Dekret über die Arbeitsgerichte (162.71)
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Dekret über die Arbeitsgerichte

162.71
9. November 1971 Dekret über die Arbeitsgerichte Der Grosse Rat des Kantons Bern, gestützt auf Artikel 68 und 70 des Gesetzes vom 14. März 1995 über die Organisation der Gerichtsbehörden in Zivil- und Strafsachen [BSG 161.1] , auf Antrag des Regierungsrates, [Ingress Fassung vom 16. 3. 1995] beschliesst: I. Errichtung der Arbeitsgerichte

Art. 1

1. Beschluss der Einwohnergemeinde, Gemeindereglement
1 Das Arbeitsgericht wird durch Beschluss der Einwohnergemeinde errichtet und durch ein Gemeindereglement organisiert.
2 Mehrere Einwohnergemeinden können sich, selbst wenn sie in verschiedenen Amtsbezirken liegen, zur Bildung eines Arbeitsgerichtes vereinigen.
3 Eine Einwohnergemeinde kann sich auch dem Arbeitsgericht einer andern Einwohnergemeinde anschliessen und auf die selbständige Wahl von Beisitzern verzichten.
4 Der Kanton fördert die Einrichtung von regionalen Arbeitsgerichten. [Eingefügt am 23. 8. 1990]

Art. 2

[Fassung vom 23. 6. 1993]
2. Staatliche Genehmigung [Fassung vom 23. 6. 1993] Der Beschluss der Einwohnergemeinde und das Gemeindereglement unterliegen der Genehmigung durch die zuständige Stelle der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion [Fassung vom 29. 10. 1997] .

Art. 3

3. Mitglieder des Gerichts
1 Das Arbeitsgericht besteht aus dem Präsident , den Beisitzern und dem Zentralsekretär, ferner aus dem Stellvertreter des Präsidenten [Fassung vom 23. 8. 1990] und den Stellvertretern des Zentralsekretärs.
2 Grosse Arbeitsgerichtsbezirke können mehrere Präsidenten [Fassung vom 23. 8. 1990] einsetzen.

Art. 4

4. Die Beisitzer a Gliederung nach Berufsgruppen
1 Das Gemeindereglement teilt die in Betracht fallenden Berufe in Berufsgruppen ein. Es sind höchstens zehn Gruppen zu bilden.
2 Jede Berufsgruppe hat ihre Beisitzer.
3 Das Gemeindereglement bestimmt die Zahl der Beisitzer. Diese darf für eine Berufsgruppe zwölf nicht übersteigen.

Art. 5

b Wahlberechtigung und Wählbarkeit
1 Wahlberechtigt und als Beisitzer wählbar ist jeder im Arbeitsgerichtsbezirk wohnhafte und in kantonalen Angelegenheiten stimmberechtigte Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
2 Für die Berufsgruppe der häuslichen Dienstboten ist als Arbeitgeber wahlberechtigt und wählbar, wer einen eigenen Haushalt führt.
3 Das Gemeindereglement kann Personen, die einen Geschäftsbetrieb oder den Zweig eines Geschäftsbetriebes leiten, den Arbeitgebern gleichstellen.

Art. 6

[Fassung vom 8. 5. 1984] c Wahl
1 Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeder Berufsgruppe wählen die Beisitzer je getrennt in gleicher Zahl aus ihrer Mitte.
2 Der Gemeinderat setzt eine Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen.
3 Das Recht, Wahlvorschläge einzureichen, steht den Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie je 50 stimmberechtigten Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu.
4 Ein einzelner Wahlvorschlag darf nicht mehr Bewerber enthalten als Sitze zu vergeben sind; überzählige Bewerber werden gestrichen.

Art. 7

[Fassung vom 8. 5. 1984] d Stille Wahl Werden für eine Berufsgruppe nicht mehr wählbare Bewerber vorgeschlagen als Sitze zu vergeben sind, so erklärt der Gemeinderat oder bei Vereinigung mehrerer Gemeinden zu einem Arbeitsgericht (Art. 1 Abs.
2) eine Delegation der Gemeinderäte die Bewerber als gewählt.

Art. 8

[Fassung vom 8. 5. 1984] e Wahl durch den Gemeinderat [Randtitel Fassung vom 8. 5. 1984]
1 Kommt die stille Wahl der Beisitzer einer Berufsgruppe nicht zustande, so ernennt der Gemeinderat oder bei Vereinigung mehrerer Gemeinden zu einem Arbeitsgericht eine Delegation der Gemeinderäte die Beisitzer. Auf die fachlichen Voraussetzungen und die angemessene Vertretung von Minderheiten ist Rücksicht zu nehmen.
2 In gleicher Weise werden die fehlenden Beisitzer ernannt, wenn weniger Bewerber vorgeschlagen werden als Sitze zu vergeben sind.

Art. 9

f Durchführung der öffentlichen Wahl ... [Aufgehoben am 8. 5. 1984]

Art. 10

g Wahl durch Gemeinderat ... [Aufgehoben am 8. 5. 1984]

Art. 11

h Ablehnung der Wahl
1 Die Annahme der Wahl als Beisitzer kann nur aus Gründen verweigert werden, die zur Ablehnung einer Gemeindebeamtung berechtigen. Wer das Amt eines Beisitzers zwei Jahre lang versehen hat, ist zur Ablehnung für die nächsten zwei Jahre befugt.
2 Unbegründete Weigerung, das Amt eines Beisitzers zu übernehmen, zieht die im Gemeindegesetz [BSG
170.11]
3 Der Gemeinderat (oder die Delegation der Gemeinderäte) entscheidet, ob die Weigerung, die Wahl anzunehmen, begründet ist.
4 Der Ablehnende kann binnen zehn Tagen an den Regierungsstatthalter rekurrieren. Gegen dessen Entscheid steht der Rekurs an den Regierungsrat gemäss Gemeindegesetz offen.

Art. 12

i Amtsdauer vorzeitiges Ende Abberufung
1 Die Beisitzer werden auf die Dauer von vier Jahren gewählt.
2 Sein Amt als Beisitzer verliert:
1. wer die Voraussetzungen der Wählbarkeit verliert;
2. wer seinen Beruf während eines Jahres nicht ausübt;
3. wer aus der Stellung des Arbeitgebers in diejenige eines Arbeitnehmers übertritt und umgekehrt;
4. wer den Bezirk des Arbeitsgerichts dauernd verlässt.
3 Die Abberufung eines Beisitzers richtet sich nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 7. Februar
1954 über das Dienstverhältnis der Behördemitglieder und des Personals der bernischen Staatsverwaltung [Aufgehoben durch G vom 5. 11. 1992 über das öffentliche Dienstrecht; BSG 153.01] .

Art. 13

[Fassung vom 8. 5. 1984] k Ergänzungswahlen Hat sich die Zahl der Beisitzer einer Berufsgruppe um den vierten Teil oder der Abteilung einer Berufsgruppe um die Hälfte vermindert, so sind Ergänzungswahlen nach Artikel 6–8 vorzunehmen.

Art. 14

5. Wählbarkeit Präsidium und Stellvertretung [Fassung vom 16. 3. 1995] Der Präsident und der Stellvertreter des Präsidenten müssen über eine abgeschlossene juristische Ausbildung verfügen. [Fassung vom 6. 6. 2001]

Art. 15

6. Wahl des Präsidenten, des Zentralsekretärs und der Stellvertreter [Fassung vom 16. 3. 1995]
1 Die Beisitzer werden nach ihrer Wahl vom Gemeinderat (oder von der Delegation der Gemeinderäte) zu einer Versammlung einberufen, in der sie gemeinsam in geheimer Abstimmung wählen: [Fassung vom 16.
3. 1995]
1. den Präsidenten und seinen Stellvertreter;
2. den Zentralsekretär und seine Stellvertreter.
2 Wird ein zweiter Wahlgang nötig, so entscheidet das relative Mehr, bei Stimmengleichheit das Los.
3 Die Versammlung wird von einem Mitglied des Gemeinderates (oder der Delegation der Gemeinderäte) geleitet. Ein von der Versammlung zu bezeichnender Sekretär führt das Protokoll.

Art. 16

7. Beeidigung ... [Aufgehoben am 16. 3. 1995] II. Allgemeine Vorschriften

Art. 17

1. Gerichtsreglement
1 Jedes Arbeitsgericht stellt ein Reglement auf, das die Sitzungstage und Sitzungsstunden und die Reihenfolge, in der die Mitglieder einzuberufen sind, bestimmt. Die Sitzungen sollen auf eine Tageszeit gelegt werden, die der beruflichen Tätigkeit der Richter am wenigsten hinderlich ist.
2 Das Reglement kann den Präsidenten und den Zentralsekretär ermächtigen, für einzelne Fälle die Reihenfolge abzuändern und nötigenfalls Beisitzer bestimmter Berufe oder Berufszweige einzuberufen.
3 Das Reglement ist im Sitzungszimmer und im Büro des Zentralsekretärs anzuschlagen.

Art. 18

2. Sitzungslokale Die Gemeinden haben unentgeltlich Lokale für die Sitzungen zur Verfügung zu stellen.

Art. 19

3. Öffentlichkeit
1 Die Sitzungen, Beratungen und Abstimmungen der Arbeitsgerichte sind öffentlich.
2 Wo es die Sittlichkeit oder ein schutzwürdiges Interesse eines Beteiligten gebietet, darf die Öffentlichkeit durch Gerichtsbeschluss für die ganze oder für einen Teil der Verhandlung ausgeschlossen werden. [Fassung vom 23. 8. 1990]

Art. 20

[Fassung vom 23. 8. 1990]
4. Rechtshilfe Gesuche um Rechtshilfe sind von den Arbeitsgerichten an die ordentlichen Gerichtspräsidenten zu richten.

Art. 21

5. Zustellung Die Zustellung der brieflichen Ladung steht einer gerichtlichen Vorladung gleich.

Art. 22

6. Vorschriften des Bundes Besondere Verfahrensvorschriften in arbeitsrechtlichen Sondergesetzen des Bundes sind zu beachten.

Art. 23

7. Ergänzung durch die Zivilprozessordnung Kann dem Dekret keine Vorschrift entnommen werden, so ist die Zivilprozessordnung heranzuziehen.

Art. 24

8. Unentgeltliche Prozessführung
1 Zuständig zur Beiordnung eines Anwaltes gemäss den Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die unentgeltliche Prozessführung ist:
1. vor Eintritt der Rechtshängigkeit des Prozesses: der Präsident [Fassung vom 23. 8. 1990] des Arbeitsgerichtes desjenigen Bezirkes, wo die örtliche Zuständigkeit für den beabsichtigten Prozess gegeben ist;
2. nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Prozesses: das mit der Hauptsache befasste Arbeitsgericht.
2 Zuständig zum Entzug der Beiordnung eines Anwaltes ist das mit der Hauptsache befasste Arbeitsgericht.

Art. 25

[Fassung vom 23. 8. 1990]
9. Disziplin Das Gericht kann eine Verletzung der ihm während der Verhandlungen schuldigen Achtung mit Verweis oder mit Busse bis zu 500 Franken bestrafen. III.

Art. 26

[Fassung vom 23. 8. 1990]
1. Sachliche Zuständigkeit
1 Die Arbeitsgerichte beurteilen endgültig die ihnen durch das Gesetz über die Organisation der Gerichtsbehörden und die Zivilprozessordnung übertragenen Streitigkeiten.
2 Eine Widerklage, deren Streitwert die sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes übersteigt, kann nicht angebracht werden.
3 Die von mehreren Klägern gegen denselben Beklagten geltend gemachten Ansprüche werden nicht zusammengerechnet.

Art. 27

2. Örtliche Zuständigkeit ... [Aufgehoben am 20. 11. 2002]

Art. 28

3. Verhältnis zu andern Gerichten
1 Die Zuständigkeit eines Arbeitsgerichtes schliesst jene der ordentlichen Gerichte aus.
2 Verteidigt sich der Beklagte vor einem unzuständigen ordentlichen Gericht oder unzuständigen
Arbeitsgericht, ohne dessen Zuständigkeit zu bestreiten, so wird dieses zur Beurteilung zuständig. Das Gericht kann sich indessen von Amtes wegen unzuständig erklären.

Art. 29

4. Spruchbehörde
1 Zur Verhandlung und Beurteilung besteht das Arbeitsgericht aus dem Präsidenten, zwei Beisitzern und dem Zentralsekretär. [Fassung vom 23. 8. 1990]
2 Einer der Beisitzer muss der Abteilung der Arbeitgeber, der andere derjenigen der Arbeitnehmer angehören. [Fassung vom 23. 8. 1990]
3 Wird ein Urteil gefällt, so muss die Mehrzahl der Richter an allen für das Urteil wesentlichen Prozessverhandlungen teilgenommen haben.

Art. 30

5. Ausstand und Ablehnung
1 Ein Beisitzer darf an der Behandlung und Beurteilung einer Rechtssache nicht teilnehmen, wenn ein Ausstandsgrund gemäss Artikel 10 der Zivilprozessordnung [BSG 271.1] vorliegt.
2 Ein Beisitzer kann abgelehnt werden aus den in Artikel 11 der Zivilprozessordnung aufgeführten Gründen, ferner dann, wenn er Arbeitgeber oder Arbeitnehmer einer Partei ist. Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Arbeitsgericht unter Ausschluss des betreffenden Mitgliedes.
3 Den gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründen unterliegen auch der Präsident, der Zentralsekretär und ihre Stellvertreter. [Fassung vom 23. 8. 1990]
4 Bei Ausstand oder Ablehnung wird der Präsident durch einen andern Präsidenten oder seinen Stellvertreter, ein Beisitzer durch einen andern Beisitzer und der Zentralsekretär durch seinen Stellvertreter ersetzt. [Fassung vom 23. 8. 1990]

Art. 31

6. Ausbleiben von der Sitzung ... [Aufgehoben am 23. 8. 1990]

Art. 32

7. Aufgabe des Obmanns
1 Der Präsident [Fassung vom 23. 8. 1990] leitet die Verhandlungen des Arbeitsgerichts sowie die allenfalls notwendig werdenden Plenarversammlungen.
2 Ist er verhindert oder finden gleichzeitig mehrere Gerichtsverhandlungen statt, so vertritt ihn sein Stellvertreter.
3 Sind mehrere Präsidenten und Stellvertreter gewählt, so teilen sie sich in die Aufgabe. Das Gemeindereglement ordnet das Nötige an.

Art. 33

8. Aufgabe des Zentralsekretärs
1 Der Zentralsekretär hat während der durch die Vollversammlung bestimmten und öffentlich bekanntzumachenden Stunden in allen in den Kompetenzkreis des Arbeitsgerichts fallenden Fragen unentgeltlich Rat und Auskunft zu erteilen, die Begehren der Rechtssuchenden entgegenzunehmen und dem Präsidenten [Fassung vom 23. 8. 1990] zu unterbreiten.
2 Er erlässt die Einladungen zu den verschiedenen Sitzungen und die Ladungen an die Parteien, führt die Protokolle der Vollversammlung und der Gerichtsverhandlungen und besorgt alle erforderlichen Ausfertigungen und Mitteilungen.
3 Er leitet die Kanzlei und besorgt das Rechnungswesen.
4 Ist er verhindert oder finden mehrere Sitzungen gleichzeitig statt, so ersetzt ihn sein Stellvertreter.

Art. 34

[Fassung vom 16. 3. 1995]
9. Aufsicht
1 Die Aufsicht über die rechtspflegende Tätigkeit der Arbeitsgerichte übt der Appellationshof aus.
2 Die Aufsicht über die übrige Tätigkeit der Arbeitsgerichte übt die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion aus.
3 Die Arbeitsgerichte haben dem Appellationshof und der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion jährlich einen Bericht und eine tabellarische Übersicht über die Verrichtungen einzureichen. IV.

Art. 35

1. Ausbleiben beider Parteien Bleiben beide Parteien aus, so ruht das Verfahren, bis die Ansetzung eines neuen Verhandlungstermins beim Zentralsekretär verlangt wird.

Art. 36

2. Ausbleiben einer Partei a Einseitige Verhandlung
1 Bleibt eine Partei aus, so wird die Klage auf Grundlage der Anbringen der anwesenden Partei beurteilt. Das Gericht berücksichtigt die ihm von der ausgebliebenen Partei vor dem Termin gemachten schriftlichen Mitteilungen oder eingesandten Belege nach freiem Ermessen.
2 Der ausgebliebenen Partei ist das Urteil binnen zehn Tagen durch eingeschriebenen Brief unter Hinweis auf das Rechtsmittel der Nichtigkeitsklage mitzuteilen. [Fassung vom 23. 8. 1990]

Art. 37

b Wiedereinsetzung
1 Die ausgebliebene Partei kann binnen zehn Tagen nach Mitteilung des Urteils beim Zentralsekretär schriftlich oder mündlich zu Protokoll, unter Angabe der Gründe, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verlangen. Alsdann ladet der Zentralsekretär die Parteien zu einer neuen Gerichtssitzung vor. [Fassung vom 23. 8. 1990]
2 Im neuen Termin wird dem Begehren um Wiedereinsetzung entsprochen, sofern die Partei ihr Ausbleiben vom ersten Termin genügend entschuldigt.
3 Wiedereinsetzung ist in der gleichen Streitsache nur einmal möglich. V. Verfahren

Art. 38

1. Einleitung
1 Wer eine Streitsache dem Arbeitsgericht zur Beurteilung vorlegen will, hat sein Begehren schriftlich oder mündlich beim Zentralsekretär anzubringen.
2 Dieser kann, besonders in dringenden Fällen, eine aussergerichtliche Verständigung anstreben. Wird die gerichtliche Erledigung des Streites notwendig, so trifft er alle zur Vorbereitung des Termins notwendigen Verfügungen. Er teilt dem Kläger Tag, Stunde und Ort der Sitzung des Gerichtes mit und erlässt an den Beklagten eine Ladung durch eingeschriebenen Brief, die ausser diesen Angaben das Klagebegehren und die Androhung enthalten soll, dass im Falle des Ausbleibens die vorgesehenen Folgen eintreten werden.
3 Je nach Dringlichkeit der Sache kann die Verhandlung auf einen nähern oder entfernteren Termin angesetzt werden.
4 In der Regel soll die briefliche Ladung dem Beklagten spätestens zwei Tage vor dem Termin zukommen.

Art. 39

2. Persönliches Erscheinen, Vertretung oder Verbeiständigung der Parteien
1 Die Parteien haben persönlich zu erscheinen und ihre Sache mündlich vorzubringen.
2 Die am persönlichen Erscheinen verhinderte natürliche Person kann sich durch einen erwachsenen Familienangehörigen vertreten lassen. [Fassung vom 23. 8. 1990]
3 Juristische Personen sowie Kollektiv- oder Kommanditgesellschaften können sich durch eine mit der Geschäftsführung betraute Person mit Unterschriftsberechtigung für die streitige Sache vertreten lassen. [Fassung vom 23. 8. 1990]
4 Der Arbeitnehmer kann sich im Termin durch einen Berufskollegen verbeiständen lassen. [Eingefügt am
23. 8. 1990]
5 ... [Aufgehoben am 16. 3. 1995]

Art. 40

3. Verfahren in der Verhandlung a Gütliche Einigung
1 Das Gericht hört in der Verhandlung die Parteien an und versucht sie gütlich zu einigen.
2 Ein Vergleich ist in das Protokoll aufzunehmen und vom Präsidenten [Fassung vom 23. 8. 1990] den Parteien zu unterzeichnen, ebenso eine Anerkennung oder ein Abstand.
3 Vergleich, Abstand und Anerkennung stehen alsdann einem rechtskräftigen Urteil gleich.

Art. 41

b Beurteilung
1 Misslingt eine Einigung, so ermittelt das Gericht den Sachverhalt und urteilt.
2 Zu einer zweiten Verhandlung soll nur ausnahmsweise geschritten werden. Der Termin ist den Parteien in der Regel sofort bekannt zu geben, womit sie vorgeladen sind.

Art. 42

4. Beweisführung a Untersuchungsgrundsatz
1 Das Gericht ermittelt den Sachverhalt von Amtes wegen.
2 Es ordnet an, über welche Tatsachen, durch welche Partei und mit welchen Beweismitteln der Beweis zu führen ist.

Art. 43

b Beweismittel
1 Zulässig sind die in der Zivilprozessordnung (Art. 212) genannten Beweismittel.
2 Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkundenbeweis (Art. 229–242), über den Zeugenbeweis (Art. 243–259), über den Beweis durch Augenschein und Sachverständige (Art. 260–271) und über das Parteiverhör (Art. 273–281) sind anzuwenden.
3 Die Parteien haben die in ihren Händen befindlichen Urkunden, auf die sie sich berufen wollen, mitzubringen.
4 Zeugen, deren Einvernahme das Gericht beschliesst, sind, falls sie nicht von den Parteien zur Verhandlung mitgebracht werden, vom Zentralsekretär durch eingeschriebenen Brief vorzuladen.
5 Für Sachverständige kann Einvernahme zu Protokoll oder schriftliche Abgabe des Gutachtens verfügt werden.
6 Zur Vornahme von Augenscheinen kann das Gericht den Präsidenten [Fassung vom 23. 8. 1990] oder ein anderes seiner Mitglieder abordnen.

Art. 44

5. Urteilsberatung und Abstimmung
1 Unmittelbar an die Verhandlung anschliessend schreitet das Gericht zur Beratung und Abstimmung.
2 Der Präsident [Fassung vom 23. 8. 1990] leitet den Gang der Beratung, er stellt die Fragen und lässt abstimmen. Liegen mehr als zwei Anträge vor, bereinigt er sie durch Eventualabstimmungen.
3 Meinungsverschiedenheiten über Gegenstand, Fassung und Reihenfolge der Fragen oder über das Ergebnis der Abstimmung entscheidet das Gericht.
4 Kein Richter darf sich der Stimme enthalten, auch nicht der bei der Abstimmung über eine vorhergehende Frage in Minderheit Gebliebene.

Art. 45

6. Urteilseröffnung
1 Das Urteil wird den Parteien sofort mündlich eröffnet unter Hinweis auf das Rechtsmittel der
Nichtigkeitsklage (Art. 47).
2 Auf Verlangen stellt der Zentralsekretär einer Partei eine schriftliche Ausfertigung des Urteils kostenlos zu.

Art. 46

[Fassung vom 23. 8. 1990]
7. Protokoll und Begründung
1 Über die Verhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen, das die Mitglieder des Gerichts und die Parteien nennt und die Anträge, die richterlichen Verfügungen, die Beweisergebnisse und das Urteil festhält. Es ist vom Präsidenten und vom Zentralsekretär zu unterzeichnen.
2 Wird eine Nichtigkeitsklage erhoben, so ist dem Urteil binnen zehn Tagen eine vom Präsidenten und vom Zentralsekretär unterzeichnete schriftliche Begründung beizufügen. VI.

Art. 47

1. Nichtigkeitsklage a Gründe Gegen ein Urteil des Arbeitsgerichtes kann die Nichtigkeitsklage eingereicht werden:
1. wenn der Urteilstermin dem Nichtigkeitskläger nicht bekanntgemacht worden ist und er sich auch nicht eingefunden hat;
2. wenn das Arbeitsgericht nicht vorschriftsmässig besetzt war;
3. wenn dem Nichtigkeitskläger das rechtliche Gehör verweigert worden ist;
4. wenn die unterlegene Partei nicht handlungsfähig war und keinen gesetzlichen Vertreter hatte;
5. wenn einer Partei mehr zugesprochen wurde, als sie verlangt hat;
6. wenn dem Arbeitsgericht die sachliche oder örtliche Zuständigkeit fehlte und der Nichtigkeitskläger diesen Mangel in der Gerichtsverhandlung gerügt hat;
7. wenn das Urteil klares Recht verletzt, indem es mit einer bestimmten Gesetzesvorschrift des Zivil- oder Prozessrechtes in Widerspruch steht oder sich auf eine offenbar unrichtige Akten- oder Beweiswürdigung gründet.

Art. 48

b Einlegung
1 Die Nichtigkeitsklage ist binnen zehn Tagen seit Urteilseröffnung beim Zentralsekretär schriftlich unter Angabe der Nichtigkeitsgründe einzulegen.
2 Der Zentralsekretär teilt die Nichtigkeitsklage schriftlich der Gegenpartei mit unter Ansetzung einer Frist von zehn Tagen zur Einreichung von Gegenbemerkungen. [Fassung vom 23. 8. 1990]
3 Nach Ablauf dieser Frist sendet der Zentralsekretär die Akten an den Appellationshof.
4 Auf Antrag des Nichtigkeitsklägers entscheidet der Präsident des Appellationshofes, ob die Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils einzustellen sei.

Art. 49

c Gutheissung der Nichtigkeitsklage
1 Ist die Nichtigkeitsklage begründet, so weist der Appellationshof die Sache zur Neubeurteilung an das Arbeitsgericht zurück. Seine rechtlichen Erwägungen binden das Arbeitsgericht.
2 Richter, die beim ersten Entscheid mitgewirkt haben, müssen in den Ausstand treten.
3 Im Falle der Nichtigkeitsklage nach Artikel 47 Ziffer 7 kann der Appellationshof, wenn die Akten vollständig sind, anstelle des aufgehobenen Urteils ein neues setzen.

Art. 50

2. Das Neue Recht a Zulässigkeit Binnen Jahresfrist seit Urteilseröffnung kann die unterlegene Partei beim Arbeitsgericht, das geurteilt hat, das Neue Recht verlangen, a wenn ihr seit der Beurteilung neue erhebliche Tatsachen bekannt geworden sind;
b wenn sie Beweismittel, die zur Erwahrung erheblicher Tatsachen dienen, erst nach Ausfällung des Urteils entdeckt oder zur Hand gebracht hat.

Art. 51

b Verfahren
1 Das Gericht urteilt nach Anhörung der Parteien zuerst über die Frage, ob hinreichende Gründe, auf eine Änderung des früheren Urteils einzutreten, vorgebracht werden.
2 Verneint es das, so weist es das Gesuch ab, und es hat mit dem früheren Urteil sein Bewenden.
3 Erachtet es Neurechtsgründe als gegeben, so hebt es das frühere Urteil auf und entscheidet aufs neue.

Art. 52

3. Vollstreckung Die Urteile der Arbeitsgerichte sind zehn Tage nach ihrer Eröffnung, gleichgestellte Vergleiche, Anerkennungen und Abstandserklärungen (Art. 40) zehn Tage nach der Unterzeichnung vollstreckbar. VII. Kosten

Art. 53

1. Gerichtskosten a Kostenfreiheit Den Parteien dürfen weder Gebühren noch Auslagen des Gerichts auferlegt werden.

Art. 54

[Fassung vom 23. 8. 1990] b Mutwillige Prozessführung Prozessiert eine Partei mutwillig, so kann das Gericht sie mit einer Busse bis zu 500 Franken bestrafen und ihr, ganz oder teilweise, die Gebühren im Rahmen von 50 bis 500 Franken und die Auslagen des Gerichts auferlegen.

Art. 55

2. Entschädigung des Gerichtspersonals
1 Durch Gemeindereglement werden festgesetzt: a die Entschädigung der Präsidenten [Fassung vom 23. 8. 1990] , des Zentralsekretärs sowie der Stellvertreter; b die Sitzungsgelder der Beisitzer; c die Entschädigung des Kanzleipersonals.
2 Die Genehmigung dieses Reglementes richtet sich nach Artikel 2. [Fassung vom 23. 6. 1993]

Art. 56

3. Entschädigung der Zeugen und Sachverständigen Die den Zeugen und Sachverständigen auszurichtenden Entschädigungen bestimmt das Arbeitsgericht nach Billigkeit.

Art. 57

4. Kosten des Arbeitsgerichts
1 Die Tragung der Kosten des Arbeitsgerichts einschliesslich der Entschädigungen der unentgeltlich beigeordneten Anwälte richtet sich nach Artikel 69 des Gesetzes vom 14. März 1995 über die Organisation der Ge-richtsbehörden in Zivil- und Strafsachen (GOG).
2 Von den Parteien bezahlte Bussen, Gebühren und Auslagen (Art. 54) werden als Beitrag an diese Kosten verwendet.
3 Vereinigen sich mehrere Gemeinden zur Bildung eines Arbeitsgerichts oder schliesst sich eine Gemeinde dem Arbeitsgericht einer andern Gemeinde an, so tragen die beteiligten Gemeinden ihren Kostenanteil in dem Verhältnis, wie ihre Einwohner das Arbeitsgericht beanspruchen, sofern die Gemeinden nicht eine andere Kostenteilung beschliessen. VIII. Schluss- und Übergangsbestimmungen

Art. 58

Übergangsbestimmung für Richter und Gerichtspersonal Die gegenwärtigen Präsidenten , Beisitzer, Zentralsekretäre und ihre Stellvertreter bleiben bis zum Ablauf ihrer Amtsperiode in Funktion.

Art. 59

Inkrafttreten Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens [1. 4. 1972] dieses Dekretes.

Art. 60

Aufhebung des bisherigen Dekretes Durch dieses Dekret wird das Dekret über die Gewerbegerichte vom 11. März 1924 aufgehoben. Bern, 9. November 1971 Freiburghaus Josi Anhang
9. 11. 1971 D GS 1971/309, in Kraft am 1. 4. 1972 Änderungen
30. 8. 1978 D GS 1978/141, in Kraft am 1. 1. 1979
8. 5. 1984 D GS 1984/68, in Kraft am 1. 7. 1984
19. 2. 1986 D GS 1986/122, in Kraft am 1. 1. 1987
23. 8. 1990 D GS 1990/379, in Kraft am 1. 1. 1991 [RRB Nr. 4078 vom 31. 10. 1990]
9. 11. 1992 D GS 1992/412, in Kraft am 1. 4. 1993 [RRB Nr. 926 vom 3. 3. 1993]
23. 6. 1993 D GS 1993/440, in Kraft am 1. 1. 1994
10. 11. 1993 V GS 1993/696, in Kraft am 1. 1. 1994
16. 3. 1995 D über die Organisation der Gerichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft, BAG 95–68 (Art.
29), in Kraft am 1. 1. 1997
29. 10. 1997 V BAG 97–96, in Kraft am 1. 1. 1998
6. 6. 2001 D BAG 01–64, in Kraft am 1. 1. 2002
20. 11. 2002 D BAG 03–50, in Kraft am 1. 8. 2003
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