SBEBG
DE - Landesrecht Saarland

Gesetz Nr. 2056 für ein Saarländisches Ausführungsgesetz nach § 26 des Achten Buches Sozialgesetzbuch für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege - Saarländisches Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsgesetz (SBEBG) Vom 19. Januar 2022

Gesetz Nr. 2056 für ein Saarländisches Ausführungsgesetz nach § 26 des Achten Buches Sozialgesetzbuch für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege - Saarländisches Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsgesetz (SBEBG) Vom 19. Januar 2022
Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 01.04.2022 bis 31.07.2023
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: §§ 10 und 13 geändert sowie § 10a neu eingefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 26. April 2023 (Amtsbl. I S. 370)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz Nr. 2056 für ein Saarländisches Ausführungsgesetz nach § 26 des Achten Buches Sozialgesetzbuch für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege - Saarländisches Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsgesetz (SBEBG) vom 19. Januar 202201.04.2022
Eingangsformel01.04.2022
§ 1 - Grundsätze01.04.2022
§ 2 - Kindertageseinrichtungen01.04.2022
§ 3 - Aufgaben und Personal01.04.2022
§ 4 - Personalausstattung und Deckung zusätzlichen Personalbedarfs01.04.2022
§ 5 - Leitung01.04.2022
§ 6 - Qualitätssicherung und -entwicklung01.04.2022
§ 7 - Beteiligung der Erziehungsberechtigten01.04.2022
§ 8 - Kindertagespflege01.04.2022
§ 9 - Entwicklungsplanung und Sicherstellung des Angebots, Modellversuche01.04.2022
§ 10 - Deckung der Kosten, Landesförderung01.04.2022 bis 31.07.2023
§ 11 - Auskunftspflicht und Statistik01.04.2022
§ 12 - Übergang vom Kindergarten in die Grundschule01.04.2022
§ 13 - Ermächtigungen04.03.2022 bis 31.07.2023
§ 14 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten01.04.2022
Der Landtag des Saarlandes hat folgendes Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

§ 1 Grundsätze

(1) Die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege orientieren sich an dem mit den Einrichtungsträgern vereinbarten Bildungsprogramm mit Handreichungen für saarländische Krippen und Kindergärten. Im Rahmen eines inklusiven Auftrags sollen die Gesamtentwicklung und Entfaltung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefördert und die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützt und ergänzt werden. Den Erziehungsberechtigten wird ermöglicht, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können. Dazu dient ein bedarfsgerechtes Angebot, insbesondere auch in Bezug auf Ganztagsbetreuung. Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege stellen gleichrangige Betreuungsformen dar.
(2) Unter Achtung der Würde des Kindes umfasst dieser Auftrag eine gewaltfreie Bildung, Erziehung und Betreuung und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln sowie Gesundheitsförderung und Gesundheitsvorsorge ein. Dazu zählt bei längeren Betreuungszeiten auch eine altersgemäße gesunde Ernährung, die den Qualitätsstandards für die Verpflegung in Kindertageseinrichtungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entspricht. Bildung, Erziehung und Betreuung sollen sich insbesondere am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine familiäre und kulturelle Herkunft berücksichtigen. Im Rahmen ihres Auftrags tragen Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegepersonen Sorge für die Gewährleistungen des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls der anvertrauten Kinder.
(3) Die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern mit entsprechend anerkanntem Eingliederungshilfebedarf können im Rahmen von Einzelintegrationsmaßnahmen oder in integrativen oder heilpädagogischen Gruppen beziehungsweise Einrichtungen erfolgen.
(4) Kinder sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand und ihren Bedürfnissen an Entscheidungen, die sie betreffen, zu beteiligen.
(5) Erziehungsberechtigte, die Leistungen der Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (§§ 22 bis 26 des Achten Buches Sozialgesetzbuch) in Anspruch nehmen wollen, sind durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder durch die von ihnen beauftragten Stellen umfassend zu beraten.

§ 2 Kindertageseinrichtungen

(1) Kindertageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten. Der Träger legt die pädagogische Angebotsstruktur und die Gruppenbildung nach seiner Konzeption fest.
(2) Kindertageseinrichtungen sind insbesondere
1.
Kinderkrippen für Kinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr,
2.
Kindergärten für Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt,
3.
Kinderhorte für Kinder im Schulalter,
4.
altersgemischte Kindertageseinrichtungen,
5.
integrative Kindertageseinrichtungen.
(3) Kindertageseinrichtungen können von Trägern der freien oder der öffentlichen Jugendhilfe, kommunalen Gebietskörperschaften oder von anderen, durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe anerkannten Trägern betrieben werden.
(4) Wird eine Kindertageseinrichtung für die Dauer von mehr als sechs Wochen an mehr als drei Wochentagen mit jeweils mindestens vierstündiger Öffnungszeit für mindestens sechs Kinder betrieben, die mehr als fünfzehn Stunden wöchentlich dort verbringen, so bedarf der Träger der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch.
(5) Kindertageseinrichtungen richten ihre Öffnungszeiten an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien sowie der örtlichen Gegebenheiten aus. Dabei ist zwischen Öffnungszeiten und Anwesenheitszeiten zu unterscheiden. Die Landesregierung wird ermächtigt, das Nähere durch Rechtsverordnung zu regeln (§ 13 Absatz 1).

§ 3 Aufgaben und Personal

(1) Kindertageseinrichtungen haben neben dem Betreuungsauftrag einen eigenständigen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Sie ergänzen und unterstützen die Erziehung des Kindes in der Familie und fördern seine Gesamtentwicklung durch allgemeine und gezielte Bildungs- und Erziehungsangebote. Die Kindertageseinrichtungen sind verpflichtet, im Rahmen ihrer jeweiligen Strukturen die Inhalte des Bildungsprogramms mit Handreichungen für saarländische Krippen und Kindergärten in der jeweils geltenden Fassung umzusetzen. In Wahrnehmung dieser gemeinsamen Verantwortung für die beständige Förderung des Kindes arbeiten sie, insbesondere beim Übergang in die Grundschule, auch mit der zuständigen Schule zusammen.
(2) Der Träger der Kindertageseinrichtung ist für die Ausgestaltung und Umsetzung des Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrags verantwortlich.
(3) Das Personal der Kindertageseinrichtungen setzt sich aus sozialpädagogischen Fachkräften, die in der Regel über die staatliche Anerkennung verfügen, und Personen anderer Professionen, die konzeptions- und zielgruppenabhängig oder inklusionsbedingt beschäftigt werden und im Einzelfall eine zusätzliche Nachqualifizierung nachweisen müssen, zusammen. Zum Personal der Kindertageseinrichtungen gehören auch Hauswirtschaftskräfte, die im Rahmen der Bereitstellung einer gesunden, warmen Mittagsmahlzeit tätig sind.
(4) Fachkräfte im Sinne von Absatz 3 sind, abhängig von der Konzeption der Einrichtung, in der Regel:
1.
in Kinderkrippen Absolventinnen und Absolventen von Studiengängen akademischer Sozialberufe nach dem Saarländischen Gesetz über die staatliche Anerkennung akademischer Sozialberufe vom 12. Februar 2020 (Amtsbl. I S. 184) in der jeweils geltenden Fassung sowie Personen mit einem vergleichbaren Studienabschluss, Erzieherinnen und Erzieher, Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger, Kinderkrankenschwestern und Kinderkrankenpfleger, Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger sowie Personen anderer Professionen nach Absatz 3;
2.
in Kindergärten Absolventinnen und Absolventen von Studiengängen akademischer Sozialberufe nach dem Saarländischen Gesetz über die staatliche Anerkennung akademischer Sozialberufe sowie Personen mit einem vergleichbaren Studienabschluss, Erzieherinnen und Erzieher, Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger, Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger sowie Personen anderer Professionen nach Absatz 3;
3.
in Kinderhorten Absolventinnen und Absolventen von Studiengängen akademischer Sozialberufe nach dem Saarländischen Gesetz über die staatliche Anerkennung akademischer Sozialberufe sowie Personen mit einem vergleichbaren Studienabschluss, Erzieherinnen und Erzieher, Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger sowie Personen anderer Professionen nach Absatz 3.
4.
Personen anderer nicht akademischer Professionen nach Absatz 3 können auf Antrag vom Landesjugendamt und im Einvernehmen mit dem Ministerium für Bildung und Kultur als Fachkräfte anerkannt werden. Mit dieser Anerkennung können Qualifikationsauflagen verbunden sein. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, Einrichtungen mit multiprofessionellen Teams auszustatten. Durch das Zusammenwirken interdisziplinärer Kompetenzen kann den unterschiedlichen Bedarfen der Kinder und ihrer Familien und somit dem Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag und der damit verbundenen Schaffung von Chancengleichheit aller Kinder Rechnung getragen werden.
5.
Fachkräfte für Kinderkrippen und Kindergärten sind unter Berücksichtigung der jeweiligen Qualifikationsauflagen auch Personen mit den französischen Berufsabschlüssen Certificat d’aptitude professionelle Petite Enfance, Monitrice und Moniteur, Éducatrice und Éducateur, Éducatrice und Éducateur De Jeunes Enfants und Éducatrice Spécialisée und Éducateur Spécialisé. Fachkräfte für Kinderhorte sind unter Berücksichtigung der jeweiligen Qualifikationsauflagen auch Personen mit den französischen Berufsabschlüssen Éducatrice und Éducateur De Jeunes Enfants und Éducatrice Spécialisée und Éducateur Spécialisé.
(5) Die Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder in Kindertageseinrichtungen sind durch eine ausreichende Anzahl geeigneter Fachkräfte oder Personen anderer Professionen gemäß Absatz 3 zu gewährleisten. Die Leitung einer Gruppe ist Absolventinnen und Absolventen von Studiengängen akademischer Sozialberufe nach dem Saarländischen Gesetz über die staatliche Anerkennung akademischer Sozialberufe sowie Fachkräften mit Abschlüssen nach dem Deutschen Qualifikationsrahmen der Niveaustufe 6 (in der Regel Bachelor Professional in Sozialwesen) und staatlicher Anerkennung zu übertragen. Der Anteil der eingesetzten Kinderpflegerinnen oder Kinderpfleger oder der Kinderkrankenschwestern oder Kinderkrankenpfleger darf im Verhältnis zu den ansonsten eingesetzten Fachkräften ein Drittel nicht übersteigen. Beschäftigungsverhältnisse, die bereits vor dem 1. August 2008 bestanden haben, genießen Bestandsschutz.

§ 4 Personalausstattung und Deckung zusätzlichen Personalbedarfs

(1) Der Personalschlüssel nach Absatz 2 beinhaltet die direkte pädagogische Arbeit im Umfang von drei Vierteln und einem Viertel zusätzlich als Verfügungszeit. Die Verfügungszeit dient der indirekten pädagogischen Arbeit, wie beispielsweise der Vor- und Nachbereitung der Gruppenarbeit, der Dokumentation der Entwicklungsfortschritte der betreuten Kinder, der Mitwirkung bei der Ausbildung und der Zusammenarbeit der Mitarbeitenden der Kindertageseinrichtung untereinander sowie mit den Erziehungsberechtigten, Schulen und anderen Einrichtungen.
(2) Nach Maßgabe des Absatzes 1 ergeben sich folgende Personalschlüssel:
1. Kinderkrippe: Fachkraftfaktor 2,67 pro Gruppe;
2. Kindergarten: Fachkraftfaktor 2,0 pro Gruppe;
3. Kinderhort: Fachkraftfaktor 2,0 pro Gruppe;
4. Altersgemischte Gruppen: Fachkraftfaktor 2,67 bei höchstens sechs Kindern unter drei Jahren pro Gruppe.
5. Gruppen mit Einzelintegrationsmaßnahmen: Bei Aufnahme eines Kindes oder mehrerer Kinder mit entsprechend anerkanntem Eingliederungshilfebedarf kann auf Antrag die Gruppengröße durch eine veränderte Betriebserlaubnis für die Zeit der Anmeldung in der Einrichtung reduziert werden. Der Umfang richtet sich nach dem Bedarf im Einzelfall und ist an den Regelungen der integrativen Gruppen orientiert.
6. Integrative Gruppen: Der Personalmehrbedarf ergibt sich grundsätzlich aus der Altersstruktur der Kinder und dem jeweiligen Anteil an Kindern mit entsprechendem anerkanntem Eingliederungshilfebedarf.
Unterschreitet die Platzzahl einer Gruppe die Mindestgröße, die durch Rechtsverordnung (§ 13 Absatz 1) zu regeln ist, so ist der Personalschlüssel entsprechend anzupassen. Dieser Personalschlüssel ist gleichzeitig die Voraussetzung zur Erteilung der Betriebserlaubnis nach § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch durch das Landesjugendamt.
(3) Sofern der Personalschlüssel nach Absatz 2 eine Abweichung von der bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Personalisierung zur Folge hätte, kann das Ministerium für Bildung und Kultur im Einvernehmen mit dem Landesjugendamt eine einzelfallbezogene Regelung zum Vertrauensschutz treffen.
(4) In Kindertageseinrichtungen mit mindestens zwei Gruppen ist der Einsatz von Erzieherinnen oder Erziehern im Anerkennungsjahr sowie der Einsatz von Erzieherinnen oder Erziehern im Rahmen einer Praxisintegrierten Ausbildung (PiA) außerhalb des Personalschlüssels (Absatz 2) bezuschussungsfähig.
(5) Hauswirtschaftskräfte im Sinne des § 3 Absatz 3 Satz 2 sind im Umfang von einer Stunde pro Tag pro Einrichtung pro jeden zehnten ganztägigen Kindergarten- oder Kinderhortplatz beziehungsweise pro jeden fünften ganztägigen Krippenplatz außerhalb des Personalschlüssels (Absatz 2) bezuschussungsfähig; sie werden damit additiv berücksichtigt.
(6) Fachkräfte werden von der Arbeit in der Gruppe für die Anleitung angehender Fachkräfte im Rahmen ihrer Ausbildung oder Praktika (Praxisanleitung) freigestellt. Die Landesregierung wird ermächtigt, das Nähere durch Rechtsverordnung zu regeln (§ 13 Absatz 1).
(7) Arbeiten Erziehungsberechtigte oder andere Personen in Kindertageseinrichtungen, die aus einer Elterninitiative heraus entstanden sind, kontinuierlich mit, kann das Landesjugendamt dies auf Antrag bei der Festlegung der personellen Ausstattung in der Einrichtung berücksichtigen. Die Elternmitarbeit ist entsprechend zu dokumentieren.
(8) Bei Einrichtungen mit besonderer Konzeption, insbesondere zur Umsetzung von Projekten, die vom Ministerium für Bildung und Kultur veranlasst wurden, kann im Einzelfall auf Antrag über den nach Absatz 2 festgelegten Personalschlüssel hinaus eine weitere Förderung zusätzlichen Personals durch das Ministerium für Bildung und Kultur genehmigt werden.

§ 5 Leitung

(1) Zur Übernahme der Leitung einer Kindertageseinrichtung oder einer Gesamtleitung sollen Fachkräfte über einen sozialwissenschaftlichen Hochschulabschluss verfügen, der mindestens an einer Fachhochschule erworben wurde. Abweichend von Satz 1 können Fachkräfte mit Abschlüssen nach dem Deutschen Qualifikationsrahmen der Niveaustufe 6 (in der Regel Bachelor Professional in Sozialwesen) und staatlicher Anerkennung die Leitung oder die Gesamtleitung übernehmen. Für die Übernahme der Leitung oder der Gesamtleitung ist eine mindestens dreijährige, einschlägige Berufserfahrung nachzuweisen. Fachkräfte nach § 3 Absatz 4 ohne einen Abschluss nach dem Deutschen Qualifikationsrahmen der Niveaustufe 6, denen bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Einrichtungs- oder Gesamtleitungsfunktion übertragen wurde, sollen sich nachqualifizieren, sofern der Träger die Weisung dazu erteilt.
(2) Die Leitung einer Kindertageseinrichtung ist pro Gruppe mindestens sechs Stunden wöchentlich von der Arbeit in der Gruppe freizustellen. Umfasst eine Kindertageseinrichtung mindestens vier Gruppen, von denen mindestens eine Gruppe ganztags betreut wird, so kann die Leitung ganz von der Arbeit in der Gruppe freigestellt werden. Ab sieben Gruppen, von denen mindestens eine Gruppe ganztags betreut wird, ist zudem die stellvertretende Leitung pro weitere Gruppe mindestens sechs Stunden wöchentlich von der Arbeit in der Gruppe freizustellen.
(3) Mehrere Standorte können organisatorisch zu einer Einrichtung mit einer Gesamtleitung zusammengefasst werden. Die Freistellung der Gesamtleitung wird auf die Freistellung der Standortleitungen angerechnet.
(4) Zur Erfüllung von anfallenden Verwaltungsaufgaben kann im Rahmen der nach Absatz 2 zur Verfügung stehenden Leitungsfreistellungsstunden eine Verwaltungskraft in einem Umfang von bis zu zwei Stunden pro Gruppe beschäftigt werden.

§ 6 Qualitätssicherung und -entwicklung

(1) Die Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen sollen sich regelmäßig fortbilden. Der Träger soll darauf hinwirken, dass die Fachkräfte die Möglichkeit erhalten, in angemessenem Umfang an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen.
(2) Jeder Kindertageseinrichtung soll es möglich sein, ihre Arbeit von einer Fachberatung begleiten zu lassen.
(3) Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger sollen die Gelegenheit erhalten, an berufsbegleitenden Bildungsmaßnahmen zur Vorbereitung auf die Prüfung im Bildungsgang zur staatlich anerkannten Erzieherin oder zum staatlich anerkannten Erzieher teilzunehmen.
(4) Die Träger stellen sicher, dass mit Hilfe der Materialien zur internen Evaluation die pädagogischen Prozesse in den Kindertageseinrichtungen anhand der Qualitätskriterien des Bildungsprogramms regelmäßig prozessorientiert überprüft werden. Die Träger gewährleisten, dass die pädagogischen Fachkräfte hierbei durch entsprechend qualifiziertes Fachpersonal unterstützt werden.

§ 7 Beteiligung der Erziehungsberechtigten

(1) Die Erziehungsberechtigten der Kinder wirken bei der Erfüllung der Aufgaben der Kindertageseinrichtung mit. Sie sind bei Entscheidungen und in wesentlichen Angelegenheiten der Bildung, Erziehung und Betreuung zu unterrichten und angemessen zu beteiligen.
(2) Die Erziehungsberechtigten werden mindestens einmal im Jahr von dem Träger der Kindertageseinrichtung zu einer Elternversammlung einberufen. Eine Einberufung hat außerdem zu erfolgen, wenn mindestens ein Drittel der Erziehungsberechtigten dies verlangt.
(3) Die Elternversammlung wählt aus ihrer Mitte einen Ausschuss, der die Interessen der Erziehungsberechtigten und der Kinder gegenüber dem Einrichtungsträger vertritt.
(4) In jedem Landkreis wird ein Kreiselternausschuss und im Regionalverband Saarbrücken ein Regionalverbandselternausschuss gebildet. Diese setzen sich aus den Vorsitzenden der Elternausschüsse der Kindertageseinrichtungen in dem betreffenden Gemeindeverband zusammen.
(5) Der Landeselternausschuss setzt sich aus den gewählten Vertretungen der Kreiselternausschüsse sowie des Regionalverbandselternausschusses zusammen und nimmt auf Landesebene und auf Bundesebene die Interessen der saarländischen Eltern von Kindern in Kindertageseinrichtungen wahr.
(6) Das Ministerium für Bildung und Kultur wird ermächtigt, das Nähere durch Rechtsverordnung zu regeln (§ 13 Absatz 2).

§ 8 Kindertagespflege

(1) Kindertagespflege ist die Bildung, Erziehung und Betreuung eines Kindes während des Tages durch eine geeignete Kindertagespflegeperson in ihrem Haushalt, im Haushalt der Erziehungsberechtigten, in anderen geeigneten Räumen, insbesondere in Kindertageseinrichtungen, außerhalb der institutionell angebotenen Öffnungszeiten.
(2) Für den Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag der Kindertagespflege gilt § 3 Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend. Für Ausgestaltung und Umsetzung ist die Kindertagespflegeperson unter Mitwirkung der Erziehungsberechtigten verantwortlich.
(3) Kindertagespflegepersonen sind bei ihrer Tätigkeit durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder durch die von ihm beauftragten Stellen zu begleiten und regelmäßig fortzubilden.
(4) Wer Kinder außerhalb ihrer Wohnung in anderen Räumen während des Tages mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, bedarf der Erlaubnis zur Kindertagespflege nach § 43 des Achten Buches Sozialgesetzbuch durch den zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
(5) Das Ministerium für Bildung und Kultur wird ermächtigt, das Nähere durch Rechtsverordnung zu regeln (§ 13 Absatz 2).

§ 9 Entwicklungsplanung und Sicherstellung des Angebots, Modellversuche

(1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ermitteln in Zusammenarbeit mit den zugehörigen Gemeinden, den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe und sonstigen Stellen, deren Tätigkeit sich auf die Lebenssituation junger Menschen und ihrer Familien auswirkt, den Bedarf an Plätzen für Kinder in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege. Dabei sind neben quantitativen Aspekten auch qualitative zu berücksichtigen, insbesondere auch in Bezug auf notwendige Öffnungszeiten und Ganztagsbetreuung. Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe berücksichtigen die voraussehbare Bedarfsentwicklung und beschreiben die erforderlichen Maßnahmen in einem Entwicklungsplan, der mit dem Ministerium für Bildung und Kultur abzustimmen und alle drei Jahre fortzuschreiben ist. Der Entwicklungsplan ist dem Ministerium bis zum 15. September für die Folgejahre zur Abstimmung vorzulegen, erstmalig zum 15. September 2023 für die Jahre 2024 bis 2026.
(2) Die Aufnahme einer Einrichtung in den Entwicklungsplan bedarf der Zustimmung der betroffenen Gemeinde. Bei der Standortplanung von Kinderkrippen, Kindergärten und Kinderhorten soll die räumliche Nähe zueinander und zu bestehenden Schulen und sonstigen Einrichtungen der Jugendhilfe angestrebt werden.
(3) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe tragen in Abstimmung mit den Gemeinden dafür Sorge, dass die vorgesehenen Plätze in den Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege zur Verfügung stehen.
(4) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die freiwillige Tätigkeit auf dem Gebiet der Kindertagesbetreuung anregen und fördern. § 74 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(5) Soweit geeignete Angebote von Trägern der freien Jugendhilfe betrieben oder rechtzeitig geschaffen werden können, sollen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die Gemeinden von eigenen Maßnahmen absehen.
(6) Zur Erprobung neuer Formen von Betreuung nach diesem Gesetz können von dem Ministerium für Bildung und Kultur im Einvernehmen mit dem Einrichtungsträger Modellversuche eingerichtet werden.

§ 10 Deckung der Kosten, Landesförderung

(1) Die Kosten der Kindertageseinrichtungen werden von Land, kommunalen Gebietskörperschaften und auch von Einrichtungsträgern sowie den Erziehungsberechtigten getragen. An den Investitionskosten und den Sachkosten sind die Erziehungsberechtigten nicht zu beteiligen.
(2) Das Land fördert die Bereitstellung von Plätzen im Rahmen der Entwicklungspläne (§ 9 Absatz 1) und nach Maßgabe der in der Rechtsverordnung der Landesregierung (§ 13 Absatz 1) getroffenen Regelungen durch Zuwendungen nach Maßgabe des Haushalts.
(3) Für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen sind von den Erziehungsberechtigten Beiträge nach Maßgabe der in der Rechtsverordnung (§ 13 Absatz 1) getroffenen Regelungen zu entrichten.
(4) Die Kosten der Kindertagespflege werden von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und den Erziehungsberechtigten getragen. Das Land gewährt einen platzbezogenen Zuschuss.
(5) Die Landesregierung wird ermächtigt, das Nähere durch Rechtsverordnung zu regeln (§ 13 Absatz 1).

§ 11 Auskunftspflicht und Statistik

(1) Zur Dokumentation der Aufgaben und der Personalausstattung nach § 3, zur Überprüfung der Voraussetzungen von Zuwendungen des Landes auf der Grundlage des § 10 und der Voraussetzungen des § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sowie zu statistischen Zwecken werden unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen periodisch Datenerhebungen über die Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflege, die Belegung der Plätze, die Anzahl der pädagogischen Fachkräfte, die Leitungszeiten, die Zeiten für die Praxisanleitung und das weitere Personal durchgeführt.
(2) Auskunftspflichtig sind die Träger der Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflegepersonen. Die Daten werden an die zuständigen Behörden übermittelt. Diese dürfen die Daten zur Überprüfung der Voraussetzungen von Zuwendungen des Landes auf der Grundlage des § 10 und darüber hinaus auch zur Überprüfung der Voraussetzungen nach § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und zu statistischen Zwecken verarbeiten. Die Ergebnisse dürfen auf Ebene der zuständigen Behörden veröffentlicht werden, wenn dabei ein Rückschluss auf einzelne Personen ausgeschlossen ist. Andere Verpflichtungen in Bezug auf die Datenerhebung bleiben hiervon unberührt.

§ 12 Übergang vom Kindergarten in die Grundschule

(1) Dem Bereich des Kindergartens in einer Kindertageseinrichtung folgt die Grundschule als nächste Stufe des Bildungswesens. Kindergärten und Grundschulen sollen im Rahmen des Kooperationsjahres pädagogisch und organisatorisch eng zusammenarbeiten mit den Zielen der Verbesserung der Anschlussfähigkeit der beiden Bildungseinrichtungen und der Verbesserung des konkreten Übergangs für das Kind. Die Kinder lernen die Grundschule als künftigen Lern- und Lebensort kennen. Zur Gestaltung des Übergangs gehört auch die Nachbereitung des Wechsels in die Schule.
(2) Die schulärztliche Untersuchung nach § 2 des Schulpflichtgesetzes im Saarland kann auch im Kindergarten vorgenommen werden, wenn hierzu entsprechende Untersuchungsbedingungen vorgehalten werden.

§ 13 Ermächtigungen

(1) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung
1.
Mindestvoraussetzungen zu regeln, die in Kindertageseinrichtungen erfüllt sein müssen, damit das Wohl der Kinder im Sinne des § 45 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gewährleistet ist; dies umfasst auch Regelungen zur Bildungs- und Erziehungsarbeit, zur Betriebsführung, zur Nachqualifizierung des Personals und zu den räumlichen Anforderungen, zur Zusammenarbeit mit Schulen einschließlich der Voraussetzungen und des Verfahrens betreffend die anlassbezogene Weitergabe von in der Kindertageseinrichtung erhobenen personenbezogenen Daten an die Grundschule, zur Größe und sächlichen Ausstattung der Einrichtung,
2.
die Art, den Gegenstand, die Voraussetzungen, die Höhe und das Verfahren der Landesförderung für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege zu bestimmen; dabei können insbesondere auch Einzelheiten der Entwicklungsplanung, die Dauer der täglichen Betreuungszeit der Kinder, die Ausgestaltung der Elternbeiträge und die anteilige Deckung der Kosten geregelt werden.
(2) Das Ministerium für Bildung und Kultur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung
1.
Art, Inhalt und Umfang der Beratung von Erziehungsberechtigten durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder durch die von ihnen beauftragten Stellen zu bestimmen sowie das Nähere über die Beteiligung der Erziehungsberechtigten, insbesondere über die Elternversammlung, die Wahlen zu den Elternausschüssen sowie deren Aufgaben, Rechte und Pflichten zu regeln,
2.
Anforderungen an die Eignung und die Qualifikation von Kindertagespflegepersonen sowie deren Fortbildung und Begleitung, an die Organisation der Kindertagespflege einschließlich Arbeitsverhältnissen und die Ausstattung der Räume für die Kindertagespflege, die Voraussetzungen zur Erteilung der Erlaubnis zur Kindertagespflege nach § 43 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einschließlich der Voraussetzungen zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen sowie das Verfahren und die Voraussetzungen bei Nutzung gemeinsamer Räume durch mehrere Kindertagespflegepersonen festzulegen,
3.
im Einvernehmen mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Regelungen für Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Gesundheitsvorsorge zu treffen; dabei können unbeschadet der Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes auch ärztliche Untersuchungen vor der Aufnahme mit Überprüfung und Hinwirken auf die Komplettierung eines altersentsprechenden Impfschutzes nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut sowie ärztliche Untersuchungen durch den öffentlichen Gesundheitsdienst während des Aufenthaltes in Kindertageseinrichtungen oder in der Kindertagespflege vorgesehen werden. Insoweit wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
(3) Vor dem Erlass einer Rechtsverordnung nach diesem Gesetz sind insbesondere die kommunalen Spitzenverbände, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege, der Landesjugendhilfeausschuss, der Landeselternelternausschuss, die fachlich betroffenen Berufsverbände, die Selbstverwaltungsorgane der Wirtschaft (Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, Landwirtschaftskammer, Arbeitskammer) und die sonstigen Zusammenschlüsse von Trägern der freien Jugendhilfe, soweit sie von der Verordnung betroffen sind, anzuhören.

§ 14 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) § 13 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
(2) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Gleichzeitig tritt das Saarländische Kinderbetreuungs- und -bildungsgesetz vom 18. Juni 2008 (Amtsbl. S. 1254), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 19. Juni 2019 (Amtsbl. I S. 564), außer Kraft.
Markierungen
Leseansicht