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Hamburgisches Bildungsurlaubsgesetz Vom 21. Januar 1974

Hamburgisches Bildungsurlaubsgesetz Vom 21. Januar 1974
Zum 14.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 15. Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 444, 448)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Hamburgisches Bildungsurlaubsgesetz vom 21. Januar 197401.01.2004
Eingangsformel01.01.2004
§ 1 - Grundsatz01.01.2004
§ 2 - Geltungsbereich01.01.2004
§ 3 - Freistellungsanspruch01.01.2004
§ 4 - Dauer der Freistellung01.01.2004
§ 5 - Anrechenbarkeit anderweitiger Freistellungsansprüche01.01.2004
§ 6 - Wartezeit01.01.2004
§ 7 - Zeitpunkt der Freistellung01.01.2004
§ 8 - Übertragung des Freistellungsanspruchs01.01.2004
§ 9 - Gewährung der Freistellung01.01.2004
§ 10 - Ausschluss von Doppelansprüchen01.01.2004
§ 11 - Verbot der Erwerbstätigkeit01.01.2004
§ 12 - Erkrankung01.01.2004
§ 13 - Fortzahlung des Arbeitsentgelts01.01.2004
§ 14 - Verbot der Benachteiligung01.01.2004
§ 15 - Anerkennung von Bildungsveranstaltungen28.12.2009
§ 16 - Übergangsvorschrift01.01.2004
§ 17 - Unabdingbarkeit01.01.2004
§ 18 - Inkrafttreten01.01.2004
Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft beschlossene Gesetz:

§ 1 Grundsatz

(1) Durch ihre Freistellung von der Arbeit nach Maßgabe dieses Gesetzes soll Arbeitnehmern die Teilnahme an anerkannten Veranstaltungen sowohl der politischen Bildung als auch der beruflichen Weiterbildung und zur Qualifizierung für die Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten ermöglicht werden.
(2) Politische Bildung soll die Fähigkeit der Arbeitnehmer fordern, politische Zusammenhänge zu beurteilen und politische und gesellschaftliche Aufgaben wahrzunehmen.
(3) Berufliche Weiterbildung soll den Arbeitnehmern dazu verhelfen, ihre berufliche Qualifikation und Mobilität zu erhalten, zu verbessern oder zu erweitern.
(4) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Bereiche der ehrenamtlichen Tätigkeit festzusetzen, für deren Vorbereitung Freistellungen zu gewähren sind.

§ 2 Geltungsbereich

1
Dieses Gesetz findet Anwendung auf alle Arbeiter und Angestellten sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (Arbeitnehmer), deren Arbeitsverhältnisse ihren Schwerpunkt in Hamburg haben.
2
Den Arbeitnehmern werden die in Werkstätten für Behinderte Beschäftigten gleichgestellt.

§ 3 Freistellungsanspruch

Jeder Arbeitnehmer kann innerhalb eines Zeitraumes von zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren Freistellung von der Arbeit zur Teilnahme an anerkannten Bildungsveranstaltungen beanspruchen.

§ 4 Dauer der Freistellung

1
Die Dauer der Freistellung, die ein Arbeitnehmer innerhalb von zwei Kalenderjahren beanspruchen kann, beträgt zehn Arbeitstage.
2
Wird regelmäßig an mehr als fünf Tagen in der Woche gearbeitet, so beträgt die Freistellungsdauer zwölf Werktage.

§ 5 Anrechenbarkeit anderweitiger Freistellungsansprüche

(1) Freistellungen zur Teilnahme an Bildungsveranstaltungen, die auf anderen Gesetzen, tarifvertraglichen Vereinbarungen, betrieblichen Vereinbarungen und Einzelverträgen beruhen, können auf den Freistellungsanspruch nach diesem Gesetz nur dann angerechnet werden, wenn sie dem Arbeitnehmer uneingeschränkt die Erreichung eines der in § 1 dieses Gesetzes niedergelegten Ziele ermöglichen und wenn in den betreffenden Vereinbarungen oder Verträgen die Anrechenbarkeit ausdrücklich vorgesehen ist.
(2) Die Zeit, für die der Arbeitnehmer nach diesem Gesetz von der Arbeit freigestellt wird, darf auf den gesetzlichen, tariflichen oder durch Arbeitsvertrag vereinbarten Erholungsurlaub nicht angerechnet werden.

§ 6 Wartezeit

1
Ein Arbeitnehmer erwirbt den vollen Freistellungsanspruch für den laufenden Zweijahreszeitraum im Sinne von § 3 erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen seines Arbeitsverhältnisses.
2
Teilansprüche können nicht erworben werden.

§ 7 Zeitpunkt der Freistellung

(1)
1
Der Zeitpunkt der Freistellung richtet sich nach den Wünschen des Arbeitnehmers.
2
Die Inanspruchnahme und die zeitliche Lage der Freistellung sind dem Arbeitgeber so frühzeitig wie möglich, in der Regel sechs Wochen vor Beginn der Freistellung, mitzuteilen.
(2) Die Freistellung zu dem vom Arbeitnehmer beantragten Zeitpunkt kann nur abgelehnt werden, wenn zwingende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.
(3)
1
Pädagogisches Personal an Schulen und Hochschullehrer können die Freistellung grundsätzlich nur während der unterrichtsfreien Zeit in Anspruch nehmen.
2
Im Übrigen gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

§ 8 Übertragung des Freistellungsanspruchs

(1) Ist dem Arbeitnehmer innerhalb des laufenden Zweijahreszeitraums die Freistellung gemäß § 7 Absatz 2 nicht gewährt worden, so ist der Freistellungsanspruch auf das darauf folgende Kalenderjahr, soweit er sich auf die Teilnahme an Veranstaltungen der beruflichen Weiterbildung richtet, auf den folgenden Zweijahreszeitraum zu übertragen.
(2)
1
Hat der Arbeitnehmer innerhalb des laufenden Zweijahreszeitraums die Freistellung nicht ausgeschöpft, so ist der nicht verbrauchte Freistellungsanspruch auf den folgenden Zweijahreszeitraum zu übertragen, wenn er zur Teilnahme an Veranstaltungen der beruflichen Weiterbildung mit anerkanntem Zertifikatsabschluss verwendet wird.
2
Über die zeitliche Lage einer Freistellung von mehr als zehn Arbeitstagen ist zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber Einvernehmen herzustellen.

§ 9 Gewährung der Freistellung

(1)
1
Freistellung soll nur für anerkannte Bildungsveranstaltungen gewährt werden, die in der Regel an mindestens fünf, in Ausnahmefällen an mindestens drei aufeinander folgenden Tagen stattfinden.
2
Wenn die Art der Bildungsveranstaltung es erfordert, kann Freistellung innerhalb eines Zeitraumes von höchstens zehn Wochen für jeweils einen Tag in der Woche gewährt werden.
(2)
1
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber auf Verlangen die Anmeldung zur Bildungsveranstaltung und die Teilnahme an der Bildungsveranstaltung nachzuweisen.
2
Die für den Nachweis erforderlichen Bescheinigungen sind dem Arbeitnehmer vom Träger der Bildungsveranstaltung kostenlos auszustellen.

§ 10 Ausschluss von Doppelansprüchen

(1) Der Anspruch auf Freistellung besteht nicht, soweit dem Arbeitnehmer für den laufenden Zweijahreszeitraum im Sinne von § 3 bereits von einem früheren Arbeitgeber Freistellung gewährt worden ist.
(2) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer auf Verlangen eine Bescheinigung über die im laufenden Zweijahreszeitraum gewährte Freistellung auszustellen.

§ 11 Verbot der Erwerbstätigkeit

Während der Freistellung darf der Arbeitnehmer keine dem Zweck dieses Gesetzes zuwiderlaufende Erwerbstätigkeit ausüben.

§ 12 Erkrankung

Erkrankt ein Arbeitnehmer während der Freistellung, so wird bei Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch ärztliches Zeugnis die Zeit der Arbeitsunfähigkeit auf den Freistellungsanspruch nicht angerechnet.

§ 13 Fortzahlung des Arbeitsentgelts

(1)
1
Für die Zeit, in der der Arbeitnehmer zur Teilnahme an anerkannten Bildungsveranstaltungen freigestellt ist, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das durchschnittliche Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor Beginn der Freistellung erhalten hat, fortzuzahlen.
2
Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraumes oder der Freistellung eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen.
3
Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben bei der Berechnung außer Betracht.
4
Soweit tarifvertragliche Regelungen über die Berechnung des Entgelts für den Erholungsurlaub bestehen, sind sie an Stelle der vorstehenden Regelung entsprechend anzuwenden.
(2) Hat ein Arbeitnehmer nach erfüllter Wartezeit die gesamte ihm im laufenden Zweijahreszeitraum zustehende Freistellung beansprucht und ist das Arbeitsverhältnis vor Ablauf dieses Zweijahreszeitraumes beendet worden, so kann der Arbeitgeber eine teilweise Rückzahlung des für die Freistellung gezahlten Arbeitsentgelts nicht verlangen.
(3)
1
Der Arbeitnehmer muss sich auf das Arbeitsentgelt denjenigen Betrag anrechnen lassen, den er wegen seiner Teilnahme an der Bildungsveranstaltung von dem Bildungsträger oder von anderer Seite als Beihilfe oder Zuschuss auf Grund anderer Bestimmungen erhalten hat.
2
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich um derartige Beihilfen und Zuschüsse zu bemühen.
(4) Ausgenommen von der Anrechnung nach Absatz 3 Satz 1 bleiben Beträge, die der Arbeitnehmer als Entschädigung entstandener Auslagen, insbesondere für Fahrkosten, erhalten hat.
(5) Entfällt gemäß Absatz 3 Satz 1 infolge der Anrechnung anderweitiger Beträge die Fortzahlung des Arbeitsentgelts ganz oder teilweise, so wird dadurch die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterentrichtung der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung nach der Höhe des Arbeitsentgelts gemäß Absatz 1 nicht berührt.

§ 14 Verbot der Benachteiligung

Arbeitnehmer, die die Freistellung zur Teilnahme an Bildungsveranstaltungen in Anspruch nehmen, dürfen deswegen nicht benachteiligt werden.

§ 15 Anerkennung von Bildungsveranstaltungen

(1) Freistellung im Sinne dieses Gesetzes kann nur für Bildungsveranstaltungen beansprucht werden, die von der zuständigen Behörde oder in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland nach mit den Bestimmungen dieses Gesetzes inhaltlich übereinstimmenden Kriterien anerkannt sind.
(2)
1
Die Anerkennung setzt voraus, dass es sich um Veranstaltungen im Sinne des § 1 dieses Gesetzes handelt und dass die Veranstalter die Bildungsveranstaltungen selbst planen und durchführen sowie hinsichtlich ihrer Einrichtungen und materiellen Ausstattung, ihrer Lehrkräfte und ihrer Bildungsziele eine sachgemäße Bildung gewährleisten.
2
Die Ziele der Veranstalter und der Bildungsveranstaltungen müssen mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes im Einklang stehen,
(3) Die Anerkennung kann versagt oder zurückgenommen werden, wenn der Veranstalter wiederholt schuldhaft gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes und daraus erwachsene Verpflichtungen verstoßen hat.
(4) Die zur Ausführung der Absätze 1 und 2 notwendigen Vorschriften erlässt der Senat durch Rechtsverordnung.
(5) Das Verfahren für die Anerkennung nach den Absätzen 1 und 2 kann über den Einheitlichen Ansprechpartner Hamburg abgewickelt werden. Es gelten die Bestimmungen des § 42a und der §§ 71a bis 71e des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 9. November 1977 (HmbGVBl. S. 333, 402), zuletzt geändert am 15. Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 444, 449), in der jeweils geltenden Fassung, über die Genehmigungsfiktion sowie das Verfahren über die einheitliche Stelle.

§ 16 Übergangsvorschrift

(1) Für Arbeitnehmer, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits seit Jahresanfang in einem Arbeitsverhältnis stehen, gilt das Jahr des Inkrafttretens als erstes Kalenderjahr des Zweijahreszeitraumes im Sinne von § 3.
(2) Für Arbeitnehmer, die erst nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Arbeitsverhältnis eingehen, gilt das darauf folgende Kalenderjahr als das erste Jahr des Zweijahreszeitraumes im Sinne von § 3.

§ 17 Unabdingbarkeit

Von den vorstehenden Bestimmungen darf nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

§ 18 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. April 1974 in Kraft.
Ausgefertigt Hamburg, den 21. Januar 1974.
Der Senat
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