Übereinkommen über die Schifffahrt auf dem Bodensee (0.747.223.11)
CH - Schweizer Bundesrecht

Übereinkommen über die Schifffahrt auf dem Bodensee

Abgeschlossen am 1. Juni 1973 Von der Bundesversammlung genehmigt am 26. Juni 1974¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 28. November 1975 In Kraft getreten für die Schweiz am 1. Januar 1976 (Stand am 10. Juni 1997) ¹ AS 1976 17
Die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Österreich und die Schweizerische Eidgenossenschaft,
in ihrem Bestreben, die Regelung der Schifffahrt auf dem Bodensee den geänderten Verhältnissen und dem Stand der Technik anzupassen und zu diesem Zweck den Vertrag vom 22. September 1867² zwischen den Bodensee‑Uferstaaten betreffend eine internationale Schifffahrts‑ und Hafenordnung für den Bodensee durch ein neues Übereinkommen und einheitliche Schifffahrtsvorschriften zu ersetzen,
sind wie folgt übereingekommen:
² [BS 13 379]

Abschnitt I Allgemeine Bestimmungen

Art. 1
(1)  Dieses Übereinkommen regelt die Schifffahrt auf dem Bodensee für den Bereich des Obersees einschliesslich des Überlinger Sees.
(2)  Andere Hoheitsverhältnisse auf dem Bodensee, insbesondere der Verlauf von Staatsgrenzen, werden durch dieses Übereinkommen nicht berührt.
(3)  Die Schifffahrt auf dem Untersee und den beiden Rheinstrecken zwischen Konstanz und Schaffhausen wird in einem besonderen Vertrag zwischen der Bun­desrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft³, die Schiff­fahrt auf der Strecke des Alten Rheins von der Mündung bis Rheineck-Gaissau wird in einem besonderen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Schweizeri­schen Eidgenossenschaft⁴ nach den Grundsätzen dieses Übereinkommens geregelt, soweit nicht die besonderen örtlichen Verhältnisse Ausnah­men erfordern; dabei werden die Fahrzeuge der drei Vertragsstaaten gegenseitig gleich behandelt. Dies gilt sinngemäss auch für die auf Grund des Artikels 5 zu erlassenden Vorschriften (im folgenden Schifffahrtsvorschriften genannt). Insbesondere werden Zulassungen für Fahrzeuge, Bewilligungen oder Erlaubnisse zum Führen von Fahrzeugen und sonstige Zulassungen, die auf Grund dieses Übereinkommens und der in Satz 1 genannten besonderen Verträge erteilt werden, gegenseitig anerkannt.
³ SR 0.747.224.31
⁴ SR 0.747.224.41
Art. 2
(1)  Unter Beachtung der in diesem Übereinkommen und in den Schifffahrtsvor­schriften enthaltenen Bestimmungen ist die Schifffahrt für jedermann frei.
(2)  Die Vertragsstaaten behandeln die nach diesem Übereinkommen und den Schiff­fahrtsvorschriften zum Verkehr berechtigten Fahrzeuge gegenseitig gleich.
Art. 3
In Häfen und an Landestellen, die für den allgemeinen Verkehr bestimmt sind, ist das blosse Anlegen eines Fahrzeuges unentgeltlich. Jedoch dürfen für besondere Leistungen, die in solchen Häfen oder an solchen Landestellen erbracht werden, unter Beachtung des Artikels 2 Absatz 2 Gebühren vorgesehen werden.
Art. 4
Die Vertragsstaaten sorgen dafür, dass die Schifffahrt durch Bauten und sonstige künstliche Anlagen oder auf andere Weise nicht mehr behindert wird, als dies zur Wahrung anderer öffentlicher Interessen unvermeidbar ist.

Abschnitt II Einheitliche Schifffahrtsvorschriften

Art. 5
(1)  Die Vertragsstaaten erlassen für die Schifffahrt einheitliche Vorschriften (Schiff­fahrtsvorschriften) über die Sicherheit und die Leichtigkeit des Verkehrs sowie über die Abwendung von Gefahren und Nachteilen, die durch die Schifffahrt verursacht werden können.
(2)  Die Schifffahrtsvorschriften regeln insbesondere
a) Anforderungen an den Bau, die Ausrüstung, die Kennzeichnung und die Zulassung der Fahrzeuge;
b) Anforderungen hinsichtlich der Anzahl, der Befähigung und der Eignung der zum Führen und zum Betrieb von Fahrzeugen erforderlichen Personen;
c) den Verkehr und das Verhalten beim Betrieb von Fahrzeugen;
d) die Zeichen und die Signale für die Schifffahrt;
e) den Schutz der Umwelt gegen Beeinträchtigungen durch die Schifffahrt.
(3)  Soweit es für die Sicherheit und die Leichtigkeit des Verkehrs oder für den Schutz der Umwelt erforderlich ist, werden in den Schifffahrtsvorschriften auch Regelungen für schwimmende Anlagen getroffen.
(4)  Regelungen nach Absatz 2 Buchstabe e können auch Massnahmen zur Beschränkung der Schifffahrt vorsehen, insbesondere können sie das Befahren des Sees mit bestimmten Arten von Fahrzeugen verbieten und die Schifffahrt auf Teilen des Sees oder zu bestimmten Zeiten untersagen.
(5)  Jeder Vertragsstaat darf von den einheitlichen Schifffahrtsvorschriften abwei­chende Bestimmungen erlassen, soweit dies zur Regelung besonderer örtlicher Verhältnisse sowie des Verkehrs und des Betriebes in Häfen erforderlich ist. Die Grundsätze dieses Übereinkommens und der Schifffahrtsvorschriften sind dabei zu beachten.
Art. 6
(1)  Fahrzeuge bedürfen, soweit dies in den Schifffahrtsvorschriften vorgesehen ist, einer Zulassung zum Verkehr durch den nach Absatz 2 jeweils zuständigen Ver­tragsstaat.
(2)  Für die Zulassung eines Fahrzeuges zum Verkehr ist der Vertragsstaat zustän­dig, in dem es seinen gewöhnlichen Standort hat. Hat das Fahrzeug in keinem der Vertragsstaaten einen gewöhnlichen Standort, so ist der Vertragsstaat zuständig, in dem der Eigentümer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist keine dieser Voraus­setzungen gegeben, so ist jeder Vertragsstaat zuständig. Der Vertragsstaat, der die Zulassung erteilt hat, ist auch für deren Änderung und Entzug zuständig.
(3)  Jeder Vertragsstaat kann die Zulassung eines Fahrzeuges zum Verkehr vom Bestehen einer Haftpflichtversicherung abhängig machen.
Art. 7
(1)  Zum Führen eines Fahrzeuges ist, soweit dies in den Schifffahrtsvorschriften vorgesehen ist, eine Bewilligung oder Erlaubnis durch den nach Absatz 2 jeweils zuständigen Vertragsstaat erforderlich.
(2)  Für die Erteilung der Bewilligung oder der Erlaubnis zum Führen eines Fahr­zeuges ist der Vertragsstaat zuständig, in dem der Bewerber seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat der Bewerber in keinem Vertragsstaat einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist jeder Vertragsstaat für die Erteilung der Bewilligung oder der Erlaubnis zuständig. Der Vertragsstaat, der die Bewilligung oder die Erlaubnis erteilt hat, ist auch für deren Änderung und Entzug zuständig.
Art. 8
Jeder Vertragsstaat kann zusätzlich zu den Bestimmungen dieses Abschnittes beson­dere Vorschriften für die gewerbsmässige Ausübung der Schifffahrt erlassen.

Abschnitt III Durchführung des Übereinkommens

Art. 9
(1)  Zur Durchführung dieses Übereinkommens und der Schifffahrtsvorschriften wird der Obersee in drei Vollzugsbereiche eingeteilt, die in der Anlage umschrieben sind.
(2)  Soweit dieses Übereinkommen nichts anderes bestimmt, ist jeder Vertragsstaat zur Durchführung dieses Übereinkommens und der Schifffahrtsvorschriften in dem Vollzugsbereich zuständig, der seinem Ufer vorgelagert ist.
Art. 10
(1)  Die zuständigen Organe eines Vertragsstaates sind zu Massnahmen auf Grund dieses Übereinkommens und der Schifffahrtsvorschriften auch in den Vollzugsbe­reichen der anderen Vertragsstaaten berechtigt,
a) wenn sie, insbesondere im Zusammenhang mit einem Unfall, Vorgänge wahr­nehmen, die den dringenden Verdacht einer Zuwiderhandlung gegen die Schifffahrtsvorschriften begründen;
b) zur Weiterverfolgung eines Fahrzeuges, sofern die Voraussetzungen des Buch­stabe a gegeben sind;
c) zur Verkehrsregelung und aus Anlass besonderer Veranstaltungen im Rah­men eines Ersuchens des nach Artikel 9 Absatz 2 zuständigen Vertragsstaa­tes.
(2)  Organe, die in den Fällen des Absatzes 1 tätig werden, sind zur Feststellung des Sachverhaltes und zur Vornahme unaufschiebbarer sonstiger Massnahmen berech­tigt. Insbesondere dürfen sie
a) Fahrzeuge anhalten und betreten;
b) Personalausweise und amtliche Papiere, die auf Grund der Schifffahrtsvor­schriften mitgeführt werden müssen, kontrollieren;
c) an Bord befindliche Personen vernehmen;
d) Niederschriften aufnehmen;
e) Geldbeträge erheben, sofern der Betroffene damit einverstanden ist;
f) beteiligte Fahrzeuge und Beweisgegenstände sicherstellen;
g) Personen festnehmen, die einer Zuwiderhandlung gegen die Schifffahrtsvor­schriften dringend verdächtigt sind.
(3)  Massnahmen nach Absatz 2 Buchstaben e, f und g sind nur zulässig, wenn sie der Rechtsordnung des Vertragsstaates entsprechen, dem die Organe angehören, und wenn sie mit der Rechtsordnung des für den Vollzugsbereich zuständigen Vertrags­staates nicht grundsätzlich unvereinbar sind.
Art. 11
(1)  Art. 10 gilt nicht
a) für den Überlinger See und einem dem Ufer vorgelagerten Streifen jedes Voll­zugsbereiches, der in der Anlage zu diesem Übereinkommen umschrie­ben ist, und in dem die Organe des Vertragsstaates, dem der Vollzugsbereich zugewiesen ist, ausschliesslich zuständig sind (Ausschliesslichkeitszone);
b) für Routinekontrollen jeder Art;
c) gegenüber Dienstfahrzeugen eines anderen Vertragsstaates.
(2)  Massnahmen nach Artikel 10 Absatz 2 Buchstaben a bis d sind im Rahmen eines Ersuchens nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe c auch in den Ausschliesslich­keitszonen zulässig.
Art. 12
(1)  In den Fällen des Artikels 10 Absatz 1 ist der für den Vollzugsbereich zustän­dige Vertragsstaat unverzüglich von Massnahmen nach Artikel 10 Absatz 2 Buch­staben f und g zu unterrichten.
(2)  Angehörige des für den Vollzugsbereich zuständigen Vertragsstaates, die in Übereinstimmung mit Artikel 10 Absätzen 2 und 3 festgenommen werden, sind diesem Vertragsstaat unverzüglich zu übergeben. Dies gilt auch für Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem für den Vollzugsbereich zuständigen Ver­tragsstaat haben, sofern sie nicht Angehörige des Vertragsstaates sind, dessen Or­gane sie festgenommen haben. Personen, die nach dieser Bestimmung nicht dem für den Vollzugsbereich zuständigen Vertragsstaat zu übergeben sind, dürfen in den Vertragsstaat verbracht werden, dessen Organe sie festgenommen haben.
(3)  Die in Übereinstimmung mit Artikel 10 Absätze 2 und 3 sichergestellten Fahr­zeuge und Beweisgegenstände dürfen vorläufig in den Vertragsstaat verbracht werden, dessen Organe sie sichergestellt haben. Ist ein anderer Vertragsstaat zur Verfolgung der Zuwiderhandlung zuständig, die Anlass für die Sicherstellung war, so sind ihm diese Fahrzeuge und Beweisgegenstände unverzüglich zu übergeben.
Art. 13
(1)  Zur Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die Schifffahrtsvorschriften ist jeder Vertragsstaat ohne Rücksicht darauf zuständig, in welchem Vollzugsbereich die Zuwiderhandlung begangen worden ist.
(2)  Die Zuständigkeit nach Absatz 1 übt der Vertragsstaat aus, in dem die Person, die einer Zuwiderhandlung gegen die Schifffahrtsvorschriften verdächtig ist, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat eine Person in keinem der Vertragsstaaten ihren gewöhnlichen Aufenthalt, so übt die Zuständigkeit der Vertragsstaat aus, dessen Organe zuerst tätig geworden sind.
(3)  Auf die Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die Schifffahrtsvorschriften ist das Recht des Vertragsstaates anzuwenden, in dem die Zuwiderhandlung in Übereinstimmung mit den Absätzen 1 und 2 verfolgt wird. Dies gilt auch für das Verfahren und die Verjährung. Die Unterbrechung der Verjährung in einem Ver­tragsstaat gilt jedoch auch in den anderen Vertragsstaaten als eingetreten.
Art. 14
Massgabe des innerstaatlichen Rechtes der Vertragsstaaten werden die in einem Vertragsstaat ausgesprochenen und nach dessen Rechtsordnung rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheidungen und Verfügungen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Schifffahrtsvorschriften auf dessen Ersuchen in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt.
Art. 15
(1)  Die zuständigen Justiz‑ und Verwaltungsbehörden der Vertragsstaaten leisten einander bei der Durchführung dieses Übereinkommens und der Schifffahrtsvor­schriften Rechts‑ und Amtshilfe jeder Art und übernehmen auf Ersuchen eines Vertragsstaates die Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die Schifffahrtsvor­schriften, soweit dies nach innerstaatlichem Recht nicht unzulässig ist. Sie wenden dabei ihr Recht an, soweit dieses Übereinkommen nichts anderes bestimmt.
(2)  Alle mit einem Verfahren wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Schifffahrts­vorschriften zusammenhängenden Unterlagen und sonstigen Gegenstände sind dem nach Artikel 13 Absatz 2 zur Verfolgung zuständigen Vertragsstaat zu übergeben.
(3)  Die Vertragsstaaten unterrichten einander über den Entzug der Zulassung und den Entzug der Bewilligung oder der Erlaubnis zum Führen eines Fahrzeuges, die Androhung des Entzuges sowie über alle Tatsachen, die dafür erheblich sein können.
Art. 16
In Durchführung dieses Übereinkommens eingenommene Geldbeträge werden zwischen den Vertragsstaaten nicht erstattet. Das gleiche gilt für die den Vertrags­staaten entstehenden Kosten.
Art. 17
Die zur Durchführung dieses Übereinkommens und der Schifffahrtsvorschriften zuständigen Behörden der Vertragsstaaten können, soweit dieses Übereinkommen nichts anderes bestimmt, unmittelbar miteinander verkehren. An eine unzuständige Stelle gerichtete Ersuchen oder Mitteilungen sind an die zuständige Stelle weiterzu­leiten.
Art. 18
Die Vertragsstaaten teilen einander auf diplomatischem Wege mit, welche Behörden zur Durchführung dieses Übereinkommens und der Schifffahrtsvorschriften zustän­dig sind.

Abschnitt IV Internationale Schifffahrtskommission für den Bodensee

Art. 19
(1)  Es wird eine Internationale Schifffahrtskommission für den Bodensee (im fol­genden Kommission genannt) gebildet.
(2)  Die Kommission hat unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Verkehrs auf dem See, der Erfordernisse des Umweltschutzes sowie der Erkenntnisse von Wis­senschaft und Technik
a) die Angelegenheiten festzulegen, die in den Schifffahrtsvorschriften einheit­lich zu regeln sind, und dafür Vorschläge auszuarbeiten;
b) auf die einheitliche Durchführung der für die Schifffahrt geltenden Vorschrif­ten hinzuwirken;
c) alle die Bodenseeschifffahrt betreffenden Fragen, insbesondere solche techni­scher und nautischer Natur, zu beraten und darüber Informationen aus­zutauschen;
d) Empfehlungen betreffend die Bodenseeschifffahrt an die Vertragsstaaten zu richten und Änderungen geltender Vorschriften vorzuschlagen.
(3)  Die Kommission hat ferner für die gegenseitige Information über Rechtsvor­schriften zu sorgen, welche die Schifffahrt auf dem See unmittelbar betreffen.
(4)  Jeder Vertragsstaat entsendet drei Mitglieder in die Kommission und bestimmt ein Mitglied zum Vorsitzenden seiner Delegation. Es können Sachverständige zugezogen werden. Die Delegationsvorsitzenden verkehren unmittelbar miteinander.
(5)  Die Kommission fasst ihre Beschlüsse einstimmig, wobei jede Delegation eine Stimme hat. Auf Verlangen eines Delegationsvorsitzenden hat die Kommission innerhalb von zwei Monaten zu einer Sitzung zusammenzutreten. Die Kommission gibt sich selbst eine Geschäftsordnung, in der die Einsetzung von Ausschüssen und Sachverständigengruppen vorgesehen werden kann.

Abschnitt V Beilegung von Meinungsverschiedenheiten

Art. 20
(1)  Bestehen zwischen den Vertragsstaaten Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder die Durchführung dieses Übereinkommens oder der Schifffahrts­vorschriften, so ist ihre Beilegung zunächst im Rahmen der in Artikel 19 vorgesehe­nen Kommission und dann auf diplomatischem Wege anzustreben.
(2)  Wird auch auf diplomatischem Wege keine Einigung erzielt, so kann jeder interessierte Vertragsstaat verlangen, dass der Fall einer Schiedskommission unter­breitet wird.
Art. 21
(1)  Die Schiedskommission besteht aus drei Mitgliedern. Diese dürfen nicht Ange­hörige eines der Vertragsstaaten sein; sie dürfen nicht mit dem Fall in anderem Zusammenhang bereits befasst gewesen sein.
(2)  Jede der am Schiedsverfahren beteiligten Parteien bestellt ein Mitglied der Schieds­kommission. Besteht eine Partei aus zwei Vertragsstaaten, so bestellen diese ein Mitglied im gemeinsamen Einvernehmen. Die beiden von den Parteien bestellten Mitglieder wählen einen Obmann.
(3)  Hat eine der Parteien ihr Mitglied nicht innerhalb von zwei Monaten nach Noti­fikation des Antrages auf Einleitung des Schiedsverfahrens bestellt, so wird das Mitglied auf Antrag der Gegenpartei vom Präsidenten des Europäischen Gerichts­hofes für Menschenrechte bezeichnet.
(4)  Können sich die beiden Mitglieder nicht innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Bestellung auf einen Obmann einigen, so wird dieser auf Antrag einer der Parteien vom Präsidenten des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bezeichnet.
(5)  Ist in einem der in den Absätzen 3 und 4 erwähnten Fälle der Präsident des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verhindert oder ist er Angehöriger eines Vertragsstaates, so wird die Bezeichnung vom Vizepräsidenten vorgenommen. Ist auch dieser verhindert oder Angehöriger eines Vertragsstaates, so nimmt das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Angehöriger eines Vertragsstaates ist, die Bezeichnung vor.
Art. 22
(1)  Die Schiedskommission wirkt in jedem Stadium des Verfahrens auf eine güt­liche Erledigung des Falles hin. Erweist sich eine solche Erledigung als nicht mög­lich, so fällt die Kommission mit Stimmenmehrheit eine Entscheidung. Diese Ent­scheidung ist endgültig und für alle Vertragsstaaten verbindlich.
(2)  Die Schiedskommission legt ihren Vergleichsvorschlägen und Entscheidungen zugrunde:
a) die Bestimmungen dieses Übereinkommens unter besonderer Beachtung des Artikels 1 Absatz 2;
b) die zwischen den Vertragsstaaten geltenden einschlägigen Übereinkünfte all­gemeiner oder besonderer Art;
c) das Völkergewohnheitsrecht;
d) die allgemeinen Rechtsgrundsätze.
Art. 23
(1)  Falls die Parteien nicht etwas anderes vereinbaren, setzt die Schiedskommission ihre eigenen Verfahrensregeln fest.
(2)  Der am Schiedsverfahren nicht als Partei beteiligte Vertragsstaat kann dem Verfahren jederzeit als Nebenintervenient beitreten.
(3)  Jede Partei trägt die Kosten des von ihr bestellten Mitgliedes der Schiedskom­mission; die Kosten des Obmannes sowie die sonstigen Kosten werden von den Parteien zu gleichen Teilen getragen.

Abschnitt VI Schlussbestimmungen

Art. 24
Dieses Übereinkommen gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den Regierungen der Republik Öster­reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Übereinkommens eine gegenteilige Erklärung abgibt.
Art. 25
Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden werden bei der Österreichischen Bundesregierung hinterlegt werden.
Art. 26
(1)  Dieses Übereinkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Es tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach Ablauf des Monats in Kraft, in dem die letzte Ratifikationsurkunde hinterlegt worden ist.
(2)  Jeder Vertragsstaat kann dieses Übereinkommen auf diplomatischem Wege schriftlich gegenüber den beiden anderen Vertragsstaaten kündigen. Die Kündigung wird nach Ablauf des auf sie folgenden Kalenderjahres im Verhältnis zwischen allen Vertragsstaaten gleichzeitig wirksam.
(3)  Im Falle einer Kündigung dieses Übereinkommens nehmen die Vertragsstaaten unverzüglich Verhandlungen zur einvernehmlichen Neuregelung der Schifffahrt auf dem Bodensee auf. Bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung wird dieses Überein­kommen weiter angewendet.
Art. 27
(1)  Mit dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens treten alle früheren Überein­kommen, Protokolle und sonstigen Vereinbarungen über die Regelung der Schiff­fahrt auf dem Bodensee ausser Kraft, insbesondere der Vertrag vom 22. September 1867⁵ zwischen den Bodensee‑Uferstaaten betreffend eine internationale Schiff­fahrts‑ und Hafenordnung für den Bodensee, das Bregenzer Protokoll vom 6. Mai 1892, das Bregenzer Revisionsprotokoll vom 30. Juni 1894, das Konstanzer Proto­koll vom 8. April 1899 sowie die weiteren Vereinbarungen der Jahre 1909, 1915, 1927 und 1933.
(2)  Die Vertragsstaaten wenden bis zum Inkrafttreten der Schifffahrtsvorschriften, längstens jedoch für drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens, die derzeit geltenden, auf Grund der in Absatz 1 genannten Übereinkommen, Protokolle und Vereinbarungen erlassenen Vorschriften über die Schifffahrt auf dem See sowie diese Übereinkommen, Protokolle und Vereinbarungen selbst weiter an, soweit sie Vorschriften über die Schifffahrt enthalten.
⁵ [BS 13 379]

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Über­einkommen unterschrieben.
Geschehen auf dem Bodensee am 1. Juni 1973 in drei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die
Bundesrepublik Deutschland:

Für die
Republik Österreich:

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft:

Frank

Karl Fischer
Elmar Grabherr

Diez

Anlage zu Artikel 9 und Artikel 11

Abgrenzung der Vollzugsbereiche und Ausschliesslichkeitszonen

I. Vollzugsbereiche
1. Die Grenze zwischen den Vollzugsbereichen der Bundesrepublik Deutsch­land und der Republik Österreich verläuft von der Mitte der Leiblachmün­dung in gerader Linie zum Rheinspitz, Weisses Haus, bis zum Schnittpunkt mit der geraden Linie vom Fernsehturm auf dem Pfänder – Romanshorn, neue katholische Kirche (Punkt 1). Von Punkt 1 verläuft sie in Richtung Romanshorn, neue katholische Kirche, bis zum Schnittpunkt mit der geraden Linie letzter Staatsgrenzpunkt am Alten Rhein – Mitte Argenmündung (Punkt 2).
2. Die Grenze zwischen den Vollzugsbereichen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft verläuft von Punkt 2 in gerader Linie zum letzten Staatsgrenzpunkt am Alten Rhein.
3. Die Grenze zwischen den Vollzugsbereichen der Bundesrepublik Deutsch­land und der Schweizerischen Eidgenossenschaft beginnt bei Punkt 2 und folgt der geraden Linie in Richtung Romanshorn, neue katholische Kirche, bis zu ihrem Schnittpunkt mit der geraden Linie letzter Staatsgrenzpunkt am Alten Rhein – Hagnau, Kirche (Punkt 3). Von Punkt 3 verläuft sie in gerader Linie bis zum Schnittpunkt der geraden Linien Romanshorn, neue katholi­sche Kirche – Fischbach, St. Magnuskirche, und Rheinspitz, Weisses Haus – Hagnau, Kirche (Punkt 4). Von Punkt 4 folgt sie der geraden Linie in Rich­tung Konstanz, Bismarckturm, bis zum Schnittpunkt mit der geraden Linie Scherzingen, Kirche – Haltnau, Wohnhaus (Punkt 5). Von Punkt 5 folgt sie der geraden Linie bis zur Mitte der geraden Linie zwischen den Punkten Bottighofen, Schlössli, und Konstanz, Hinteres Eichhorn (Punkt 6). Von Punkt 6 folgt sie der geraden Linie zum letzten Staatsgrenzpunkt im Kon­stanzer Trichter und dann der vertraglich festgelegten Staatsgrenze.
II. Ausschliesslichkeitszonen
1. Die Grenze der Ausschliesslichkeitszonen verläuft westlich der geraden Linie letzter Staatsgrenzpunkt am Alten Rhein – Mitte Argenmündung in 3 km Entfernung vom Ufer bei Mittelwasserstand. Im Gebiet östlich dieser Linie beträgt der Abstand der Grenze der Ausschliesslichkeitszonen 2 km vom Ufer bei Mittelwasserstand.
2. Die Grenze zwischen den Ausschliesslichkeitszonen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich wird durch die gerade Linie bestimmt, die von der Mitte der Leiblachmündung zum Punkt 1 verläuft.
3. Die Grenze zwischen den Ausschliesslichkeitszonen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird durch die gerade Linie letzter Staatsgrenzpunkt am Alten Rhein – Punkt 2 bestimmt.
4. Die Grenze zwischen den Ausschliesslichkeitszonen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird durch den Linienzug Punkt 5 – Punkt 6 – letzter Staatsgrenzpunkt im Konstanzer Trichter und durch die vertraglich festgelegte Staatsgrenze bestimmt.
III.
An die Stelle der in Abschnitt I und II genannten Mitte der Leiblachmündung tritt nach einer neuen vertraglichen Feststellung des Grenzverlaufes zwischen der Bun­desrepublik Deutschland und der Republik Österreich der letzte Staatsgrenzpunkt in diesem Gebiet.

Zusatzprotokoll

I.
Zur Ergänzung der in Artikel 1 Absatz 3 des Übereinkommens über die Schifffahrt auf dem Bodensee (Übereinkommen) vorgesehenen Verträge über die Schifffahrt auf dem Untersee und den beiden Rheinstrecken zwischen Konstanz und Schaffhau­sen⁶ einerseits und der Strecke des Alten Rheins von der Mündung bis Rhein­eck-Gaissau⁷ andererseits (Zusatzverträge) sowie zur Durchführung der auf Grund dieser Verträge geltenden Vorschriften haben die Vertragsstaaten folgendes vereinbart:
1.  Zur Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Schifffahrtsvorschriften, die auf den in Artikel 1 Absatz 3 des Übereinkommens genannten Gewässern begangen werden, ist jeder Vertragsstaat ohne Rücksicht darauf zuständig, in welchem Ver­tragsstaat die Zuwiderhandlungen begangen worden sind. Hinsichtlich der in einem der anderen Vertragsstaaten begangenen Zuwiderhandlungen kann die Zuständigkeit nur ausgeübt werden, wenn dieser Vertragsstaat ein Ersuchen um Übernahme der Verfolgung stellt.
2.  Der Artikel 13 Absatz 3 und die Artikel 14 bis 18 des Übereinkommens werden auf die Schifffahrt auf den in Artikel 1 Absatz 3 des Übereinkommens genannten Gewässern angewendet, wobei
a) an die Stelle des Übereinkommens die Zusatzverträge treten;
b) an die Stelle der Schifffahrtsvorschriften die auf Grund der Zusatzverträge geltenden Vorschriften treten;
c) hinsichtlich der Verfolgung von Zuwiderhandlungen an die Stelle des nach dem Übereinkommen zuständigen Vertragsstaates der nach diesem Zusatz­protokoll zuständige Vertragsstaat tritt.
3.  Die Befugnisse der in Artikel 19 des Übereinkommens vorgesehenen Internatio­nalen Schifffahrtskommission für den Bodensee werden auf Angelegenheiten aus­gedehnt, die ausschliesslich oder teilweise den Geltungsbereich eines Zusatzvertra­ges betreffen, wobei der am Zusatzvertrag jeweils nicht beteiligte Vertragsstaat an den Abstimmungen nicht teilnimmt.
4.  Für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder die Durchführung der Zusatzverträge oder der auf Grund dieser Verträge dieser Ver­träge geltenden Vorschriften gelten die Artikel 20 bis 23 des Übereinkommens, wobei an die Stelle der Vertragsstaaten des Übereinkommens die Vertragsstaaten des jeweiligen Zusatzvertrages treten.
II
Dieses Zusatzprotokoll ist Bestandteil des Übereinkommens; es wird angewendet, sobald und solange der jeweilige Zusatzvertrag anwendbar ist.
Geschehen auf dem Bodensee am 1. Juni 1973 in drei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die
Bundesrepublik Deutschland:

Für die
Republik Österreich:

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft:

Frank

Karl Fischer
Elmar Grabherr

Diez

⁶ SR 0.747.224.31
⁷ SR 0.747.224.41
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