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Gesetz zur stationären und ambulanten Resozialisierung und zur Opferhilfe (Hamburgisches Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz - HmbResOG) Vom 31. August 2018

Gesetz zur stationären und ambulanten Resozialisierung und zur Opferhilfe (Hamburgisches Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz - HmbResOG) Vom 31. August 2018
*)
Zum 14.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 5. April 2022 (HmbGVBl. S. 250, 253)1)
Fußnoten
*)
Verkündet als Artikel 1 des Gesetzes über das Hamburgische Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz und zur Änderung vollzugsrechtlicher Vorschriften vom 31. August 2018 (HmbGVBl. S. 265)
1)
[Gemäß Artikel 7 des Änderungsgesetzes gilt folgende Regelung: ”Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte aus Artikel 2 Absatz 2 Sätze 1 und 2 (körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person) und Artikel 10 Absatz 1 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) des Grundgesetzes eingeschränkt.”]

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz zur stationären und ambulanten Resozialisierung und zur Opferhilfe (Hamburgisches Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz - HmbResOG) vom 31. August 201801.11.2018
Teil 1 - Allgemeine Bestimmungen01.11.2018
§ 1 - Ziele01.01.2019
§ 2 - Anwendungsbereich01.01.2019
§ 3 - Begriffsbestimmungen01.01.2019
§ 4 - Grundsätze der Zusammenarbeit und der Koordination01.01.2019
§ 5 - Grundsätze der Hilfen und Maßnahmen01.01.2019
§ 6 - Mitwirkung der Klientinnen und Klienten01.01.2019
Teil 2 - Aufgaben der am Resozialisierungsprozess beteiligten Stellen01.11.2018
Abschnitt 1 - Allgemeines01.11.2018
§ 7 - Zuständige Stellen, Hilfen und Maßnahmen zur Resozialisierung01.01.2019
Abschnitt 2 - Übergangsmanagement01.11.2018
§ 8 - Integriertes Übergangsmanagement20.04.2022
§ 9 - Eingliederungsplan01.01.2019
§ 10 - Fachstelle Übergangsmanagement01.01.2019
§ 11 - Untersuchungsgefangene20.04.2022
§ 12 - Aufrechterhaltung des Hilfeangebots01.01.2019
Abschnitt 3 - Gerichtshilfe und Jugendgerichtshilfe01.11.2018
§ 13 - Gerichtshilfe01.11.2018
§ 14 - Aufgaben der Gerichtshilfe01.11.2018
§ 15 - Jugendgerichtshilfe01.11.2018
§ 16 - Aufgaben der Jugendgerichtshilfe01.11.2018
Abschnitt 4 - Bewährungshilfe und Jugendbewährungshilfe01.11.2018
§ 17 - Bewährungshilfe für Erwachsene01.11.2018
§ 18 - Aufgaben der Bewährungshilfe für Erwachsene01.11.2018
§ 19 - Jugendbewährungshilfe01.11.2018
§ 20 - Aufgaben der Jugendbewährungshilfe01.11.2018
Abschnitt 5 - Gemeinnützige Arbeit01.11.2018
§ 21 - Fachstelle Gemeinnützige Arbeit01.11.2018
Teil 3 - Weitere Träger und Stellen01.11.2018
§ 22 - Freie Träger der Straffälligenhilfe und der Opferhilfe01.11.2018
§ 23 - Weitere Leistungserbringer01.11.2018
§ 24 - Führungsaufsichtsstelle01.11.2018
Teil 4 - Opferhilfe und Prävention01.11.2018
§ 25 - Opfer- und Zeugenbetreuung01.11.2018
§ 26 - Opferberichterstattung01.11.2018
§ 27 - Täter-Opfer-Ausgleich im Jugendstrafverfahren01.11.2018
§ 28 - Täter-Opfer-Ausgleich bei Erwachsenen01.11.2018
§ 29 - Forensische Nachsorgeambulanzen01.11.2018
§ 30 - Maßnahmen zur Prävention von Straftaten01.11.2018
Teil 5 - Organisation01.11.2018
§ 31 - Fachamt Straffälligen- und Gerichtshilfe01.11.2018
§ 32 - Qualifizierung01.11.2018
§ 33 - Ehrenamtliche Mitarbeit im Vollzug und im Anschluss an die Entlassung01.11.2018
§ 34 - Netzwerk Resozialisierung01.01.2019
Teil 6 - Datenschutz, Evaluation01.11.2018
§ 35 - Anwendungsbereich, Vorrang des Bundesrechts01.01.2019
§ 36 - Anwendbarkeit weiterer Vorschriften01.01.2019
§ 37 - Datenverarbeitung durch die staatlichen ambulanten Dienste der Straffälligenhilfe01.01.2019
§ 38 - Zweckändernde Datenverarbeitung durch die staatlichen ambulanten Dienste der Straffälligenhilfe01.01.2019
§ 39 - Gemeinsame automatisierte Datei der staatlichen ambulanten Dienste der Straffälligenhilfe01.01.2019
§ 40 - Gemeinsame automatisierte Datei der Justizvollzugsbehörden, staatlichen ambulanten Dienste der Straffälligenhilfe und freien Träger der Straffälligen- und Opferhilfe01.01.2019
§ 41 - Einschränkung der Verarbeitung und Löschung20.04.2022
§ 42 - Evaluation01.01.2019

Teil 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Ziele

(1) Dieses Gesetz soll dazu beitragen,
1.
straffällig gewordene Klientinnen und Klienten zu befähigen, ein Leben in Eigenverantwortung ohne weitere Straftaten zu führen (Resozialisierung),
2.
den durch die Straftat verursachten Schaden wiedergutzumachen sowie Haft zu vermeiden oder zu verkürzen,
3.
die Gesellschaft vor Straftaten zu schützen und
4.
den durch Straftaten gestörten sozialen Frieden durch Hilfen für Opfer von Straftaten wiederherzustellen.
(2) Zum Zwecke der Resozialisierung wird neben allen bestehenden Hilfen und Maßnahmen ein integriertes Übergangsmanagement durchgeführt. Im Rahmen des Übergangsmanagements wird gemeinsam mit den inhaftierten oder haftentlassenen Klientinnen und Klienten ein Eingliederungsplan entwickelt, der die Vermittlung in die Regelsysteme nach den jeweils geltenden gesetzlichen Grundlagen sowie die Vermeidung künftiger Straffälligkeit zum Ziel hat. Auf die Erstellung des Eingliederungsplans nach Maßgabe von § 9 Absätze 3 und 4 besteht ein Anspruch der Klientinnen und Klienten. Darüber hinaus begründet dieses Gesetz keine Ansprüche.
(3) Ziel der Opferhilferegelungen ist die gesetzliche Verankerung von Präventionsmaßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung von Straftaten und die Vermittlung von Hilfen für Opfer von Straftaten.

§ 2 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt und beschreibt
1.
Aufgaben und Zusammenarbeit der am Resozialisierungsprozess beteiligten Stellen im Sinne von § 7 Absatz 3,
2.
die Einführung eines integrierten Übergangsmanagements mit einem individuellen Eingliederungsplan zur Wiedereingliederung straffälliger Klientinnen und Klienten in die Gesellschaft und
3.
Hilfen für Opfer von Straftaten.
(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf den Maßregelvollzug, mit Ausnahme der Sicherungsverwahrung.
(3) Hilfen und Maßnahmen nach dem Hamburgischen Strafvollzugsgesetz, dem Hamburgischen Jugendstrafvollzugsgesetz, dem Hamburgischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz und dem Hamburgischen Untersuchungshaftvollzugsgesetz gehen diesem Gesetz vor.
(4) Hilfen und Maßnahmen nach dem Sozialgesetzbuch sind gegenüber Hilfen und Maßnahmen nach diesem Gesetz vorrangig.

§ 3 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes
1.
sind Klientinnen und Klienten Beschuldigte, Angeschuldigte, Angeklagte, Verurteilte, Gefangene, Sicherungsverwahrte oder Entlassene, die an einer Maßnahme nach diesem Gesetz teilnehmen oder die eine Hilfe nach diesem Gesetz erhalten oder beantragen,
2.
sind Hilfen alle Leistungen, durch die die Klientinnen und Klienten darin unterstützt werden, die Ziele der Resozialisierung zu erreichen und durch die Opfer von Straftaten unterstützt werden,
3.
sind Maßnahmen alle Leistungen, die nicht nur helfenden, sondern auch überwachenden Charakter haben können,
4.
ist integriertes Übergangsmanagement ein strukturiertes, koordiniertes und zielorientiertes Zusammenwirken der Klientin oder des Klienten sowie aller beteiligten staatlichen und privaten Institutionen sowie aller weiteren, am Resozialisierungsprozess Beteiligten,
5.
ist Fallmanagement ein Konzept der sozialen Arbeit, welches durch institutions- und fachübergreifende Beratung und Unterstützung sicherstellt, dass Hilfen und andere Leistungen gebündelt werden und somit der Prozess der Resozialisierung, insbesondere im Rahmen des Übergangsmanagements, unterstützt wird,
6.
sind Opfer einer Straftat natürliche Personen, die eine körperliche, geistige oder seelische Schädigung oder einen wirtschaftlichen Verlust als direkte Folge einer Straftat erlitten haben oder bei welchen im Rahmen anhängiger Strafverfahren die begründete Vermutung besteht, dass eine entsprechende Schädigung oder ein wirtschaftlicher Verlust als direkte Folge einer Straftat erlitten wurde; Opfer sind auch Familienangehörige einer Person, deren Tod eine direkte Folge einer Straftat ist und die durch den Tod dieser Person eine Schädigung erlitten haben oder bei welchen im Rahmen anhängiger Strafverfahren eine begründete Vermutung auf eine solche Schädigung besteht, wobei Familienangehörige die Ehepartnerin oder der Ehepartner des Opfers, die Person, die mit dem Opfer stabil und dauerhaft in einer festen intimen Lebensgemeinschaft zusammenlebt und mit ihm einen gemeinsamen Haushalt führt, sowie die Angehörigen in direkter Linie, die Geschwister und die Unterhaltsberechtigten des Opfers sind.

§ 4 Grundsätze der Zusammenarbeit und der Koordination

(1) Die Justizvollzugsanstalten, die staatlichen ambulanten Dienste im Sinne von § 31 und die freien Träger der Straffälligenhilfe arbeiten auf der Grundlage dieses Gesetzes zum Zwecke der Resozialisierung auch mit weiteren Behörden und Stellen wie der Führungsaufsichtsstelle, den Sozialleistungsträgern, den Hilfeeinrichtungen anderer Behörden, den Kirchen und anderen religiösen Vereinigungen, den Täter-Opfer-Ausgleichsstellen sowie Vereinen und Personen, deren Einfluss ebenfalls die Resozialisierung der Klientinnen und Klienten fördern kann, insbesondere auch ehrenamtlich engagierten Personen, zusammen.
(2) Gerichte und Staatsanwaltschaften arbeiten, insbesondere im Hinblick auf die Entscheidungsfindung zur vorzeitigen Haftentlassung und deren Ausgestaltung, mit den Justizvollzugsanstalten und den staatlichen ambulanten Diensten zusammen.
(3) Die Justizvollzugsanstalten, die Staatsanwaltschaft sowie die staatlichen ambulanten Dienste und freien Träger der Straffälligenhilfe arbeiten nach den Erfordernissen des Einzelfalles auch mit der Gnadenbehörde zusammen. Ergibt sich für eine dieser Stellen oder eine der in Absatz 1 oder 2 genannten Stellen, soweit sie dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterliegen, ein Anhaltspunkt für
1.
vom Gesetz oder vom Gericht nicht beabsichtigte Härten, insbesondere für nach der Verurteilung veränderte oder bekannt gewordene veränderte persönliche Verhältnisse, die im Rahmen gesetzlicher Vorschriften nicht ausgeglichen werden können oder
2.
die Notwendigkeit der Wahrnehmung eines Hilfeangebots, dessen Wahrnehmung das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage entgegensteht,
kann sie die Einleitung eines Gnadenverfahrens anregen.
(4) Im Falle von Aufgaben- und Zuständigkeitsüberschneidungen übernehmen die jeweils verantwortlichen staatlichen Dienste der Straffälligenhilfe die Koordination der einzelnen Hilfen. Während der Inhaftierung obliegt die Koordination der zuständigen Justizvollzugsanstalt. Eine abweichende Regelung ist im Einzelfall durch einvernehmliche Vereinbarung zwischen dem Fachamt Straffälligen- und Gerichtshilfe und der zuständigen Justizvollzugsanstalt möglich.
(5) Die Zusammenarbeit wird so organisiert, dass Informationsverluste und Betreuungslücken vermieden werden. Mehrfachbetreuungen sollen nur erfolgen, soweit sie fachlich begründet sind.

§ 5 Grundsätze der Hilfen und Maßnahmen

(1) Bei der Gestaltung der Hilfen und Maßnahmen nach § 3 Nummern 2 und 3 sind im Zusammenwirken mit der Klientin oder dem Klienten deren persönliche Fähigkeiten zu ermitteln und zu aktivieren. Die Klientin oder der Klient sind entsprechend ihren Fähigkeiten, ihrer Leistungsbereitschaft, ihrer jeweiligen Lebenslage und ihrer persönlichen Zielsetzung zu selbstständigem Handeln zu ermutigen und in den eigenen Bemühungen zu unterstützen.
(2) Die Fähigkeit und Bereitschaft der Klientin oder des Klienten, Verantwortung für ihr Verhalten zu übernehmen und daraus die notwendigen Konsequenzen für ihr künftiges Leben zu ziehen, sollen gefördert werden. Ihre oder seine Auseinandersetzung mit der Straftat sollen angeregt und unterstützt werden. Ihr oder ihm sind auch die Folgen ihrer oder seiner Straftaten und deren Auswirkungen auf die Opfer zu verdeutlichen sowie Wege zur Schadenswiedergutmachung aufzuzeigen.

§ 6 Mitwirkung der Klientinnen und Klienten

(1) Die Inanspruchnahme von Hilfen ist freiwillig. Die Mitwirkungsbereitschaft am Hilfeprozess und die Eigeninitiative der Klientin oder des Klienten sind zu wecken und zu fördern. Die Klientin oder der Klient tragen eine Mitverantwortung für das Gelingen des Hilfeprozesses.
(2) Bestehende gesetzliche Mitwirkungspflichten, insbesondere in den Fällen der Strafaussetzung zur Bewährung, des Vorbehalts der nachträglichen Entscheidung über die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung und der Anordnung von Führungsaufsicht, bleiben hiervon unberührt.

Teil 2 Aufgaben der am Resozialisierungsprozess beteiligten Stellen

Abschnitt 1 Allgemeines

§ 7 Zuständige Stellen, Hilfen und Maßnahmen zur Resozialisierung

(1) Die zur Resozialisierung erforderlichen Hilfen und Maßnahmen sollen von den beteiligten Stellen untereinander abgestimmt erbracht werden.
(2) Die zuständigen Stellen beraten die Klientin oder den Klienten und unterstützen sie bei der Inanspruchnahme der für die Resozialisierung förderlichen Leistungen oder der Kontaktaufnahme mit den jeweils zuständigen Leistungserbringern und nach den jeweils geltenden Leistungsgesetzen. Der Resozialisierung förderlich können insbesondere sein:
1.
Schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen einschließlich Alphabetisierungs- und Deutschkursen,
2.
Integration in Arbeit, gemeinnützige Arbeit und arbeitstherapeutische Maßnahmen,
3.
betreute Wohnformen oder Unterstützung bei der Suche nach Wohnraum,
4.
Mietkostenübernahme bei kurzzeitiger Inhaftierung,
5.
Behandlung und Beratung von Suchtmittelabhängigkeit und -missbrauch,
6.
psychotherapeutische, psychologische und psychiatrische Interventionen,
7.
Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz und zur Vermeidung von Gewaltanwendung,
8.
Schuldnerberatung, Unterstützung bei der Schuldenregulierung und der Erfüllung von Unterhaltspflichten,
9.
Sicherung des Lebensunterhaltes,
10.
Erlangung eines Krankenversicherungsschutzes,
11.
Aufrechterhaltung und Förderung von sozialen Kontakten,
12.
der Ausgleich von Tatfolgen,
13.
familienstabilisierende und familienfördernde Angebote.
(3) Die für die Resozialisierung zuständigen Stellen sind:
1.
die Gerichtshilfe,
2.
die Jugendgerichtshilfe,
3.
die Justizvollzugsanstalten,
4.
die Bewährungshilfe für Erwachsene,
5.
die Jugendbewährungshilfe,
6.
die Fachstelle Gemeinnützige Arbeit,
7.
die Fachstelle Übergangsmanagement,
8.
die Täter-Opfer-Ausgleichsstellen,
9.
die Führungsaufsichtsstelle,
10.
die Forensischen Nachsorgeambulanzen,
11.
die freien Träger der Straffälligenhilfe und der Opferhilfe,
12.
weitere Leistungserbringer.
(4) Aufgaben gemäß Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 5 sollen auf freie Träger der Straffälligenhilfe und der Opferhilfe übertragen werden. Weitere Aufgaben nach Absatz 2 können auf freie Träger der Straffälligenhilfe und der Opferhilfe übertragen werden, mit Ausnahme der Aufgabe nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 und der Aufgaben des Fachamtes Straffälligen- und Gerichtshilfe gemäß § 31. § 1 Absatz 2 Satz 4 bleibt unberührt.

Abschnitt 2 Übergangsmanagement

§ 8 Integriertes Übergangsmanagement

(1) Das Übergangsmanagement beginnt in der Regel sechs Monate vor der voraussichtlichen Haftentlassung mit Erstellung des Eingliederungsplans nach § 9 und endet in der Regel sechs Monate nach der Haftentlassung. Die Fachstelle Übergangsmanagement wendet sich zum Zwecke der Eingliederungsplanung vor der Entlassung aus Strafhaft oder Sicherungsverwahrung an die Klientin oder den Klienten. Um dies zu gewährleisten übermittelt die Justizvollzugsanstalt der Fachstelle Übergangsmanagement die notwendigen Informationen, insbesondere das Personal- und Vollstreckungsblatt sowie bei Ersatzfreiheitsstrafen, Jugendstrafen und Freiheitsstrafen unter einem Jahr auch die Dokumentation des Zugangsgespräches jeder Klientin oder jedes Klienten rechtzeitig vor Beginn der Frist nach Satz 1. Hierüber informiert die Justizvollzugsanstalt die Klientin oder den Klienten frühzeitig.
(2) Nachdem eine Klientin oder ein Klient in das integrierte Übergangsmanagement aufgenommen wurde, betreut eine Fallmanagerin oder ein Fallmanager der Fachstelle Übergangsmanagement die Klientin oder den Klienten. Von der Justizvollzugsanstalt erhält die Fallmanagerin oder der Fallmanager Unterstützung beim Zugang zu der Klientin oder dem Klienten sowie die für die Aufgabenerfüllung erforderliche Infrastruktur. Das Fallmanagement stellt sicher, dass Hilfebedarfe erfasst, die Leistungen nach den jeweils geltenden Leistungsgesetzen zur Unterstützung aufeinander abgestimmt und der Übergang von der Haft in das Leben in Freiheit begleitet werden. Nach der Entlassung wird die Beratung und Unterstützung insbesondere zu bestehenden gesetzlichen Ansprüchen weiter fortgeführt.
(3) Die Durchführungsaufgaben des Fallmanagements können in geeigneten Fällen nach der Erstellung des Eingliederungsplans von der Fachstelle Übergangsmanagement auf freie Träger übertragen werden. Die Fachstelle Übergangsmanagement nimmt in diesen Fällen die Steuerungs- und Monitoringfunktion wahr.
(4) Sofern ein umfassendes Übergangsmanagement im Sinne des Absatzes 1 nicht gewünscht oder nach der fachlichen Einschätzung der Fallmanagerin oder des Fallmanagers nicht angezeigt ist, kann auch eine Unterstützung bezogen auf einzelne und gegebenenfalls zeitlich befristete Hilfebedarfe erfolgen.
(5) Die Aufgaben des Fallmanagements werden im Falle der Aussetzung einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe zur Bewährung oder der Anordnung von Führungsaufsicht von der Bewährungshilfe oder der Jugendbewährungshilfe übernommen. Zu diesem Zweck findet eine Übergabe durch die Fallmanagerin oder den Fallmanager und der Austausch der für das Übergangsmanagement und mithin die Resozialisierung notwendigen Informationen statt. In diesem Rahmen wird auch geklärt, in welchem Umfang Leistungen des Übergangsmanagements zur Erreichung von bereits vereinbarten Zielen fortgeführt werden. Die statistische Auswertung des Fallverlaufs verbleibt bei der Fachstelle Übergangsmanagement.

§ 9 Eingliederungsplan

(1) Zu Beginn des Übergangsmanagements wird ein Eingliederungsplan erstellt. § 8 Absatz 4 bleibt unberührt.
(2) Dieser wird unter Berücksichtigung der Vorstellungen und der Eigeninitiative der Klientin oder des Klienten durch die Fallmanagerin oder den Fallmanager unter Beteiligung der zuständigen Justizvollzugsanstalt erstellt und zielt im Wesentlichen auf die erforderlichen Hilfen und Maßnahmen für die Zeit nach der Haftentlassung. Die in § 7 Absatz 3 genannten Stellen, insbesondere die in § 7 Absatz 3 Nummer 11 genannten Stellen, sollen nach den Erfordernissen des Einzelfalles an der Erstellung des Eingliederungsplans beteiligt werden.
(3) Zur individuellen Eingliederungsplanung ermittelt die zuständige Fallmanagerin oder der zuständige Fallmanager der Fachstelle Übergangsmanagement gemeinsam mit der Klientin oder dem Klienten deren jeweilige Bedarfe und die insoweit erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen.
(4) Der Eingliederungsplan enthält insbesondere Angaben zu folgenden Sachverhalten:
1.
Ausweispapiere, aufenthaltsrechtlicher Status,
2.
soziale und familiäre Situation,
3.
Wohnraum oder Aufenthaltsort,
4.
Gesundheit und Sucht,
5.
Ausbildung, Arbeit und Qualifizierung,
6.
Einkommen, Sicherung des Lebensunterhaltes und Schulden,
7.
Straffälligkeit.
(5) Der Eingliederungsplan wird bei der erforderlichen Weiterentwicklung und bei Veränderungen durch die Fallmanagerin oder den Fallmanager unter Beteiligung der zuständigen Vollzugsabteilungsleitung der Justizvollzugsanstalt mit der Klientin oder dem Klienten fortgeschrieben. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Der Eingliederungsplan ergänzt den Resozialisierungsplan.

§ 10 Fachstelle Übergangsmanagement

(1) Bei der zuständigen Behörde wird eine für das Übergangsmanagement zuständige Fachstelle eingerichtet.
(2) Die Aufgaben der Fachstelle Übergangsmanagement können für den Bereich des Jugendstrafvollzuges auch von der Jugendgerichtshilfe wahrgenommen werden.

§ 11 Untersuchungsgefangene

(1) Untersuchungsgefangene erhalten in der Vollzugsanstalt Angebote zur Vorbereitung ihrer Entlassung. Sie werden über diese Angebote informiert und bei der Kontaktaufnahme zu den entsprechenden Trägern der Angebote unterstützt. Die Beratungsangebote werden von der für die Untersuchungshaft zuständigen Vollzugsanstalt koordiniert und umfassen im Wesentlichen die
1.
Unterstützung bei der Wohnraumsicherung während der Haftzeit,
2.
Hilfe bei Vermittlung von Wohnraum nach einer Haftentlassung,
3.
Hilfen der Suchthilfe,
4.
Hilfe zur Sicherung der Gesundheitsversorgung, einschließlich der Krankenversicherung,
5.
Schuldnerberatung und
6.
vorbereitende Beratung zur Arbeitsvermittlung und zur Sicherung des Lebensunterhalts.
(2) Die Beratungsangebote in der Vollzugsanstalt werden von Fachkräften des Justizvollzuges, der Jugendgerichtshilfe sowie von freien Trägern der Straffälligenhilfe und anderen für die Angebote nach Absatz 1 zuständigen Leistungsträgern erbracht.

§ 12 Aufrechterhaltung des Hilfeangebots

Wenn die Klientin oder der Klient zunächst für sich keinen Unterstützungsbedarf in Anspruch genommen oder die Unterstützung im Rahmen des Übergangsmanagements vorzeitig abgebrochen hat, kann sie oder er sich im weiteren Verlauf ihrer oder seiner Haftzeit und nach der Entlassung an die Fachstelle Übergangsmanagement wenden. In diesem Fall findet § 8 entsprechende Anwendung.

Abschnitt 3 Gerichtshilfe und Jugendgerichtshilfe

§ 13 Gerichtshilfe

Die Gerichtshilfe wird nach den Vorschriften der Strafprozessordnung und der Hamburgischen Gnadenordnung vom 10. November 2010 (Hamburgisches Justizverwaltungsblatt S. 76) in der jeweils geltenden Fassung auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft, eines Gerichtes oder der Gnadenbehörde tätig. Anderen Gerichtshilfestellen leistet sie Amtshilfe.

§ 14 Aufgaben der Gerichtshilfe

(1) Die Gerichtshilfe unterstützt die Gerichte und die Staatsanwaltschaft im Rahmen von Erkenntnis- und Strafvollstreckungsverfahren nach § 160 Absatz 3, § 463d in Verbindung mit §§ 453 bis 461 der Strafprozessordnung sowie die Gnadenbehörde bei der Vorbereitung von Entscheidungen, insbesondere im Hinblick auf die Strafzumessung, den Widerruf der Strafaussetzung, die Aussetzung des Strafrestes sowie Vollstreckungsaufschub und -unterbrechung, sofern nicht eine Bewährungshelferin oder ein Bewährungshelfer bestellt ist. Die Tätigkeit der Gerichtshilfe im Rahmen der Opferberichterstattung richtet sich nach § 160 Absatz 3 der Strafprozessordnung und § 26 dieses Gesetzes.
(2) Die Staatsanwaltschaft kann die Gerichtshilfe bei der Vollstreckung von Geldstrafen insbesondere beteiligen, wenn ein besonderer sozialpädagogischer Unterstützungsbedarf besteht oder entsprechende Hinweise auf einen solchen vorliegen, beispielsweise, wenn
1.
auf Schreiben der Vollstreckungsbehörde nicht reagiert wurde und Erfahrungen im Umgang mit der Justiz bei den Betroffenen nicht vorliegen,
2.
Anhaltspunkte für bestehende Verständigungsprobleme oder psychosozial oder gesundheitlich besonders erschwerte Lebensumstände vorliegen oder
3.
eine zuvor zuverlässige Ratenzahlung ohne ersichtlichen Grund abgebrochen wurde.
(3) Die Gerichtshilfe äußert sich gegenüber den auftraggebenden Stellen zu den Hilfen und Maßnahmen, die in Betracht kommen und unterbreitet Vorschläge. Im Bedarfsfalle kann die Gerichtshilfe mit Einverständnis der Klientin oder des Klienten erste soziale Hilfemaßnahmen einleiten.

§ 15 Jugendgerichtshilfe

(1) Die Jugendgerichtshilfe wird tätig
1.
auf Grund der Einschaltung durch
a)
die Polizei nach § 72a des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) in der Fassung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3428), zuletzt geändert am 27. August 2017 (BGBl. I S. 3295, 3296), in der jeweils geltenden Fassung,
b)
die Staatsanwaltschaft nach § 45 Absatz 2 und § 76 JGG und den §§ 199, 200, 407, 417 der Strafprozessordnung,
c)
das Gericht nach § 45 Absatz 3, § 71, § 72 Absatz 4, § 72a JGG, §§ 112, 112a der Strafprozessordnung und § 98 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 603), zuletzt geändert am 27. August 2017 (BGBl. I S. 3295, 3297), in der jeweils geltenden Fassung,
d)
die Gnadenbehörde,
e)
die Klientin oder den Klienten oder seine Sorgeberechtigten, die um Beratung und Unterstützung nach § 1 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2023), zuletzt geändert am 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618, 3623), in der jeweils geltenden Fassung nachsuchen,
f)
die Jugendgerichtshilfe eines anderen Bundeslandes im Falle eines berechtigten Amtshilfeersuchens nach § 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 131), zuletzt geändert am 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618, 3623), in der jeweils geltenden Fassung oder eines sonstigen berechtigten Amtshilfeersuchens,
2.
aus eigener Initiative, insbesondere wenn aus Sicht der Jugendgerichtshilfe Fälle für die Durchführung eines Ausgleichs mit Geschädigten geeignet sind (Schadenswiedergutmachung oder Täter-Opfer-Ausgleich) oder die Jugendgerichtshilfe die Voraussetzungen zur vorzeitigen Beendigung des Strafverfahrens als gegeben ansieht.
(2) Sobald einer Klientin oder einem Klienten eine Jugendbewährungshelferin oder ein Jugendbewährungshelfer bestellt wird, liegt die weitere Betreuungsverantwortung bei der Jugendbewährungshilfe. Die Jugendgerichtshilfe und die Jugendbewährungshilfe arbeiten nach § 38 Absatz 2 Satz 8 JGG eng zusammen.

§ 16 Aufgaben der Jugendgerichtshilfe

(1) Die Jugendgerichtshilfe erfüllt Aufgaben der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 8 und § 52 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und für den Bereich der Jugendstrafrechtspflege nach § 38 JGG.
(2) Die Jugendgerichtshilfe unterstützt zur Tatzeit Jugendliche und Heranwachsende sowie deren Sorgeberechtigte während des gesamten Strafverfahrens. Sie erforscht die Persönlichkeit, Entwicklung und Umwelt der Klientin oder des Klienten, insbesondere deren familiäre und außerfamiliäre Einflüsse sowie eingeleitete oder durchgeführte Leistungen der Jugendhilfe und deren Ergebnisse. Sie informiert die beteiligten Behörden über ihre Erkenntnisse, soweit sie für das Strafverfahren von Bedeutung sind und empfiehlt Maßnahmen, die aus Sicht der Jugendhilfe zu ergreifen sind. Die Jugendgerichtshilfe hält ein differenziertes Angebot ambulanter Hilfen und Maßnahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz vor. Dazu gehören Betreuungshilfen, soziale Trainingskurse, begleitete Arbeitsleistungen, Verkehrsunterrichte, Schadenswiedergutmachungen sowie Konfliktschlichtungen im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs. Die Durchführung dieser Maßnahmen erfolgt durch die Jugendgerichtshilfe oder beauftragte freie Träger. Die Jugendgerichtshilfe überwacht die Erfüllung der Auflagen und Weisungen und teilt das Ergebnis der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht mit.
(3) Die Jugendgerichtshilfe wirkt nach § 52 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in geeigneten Fällen auf eine vorzeitige Beendigung des Strafverfahrens nach den §§ 45 und 47 JGG hin, insbesondere durch das Initiieren von Ausgleichsverfahren mit Geschädigten, das Durchführen hilfeorientierter Gespräche sowie die Ermittlung und Berichterstattung über sonstige bereits eingeleitete oder durchgeführte erzieherische Maßnahmen.
(4) Die Jugendgerichtshilfe wirkt bei Vorführungs- und Haftprüfungsterminen mit und zeigt zwecks Vermeidung der besonderen Belastungen des Vollzuges Alternativen zur Untersuchungshaft auf. Wird eine Haftstrafe vollstreckt, bleibt die Jugendgerichtshilfe mit der Klientin oder dem Klienten während des Vollzugs in Verbindung und nimmt sich ihrer oder seiner Wiedereingliederung in die Gemeinschaft gemäß § 38 Absatz 2 Satz 9 JGG an. Sie wirkt bei der Resozialisierungsplanerstellung mit und beteiligt sich an den Entlassungsvorbereitungen der Justizvollzugsanstalt.

Abschnitt 4 Bewährungshilfe und Jugendbewährungshilfe

§ 17 Bewährungshilfe für Erwachsene

Die Bewährungshilfe betreut alle nach dem Strafgesetzbuch verurteilten Erwachsenen,
1.
für die vom Gericht nach § 56d Absatz 4 des Strafgesetzbuches eine Bewährungshelferin oder ein Bewährungshelfer nach Verurteilung oder vorzeitiger Entlassung aus der Strafhaft im Sinne der §§ 56, 57, 57a des Strafgesetzbuches bestellt wurde,
2.
für die nach den §§ 67, 67b, 67c, § 67d Absätze 2 bis 6, §§ 68, 68f des Strafgesetzbuches Führungsaufsicht angeordnet wurde oder kraft Gesetzes eingetreten ist,
3.
bei Unterstellungen in Gnadenangelegenheiten.

§ 18 Aufgaben der Bewährungshilfe für Erwachsene

(1) Die Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer nehmen nach den Vorschriften der Strafprozessordnung, des Strafgesetzbuches und der Gnadenordnung die Aufgaben der Bewährungshilfe wahr. Sie stehen der Klientin oder dem Klienten helfend und betreuend zur Seite und überwachen im Einvernehmen mit dem Gericht oder der Gnadenbehörde die Erfüllung von Auflagen und Weisungen sowie der Anerbieten und Zusagen nach § 56d des Strafgesetzbuches. Hierüber erstatten sie dem bewährungsaufsichtführenden Gericht oder der Gnadenbehörde regelmäßig Bericht. Die Hilfe und Betreuung nach Satz 1 umfasst insbesondere die Klärung der persönlichen Situation der Klientin oder des Klienten einschließlich bestehender Probleme und Unterstützungsbedarfe durch eine umfassende Lebenslagenanalyse, aus der sich die einzelnen Hilfebedarfe ergeben.
(2) Die Bewährungshilfe nimmt zeitnah nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung und unverzüglicher Benennung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers oder auf Grund einer Einwilligungserklärung der oder des Betroffenen den Kontakt zur Klientin oder zum Klienten auf. Befindet sich die zu betreuende Person zum Zeitpunkt der Fallübernahme in Haft, nimmt die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer noch während der Haftzeit mit der Justizvollzugsanstalt, der Fachstelle Übergangsmanagement und der Klientin oder dem Klienten zum Zwecke des Austauschs und gegebenenfalls der Beteiligung an der Entlassungsvorbereitung Kontakt auf.
(3) Während der Dauer der Bewährungsaufsicht prüft die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer, ob die im Bewährungsbeschluss vorgesehenen Weisungen, Auflagen oder sonstigen Maßnahmen weiterhin durchführbar sowie sozialpädagogisch geeignet und erforderlich sind. Ist dies nicht der Fall, unterbreitet die Bewährungshilfe entsprechende Änderungsvorschläge gegenüber dem Gericht oder der Gnadenbehörde.
(4) Die Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer können in Strafverfahren gegen die Klientin oder den Klienten wegen des Vorwurfs neuer, nicht der Bewährungsunterstellung zu Grunde liegender Straftaten vom Gericht über den Verlauf der aktuellen Bewährung vernommen oder gebeten werden, einen schriftlichen Bewährungsbericht zu übersenden. Soweit die Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer als Zeuge oder Zeugin geladen wurden oder die schriftliche Aufforderung einer Berichterstellung vorliegt, bedarf es hierfür keiner Aussagegenehmigung der zuständigen Dienststelle.

§ 19 Jugendbewährungshilfe

(1) Die Jugendbewährungshilfe betreut alle nach dem Jugendstrafrecht verurteilten Jugendlichen und Heranwachsenden,
1.
für die vom Gericht nach § 24 JGG eine Bewährungshelferin oder ein Bewährungshelfer nach einem Schuldspruch gemäß § 27 JGG, einer Verurteilung nach § 21 oder § 61b Absatz 1 JGG oder vorzeitigen Entlassung aus der Jugendhaft gemäß § 88 JGG bestellt wurde,
2.
für die vom Gericht eine Betreuungshilfe verhängt wurde, auch im Vorverfahren oder im Rahmen einer Verschonung von Untersuchungshaft gemäß § 10 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5, § 71 Absatz 1 JGG und § 116 der Strafprozessordnung, wenn das Gericht die Betreuung der Klientin oder des Klienten einer Jugendbewährungshelferin oder einem Jugendbewährungshelfer überträgt,
3.
bei Aussetzung der Entscheidung über die Verbüßung einer Jugendstrafe, wenn für den Aussetzungszeitraum eine Betreuungsweisung gemäß § 8 Absatz 2, § 10, § 57 Absatz 1 und § 61b Absatz 1 JGG ausgesprochen wurde,
4.
bei Entscheidungen nach § 36 Absätze 1 bis 3 des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 359), zuletzt geändert am 16. Juni 2017 (BGBl. I S. 1670), in der jeweils geltenden Fassung,
5.
bei der Anordnung von Führungsaufsicht im Sinne des § 7 JGG und § 61 Nummern 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches,
6.
bei Unterstellungen in Gnadenangelegenheiten,
7.
im Fall eines berechtigten Amtshilfeersuchens durch die Jugendbewährungshilfe oder Bewährungshilfe eines anderen Bundeslandes.
(2) Die Jugendbewährungshelferin oder der Jugendbewährungshelfer kann auch dann für die Betreuung einer Klientin oder eines Klienten zuständig bleiben, wenn während der Jugendbewährungszeit oder Bewährungszeit eine weitere Bewährung nach dem Strafgesetzbuch angeordnet wird. § 15 Absatz 2 gilt entsprechend.

§ 20 Aufgaben der Jugendbewährungshilfe

(1) Die Jugendbewährungshilfe erfüllt Aufgaben nach den Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes, der Strafprozessordnung und der Hamburgischen Gnadenordnung.
(2) Die Jugendbewährungshilfe nimmt zeitnah nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung und der Benennung einer Jugendbewährungshelferin oder eines Jugendbewährungshelfers oder auf Grund der Einwilligungserklärung der oder des Betroffenen Kontakt zur Klientin oder zum Klienten auf. Die Jugendbewährungshelferin oder der Jugendbewährungshelfer wirkt bei der Entlassungsvorbereitung mit. Das Nähere wird durch eine Kooperationsvereinbarung geregelt.
(3) Die Jugendbewährungshelferin oder der Jugendbewährungshelfer überwacht die Einhaltung der im Bewährungsbeschluss oder Bewährungsplan nach § 60 JGG vorgesehenen Auflagen, Weisungen oder sonstigen Zusagen und Anerbieten im Sinne der § 24 Absatz 3 und § 25 JGG. Hierüber erstattet die Jugendbewährungshilfe dem bewährungsaufsichtsführenden Gericht oder der Gnadenbehörde regelmäßig Bericht.
(4) Die Jugendbewährungshilfe steht der Jugendlichen oder dem Jugendlichen helfend und betreuend zur Seite, prüft die Hilfebedarfe der Klientin oder des Klienten und vermittelt die erforderlichen und angemessenen Hilfen und Maßnahmen. Sie bezieht, nach Absprache mit der Klientin oder dem Klienten, den oder die Erziehungsberechtigten und andere für sie oder ihn wichtige Personen im sozialen Umfeld regelhaft in die Arbeit ein und arbeitet mit den im jeweiligen Einzelfall beteiligten Ämtern und Behörden unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zusammen.
(5) Während der Dauer der Bewährungsaufsicht prüft die Jugendbewährungshelferin oder der Jugendbewährungshelfer, ob die im Bewährungsbeschluss vorgesehenen Weisungen, Auflagen oder sonstigen Maßnahmen zur Erreichung der Erziehungsziele weiterhin durchführbar sowie sozialpädagogisch geeignet und erforderlich sind. Ist dies nicht der Fall, unterbreitet die Jugendbewährungshilfe entsprechende Änderungsvorschläge gegenüber dem Jugendgericht oder der Gnadenbehörde.

Abschnitt 5 Gemeinnützige Arbeit

§ 21 Fachstelle Gemeinnützige Arbeit

(1) Die Hilfe zur Ableistung gemeinnütziger Arbeit für Erwachsene erfolgt durch die Fachstelle Gemeinnützige Arbeit gemäß § 31 Nummer 5 auf der Grundlage
1.
einer Auflage im Rahmen
a)
einer vorläufigen Einstellung nach § 153a Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 der Strafprozessordnung,
b)
einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56b Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, § 57 Absatz 3 des Strafgesetzbuches,
c)
einer Gnadenentscheidung nach § 8 der Hamburgischen Gnadenordnung oder
2.
zur Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe nach § 43 des Strafgesetzbuches in Verbindung mit der Tilgungsverordnung vom 11. Dezember 2012 (HmbGVBl. 2012 S. 521, 2013 S. 8) in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Die Fachstelle vermittelt auf Ersuchen einer Staatsanwaltschaft, der Gerichte oder der Gnadenbehörde in gemeinnützige Arbeit und berichtet der anordnenden Stelle über die geleistete Arbeit.
(3) Der Fachstelle obliegt die Aufgabe, die Klientin oder den Klienten in Einsatzstellen zur Ableistung gemeinnütziger Arbeit zu vermitteln, im Hinblick auf die zu erbringende Leistung zu unterstützen sowie sozialpädagogisch zu betreuen und das Monitoring über die erbrachte Arbeitsleistung wahrzunehmen. Bei der Zuweisung sind deren individuelle Voraussetzungen, Fähigkeiten und Lebenslagen zu berücksichtigen und Selbsthilfepotenziale zu fördern. Im Bedarfsfall kann weitergehende fachliche Beratung vermittelt werden.
(4) Die Hilfe zur Ableistung gemeinnütziger Arbeit (Arbeitsleistungen) für zur Tatzeit Jugendliche und Heranwachsende erfolgt durch die Jugendgerichtshilfe oder die Jugendbewährungshilfe auf der Grundlage der §§ 10, 15, 23, 29, 45, 47, § 61b Absatz 1, § 88 JGG. Im Übrigen gelten die Absätze 2 und 3 entsprechend.

Teil 3 Weitere Träger und Stellen

§ 22 Freie Träger der Straffälligenhilfe und der Opferhilfe

Soweit in diesem Gesetz bestimmt, können freie Träger der Straffälligenhilfe und der Opferhilfe, an der Durchführung von Aufgaben beteiligt werden. Ihnen kann auch für spezifische Zielgruppen die Durchführung dieser Aufgaben übertragen werden, wenn dies fachlich geboten ist, die freien Träger die fachlichen Voraussetzungen für die Aufgabenwahrnehmung erfüllen und sie mit der Beteiligung oder Übertragung einverstanden sind.

§ 23 Weitere Leistungserbringer

(1) An der Erreichung der in § 1 genannten Ziele wirken weitere staatliche Leistungserbringer, insbesondere die Schuldnerberatungsstellen, Gesundheitsämter und Stellen der Wohnraumversorgung, im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten und freigemeinnützige Stellen gemäß ihrer satzungsgemäßen Vorgaben oder sonstigen Zweckbestimmungen mit.
(2) Die staatlichen ambulanten Dienste der Straffälligenhilfe und die Justizvollzugsanstalten weisen ihre Klientin oder den Klienten auf diesbezügliche Hilfeangebote hin und unterstützen sie beim Zugang zu diesen Hilfeangeboten.

§ 24 Führungsaufsichtsstelle

Die Führungsaufsichtsstelle wird tätig, wenn Führungsaufsicht angeordnet wurde oder kraft Gesetzes nach den §§ 67, 67b, 67c, § 67d Absätze 2 bis 6, §§ 68, 68f des Strafgesetzbuches eingetreten ist, im Jugendstrafrecht in Verbindung mit § 7 JGG. Die Aufgaben ergeben sich aus den §§ 68 bis 68g des Strafgesetzbuches.

Teil 4 Opferhilfe und Prävention

§ 25 Opfer- und Zeugenbetreuung

(1) Die Zeugenbetreuungsstelle unterstützt Opfer, die vor Gericht als Zeuginnen oder Zeugen aussagen müssen, durch Betreuung, Beratung und weitere personenbezogene Hilfen. Sie erteilt Informationen über den Verhandlungsverlauf, über Rechte und Pflichten von Zeuginnen und Zeugen und steht für eine Begleitung in den Gerichtssaal zur Verfügung.
(2) Durch eine Straftat Verletzte können unter den im Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2525, 2529) in der jeweils geltenden Fassung bestimmten Voraussetzungen auch den Beistand eines psychosozialen Prozessbegleiters im Sinne des § 406g der Strafprozessordnung erhalten.
(3) Die Zeugenbetreuung oder die psychosoziale Prozessbegleitung vermittelt die Opferzeugen, Zeugen und Angehörigen bei Bedarf an Fachberatungsstellen.

§ 26 Opferberichterstattung

(1) Die Staatsanwaltschaft oder die Gerichte können nach § 160 Absatz 3 der Strafprozessordnung die Gerichtshilfe mit der Aufgabe der Opferberichterstattung beauftragen.
(2) Die Gerichtshilfe kann bei der Opferberichterstattung insbesondere beteiligt werden,
1.
zur Ermittlung der persönlichen Verhältnisse des Opfers, insbesondere der physischen und psychischen Schädigungen durch die Tat, der daraus resultierenden finanziellen Belastungen und nachfolgende Behandlungsmaßnahmen,
2.
zur Ermittlung der Aussagebereitschaft und -fähigkeit des Opfers,
3.
zur Ermittlung der Beziehung des Opfers zum Täter,
4.
zur Ermittlung, ob ein Täter-Opfer-Ausgleich in Betracht kommt,
5.
zur Aufklärung möglicher Probleme bei einer Täter-Opfer-Konfrontation in der Hauptverhandlung.

§ 27 Täter-Opfer-Ausgleich im Jugendstrafverfahren

(1) Der Täter-Opfer-Ausgleich wird im Jugendstrafverfahren nach Maßgabe der §§ 10, 23, 45, 47 und 88 JGG sowie nach § 8 des Hamburgischen Jugendstrafvollzugsgesetzes durchgeführt. Die Möglichkeit der Durchführung ist in jedem Einzelfall von allen beteiligten Dienststellen zu prüfen und soll gefördert werden.
(2) Die Verantwortung für die Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs bei Beschuldigten, Angeklagten und Verurteilten unter dem 21. Lebensjahr liegt bei der Jugendgerichtshilfe oder bei der Jugendbewährungshilfe. Die Jugendgerichtshilfe oder die Jugendbewährungshilfe beauftragen regelhaft Träger der Jugendhilfe mit der Einleitung und Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs. Die Träger betreiben Schlichtungsstellen und beschäftigen Schlichterinnen und Schlichter, die Geschädigte und Täter im Ausgleichsverfahren begleiten.
(3) Die Schlichtungsstellen verwalten jeweils einen Opferfonds.

§ 28 Täter-Opfer-Ausgleich bei Erwachsenen

(1) Mit dem Täter-Opfer-Ausgleich im Strafverfahren erhalten Beschuldigte und Geschädigte die Möglichkeit, mit Unterstützung einer professionellen Vermittlung die Folgen einer Straftat auszugleichen. Der Täter-Opfer-Ausgleich zielt ab auf eine möglichst umfassende Wiederherstellung des Rechtsfriedens, insbesondere durch die Berücksichtigung der immateriellen und materiellen Interessen der Geschädigten. Ein erfolgreicher Ausgleich ist ohne erneute Begegnung zwischen Beschuldigtem und Geschädigtem möglich.
(2) Der Täter-Opfer-Ausgleich wird bei erwachsenen Straffälligen nach Maßgabe des § 46a des Strafgesetzbuches und § 153a Absatz 1 Satz 2 Nummer 5, §§ 155a, 155b der Strafprozessordnung oder auf Weisung der Gnadenbehörde durch die nach § 155b der Strafprozessordnung eingerichtete Täter-Opfer-Ausgleichsstelle sowie nach § 8 des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes durchgeführt. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht prüfen in jedem Stadium des Verfahrens die Möglichkeit, einen Ausgleich zwischen beschuldigter und verletzter Person zu erreichen, sofern kein ausdrücklich gegenteiliger Wille der oder des Verletzten vorliegt.
(3) Nach Auftragserteilung durch die Staatsanwaltschaft, das Gericht oder die Gnadenbehörde führt eine speziell ausgebildete Mediatorin oder ein speziell ausgebildeter Mediator der Täter-Opfer-Ausgleichsstelle den Täter-Opfer-Ausgleich durch.

§ 29 Forensische Nachsorgeambulanzen

(1) Zu Freiheitsstrafe verurteilte Klientinnen und Klienten, die
1.
aus dem Strafvollzug oder der Sicherungsverwahrung entlassen wurden,
2.
eine psychiatrische Erkrankung aufweisen oder wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung insbesondere nach den §§ 174 bis 180 oder 182, 183, 184b des Strafgesetzbuches verurteilt wurden,
3.
unter Führungsaufsicht stehen und
4.
denen ein Hamburger Gericht die Weisung erteilt hat, sich nach der Entlassung aus dem Strafvollzug oder der Sicherungsverwahrung in eine ambulante Nachsorge beziehungsweise Betreuung zu begeben,
können sich in einer forensischen Nachsorgeambulanz behandeln lassen.
(2) Das Nähere, einschließlich des Umfangs der zu erstattenden Kosten, wird zwischen der zuständigen Behörde und den Trägern der forensischen Nachsorgeambulanzen vereinbart.
(3) Für zu Freiheitsstrafe verurteilte Klientinnen und Klienten, deren Strafe oder Strafrest gemäß §§ 56, 57, 57a des Strafgesetzbuches zur Bewährung ausgesetzt wurde und denen das Gericht die Weisung erteilt hat, sich in eine ambulante Nachsorgebehandlung zu begeben, können die Absätze 1 und 2 entsprechend angewendet werden.

§ 30 Maßnahmen zur Prävention von Straftaten

(1) Ziel von Präventionsmaßnahmen ist es, mit therapeutischen Maßnahmen potenzielle Täter zu erreichen, bevor es zu einer Gewaltstraftat oder einer sexuell motivierten Straftat kommt. Entsprechende Angebote auf Bundes- oder Landesebene werden von den zuständigen Behörden unterstützt und den Fachberatungsstellen bekannt gemacht.
(2) Um Rückfälle besonders gefährlicher Sexual- und Gewaltstraftäter zu vermeiden, werden auf diese Tätergruppe besonders zugeschnittene Maßnahmen zu einem systematischen täterorientierten Präventionskonzept gebündelt. Ziel ist es, durch ein eng abgestimmtes Vorgehen von Justiz, Polizei, Führungsaufsichtsstelle und Bewährungshilfe den Informationsfluss zu verbessern und Maßnahmen rechtzeitig zu koordinieren.

Teil 5 Organisation

§ 31 Fachamt Straffälligen- und Gerichtshilfe

Im Fachamt Straffälligen- und Gerichtshilfe sind als staatliche ambulante Dienste der Straffälligen- und Gerichtshilfe organisatorisch zusammengefasst:
1.
die Gerichtshilfe,
2.
die Jugendgerichtshilfe,
3.
die Bewährungshilfe für Erwachsene,
4.
die Jugendbewährungshilfe,
5.
die Fachstelle Gemeinnützige Arbeit,
6.
die Fachstelle Übergangsmanagement,
7.
die Schuldnerberatungsstelle der Bewährungshilfe.

§ 32 Qualifizierung

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vollzugsanstalten sowie der staatlichen ambulanten Dienste der Straffälligenhilfe nehmen regelmäßig an fachbezogenen Fortbildungen teil. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der freien Träger kann die Teilnahme an den Fortbildungen angeboten werden, soweit entsprechende Kapazitäten zur Verfügung stehen.

§ 33 Ehrenamtliche Mitarbeit im Vollzug und im Anschluss an die Entlassung

(1) Ehrenamtlich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern können Aufgaben zur Wiedereingliederung, insbesondere zur Vorbereitung der Entlassung, und nachgehenden Betreuung, übertragen werden. Hierfür sollen sie bedarfsgerecht qualifiziert werden. Sie können an den Hilfen und Maßnahmen nach diesem Gesetz nur beteiligt werden, wenn die betroffene Klientin oder der betroffene Klient zustimmen. Ihnen ist Gelegenheit zum fachlichen Austausch zu geben.
(2) Die Erstattungsfähigkeit von Auslagen kann durch Verwaltungsvorschrift der Aufsichtsbehörde näher geregelt werden.

§ 34 Netzwerk Resozialisierung

(1) Die Justizvollzugsanstalten, die ambulanten staatlichen Dienste der Straffälligenhilfe sowie die Stellen der freien Straffälligenhilfe und der Opferhilfe führen unter Beteiligung der zuständigen Fachbehörden regelmäßige Netzwerkkonferenzen durch mit dem Ziel, die fachliche Arbeit und die Kooperation zwischen den beteiligten Stellen zu fördern.
(2) In das Netzwerk sollen bedarfsabhängig auch weitere Stellen im Sinne des § 4 Absätze 1 und 2 einbezogen werden.
(3) Die zuständigen Fachbehörden treffen unter Beteiligung der Justizvollzugsanstalten und der ambulanten staatlichen Dienste der Straffälligenhilfe Vereinbarungen über die Zusammenarbeit und Organisation der Netzwerkkonferenzen nach Absatz 1. Sie regeln, bei wem die Koordinationsaufgaben des Netzwerkes angesiedelt werden.
(4) Die in Absatz 3 genannten Stellen bauen Strukturen der Zusammenarbeit auf und entwickeln diese weiter mit dem Ziel, strukturelle Fragen der Angebotsgestaltung und -entwicklung zu klären sowie Verfahren aufeinander abzustimmen.

Teil 6 Datenschutz, Evaluation

§ 35 Anwendungsbereich, Vorrang des Bundesrechts

Für die Datenverarbeitung der in § 31 Nummern 1 und 3 bis 7 aufgeführten Stellen gelten die Regelungen dieses Teils, soweit die Datenverarbeitung zu Zwecken der Resozialisierung der Klientinnen und Klienten oder zum Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten der Klientinnen und Klienten erfolgt und nicht durch Bundesrecht geregelt ist.

§ 36 Anwendbarkeit weiterer Vorschriften

Für die Datenverarbeitung gemäß § 35 sind neben den Vorschriften dieses Teils folgende Vorschriften des Hamburgischen Justizvollzugsdatenschutzgesetzes vom 18. Mai 2018 (HmbGVBl. S. 158) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden:
1.
Aus Abschnitt 1 §§ 2 bis 6,
2.
aus Abschnitt 2 §§ 8, 9, § 10 Absatz 1 und Absatz 3 Sätze 4 und 5, §§ 13, 14, 17, 19, 27 und § 29 Absätze 1 bis 3, Absatz 8 Satz 1, Absätze 9, 10, 12 und Absatz 13 Satz 2,
3.
aus Abschnitt 3 §§ 30, 31, § 32 Absatz 1 Sätze 1 und 2, Absatz 2 Satz 1 und Absätze 3 bis 6 und §§ 33 bis 36,
4.
die Abschnitte 4 bis 8.
Dabei treten
1.
an die Stelle der Justizvollzugsbehörden die in § 35 genannten Stellen,
2.
an die Stelle der Gefangenen die Klientinnen und Klienten,
3.
an die Stelle der vollzuglichen Zwecke die gesetzlichen Zwecke der in § 35 genannten Stellen,
4.
an die Stelle vollzuglichen Aufgaben die jeweiligen Aufgaben des Fachamtes Straffälligen- und Gerichtshilfe,
5.
an die Stelle der Gefangenenpersonalakten die bei den in § 35 genannten Stellen geführten Akten,
6.
an die Stelle der Bediensteten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der in § 35 genannten Stellen.

§ 37 Datenverarbeitung durch die staatlichen ambulanten Dienste der Straffälligenhilfe

(1) Die in § 31 Nummern 1 und 3 bis 7 genannten Stellen dürfen personenbezogene Daten verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist.
(2) Personenbezogene Daten besonderer Kategorien dürfen sie nur verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben unbedingt erforderlich ist.
(3) Die in § 31 Nummern 1 und 3 bis 7 genannten Stellen dürfen personenbezogene Daten an eine andere in § 31 genannte Stelle weiterleiten, soweit dies für die Aufgabenerfüllung der empfangenden Stelle erforderlich oder im Falle personenbezogener Daten besonderer Kategorien unbedingt erforderlich ist.

§ 38 Zweckändernde Datenverarbeitung durch die staatlichen ambulanten Dienste der Straffälligenhilfe

(1) Die in § 31 Nummern 1, 5, 6 und 7 genannten Stellen dürfen personenbezogene Daten der Klientinnen und Klienten an die Einrichtungen des Justiz- und Maßregelvollzugs übermitteln, soweit diese Daten für den Vollzug der Freiheitsentziehung, insbesondere zur Förderung der Vollzugs-, Resozialisierungs- oder Behandlungsplanung oder der Entlassungsvorbereitung erforderlich oder im Falle personenbezogener Daten besonderer Kategorien unbedingt erforderlich sind.
(2) Die in § 31 Nummern 1, 5, 6 und 7 genannten Stellen dürfen personenbezogene Daten an Polizeibehörden übermitteln, soweit dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist und eine rechtzeitige Übermittlung durch andere öffentliche Stellen nicht gewährleistet ist.
(3) Über die Absätze 1 und 2 hinaus ist eine Verarbeitung zu anderen als den ursprünglichen Zwecken zulässig, sofern eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder die Wahrnehmung einer durch Gesetz oder Rechtsverordnung begründeten Aufgabe die Verarbeitung dieser Daten zwingend voraussetzt.

§ 39 Gemeinsame automatisierte Datei der staatlichen ambulanten Dienste der Straffälligenhilfe

(1) Zum Zwecke der Resozialisierung dürfen die in § 31 genannten Stellen personenbezogene Daten der Klientinnen und Klienten in einer gemeinsamen automatisierten Datei verarbeiten.
(2) In der Datei dürfen personenbezogene Daten
1.
zur eindeutigen Identifizierung sowie zum Aufenthaltsstatus,
2.
zur schulischen und beruflichen Bildung und Erfahrung,
3.
zur sozialen und familiären Situation,
4.
zur wirtschaftlichen Situation, insbesondere Einkommen, Sicherung des Lebensunterhalts und Schulden,
5.
zur Wohnsituation,
6.
zu strafrechtlichen Verurteilungen und ihren Ursachen einschließlich Daten über politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben der Klientin oder des Klienten, soweit die Angaben zu Resozialisierungszwecken oder zur Delinquenzbearbeitung unbedingt erforderlich sind,
verarbeitet werden. Die an der Verarbeitung Beteiligten sind auf die besondere Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten besonderer Kategorien hinzuweisen und für den Umgang mit ihnen zu schulen.

§ 40 Gemeinsame automatisierte Datei der Justizvollzugsbehörden, staatlichen ambulanten Dienste der Straffälligenhilfe und freien Träger der Straffälligen- und Opferhilfe

(1) Zum Zwecke des Übergangsmanagements einschließlich der Überwindung der Ursachen der Straffälligkeit dürfen die Justizvollzugsbehörden, die in § 31 genannten Stellen und die freien Träger der Straffälligen- und Opferhilfe, soweit diesen Aufgaben der in § 31 Nummer 6 genannten Stelle übertragen wurden, personenbezogene Daten der Klientinnen und Klienten in einer gemeinsamen automatisierten Datei verarbeiten.
(2) In der Datei dürfen die in § 39 Absatz 2 Satz 1 genannten personenbezogenen Daten verarbeitet werden. § 39 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) Die oder der Hamburgische Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist vor der Inbetriebnahme der gemeinsamen automatisierten Datei zu hören.

§ 41 Einschränkung der Verarbeitung und Löschung

(1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten über Klientinnen und Klienten, die im Zusammenhang mit den Aufgaben der Bewährungshilfe, Jugendbewährungshilfe, Fachstelle Übergangsmanagement und Führungsaufsicht gespeichert worden sind, ist am Ende des Jahres einzuschränken, das auf das Jahr folgt, in dem der Fall beendet wird.
(2) Die in Absatz 1 genannten Daten sind mit Ablauf des vierten Jahres zu löschen, das auf das Jahr der Einschränkung folgt.
(3) Die Einschränkung nach Absatz 1 tritt nicht ein und die Frist nach Absatz 2 endet nicht, soweit und solange die Klientinnen und Klienten in anderer Sache unter Bewährungsaufsicht oder Führungsaufsicht stehen, am Übergangsmanagement teilnehmen oder soweit und solange gegen sie eine Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung oder Sicherungsverwahrung vollzogen wird.
(4) Für die Aufbewahrung von Akten mit nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der Verarbeitung eingeschränkten Daten gelten die Regelungen der für die jeweilige Stelle maßgeblichen Aktenordnung.

§ 42 Evaluation

Die Anwendung und Auswirkungen dieses Gesetzes sollen regelmäßig überprüft werden.
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