Gesetz über Konflikte zwischen den administrativen und richterlichen Behörden
Nr. 21 Gesetz über Konflikte zwischen den administrativen und richterlichen Behörden vom 8. März 1842 (Stand 1. Juni 2013) Wir Präsident und Grosser Rat des Kantons Luzern, auf den Vorschlag des Regierungsrates und einer von uns niedergesetzten Kommissi
- on, * beschliessen:
§ 1
1 Der Kantonsrat
1 entscheidet die Streitigkeiten zwischen der vollziehenden und richter
- lichen Gewalt über die Grenzen ihrer Befugnisse (Konflikte).
2 Dabei findet das in nachstehenden Paragraphen bezeichnete Verfahren statt.
§ 2
1 Das Recht der Beschwerdeführung gegen Überschreitung der Grenzen der Befugnisse von Seite eines vollziehenden oder richterlichen Beamteten oder einer vollziehenden oder richterlichen Behörde steht sowohl der beteiligten Person als auch den Beamteten oder der Behörde zu.
§ 3
1 Findet sich eine Person oder eine Verwaltungsstelle dadurch beschwert, dass eine Ver
- waltungs-, Vollziehungs-, Polizei- oder Regierungssache in den Bereich der Gerichte ge
- zogen und als Rechtssache behandelt wird, so haben die Beschwerdeführer sich unmit
- telbar an den Regierungsrat zu wenden.
1 Gemäss Änderung vom 28. April 2008, in Kraft seit dem 1. August 2008 (G 2008 256), wurde in den §§ 1, 9, 10 und 12 die Bezeichnung «Grosser Rat» durch «Kantonsrat» ersetzt. * Siehe Tabellen mit Änderungsinformationen am Schluss des Erlasses. Nullband 9 | Z I 227
2 Nr. 21
§ 4
1 Wenn hingegen eine Rechtssache in den Bereich der Verwaltungs-, Vollziehungs-, Poli
- zei- oder Regierungsbehörden gezogen und als Verwaltungssache behandelt wird, so können die beteiligten Personen oder Gerichtsstellen dagegen Beschwerde führen, wel
- che sie unmittelbar an das Kantonsgericht
2 zu bringen haben.
§ 5
1 Auf Verlangen der Oberbehörde, bei der ein solcher Fall anhängig gemacht wird, muss die andere Oberbehörde verordnen, dass die weitere Behandlung der Verwaltungs- oder Rechtssache einstweilen stille gestellt werde.
2 Die Einrede gegen die Zuständigkeit einer verwaltenden oder richterlichen Behörde muss jedoch gleich im Anfange erhoben und die daherige Beschwerde spätestens zehn Tage nach Mitteilung der ersten Verfügung, wodurch die verwaltende oder richterliche Behörde das Entscheidungsrecht (Kompetenz) sich zueignet, eingereicht sein. Auf später eingelangte Einsprüche ist keine Rücksicht zu nehmen.
§ 6
1 Glaubt der Regierungsrat von der beklagten gerichtlichen Stelle noch einen Bericht einholen zu sollen, so wendet er sich an das Kantonsgericht, welches ihm einen solchen übermittelt.
2 Findet das Kantonsgericht den Bericht der beklagten Verwaltungsstelle für notwendig, so wendet es sich an den Regierungsrat, welcher ihm einen solchen übermittelt.
§ 7
1 Finden der Regierungsrat oder das Kantonsgericht die Beschwerde unbegründet, so weisen sie dieselbe sofort von der Hand, unter Mitteilung des diesfälligen Beschlusses an die beteiligte Person oder Stelle.
§ 8
1 Findet der Regierungsrat die Beschwerde gegen die Gerichtsstelle begründet, so wen
- det er sich an das Kantonsgericht. Pflichtet das Kantonsgericht der Ansicht des Regie
- rungsrates bei, so erteilt es an die betreffende Gerichtsstelle die erforderliche Weisung.
2 Findet im andern Falle das Kantonsgericht die Beschwerde gegen eine Verwaltungs
- stelle begründet, so wendet es sich an den Regierungsrat. Pflichtet der Regierungsrat der Ansicht des Kantonsgerichts bei, so erteilt er an die betreffende Verwaltungsstelle die er
- forderliche Weisung.
2 Gemäss Gesetz über die Schaffung des Kantonsgerichtes vom 14. Mai 2012, in Kraft seit dem 1.
Juni
2013 (G 2012 189), wurde in den §§ 4, 6–10 und 12 die Bezeichnung «Obergericht» durch «Kantonsgericht» ersetzt.
Nr. 21
3
§ 9
1 Pflichtet das Kantonsgericht der Ansicht des Regierungsrates, oder der Regierungsrat der Ansicht des Kantonsgerichts nicht bei, so melden sie sich diese Meinungsverschie
- denheit rückantwortlich. Wird hiedurch der Kompetenzstreit nicht erledigt, so richtet in einem Falle der Regierungsrat, im andern Falle das Kantonsgericht eine Beschwerde an den Kantonsrat.
§ 10
1 Der Kantonsrat bestellt durch geheimes absolutes Mehr eine Untersuchungskommissi
- on von sieben Mitgliedern, bei deren Wahl weder die Mitglieder des Regierungsrates, noch des Kantonsgerichts, noch deren Verwandtschaft (§ 17 der Staatsverfassung
3
) teil
- nehmen können oder wählbar sind.
2 Die Kommission holt von dem Regierungsrate oder von dem Kantonsgerichte noch die allfällig nötig erachtete Rechtfertigung ein und stellt hierauf ihre Anträge an den Kantonsrat.
§ 11
1 Je nachdem der Entscheid ausfällt, hat die betreffende verwaltende oder richterliche Behörde, auf Weisung ihrer Oberbehörde, die in Frage gelegene Erkanntnis oder Verfü
- gung ungesäumt zurückzunehmen.
§ 12
1 Wenn Kompetenzstreitigkeiten sich unmittelbar zwischen dem Regierungsrate und Kantonsgerichte erheben, so findet zur Erledigung derselben das gleiche Verfahren statt, welches durch die vorhergehenden §§ 1 bis und mit 10 vorgeschrieben ist.
2 Diejenige Behörde, welche durch den Ausspruch des Kantonsrates verfällt wird, hat ihre Erkanntnis ungesäumt zurückzunehmen.
§ 13
1 Gegenwärtiges Gesetz, wodurch das Gesetz über die Konflikte vom 7. Herbstmonat
1831
4 aufgehoben ist, soll in Urschrift ins Staatsarchiv niedergelegt und dem Regie
- rungsrate zur Bekanntmachung
5 zugestellt werden.
3 G VI 79 und Z I 41 (SRL Nr. 1 alt). § 17 der Staatsverfassung von 1875 gilt übergangsrechtlich weiter (§ 84 Abs. 6 Kantonsverfassung vom 17. Juni 2007, SRL Nr.
1 ).
4 Sammlung der Gesetze und Regierungs-Verordnungen für den Kanton Luzern, Band 1, S. 284. Lu
- zern, 1831.
5 Dieses Gesetz wurde am 17. März 1842 im Kantonsblatt veröffentlicht (K 1842 221). Die Referen
- dumsfrist lief am 6. Juli 1842 unbenützt ab (K 1842 533). Es ist seit dem 12. Juni 1842 in Kraft.
4 Nr. 21 Änderungstabelle - nach Paragraf Element Beschlussdatum Inkrafttreten Änderung Fundstelle G Erlass
08.03.1842
12.06.1842 Erstfassung Nullband 9 | Z I 227 Ingress
28.04.2008
01.08.2008 geändert G 2008 256
Nr. 21
5 Änderungstabelle - nach Beschlussdatum Beschlussdatum Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle G
08.03.1842
12.06.1842 Erlass Erstfassung Nullband 9 | Z I 227
28.04.2008
01.08.2008 Ingress geändert G 2008 256
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