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Verordnung zur Beschulung hochbegabter Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich Vom 10. August 2009

Verordnung zur Beschulung hochbegabter Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich Vom 10. August 2009
Zum 15.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 5 der Verordnung vom 1. Februar 2022 (Mittl.bl. BM M-V S. 6 / GVOBl. M-V S. 160)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Verordnung zur Beschulung hochbegabter Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich vom 10. August 200902.08.2009
Eingangsformel02.08.2009
§ 1 - Geltungsbereich01.10.2020
§ 2 - Diagnostische Verfahren01.10.2020
§ 3 - Ziele der Arbeit01.10.2020
§ 4 - Formen der Förderung01.10.2020
§ 5 - Klassen für hochbegabte Schülerinnen und Schüler01.10.2020
§ 5a - Regelungen aufgrund behördlicher Verfügung für den Regelunterricht mit Einschränkungen für das Schuljahr 2021/202205.02.2022
§ 6 - Inkrafttreten01.10.2020
Aufgrund des § 19 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4, des § 69 Nummer 12 bis 14 und des § 9 des Schulgesetzes vom 13. Februar 2006 (GVOBl. M-V S. 41), das zuletzt durch das Gesetz vom 16. Februar 2009 (GVOBl. M-V S. 241) geändert worden ist, verordnet das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Die Verordnung gilt für alle Schülerinnen und Schüler, die durch ein oder mehrere den geltenden wissenschaftlichen und testtheoretischen Standards genügenden Intelligenztestverfahren als hochbegabt diagnostiziert wurden.
(2) Die Förderung hochbegabter Schülerinnen und Schüler erfolgt in der Grundschule auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift „Die Arbeit in der Grundschule“ in der jeweils geltenden Fassung, insbesondere unter der Maßgabe, Hochbegabungen zu entdecken und mit gezielten additiven und zeitverkürzenden Maßnahmen eine weiterführende Förderung im Sekundarbereich vorzubereiten.
(3) Die individuelle Förderung hochbegabter Schülerinnen und Schüler ab der Jahrgangsstufe 5 ist der Auftrag aller Schulen.
(4) Schulen, die die Hochbegabtenförderung als besonderen Schwerpunkt oder als spezifisches Schulprofil in ihr Schulprogramm aufnehmen und über entsprechende Praxiserfahrungen verfügen, können durch die zuständige Schulbehörde in ein regionales Netzwerk Hochbegabtenförderung aufgenommen werden. Die Gymnasien gemäß § 5 Absatz 1 nehmen die Aufgaben von Leitschulen wahr und arbeiten als Kompetenzzentren mit anderen Schulen zusammen.
(5) Das Netzwerk dient der Kooperation, Kommunikation, Fortbildung sowie dem Ressourcenaustausch.

§ 2 Diagnostische Verfahren

(1) Die Diagnostik erfolgt durch den Zentralen Fachbereich für Diagnostik und Schulpsychologie der zuständigen Schulbehörde.
(2) Im Rahmen einer einheitlichen Diagnostik wird der jeweilige Förderbedarf der Schülerinnen und Schüler festgestellt und eine geeignete Form der Förderung empfohlen.
(3) Das Gesamtverfahren der einheitlichen Diagnostik einer Hochbegabung und die Zugangsvoraussetzungen für die Klassen gemäß § 4 Absatz 2 Nummer 2 werden gesondert geregelt.

§ 3 Ziele der Arbeit

(1) Die Förderung der Schülerinnen und Schüler ist auf die Stärkung der Bereiche, in denen sie in besonderem Maße leistungsfähig sind, ausgerichtet. Sie kann dem Abbau noch bestehender Defizite in anderen Bereichen durch zielgerichtete, strukturierte oder sonderpädagogische Maßnahmen dienen.
(2) Um den hochbegabten Schülerinnen und Schülern eine frühzeitige Studienorientierung zu ermöglichen, ist die Kooperation mit außerschulischen Partnern, wie zum Beispiel Hochschulen, Unternehmen und Verbänden, ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit der Schulen.

§ 4 Formen der Förderung

(1) Die Grundlage der Förderung ist ein individueller Förderplan, der durch die Klassenlehrerin oder den Klassenlehrer in Zusammenarbeit mit der Klassenkonferenz gemäß § 78 Absatz 5 des Schulgesetzes entwickelt wird. Die darin festgelegten Maßnahmen sind mit den Erziehungsberechtigten sowie den Schülerinnen und Schülernn zu besprechen. Der Förderplan ist mindestens halbjährlich fortzuschreiben und bei Schul- oder Schulortwechsel in Abstimmung mit den Erziehungsberechtigten der aufnehmenden Schule als Dokumentation der Förderung zu übergeben.
(2) Formen der Förderung sind derzeit vor allem:
1.
Integrative Förderung in allen Schulen,
2.
Klassen für kognitiv hochbegabte Schülerinnen und Schüler gemäß § 5.
(3) Im Unterricht sind unter anderem folgende pädagogische Maßnahmen zu nutzen:
1.
Förderung der individuellen Stärken und Potenziale der Schülerinnen und Schüler,
2.
Förderung des selbstständigen Arbeitens und der Teamfähigkeit der Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Unterrichts durch fächer- und jahrgangsstufenübergreifende Projekte,
3.
Enrichment durch ein zusätzliches Fächerangebot, durch freiwillige Kurse oder Wahlpflichtkurse; Teilnahme am Unterricht höherer Jahrgangsstufen,
4.
Akzelerationsprogramme, die den Schülerinnen und Schülern mit hohem Lernvermögen ein rascheres Durchlaufen der Schulzeit gestatten,
5.
Bearbeitung wissenschaftlicher Themen über einen längerfristig vereinbarten Zeitraum in Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern,
6.
Intensive Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten für eine optimale individuelle Förderung,
7.
Teilnahme an landes- und bundesweiten Wettbewerben (zum Beispiel Mathematik-, Physik-, Chemie-, Informatik-Olympiaden, Jugend forscht, Fremdsprachen).

§ 5 Klassen für hochbegabte Schülerinnen und Schüler

(1) Ab Jahrgangsstufe 5 können gemäß § 19 Absatz 3 des Schulgesetzes überregionale Klassen an jeweils einem ausgewählten Gymnasium pro Schulamtsbereich eingerichtet werden.
(2) Die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern in eine dieser Klassen erfolgt immer zur Förderung spezieller Fähigkeiten und Interessen.
(3) Erziehungsberechtigte, die für ihre Kinder die Aufnahme in eine Klasse zur Förderung hochbegabter Schülerinnen und Schüler beantragen, weisen deren besondere intellektuelle Leistungsfähigkeit mit einem schulpsychologischen Befund nach, der auf der Grundlage eines oder mehrerer, den jeweils geltenden wissenschaftlichen und testtheoretischen Standards genügenden Testverfahren erstellt wurde. Der Befund berücksichtigt neben den Testergebnissen aktuelle Einschätzungen der Grundschule sowie weitere schülerbezogene Unterlagen. Er beinhaltet eine Empfehlung über die Form der Förderung.
(4) Durch die zuständige Schulbehörde wird eine Kommission für die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern in die Jahrgangsstufe 5 gebildet, die aus einer Vertreterin oder einem Vertreter der zuständigen Schulbehörde, der Schulleiterin oder dem Schulleiter, einer Schulpsychologin oder einem Schulpsychologen, der Koordinatorin oder dem Koordinator der Hochbegabtenklassen sowie einer Referentin oder einem Referenten der obersten Schulbehörde oder einer von ihr oder ihm bestimmten Vertretung besteht. Die Vertreterin oder der Vertreter der zuständigen Schulbehörde übernimmt den Vorsitz. Die Kommission prüft auf Grundlage des schulpsychologischen Befundes die Möglichkeit einer integrativen Förderung oder entscheidet über die Aufnahme der getesteten Schülerinnen und Schüler, die das Kriterium einer allgemeinen kognitiven Hochbegabung erfüllen. Bei Unstimmigkeiten entscheidet die oder der Vorsitzende.
(5) Bei der Entscheidung der Kommission über die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern werden neben dem schulpsychologischen Befund die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schülerin oder des Schülers (Sach-, Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenz) und weitere aktuelle Gutachten oder Befunde und die gemäß Absatz 8 erforderliche Anerkennung der Arbeitsweisen der Schule durch die Erziehungsberechtigten berücksichtigt.
(6) Die Entscheidung über die Aufnahme in die Jahrgangsstufe 5 wird den Erziehungsberechtigten schriftlich durch die Schule spätestens bis zum fünften Arbeitstag des Monats Februar mitgeteilt.
(7) Bei einer Aufnahme von Schülerinnen und Schülernn nach der Orientierungsstufe erfolgt eine entsprechende Eignungsfeststellung gemäß Absatz 3. Die Anforderungen sind der jeweiligen Jahrgangsstufe entsprechend anzuwenden. Über die Aufnahme entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter auf der Grundlage der Absätze 3 bis 5.
(8) Die Schülerinnen und Schüler können nur dann an einem der gemäß Absatz 1 eingerichteten Gymnasien aufgenommen werden, wenn die Erziehungsberechtigten die besonderen Ziele und Arbeitsweisen der Schule anerkannt
haben.
(9) Schülerinnen und Schüler, die auf der Grundlage der Entscheidung gemäß den Absätzen 4, 5 und 7 in eine Hochbegabtenklasse aufgenommen wurden, verbleiben im Rahmen der bestehenden Regelungen der Schularten bis zum Erreichen des bildungsgangbezogenen Schulabschlusses an dieser Schule. Ausnahmen regelt Absatz 16.
(10) Die Leitschulen gemäß Absatz 1 beraten und unterstützen die beteiligten Schulen im jeweiligen Schulamtsbereich. Um den hochbegabten Schülerinnen und Schülern eine qualifizierte Bildung und Erziehung zu ermöglichen, arbeiten sie mit anderen geeigneten Institutionen, Verbänden, Vereinen, mit dem Zentralen Fachbereich für Diagnostik und Schulpsychologie und besonders mit den Erziehungsberechtigten zusammen.
(11) Erforderliche sonderpädagogische Förderbedarfe müssen auf der Grundlage des § 34 Absatz 2 des Schulgesetzes und der Rechtsverordnung aufgrund des § 34 Absatz 9 Nummer 1 des Schulgesetzes festgestellt werden. Die Förderpläne sind individuell, bei Bedarf unter Einbeziehung einer Sonderpädagogin oder eines Sonderpädagogen, auszugestalten.
(12) Die Schule erarbeitet auf der Grundlage der Stundentafel eine spezifische, schulinterne Stundentafel.
(13) Die durch die Schule festgelegten besonderen Formen der Unterrichtsorganisation werden auf der Grundlage der Unterrichtsversorgungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung geplant.
(14) Die in diesen Klassen unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer verfügen über Unterrichtserfahrungen im gymnasialen Bildungsgang und sichern eine gezielte und kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Zentralen Fachbereich für Diagnostik und Schulpsychologie sowie spezialisierten Einrichtungen.
(15) Für die pädagogische Arbeit und die Zusammenarbeit mit den anderen Schulen, geeigneten Institutionen, Verbänden, Vereinen, mit dem Zentralen Fachbereich für Diagnostik und Schulpsychologie, mit den Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen sowie den Erziehungsberechtigten wird für die Hochbegabtenklassen an der Schule eine Koordinatorin oder ein Koordinator eingesetzt. Sie oder er ist den Koordinatorinnen oder Koordinatoren für schulfachliche Aufgaben gleichgestellt.
(16) Eine Schülerin oder ein Schüler muss nach begründeter Entscheidung der Klassenkonferenz sowie nach Anhörung und Beratung der Erziehungsberechtigten die jeweilige Klasse verlassen, wenn bei ihr oder ihm im Rahmen der Hochbegabtenförderung eine mangelnde Leistungsentwicklung oder mangelnder Leistungswille festzustellen sind. Zur Vorbereitung ihrer Entscheidung erfolgt eine Beratung der Klassenkonferenz mit dem Zentralen Fachbereich für Diagnostik und Schulpsychologie. Kann die Schülerin oder der Schüler die entsprechenden Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, erfolgt die Überweisung in eine andere Klasse oder Schule im gleichen Bildungsgang.

§ 5a Regelungen aufgrund behördlicher Verfügung für den Regelunterricht mit Einschränkungen für das Schuljahr 2021/2022

*)
(1) Aufgrund behördlicher Verfügung findet in den Schulen des Landes Regelunterricht mit Einschränkungen statt. Die Regelungen der Verordnung werden unter Maßgabe der in den folgenden Absätzen genannten Änderungen für alle Schülerinnen und Schüler, die im Schuljahr 2021/2022 die Aufnahme in eine überregionale Förderklasse für die Beschulung von diagnostiziert kognitiv Hochbegabten anstreben, angewendet. Diese Regelungen gelten längstens bis zum 31. Juli 2022.
(2) Abweichend von § 5 Absatz 6 kann die Entscheidung über die Aufnahme in die Jahrgangsstufe 5 den Erziehungsberechtigten durch die Schule spätestens bis fünf Arbeitstage vor Ablauf des Monats Februar mitgeteilt werden. Dieser Termin kann in begründeten Einzelfällen und in Abstimmung mit der obersten Schulbehörde auf einen späteren Zeitpunkt des laufenden Schuljahres verschoben werden.
Fußnoten
*)
[Red. Anm.: Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Sechsten Verordnung zu Änderungen im Schulrecht infolge des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (Mittl.bl. BM M-V 2022 S. 6) gilt: „Es gelten die Regelungen der Fünften Verordnung zu Änderungen im Schulrecht infolge des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 vom 29. Juli 2021 bis zum 31.07.2022 weiter fort.”]

§ 6 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 2. August 2009 in Kraft.
Schwerin, den 10. August 2009
Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Henry Tesch
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