung, die sie besitzt, die sie liefern kann und die für diejenigen Tätigkeiten von Bedeutung sind, die im Rahmen des gemeinsamen Forschungsprogramms von diesem Personal ausgeführt werden sollen.
(b)  Allgemein können Informationen, die im Rahmen dieses Übereinkommens aus­getauscht werden, nach Belieben der Vertragschliessenden Parteien öffentlich ver­breitet werden. Es wird jedoch anerkannt, dass gewisse, gemäss Absatz (a) dieses Artikels 3 zur Verfügung gestellte Informationen als geistiges Eigentum schutzfähig sind. Derartiges Eigentum, das Geschäftsgeheimnisse, Erfindungen, Patent-Infor­mationen und «know‑how» beinhalten kann und das von einer Partei vor oder ausserhalb dieses Übereinkommens erworben wurde, wird in diesem Überein­kommen als Information umschrieben, die:
(1) ihrer Natur nach von Geschäftsfirmen gewohnheitsmässig als vertraulich betrachtet wird;
(2) nicht allgemein bekannt oder nicht aus programmfremden Quellen öffentlich zugänglich ist;
(3) von ihrem Eigentümer nicht schon vorher Dritten zugänglich gemacht wurde; es sei denn gemäss einem Übereinkommen, bei dem der vertrauliche Charakter dieser Informationen gewahrt blieb, und
(4) nicht schon im Besitz der empfangenden Partei oder deren Vertragsnehmers ist.
Schutzfähiges industrielles Eigentum im oben umschriebenen Sinn ist von der empfangenden Partei zu achten; es soll nicht für kommerzielle Zwecke genutzt werden und soll – sofern dies nicht durch Gesetze gefordert wird, die auf die betreffenden Parteien anwendbar sind – nicht ohne das Einverständnis der berechtigten Partei veröffentlicht werden. Wird schutzfähiges industrielles Eigentum ausgetauscht, so soll es von der gebenden Partei klar gekennzeichnet und nur zur Förderung des gemeinsamen INS-Forschungs- und Entwicklungsprogramms genutzt werden. Die Verbreitung derartiger Informationen ist beschränkt auf:
(5) Personen, die der empfangenden Partei angehören oder von dieser beschäftigt werden, und auf andere interessierte Behörden der Regierung der empfangenden Partei; und
(6) Generalunternehmer oder Unterakkordanten der Regierung der empfangenden Partei für die ausschliessliche Verwendung im Rahmen ihrer einschlägigen Verträge, mit welchen die Informationen in Zusammenhang stehen.
Jede Partei soll ihr Möglichstes tun, um sicherzustellen, dass die Verbreitung von schutzfähigern industriellen Eigentum, das sie gemäss diesem Übereinkommen erhalten hat, nach den Vorschriften dieses Übereinkommens kontrolliert wird.
(c)  Alle experimentellen Daten und Analyse-Ergebnisse, die in Verbindung mit und während Tätigkeiten im Rahmen von Personalzuweisungsvereinbarungen ermittelt werden, sollen der betreffenden zuweisenden Vertragschliessenden Partei sowie dem betreffenden zugewiesenen Personal zugänglich gemacht werden.
Art. 4 Zuweisung von Personal
(a)  Die Vertragschliessenden Parteien können bis zu insgesamt fünf Experten für die in Artikel 1 genannten Gebiete zuweisen. Diese Experten sollen am LASL aufgrund von zwischen der USERDA und der zuweisenden Partei abzuschliessenden Vereinbarungen arbeiten. Diese Vereinbarungen enthalten nähere Angaben über den Arbeitsplan, den die Experten einhalten müssen.
(b)  Bei der Zuweisung von Experten sind die folgenden Verfahren einzuhalten:
(1) Jede Partei, die einen Experten zu bestimmen wünscht, unterbreitet ihre Nominierung(en) dem Fusionsenergie-Koordinationsausschuss (Fusion Power Co-ordinating Committee, FPCC) der Agentur oder einem anderen vom FPCC und der USERDA bezeichneten Organ, und zwar wenigstens vier Monate vor dem wahrscheinlichen Zuweisungsdatum. Jede derartige Nominierung soll die Qualifikationen des Experten und den beabsichtigten Arbeitsplan, den der Experte am LASL einzuhalten hat, näher bezeichnen,
(2) Die USERDA soll dem FPCC so bald als möglich mitteilen, ob sie die ZuWeisung annehmen kann; und
(3) Die nominierende Partei und die USERDA versuchen, nach Rücksprache mit dem FPCC, über die näheren Bestimmungen bezüglich derartiger ZuWeisungen, wie oben verlangt, Übereinstimmung zu erzielen. Danach kann die Zuweisung vollzogen werden.
(c)  Die Dauer jeder Zuweisung beträgt normalerweise ein Jahr, sofern die betreffenden Parteien nichts anderes vereinbaren.
(d)  Veröffentlichungen, die aus theoretischen oder experimentellen Forschungs­arbeiten hervorgehen, die in Verbindung mit dem Programm durchgeführt wurden, werden normalerweise veröffentlicht in Form von gemeinsamen Berichten der Vertragschliessenden Parteien oder von Einzelpersonen, die an den Forschungs­arbeiten beteiligt waren.
(e)  Alle mit einer Zuweisung verbundenen Personalaufwendungen werden von der zuweisenden Partei getragen. Derartige Aufwendungen sollen folgende Kosten des zugewiesenen Personals einschliessen, aber nicht darauf beschränkt sein: Gehälter, Reisekosten, Versicherungen und Lebenskosten. Zugewiesenes Personal ist aufgrund der Zuweisung in keiner Art und Weise als in einem Anstellungsverhältnis mit dem LASL oder der USERDA stehend zu betrachten.
(f)  Die zuweisende Partei erklärt sich bereit, die USERDA und Jede in deren Auftrag handelnde Person für alle Schäden, Haftverpflichtungen oder Kosten zu entschädigen und schadlos zu halten, die aus der Zuweisung von Personal gemäss einem Übereinkommen erwachsen, das nach Absatz (b) Ziffer (3) dieses Artikels eingegangen wurde. Die vorgehende Bestimmung ist aber nicht anwendbar auf Schäden, Haftverpflichtungen oder Kosten, insofern und soweit diese dem Verschulden oder der Fahrlässigkeit, der USERDA oder Personen, die in deren Auftrag handeln, zuzuschreiben sind.
Art. 5 Patente
(a)  Die Vertragschliessenden Parteien treten für die möglichst weite Verbreitung von Informationen in allen Agentur-Teilnehmerländern ein, die im Rahmen des Programms geschaffen oder zu einem Bestandteil des Programms gemacht wurden («Programm-Ergebnisse»). Diese Bestimmung wird eingeschränkt für vertrauliche Informationen bezüglich patentierbarer Erfindungen; dies bis zum Zeitpunkt, wo geeignete Massnahmen für den Schutz derartiger Erfindungen getroffen werden können. Damit die Veröffentlichung von Erfindungen die Patentinteressen der Vertragschliessenden Parteien nicht schädigt, ist bei der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika die Patentgenehmigung für die Freigabe oder Veröffentlichung von Programm-Ergebnissen vor jeder Freigabe oder Veröffentlichung einzuholen.
(b)  Weder die Vertragschliessenden Parteien noch von diesen bezeichnete Experten sollen schützenswerte Informationen ins Programm einbringen, sofern derartige Informationen nicht gekennzeichnet sind und die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika das Einbringen derartiger Informationen ins Programm nicht gebilligt hat. Die Vertragschliessenden Parteien unternehmen alle nötigen Schritte zum Schutz von schutzfähigen Informationen, die gemäss diesem Absatz, den Gesetzen ihrer Länder und gemäss internationalem Recht in dieses Programm eingebracht wurden. Als «schutzfähige Informationen» gelten Informationen vertraulicher Natur, wie sie in Artikel 3 Absatz (b) dieses Übereinkommens umschrieben sind.
(c)  In bezug auf alle Erfindungen oder Entdeckungen betreffend die Herstellung oder die Verwendung von speziellem Nuklearmaterial oder Atomenergie, die während der Geltungsdauer und im Verlauf oder unter dem Programm gemacht oder ausgedacht werden, vereinbaren die USERDA im Auftrag der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika als empfangende Partei und jede andere Vertragschliessende Partei als zuweisende Partei hiemit folgendes:
(1) Wenn die Erfindung oder Entdeckung von Personal einer zuweisenden Partei oder ihrer Vertragsunternehmer gemacht oder ausgedacht wird, während dieses Personal dem LASL oder deren Vertragsunternehmern zugewiesen war; dann (i) Erwirbt die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika alle Rechte, Titel und Interessen an oder auf alle derartigen Erfindungen oder Entdeckungen oder diesbezügliche Patentanwendungen oder Patente in ihrem eigenen Land und in allen Drittländern; vorausgesetzt, dass der zuweisenden Partei eine nicht-exklusive, unwiderrufliche, vollbezahlte Lizenz mit dem Recht auf Erteilung von diesbezüglichen Unterlizenzen eingeräumt wird, und
(ii) Die zuweisende Partei erwirbt alle Rechte, Titel und Interessen an und auf alle derartigen Erfindungen oder Entdeckungen, diesbezügliche Patentanwendungen oder Patente in ihrem eigenen Land; vorausgesetzt, dass der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika eine nicht-exklusive, unwiderrufliche, vollbezahlte Lizenz, mit dem Recht auf Erteilung von diesbezüglichen Unterlizenzen, erteilt wird.
(2) Falls die Erfindung oder Entdeckung von Personal einer anderen Vertragschliessenden Partei, als sie in obiger Ziffer (1) vorgesehen sind, gemacht oder ausgedacht wurde, und zwar dank der Verwendung von Informationen, die gemäss dem Programm mitgeteilt wurden, so erwirbt die erfindende Vertragschliessende Partei alle Rechte, Titel und Interessen an und auf alle derartigen Erfindungen oder Entdeckungen, diesbezügliche Patentanwendungen oder Patente in allen Ländern; vorausgesetzt, dass der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika eine nicht-exklusive, unwiderrufliche, voll­bezahlte Lizenz, mit dem Recht auf die Erteilung von diesbezüglichen Unterlizenzen, erteilt wird.
(d)  Keine Vertragschliessende Partei benachteiligt Bürger des Landes einer anderen Partei in bezug auf die Erteilung sämtlicher Lizenzen oder Unterlizenzen für alle Erfindungen gemäss obigem Absatz (c) Ziffern (1) und (2).
(e)  Jede Vertragschliessende Partei oder deren Regierung ist verantwortlich für die Zahlung von Belohnungen oder Entschädigungen, die sie gemäss den Gesetzen ihres Landes ihren Angestellten zahlen muss.
(f)  Jede Vertragschliessende Partei stellt ohne Schaden für sämtliche in ihrem Land gültigen Urheber- oder Erfinderrechte die Mitarbeit ihrer Urheber und Erfinder sicher, die für die Durchführung der Bestimmungen dieses Artikels notwendig ist.
Art. 6 Rechtliche Bestimmungen
(a)  Die Beteiligung jeder Vertragschliessenden Partei am Programm unterliegt den auf die jeweilige Vertragschliessende Partei anwendbaren Gesetzen und Vorschriften, einschliesslich, jedoch nicht ausschliesslich Gesetzen, die Zahlungsverbote für Provisionen, Rabatte, Vermittlungsgebühren oder Erfolgshonorare an Personen vorsehen, die mit der Beschaffung von Regierungsverträgen beauftragt sind, oder für alle Anteile an solchen Verträgen, die Regierungsbeamten zukommen. Die Beteiligung jeder Vertragschliessenden Partei am Programm unterliegt schliesslich auch der Zuteilung von Geldmitteln durch die zuständige Regierungsbehörde.
(b)  Die Vertragschliessenden Parteien haben bei der Durchführung des Programms in angemessener Weise den Richtlinien für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Energieforschung und -entwicklung sowie deren allfälligen Änderungen und anderen Beschlüssen des Verwaltungsrates der Agentur auf diesem Gebiet Rechnung zu tragen. Das Erlöschen der Richtlinien oder deren Änderung soll dieses Übereinkommen nicht berühren. Dieses bleibt gemäss den vorliegenden Bestimmungen in Kraft.
(c)  Jede Vertragschliessende Partei soll im Rahmen der einschlägigen, geltenden Gesetze ihr Bestmögliches tun, um die Erledigung von Formalitäten zu erleichtern, die verbunden sind mit dem Austausch von Personen, der Einfuhr von Material und Ausrüstung sowie mit Geldüberweisungen, die für die Durchführung des Programms erforderlich sind.
(d)  Keine Bestimmung dieses Übereinkommens berührt die Rechte der Vertragschliessenden Parteien, für die Ausführung von Tätigkeiten in Verbindung mit dem Gegenstand dieses Übereinkommens andere Abmachungen einzugehen.
Art. 7 Berichte
Die Vertragschliessenden Parteien stellen allen Agentur-Teilnehmerländern mindestens jährlich periodische Berichte über die Fortschritte des Programms zu.
Art. 8 Beitritt und Rücktritt von Vertragschliessenden Parteien
(a)  Die Beteiligung am Programm als Vertragschliessende Partei steht mit Zustimmung der Vertragschliessenden Parteien der Regierung jedes Agentur-Teilnehmer­landes (oder einer von der betreffenden Regierung bezeichneten nationalen Behörde, öffentlichen Körperschaft, privaten Gesellschaft, Unternehmung oder sonstigen Körperschaft) jederzeit offen, die um Teilnahme am Programm ersucht, das vorliegende Übereinkommen unterzeichnet und die Rechte und Pflichten einer Vertragschliessenden Partei übernimmt.
(b)  Die Regierungen der anderen Mitgliedstaaten der Organisation für Wirtschaft­liche Zusammenarbeit und Entwicklung können auf Vorschlag der USERDA und nach Rücksprache mit den Vertragschliessenden Parteien vom Verwaltungsrat der Agentur eingeladen werden, sich am Programm zu beteiligen (oder eine nationale Behörde, öffentliche Körperschaft, private Gesellschaft, Unternehmung oder sonstige Körperschaft dafür zu benennen), dieses Übereinkommen zu unterzeichnen und die Rechte und Pflichten einer Vertragschliessenden Partei zu übernehmen. Das Programm steht gemäss diesem Absatz anderen internationalen Organisationen zur Beteiligung offen.
(c)  Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften kann sich gemäss Artikel IV Absatz (c) der am 28. Jull 1975 vom Verwaltungsrat der Agentur gebilligten Grund­sätze für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Energieforschung und -ent­wick­lung an diesem Übereinkommen beteiligen.
(d)  Jede Vertragschliessende Partei kann jederzeit von diesem Übereinkommen zurücktreten, indem sie dem Exekutivdirektor der Agentur sechs Monate vorher eine diesbezügliche schriftliche Rücktrittserklärung abgibt.
Art. 9 Schlussbestimmungen
(a)  Dieses Übereinkommen bleibt zunächst für einen Zeitraum von vier Jahren seit dem Zeitpunkt seines Abschlusses in Kraft. Es kann danach durch Vereinbarung unter den Vertragschliessenden Parteien verlängert werden.
(b)  Dieses Übereinkommen kann von den Vertragschliessenden Parteien jederzeit geändert werden. Die Vertragschliessenden Parteien legen fest, wie Änderungen in Kraft treten. Alle Änderungen dieses Übereinkommens sind dem Exekutivdirektor der Agentur schriftlich mitzuteilen.
(c)  Jede Meinungsverschiedenheit zwischen den Vertragschliessenden Parteien bezüglich der Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens soll durch gegenseitige Vereinbarung beigelegt werden.
(d)  Das Original dieses Übereinkommens wird beim Exekutivdirektor der Agentur hinterlegt und jeder Vertragschliessenden Partei ist davon eine beglaubigte Abschrift zuzustellen. Je eine Abschrift dieses Übereinkommens geht jedem Agentur-Teil­nehmerland, jedem Mitgliedstaat der Organisation für Wirtschaftliche Zusammen­arbeit und Entwicklung sowie den Europäischen Gemeinschaften zu.
Gegeben zu Paris, am 20. Mai 1976.

Unterschriften

(Es folgen die Unterschriften)

Anhang

Technische Aspekte der Los Alamos INS

Überblick

1. Extreme Bedingungen, die besondere Lösungen erfordern, sind in Fusions­anlagen zu erwarten, besonders in unmittelbarer Nähe der Deuterium-Tritium Reaktionszone, wo das Material Flüssen noch nie dagewesener Intensität von 14-MeV-Neutronen ausgesetzt wird.
2. Eine gründliche Kenntnis von Strahlungsschäden muss der Auslegung eines Fusionsreaktorprototyps vorausgesehen, da andernfalls eine genügende Sicherheit in der Beurteilung der Lebensdauer und der Unterhalts-Ausfall­zeiten von Reaktoren nicht erreicht werden kann. Die wirtschaftliche Durch­führbarkeit von Fusionsreaktoren hängt zum Teil von den Ergebnissen der Materialstudien ab.
3. Das wissenschaftliche Laboratorium in Los Alamos (Los Alamos Scientific Laboratory) der Universität von Kalifornien schlägt den Bau einer 14-MeV-INS (Intense Neutron Source = Leistungsstarke Neutronenquelle) in Los Alamos, New Mexiko, vor. Das Projekt wird ein Teil des Gesamtprogramms der Forschungsabteilung für kontrollierte thermonukleare Fusion (Control­led Thermonuclear Research Division) der Energieforschungs- und -ent­wick­lungsverwaltung der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika (Energy Research and Development Administration of the United States Government) sein, mit der Aufgabe, praktische, auf nuklearen Fusionsprozessen beruhende Energiequellen zu entwickeln.
4. Die INS-Anlage wird ähnliche Bedingungen in bezug auf Neutronen schaffen, wie sie in einem voll betriebsfähigen Fusions-Leistungsreaktor zu erwarten sind, und damit die Grundlage schaffen für ein Forschungs- und Ent­wicklungsprogramm für Materialuntersuchung mit Neutronen mit Fusions­energie.
5. Die INS-Anlage ist in erster Linie für das laufende Fusionsmaterial-Ent­wick­lungsprogramm der Vereinigten Staaten von Amerika vorgesehen, doch im Sinn des Vollzugsübereinkommens wird als erster Schritt zu einer inter­nationalen Beteiligung an den Auslegungs- und Konstruktionsphasen einge­laden. Wie aus Artikel 1 hervorgeht, kann die erfolgreiche Erfüllung dieses ersten Schritts dazu führen, dass INS einen Teil der Betriebszeit für inter­nationale, unter dem Schutz der Agentur stehende Versuchsprogramme zur Verfügung stellt.

Das Materialproblem

6. Der Hauptgrund für den Bau der INS ist die Erforschung und Entwicklung von Wandmaterial und Isolierstoffen, welche ihre charakteristischen Eigenschaften auch dann bewahren, wenn sie von einem intensiven, in einem D-T-Fusionsreaktor erzeugten Neutronenfluss bombadiert werden, ferner auch die Demonstration des praktischen Betriebs einer Tritium-erbrütenden ersten Wand.
7. Neutronenbestrahlung in Fusions-Leistungsreaktoren erzeugt grosse Mengen von Helium- und Wasserstoffgas, verdrängt Atome von ihrem normalen Platz und verwandelt Gitteratome von Bauelementen in Verunreinigungs­atome. Durch Fusionsneutronen hervorgerufene Verformungen können ernsthafte technische Einschränkungen auferlegen.
8. Strahlungsschäden am Isolationsmaterial werden bei einigen Fusionsreaktorkonzepten beträchtlich sein, wobei die Neutronenstrahlung drastische Änderungen von kritischen elektrischen oder strukturellen Charakteristiken verursachen kann.
9. Oberflächenphysik-Experlmente sind sowohl für Metalle als auch für Isolierstoffe wichtig. Wanderosion, mit nachfolgender Plasmaverschmutzung, scheint ein ernstes Problem zu sein, welches optimale Reaktionsbedingungen ganz erheblich verschlechtern kann.
10. Zum Materialproblem gehört auch die Notwendigkeit einer eingehenden Kenntnis der Wechselwirkungen der 14-MeV-Neutronen mit allen Materialien, die in Fusionsanlagen benützt werden. Die durch Fusion produzierten Neutronen haben mit 14-MeV eine bedeutend höhere Energie als diejenigen, die in Spaltungsanlagen auftreten, und ihre nuklearen Reaktionen sind deshalb verschieden. Der Strahlungsschaden wird voraussichtlich grösser sein. Ein aktives Programm zur Messung der Reaktionsquerschnitte ist wichtig.
11. Tritium-Chemie wird in bezug auf die Stabilität der Materialien eine grös­sere Rolle spielen. Eine optimale Gewinnung des in der Tritium-erbrütenden ersten Wand erzeugten Tritiums ist für den wirtschaftlichen Betrieb von Fusionsreaktoren wichtig.
Die INS-Anlage kann durch Entwicklung und besseres Verständnis der Tritium-Behandlungsverfahren viel zu den jetzt vorhandenen Kenntnissen beitragen.

Die leistungsstarke Neutronenquelle

12. Die INS-Anlage wird einen Deuteriumgas-Strahl mit Überschallgeschwindigkeit als Target für einen 1-Ampère-Strahl von Tritiumionen benutzen. Die Reaktion wird kontinuierlich ein Total von 10¹⁵ 14-MeV-Neutronen pro Sekunde erzeugen.
13. Der Überschall-Gastarget-Strahl wird durch eine Expansions-Hochdruck­düse erzeugt. Ein Mach-6-Fluss bildet sich an der Achse und ist fähig, die Wärme von 113 Megawatt, welche im Target durch den geforderten 270‑keV-Tritium-Ionenstrahl erzeugt wird, abzuführen.
14. Die Wände der Düse wer den durch den Überschallstrom kühl gehalten und können aus Versuchsmaterial hergestellt werden. Der Bereich unmittelbar hinter der Wand dient als primärer Bereich für Strahlungsschaden-Experi­mente.

Charakteristiken der leistungsstarken Neutronenquelle

Kontinuierlicher Ausstoss

10¹⁵ Neutronen/sek.

Winkelverteilung

isotropisch

Neutronenenergie

14.06 ± 1.1 MeV

Targetgrösse

1 cm³

Tritium‑Strahl

Strom

1.1 A

Energie

270 keV

Massenfluss

20.7 g/sek.

Deuterium‑Strahl

Dichte

2 × 10¹⁹ D2/cm³

Flussgeschwindigkeit

3 × 10⁵ cm/sek.

Massenfluss

18 g/sek.

Temperaturanstieg

1.400 °K

15. Der Tritium-Strahl wird von einer ringförmigen Duoplasmatron-Ionenquelle erzeugt. In dieser lonenquelle wird eine Tritiumplasma-Entladung in Form eines Toroids erzeugt und in einem scheibenförmigen Reservoir gespeichert. Positive Tritiumionen aus diesem Reservoir werden auf 270 keV beschleunigt und auf das Target geschossen.
16. Weil es sich um Tritium handelt, muss ein geschlossenes System mit Kreis­lauftechniken verwendet werden. Während des Betriebs wird der Deuterium-Strahl mit Tritium verunreinigt. Um den Inhalt zu stabilisieren, werden Deu­te­rium und Tritium in einem kryogenen Destillationssystem wieder getrennt. Das Deuterium wird in den Druckkreislauf und das Tritium in die Ionen­quelle zurückgeführt.

Die Anlage

17. Das Versuchsgebäude wird zwei Stockwerke hoch sein. Die Hauptcharak­teristik dieses Gebäudes sind die 10 Fuss (etwa 3 m) dicken Betonwände, welche als abgeschirmte Zonen für zwei Neutronenquellen ausgebildet sind. Eine Neutronenquelle wird für langfristige Hochflussexperimente, die andere für kurzfristige Niederflussexperimente benutzt. Neben den Bestrah­lungs­zonen befinden sich Arbeitsräume, einschliesslich der heissen Zonen, zur Vorbereitung und Aufstellung der Experimente.
18. Die die Bestrahlungszonen umgebenden Räume sind so dimensioniert, dass sie den Beschleuniger selbst und die Ausrüstungen, die zum Einschluss und zur Zirkulation des mit Tritium verunreinigten Deuteriumgases notwendig sind, aufnehmen können. Hochspannungsversorgung, Ionenquellen, Wärmeaustauscher, Gasdestillationsapparate und die Kompressoren befinden sich auch in diesen Bereichen.
19. Die Räumlichkeiten für die mechanische Ausrüstung (oberes Stockwerk) beherbergen das Lüftungssystem des Gebäudes, welches so ausgelegt ist, dass Tritium auf keinen Fall aus dem Gebäude austreten kann. Trotzdem die Menge von Tritium bescheiden ist (< 20 g), wird INS wertvolle, anlage­orientierte Erfahrungen für die Behandlung von Tritium liefern.
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