Bundesgesetz über Pauschalreisen (944.3)
CH - Schweizer Bundesrecht

Bundesgesetz über Pauschalreisen

vom 18. Juni 1993 (Stand am 1. Juli 1994)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf die Artikel 31sexies und 64 der Bundesverfassung¹, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 24. Februar 1993²,
beschliesst:
¹ SR 101 ² BBl 1993 I 805

1. Abschnitt: Begriffe

Art. 1 Pauschalreise
¹ Als Pauschalreise gilt die im voraus festgelegte Verbindung von mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen, wenn diese Verbindung zu einem Gesamtpreis ange­boten wird und länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung einschliesst:
a. Beförderung;
b. Unterbringung;
c. andere touristische Dienstleistungen, die nicht Nebenleistungen von Beför­de­rung oder Unterbringung sind und einen beträchtlichen Teil der Gesamt­leistung ausmachen.
² Dieses Gesetz ist auch anwendbar, wenn im Rahmen derselben Pauschalreise ein­zelne Leistungen getrennt berechnet werden.
Art. 2 Veranstalter, Vermittler und Konsument
¹ Als Veranstalter oder Veranstalterin (Veranstalter)³ gilt jede Person, die Pauschal­reisen nicht nur gelegentlich organisiert und diese direkt oder über einen Vermittler anbietet.
² Als Vermittler oder Vermittlerin (Vermittler)⁴ gilt die Person, welche die vom Veranstalter zusammengestellte Pauschalreise anbietet.
³ Als Konsument oder Konsumentin (Konsument)⁵  gilt jede Person:
a. welche eine Pauschalreise bucht oder zu buchen sich verpflichtet;
b. in deren Namen oder zu deren Gunsten eine Pauschalreise gebucht oder eine Buchungsverpflichtung eingegangen wird;
c. welcher die Pauschalreise nach Artikel 17 abgetreten wird.
³ Da die durchgehende Verwendung von Paarformen die Lesbarkeit des vorliegenden Erlasses erschwert, wird im folgenden die männliche Personenbezeichnung als Ausdruck gewählt, der sich auf Personen beider Geschlechter bezieht.
⁴ Da die durchgehende Verwendung von Paarformen die Lesbarkeit des vorliegenden Erlasses erschwert, wird im folgenden die männliche Personenbezeichnung als Ausdruck gewählt, der sich auf Personen beider Geschlechter bezieht.
⁵ Da die durchgehende Verwendung von Paarformen die Lesbarkeit des vorliegenden Erlasses erschwert, wird im folgenden die männliche Personenbezeichnung als Ausdruck gewählt, der sich auf Personen beider Geschlechter bezieht.

2. Abschnitt: Prospekte

Art. 3
Veröffentlicht ein Veranstalter oder ein Vermittler einen Prospekt, so sind die darin enthaltenen Angaben für ihn verbindlich; sie können nur geändert werden:
a. durch spätere Parteivereinbarung;
b. wenn der Prospekt ausdrücklich auf die Änderungsmöglichkeit hinweist und die Änderung dem Konsumenten vor Vertragsschluss klar mitgeteilt wird.

3. Abschnitt: Information des Konsumenten

Art. 4 Vor Vertragsschluss
¹ Der Veranstalter oder der Vermittler muss dem Konsumenten vor Vertragsschluss alle Vertragsbedingungen schriftlich mitteilen.
² Die Vertragsbedingungen können dem Konsumenten auch in einer anderen geeig­neten Form vermittelt werden, vorausgesetzt, dass sie ihm vor Vertragsschluss schriftlich bestätigt werden. Die Pflicht zur schriftlichen Bestätigung fällt dahin, wenn ihre Erfüllung eine Buchung oder einen Vertragsschluss verunmöglichen würde.
³ Soweit dies für die Pauschalreise von Bedeutung ist, muss der Veranstalter oder der Vermittler den Konsumenten vor Vertragsschluss schriftlich oder in einer ande­ren geeigneten Form allgemein informieren:
a. über die für Staatsangehörige der Staaten der EG und der EFTA geltenden Pass- und Visumserfordernisse, insbesondere über die Fristen für die Er­langung dieser Dokumente;
b. über gesundheitspolizeiliche Formalitäten, die für die Reise und den Auf­enthalt erforderlich sind.
⁴ Staatsangehörige anderer Staaten haben Anspruch auf die Informationen nach Absatz 3 Buchstabe a, wenn sie diese unverzüglich verlangen.
Art. 5 Vor Reisebeginn
Der Veranstalter oder der Vermittler muss dem Konsumenten rechtzeitig vor dem Abreisetermin schriftlich oder in einer anderen geeigneten Form mitteilen:
a. Uhrzeiten und Orte von Zwischenstationen und Anschlussverbindungen;
b. den vom Reisenden einzunehmenden Platz;
c. Name, Adresse und Telefonnummer der örtlichen Vertretung des Veran­stal­ters oder des Vermittlers oder, wenn eine solche Vertretung fehlt, der ört­lichen Stellen, welche dem Konsumenten bei Schwierigkeiten Hilfe leisten können; fehlen auch solche Stellen, so sind dem Konsumenten auf jeden Fall eine Not­rufnummer oder sonstige Angaben mitzuteilen, mit deren Hilfe er mit dem Ver­anstalter oder dem Vermittler Verbindung aufnehmen kann;
d. bei Auslandreisen und -aufenthalten einer minderjährigen Person Angaben darüber, wie eine unmittelbare Verbindung zu dieser Person oder den an ihrem Aufenthaltsort Verantwortlichen hergestellt werden kann;
e. Angaben über den möglichen Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung oder einer Versicherung zur Deckung der Rückführungskosten bei Unfall oder Krankheit.

4. Abschnitt: Inhalt des Vertrages

Art. 6
¹ Unabhängig von der Art der vereinbarten Leistungen muss der Vertrag angeben:
a. den Namen und die Adresse des Veranstalters und des allfälligen Ver­mittlers;
b. das Datum, die Uhrzeit und den Ort von Beginn und Ende der Reise;
c. die Sonderwünsche des Konsumenten, die vom Veranstalter oder vom Ver­mitt­ler akzeptiert wurden;
d. ob für das Zustandekommen der Pauschalreise eine Mindestteilnehmerzahl erforderlich ist, und, gegebenenfalls, wann spätestens dem Konsumenten eine Annullierung der Reise mitgeteilt wird;
e. den Preis der Pauschalreise sowie den Zeitplan und die Modalitäten für dessen Zahlung;
f. die Frist, innert welcher der Konsument allfällige Beanstandungen wegen Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung des Vertrags erheben muss;
g. den Namen und die Adresse des allfälligen Versicherers.
² Je nach Art der vereinbarten Leistungen muss der Vertrag auch angeben:
a. den Bestimmungsort und, wenn mehrere Aufenthalte vorgesehen sind, deren Dauer und Termine;
b. die Reiseroute;
c. die Transportmittel, ihre Merkmale und Klasse;
d. die Anzahl der Mahlzeiten, die im Preis der Pauschalreise inbegriffen sind;
e. die Lage, die Kategorie oder den Komfort und die Hauptmerkmale der Unter­bringung sowie deren Zulassung und touristische Einstufung gemäss den Vor­schriften des Gaststaates;
f. die Besuche, die Ausflüge und die sonstigen Leistungen, die im Preis der Pau­schalreise inbegriffen sind;
g. die Voraussetzungen einer allfälligen Preiserhöhung nach Artikel 7;
h. allfällige Abgaben für bestimmte Leistungen, wie Landegebühren, Ein- oder Ausschiffungsgebühren in Häfen und entsprechende Gebühren auf Flughäfen und Aufenthaltsgebühren, die nicht im Preis der Pauschalreise inbegriffen sind.  

5. Abschnitt: Preiserhöhungen

Art. 7
Eine Erhöhung des vertraglich festgelegten Preises ist nur zulässig, wenn:
a. der Vertrag diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht und genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises enthält;
b. sie mindestens drei Wochen vor dem Abreisetermin erfolgt; und
c. sie mit einem Anstieg der Beförderungskosten, einschliesslich der Treibstoff­kosten, einer Zunahme der Abgaben für bestimmte Leistungen, wie Lande­gebühren, Ein- oder Ausschiffungsgebühren in Häfen und entsprechende Ge­bühren auf Flughäfen, oder mit einer Änderung der für die Pauschalreise geltenden Wechselkurse begründet ist.

6. Abschnitt: Wesentliche Vertragsänderungen

Art. 8 Begriff
¹ Als wesentliche Vertragsänderung gilt jede erhebliche Änderung eines wesentli­chen Vertragspunktes, welche der Veranstalter vor dem Abreisetermin vornimmt.
² Eine Preiserhöhung von mehr als zehn Prozent gilt als wesentliche Vertragsände­rung.
Art. 9 Mitteilungspflicht
Der Veranstalter teilt dem Konsumenten so bald wie möglich jede wesentliche Ver­tragsänderung mit und gibt deren Auswirkung auf den Preis an.
Art. 10 Konsumentenrechte
¹ Der Konsument kann eine wesentliche Vertragsänderung annehmen oder ohne Entschädigung vom Vertrag zurücktreten.
² Er teilt den Rücktritt vom Vertrag dem Veranstalter oder dem Vermittler so bald wie möglich mit.
³ Tritt der Konsument vom Vertrag zurück, so hat er Anspruch:
a. auf Teilnahme an einer anderen gleichwertigen oder höherwertigen Pau­schal­reise, wenn der Veranstalter oder der Vermittler ihm eine solche an­bieten kann;
b. auf Teilnahme an einer anderen minderwertigen Pauschalreise sowie auf Rück­erstattung des Preisunterschieds; oder
c. auf schnellstmögliche Rückerstattung aller von ihm bezahlten Beträge.
⁴ Vorbehalten bleibt der Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Ver­trages.

7. Abschnitt: Annullierung der Pauschalreise

Art. 11
¹ Annulliert der Veranstalter die Reise vor dem Abreisetermin aus einem nicht vom Konsumenten zu vertretenden Umstand, so stehen diesem die Ansprüche nach Arti­kel 10 zu.
² Der Konsument hat jedoch keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfül­lung des Vertrages:
a. wenn die Annullierung erfolgt, weil die Anzahl der Personen, welche die Pau­schalreise gebucht haben, nicht die geforderte Mindestteilnehmerzahl erreicht und die Annullierung dem Konsumenten innert der im Vertrag angegebenen Frist schriftlich mitgeteilt wurde, oder
b. wenn die Annullierung auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Überbuchung gilt nicht als höhere Gewalt.

8. Abschnitt: Nichterfüllung und nicht gehörige Erfüllung des Vertrages

Art. 12 Beanstandung
¹ Der Konsument muss jeden Mangel bei der Erfüllung des Vertrages, den er an Ort und Stelle feststellt, so bald wie möglich schriftlich oder in einer anderen geeigneten Form gegenüber dem betreffenden Dienstleistungsträger sowie gegenüber dem Ver­anstalter oder dem Vermittler beanstanden.
² Im Fall einer Beanstandung bemüht sich der Veranstalter, der Vermittler oder seine örtliche Vertretung nach Kräften um geeignete Lösungen.
Art. 13 Ersatzmassnahmen
¹ Wird nach der Abreise ein erheblicher Teil der vereinbarten Leistungen nicht erbracht oder stellt der Veranstalter fest, dass er einen erheblichen Teil der vorgese­henen Leistungen nicht erbringen kann, so hat er:
a. angemessene Vorkehrungen zu treffen, damit die Pauschalreise weiter durchge­führt werden kann;
b. den dem Konsumenten daraus entstandenen Schaden zu ersetzen; die Höhe des Schadenersatzes entspricht dem Unterschied zwischen dem Preis der vorgese­henen und jenem der erbrachten Dienstleistungen.
² Können diese Vorkehrungen nicht getroffen werden oder lehnt sie der Konsument aus wichtigen Gründen ab, so hat der Veranstalter für eine gleichwertige Beför­derungsmöglichkeit zu sorgen, mit welcher der Konsument zum Ort der Abreise zurückkehren oder an einen anderen mit ihm vereinbarten Ort reisen kann. Ausser­dem hat er den dem Konsumenten daraus entstandenen Schaden zu ersetzen.
³ Die Massnahmen dieses Artikels begründen keinen Preisaufschlag.
Art. 14 Haftung; Grundsatz
¹ Der Veranstalter oder der Vermittler, der Vertragspartei ist, haftet dem Konsumen­ten für die gehörige Vertragserfüllung unabhängig davon, ob er selbst oder andere Dienstleistungsträger die vertraglichen Leistungen zu erbringen haben.
² Der Veranstalter und der Vermittler können gegen andere Dienstleistungsträger Rückgriff nehmen.
³ Vorbehalten bleiben die in internationalen Übereinkommen vorgesehenen Be­schränkungen der Entschädigung bei Schäden aus Nichterfüllung oder nicht gehöri­ger Erfüllung des Vertrages.
Art. 15 Ausnahmen
¹ Der Veranstalter oder der Vermittler haftet dem Konsumenten nicht, wenn die Nichterfüllung oder die nicht gehörige Erfüllung des Vertrages zurückzuführen ist:
a. auf Versäumnisse des Konsumenten;
b. auf unvorhersehbare oder nicht abwendbare Versäumnisse Dritter, die an der Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht beteiligt sind;
c. auf höhere Gewalt oder auf ein Ereignis, welches der Veranstalter, der Vermitt­ler oder der Dienstleistungsträger trotz aller gebotenen Sorgfalt nicht vorherse­hen oder abwenden konnte.
² In den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben b und c muss sich der Veranstalter oder der Vermittler, der Vertragspartei ist, darum bemühen, dem Konsumenten bei Schwierigkeiten Hilfe zu leisten.
Art. 16 Beschränkung und Wegbedingung der Haftung
¹ Die Haftung für Personenschäden, die aus der Nichterfüllung oder der nicht gehö­rigen Erfüllung des Vertrages entstehen, kann vertraglich nicht beschränkt werden.
² Für andere Schäden kann die Haftung vertraglich auf das Zweifache des Preises der Pauschalreise beschränkt werden, ausser bei absichtlich oder grobfahrlässig zu­gefügten Schäden.

9. Abschnitt: Abtretung der Buchung der Pauschalreise

Art. 17
¹ Ist der Konsument daran gehindert, die Pauschalreise anzutreten, so kann er die Buchung an eine Person abtreten, die alle an die Teilnahme geknüpften Bedingun­gen erfüllt, wenn er zuvor den Veranstalter oder den Vermittler innert angemessener Frist vor dem Abreisetermin darüber informiert.
² Diese Person und der Konsument haften dem Veranstalter oder dem Vermittler, der Vertragspartei ist, solidarisch für die Zahlung des Preises sowie für die gegebe­nenfalls durch diese Abtretung entstehenden Mehrkosten.

10. Abschnitt: Sicherstellung

Art. 18
¹ Der Veranstalter oder der Vermittler, der Vertragspartei ist, muss für den Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses die Erstattung bezahlter Beträge und die Rückreise des Konsumenten sicherstellen.
² Auf Verlangen des Konsumenten muss er die Sicherstellung nachweisen. Erbringt er diesen Nachweis nicht, so kann der Konsument vom Vertrag zurücktreten.
³ Der Rücktritt muss dem Veranstalter oder dem Vermittler vor dem Abreisetermin schriftlich mitgeteilt werden.

11. Abschnitt: Zwingendes Recht

Art. 19
Von den Bestimmungen dieses Gesetzes kann zuungunsten des Konsumenten nur dort abgewichen werden, wo dies ausdrücklich vorgesehen ist.

12. Abschnitt: Referendum und Inkrafttreten

Art. 20
¹ Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
² Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. Juli 1994⁶
⁶ BRB vom 30. Nov. 1993
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