Gesetz über das Archivwesen (585)
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Gesetz über das Archivwesen

Nr. 585 Gesetz über das Archivwesen (Archivgesetz) vom 16. Juni 2003 (Stand 1. September 2021) Der Grosse Rat des Kantons Luzern, nach Einsicht in die Botschaft des Regierungsrates vom 28. Januar 2003
1 , beschliesst:
1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1

Geltungsbereich
1 Dieses Gesetz gilt für die Verwaltung und Archivierung von Unterlagen a. des Kantonsrates
2 , b. des Regierungsrates und der kantonalen Verwaltung, c. der Gerichte und der von ihnen beaufsichtigten Behörden, d. der Personen und Organisationen, die gestützt auf die Rechtsordnung kantonale Aufgaben erfüllen.
2 Es regelt die Organisation des Archivwesens und die Einsichtnahme in das Archivgut.

§ 2

Zweck
1 Die Archivierung leistet mit der dauernden Aufbewahrung und Aufbereitung von Un
- terlagen einen Beitrag zur Rechtssicherheit, zu einer kontinuierlichen und rationellen Verwaltungsführung, zur Schaffung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit staatli
- chen Handelns sowie zur Bereitstellung von Grundlagen für die Forschung.
1 GR 2003 516
2 Gemäss Änderung vom 28. April 2008, in Kraft seit dem 1. August 2008 (G 2008 256), wurde die Bezeichnung «Grosser Rat» durch «Kantonsrat» ersetzt. * Siehe Tabellen mit Änderungsinformationen am Schluss des Erlasses. K 2003 1636 | G 2003 275
2 Nr. 585

§ 3

Begriffe
1 Öffentliche Organe sind die in § 1 Absatz 1 genannten Behörden, Personen und Orga
- nisationen.
2 Unterlagen sind, unabhängig vom Informationsträger, alle aufgezeichneten Informatio
- nen, die bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Kantons empfangen oder erstellt werden. Sie umfassen auch die Hilfsmittel, die für das Verständnis und die Nutzung der Aufzeichnungen nötig sind.
3 Archivwürdig sind Unterlagen, die a. der Sicherung der Rechtsstaatlichkeit dienen, b. die Rechte des Einzelnen sichern, c. eine umfassende Darstellung der Geschichte des Kantons sowie eine Beschrei
- bung der Aufgaben und Arbeitsweisen der öffentlichen Organe ermöglichen.
4 Archivgut sind Unterlagen, die das Staatsarchiv zwecks dauernder Aufbewahrung übernommen und für die amtliche und die private Nutzung aufbereitet hat.
5 Für die Begriffe «Personendaten», «besonders schützenswerte Personendaten» und «betroffene Person» gelten die Definitionen des Gesetzes über den Schutz von Perso
- nendaten (Kantonales Datenschutzgesetz) vom 2. Juli 1990
3 . Sie umfassen in diesem Gesetz auch Angaben über bestimmte oder bestimmbare juristische Personen oder Per
- sonengesellschaften des Handelsrechts. *
6 Deposita sind nichtstaatliche Unterlagen, die das Staatsarchiv zur Aufbewahrung und Nutzung entgegennimmt.
2 Staatsarchiv

§ 4

Aufgaben und Kompetenzen
1 Das Staatsarchiv stellt eine dauerhafte Überlieferung für die Bedürfnisse des Staates, der Wissenschaft und der Kultur sicher. Es sorgt für die fachgerechte Aufbewahrung und die Aufbereitung des Archivguts.
2 Das Staatsarchiv hat insbesondere folgende Aufgaben: Es a. berät die öffentlichen Organe bei der Verwaltung ihrer Unterlagen und unterstützt sie bei der Vorbereitung von Ablieferungen, b. übernimmt und bewertet die Unterlagen der öffentlichen Organe, c. übernimmt archivwürdige Unterlagen anderer, insbesondere privater Herkunft, d. sichert und pflegt das Archivgut, e. macht das Archivgut benutzbar, f. wirkt an der Auswertung seiner Bestände durch Publikationen mit und regt Publi
- kationen an,
3 SRL Nr.
38 . Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.
Nr. 585
3 g. berät die Gemeinden und Gemeindeverbände in Archivfragen.
3 Das Staatsarchiv kann zur Erfüllung seiner Aufgaben Weisungen erteilen.
3 Sicherung der Unterlagen

§ 5

Verwaltung von Unterlagen
1 Die öffentlichen Organe bewahren ihre Unterlagen bis zur Ablieferung an das Staatsar
- chiv auf.
2 Sie berücksichtigen bei der Beschaffung von Hilfsmitteln für die Unterlagenverwal
- tung, namentlich von elektronischen Datenverarbeitungssystemen und Geschäftskontrol
- len, die Bedürfnisse der Archivierung.

§ 6

Anbietepflicht
1 Die öffentlichen Organe bieten alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen oder deren Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, dem Staatsarchiv zur Übernahme an.
2 Sie können dem Staatsarchiv die für die Vorbereitung der Übernahme erforderlichen Zugriffsrechte zu den elektronischen Informations-, Geschäftsverwaltungs- und Doku
- mentationssystemen einräumen. Die öffentlichen Organe sind für die Zugriffsverwal
- tung verantwortlich. *

§ 7

Ablieferung und Übernahme von Unterlagen
1 Die Unterlagen sind dem Staatsarchiv in geordnetem Zustand abzuliefern. Zu jeder Ab
- lieferung ist ein Ablieferungsverzeichnis zu erstellen.
2 Mit der Übernahme der Unterlagen wird das Staatsarchiv im Sinn des Datenschutzge
- setzes für diese verantwortlich.

§ 8

Bewertung und Vernichtung von Unterlagen
1 Das Staatsarchiv bewertet die Unterlagen hinsichtlich ihrer Archivwürdigkeit.
2 Es vernichtet Unterlagen nur mit Zustimmung der abliefernden Stelle.
3 Bei der Vernichtung von Unterlagen sind die Grundsätze des Datenschutzes zu beach
- ten.

§ 9

Unterlagen aus interkantonaler Zusammenarbeit
1 Unterlagen, die im Rahmen interkantonaler Zusammenarbeit entstehen, sollen nach den Grundsätzen dieses Gesetzes archiviert werden.
4 Nr. 585
4 Benutzung des Archivguts

§ 10

Freie Einsichtnahme und ordentliche Schutzfrist
1 Das Archivgut steht der Öffentlichkeit nach Ablauf einer ordentlichen Schutzfrist von
30 Jahren unter Vorbehalt von § 11 zur freien Einsichtnahme zur Verfügung.
2 Unterlagen, die bereits vor der Ablieferung an das Staatsarchiv öffentlich zugänglich waren, bleiben weiterhin öffentlich zugänglich.

§ 11

Verlängerte Schutzfristen und weitere Beschränkungen der Einsichtnahme
1 Besonders schützenswerte Personendaten unterliegen einer Schutzfrist von
100 Jahren. *
2 Die verlängerte Schutzfrist für besonders schützenswerte Personendaten endet auf Ge
- such hin vorzeitig, wenn die betroffene Person * a. * vor mindestens 10 Jahren verstorben ist, b. * vor mindestens 100 Jahren geboren wurde und ihr Todeszeitpunkt nicht bekannt ist.
2bis Die Schutzfrist für Behandlungsdokumentationen beträgt 120 Jahre. Vorbehalten bleibt § 32a des Spitalgesetzes vom 11. September 2006
4 . *
3 Das Staatsarchiv kann bei überwiegenden schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Interessen die Einsichtnahme für bestimmte Kategorien oder im Einzelfall nach Ablauf der Schutzfrist für höchstens weitere 20 Jahre beschränken oder untersagen. Es holt den Mitbericht der Stelle ein, welche die Unterlagen abgeliefert hat.

§ 12

Berechnung der Schutzfrist
1 Die Schutzfrist beginnt mit dem Datum des jüngsten Dokumentes eines Geschäfts oder eines Dossiers zu laufen.

§ 13

Auskunft an betroffene Personen
1 Die Erteilung von Auskünften an betroffene Personen und die Gewährung der Ein sichtnahme für diese Personen richten sich nach den Bestimmungen des Datenschutzge
- setzes.
2 Bestreitet eine betroffene Person die Richtigkeit von Personendaten, kann sie den Un
- terlagen eine Gegendarstellung beifügen. Das Archivgut selbst darf nicht verändert wer
- den.
4 SRL Nr.
800a
Nr. 585
5

§ 14

Einsichtnahme durch die öffentlichen Organe
1 Die öffentlichen Organe können auch während der Schutzfristen in die von ihnen abge
- lieferten Unterlagen Einsicht nehmen, sofern dies zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist.

§ 15

Einsichtnahme durch Dritte
1 Das Staatsarchiv kann Dritten vor Ablauf der Schutzfristen Einsicht in das Archivgut gewähren, wenn keine überwiegenden schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Inter
- essen entgegenstehen oder wenn die betroffene Person in die Einsichtnahme einwilligt.
2 Das Gesuch um Einsichtnahme ist schriftlich und begründet beim Staatsarchiv einzu
- reichen.
3 Das Staatsarchiv holt den Mitbericht der Stelle ein, welche die Unterlagen abgeliefert hat. Sind besonders schützenswerte Personendaten betroffen, zieht es den Datenschutz
- beauftragten oder die Datenschutzbeauftragte bei.
4 Die Einsichtnahme in archivierte Behandlungsdokumentationen der Luzerner Psychiatrie richtet sich während der laufenden Schutzfrist nach den Bestimmungen des Patientenreglementes für die Luzerner Psychiatrie vom 18. Januar 2008
5 . *

§ 16

Einsichtnahme in Deposita
1 Für die Einsichtnahme in Deposita gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Benutzung des Archivguts.
2 Andere Benutzungsregeln können bei der Ablieferung der Unterlagen vertraglich ver
- einbart werden.

§ 16a

* Einsichtnahme über Internet
1 Das Staatsarchiv kann Verzeichnungsdaten und elektronische Fassungen von Akten im Internet öffentlich zugänglich machen, wenn die Schutzfrist für das betreffende Archiv
- gut nach den §§ 10 und 11 abgelaufen ist.

§ 17

Gebühren
1 Die Benutzung des Staatsarchivs ist unentgeltlich.
2 Für besondere Leistungen können Gebühren erhoben werden.
5 SRL Nr.
822b
6 Nr. 585
5 Rechtsschutz und Strafen

§ 18

Rechtsschutz
1 Alle in Anwendung dieses Gesetzes getroffenen Entscheide können nach den Vor schriften des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972
6 angefochten werden.

§ 19

Strafen
1 Wer vorsätzlich a. Informationen aus dem Archivgut, das einer Schutzfrist unterliegt oder auf andere Weise ausdrücklich der Öffentlichkeit entzogen ist, bekannt gibt, b. Archivgut beiseite schafft oder vernichtet, wird mit Busse
7 bestraft.
2 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches
8 .
6 Schlussbestimmungen

§ 20

Verordnungsrecht
1 Der Regierungsrat erlässt die Ausführungsbestimmungen, soweit nicht das Kantonsge
- richt
9 zuständig ist.
2 Er regelt durch Verordnung namentlich das Nähere über die Verwaltung der Unterla
- gen durch die öffentlichen Organe, über das Anbieten und Abliefern von Unterlagen zur Archivierung und über die Benutzung des Archivguts.
3 Das Kantonsgericht regelt durch Verordnung das Nähere über die Verwaltung der Un
- terlagen der Gerichte und der von ihnen beaufsichtigten Behörden sowie über das An
- bieten und Abliefern ihrer Unterlagen zur Archivierung.

§ 21

Änderung eines Erlasses
10
6 SRL Nr.
40
7 Gemäss Änderung des Gesetzes über die Strafprozessordnung vom 11. September 2006, in Kraft seit dem 1. Januar 2007 (G 2006 277), wurde der Ausdruck «Haft oder Busse» durch «Busse» ersetzt.
8 SR
311.0
9 Gemäss Gesetz über die Schaffung des Kantonsgerichtes vom 14. Mai 2012, in Kraft seit dem
1. Juni 2013 (G 2012 189), wurde die Bezeichnung «oberste Gerichte» durch «Kantonsgericht» er
- setzt.
10 Gemäss Sammelerlass LexWork XML vom 3. März 2015 (G 2015 91) wurde diese Bestimmung betreffend Fremdänderungen aus dem Erlass entfernt.
Nr. 585
7

§ 22

Inkrafttreten
1 Das Gesetz tritt am 1. Januar 2004 in Kraft. Es unterliegt dem fakultativen Referen
- dum
11 .
11 Die Referendumsfrist lief am 20. August 2003 unbenützt ab (K 2003 2109).
8 Nr. 585 Änderungstabelle - nach Paragraf Element Beschlussdatum Inkrafttreten Änderung Fundstelle G Erlass
16.06.2003
01.01.2004 Erstfassung K 2003 1636 | G 2003 275

§ 3 Abs. 5

10.05.2021
01.09.2021 geändert G 2021-054

§ 6 Abs. 2

10.05.2021
01.09.2021 eingefügt G 2021-054

§ 11 Abs. 1

03.12.2018
01.07.2019 geändert G 2019-004

§ 11 Abs. 2

03.12.2018
01.07.2019 geändert G 2019-004

§ 11 Abs. 2, a.

03.12.2018
01.07.2019 eingefügt G 2019-004

§ 11 Abs. 2, b.

03.12.2018
01.07.2019 eingefügt G 2019-004

§ 11 Abs. 2

bis
03.12.2018
01.07.2019 eingefügt G 2019-004

§ 15 Abs. 4

03.12.2018
01.07.2019 eingefügt G 2019-004

§ 16a

03.12.2018
01.07.2019 eingefügt G 2019-004
Nr. 585
9 Änderungstabelle - nach Beschlussdatum Beschlussdatum Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle G
16.06.2003
01.01.2004 Erlass Erstfassung K 2003 1636 | G 2003 275
03.12.2018
01.07.2019

§ 11 Abs. 1

geändert G 2019-004
03.12.2018
01.07.2019

§ 11 Abs. 2

geändert G 2019-004
03.12.2018
01.07.2019

§ 11 Abs. 2, a.

eingefügt G 2019-004
03.12.2018
01.07.2019

§ 11 Abs. 2, b.

eingefügt G 2019-004
03.12.2018
01.07.2019

§ 11 Abs. 2

bis eingefügt G 2019-004
03.12.2018
01.07.2019

§ 15 Abs. 4

eingefügt G 2019-004
03.12.2018
01.07.2019

§ 16a

eingefügt G 2019-004
10.05.2021
01.09.2021

§ 3 Abs. 5

geändert G 2021-054
10.05.2021
01.09.2021

§ 6 Abs. 2

eingefügt G 2021-054
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