Abkommen über die Anwendung von Artikel VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkomm... (0.632.223)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen über die Anwendung von Artikel VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 3

Abgeschlossen in Genf am 30. Juni 1967 Von der Bundesversammlung genehmigt am 20. Dezember 1967⁴ ¹ AS 1967 1894 ; BBl 1967 II 605 ² Der französische Text findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung. ³ Dieses Abkommen gilt als gekündigt für jene Vertragsparteien, die das Übereink. vom 12. April 1979 angenommen haben ( SR 0.632.231.2 Art. 16 Ziff. 5). ⁴ Art. 1 Abs. 1 Bst. c des BB vom 20. Dez. 1967 ( AS 1967 1717 ). Siehe auch den BRB vom 22. Dez. 1967 über die Genehmigung und Durchführung der im Rahmen der sechsten Handels- und Zollkonferenz des GATT (Kennedy-Runde) abgeschlossenen nicht tarifarischen Übereinkommen ( AS 1967 1983 ).
Die Parteien dieses Abkommens,
In Erwägung, dass die Minister am 21. Mai 1963 übereingekommen sind, dass eine wesentliche Liberalisierung des Welthandels wünschenswert sei und dass die umfassenden Wirtschaftsverhandlungen, die Handelskonferenz 1964, sich nicht nur mit Zöllen, sondern auch mit nichttarifarischen Handelshindernissen befassen sollten;
In Erkenntnis, dass die Methoden der Dumpingabwehr keine ungerechtfertigte Behinderung des internationalen Handels darstellen sollten und dass Antidumpingzölle nur dann zum Schutz gegen Dumping erhoben werden dürfen, wenn dieses Dumping eine bedeutende Schädigung eines bestehenden Industriezweiges verursacht oder zu verursachen droht, oder wenn es den Aufbau eines Industriezweiges erheblich verzögert;
In Erwägung, dass das Bestehen angemessener und offener Verfahrensregeln als Grundlage für eine vollständige Untersuchung von Dumpingfällen erwünscht ist;
Im Wunsche, die Bestimmungen von Artikel VI des Allgemeinen Abkommens⁵ auszulegen und Vorschriften für ihre Anwendung auszuarbeiten, um grössere Einheitlichkeit und Sicherheit in ihrer Anwendung zu erreichen;
Sind wie folgt übereingekommen:
⁵ SR 0.632.21

Erster Teil Antidumping-Kodex

Art. 1
Die Erhebung eines Antidumpingzolls ist eine Massnahme, die nur unter den in Artikel VI des Allgemeinen Abkommens vorgesehenen Voraussetzungen ergriffen werden kann. Die folgenden Bestimmungen regeln die Anwendung dieses Artikels für den Fall, dass Massnahmen auf Grund von Antidumpinggesetzen oder -vor­schriften ergriffen werden.

A. Feststellung des Dumpings

Art. 2
a)  Im Sinne dieses Kodexes bildet eine Ware dann Gegenstand eines Dumpings, das heisst sie wird unter ihrem normalen Wert auf den Markt eines Einfuhrlandes gebracht, wenn der Ausfuhrpreis der von einem Land in ein anderes ausgeführten Ware niedriger ist als der vergleichbare Preis einer zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr.
b)  In diesem Kodex ist unter einer «gleichartigen Ware» («like product», «produit similaire») eine Ware zu verstehen, die mit der ersten Ware identisch, das heisst in jeder Hinsicht gleichartig wie die in Frage stehende Ware ist, oder, wenn es eine solche Ware nicht gibt, eine andere Ware, die, auch wenn sie nicht in jeder Hinsicht gleichartig ist, charakteristische Merkmale aufweist, die denjenigen der fraglichen Ware sehr ähnlich sind.
c)  Werden Waren nicht unmittelbar aus dem Ursprungsland eingeführt, sondern von einem Drittland aus nach dem Einfuhrland ausgeführt, so wird der Preis, zu dem diese Waren vom Ausfuhrland an das Einfuhrland verkauft werden, im allgemeinen mit dem vergleichbaren Preis im Ausfuhrland verglichen. Es kann jedoch auch ein Vergleich mit dem Preis im Ursprungsland angestellt werden, wenn die Waren zum Beispiel durch das Ausfuhrland nur durchgeführt oder solche Waren im Ausfuhrland nicht hergestellt werden oder wenn es dort keinen vergleichbaren Preis für sie gibt.
d)  Werden im normalen Handelsverkehr auf dem Inlandmarkt des Ausfuhrlandes keine gleichwertigen Waren verkauft oder lassen solche Verkäufe wegen der besonderen Marktlage keinen gültigen Vergleich zu, so wird die Dumpingspanne entweder durch Vergleich mit einem vergleichbaren Preis der in ein Drittland ausgeführten gleichartigen Ware bestimmt, wobei dieser Preis der höchste Ausfuhrpreis sein kann, jedoch ein repräsentativer Preis sein sollte, oder durch Vergleich mit den Herstellungskosten im Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Beitrages für Verwaltungs-, Verkaufs- und sonstige Kosten sowie für den Gewinn. Im Allgemeinen darf der Gewinnzuschlag den normalerweise bei Verkäufen von Waren der gleichen allgemeinen Kategorie auf dem Inlandmarkt des Ursprunglandes erzielten Gewinn nicht übersteigen.
e)  Gibt es keinen Ausfuhrpreis oder sind die zuständigen Behörden⁶* der Ansicht, dass er wegen einer geschäftlichen Verbindung oder einer Kompensationsverein­barung zwischen dem Exporteur und dem Importeur oder einem Dritten nicht massgebend ist, so kann der Ausfuhrpreis auf der Grundlage des Preises, zu dem die eingeführten Waren erstmals an einen unabhängigen Käufer weiterverkauft werden, oder, wenn die Waren nicht an einen unabhängigen Käufer oder nicht in dem Zustand, in dem sie eingeführt wurden, weiterverkauft werden, auf einer von den Behörden festzusetzenden vernünftigen Grundlage ermittelt werden.
f)  Um einen gerechten Vergleich zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Inlandpreis des Ausfuhrlandes (oder des Ursprunglandes) oder gegebenenfalls dem gemäss den Bestimmungen von Artikel VI Absatz 1b) des Allgemeinen Abkommens festgelegten Preis anstellen zu können, werden beide Preise auf der gleichen Handelsstufe miteinander verglichen, normalerweise auf der Stufe ab Werk und in Bezug auf Verkäufe, die zu möglichst nahe beieinander liegenden Zeitpunkten vorgenommen wurden. Die Unterschiede in den Verkaufsbedingungen, in der Besteuerung und sonstige die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussende Umstände sind je nach der Lage des einzelnen Falles gebührend zu berücksichtigen. In den in Absatz e) genannten Fällen sollten auch die zwischen Einfuhr und Weiterverkauf entstandenen Kosten einschliesslich der Zölle und Steuern sowie die erzielten Gewinne berücksichtigt werden.
g)  Dieser Artikel gilt unabhängig von der zweiten ergänzenden Bestimmung zu Artikel VI Absatz 1 des Allgemeinen Abkommens in Anhang I zum Allgemeinen Abkommen.
⁶* In diesem Kodex sind unter «Behörden» solche auf angemessener höherer Ebene zu verstehen.

B. Feststellung der bedeutenden Schädigung, der Drohung einer bedeutenden Schädigung und der erheblichen Verzögerung

Art. 3 Feststellung der Schädigung ⁷ *
a)  Die zuständigen Behörden werden die Feststellung, dass eine Schädigung vorliegt, nur treffen, wenn sie überzeugt sind, dass die Dumpingeinfuhren nachweisbar die Hauptursache einer bedeutenden Schädigung oder der Drohung einer bedeutenden Schädigung eines inländischen Industriezweiges oder einer erheblichen Verzögerung im Aufbau eines inländischen Industriezweiges sind. Um zu ihrem Entscheid zu gelangen, wägen die Behörden einerseits die Auswirkungen des Dumpings und anderseits die Gesamtheit aller sonstigen Faktoren, die eine ungünstige Auswirkung auf einen Industriezweig haben können, gegeneinander ab. Die Feststellung muss sich in jedem Fall auf konkrete Feststellungen und nicht auf blosse Behauptungen oder entfernte Möglichkeiten stützen. Im Falle einer Verzögerung im Aufbau eines neuen Industriezweiges im Einfuhrland müssen überzeugende Beweise für die bevorstehende Errichtung einer Produktionsstätte beigebracht werden, wie zum Beispiel der Nachweis, dass die Pläne für den Aufbau eines neuen Industriezweiges ziemlich weit fortgeschritten sind, dass eine Fabrik im Bau ist oder Maschinen bestellt worden sind.
b)  Die Bewertung der Schädigung, das heisst die Bewertung der Auswirkungen der Dumpingeinfuhren auf den betroffenen Industriezweig, beruht auf der Untersuchung aller Faktoren, die die Lage dieses Industriezweiges beeinflussen, wie zum Beispiel der bisherigen und künftigen Entwicklung von Umsatz, Marktanteil, Gewinn, Preisen (einschliesslich des Ausmasses, um das der Lieferpreis der verzollten Ware niedriger oder höher ist als der vergleichbare, bei normalen Handelsgeschäften im Einfuhrland vorherrschende Preis der vergleichbaren Ware), der Ausfuhrergebnisse, der Beschäftigtenzahl, des Umfangs der Dumpingeinfuhren und der sonstigen Einfuhren, des Grades der Kapazitätsausnutzung des inländischen Industriezweiges und der Produktivität; ferner sind restriktive Handelspraktiken zu berücksichtigen. Für den Entscheid sind weder eines noch mehrere dieser Kriterien notwendigerweise ausschlaggebend.
c)  Um festzustellen, ob die Dumpingeinfuhren eine Schädigung verursacht haben, werden alle sonstigen Faktoren geprüft, die – einzeln oder gesamthaft – eine ungünstige Auswirkung auf den Industriezweig haben können, zum Beispiel Umfang und Preis der ohne Dumping getätigten Einfuhren der fraglichen Ware, der Wettbewerb zwischen den inländischen Herstellern selbst, der Rückgang der Nachfrage infolge des Erscheinens von Substitutionswaren oder infolge von Veränderungen der Verbrauchergewohnheiten.
d)  Die Auswirkung der Dumpingeinfuhren wird durch Vergleich mit der inländischen Produktion der gleichartigen Ware gemessen, sofern die verfügbaren Unter­lagen eine Abgrenzung der Produktion anhand von Kriterien wie Produktionsverfahren, Produktionsleistung, Gewinn erlauben. Lässt sich der die gleichartige Ware herstellende inländische Industriezweig nicht nach diesen Kriterien abgrenzen, so wird die Auswirkung der Dumpingeinfuhren durch den Vergleich mit der Produk­tion der kleinsten, die gleichartige Ware miteinschliessenden Gruppe oder Reihe von Waren gemessen, für die die erforderlichen Angaben erhältlich sind.
e)  Die Feststellung, dass eine bedeutende Schädigung droht, muss auf Tatsachen und nicht bloss auf Behauptungen, Vermutungen oder entfernten Möglichkeiten beruhen. Das Eintreten von Umständen, unter denen das Dumping eine bedeutende Schädigung verursachen würde, muss deutlich vorauszusehen sein und unmittelbar bevorstehen⁸*.
f)  In den Fällen, in denen Dumpingeinfuhren eine bedeutende Schädigung zu verursachen drohen, ist die Frage der Anwendung von Antidumpingmassnahmen mit besonderer Sorgfalt zu untersuchen und zu entscheiden.
⁷* In diesem Kodex gilt als «Schädigung», sofern nichts anderes bestimmt ist, eine bedeutende Schädigung eines inländischen Industriezweiges, die Drohung einer bedeutenden Schädigung eines inländischen Industriezweiges oder eine erhebliche Verzögerung im Aufbau eines inländischen Industriezweiges.
⁸* Ein Beispiel – wenn auch kein ausschliessliches – wäre in dem Fall zu erblicken, in dem überzeugende Gründe für die Annahme sprechen, dass die Einfuhren der fraglichen Ware zu Dumpingpreisen erheblich zunehmen werden.
Art. 4 Definition des Begriffs «Industriezweig»
a)  Für die Feststellung einer Schädigung ist unter «inländischer Industriezweig» die Gesamtheit der inländischen Hersteller gleichartiger Waren oder diejenigen unter ihnen zu verstehen, deren Gesamtproduktion den Hauptanteil an der inländischen Produktion dieser Waren ausmacht, ausser in folgenden Fällen:
i) Sind Hersteller gleichzeitig Importeure der Ware, die angeblich Gegenstand eines Dumpings ist, so können unter «Industriezweig» die übrigen Hersteller verstanden werden.
ii) Unter aussergewöhnlichen Umständen kann ein Land in Bezug auf die betreffende Produktion in zwei oder mehrere Wettbewerbsräume aufgeteilt und die Hersteller innerhalb jedes Marktes als ein eigener Industriezweig angesehen werden, wenn infolge der Transportkosten alle Hersteller innerhalb eines solchen Marktes die Gesamtheit oder fast die Gesamtheit ihrer Produktion der betreffenden Ware auf diesem Markt verkaufen und keine oder fast keine der gleichen, in einem anderen Teil des Landes erzeugten Waren auf diesem Markt verkauft werden, oder wenn besondere regionale Marktbedingungen bestehen (z. B. traditionelle Verteilungsstrukturen oder Verbrauchergewohnheiten), die die Hersteller eines solchen Marktes im gleichen Grade von der übrigen Produktion isolieren; unter solchen Umständen setzt jedoch die Feststellung einer Schädigung voraus, dass die Gesamtheit oder fast die Gesamtheit der Produktion dieser Ware auf dem beschriebenen Markt eine Schädigung erfährt.
b)  Falls zwei oder mehrere Länder einen Grad der Integration erreicht haben, dass sie die Merkmale eines einzigen einheitlichen Marktes aufweisen, gelten die Hersteller im gesamten Integrationsraume als Wirtschaftszweig im Sinne von Absatz a dieses Artikels.
c)  Artikel 3 Absatz d findet auf diesen Artikel Anwendung.

C. Untersuchung und Verfahren

Art. 5 Einleitung des Verfahrens und anschliessende Untersuchung
a)  Die Untersuchung wird im Allgemeinen auf Antrag des betroffenen Industriezweiges⁹* eingeleitet. Der Antrag muss sich sowohl in Bezug auf das Dumping als auch auf die sich daraus ergebende Schädigung des Industriezweiges auf Beweise stützen. Die zuständigen Behörden können unter besonderen Umständen eine Untersuchung ohne Antrag einleiten, sofern sie sowohl in Bezug auf das Dumping als auch auf die sich daraus ergebende Schädigung über Beweise verfügen.
b)  Von der Eröffnung der Untersuchung an sollten die Beweise für das Dumping wie für die Schädigung gleichzeitig geprüft werden. Auf jeden Fall werden die Beweise für das Dumping wie für die Schädigung dann gleichzeitig geprüft, wenn eine Entscheidung darüber getroffen werden soll, ob eine Untersuchung einzuleiten ist oder nicht, sowie auch später während der Untersuchung, und zwar spätestens von dem Zeitpunkt an, zu dem vorläufige Massnahmen zur Anwendung gelangen können, ausser in den in Artikel 10 Absatz d genannten Fällen, in denen die Behörden dem Antrag des Exporteurs und des Importeurs folgen.
c)  Ein Antrag wird abgewiesen und eine Untersuchung unverzüglich eingestellt, sobald die zuständigen Behörden überzeugt sind, dass die Beweise für das Dum­ping oder die Schädigung nicht ausreichen, um die Fortsetzung des Verfahrens zu rechtfertigen. Die Untersuchung sollte umgehend abgeschlossen werden, wenn die Dumpingspanne, der Umfang der tatsächlichen oder möglichen Dumpingeinfuhren oder die Schädigung geringfügig sind.
d)  Ein Antidumpingverfahren hindert die Zollabfertigung nicht.
⁹* Wie in Art. 4 definiert.
Art. 6 Beweise
a)  Ausländische Lieferanten und alle anderen interessierten Parteien erhalten volle Gelegenheit, um schriftlich alle Beweise vorlegen zu können, deren Verwendung im fraglichen Antidumpingverfahren sie für zweckmässig halten. Sie haben auch Anspruch darauf, sofern sie dies rechtfertigen können, ihre Beweise mündlich vorzubringen.
b)  Die zuständigen Behörden geben dem Antragsteller, den bekanntermassen betroffenen Importeuren und Exporteuren sowie den Regierungen der Ausfuhrländer Gelegenheit, von allen für die Darlegung ihres Standpunktes erheblichen Unterlagen Kenntnis zu nehmen, die nicht im Sinne des nachfolgenden Absatzes c vertraulich sind und die von den Behörden selbst in einem Antidumpingverfahren verwendet werden. Sie geben ihnen ferner Gelegenheit, ihre Stellungnahmen auf Grund dieser Unterlagen vorzubereiten.
c)  Alle Angaben, die ihrer Natur nach vertraulich sind (z. B. weil ihre Preisgabe einem Konkurrenten erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffen oder den Aus­kunft­geber oder die Person, von der der Auskunftgeber die Angaben erhalten hat, spürbar schädigen würde) oder die von den an einem Antidumpingverfahren beteiligten Parteien vertraulich mitgeteilt werden, werden von den zuständigen Behörden als streng vertraulich behandelt und ohne ausdrückliche Erlaubnis der Partei, die diese Angaben gemacht hat, nicht preisgegeben.
d)  Sind jedoch die zuständigen Behörden der Ansicht, dass ein Antrag auf vertrau­liche Behandlung nicht gerechtfertigt ist, und ist der Auskunftgeber weder bereit, die Angaben bekanntzumachen noch ihrer Bekanntgabe in allgemeiner oder gekürzter Form zuzustimmen, so steht es den Behörden frei, diese Angaben nicht zu berücksichtigen, sofern ihnen deren Richtigkeit nicht aus zuverlässiger Quelle überzeugend nachgewiesen wird.
e)  Zur Nachprüfung oder Ergänzung der erhaltenen Angaben können die Behörden im Bedarfsfälle in anderen Ländern Untersuchungen anstellen, vorausgesetzt, dass sie die Zustimmung der betroffenen Unternehmen einholen, die Vertreter der Regierung des fraglichen Landes offiziell unterrichten und dieses keine Einwendungen gegen die Untersuchung erhebt.
f)  Sobald die zuständigen Behörden überzeugt sind, dass die Beweise ausreichen, um die Einleitung einer Untersuchung nach Artikel 5 zu rechtfertigen, werden die Vertreter des Ausfuhrlandes sowie die bekanntermassen betroffenen Exporteure und Importeure hiervon offiziell unterrichtet; zudem kann eine öffentliche Bekannt­machung erfolgen.
g)  Während des ganzen Antidumpingverfahrens haben alle Parteien uneingeschränkt Gelegenheit, ihre Interessen zu verteidigen. Zu diesem Zweck geben die zuständigen Behörden allen unmittelbar interessierten Parteien auf Antrag Gelegenheit, mit den Parteien, die entgegengesetzte Interessen vertreten, zusammenzutreffen, damit die gegensätzlichen Ansichten geäussert und widerlegt werden können. Dabei ist die Wahrung der Vertraulichkeit der Unterlagen und den Bedürfnissen der Parteien Rechnung zu tragen. Keine Partei ist verpflichtet, an einer solchen Zusammenkunft teilzunehmen, und die Abwesenheit einer Partei ist ihrer Sache nicht abträglich.
h)  Die zuständigen Behörden teilen den Vertretern des Ausfuhrlandes und den unmittelbar interessierten Parteien ihren Entscheid über Erhebung oder Nichterhebung von Antidumpingzöllen unter Angabe der Gründe und der angewandten Kriterien mit. Die Entscheide werden, wenn nicht besondere Gründe entgegenstehen, öffentlich bekanntgemacht.
i)  Die Bestimmungen dieses Artikels hindern die Behörden nicht daran, positive oder negative Vorentscheide zu treffen und unverzüglich vorläufige Massnahmen anzuwenden. Falls eine interessierte Partei die erforderlichen Angaben nicht macht, können auf Grund der verfügbaren Tatsachen endgültige Schlussfolgerungen – sowohl positiver wie negativer Art – gezogen werden.
Art. 7 Preisverpflichtungen
a)  Antidumpingverfahren können ohne die Erhebung von Antidumpingzöllen oder die Anwendung vorläufiger Massnahmen abgeschlossen werden, wenn sich die Exporteure freiwillig verpflichten, ihre Preise so zu ändern, dass die Dumpingspanne verschwindet, oder ihre zu Dumpingpreisen getätigten Exporte in das betroffene Gebiet einzustellen, sofern die zuständigen Behörden diese Lösung für durchführbar halten, zum Beispiel weil die Zahl der Exporteure oder möglichen Exporteure der betreffenden Ware nicht zu gross ist und/oder die Handelsbräuche dies zulassen.
b)  Verpflichten sich die betroffenen Exporteure im Laufe einer Untersuchung, ihre Preise zu ändern oder die fragliche Ware nicht mehr auszuführen, und nehmen die zuständigen Behörden diese Verpflichtung an, so wird die Untersuchung der Schädigung trotzdem zu Ende geführt, wenn die Exporteure dies wünschen oder die zuständigen Behörden es beschliessen. Wird festgestellt, dass keine Schädigung vorliegt, so wird die von den Exporteuren eingegangene Verpflichtung von selbst hinfällig, es sei denn, die Exporteure bekräftigen ihre Gültigkeit. Die Exporteure können davon absehen, während der Dauer der Untersuchung solche Verpflichtungen einzugehen, oder sich weigern, einer entsprechenden Aufforderung der Unter­suchungsbehörden nachzukommen, ohne damit ihrer Sache zu schaden. Es steht jedoch den Behörden selbstverständlich frei, festzustellen, dass die Drohung einer Schädigung wahrscheinlicher ist, wenn die Dumpingeinfuhren andauern.

D. Antidumpingzölle und vorläufige Massnahmen

Art. 8 Festsetzung und Erhebung von Antidumpingzöllen
a)  Sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind, ist es Sache der Behörden des Einfuhrlandes oder -zollgebietes, zu entscheiden, ob ein Antidumpingzoll erhoben werden und ob dieser dem vollen Ausmass oder lediglich einem Teil der Dumpingspanne entsprechen soll. Es ist wünschenswert, dass in allen Ländern oder Zollgebieten, die Parteien dieses Abkommens sind, die Erhebung fakultativ ist und dass der Zoll niedriger sein kann als die Dumpingspanne, wenn dieser niedrigere Zoll ausreicht, um die Schädigung des inländischen Industriezweiges zu beseitigen.
b)  Wird für irgendeine Ware, die nachgewiesenermassen Gegenstand eines Dumpings ist und eine Schädigung verursacht, ein Antidumpingzoll erhoben, so wird dieser ohne Unterschied bei der Einfuhr aller Waren, gleich welcher Herkunft, in der für jeden Fall angemessenen Höhe erhoben. Die Behörden geben die Namen des oder der Lieferanten der betreffenden Ware bekannt. Sind jedoch mehrere Lieferanten desselben Landes betroffen und ist es aus praktischen Gründen nicht möglich, die Namen aller Lieferanten bekanntzugeben, so können die Behörden das Lieferland nennen. Sind mehrere Lieferanten aus mehreren Ländern betroffen, so können die Behörden entweder die Namen aller betroffenen Lieferanten oder, wenn dies aus praktischen Gründen nicht möglich ist, alle beteiligten Lieferländer nennen.
c)  Der Betrag des Antidumpingzolles darf die gemäss Artikel 2 festgestellte Dumpingspanne nicht übersteigen. Infolgedessen wird der die Spanne übersteigende Teil des Zollbetrages so rasch als möglich zurückerstattet, falls es sich nach Anwendung des Antidumpingzolles zeigt, dass der erhobene Zoll die tatsächliche Dumpingspanne übersteigt.
d)  Im Rahmen eines Basispreissystems gelten die folgenden Regeln, sofern ihre Anwendung mit den übrigen Bestimmungen dieses Kodexes vereinbar ist: Sind mehrere Lieferanten aus einem oder mehreren Ländern betroffen, so können bei der Einfuhr der aus diesem Land oder diesen Ländern stammenden fraglichen Waren, von denen festgestellt wurde, dass sie Gegenstand eines Dumpings waren und eine Schädigung verursachen, Antidumpingzölle erhoben werden. Der Zoll entspricht dem Betrag, um den der Ausfuhrpreis unter dem zu diesem Zweck aufgestellten Basispreis liegt, wobei der Basispreis nicht höher sein darf als der niedrigste übliche Preis in dem oder den Lieferländern unter normalen Wettbewerbsbedingungen. Es versteht sich, dass für Waren, die unter diesem bereits festgesetzten Basispreis verkauft werden, in jedem Einzelfall ein neues Antidumpingverfahren durchgeführt wird, wenn die interessierten Parteien dies fordern und sich die Forderung auf erhebliches Beweismaterial stützt. In den Fällen, in denen kein Dumping festgestellt wird, werden die erhobenen Antidumpingzölle so rasch als möglich zurückerstattet. Kann ferner festgestellt werden, dass der erhobene Zoll die tatsächliche Dumpingspanne überschreitet, so wird der die Spanne überschreitende Teil des Zollbetrages so rasch als möglich zurückerstattet.
e)  Werden unter einem Industriezweig die Hersteller eines bestimmten Gebietes, das heisst eines Marktes im Sinne von Artikel 4 Absatz a Unterabsatz ii) verstanden, so werden Antidumpingzölle endgültig nur auf den in dieses Gebiet zum Endverbrauch versandten Waren erhoben, ausser in den Fällen, in denen dem Exporteur die Möglichkeit gegeben wurde, das Dumping in dem betroffenen Gebiet einzustellen, bevor Antidumpingzölle erhoben werden. Wird in solchen Fällen unverzüglich eine ausreichende Zusicherung in diesem Sinne gegeben, so werden keine Antidumpingzölle erhoben. Wird jedoch eine solche Zusicherung nicht gegeben oder nicht eingehalten, so können die Zölle ohne Beschränkung auf ein Gebiet erhoben werden.
Art. 9 Gültigkeitsdauer der Antidumpingzölle
a)  Ein Antidumpingzoll bleibt nur so lange in Kraft, als es nötig ist, um die schädigende Wirkung des Dumpings aufzuheben.
b)  Wo es gerechtfertigt ist, prüfen die zuständigen Behörden von Amtes wegen oder auf Antrag von interessierten Lieferanten oder Importeuren der Ware, die die Notwendigkeit einer Überprüfung durch Belege dartun, ob die weitere Erhebung des Zolles erforderlich ist.
Art. 10 Vorläufige Massnahmen
a)  Vorläufige Massnahmen können nur angewandt werden, wenn in einer Vorentscheidung festgestellt worden ist, dass Dumping vorliegt, und wenn ausreichende Beweise einer Schädigung erbracht sind.
b)  Vorläufige Massnahmen können darin bestehen, dass ein vorläufiger Zoll erhoben oder, was vorzuziehen ist, Sicherheit – Hinterlegung oder Bürgschaft – in der Höhe des Betrages des vorläufig geschätzten Antidumpingzolles gefordert wird, wobei dieser die vorläufig geschätzte Dumpingspanne nicht überschreiten darf. Die Aussetzung der endgültigen Zollbewertung ist eine angemessene vorläufige Massnahme, sofern der normale Zoll und der geschätzte Betrag des Antidumpingzolls angegeben werden und die Aussetzung der endgültigen Verzollung denselben Bedingungen unterliegt wie die übrigen vorläufigen Massnahmen.
c)  Die zuständigen Behörden unterrichten die Vertreter des Ausfuhrlandes und die unmittelbar interessierten Parteien unter Angabe der Gründe und der angewandten Kriterien von ihren Entscheiden über die Anwendung vorläufiger Massnahmen. Diese Entscheide werden, wenn nicht besondere Gründe entgegenstehen, veröffentlicht.
d)  Die Anwendung vorläufiger Massnahmen ist auf einen möglichst kurzen Zeitraum zu beschränken. Genauer gesagt, vorläufige Massnahmen werden auf höchstens drei Monate oder, wenn die zuständigen Behörden auf Antrag des Exporteurs und des Importeurs so entscheiden, auf höchstens sechs Monate befristet.
e)  Die Anwendung vorläufiger Massnahmen erfolgt unter Beachtung der einschlägigen Bestimmungen von Artikel 8.
Art. 11 Rückwirkung
Antidumpingzölle und vorläufige Massnahmen werden nur auf Waren angewandt, die nach dem Zeitpunkt in den Verbrauch gelangen, in dem der gemäss Artikel 8 Absatz a, beziehungsweise Artikel 10 Absatz a getroffene Entscheid in Kraft tritt.
i) Falls jedoch festgestellt wird, dass eine bedeutende Schädigung (und nicht nur die Drohung einer bedeutenden Schädigung oder eine erhebliche Verzögerung im Aufbau eines Industriezweiges) vorliegt, oder falls vorläufige Massnahmen die Form vorläufiger Zölle annehmen und Dumpingeinfuhren in der Zeit ihrer Anwendung bedeutende Schädigung verursacht hätten, wenn keine vorläufigen Massnahmen ergriffen worden wären, so können Antidumpingzölle rückwirkend für die Zeit, in der vorläufige Massnahmen angewandt wurden, erhoben werden. Ist der durch die endgültige Entscheidung festgesetzte Antidumpingzoll höher als der vorläufig entrichtete Zoll, so wird die Differenz nicht erhoben. Ist der durch die endgültige Entscheidung festgesetzte Zoll niedriger als der vorläufig entrichtete Zoll oder der zum Zweck der Sicherheitsleistung geschätzte Betrag, so wird, je nach Lage des Falls, die Differenz zurückerstattet oder der Zoll neu berechnet.
ii) Falls die endgültige Zollbewertung der betreffenden Ware aus Gründen ausgesetzt ist, die vor Einleitung des Antidumpingverfahrens in Erscheinung getreten sind und mit der Frage des Dumpings in keinem Zusammenhang stehen, so können die Antidumpingzölle rückwirkend für einen Zeitraum bis zu 120 Tagen vor der Einreichung des Antrages erhoben werden,
iii) Oder falls die Behörden in Bezug auf die Dumpingware feststellen: a) dass schon früher Dumpingeinfuhren eine bedeutende Schädigung verursachten oder dass der Importeur wusste oder hätte wissen müssen, dass der Exporteur Dumpingpraktiken anwendet und diese Praktiken eine bedeutende Schädigung verursachen, und
b) dass die bedeutende Schädigung durch ein sporadisches Dumping (massive Dumpingeinfuhren in einem verhältnismässig kurzen Zeitraum) von solchem Ausmass verursacht wurde, dass es zur Vermeidung von Wiederholungen notwendig erscheint, diese Einfuhren rückwirkend mit einem Antidumpingzoll zu belegen,
so kann der Zoll auf Waren erhoben werden, die innerhalb von 90 Tagen vor Anwendung der vorläufigen Massnahmen in den Verbrauch gelangten.

E. Antidumpingmassnahmen zugunsten eines Drittlandes

Art. 12
a)  Ein Antrag auf Antidumpingmassnahmen zugunsten eines Drittlandes ist von den Behörden des Drittlandes zu stellen, das solche Massnahmen fordert.
b)  Ein solcher Antrag hat auf Preisangaben zum Nachweis von Einfuhren zu Dumpingpreisen sowie auf Detailangaben über eine Schädigung des betroffenen Industriezweiges des Drittlandes abzustellen. Die Regierung des Drittlandes gewährt den Behörden des Einfuhrlandes jede Unterstützung in der Beschaffung aller weiteren Angaben, deren diese Behörden bedürfen.
c)  Zur Prüfung eines solchen Antrags ziehen die Behörden des Einfuhrlandes die Auswirkungen in Betracht, die das angebliche Dumping auf den ganzen betroffenen Industriezweig im Drittland hat, das heisst die Schädigung wird nicht nur nach der Auswirkung beurteilt, die das angebliche Dumping auf die Ausfuhren des Industriezweiges in das Einfuhrland oder selbst auf die Gesamtausfuhren des Industriezweiges hat.
d)  Die Entscheidung, ob einem solchen Antrag stattgegeben wird oder nicht, obliegt dem Einfuhrland. Ist das Einfuhrland bereit, Massnahmen zu ergreifen, so ist es seine Sache, die Zustimmung der Vertragsparteien einzuholen.

Teil II Schlussbestimmungen

Art. 13
Dieses Abkommen steht den Vertragsparteien des Allgemeinen Abkommens und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Annahme durch Unterzeichnung oder auf andere Weise offen. Das Abkommen tritt am 1. Juli 1968 für alle Parteien, die es bis zu diesem Zeitpunkt angenommen haben, in Kraft. Für alte Parteien, die das Abkommen nach diesem Zeitpunkt annehmen, tritt es am Tag der Annahme in Kraft.
Art. 14
Jede Partei dieses Abkommens ergreift alle erforderlichen Massnahmen allgemeiner oder besonderer Art, damit ihre Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsverfahren spätestens von dem Zeitpunkt an, in dem das Abkommen für sie in Kraft tritt, mit den Bestimmungen des Antidumping-Kodexes im Einklang stehen.
Art. 15
Jede Partei dieses Abkommens unterrichtet die Vertragsparteien des Allgemeinen Abkommens von allen Änderungen in ihren Antidumpinggesetzen und -verord­nungen und in der Praxis zu diesen Gesetzen und Verordnungen.
Art. 16
Jede Partei dieses Abkommens berichtet den Vertragsparteien jährlich über die Anwendung ihrer Antidumpinggesetze und -verordnungen und gibt dabei einen kurzen Überblick über die Fälle, in denen Antidumpingzölle endgültig erhoben worden sind.
Art. 17
Die Parteien dieses Abkommens werden die Vertragsparteien ersuchen, einen Ausschuss für Antidumpingfragen, bestehend aus den Vertretern der Parteien, einzusetzen. Der Ausschuss tritt in der Regel einmal jährlich zusammen, um den Parteien dieses Abkommens Gelegenheit zu geben, sich in den Fragen der Anwendung des Antidumpingrechts in allen teilnehmenden Ländern oder Zollgebieten, soweit diese Anwendung die Durchführung des Antidumping-Kodexes oder die Erreichung seiner Ziele berühren könnte, zu konsultieren. Diese Konsultationen finden unabhängig von den Artikeln XXII und XXIII des Allgemeinen Abkommens statt.
Dieses Abkommen wird beim Generaldirektor der Vertragsparteien hinterlegt, der unverzügliche jede Vertragspartei des Allgemeinen Abkommens und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft eine beglaubigte Abschrift dieses Abkommens senden und jede Annahme dieses Abkommens mitteilen wird.
Dieses Abkommen ist gemäss den Bestimmungen von Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen zu registrieren.
Geschehen zu Genf am dreissigsten Juni neunzehnhundertsiebenundsechzig, in einem Exemplar in englischer und französischer Sprache, wobei beide Texte gleichermassen verbindlich sind.
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