Verordnung über Massnahmen zur Verhütung von Straftaten im Zusammenhang mit Mensch... (311.039.3)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über Massnahmen zur Verhütung von Straftaten im Zusammenhang mit Menschenhandel (Verordnung gegen Menschenhandel)

(Verordnung gegen Menschenhandel) vom 23. Oktober 2013 (Stand am 1. August 2023)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 386 Absatz 4 des Strafgesetzbuchs¹, in Ausführung der Artikel 5 und 6 des Übereinkommens vom 16. Mai 2005² zur Bekämpfung des Menschenhandels,
verordnet:
¹ SR 311.0 ² SR 0.311.543

1. Abschnitt: Gegenstand

Art. 1
Diese Verordnung regelt:
a. die Durchführung von Präventionsmassnahmen des Bundes im Sinne der Artikel 5 und 6 des Übereinkommens vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels;
b. die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an Massnahmen nach Buchstabe a, die von Dritten durchgeführt werden;
c.³
d.⁴
die weiteren Aufgaben des Bundesamts für Polizei (fedpol) zur Bekämpfung des Menschenhandels und Menschenschmuggels.
³ Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 9. Juni 2023, mit Wirkung seit 1. Aug. 2023 ( AS 2023 319 ).
⁴ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 9. Juni 2023, in Kraft seit 1. Aug. 2023 ( AS 2023 319 ).

2. Abschnitt: Präventionsmassnahmen

Art. 2 Arten und Zweck der Massnahmen
¹ Als Präventionsmassnahmen gelten Programme, regelmässige Aktivitäten und Projekte.
² Die Massnahmen sollen der Sensibilisierung, Information, Wissensvermittlung, Beratung, Betreuung, Weiterbildung, Kompetenzentwicklung, Forschung und Evaluation dienen.
³ Sie sollen dazu beitragen, dass:
a. der Handel mit Menschen zum Zwecke der Ausbeutung verhütet wird;
b. der Nachfrage entgegengewirkt wird, die alle Formen der zum Menschenhandel führenden Ausbeutung von Menschen begünstigt; oder
c. Betroffene unterstützt werden, um zu verhindern, dass sie Opfer erneuten Menschenhandels ( retrafficking ) werden, und um ihnen eine Integration zu ermöglichen.
Art. 3 Massnahmen des Bundes
¹ Der Bund kann folgende Massnahmen durchführen:
a. gesamtschweizerische oder überregionale Informations- und Sensibilisierungskampagnen und -programme;
b. wissenschaftliche Projekte in der Schweiz.
² Er kann zur Durchführung oder Unterstützung seiner Massnahmen Organisationen des privaten oder öffentlichen Rechts beiziehen.
³ Er arbeitet mit den Kantonen und anderen wichtigen öffentlichen und privaten Akteuren zusammen. Er konsultiert die Kantone vorgängig, wenn deren Interessen betroffen sind.
Art. 4 ⁵ Massnahmen Dritter
Der Bund kann Organisationen des öffentlichen und privaten Rechts mit Sitz in der Schweiz zur Durchführung von Massnahmen in der Schweiz nach Artikel 2 mit Finanzhilfen unterstützen.
⁵ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 9. Juni 2023, in Kraft seit 1. Aug. 2023 ( AS 2023 319 ).

3. Abschnitt: Finanzhilfen

Art. 5 ⁶ Grundsätze
¹ Der Bund kann Finanzhilfen im Rahmen der jährlich bewilligten Kredite gewähren.
² Es besteht kein Anspruch auf finanzielle Leistungen.
³ Übersteigen die beantragten Finanzhilfen die verfügbaren Mittel, so erstellt fedpol gestützt auf Artikel 13 Absatz 2 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990⁷ (SuG) eine Prioritätenordnung, nach der die Gesuche beurteilt werden. Dabei werden in erster Linie Präventionsmassnahmen berücksichtigt, die:
a. den jährlich festgelegten Förderschwerpunkten Rechnung tragen;
b. die Qualitätsanforderungen am besten erfüllen;
c. einen effizienten Einsatz der Ressourcen gewährleisten.
⁴ Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement legt die Förderschwerpunkte nach Absatz 3 Buchstabe a fest.
⁶ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 9. Juni 2023, in Kraft seit 1. Aug. 2023 ( AS 2023 319 ).
⁷ SR 616.1
Art. 6 Höchstbetrag
¹ Die Finanzhilfen für Massnahmen Dritter betragen höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Ausgaben.
² Anrechenbar sind jene Ausgaben, die unmittelbar mit der Vorbereitung und Durchführung der Massnahme zusammenhängen.
³ Handelt es sich um eine Unterstützung von wiederkehrenden Massnahmen, so darf der Anteil der Finanzhilfe höchstens 25 Prozent der Kosten dieser wiederkehrenden Massnahmen betragen.⁸
⁸ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 9. Juni 2023, in Kraft seit 1. Aug. 2023 ( AS 2023 319 ).
Art. 7 Bemessung
¹ Die Finanzhilfen zur Durchführung von Massnahmen Dritter bemessen sich nach:
a. der Art und Bedeutung einer Massnahme;
b. dem Interesse des Bundes an der Massnahme;
c. den Eigenleistungen sowie den Beiträgen, die gestützt auf andere Bundeserlasse ausgerichtet werden, und den Beiträgen Dritter.
² Die Finanzhilfen zur Unterstützung von Organisationen bemessen sich nach:
a. dem Interesse des Bundes an der Tätigkeit der Organisation;
b. den Eigenleistungen sowie den Beiträgen, die gestützt auf andere Bundeserlasse ausgerichtet werden, und den Beiträgen Dritter.
Art. 8 Auszahlung
Fedpol⁹ kann die Finanzhilfen abgestimmt auf den Fortschritt der jeweiligen Massnahme gestaffelt auszahlen.
⁹ Ausdruck gemäss Ziff. I der V vom 9. Juni 2023, in Kraft seit 1. Aug. 2023 ( AS 2023 319 ). Diese Änd. wurde im ganzen Erlass berücksichtigt.

4. Abschnitt: Verfahren

Art. 9 Grundlage und Rechtsform
¹ Das Verfahren für die Gewährung von Finanzhilfen richtet sich nach den Bestimmungen des SuG¹⁰.¹¹
² Fedpol gewährt die Finanzhilfen auf der Grundlage:
a. einer Verfügung nach Artikel 16 Absatz 1 SuG für die Durchführung von Projekten;
b. eines Vertrages nach Artikel 16 Absatz 2 SuG für regelmässige Aktivitäten, Programme und Kampagnen sowie für die Unterstützung von Organisationen nach Artikel 4 Absatz 2.
³ In einem Vertrag werden namentlich festgelegt:
a. das Ziel der Finanzhilfe;
b. die Höhe der Finanzhilfe;
c. die Berichterstattung;
d. die Qualitätssicherung.
⁴ Ein Vertrag wird unter Kreditvorbehalt für die Dauer von höchstens vier Jahren abgeschlossen.
¹⁰ SR 616.1
¹¹ Fassung gemäss Ziff. I der V vom 9. Juni 2023, in Kraft seit 1. Aug. 2023 ( AS 2023 319 ).
Art. 10 Gesuche
¹ Gesuche um Finanzhilfe für Massnahmen, deren Durchführung im folgenden Kalenderjahr geplant ist, sind fedpol bis zum 31. Juli einzureichen. Betragen die Gesamtkosten für ein Projekt weniger als 10 000 Franken, so kann das Gesuch jederzeit eingereicht werden.¹²
² Fedpol erlässt Richtlinien für das Gesuchsverfahren. Darin legt es namentlich fest, welche Unterlagen den Gesuchen beigelegt werden müssen.
¹² Fassung gemäss Ziff. I der V vom 9. Juni 2023, in Kraft seit 1. Aug. 2023 ( AS 2023 319 ).
Art. 11 Prüfung der Gesuche und Entscheid
¹ Fedpol prüft die Gesuche und entscheidet über die Gewährung von Finanzhilfen.
² Erachtet fedpol ein Gesuch als unvollständig, so räumt es der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller die Möglichkeit der Ergänzung ein.
³ Die Ablehnung eines Gesuchs erfolgt schriftlich und begründet.
Art. 12 Bedingungen und Auflagen
Fedpol kann die Gewährung einer Finanzhilfe an Bedingungen knüpfen und mit Auflagen verbinden.

5. Abschnitt: …

Art. 13 ¹³
¹³ Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 9. Juni 2023, mit Wirkung seit 1. Aug. 2023 ( AS 2023 319 ).

6. Abschnitt: Auskunfts- und Rechenschaftspflicht, Evaluation

Art. 14 Auskunfts- und Rechenschaftspflicht
¹ Wer Beiträge nach dieser Verordnung erhält, ist verpflichtet, fedpol über die Verwendung der Finanzhilfen jederzeit Auskunft zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die relevanten Unterlagen zu gewähren.
² Organisationen des privaten oder öffentlichen Rechts nach Artikel 3 Absatz 2 sind verpflichtet, fedpol über ihre Geschäfts- und Rechnungsführung regelmässig Rechenschaft abzulegen.
Art. 15 Evaluation
¹ Fedpol überprüft regelmässig die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der vom Bund durchgeführten Massnahmen und der gewährten Finanzhilfen.
² Fedpol erstattet dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement regelmässig Bericht über die Ergebnisse der Evaluation.
³ Fedpol kann externe Fachpersonen mit der Evaluation beauftragen.

6 a . Abschnitt: ¹⁴ Weitere Aufgaben von fedpol

¹⁴ Eingefügt durch Ziff. I der V vom 9. Juni 2023, in Kraft seit 1. Aug. 2023 ( AS 2023 319 ).
Art. 15 a
¹ Fedpol nimmt zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel die folgenden Aufgaben wahr:
a. Es entwickelt in den Bereichen Prävention, Strafverfolgung, Opferschutz und Zusammenarbeit gesamtschweizerische Strategien und Konzepte, namentlich in Form von nationalen Aktionsplänen; diese werden dem Bundesrat zur Verabschiedung unterbreitet.
b. Es koordiniert die strategischen und die operativen Massnahmen der zuständigen Stellen des Bundes und der Kantone.
c. Es betreibt eine Anlauf- und Vermittlungsstelle für Anfragen und Auskünfte aus dem In- und Ausland.
d. Es initiiert und erarbeitet fachspezifische Ausbildungs- und Informationsangebote.
e. Es beurteilt laufend die Lage bezüglich Menschenhandel und erstellt regelmässig Lageberichte.
f. Es bearbeitet und koordiniert Informationen aus dem In- und Ausland.
g. Es setzt die internationalen Verpflichtungen der Schweiz um.
h. Es anonymisiert die Entscheide, die es gestützt auf Artikel 1 Ziffer 3 der Verordnung vom 10. November 2004¹⁵ über die Mitteilung kantonaler Strafentscheide erhalten hat, nachdem überprüft wurde, ob dagegen ein Rechtsmittel nach Artikel 381 Absatz 4 Buchstabe a der Strafprozessordnung¹⁶ zu ergreifen ist.
i. Es analysiert die anonymisierten Entscheide nach Buchstabe h.
² Es setzt zur Umsetzung der Aufgaben nach Absatz 1 Buchstaben a und b eine strategisch ausgerichtete Expertengruppe ein. Diese besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Stellen von Bund, Kantonen und Städten sowie der Zivilgesellschaft.
³ Es erlässt für die Expertengruppe ein Geschäftsreglement.
¹⁵ SR 312.3
¹⁶ SR 312.0

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 16 Änderung eines anderen Erlasses
…¹⁷
¹⁷ Die Änderung kann unter AS 2013 3625 konsultiert werden.
Art. 17 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2014 in Kraft.
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