Verordnung über die Heimarbeit (822.311)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über die Heimarbeit (Heimarbeitsverordnung, HArGV)

(Heimarbeitsverordnung, HArGV) vom 20. Dezember 1982 (Stand am 1. Januar 2008) ¹ AS 1983 114
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 7, 9 und 20 des Heimarbeitsgesetzes vom 20. März 1981² (im folgenden Gesetz genannt),
verordnet:
² SR 822.31

1. Abschnitt: Geltungsbereich

Art. 1
¹ Als öffentliche Arbeitgeber im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 des Gesetzes gelten insbesondere die öffentlichen Verwaltungen des Bundes, der Kantone und Gemein­den sowie die Körperschaften des öffentlichen Rechts.
² Als gewerbliche oder industrielle Hand- und Maschinenarbeit im Sinne von Arti­kel 1 Absatz 4 des Gesetzes gelten Verrichtungen, durch welche Güter hergestellt, ver­arbei­tet, behandelt, verpackt, abgefüllt oder sortiert werden.

2. Abschnitt: Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und Heimarbeit­nehmer

Art. 2 Bekanntgabe der Arbeitsbedingungen
¹ Der Arbeitgeber hat dem Heimarbeitnehmer die allgemein geltenden Arbeitsbe­din­gun­gen wie Tarife, Arbeitsordnungen oder Gesamtarbeitsverträge schriftlich bekannt­zu­geben. Die den einzelnen Heimarbeitnehmer betreffenden Vereinbarun­gen, na­mentlich über den Lohn und den Auslagenersatz, sind diesem schriftlich zu be­stä­tigen.
² Die Einzelheiten des Arbeitsauftrages sind durch Begleitpapiere bekanntzugeben und, soweit nötig, mit Mustern, Entwürfen, Zeichnungen oder Beschreibungen der auszuführenden Arbeit zu ergänzen. An Stelle der Begleitpapiere kann ein Arbeits­buch verwendet werden.
Art. 3 Mehr- und Minderaufwendungen
¹ Als Mehraufwendungen (Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes) gelten insbesondere:
a. für den Arbeitgeber die Kosten des Transportes der Arbeitsgeräte, Materia­lien und Arbeitserzeugnisse sowie die Kosten für Anleitung und Betreuung des Heimarbeitnehmers, soweit sie diejenigen für gleiche oder vergleichbare Ar­bei­ten im Betrieb übersteigen;
b. für den Heimarbeitnehmer die Kosten des Arbeitsplatzes, soweit es sich nicht um Auslagen handelt, die nach Artikel 5 Absatz 1 des Gesetzes vom Arbeit­ge­ber zu ersetzen sind.
² Als Minderaufwendungen (Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes) gelten insbesondere die Ein­sparungen des Arbeitgebers von Kosten des Arbeitsraumes und des Arbeits­plat­zes.
³ Nicht als Mehr- oder Minderaufwendungen gelten Kosten, die sich aus unabding­ba­ren gesetzlichen oder gesamtarbeitsvertraglichen Verpflichtungen ergeben.
⁴ Allfälligen Mehr- und Minderaufwendungen im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 des Gesetzes kann nur soweit Rechnung getragen werden, als sie glaubhaft begründet werden.
Art. 4 Vorgabezeit
¹ Für die Berechnung der Vorgabezeit (Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes) ist der im Be­trieb für gleiche oder vergleichbare Arbeiten errechnete oder geschätzte durch­schnittliche Zeitaufwand massgebend. Fehlen die entsprechenden Unterlagen, so hat der Arbeit­geber den erforderlichen Zeitaufwand zu ermitteln, ausser wenn dies we­gen der Art der Heimarbeit nicht zum voraus möglich ist. Zeitmessungen und Ar­beitsstudien kön­nen, mit dem Einverständnis des Heimarbeitnehmers, auch an des­sen Arbeits­platz vorgenommen werden.
² Der Arbeitgeber hat dem Heimarbeitnehmer schriftlich mitzuteilen, wie er die Vor­gabezeit ermittelt hat.
Art. 5 Abrechnung
Aus der Abrechnung (Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes) müssen ersichtlich sein:
a. Name, Vorname und Adresse des Arbeitgebers und des Heimarbeitnehmers;
b. AHV-Nummer des Heimarbeitnehmers;
c. Zahltagsperiode und Datum der Lohnzahlung;
d. Menge und Art der abgelieferten Arbeitserzeugnisse und des allenfalls zurück­ge­gebenen Materials;
e. bei Stück- und Akkordlohn oder ähnlichen Entlöhnungsformen die der Lohn­be­rechnung zugrunde liegenden Bestimmungsgrössen, bei Zeitlohn die Zahl der be­rechneten Stunden und der Stundenlohnansatz;
f. allfällige Prämien;
g. Ferienlohn und die Zahl der vergüteten Ferien- und Feiertage;
h. Familien-, Kinder- und andere Zulagen;
i. Auslagenersatz im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 des Gesetzes;
k. Vorschüsse, Lohnrückbehalt, Beiträge an Sozialversicherungen (AHV, Invali­denversicherung, Erwerbsersatzordnung, Arbeitslosenversicherung, Kranken-, Unfall-, berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversi­cherung).
Art. 6 Auslagen
¹ Als Auslagen (Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes) gelten insbesondere die Kosten der vom Heimarbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers angeschafften Arbeitsgeräte und Materialien mit Ausnahme jener Arbeitsgeräte, die bereits im Besitz des Heimar­beit­nehmers sind.
² Als Auslagen gelten auch die Kosten für den Unterhalt der für die Ausführung der Heimarbeit verwendeten Arbeitsgeräte und Materialien.
Art. 7 Zeitliche Begrenzung der Ausgabe von Heimarbeit
Heimarbeit darf nicht vor 6 Uhr und nicht nach 20 Uhr ausgegeben und abgenom­men werden.
Art. 8 Schutz von Leben und Gesundheit
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Heimarbeitnehmer auf die bei der Verwen­dung der Arbeitsgeräte und des Materials geltenden Schutzvorschriften aufmerk­sam zu ma­chen. Spätestens bei deren Lieferung sind die entsprechenden Schutz­vorschriften dem Heimarbeitnehmer auszuhändigen.
Art. 9 Gefährliche Arbeiten
¹ Zum Schutz der Heimarbeitnehmer und der Umgebung ihrer Arbeitsplätze dürfen folgende Arbeiten nicht in Heimarbeit ausgeführt werden:
a. Bedienung von Maschinen, Einrichtungen, Geräten, Werkzeugen und Umgang mit Materialien, sofern damit erfahrungsgemäss eine erhebliche Un­fallgefahr oder Gefahr von Gesundheitsschädigungen verbunden ist;
b. Herstellen, Bearbeiten und Verpacken von Gegenständen, die Spreng- oder Zündstoffe enthalten;
c. Herstellen, Bearbeiten und Verwenden von leichtentzündbaren Stoffen, aus­ge­nommen das Bemalen, Beschriften und Verpacken, sofern keine erheb­liche Brand- oder Explosionsgefahr besteht;
d. Arbeiten, bei denen eine erhebliche Vergiftungsgefahr oder eine Gefährdung durch ionisierende Strahlen besteht;
e. Sortieren, Verarbeiten und Ausbessern ungereinigter Wäsche, Kleider und Säcke;
f. Sortieren und Verarbeiten ungereinigter Textilabfälle;
g. Arbeiten mit Schweiss- und Schneidbrennern;
h. Arbeiten, die mit heftiger Erschütterung oder starkem Lärm verbunden sind;
i. Arbeiten bei grosser Hitze und Kälte;
k. Heben, Tragen und Fortbewegen schwerer Lasten.
² Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)³ kann nach Anhö­rung der Vollzugs­behörde in Einzelfällen Ausnahmen bewilligen. Solche Bewilli­gun­gen sind mit beson­deren Auflagen zum Schutz des Heimarbeitnehmers und al­lenfalls der Umgebung des Arbeitsplatzes zu verbinden.
³ Ausdruck gemäss Art. 22 Abs. 1 Ziff. 12 der V vom 17. Nov. 1999, in Kraft seit 1. Juli 1999 ( AS 2000 187 ). Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.
Art. 10 Verzeichnis der Heimarbeitnehmer und Registrierung
¹ Der Arbeitgeber hat sich spätestens vor der ersten Ausgabe von Heimarbeit in das Arbeitgeberregister seines Wohnsitz- beziehungsweise Sitzkantons seines Betrie­bes eintragen zu lassen. Die Vollzugsbehörde stellt ihm über die erfolgte Eintra­gung eine Bescheinigung aus, die aufzubewahren und auf Verlangen den Vollzugs- und Auf­sichtsbehörden vorzuweisen ist.
² Der Arbeitgeber hat den Vollzugsbehörden auf deren Verlangen jährlich eine Kopie des nachgeführten Heimarbeitnehmerverzeichnisses zu übermitteln, in wel­chem fol­gende Angaben enthalten sein müssen:
a. Name, Vorname, Adresse und Geburtsdatum des Heimarbeitnehmers;
b. Beruf und Tätigkeit des Heimarbeitnehmers;
c. Datum der erstmaligen Ausgabe von Heimarbeit.

3. Abschnitt: Vollzugsbestimmungen

Art. 11 Kantone
¹ Die Kantone teilen dem SECO die nach Artikel 15 Absatz 1 des Gesetzes be­zeich­neten Vollzugsbehörden sowie die kantonale Beschwerdeinstanz mit.
² Die kantonalen Vollzugsbehörden treffen die für den Vollzug erforderlichen Mass­nahmen. Insbesondere führen sie stichprobeweise Kontrollen bei den Arbeit­gebern und, bei begründetem Anlass, in den Arbeitsräumen der Heimarbeitnehmer über die Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes und der Verordnung durch, be­raten Arbeit­geber und Heimarbeitnehmer bei der Anwendung des Gesetzes und sorgen für die fortlaufende Führung des Arbeitgeberregisters. Sie können für Aus­nahmebewil­ligun­gen nach Artikel 7 Absatz 1 des Gesetzes Gebühren erheben.⁴
³ Der jährliche Bericht nach Artikel 15 Absatz 4 des Gesetzes ist dem SECO späte­s­tens drei Monate nach Ablauf eines Kalenderjahres zu erstatten. Dieser hat auch Angaben betreffend Verfügungen über die Anwendbarkeit des Gesetzes in Zweifels­fällen nach Artikel 2 des Gesetzes sowie über die Bewilligung von Aus­nahmen von der zeitlichen Begrenzung der Ausgabe und Abnahme von Heimarbeit nach Artikel 7 dieser Verordnung zu enthalten.
⁴ Fassung des letzten Satzes gemäss Anhang Ziff. 14 der V vom 30. Jan. 1991 über die Genehmigung kantonaler Erlasse durch den Bund ( SR 172.068 ).
Art. 12 Bund
¹ Das SECO sorgt im Rahmen seiner Oberaufsicht für einen einheitlichen Voll­zug des Gesetzes. Es kann den kantonalen Vollzugsbehörden Weisungen er­teilen.
² Es führt namentlich stichprobeweise Kontrollen durch.⁵
³ Es berät die Kantone und die Betriebe des Bundes bei der Anwendung des Geset­zes und dieser Verordnung und überprüft die von den kantonalen Vollzugsbehör­den so­wie Heimarbeit ausgebenden Bundesbetrieben getroffenen Massnahmen auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften.
⁵ Fassung gemäss Ziff. II 3 der V vom 24. April 2002, in Kraft seit 1. Juni 2002 ( AS 2002 1347 ).
Art. 13 ⁶
⁶ Aufgehoben durch Ziff. II 7 der V vom 12. Sept. 2007 über die Aufhebung und Anpassung von Verordnungen im Rahmen der Neuordnung der ausserparlamentarischen Kommissionen, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4525 ).

4. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 14 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts
¹ Die Verordnung vom 9. Januar 1970⁷ zum Bundesgesetz über die Heimarbeit wird aufgehoben.
² Die Ausführungsverordnung vom 28. Juni 1949⁸ zum Bundesbeschluss über die Förderung der Heimarbeit wird wie folgt geändert:
Titel
...
Art. 1 Abs. 1
...
⁷ [ AS 1970 72 ]
⁸ SR 822.321 . Die hiernach aufgeführten Änd. sind eingefügt in der genannten V.
Art. 15 Übergangsbestimmung
Die Mitglieder der bestehenden Eidgenössischen Heimarbeitskommission bleiben bis zum Ende der Amtsdauer im Amt.
Art. 16 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. April 1983 in Kraft.
Markierungen
Leseansicht