Viertes Zusatzprotokoll zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Immunit... (0.192.110.34)
CH - Schweizer Bundesrecht

Viertes Zusatzprotokoll zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Europarates (Bestimmungen betreffend den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte)

Bestimmungen betreffend den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Abgeschlossen in Paris am 16. Dezember 1961 Von der Bundesversammlung genehmigt am 20. September 1965¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 29. November 1965 In Kraft getreten für die Schweiz am 29. November 1965 (Stand am 16. März 2004) ¹ AS 1966 777
Die Unterzeichnerregierungen, Mitglieder des Europarates,
in der Erwägung, dass nach Artikel 59 der in Rom am 4. November 1950² unterzeichneten Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im folgenden als «Konvention» bezeichnet) die Mitglieder des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im folgenden als «Gerichtshof» bezeichnet) bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Vorrechte und Immunitäten geniessen, die in Artikel 40 des Statuts des Europarates³ und in den auf Grund dieses Artikels abgeschlossenen Abkommen vorgesehen sind, in der Erwägung, dass es erforderlich ist, diese Vorrechte und Immunitäten in einem Zusatzprotokoll zu dem in Paris am 2. September 1949⁴ unterzeichneten Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Europarates zu bestimmen und näher zu umschreiben,
sind wie folgt übereingekommen:
² SR 0.101 ³ SR 0.192.030 ⁴ SR 0.192.110.3
Art. 1
Im Sinne dieses Protokolls bezeichnet der Ausdruck «Richter» sowohl die nach Artikel 39 der Konvention gewählten Richter als auch jeden nach Artikel 43 von einem beteiligten Staat ernannten Ad‑hoc‑Richter.
Art. 2
Die Richter geniessen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und auf Reisen, die sie in Wahrnehmung ihrer Aufgaben unternehmen, folgende Vorrechte und Immunitäten:
a. Immunität von Festnahme oder Haft und von der Beschlagnahme ihres persönlichen Gepäcks sowie für die in ihrer amtlichen Eigenschaft vorgenommenen Handlungen einschliesslich ihrer mündlichen und schriftlichen Äusserungen, Immunität von jeder Gerichtsbarkeit,
b. Befreiung für sich und ihre Ehegatten von allen Reisebeschränkungen bei der Ausreise aus dem Staat, in dem sie ihren ständigen Aufenthalt haben und bei der Wiedereinreise sowie bei der Einreise und bei der Ausreise aus dem Staat, in dem sie ihre Aufgaben wahrnehmen, sowie Befreiung von den Formalitäten der Ausländerregistrierung in den Staaten, die sie in Wahrnehmung ihrer Aufgaben besuchen oder durchreisen.
Art. 3
Auf den in Wahrnehmung ihrer Aufgaben unternommenen Reisen werden den Richtern bei der Zollabfertigung und Devisenkontrolle
a. von ihrer eigenen Regierung dieselben Erleichterungen gewährt wie hohen Regierungsbeamten, die sich in dienstlichem Auftrag vorübergehend ins Ausland begeben;
b. von den Regierungen der anderen Mitglieder dieselben Erleichterungen gewährt wie Chefs diplomatischer Missionen.
Art. 4
1.  Papiere und Schriftstücke des Gerichtshofs, der Richter und des Sekretariats sind, soweit sie sich auf die Tätigkeit des Gerichtshofs beziehen, unverletzlich.
2.  Die amtliche Korrespondenz und die sonstigen amtlichen Mitteilungen des Gerichtshofs, seiner Mitglieder und des Sekretariats dürfen nicht zurückgehalten werden und unterliegen nicht der Zensur.
Art. 5
Um den Richtern bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben volle Redefreiheit und Unabhängigkeit zu sichern, wird ihnen auch nach Ablauf ihrer Amtszeit Immunität von der Gerichtsbarkeit bezüglich ihrer mündlichen und schriftlichen Äusserungen sowie der von ihnen in Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorgenommenen Handlungen gewährt.
Art. 6
Die Vorrechte und Immunitäten werden den Richtern nicht zu ihrem persönlichen Vorteil gewährt, sondern um die unabhängige Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu gewährleisten. Nur der in Plenarsitzung tagende Gerichtshof ist befugt, die Immunität von Richtern aufzuheben; er hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, die Immunität eines Richters in allen Fällen aufzuheben, in denen nach Auffassung des Gerichtshofs diese Immunität den Ablauf eines Rechtsverfahrens behindern würde und in denen sie ohne Beeinträchtigung des Zwecks aufgehoben werden kann, für den sie gewährt wird.
Art. 7
1.  Die Artikel 2 bis 5 finden Anwendung auf den Sekretär des Gerichtshofs und auf den stellvertretenden Sekretär, wenn er als Sekretär amtiert, unbeschadet etwaiger Vorrechte und Immunitäten, die ihnen nach Artikel 18 des Allgemeinen Abkommens über die Vorrechte und Immunitäten des Europarates zustehen.
2.  Artikel 18 des Allgemeinen Abkommens über die Vorrechte und Immunitäten des Europarates findet Anwendung auf den stellvertretenden Sekretär des Gerichtshofs bezüglich der Wahrnehmung seiner Aufgaben und selbst wenn er nicht als Sekretär amtiert.
3.  Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vorrechte und Immunitäten werden dem Sekretär und dem stellvertretenden Sekretär nicht zu ihrem persönlichen Vorteil gewährt, sondern um ihnen die Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu erleichtern. Nur der in Plenarsitzung tagende Gerichtshof ist befugt, die Immunität seines Sekretärs und seines stellvertretenden Sekretärs aufzuheben; er hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, diese Immunität in allen Fällen aufzuheben, in denen sie nach seiner Auffassung verhindern würde, dass dem Recht Nachachtung verschafft wird, und in denen sie ohne Beeinträchtigung des Zwecks aufgehoben werden kann, für den sie gewährt wird.
Art. 8
1.  Jeder Staat kann, wenn er dieses Protokoll ohne Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet, oder es ratifiziert oder zu einem späteren Zeitpunkt durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Notifikation erklären, dass das Protokoll auf alle oder einzelne Gebiete erstreckt wird, für deren internationale Beziehungen er verantwortlich ist und in denen die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten auf Grund ihres Artikels 63 Anwendung findet.
2.  Das Protokoll wird mit dem dreissigsten Tage nach Eingang der genannten Notifikation beim Generalsekretär des Europarates auf das oder die in der Erklärung bezeichneten Gebiete erstreckt.
Art. 9
Dieses Protokoll liegt für die Mitglieder des Europarates zur Unterzeichnung auf; sie können Vertragsparteien werden,
a. indem sie es ohne Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnen oder
b. indem sie es unter dem Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnen und später ratifizieren.
Die Ratifikationsurkunden sind beim Generalsekretär des Europarates zu hinter­legen.
Art. 10
1.  Dieses Protokoll tritt in Kraft, sobald drei Mitglieder des Europarates es nach Art. 9 ohne Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet oder es ratifiziert haben.
2.  Für jedes Mitglied, welches das Protokoll später ohne Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet oder es ratifiziert, tritt es mit dem Tag der Unterzeichnung oder der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde in Kraft.
Art. 11
Der Generalsekretär des Europarates notifiziert den Mitgliedern des Rates
a. die Namen der Unterzeichner und die Hinterlegung jeder Ratifikations­urkunde,
b. den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls.

Unterschriften

Zur Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.
Geschehen zu Paris am 16. Dezember 1961 in französischer und englischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einem einzigen Exemplar, das im Archiv des Europarates hinterlegt wird. Der Generalsekretär übermittelt allen Unterzeichnerregierungen beglaubigte Abschriften.
(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich des Vierten Zusatzprotokolls am 16. März 2004

Vertragsstaaten

Ratifikation

Unterzeichnet ohne Ratifikationsvorbehalt (U)

Inkrafttreten

Albanien

  4. Juni

1998 U

  4. Juni

1998

Belgien

  4. Juni

1964

  4. Juni

1964

Dänemark

16. Dezember

1961 U

16. Dezember

1961

Deutschland

10. Dezember

1963

10. Dezember

1963

Finnland

11. Dezember

1989

11. Dezember

1989

Frankreich

10. März

1978

10. März

1978

Griechenland

24. Mai

1965

24. Mai

1965

Irland

21. September

1967

21. September

1967

Island

29. Juni

1995

29. Juni

1995

Italien

20. September

1966

20. September

1966

Kroatien

11. Oktober

1997

11. Oktober

1997

Lettland

15. Januar

1998 U

15. Januar

1998

Liechtenstein

11. Dezember

1979

11. Dezember

1979

Luxemburg

  5. November

1963

  5. November

1963

Malta

  6. Mai

1969

  6. Mai

1969

Niederlande

16. Dezember

1961 U

16. Dezember

1961

Norwegen

16. Dezember

1961 U

16. Dezember

1961

Österreich

16. Dezember

1961 U

16. Dezember

1961

Polen

22. April

1993

22. April

1993

Portugal

  6. Juli

1982

  6. Juli

1982

Rumänien

  4. Oktober

1994 U

  4. Oktober

1994

Russland

28. Februar

1996 U

28. Februar

1996

San Marino

22. März

1989

22. März

1989

Schweden

18. September

1962

18. September

1962

Schweiz

29. November

1965

29. November

1965

Slowakei

15. Juli

1997

15. Juli

1997

Slowenien

  8. November

1994

  8. November

1994

Spanien

23. Juni

1989

23. Juni

1989

Tschechische Republik

30. Mai

1995

30. Mai

1995

Türkei

  1. Juni

1962 U

  1. März

1965

Ungarn

12. Januar

1996

12. Januar

1996

Vereinigtes Königreich

24. Februar

1971

24. Februar

1971

Guernsey

19. November

1971

Insel Man

19. November

1971

Jersey

19. November

1971

Zypern

30. November

1967

30. November

1967

Markierungen
Leseansicht