Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staa... (0.360.336.2)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten

Abgeschlossen am 12. Dezember 2012 Von der Bundesversammlung genehmigt am 1. Oktober 2021¹ In Kraft getreten durch Notenaustausch am 16. Juni 2023 (Stand am 16. Juni 2023) ¹ BBl 2021 2331
Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Vereinigten Staaten von Amerika (im folgenden «die Vertragsparteien»),
geleitet von dem Wunsch, durch partnerschaftliche Zusammenarbeit schwere Straftaten, insbesondere die organisierte Kriminalität sowie den Terrorismus, wirksamer zu verhindern und zu bekämpfen,
in Anerkennung, dass der Austausch von Informationen ein wesentlicher Faktor bei der Bekämpfung schwerer Straftaten, insbesondere der organisierten Kriminalität sowie des Terrorismus, ist,
in Anerkennung der Bedeutung der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten, insbesondere der organisierten Kriminalität sowie des Terrorismus, und unter gleichzeitiger Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten in den geltenden Gesetzen und internationalen Verpflichtungen der Vertragsparteien, einschliesslich derjenigen betreffend die Privatsphäre und den Schutz personenbezogener Daten,
in Anerkennung der Wichtigkeit, ein hohes Niveau beim Schutz personenbezogener Daten aufrechtzuerhalten, insbesondere der Wichtigkeit, zwischen den Vertragsparteien Verfahren zur Berichtigung, Sperrung und Löschung fehlerhafter personenbezogener Daten zu schaffen, die nach diesem Abkommen ausgetauscht werden,
unter Beachtung der Vereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und dem Justizdepartement der Vereinigten Staaten von Amerika, handelnd für die zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Vereinigten Staaten von Amerika, über den Einsatz von gemeinsamen Ermittlungsgruppen zur Bekämpfung des Terrorismus und dessen Finanzierung, unterzeichnet am 12. Juli 2006²,
angeregt durch den Vertrag vom 27. Mai 2005 über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration (Prümer Vertrag), und unter Kenntnisnahme der damit zusammenhängenden Beschlüsse 2008/615/JI und 2008/616/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Integration des Prümer Vertrages in den Rahmen der Europäischen Union,
in Anerkennung der Verpflichtungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft aus dem Übereinkommen des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten vom 28. Januar 1981³ und aus dem Abkommen vom 26. Oktober 2004⁴ zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (Schengener Assoziierungsabkommen), und
im Bestreben, die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Geist der Partnerschaft zu vertiefen und zu bestärken,
sind wie folgt übereingekommen:
² SR 0.360.336.1 ³ SR 0.235.1 ⁴ SR 0.362.31
Art. 1 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck:
1. DNA-Profil: einen Buchstaben- oder Zahlencode, der eine Reihe von Identifizierungsmerkmalen des nicht kodierenden Teils einer analysierten menschlichen DNA-Probe, das heisst der spezifischen chemischen Form an den verschiedenen DNA-Loci, abbildet;
2. Fundstellendatensatz: ein DNA-Profil und die damit verbundene Kennung (DNA-Fundstellendatensatz) oder daktyloskopische Daten und die damit verbundene Kennung (daktyloskopischer Fundstellendatensatz); Fundstellendatensätze dürfen keine die betroffene Person unmittelbar identifizierenden Daten enthalten. Fundstellendatensätze, die keiner Person zugeordnet werden können (offene Spuren), müssen als solche erkennbar sein;
3. personenbezogene Daten: Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person (betroffene Person);
4. Bearbeitung personenbezogener Daten: jeden Vorgang oder jede Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren, wie das Erheben, das Speichern, die Organisation, die Aufbewahrung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Ab-fragen, das Konsultieren, die Benutzung, die Weitergabe durch Übermittlung, die Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung, die Kombination oder die Verknüpfung sowie das Sperren oder Löschen durch Unkenntlich-machen oder Vernichten von personenbezogenen Daten;
5. sperren: die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten mit dem Ziel, ihre künftige Bearbeitung einzuschränken;
6. schwere Straftaten: die im Anhang dieses Abkommens aufgeführten strafbaren Handlungen sowie andere Handlungen, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind.
Art. 2 Zweck und Anwendungsbereich dieses Abkommens
1.  Zweck dieses Abkommens ist die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien bei der Verhinderung und Ermittlung schwerer Straftaten durch Polizei- und Justizbehörden.
2.  Die unter diesem Abkommen eingeräumten Befugnisse zum Abruf von daktyloskopischen Daten und DNA-Profilen (Art. 4 und 6) dürfen nur zum Zwecke der Verhinderung und Ermittlung einer schweren Straftat nach Artikel 1 Ziffer 6 genutzt werden und nur, wenn besondere und rechtlich gültige Umstände in Bezug auf eine bestimmte Person Anlass geben zu prüfen, ob diese Person eine solche schwere Straftat begehen wird oder begangen hat.
3.  Einem Ersuchen um Übermittlung weiterer personenbezogener Daten und sonstiger Informationen nach den Artikeln 5 und 7 wird nur Folge geleistet, wenn die in dem Ersuchen umschriebene Handlung eine schwere Straftat nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei beinhaltet.
Art. 3 Daktyloskopische Daten
Zur Umsetzung dieses Abkommens gewährleisten die Vertragsparteien die Verfügbarkeit der Fundstellendatensätze der nationalen automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssysteme, die zur Verhinderung und Ermittlung von Straftaten eingerichtet wurden. Fundstellendatensätze enthalten ausschliesslich daktyloskopische Daten und eine Kennung.
Art. 4 Automatisierter Abruf von daktyloskopischen Daten
1.  Zur Verhinderung und Ermittlung von schweren Straftaten gestatten die Vertragsparteien den in Artikel 9 bezeichneten nationalen Kontaktstellen der anderen Vertragspartei den Zugang zu den Fundstellendatensätzen der zu diesem Zweck eingerichteten nationalen automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssysteme mit der Berechtigung, automatisierte Abrufe mittels eines Abgleichs der daktyloskopischen Daten vorzunehmen. Ein Abruf darf nur im Einzelfall und im Einklang mit dem innerstaatlichen Recht der abrufenden Vertragspartei erfolgen.
2.  Die endgültige Zuordnung eines daktyloskopischen Datums zu einem Fundstellendatensatz der für die Bewirtschaftung dieses Datensatzes zuständigen Vertragspartei erfolgt durch die abrufende nationale Kontaktstelle anhand der automatisiert übermittelten Fundstellendatensätze, die für die eindeutige Zuordnung erforderlich sind.
Art. 5 Übermittlung weiterer personenbezogener Daten und sonstiger Informationen
Im Falle der Feststellung einer Übereinstimmung von daktyloskopischen Daten im Verfahren nach Artikel 4 erfolgt die Übermittlung weiterer zu den Fundstellendaten-sätzen vorhandener personenbezogener Daten und sonstiger Informationen nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei, einschliesslich deren Vorschriften über die Rechtshilfe. Die Übermittlung erfolgt in Übereinstimmung mit den Artikeln 9 und 11.
Art. 6 Automatisierter Abruf von DNA-Profilen
1.  Falls der Zugriff nach dem innerstaatlichen Recht beider Vertragsparteien zulässig und in der Praxis für beide Vertragsparteien möglich ist und nachdem die Durchführungsvereinbarungen abgeschlossen wurden, können die Vertragsparteien der nationalen Kontaktstelle nach Artikel 9 der anderen Vertragspartei den Zugang zu den Fundstellendatensätzen ihrer DNA-Analyse-Dateien mit der Berechtigung gestatten, zum Zwecke der Verhinderung und Ermittlung schwerer Straftaten automatisierte Abrufe mittels eines Abgleichs der DNA-Profile vorzunehmen. Ein Abruf darf nur im Einzelfall und im Einklang mit dem innerstaatlichen Recht der abrufenden Vertragspartei erfolgen.
2.  Wird im Zuge eines automatisierten Abrufs die Übereinstimmung eines übermittelten DNA-Profils mit einem in der Datei der anderen Vertragspartei gespeicherten DNA-Profil festgestellt, so erhält die abrufende nationale Kontaktstelle automatisiert die Fundstellendatensätze hinsichtlich derer eine Übereinstimmung festgestellt worden ist. Kann keine Übereinstimmung festgestellt werden, so wird dies automatisch mitgeteilt.
Art. 7 Übermittlung weiterer personenbezogener Daten und sonstiger Informationen
Im Falle der Feststellung einer Übereinstimmung von DNA-Profilen im Verfahren nach Artikel 6 erfolgt die Übermittlung weiterer zu den Fundstellendatensätzen vorhandener personenbezogener Daten und sonstiger Informationen nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei, einschliesslich deren Vorschriften über die Rechtshilfe. Die Übermittlung erfolgt in Übereinstimmung mit den Artikeln 9 und 11.
Art. 8 Alternative Möglichkeiten zum Abruf von DNA-Dateien
Bis die in Artikel 29 Ziffer 2 vorgesehene Notifikation erfolgt, kann jede Vertragspartei auf Ersuchen der anderen Vertragspartei eine Abfrage der eigenen DNA-Datenbank im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht und ihren technischen Anforderungen durchführen.
Art. 9 Nationale Kontaktstellen
Zum Zwecke der Übermittlung von Daten und sonstigen Informationen nach den Artikeln 4 bis 8 bezeichnet jede Vertragspartei eine nationale Kontaktstelle für Datenübermittlungen nach den Artikeln 6 und 7 sowie eine oder mehrere nationale Kontaktstellen für Datenübermittlungen nach den Artikeln 4 und 5. Jede nationale Kontaktstelle übermittelt die Daten in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht.
Art. 10 Kontingente
Die Vertragsparteien konsultieren sich, um die Anzahl von Abrufen, die sie nach den Artikeln 4 bis 7 durchführen, angemessen zu beschränken, und nehmen diese Beschränkungen in die Durchführungsvereinbarungen auf.
Art. 11 Durchführungsvereinbarungen
Die technischen und prozeduralen Einzelheiten für die nach diesem Abkommen durchgeführten Datenabrufe und -übermittlungen werden in einer oder mehreren Durchführungsvereinbarungen geregelt.
Art. 12 Übermittlung personenbezogener Daten und sonstiger Informationen zur Verhinderung schwerer Straftaten sowie Handlungen im Zusammenhang mit Terrorismus
1.  In Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht können die Vertragsparteien im Einzelfall auch ohne Ersuchen der in Ziffer 4 dieses Artikels benannten massgeblichen nationalen Kontaktstelle die in Ziffer 2 dieses Artikels genannten personenbezogenen Daten und sonstigen Informationen übermitteln, um strafbare Handlungen, die eine ernsthafte Bedrohung öffentlicher Interessen darstellen, zu verhindern, soweit dies erforderlich ist, weil besondere Umstände Grund zu der Annahme geben, dass die betroffene Person strafbare Handlungen im Zusammenhang mit Terrorismus, einer terroristischen Gruppierung oder Verschwörung sowie strafbare Handlungen im Zusammenhang mit schweren Straftaten, wie sie nach dem innerstaatlichen Recht der datenübermittelnden Vertragspartei bestimmt sind, begehen könnte.
2.  Die nach Ziffer 1 zu übermittelnden Daten können Nachnamen, Vornamen, Geburtsdatum und Geburtsort sowie die Darstellung der Umstände, welche für den in Ziffer 1 erwähnten Verdacht Anlass gegeben haben, umfassen.
3.  Die übermittelnde Vertragspartei kann in Anwendung ihres innerstaatlichen Rechts im Einzelfall Bedingungen für die Verwendung dieser Daten durch die empfangende Vertragspartei festlegen. Wenn die empfangende Vertragspartei die betreffenden Daten annimmt, muss sie sich an alle diese Bedingungen halten. Allgemeine Einschränkungen in Bezug auf die rechtlichen Standards der empfangenden Vertragspartei für die Bearbeitung personenbezogener Daten können von der übermittelnden Vertragspartei nicht als Bedingung im Sinne dieser Ziffer für die Übermittlung von Daten auferlegt werden. Zusätzlich zu den personenbezogenen Daten nach Ziffer 2 dieses Artikels können die Vertragsparteien auch nicht personenbezogene Daten übermitteln, die im Zusammenhang mit den strafbaren Handlungen in Ziffer 1 dieses Artikels stehen.
4.  Jede Vertragspartei bezeichnet eine oder mehrere nationale Kontaktstellen für den nach diesem Artikel erfolgenden Austausch personenbezogener Daten und sonstiger Informationen mit der oder den nationalen Kontaktstellen der anderen Vertragspartei. Die Befugnisse und Zuständigkeiten der nationalen Kontaktstellen werden nach innerstaatlichem Recht festgelegt.
Art. 13 Allgemeine Grundsätze des Datenschutzes
1.  Die Vertragsparteien stellen ein hohes Datenschutzniveau in ihrem innerstaatlichen Recht sicher, um das Vertrauen in die Umsetzung dieses Abkommens zu bewahren.
2.  Die Vertragsparteien verpflichten sich, personenbezogene Daten nach Treu und Glauben und nach ihren jeweiligen Rechtsvorschriften zu bearbeiten und insbesondere:
a. personenbezogene Daten nur sofern relevant, zweckmässig und nicht über den Zweck hinausgehend zu bearbeiten;
b. sicherzustellen, dass die bereitgestellten personenbezogenen Daten richtig, aktuell und angemessen sind;
c. die personenbezogenen Daten nur so lange aufzubewahren, wie dies für den spezifischen Zweck, zu dem die Daten in Übereinstimmung mit diesem Abkommen bereitgestellt oder weiterbearbeitet wurden, nötig ist.
3.  Dieses Abkommen regelt die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien in Bezug auf die Verwendung von nach diesem Abkommen bereitgestellten personenbezogenen Daten, einschliesslich der Berichtigung, Sperrung und Löschung von Daten nach Artikel 16. Privatpersonen erwachsen jedoch keine Rechte aus diesem Abkommen. Unabhängig von diesem Abkommen bestehende Rechte von Privatpersonen, einschliesslich des Rechts nach Artikel 21 auf Auskunft, Berichtigung, Sperrung und Löschung von Daten, bleiben unberührt.
4.  Die Zuständigkeit und die Befugnisse für rechtliche Kontrollen der Übermittlung, des Empfangs, der Bearbeitung und der Speicherung von personenbezogenen Daten obliegen nach den Vorschriften ihres innerstaatlichen Rechts den unabhängigen Datenschutzbehörden oder, wo anwendbar, den Aufsichtsbehörden, den Datenschutzbeamten und den gerichtlichen Behörden der jeweiligen Vertragspartei. Die Vertragsparteien teilen sich gegenseitig die Behörden mit, die als Kontaktstellen für die Umsetzung der Datenschutzbestimmungen dieses Abkommens handeln.
Art. 14 Zusätzlicher Schutz bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten besonderer Kategorien
1.  Personenbezogene Daten, aus denen die Rasse oder ethnische Herkunft, politische Anschauungen, religiöse oder sonstige Überzeugungen oder die Mitgliedschaft in Gewerkschaften hervorgeht oder die die Gesundheit und das Sexualleben betreffen, dürfen nur zur Verfügung gestellt werden, wenn sie für die Zwecke dieses Abkommens unter Abwägung der Interessen besonders relevant sind und nur nach den Artikeln 5, 7 oder 12 dieses Abkommens übermittelt werden.
2.  In Anerkennung der besonderen Schutzbedürftigkeit der oben genannten Kategorien personenbezogener Daten treffen die Vertragsparteien angemessene Schutzvorkehrungen, insbesondere geeignete Sicherheitsmassnahmen, um solche Daten zu schützen.
Art. 15 Bearbeitungsbeschränkungen zum Schutz personenbezogener Daten und sonstiger Informationen
1.  Unbeschadet des Artikels 12 Ziffer 3 darf jede Vertragspartei Daten, die sie nach diesem Abkommen erlangt hat, nur bearbeiten:
a. für den Zweck ihrer strafrechtlichen Ermittlung;
b. zur Verhinderung einer ernsthaften Bedrohung ihrer öffentlichen Sicherheit;
c. in ihren nicht strafrechtlichen Gerichts- und Verwaltungsverfahren, die in direktem Zusammenhang mit den Ermittlungen nach Buchstabe a stehen; oder
d. für jeden anderen Zweck, jedoch nur mit vorheriger Zustimmung der Vertragspartei, die die Daten übermittelt hat, in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht der übermittelnden Vertragspartei.
2.  Die Vertragsparteien geben Drittstaaten und internationalen Organisationen Daten, die ihnen nach diesem Abkommen zur Verfügung gestellt wurden, nicht ohne vorherige ausdrückliche und in geeigneter Weise dokumentierte Zustimmung der Vertragspartei, die die Daten zur Verfügung gestellt hat, und ohne geeignete Schutzvorkehrungen weiter.
3.  Eine Vertragspartei darf in den daktyloskopischen Dateien oder DNA-Dateien der anderen Vertragspartei einen automatisierten Abruf nach Artikel 4 oder 6 lediglich dazu durchführen und die als Ergebnis eines solchen Abrufs erhaltenen Daten, einschliesslich der Mitteilung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Treffers, ausschliesslich bearbeiten, um:
a. festzustellen, ob die verglichenen DNA-Profile oder daktyloskopischen Daten übereinstimmen;
b. im Fall einer Übereinstimmung der Daten ein Folgeersuchen um Unterstützung im Einklang mit dem innerstaatlichen Recht einschliesslich der Vorschriften über die Rechtshilfe vorzubereiten und zu übermitteln; oder
c. die Protokollierung durchzuführen, wie diese nach innerstaatlichem Recht verlangt wird oder zulässig ist.
4.  Die für die Bewirtschaftung der Datei zuständige Vertragspartei darf die ihr nach den Artikeln 4 und 6 von der abrufenden Vertragspartei im Zuge eines automatisierten Abrufs übermittelten Daten ausschliesslich bearbeiten, soweit dies für die Durchführung des Abgleichs, für die automatisierte Beantwortung des Abrufs oder für die Protokollierung nach Artikel 17 erforderlich ist. Nach Beendigung des Datenabgleichs oder nach der automatisierten Beantwortung des Abrufs müssen die zu Vergleichszwecken übermittelten Daten unverzüglich gelöscht werden, sofern nicht die Weiterbearbeitung für die in Ziffer 3 Buchstaben b oder c dieses Artikels genannten Zwecke erforderlich ist.
Art. 16 Berichtigung, Sperrung und Löschung von Daten
1.  Auf Verlangen der übermittelnden Vertragspartei ist die empfangende Vertragspartei verpflichtet, Daten, die sie nach diesem Abkommen erlangt hat, zu berichtigen, zu sperren oder zu löschen, wenn sie unrichtig oder unvollständig sind oder ihre Erhebung oder Weiterbearbeitung im Einzelfall im Widerspruch zu diesem Abkommen oder zu den für die übermittelnde Vertragspartei geltenden Vorschriften steht.
2.  Stellt eine Vertragspartei fest, dass Daten, die sie von der anderen Vertragspartei nach diesem Abkommen erhalten hat, unrichtig sind, ergreift sie unverzüglich alle geeigneten Massnahmen zum Schutz vor fälschlichem Vertrauen in diese Daten; dies umfasst insbesondere die Ergänzung, Löschung oder Berichtigung oder, wenn zweckdienlich, als zusätzliche Massnahme die Kennzeichnung solcher Daten.
3.  Stellt eine Vertragspartei fest, dass relevante Daten, die sie nach diesem Abkommen der anderen Vertragspartei übermittelt oder von ihr empfangen hat, unrichtig, nicht verlässlich oder Gegenstand erheblicher Zweifel sind, teilt sie dies der anderen Vertragspartei unverzüglich mit.
4.  Wenn es Grund zur Annahme gibt, dass durch eine Löschung Interessen der direkt betroffenen Person oder anderer betroffener Personen beeinträchtigt werden, sind diese Daten in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht zu sperren anstatt zu löschen.
5.  Die Vertragsparteien gewährleisten die ordnungsgemässe Beseitigung personenbezogener Informationen nach Ablauf der spezifischen Aufbewahrungsfristen, die nach innerstaatlichem Recht vorgesehen sind. Diese Aufbewahrungsfristen sollen angemessene operationelle Erwägungen, das öffentliche Interesse, die Art der Daten, den Zweck der Bearbeitung oder Verwendung sowie die Interessen der betroffenen Person auf Schutz der Privatsphäre widerspiegeln.
Art. 17 Dokumentation
1.  Jede Vertragspartei dokumentiert jede nicht automatisierte Übermittlung und jeden nicht automatisierten Empfang von personenbezogenen Daten durch die für die Bewirtschaftung der Datei zuständige Stelle und durch die abrufende Stelle zur Kontrolle der Zulässigkeit der Übermittlung nach diesem Abkommen. Die Dokumentation umfasst folgende Angaben:
a. den Anlass der Übermittlung;
b. Informationen über die übermittelten Daten;
c. das Datum der Übermittlung; und
d. die Bezeichnung oder Kennung der abrufenden und der für die Bewirtschaftung der Datei zuständigen Stelle.
2.  Für den automatisierten Abruf von Daten auf Grund der Artikel 4 und 6 gilt Folgendes:
a. Der automatisierte Abruf darf nur durch eigens ermächtigte Beamte der nationalen Kontaktstellen erfolgen. Jede Vertragspartei führt Aufzeichnungen, die es ermöglichen, jene Person zu identifizieren, die den automatisierten Abruf veranlasst oder durchgeführt hat.
b. Jede Vertragspartei gewährleistet, dass jede Übermittlung und jeder Empfang von Daten von der für die Bewirtschaftung der Datei zuständigen Stelle und der abrufenden Stelle protokolliert werden, einschliesslich der Mitteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines Treffers. Die Protokollierung umfasst folgende Angaben: (i) Informationen über die übermittelten Daten,
(ii) das Datum und den Zeitpunkt der Übermittlung,
(iii) die Bezeichnung oder Kennung der abrufenden und für die Bewirtschaftung der Datei zuständigen Stelle, und
(iv) den Grund für den Abruf.
3.  Die Aufzeichnung jeder Übermittlung und jedes Empfangs von personenbezogenen Daten, die nach den Ziffern 1 und 2 protokolliert werden, sind durch geeignete Massnahmen gegen zweckfremde Verwendung und sonstigen Missbrauch zu schützen und zwei Jahre aufzubewahren. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Protokolldaten unverzüglich zu löschen, sofern dies nicht dem innerstaatlichen Recht widerspricht.
Art. 18 Datensicherheit
1.  Die Vertragsparteien gewährleisten, dass die notwendigen technischen Massnahmen und organisatorischen Vorkehrungen getroffen werden, um personenbezogene Daten und sonstige Informationen gegen zufällige oder unrechtmässige Zerstörung, zufälligen Verlust oder unbefugte Bekanntgabe, Veränderung, unbefugten Zugang oder jede unbefugte Form der Bearbeitung zu schützen. Insbesondere gewährleisten die Vertragsparteien, dass nur eigens dazu befugte Personen Zugang zu diesen personenbezogenen Daten und sonstigen Informationen haben.
2.  Die Durchführungsvereinbarungen nach Artikel 11, die das Verfahren für den automatisierten Abruf von daktyloskopischen Daten und DNA-Daten nach den Artikeln 4 und 6 regeln, sehen vor, dass:
a. moderne Technologie in geeigneter Weise eingesetzt wird, um den Schutz, die Sicherheit, die Vertraulichkeit und die Integrität der Daten sicherzustellen;
b. bei der Nutzung allgemein zugänglicher Netze Verschlüsselungs- und Authentifizierungsverfahren angewendet werden, die von den dafür zuständigen Stellen anerkannt sind; und
c. ein Verfahren besteht um sicherzustellen, dass nur erlaubte Abrufe durchgeführt werden.
Art. 19 Transparenz – Information der betroffenen Personen
1.  Die sich aus ihren jeweiligen Rechtsvorschriften ergebenden gesetzlichen Verpflichtungen der Vertragsparteien bleiben vorbehalten, wonach sie die betroffenen Personen über die Zwecke der Datenbearbeitung, die Identität der für die Datenbearbeitung verantwortlichen Person, die Empfänger oder Empfängerkategorien und über ihr Recht, die sie betreffenden Daten einzusehen und zu berichtigen, zu informieren und ihnen jede weitere Information zu geben haben, wie Informationen über die Rechtsgrundlage des Bearbeitungsvorgangs, für den die Daten vorgesehen sind, über die Fristen für die Datenspeicherung und über Entschädigungsansprüche, soweit solche weiteren Informationen notwendig sind, um unter Berücksichtigung der Zwecke und konkreten Umstände, unter denen die Daten bearbeitet werden, gegenüber der betroffenen Person eine Bearbeitung nach Treu und Glauben zu gewährleisten.
2.  Solche Informationen dürfen in Übereinstimmung mit den jeweiligen Rechtsvorschriften der Vertragsparteien verweigert werden, einschliesslich der Fälle, in denen:
a. die Zwecke der Bearbeitung;
b. Ermittlungen oder strafrechtliche Verfolgungsmassnahmen der zuständigen Behörden der Vertragsparteien; oder
c. die Rechte und Freiheiten Dritter durch die Bereitstellung dieser Informationen gefährdet würden.
Art. 20 Überprüfung
Zusätzlich zu ihren Rechten nach Artikel 16 kann eine Vertragspartei von der Datenschutzbehörde der anderen Vertragspartei oder einer anderen zuständigen Behörde nach Artikel 13 Ziffer 4 verlangen, dass diese überprüft, ob die personenbezogenen Daten einer betroffenen Person, die aufgrund dieses Abkommens übermittelt wurden, in Übereinstimmung mit diesem Abkommen bearbeitet wurden. Die Behörde, die einen solchen Antrag erhält, hat der zuständigen Behörde der anderen Vertragspartei zügig zu antworten.
Art. 21 Ersuchen von Personen auf Zugang zu Daten und auf Berichtigung, Sperrung und Löschung von Daten sowie Entschädigungsverfahren
1.  Auf Ersuchen einer betroffenen Person um Auskunft nach innerstaatlichem Recht über die sie betreffenden, im Rahmen des Anwendungsbereichs dieses Abkommens bearbeiteten Daten, hat die das Ersuchen empfangende Vertragspartei in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht zu verfahren.
2.  Jede Person, die Informationen über die Verwendung ihrer personenbezogenen Daten verlangt, die im Rahmen dieses Abkommens bearbeitet wurden, oder das ihr nach den innerstaatlichen Gesetzen zustehende Recht auf Berichtigung, Sperrung oder Löschung solcher Daten ausüben will, kann ein Ersuchen an ihre Datenschutzbehörde oder eine andere zuständige Behörde nach Artikel 13 Ziffer 4 richten. Diese Behörde hat in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht und nach Artikel 16 oder Artikel 20 vorzugehen.
3.  Die Vertragsparteien gewährleisten, dass den betroffenen Personen Verfahren zur Verfügung stehen, um eine angemessene Entschädigung für Verstösse gegen anwendbare Datenschutzrechte zu erlangen.
4.  Die massgeblichen Verfahren betreffend den Zugang, die Berichtigung, Sperrung, Löschung und Entschädigung richten sich nach dem innerstaatlichen Recht derjenigen Vertragspartei, auf deren Gebiet die betroffene Person ihre Rechte geltend macht.
Art. 22 Unterrichtung
1.  Die Vertragsparteien unterrichten einander über ihre innerstaatlichen Gesetze zum Schutz personenbezogener Daten und jede Änderung dieser Gesetze, die für die Umsetzung dieses Abkommens von Bedeutung sind.
2.  Die empfangende Vertragspartei unterrichtet die übermittelnde Vertragspartei auf Ersuchen über die Bearbeitung der übermittelten Daten und das dadurch erzielte Ergebnis. Die empfangende Vertragspartei stellt sicher, dass ihre Antwort der übermittelnden Vertragspartei zügig mitgeteilt wird.
3.  Die Vertragsparteien setzen alles daran, sich gegenseitig über die von betroffenen Personen erhaltenen Ersuchen nach Artikel 21 dieses Abkommens zu informieren.
Art. 23 Verhältnis zu anderen Abkommen
Durch dieses Abkommen werden die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aus internationalen Abkommen, deren Vertragspartei sie beide sind, sowie aus bilateralen Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika nicht berührt.
Art. 24 Konsultationen
1.  Die Vertragsparteien konsultieren sich regelmässig betreffend die Umsetzung der Bestimmungen dieses Abkommens.
2.  Im Fall von Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens konsultieren sich die Vertragsparteien, um deren Beilegung zu ermöglichen.
Art. 25 Kosten
Jede Vertragspartei trägt die Kosten, die ihren Behörden bei der Umsetzung dieses Abkommens entstehen.
Art. 26 Kündigung
Dieses Abkommen kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist schriftlich gekündigt werden. Vorbehältlich einer anderslautenden Vereinbarung der Vertragsparteien wenden die Vertragsparteien im Falle einer Kündigung des Abkommens dessen Bestimmungen auf alle im Rahmen des Abkommens erhaltenen Daten weiterhin an.
Art. 27 Suspendierung
1.  Ist eine der Vertragsparteien der Ansicht, dass die andere Vertragspartei in grundlegender Weise gegen dieses Abkommen verstösst oder dass Entwicklungen im innerstaatlichen Recht einer der Vertragsparteien den Zweck und den Anwendungsbereich dieses Abkommens, insbesondere in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten, untergraben, kann sie die Anwendung des Abkommens oder von Teilen desselben suspendieren. Die Suspendierung ist der anderen Vertragspartei auf diplomatischem Wege mitzuteilen und wird sofort mit Erhalt der Notifikation wirksam. Dasselbe Verfahren gilt für eine allfällige Aufhebung einer Suspendierung.
2.  Während der Dauer der Suspendierung dieses Abkommens konsultieren sich die Vertragsparteien, um ihre Differenzen zu bereinigen.
Art. 28 Änderungen
1.  Auf Ersuchen einer Vertragspartei nehmen die Vertragsparteien Konsultationen betreffend die Änderung dieses Abkommens auf.
2.  Die Vertragsparteien können dieses Abkommen jederzeit durch schriftliche Übereinkunft ändern.
Art. 29 Inkrafttreten
1.  Die Vertragsparteien teilen sich mittels diplomatischen Notenwechsels den Abschluss ihrer internen Genehmigungsverfahren für das Inkrafttreten mit. Dieses Abkommen tritt dreissig Tage nach dem Datum in Kraft, an dem die zweite Vertragspartei die Notifikation versandt hat.
2.  Der automatisierte Abruf und die Übermittlung weiterer personenbezogener Daten und sonstiger Informationen nach den Artikeln 6 und 7 kommen erst zur Anwendung, wenn die Vereinigten Staaten von Amerika der Schweizerischen Eidgenossenschaft durch diplomatische Note mitgeteilt haben, dass das Recht der Vereinigten Staaten von Amerika die Umsetzung dieser Artikel auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zulässt.
Geschehen zu Washington, am 12. Dezember 2012, in zwei Urschriften in deutscher und englischer Sprache, wobei beide Texte gleichermassen authentisch sind.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Jean-Luc Vez

Für die
Vereinigten Staaten von Amerika:

Lanny Breuer

Alan D. Bersin

Anhang

Straftaten im Rahmen des Anwendungsbereichs dieses Abkommens umfassen die in diesem Anhang aufgelisteten Straftaten sowie die strafbaren Vorbereitungshandlungen zur Begehung solcher Straftaten, die Beteiligung an einer kriminellen Organisation oder der Versuch zur Begehung solcher strafbaren Handlungen, sofern unter Strafe:
1. Terrorismus und Terrorismus-bezogene Straftaten
2. Völkermord
3. Verbrechen gegen die Menschlichkeit
4. Kriegsverbrechen
5. Vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung, zu schweren Verletzungen führende strafbare Handlungen
6. Vergewaltigung und andere schwere sexuelle Übergriffe
7. Schwerer Diebstahl
8. Einbruchdiebstahl
9. Menschenhandel und -schmuggel
10. Sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornographie
11. Illegaler Handel mit Drogen und psychotropen Stoffen
12. Illegaler Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen
13. Korruption
14. Betrug
15. Steuerbetrug
16. Geldwäscherei
17. Geldfälschung
18. Fälschung von Zahlungsmitteln
19. Cyberkriminalität
20. Beihilfe zur illegalen Einreise und zum illegalen Aufenthalt
21. Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme
22. Raub in organisierter Form oder mit Waffen
23. Erpressung und Schutzgelderpressung
24. Fälschung von amtlichen Dokumenten und Handel damit
25. Illegaler Handel mit nuklearen und radioaktiven Substanzen
26. Handel mit gestohlenen Kraftfahrzeugen
27. Brandstiftung
28. Flugzeug- und Schiffsentführung
29. Sabotage
30. Illegaler Handel mit Organen und menschlichem Gewebe
31. Illegaler Handel mit Kulturgütern, einschliesslich Antiquitäten und Kunstgegenstände
32. Nachahmung und Produktpiraterie
33. Umweltkriminalität, einschliesslich des illegalen Handels mit bedrohten Tierarten oder mit bedrohten Pflanzen- und Baumarten
34. Falschaussage als Zeuge oder unter sonstiger Verletzung innerstaatlichen Rechts
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