Bundesgesetz über die Heimarbeit (822.31)
CH - Schweizer Bundesrecht

Bundesgesetz über die Heimarbeit (Heimarbeitsgesetz [HArG])

(Heimarbeitsgesetz [HArG]) vom 20. März 1981 (Stand am 1. Januar 2009) ¹ AS 1983 108
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft
Gestützt auf die Artikel 34ter und 64bis der Bundesverfassung², nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 27. Februar 1980³,
beschliesst:
² [BS 1 3; AS 1976 2001 ]. Den genannten Bestimmungen entsprechen heute die Art. 41, 45 , 59 , 63 , 110 , 123 , 147 und 178 der BV vom 18. April 1999 ( SR 101 ). ³ BBl 1980 II 282

1. Abschnitt: Geltungsbereich

Art. 1 Gegenstand
¹ Das Gesetz gilt für öffentliche und private Arbeitgeber, die Heimarbeit ausführen lassen, sowie für die von ihnen beschäftigten Heimarbeitnehmer.
² Auf Personen und Organisationen, die stellvertretend für den Arbeitgeber Heim­­arbeit ausgeben, sind die für Heimarbeitnehmer geltenden Schutzbestimmungen sinn­gemäss anwendbar.
³ Für den Arbeitgeber im Ausland gilt das Gesetz, soweit er Heimarbeitnehmer in der Schweiz beschäftigt.
⁴ Als Heimarbeit nach diesem Gesetz gilt jede gewerbliche und industrielle Hand- und Maschinenarbeit, die ein Heimarbeitnehmer allein oder mit Familienangehöri­gen in seiner Wohnung oder in einem andern, von ihm bestimmten Arbeitsraum gegen Lohn ausführt.
⁵ Für die Anwendbarkeit des Gesetzes ist das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis und nicht die Bezeichnung des Vertrages massgebend.
Art. 2 Zweifelsfälle
Über die Anwendbarkeit des Gesetzes entscheidet in Zweifelsfällen die kantonale Be­hörde von Amtes wegen oder auf Ersuchen eines Beteiligten. Ist ein Bundes­betrieb betroffen, so entscheiden die Bundesbehörden.

2. Abschnitt: Pflichten der Arbeitgeber und der Heimarbeitnehmer

Art. 3 Bekanntgabe der Arbeitsbedingungen
Der Arbeitgeber hat dem Heimarbeitnehmer sowie Personen und Organisationen, die stellvertretend für ihn Heimarbeit ausgeben, bei der ersten Ausgabe von Heim­ar­beit die Arbeitsbedingungen vollständig und schriftlich bekannt zu geben.
Art. 4 Lohn, Vorgabezeit, Abrechnung
¹ Der Lohn für Heimarbeit richtet sich nach den im eigenen Betrieb für gleichwer­tige Arbeit geltenden Ansätzen. Fehlt ein vergleichbarer Betriebslohn, so ist der im betref­fenden Wirtschaftszweig übliche regionale Lohnansatz für ähnliche Arbeiten anzu­wenden. Den unterschiedlichen Arbeitsbedingungen zwischen Betrieb und Wohnort des Heimarbeitnehmers sowie den mit der Heimarbeit verbundenen Mehr- und Min­deraufwendungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist angemes­sen Rech­nung zu tragen.
² Wird der Lohn nach der geleisteten Arbeit bemessen (Akkordlohn), so hat der Arbeitgeber dem Heimarbeitnehmer gleichzeitig mit dem Lohnansatz den für die Arbeit geschätzten Zeitaufwand bekannt zu geben (Vorgabezeit), ausser wenn dieser wegen der Art der Heimarbeit nicht zum voraus ermittelt werden kann.
³ Der Arbeitgeber gibt dem Heimarbeitnehmer eine schriftliche Abrechnung, von der beide Parteien eine Ausfertigung⁴ während mindestens fünf Jahren aufbewah­ren müssen.
⁴ Berichtigt durch die Redaktionskommission der BVers [Art. 33 GVG – AS 1974 1051 ].
Art. 5 Auslagenersatz, Arbeitsgeräte, Material, Anleitung
¹ Der Arbeitgeber hat dem Heimarbeitnehmer die erforderlichen Auslagen, insbe­son­dere für Arbeitsgeräte, Material und deren Transport zu ersetzen.
² Stellt der Arbeitgeber Arbeitsgeräte oder Material zur Verfügung, so darf er dafür vom Heimarbeitnehmer keine Entschädigung verlangen. Vorbehalten bleiben die Rückgabepflicht bei Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses und allfällige Scha­den­ersatzansprüche des Arbeitgebers.
³ Der Arbeitgeber hat den Heimarbeitnehmer zu den Arbeiten anzuleiten, soweit dies für dessen Sicherheit und für die Erzielung eines angemessenen Lohnes erfor­derlich ist.
Art. 6 Jugendliche
An Jugendliche, die das 15. Altersjahr noch nicht vollendet haben, darf Heimarbeit nicht zur selbständigen Ausführung ausgegeben werden.
Art. 7 Zeitliche Begrenzung der Ausgabe von Heimarbeit
¹ Der Arbeitgeber darf an Sonn- und Feiertagen Heimarbeit weder ausgeben noch ab­nehmen. An den übrigen Tagen darf er dies nur innerhalb der vom Bundesrat fest­ge­legten Zeit tun. Die Kantone können für besondere Verhältnisse Ausnahmen bewilli­gen.
² Der Arbeitgeber hat auf die persönliche Leistungsfähigkeit des Heimarbeitneh­mers Rücksicht zu nehmen. Er hat insbesondere die Frist für die Ablieferung der Heim­arbeit so zu bemessen, dass der Heimarbeitnehmer täglich nicht mehr als acht Stunden und nicht an Sonntagen arbeiten muss.
Art. 8 Schutz von Leben und Gesundheit
¹ Arbeitsgeräte und Material, die der Arbeitgeber dem Heimarbeitnehmer abgibt, müs­sen so beschaffen sein, dass bei sachgemässer Handhabung Unfälle und Gesundheits­schädigungen ausgeschlossen sind.
² Die Heimarbeitnehmer haben die Anordnungen des Arbeitgebers zur Verhütung von Unfällen und Gesundheitsschädigungen zu befolgen. Insbesondere haben sie die Schutzeinrichtungen an den Arbeitsgeräten richtig zu handhaben und dürfen sie ohne Erlaubnis des Arbeitgebers weder entfernen noch ändern.
Art. 9 Gefährliche Arbeiten
Der Bundesrat bestimmt, welche Arbeiten nicht oder nur unter besonderen Sicher­heitsvorkehrungen in Heimarbeit ausgeführt werden dürfen.
Art. 10 Verzeichnis der Heimarbeitnehmer und Registrierung
Der Arbeitgeber hat ein Verzeichnis der von ihm beschäftigten Heimarbeitnehmer zu führen und sich in das Arbeitgeberregister der Vollzugsbehörden eintragen zu lassen.
Art. 11 Auskunftspflicht
Arbeitgeber und Heimarbeitnehmer sind verpflichtet, den Vollzugs- und Aufsichts­be­hörden die für den Vollzug des Gesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ih­nen Zutritt zu ihren Räumlichkeiten zu gewähren. Die Vollzugs- und Auf­sichts­be­hör­den können Kontrollen vornehmen und Proben entnehmen sowie Ver­zeich­nisse und andere Unterlagen einsehen, namentlich die Arbeitsbedingungen, Begleit­zettel, Liefe­rungsbücher und Abrechnungen.

3. Abschnitt: Strafbestimmungen ⁵

⁵ Ab 1. Jan. 2007 sind die angedrohten Strafen und die Verjährungsfristen in Anwendung von Art. 333 Abs. 2-6 des Strafgesetzbuches ( SR 311.0 ) in der Fassung des BG vom 13. Dez. 2002 ( AS 2006 3459 ) zu interpretieren beziehungsweise umzurechnen.
Art. 12 Strafen
¹ Wer einer Vorschrift dieses Gesetzes oder seiner Ausführungsbestimmungen oder einer unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn gerichteten Einzel­ver­fügung zuwiderhandelt, wird mit Busse bestraft.
² Bei vorsätzlicher Widerhandlung kann in schweren Fällen auf Haft erkannt wer­den.
Art. 13 Anwendbares Recht
Es gelten die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches⁶ und Artikel 6 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 1974⁷.
⁶ SR 311.0
⁷ SR 313.0
Art. 14 Strafverfolgung
Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone.

4. Abschnitt: Vollzugsbestimmungen

Art. 15 Vollzug
¹ Der Vollzug des Gesetzes ist Sache der Kantone. Sie bezeichnen die Vollzugs­behör­den.
² Die Betriebe des Bundes vollziehen das Gesetz unter Aufsicht der Eidgenössi­schen Arbeitsinspektorate.
³ Die Vollzugsbehörden führen das Arbeitgeberregister und überprüfen es minde­s­tens einmal im Jahr.
⁴ Die Vollzugsbehörden erstatten dem Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit⁸ (Bundesamt) über den Vollzug des Gesetzes jährlich Bericht.
⁸ Heute:«Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)» (Art. 5 der Organisations­ver­ordnung für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement vom 14. Juni 1999 – SR 172.216.1 ; AS 2000 187 Art. 3).
Art. 16 ⁹
⁹ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 100 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, mit Wirkung seit 1. Jan. 2007 ( SR 173.32 ).
Art. 17 Oberaufsicht
Das Bundesamt übt die Oberaufsicht über den Vollzug des Gesetzes aus.
Art. 18 ¹⁰
¹⁰ Aufgehoben durch Anhang Ziff. II 3 des BG vom 20. März 2008 (Neuordnung der ausserparlamentarischen Kommissionen), mit Wirkung seit 1. Jan. 2009 ( AS 2008 5941 5944 ; BBl 2007 6641 ).
Art. 19 ¹¹ Schweigepflicht
Personen, die mit dem Vollzug oder mit der Vollzugsaufsicht betraut sind, wahren das Amtsgeheimnis.
¹¹ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 3 des BG vom 20. März 2008 (Neuordnung der ausserparlamentarischen Kommissionen), in Kraft seit 1. Jan. 2009 ( AS 2008 5941 5944 ; BBl 2007 6641 ).

5. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 20 ¹² Ausführungsbestimmungen
Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen nach Anhören der Kantone und der interessierten Organisationen.
¹² Fassung gemäss Anhang Ziff. II 3 des BG vom 20. März 2008 (Neuordnung der ausserparlamentarischen Kommissionen), in Kraft seit 1. Jan. 2009 ( AS 2008 5941 5944 ; BBl 2007 6641 ).
Art. 21 Änderung und Aufhebung bisherigen Rechts
1. Das Obligationenrecht (OR) ¹³ wird wie folgt geändert:
Art. 351–354 und 362 Abs. 1
2. Das Arbeitsgesetz vom 13. März 1964 ¹⁴ wird wie folgt geändert:
Art. 3 Bst. f
3. Das Bundesgesetz vom 12. Dezember 1940 ¹⁵ über die Heimarbeit wird aufge­ho­ben.
¹³ SR 220 . Die hiernach aufgeführten Änderungen sind eingefügt im genannten BG.
¹⁴ SR 822.11 . Die hiernach aufgeführten Änderungen sind eingefügt im genannten BG.
¹⁵ [BS 8 229; AS 1951 1231 Art. 14 Abs. 2, 1966 57 Art. 68, 1971 1465 Schl- und UeB zum X. Tit. Art. 6 Ziff. 4]
Art. 22 Vorbehalt von Vorschriften
Vorbehalten bleiben insbesondere:
a. die Bundesgesetzgebung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrank­hei­ten, den Schutz der Umwelt, den Strahlenschutz, den Verkehr mit Giften, ex­plosionsgefährliche Stoffe, Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände sowie über die Sozialversicherungen;
b. die Polizeivorschriften der Kantone und Gemeinden.
Art. 23 Referendum und Inkrafttreten
¹ Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
² Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. April 1983¹⁶
¹⁶ BRB vom 20. Dez. 1982 ( AS 1983 113 ).
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