Verordnung über Massnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und... (311.039.5)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über Massnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus (Verordnung gegen Radikalisierung und Extremismus)

(Verordnung gegen Radikalisierung und Extremismus) vom 16. Mai 2018 (Stand am 1. Juli 2018)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 386 Absatz 4 des Strafgesetzbuchs¹,
verordnet:
¹ SR 311.0

1. Abschnitt: Gegenstand

Art. 1
Diese Verordnung regelt:
a. die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an Massnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus in all seinen Formen;
b. eigene Massnahmen des Bundes mit der Zielsetzung nach Buchstabe a.

2. Abschnitt: Massnahmen

Art. 2 Ziele
Die Massnahmen dienen insbesondere der:
a. Sensibilisierung;
b. Information;
c. Wissensvermittlung;
d. Beratung;
e. Weiterbildung;
f. Kompetenzentwicklung;
g. Forschung;
h. Vernetzung;
i. Zusammenarbeit.
Art. 3 Arten
¹ Als Massnahmen gelten:
a. neue und bestehende Programme und Projekte;
b. Veranstaltungen;
c. der Austausch zwischen Expertinnen und Experten.
² Dabei bedeuten:
a. Programm: verschiedene untereinander koordinierte, zeitlich begrenzte Akti­vitäten, die sich an einem gemeinsamen Globalziel orientieren;
b. Projekt: ein einmaliges, zeitlich begrenztes Vorhaben, das aus mehreren einzelnen Tätigkeitsbereichen besteht und durchgeführt wird, um in einer vorgegebenen Zeit und mit vorgegebenen Ressourcen ein Ziel in einer bestimmten Qualität zu erreichen.

3. Abschnitt: Träger der Massnahmen

Art. 4 Dritte
Der Bund kann nicht gewinnorientierten Organisationen des öffentlichen oder privaten Rechts mit Sitz in der Schweiz Finanzhilfen gewähren zur Durchführung von Massnahmen in der Schweiz.
Art. 5 Bund
¹ Der Bund kann sich an Veranstaltungen zu den Themen Radikalisierung und gewalttätiger Extremismus beteiligen.
² Er kann den Austausch zwischen Expertinnen und Experten auf nationaler und internationaler Ebene fördern.
³ Er kann bei der Umsetzung der Massnahmen nach den Absätzen 1 und 2 mit den Kantonen und anderen öffentlichen und privaten Akteuren zusammenarbeiten.

4. Abschnitt: Finanzhilfen

Art. 6 Grundsätze
¹ Der Bund kann Finanzhilfen im Rahmen der jährlich bewilligten Kredite gewähren.
² Es besteht kein Anspruch auf finanzielle Leistungen.
³ Übersteigen die beantragten Finanzhilfen die verfügbaren Mittel, so erlässt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) auf Vorschlag der Strategischen Begleitgruppe (Art. 10), gestützt auf Artikel 13 Absatz 2 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990² (SuG), eine Prioritätenordnung, nach der die Gesuche beurteilt werden.
² SR 616.1
Art. 7 Materielle Voraussetzungen
¹ Finanzhilfen können für Massnahmen gewährt werden, die:
a. auf eine möglichst grosse Breiten- und Multiplikationswirkung angelegt sind;
b. auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind; und
c. eine dem Umfang der Massnahme angepasste interne oder externe Evaluation der Durchführung und der Wirkung vorsehen, mittels Angabe überprüfbarer Zwischen- und Endziele.
² Es werden nur Massnahmen unterstützt, die kein längerfristiges finanzielles Engagement des Bundes bedingen.
³ Es werden weder Projektentwicklungskosten und Ausgaben für Vor- und Bedürfnisabklärungen noch bereits erbrachte Leistungen finanziert.
Art. 8 Bemessung
¹ Die Finanzhilfen bemessen sich nach:
a. der Art und Bedeutung einer Massnahme;
b. dem Interesse des Bundes an der Massnahme;
c. den Eigenleistungen der Beitragsempfängerin oder des Beitragsempfängers, den Beiträgen, die gestützt auf andere Bundeserlasse ausgerichtet werden, und den Beiträgen Dritter.
² Die Finanzhilfen betragen höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Kosten der jeweiligen Massnahme. Anrechenbar sind jene Kosten, die unmittelbar mit der Vorbereitung, der Durchführung und der Evaluation der Massnahme zusammenhängen.

5. Abschnitt: Zuständigkeiten und Zusammenarbeit bei Massnahmen Dritter

Art. 9 Koordination
Die Geschäftsstelle des Sicherheitsverbunds Schweiz (SVS) nimmt bei der Umsetzung dieser Verordnung folgende Aufgaben wahr:
a. Sie nimmt die Finanzhilfegesuche entgegen, bestätigt deren Eingang, prüft diese auf Vollständigkeit und fordert bei Bedarf fehlende und zusätzliche Informationen ein.
b. Sie nimmt eine inhaltliche Prüfung der Gesuche vor, erstellt zu jedem Gesuch eine Stellungnahme und unterbreitet diese dem Bundesamt für Polizei (fedpol).
c. Sie unterstützt fedpol bei der Prüfung der Schlussberichte und Schlussabrechnungen der Finanzhilfeempfängerinnen und -empfänger.
d. Sie überprüft regelmässig die Zweckmässigkeit und die Wirksamkeit dieser Verordnung; sie kann externe Fachpersonen mit dieser Evaluation beauftragen.
e. Sie erstattet, in Absprache mit fedpol und nach Konsultation der Strategischen Begleitgruppe, der Vorsteherin oder dem Vorsteher des EJPD Bericht über die Zweckmässigkeit und die Wirksamkeit dieser Verordnung und informiert die Kantone, Städte und Gemeinden.
Art. 10 Strategische Begleitgruppe
¹ Die Strategische Begleitgruppe besteht aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, der Kantone, der Städte und der Gemeinden.
² Sie nimmt bei der Umsetzung dieser Verordnung folgende Aufgaben wahr:
a. Sie legt für die Ausrichtung von Finanzhilfen thematische Schwerpunkte und Zielvorgaben fest.
b. Sie nimmt eine Prioritätenordnung nach Artikel 13 SuG³ vor, wenn die eingereichten oder zu erwartenden Gesuche die verfügbaren Mittel übersteigen.
³ SR 616.1
Art. 11 fedpol
Fedpol nimmt bei der Umsetzung dieser Verordnung folgende Aufgaben wahr:
a. Es entscheidet aufgrund der Stellungnahmen der Geschäftsstelle SVS über die Gewährung der Finanzhilfen.
b. Es bringt der Geschäftsstelle SVS und der Strategischen Begleitgruppe den Entscheid über die Gewährung der Finanzhilfen zur Kenntnis.
c. Es informiert die Strategische Begleitgruppe, falls die eingereichten oder zu erwartenden Gesuche die verfügbaren Mittel übersteigen.
d. Es prüft die eingereichten Schlussberichte und Schlussabrechnungen der Finanzhilfeempfängerinnen und -empfänger.

6. Abschnitt: Verfahren für die Gewährung von Finanzhilfen

Art. 12 Grundlage und Rechtsform
¹ Fedpol gewährt die Finanzhilfen auf der Grundlage einer Verfügung nach Artikel 16 Absatz 1 SuG⁴.
² In der Verfügung wird namentlich festgelegt:
a. der Zweck der Finanzhilfe;
b. der Höchstbetrag der Finanzhilfe;
c. allfällige Bedingungen und Auflagen für die Gewährung der Finanzhilfe (Art. 13);
d. die Berichterstattung;
e. die Qualitätssicherung.
⁴ SR 616.1
Art. 13 Bedingungen und Auflagen
Die Gewährung einer Finanzhilfe kann namentlich mit folgenden Auflagen verbunden oder an folgende Bedingungen geknüpft werden:
a. Koordination mit anderen Massnahmen;
b. Zusammenarbeit mit anderen Akteurinnen und Akteuren;
c. Beizug von Fachpersonen.
Art. 14 Gesuche
Gesuche können auf Ausschreibung der Geschäftsstelle SVS hin bei dieser eingereicht werden. Der Zeitpunkt der Einreichung wird in der Ausschreibung festgelegt.
Art. 15 Auszahlung
¹ Die Finanzhilfen werden von fedpol nach Artikel 23 SuG⁵ ausbezahlt.
² Teilauszahlungen werden an die Erfüllung bestimmter Auflagen und Bedingungen geknüpft.
⁵ SR 616.1

7. Abschnitt: Pflichten der Beitragsempfängerinnen und -empfänger

Art. 16 Auskunft und Rechenschaft
¹ Beitragsempfängerinnen und -empfänger müssen fedpol über die Verwendung der Finanzhilfe jederzeit Auskunft erteilen und Einsicht in die relevanten Unterlagen gewähren.
² Sie haben fedpol und der Geschäftsstelle SVS einen Schlussbericht und eine Schlussabrechnung einzureichen. Darin legen sie den Verlauf und das Ergebnis der Massnahme dar und legen Rechenschaft ab über die verfügungskonforme Verwendung der Finanzhilfe.
Art. 17 Offenlegung der Unterstützung durch den Bund
Die Beitragsempfängerinnen und -empfänger sind verpflichtet, in ihren Jahres­berichten und in den öffentlichen Projektunterlagen auf die vom Bund erhaltene Finanzhilfe hinzuweisen.

8. Abschnitt: Rechtsschutz

Art. 18
Der Rechtsschutz richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.

9. Abschnitt: Inkrafttreten und Geltungsdauer

Art. 19
Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2018 in Kraft und gilt bis am 30. Juni 2023.
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