PolderO
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Verordnung über private Hochwasserschutzanlagen (Polderordnung - PolderO) Vom 13. Dezember 1977

Verordnung über private Hochwasserschutzanlagen (Polderordnung - PolderO) Vom 13. Dezember 1977
1)
Zum 14.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: § 2 geändert, Überschrift ergänzt durch Rechtsvorschrift vom 3. Februar 1981 (HmbGVBL. S. 28)
Fußnoten
1)
Überschrift ergänzt 3. 2. 1981 (HmbGVBl. S. 28)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Verordnung über private Hochwasserschutzanlagen (Polderordnung - PolderO) vom 13. Dezember 197701.01.2004
Eingangsformel01.01.2004
Erster Teil - Einleitende Vorschriften01.01.2004
§ 1 - Geltungsbereich01.01.2004
§ 2 - Begriffsbestimmungen01.01.2004
Zweiter Teil - Bauvorschriften01.01.2004
§ 3 - Verhältnis zum allgemeinen Baurecht01.01.2004
§ 4 - Kronenhöhe und Überlaufsicherung von Hochwasserschutzanlagen01.01.2004
§ 5 - Kronenbreite von Erddeichen01.01.2004
§ 6 - Böschungsneigungen01.01.2004
§ 7 - Abdeckung von Deichen und Warften01.01.2004
§ 8 - Begrünung01.01.2004
§ 9 - Hochwasserschutzwände01.01.2004
§ 10 - Anschlüsse von Hochwasserschutzwänden an Deiche01.01.2004
§ 11 - Verteidigungswege01.01.2004
§ 12 - Überfahrten, Übergänge01.01.2004
§ 13 - Gatts01.01.2004
§ 14 - Kreuzung von Leitungen mit Hochwasserschutzanlagen01.01.2004
§ 15 - Entwässerung und Entlüftung von Hochwasserschutzanlagen01.01.2004
§ 16 - Fluchtmöglichkeiten01.01.2004
§ 17 - Sicherung der Hochwasserschutzwände und Deiche01.01.2004
§ 18 - Hochwasserschutzwände und Deiche ohne Schutzstreifen01.01.2004
§ 19 - Bestandsverzeichnis01.01.2004
Dritter Teil - Betriebs- und Unterhaltungsvorschriften01.01.2004
§ 20 - Allgemeines01.01.2004
§ 21 - Unterhaltungsplan01.01.2004
§ 22 - Interne Schau01.01.2004
§ 23 - Hochwasserschutzbeauftragter01.01.2004
§ 24 - Höhenkontrolle01.01.2004
§ 25 - Unterhaltung von beweglichen Einrichtungen01.01.2004
§ 26 - Unterhaltung von Entwässerungseinrichtungen von Hochwasserschutzanlagen01.01.2004
Vierter Teil - Verteidigung und Verteidigungsvorsorge01.01.2004
§ 27 - Verteidigungsplan01.01.2004
§ 28 - Einsatzleitung01.01.2004
§ 29 - Übungen01.01.2004
§ 30 - Höhenangabe01.01.2004
Fünfter Teil - Bußgeldvorschriften01.01.2004
§ 31 - Verbotene Handlungen01.01.2004
§ 32 - Ordnungswidrigkeiten01.01.2004
Sechster Teil - Schlussvorschriften01.01.2004
§ 33 - Befreiungen und Ausnahmen01.01.2004
§ 34 - Hochwasserschutzanlagen an nicht tideoffenen Gewässern01.01.2004
§ 35 - Übergangsvorschrift01.01.2004
Auf Grund des § 61 des Hamburgischen Wassergesetzes - HWaG - vom 20. Juni 1960 mit
den Änderungen vom 29. April 1964 und 29. November 1977 (Hamburgisches
Gesetz- und Verordnungsblatt 1960 Seite 335, 1964 Seite 79 und 1977 Seite 363) wird verordnet:

Erster Teil Einleitende Vorschriften

§ 1 Geltungsbereich

Diese Verordnung gilt für private Hochwasserschutzanlagen.

§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) ¹Hochwasserschutzanlagen im Sinne dieser Verordnung sind Deiche und andere Anlagen, die statt eines Deiches dem Schutz
gegen Hochwasser zu dienen bestimmt sind. ²Zur Hochwasserschutzanlage
gehören, soweit nicht in einem festgestellten Plan oder in einer Genehmigung
(§ 55 HWaG) etwas anderes bestimmt ist,
1.
die Grundfläche, auf der die Anlage ruht, einschließlich der Außen- und Binnenberme und der
Schutzstreifen,
2.
der Körper der Anlage,
3.
das Zubehör und die zum Schutz der Anlage errichteten Werke.
³Zur Hochwasserschutzanlage im Sinne dieser Verordnung gehören
auch die Verteidigungswege.
(2) Andere Anlagen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sind insbesondere
Hochwasserschutzwände, Warften (flächenhafte Aufhöhungen zum
Zweck des Hochwasserschutzes), Sperrwerke und Sperrtore sowie in den Hochwasserschutzlinien
liegende Bauwerke und Bauwerksteile von Schleusen, Schöpfwerken, Deichsielen,
Brücken, Gebäuden und Straßen- und Bahndämmen.
(3) ¹Polder im Sinne dieser Verordnung sind Geländeflächen,
die durch Hochwasserschutzanlagen gesichert sind, ausgenommen Warften. ²Als
Polder gelten auch einzelne Gebäude, die von der zuständigen Behörde
den Poldern gleichgestellt wurden. ³Die Gleichstellung kann für
einzelne durch Hochwasserschutzanlagen gesicherte Gebäude ausgesprochen
werden, die im Hinblick auf Geländehöhe, Flächengröße
und Bauart einen den geschützten Geländeflächen vergleichbaren
Unterhaltungs- und Verteidigungsaufwand erfordern.
(4) ¹Private Hochwasserschutzanlagen im Sinne dieser
Verordnung sind alle Hochwasserschutzanlagen, die nicht nach § 4 a HWaG im
öffentlichen Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg stehen. ²Die
Eigentümer können natürliche Personen, juristische Personen,
Gesellschaften oder sonstige Zusammenschlüsse des privaten oder öffentlichen
Rechts sein.

Zweiter Teil Bauvorschriften

§ 3 Verhältnis zum allgemeinen Baurecht

Soweit diese Verordnung keine abweichenden Anforderungen stellt,
bleiben die bauordnungsrechtlichen Vorschriften, insbesondere auch § 3 Absatz 2 der Hamburgischen Bauordnung - HBauO - vom 10. Dezember 1969
(Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 249) in der jeweils geltenden
Fassung, unberührt.

§ 4 Kronenhöhe und Überlaufsicherung von Hochwasserschutzanlagen

(1) ¹Die Kronenhöhe soll der Sollhöhe der nächstliegenden öffentlichen Hochwasserschutzanlage entsprechen. ²Mit
Rücksicht auf örtliche Besonderheiten können Sicherheitszuschläge
verlangt werden.
(2) Hochwasserschutzanlagen sind so auszubilden, dass sie auch
bei Wasserständen, die höher als die Krone der Anlage ansteigen,
einem kurzzeitigen Überlaufen standhalten können.

§ 5 Kronenbreite von Erddeichen

¹Die Breite der Krone auf Erddeichen soll 2 m betragen;
sie darf 1,5 m nicht unterschreiten. ²Befindet sich ein Verteidigungsweg
auf der Krone, muss die Kronenbreite mindestens 5 m betragen.

§ 6 Böschungsneigungen

(1) Die Böschungsneigungen von Deichen und Warften dürfen
nicht steiler als 1: 3 (Höhe: Basis) sein.
(2) Ausnahmsweise kann die Wasserbehörde eine Böschungsneigung
von 1: 2 zulassen.

§ 7 Abdeckung von Deichen und Warften

¹Deiche müssen entweder mit einer Kleiabdeckung, landseitig mindestens 1 m, wasserseitig einschließlich Krone mindestens
1,3 m stark, oder mit einer Asphaltdecke nach hydrostatischen Berechnungen
versehen sein. ²Die Böschungen von Warften sind mit einer
den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Kleiabdeckung oder Asphaltdecke
zu sichern.

§ 8 Begrünung

Für die Grasnarbe von Deichen und Warftböschungen sind nur Deichsaatmischungen zu verwenden.

§ 9 Hochwasserschutzwände

Für die Bemessung und konstruktive Ausbildung von Hochwasserschutzwänden
gilt insbesondere Folgendes:
1.
Beim Ansatz für den hydrostatischen Wasserdruck sind je nach der Kronenhöhe der Hochwasserschutzanlage Überströmungen
zu berücksichtigen.
2.
Der mögliche Anprall von Treibgut ist bei Stahlspundwänden 30 kN (3 Mp), bei Stahlbetonwänden je nach
örtlicher Gegebenheit mit 30 kN (3 Mp) bis 90 kN (9 Mp) zu berücksichtigen.
3.
Zur Sicherung gegen hydraulischen Grundbruch ist ein hydraulisches Gefälle von 1: 4 einzuhalten.
4.
Beiderseits von Hochwasserschutzwänden im Sinne des § 18 ist
für die Sicherheit gegen hydraulischen Grundbruch eine Aufgrabetiefe
von mindestens 1,5 m zu berücksichtigen.
5.
Die Blechstärken müssen in allen Querschnitten mindestens 9 mm betragen. Im Boden kann die Blechstärke
bis auf 6 mm verringert werden, wenn folgende zusätzliche Forderungen
erfüllt sind:
a)
Nachweis der Schlossdichtigkeit bis mindestens 1,5 m unter Gelände und
b)
dauerhafter Korrosionsschutz bis mindestens 1 m unter Gelände.

§ 10 Anschlüsse von Hochwasserschutzwänden an Deiche

Die Anschlussstelle zwischen Schutzwand und Deich ist gegen
Umläufigkeit und Ausspülung zu sichern.

§ 11 Verteidigungswege

(1) ¹Die Hochwasserschutzanlagen sind mit Verteidigungswegen
zu versehen. ²Das gilt nicht für Warften.
(2) Verteidigungswege können zu anderen Zwecken als zur Unterhaltung
und Verteidigung der Hochwasserschutzanlage mitbenutzt werden, wenn damit
ihre wesentliche Zweckbestimmung nicht in Frage gestellt wird.
(3) ¹Sie sind an der Landseite der Hochwasserschutzanlage
anzuordnen. ²Ausnahmsweise kann die Wasserbehörde zulassen,
dass die Verteidigungswege auf die Krone von Erddeichen gelegt werden.
(4) ¹Verteidigungswege müssen eine geschlossene, ausreichend tragfähige Decke aufweisen und stets in einem verkehrssicheren
Zustand sein. ²Sie müssen ein Quergefälle zur Landseite
haben.
(5) Sie dürfen vom 15. September bis 15. April in ihrer Funktionsfähigkeit
nicht beeinträchtigt werden, insbesondere nicht durch Absperrungen unterbrochen
werden, ohne dass die rechtzeitige Eröffnung des Durchganges sichergestellt
ist.
(6) Ist die Anlegung von Verteidigungswegen mit einem unangemessen
hohen Aufwand verbunden, kann die Wasserbehörde Ausnahmen zulassen.

§ 12 Überfahrten, Übergänge

(1) Überfahrten und Übergänge sind zur Gewährleistung
ausreichender Sicherheit in Asphaltbauweise oder mit einer anderen flexiblen
Decke auf einem dem zu erwartenden Verkehr angepassten Unterbau herzustellen.
(2) An Hochwasserschutzwänden sind Übersteigleitern
neben Gatts und bei Leitungsschiebern anzuordnen.

§ 13 Gatts

(1) ¹Durchfahrten oder Durchgänge (Gatts) sind zulässig, wenn andere Lösungen technisch nicht durchführbar
oder mit einem unangemessen hohen Aufwand verbunden sind. ²Bei
mehreren Öffnungen ist eine gleichartige Ausbildung mit einem einheitlichen
Verschlusssystem anzustreben.
(2) ¹Der Drempel der Durchfahrten und Durchgänge von öffentlichen Wegen ist mindestens 0,5 m über dem die Hochwasserschutzanlage
umgebenden Gelände anzuordnen und den Verhältnissen angepasst anzurampen. ²Diese
Regelung ist auch bei nicht öffentlichen Wegen anzustreben. ³Von
den Anforderungen des Satzes 1 kann die Wasserbehörde Ausnahmen zulassen.
(3) ¹Gattverschlüsse mit Motorantrieb müssen einen Reserveantrieb aufweisen. ²Schlüssel für Gattverschlüsse
und ihre Antriebe sind so in unmittelbarer Nähe des Gatts aufzubewahren,
dass sie im Notfall ohne Schwierigkeiten erreichbar sind.

§ 14 Kreuzung von Leitungen mit Hochwasserschutzanlagen

(1) ¹Unterirdische Leitungskreuzungen sind nur dann
zulässig, wenn oberirdische Überführungen technisch nicht durchführbar
oder mit einem unangemessen hohen Aufwand verbunden sind. ²Unterirdische
Leitungen sind nach Möglichkeit zu bündeln und in jedem Fall gegen
Umläufigkeit, unterschiedliche Setzungen und Korrosion zu sichern.
(2) ¹Jede Rohrleitung ist durch zwei Schieber abzusperren. ²Die
Wasserbehörde kann Ausnahmen zulassen.

§ 15 Entwässerung und Entlüftung von Hochwasserschutzanlagen

Unter der Hochwasserschutzanlage durchsickerndes Wasser und
Luftüberdruck sind auf der Landseite durch geeignete Einrichtungen zu
entspannen und abzuleiten.

§ 16 Fluchtmöglichkeiten

(1) ¹Polder sind mit Fluchtplattformen oder Schutzräumen
in ausreichender Größe mit einer Fußbodenhöhe von mindestens
7,5 m über Normal-Null (NN) zu versehen. ²Die Fluchtwege zu
diesen Plattformen oder Räumen sind durch entsprechende Schilder zu kennzeichnen.
(2) ¹Auf den Fluchtplattformen und in den Schutzräumen
müssen Rettungsgeräte und Mittel für Erste Hilfe bereitgehalten
werden. ²Es müssen bauliche Vorkehrungen getroffen werden,
damit hilfsbedürftige Personen von außen geborgen werden können.

§ 17 Sicherung der Hochwasserschutzwände und Deiche

(1) Beiderseits der Hochwasserschutzwände oder Deiche (ab
Böschungsfuß) ist ein Schutzstreifen von je 5 m Breite freizuhalten.
(2) ¹Der an der Wasserseite gelegene Schutzstreifen
ist bei Deichen mit Klei- oder Asphaltabdeckung zu versehen. ²Im
landseitigen Schutzstreifen können der Verteidigungsweg und die Binnenentwässerung
der Hochwasserschutzanlage liegen.
(3) ¹Im Übrigen sind die Hochwasserschutzanlagen einschließlich Schutzstreifen von jeglicher Bebauung, von Aufgrabungen,
Bepflanzungen, Auflasten von mehr als 10 kN/m² (1 Mp/m²) sowie von
Leitungen freizuhalten. ²Satz 1 gilt nicht für ordnungsgemäße
Unterhaltungsarbeiten der Unterhaltungspflichtigen in der Zeit vom 16. April
bis zum 31. August. ³Die Wasserbehörde kann Ausnahmen von
Satz 1 zulassen.
(4) Es kann zugelassen werden, dass sich der Schutzstreifen ganz
oder teilweise auf Nachbargrundstücke erstreckt, jedoch muss durch Erklärung
nach § 112 HBauO sichergestellt sein, dass die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 eingehalten werden.
(5) Ist das Freihalten eines Schutzstreifens nach Absatz 1 aus
rechtlichen Gründen nicht möglich oder wäre es mit einem unangemessen
hohen Aufwand verbunden, kann die Wasserbehörde Ausnahmen zulassen.

§ 18 Hochwasserschutzwände und Deiche ohne Schutzstreifen

(1) ¹Wird eine Ausnahme nach § 17 Absatz 5 zugelassen, muss durch geeignete Maßnahmen
sichergestellt werden, dass ortsübliche Bebauungen, Aufgrabungen, Bepflanzungen
und sonstige Nutzungen auf den angrenzenden Grundstücken, insbesondere
innerhalb der Seitenstreifen von je 5 m Breite beiderseits der Hochwasserschutzwände
oder Deiche (ab Böschungsfuß), für die Hochwasserschutzanlage
unschädlich sind. ²In Zweifelsfällen ist eine Erklärung
der Eigentümer oder Nutzungsberechtigten der angrenzenden Grundstücke
vorzulegen, dass sie mit der beabsichtigten Konstruktion der Hochwasserschutzanlage
und den von der Wasserbehörde aufzuzeigenden Auswirkungen auf die Benutzung
ihrer Grundstücke einverstanden sind.
(2) ¹Befindet sich in einem Seitenstreifen bis zu 5
m Breite ein öffentlicher Weg, so sind für darin verlegte und künftig
zu erwartende Leitungen der Leitungsunternehmen entsprechende Aufgrabetiefen
zu berücksichtigen. ²Absatz 1 Satz 2 gilt auch zu Gunsten
der Leitungsunternehmen.
(3) ¹Bebauungen, Aufgrabungen, Bepflanzungen und das
Aufbringen von Auflasten von mehr als 10 kN/m² (1 Mp/m²) bedürfen
innerhalb der Seitenstreifen von je 5 m beiderseits der Hochwasserschutzwände
oder Deiche der Genehmigung der Wasserbehörde. ²Das gilt nicht
für ordnungsgemäße Unterhaltungsarbeiten der Unterhaltungspflichtigen
in der Zeit vom 16. April bis zum 31. August.

§ 19 Bestandsverzeichnis

¹Der Wasserbehörde sind spätestens drei Monate nach Erteilung des Schlussabnahmescheines nach § 109 HBauO zu übergeben:
ein Vermessungsplan im Maßstab 1: 250, Konstruktionszeichnungen und
eine geprüfte statische Berechnung der Hochwasserschutzanlage. ²Die
nähere Ausgestaltung dieser Unterlagen im Einzelfall bestimmt die Wasserbehörde.

Dritter Teil Betriebs- und Unterhaltungsvorschriften

§ 20 Allgemeines

(1) ¹Hochwasserschutzanlagen sind von dem Eigentümer
der Hochwasserschutzanlage oder eines Anlageteils oder von demjenigen, der
die tatsächliche Gewalt über die Anlage oder einen Teil der Anlage
ausübt (Träger der Unterhaltungslast), in ihrem Bestand und in ihren
vorgeschriebenen Abmessungen so zu unterhalten, dass sie ihren Zweck jederzeit
erfüllen können. ²Dazu gehören eine sorgfältige Beobachtung, Pflege und Funktionskontrolle der gesamten Anlagen. ³Arbeiten
zur Änderung und Unterhaltung der Hochwasserschutzanlagen einschließlich
der Schutzstreifen und in den Seitenstreifen nach § 18 sind in der Zeit vom 16. April bis zum 31. August
eines jeden Jahres durchzuführen. ⁴Arbeiten der Schadensabwehr
oder Schadensbeseitigung sind auch außerhalb dieser Zeit zulässig. ⁵In
diesem Fall darf nur aufgegraben werden, wenn die Baugrube ausgesteift wird,
falls die Wasserbehörde nicht nach den §§ 17 Absatz 3 oder 18 Absatz 3 eine andere Ausführung zulässt oder genehmigt.
(2) ¹Bei an Hochwasserschutzanlagen auftretenden Mängeln
ist deren Ursache zu ergründen und erforderlichenfalls eine verstärkte
Beobachtung vorzunehmen. ²Für die Sicherheit der Anlagen erforderliche
Instandsetzungen sind unverzüglich zu veranlassen. ³Bis zur
endgültigen Beseitigung sind geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen,
so dass Gefahren mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

§ 21 Unterhaltungsplan

¹Der Träger der Unterhaltungslast hat einen Unterhaltungsplan aufzustellen, in dem festgelegt ist, wer die regelmäßig
vorzunehmenden Kontrollen und Unterhaltungsarbeiten durchführt und zu
welchen Zeiten. ²Der Unterhaltungsplan ist der Wasserbehörde
bei jeder Aufsichtsschau unaufgefordert zur Einsichtnahme vorzulegen.

§ 22 Interne Schau

¹Alle Hochwasserschutzanlagen sind unbeschadet der Schau nach § 60 HWaG (Aufsichtsschau)
im Rahmen des Unterhaltungsplanes mindestens im Frühjahr und im Herbst
eines jeden Jahres vom Träger der Unterhaltungslast zu schauen (interne
Schau). ²Dabei sind der Unterhaltungszustand der Anlagen und die
Betriebstüchtigkeit der beweglichen Einrichtungen zu kontrollieren. ³Das
Ergebnis ist aktenkundig zu machen. ⁴Festgestellte Mängel
sind sofort zu beheben.

§ 23 Hochwasserschutzbeauftragter

(1) Für jeden Polder hat der Träger der Unterhaltungslast
einen sachverständigen Hochwasserschutzbeauftragten zu bestellen und
der Wasserbehörde zu benennen.
(2) Der Hochwasserschutzbeauftragte ist verpflichtet, für
die Aufstellung und Fortschreibung des Unterhaltungsplanes, für die Durchführung
der internen Schauen und für die ordnungsgemäße Erledigung
der Unterhaltungsarbeiten zu sorgen.

§ 24 Höhenkontrolle

(1) Der Träger der Unterhaltungslast hat ein Jahr nach Ausstellung
des Schlussabnahmescheines nach § 109 HBauO und danach alle fünf
Jahre bis zum 30. April der Wasserbehörde einen Nachweis über die
vorhandenen Isthöhen vorzulegen.
(2) Liegt die Isthöhe von Hochwasserschutzwänden oder
Deichen mehr als 0,2 m unter der Sollhöhe, sind die im wasserrechtlichen
Verfahren festgelegten Sollabmessungen unverzüglich wiederherzustellen.

§ 25 Unterhaltung von beweglichen Einrichtungen

(1) ¹Verschlüsse müssen regelmäßig auf ihren baulichen Zustand und ihre Funktionssicherheit überprüft
werden. ²Dabei ist insbesondere auf den ordnungsmäßigen
Zustand der Dichtungen, der Anstriche, der Knebel und die Gängigkeit
der Spindeln zu achten. ³Bewegliche Teile müssen in regelmäßigen
Zeitabständen geschmiert und auf Funktionstüchtigkeit überprüft
werden (Probelauf).
(2) Transportable Verschlüsse müssen einschließlich
des Zubehörs sicher vor Verlust oder Beschädigung und gut erreichbar
untergebracht sein.
(3) Der Schwenkbereich von Dreh- und Stemmtoren darf nicht als
Abstell- oder Lagerplatz genutzt werden.

§ 26 Unterhaltung von Entwässerungseinrichtungen von Hochwasserschutzanlagen

(1) ¹Gräben, Schöpfwerke und Siele sind so zu unterhalten, dass das anfallende Wasser jederzeit ungehindert abfließen
kann. ²Schäden an Grabenböschungen sind sofort auszubessern.
(2) Dränagen und Pumpen sind auf ihre Funktionsfähigkeit
zu überprüfen.

Vierter Teil Verteidigung und Verteidigungsvorsorge

§ 27 Verteidigungsplan

¹Für jeden Polder hat der Eigentümer der Hochwasserschutzanlage oder eines Anlageteils oder derjenige, der die
tatsächliche Gewalt über die Anlage oder einen Teil der Anlage ausübt
(Träger der Verteidigungslast), einen Verteidigungsplan aufzustellen. ²Der
Verteidigungsplan ist, soweit Anlagen auf öffentlichem Grund, Einrichtungen
der Hafenbahn oder andere öffentliche Einrichtungen betroffen sind, mit
den für diese Anlagen und Einrichtungen Verantwortlichen abzustimmen. ³Der
Verteidigungsplan soll enthalten:
1.
die Namen derjenigen Personen und ihrer Vertreter, die im Alarmfalle mit der Verteidigung der Hochwasserschutzanlage
beauftragt sind,
2.
die Aufgaben und Einsatzorte der mit der Verteidigung beauftragten Personen sowie die Festlegung von Weisungsbefugnissen,
3.
das Alarmierungsverfahren und die Zufahrtsmöglichkeiten,
4.
einen Plan für bestimmte einzelne Maßnahmen und deren zeitlichen Ablauf (z. B. Schließen
von Torverschlüssen und Schiebern, Aus- und Einschalten von Anlagen,
wie Notstromaggregaten, Notbeleuchtung, Kontrolllauf der Pumpen),
5.
die Regelung des Nachrichten- und Meldewesens,
6.
Angaben über zur Verfügung stehende Verteidigungsmittel (z. B. Sandsäcke, Fördergeräte,
Fahrzeuge, Nachrichtenmittel, Planen, Bootshaken, Lampen, Seile),
7.
Anweisungen über Fluchtmöglichkeiten für den Fall des Versagens der Hochwasserschutzanlage,
8.
Anweisungen für Erste Hilfe,
9.
Anweisungen für betriebliche Maßnahmen im Katastrophenfall.

§ 28 Einsatzleitung

(1) ¹Für jeden Polder hat der Träger der Verteidigungslast eine geeignete Person und geeignete Stellvertreter einzusetzen,
die für die Verteidigung verantwortlich sind. ²Sie werden
von der Wasserbehörde widerruflich als Polder-Einsatzleiter oder als
deren Stellvertreter bestellt. ³Die zuständige Behörde
kann dem Polder-Einsatzleiter unbeschadet der Verantwortung der nach § 56 Absatz 2 HWaG Verpflichteten
Weisungen erteilen.
(2) ¹Der Polder-Einsatzleiter hat bei drohender Hochwassergefahr
die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur Verteidigung der Hochwasserschutzanlage
sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung innerhalb der Hochwasserschutzanlage
zu treffen. ²Dem Polder-Einsatzleiter stehen in diesem Rahmen die
Befugnisse nach dem Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung zu, ausgenommen die Befugnisse zum Waffengebrauch, zu ärztlichen
Zwangsmaßnahmen und zur Fesselung von Personen. ³Alle innerhalb
der Hochwasserschutzanlage befindlichen Personen haben die notwendigen Anordnungen
des Polder-Einsatzleiters zu befolgen.
(3) Der Polder-Einsatzleiter hat bei drohender Hochwassergefahr
die erforderlichen Meldungen an die zuständigen Behörden zu veranlassen.
(4) ¹Der Polder-Einsatzleiter ist auch für die Aufstellung und Fortschreibung des Verteidigungsplanes verantwortlich. ²Er
hat sich davon zu überzeugen, dass alle erforderlichen Verteidigungs-
und Nachrichtenmittel funktionsfähig zur Verfügung stehen. ³Der
Polder-Einsatzleiter ist an den internen Schauen zu beteiligen.

§ 29 Übungen

¹Der Polder-Einsatzleiter hat gemeinsam mit den Stellvertretern alljährlich vor dem 15. September eine Verteidigungsübung
durchzuführen. ²Jeder mit Verteidigungsaufgaben Beauftragte
soll nachweisen, dass er die ihm übertragenen Aufgaben erfüllen
kann. ³Gleichzeitig sollen das Nachrichten- und Meldesystem, die
Verschlüsse (§ 25) sowie die Verteidigungsmittel überprüft und erprobt werden. ⁴Das
Ergebnis ist aktenkundig zu machen. ⁵Festgestellte Mängel
sind sofort zu beheben.

§ 30 Höhenangabe

An gut sichtbaren Stellen sind an den Hochwasserschutzanlagen
Markierungen mit der Angabe der Höhe über Normal-Null anzubringen.

Fünfter Teil Bußgeldvorschriften

§ 31 Verbotene Handlungen

(1) Auf Hochwasserschutzanlagen ist es verboten,
1.
die Anlagen und ihr Zubehör, insbesondere die Grasnarbe und das Deckwerk, zu beschädigen,
2.
die Böschungen und Deichkronen außerhalb der Wege zu befahren,
3.
in der Zeit vom 15. September bis 15. April Sachen abzustellen, es sei denn, dass eine kurzfristige Räumung
bei drohender Hochwassergefahr sichergestellt ist,
4.
Feuer zu machen,
5.
die Außenseite von Hochwasserschutzwänden als Stützelement für Lagergut zu gebrauchen.
(2) Die Wasserbehörde kann Ausnahmen von den Verboten des
Absatzes 1 zulassen.

§ 32 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig nach § 102 Absatz 1 Nummer 15 HWaG handelt,
wer
1.
entgegen § 17 Absatz 5 oder § 18 Absatz 3 auf Hochwasserschutzanlagen einschließlich
der Schutzstreifen oder in Seitenstreifen ungenehmigte Bebauungen, Aufgrabungen,
Bepflanzungen oder Bodenbelastungen vornimmt,
2.
entgegen § 20 Absatz 1 in der Zeit vom 1. September bis 15. April
Arbeiten an Hochwasserschutzanlagen einschließlich der Schutzstreifen
oder in Seitenstreifen ausführt,
3.
entgegen § 28 Absatz 2 Satz 3 innerhalb einer Hochwasserschutzanlage
den notwendigen Anordnungen des Polder-Einsatzleiters zuwiderhandelt,
4.
entgegen § 31 die dort verbotenen Handlungen auf Hochwasserschutzanlagen
vornimmt.

Sechster Teil Schlussvorschriften

§ 33 Befreiungen und Ausnahmen

(1) Die Wasserbehörde kann von zwingenden Vorschriften dieser
Verordnung befreien, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen.
(2) Für Ausnahmen und Befreiungen nach dieser Verordnung
gilt § 96 Absatz 3 HBauO sinngemäß.

§ 34 Hochwasserschutzanlagen an nicht tideoffenen Gewässern

Für Hochwasserschutzanlagen, die an nicht tideoffenen
Gewässern liegen, gelten die §§ 4, 6, 7, 9 bis 12, § 13 Absätze 2 und 3, §§ 16 bis 19, 21 bis 25, 27 bis 30, § 32 Nummern 1 bis 3 nicht.

§ 35 Übergangsvorschrift

¹Auf rechtmäßige bauliche Anlagen, die beim Inkrafttreten dieser Verordnung vorhanden sind, ist der Zweite Teil
(Bauvorschriften) nur insoweit anzuwenden, als es im Interesse der Sicherheit
der Hochwasserschutzanlagen unbedingt erforderlich ist. ²Im Übrigen
gilt die Verordnung ohne Einschränkung auch für vor ihrem Inkrafttreten
errichtete Anlagen.
Gegeben in der Versammlung des Senats, Hamburg, den 13. Dezember 1977.
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