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Verordnung über die Bestimmung der Freien und Hansestadt Hamburg als Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a des Baugesetzbuchs Vom 13. Juli 2021

Verordnung über die Bestimmung der Freien und Hansestadt Hamburg als Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a des Baugesetzbuchs Vom 13. Juli 2021
Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 24.07.2021 bis 31.12.2026

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Verordnung über die Bestimmung der Freien und Hansestadt Hamburg als Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a des Baugesetzbuchs vom 13. Juli 202124.07.2021 bis 31.12.2026
Eingangsformel24.07.2021 bis 31.12.2026
§ 124.07.2021 bis 31.12.2026
§ 224.07.2021 bis 31.12.2026
Anlage - Begründung24.07.2021 bis 31.12.2026
Auf Grund von § 201a Satz 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) in der Fassung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3635), zuletzt geändert am 14. Juni 2021 (BGBl. I S. 1802), wird verordnet:

§ 1

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Sinne des § 201a BauGB. Die Begründung ist der Anlage zu entnehmen.

§ 2

Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2026 außer Kraft.
Gegeben in der Versammlung des Senats, Hamburg, den 13. Juli 2021

Anlage

Begründung
1.
Beurteilung zur besonderen Gefährdung der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in Hamburg
Voraussetzung für den Erlass dieser Verordnung ist nach § 201a BauGB, dass die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist und damit ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt vorliegt. Der Senat hat sowohl den Hamburger Wohnungsmarkt in seiner Gesamtheit als auch relevante räumliche und sachliche Teilmärkte (Teilgebiete und Wohnungsgrößen) betrachtet. Dies dient sowohl der Plausibilitätskontrolle, um nivellierende Effekte auszuschließen, als auch dem Nachweis, dass der Wohnungsmarkt nicht nur in seiner Gesamtheit, sondern auch in einzelnen Segmenten ganz überwiegend angespannt ist. Neben der Betrachtung des Hamburger Wohnungsmarktes nach räumlichen und sachlichen Teilmärkten kam es vor allem auch auf die Bildung eines geeigneten Betrachtungszeitraumes an, der Verschiedenes zu berücksichtigen hat: Der Betrachtungszeitraum hat (um für die Beantwortung der gestellten Frage aussagekräftig zu sein) sowohl die Besonderheiten und Strukturmerkmale von Wohn-Immobilienmärkten im Allgemeinen (geringe Volatilität und lange Zyklen) als auch den Hamburger Mietwohnungsmarkt im Besonderen (geringer freifinanzierter und geförderter Neubau seit Ende der 1990er Jahre bis zum Jahr 2011 sowie ein sukzessiv etabliertes, ambitioniertes Wohnungsbauprogramm ab 2011) zu berücksichtigen.
Um die verschiedenen Faktoren und Einflüsse, die dem Hamburger Mietwohnungsmarkt seine heutige Struktur, sein (absolutes) Mietniveau und seine heutige Entwicklungstendenz gegeben haben, in ein angemessenes Verhältnis zu setzen, beinhaltet der gewählte Betrachtungszeitraum sowohl eine kürzere Periode vor Beginn der ambitionierten Hamburger Wohnungsbauinitiative (2007 bis 2011) als auch den Zeitraum seit Beginn dieser Initiative (2011 bis 2020). Auf diese Weise konnte eine verhältnismäßige Gewichtung der verschiedenen Entwicklungsphasen des Marktes, die heute noch maßgeblich für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessen Bedingungen sind, erzielt werden.
In dieser räumlichen und zeitlichen Gesamtbetrachtung wurde festgestellt, dass eine Gefährdungslage für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessen Bedingungen in ganz Hamburg besteht:
Für die Beurteilung einer Gefährdung der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in Hamburg werden zunächst die in § 201a Satz 4 BauGB genannten Indikatoren herangezogen:
1.
ein deutlich stärkerer Mietanstieg in Hamburg als im bundesweiten Durchschnitt,
2.
eine deutlich stärkere durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte in Hamburg im Vergleich zum Bundesdurchschnitt,
3.
eine wachsende Wohnbevölkerung, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird,
4.
ein geringer Leerstand von Wohnraum bei großer Nachfrage.
1.1
Mietniveau und Mietentwicklung in Hamburg
Grundsätzlich kommt den Indikatoren Mietniveau und Mietentwicklung ein besonderes Gewicht für die Beurteilung der Lage und der Entwicklung des Mietwohnungsmarktes eines Gebietes zu. Sie sind wichtige Kriterien für die Frage, ob eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.
In Hamburg ist - im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt - im gesamten Betrachtungszeitraum ein überdurchschnittlich hohes Mietpreisniveau festzustellen. Der Anstieg der Mieten liegt dabei insgesamt auf dem Niveau des Bundes (vgl. § 201a Satz 4 Nummer 1 BauGB).
1.1.1
Entwicklung der Angebotsmieten
1)
Das hohe Mietniveau in Hamburg verdeutlichen die nachfolgend dargestellten Angebotsmieten in absoluten Zahlen und der Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt.
Bei den Angebotsmieten handelt es sich um Nettokaltmieten von in Tageszeitungen und Internetportalen (zum Beispiel immonet, immobilienscout24 und weiteren) inserierten Mietwohnungen ohne Mietpreisbindung. Diese werden von immobilienwirtschaftlichen Forschungsinstituten in Datenbanken nach einheitlichen Kriterien aufbereitet und ausgewertet. Die Angebotsmieten werden bundesweit auf allen Teilmärkten flächendeckend erfasst und dienen als ein Indikator für die Beurteilung der Anspannung auf den Mietwohnungsmärkten. So werden die Angebotsmieten unter anderem auch in den Wohngeld- und Mietenberichten der Bundesregierung für die Darstellung der Erst- und Wiedervermietungsmieten in Städten und regionalen Teilräumen Deutschlands verwendet.
2)
Da die Angebotsmieten damit sowohl bei einer hamburgweiten als auch bei einer deutschlandweiten Betrachtung mit gleicher Methodik erhoben und ausgewertet werden, sind diese für eine Vergleichsbetrachtung besonders geeignet.
Im Betrachtungszeitraum 2007 bis 2020
3)
sind die Angebotsmieten in Hamburg stark gestiegen. Hamburg liegt damit weiter auf dem Niveau anderer vergleichbarer Großstädte. Die Zuwachsraten im Bundesdurchschnitt sind hingegen in den vergangenen beiden Jahren rückläufig.
In Hamburg stiegen die Angebotsmieten zwischen 2007 und 2020 im Durchschnitt (Median
4)
) von 7,86 Euro/m² Wohnfläche monatlich netto-kalt um rund 58 vom Hundert (v. H.) auf 12,44 Euro/m² Wohnfläche monatlich netto-kalt. Im Vergleich dazu stiegen in demselben Zeitraum bundesweit die Angebotsmieten von 6,01 Euro/m² um durchschnittlich rund 49 v. H. auf 8,97 Euro/m² Wohnfläche monatlich netto-kalt. Dies gilt sowohl bei gesamtstädtischer Betrachtung als auch bis auf eine Ausnahme in Bezug auf die im Folgenden näher betrachteten räumlichen und sachlichen Hamburger Teilmärkte, welche die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen gebildet hat. Ein Teilmarkt besteht aus einzelnen Stadtteilen der Stadt Hamburg, die im räumlichen Zusammenhang stehen und ein ähnliches Mietpreisniveau aufweisen.
Bei Betrachtung der Entwicklung der Angebotsmieten ist dabei auch das bestehende Mietniveau zu berücksichtigen. Bei einem bestehenden sehr hohen Mietniveau fällt der prozentuale Anstieg in der Regel geringer aus, ohne dass sich hieraus der Schluss ableiten ließe, dass die Wohnungsmarktsituation als entspannt zu betrachten sei. In die Gesamtwertung ist daher auch der Vergleich des absoluten durchschnittlichen Mietniveaus eingeflossen. Deutlich wird dies auch bei der Betrachtung der räumlichen Teilmärkte. Der prozentuale Anstieg von 2007 auf 2020 der Angebotsmieten liegt nicht in jedem Teilmarkt über dem des Bundesdurchschnitts. Das absolute durchschnittliche Mietniveau liegt hingegen im Jahre 2020 bis auf einen Teilmarkt (Altes Land) in allen betrachteten Teilmärkten über dem Bundesdurchschnitt (siehe Tabelle 4).
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Im Vergleich mit anderen Großstädten wie Frankfurt am Main (Anstieg um rund 56 v. H.), Düsseldorf (Anstieg um rund 53 v. H.) und Köln (Anstieg um rund 50 v. H.) stiegen die Angebotsmieten in Hamburg zwischen 2007 und 2020 stark an. Der Anstieg war mit 58 v. H. höher als bei den zuvor genannten Städten. München, Berlin und Stuttgart verzeichneten in demselben Zeitraum einen noch höheren relativen Anstieg der Angebotsmieten (München um rund 73 v. H., Berlin um rund 100 v. H., Stuttgart um rund 68 v. H.). Ausgehend von der absoluten Miethöhe steht Hamburg in diesem Städtevergleich auf Platz vier direkt hinter den teuersten Städten München, Frankfurt am Main und Stuttgart.
Dies verdeutlicht die folgende Graphik:
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1.1.2
Entwicklung der Angebotsmieten auf den Hamburger Teilmärkten
Nicht nur in Hamburg insgesamt sind die Mieten im Zeitraum 2007 bis 2020 gestiegen. Diese Entwicklung zeigt sich auch bei einer Betrachtung von einzelnen sachlichen Teilmärkten, gesplittet nach Wohnungsgrößen (siehe dazu nachfolgende Tabellen 1 und 2). Die Tabellen 1 und 2 zeigen die Entwicklung und die Veränderung der Angebotsmieten (Medianwert je m² Wohnfläche) nach Wohnungsgrößen:
Tabelle 1: Entwicklung der Angebotsmieten in Hamburg 2007 bis 2020 nach Größenklassen
Ø Nettokaltmiete (Median) je m² Wohnfläche monatlich
Jahr < 40 qm mit 40 bis 59qm mit 60 bis 79qm mit 80 bis 99qm mit 100 bis 119qm mit 120 bis 159qm > = 160qm
2007 8,67 € 7,68 € 7,42 € 7,88 € 8,91 € 10,24 € 11,45 €
2008 9,17 € 8,04 € 7,70 € 8,18 € 9,06 € 10,37 € 12,05 €
2009 9,74 € 8,31 € 8,12 € 8,71 € 9,80 € 10,99 € 12,45 €
2010 10,43 € 8,98 € 8,50 € 9,00 € 10,50 € 11,28 € 12,26 €
2011 10,27 € 9,03 € 8,85 € 9,79 € 11,50 € 12,00 € 13,00 €
2012 10,27 € 9,03 € 8,85 € 9,79 € 11,50 € 12,00 € 13,00 €
2013 10,59 € 9,84 € 9,53 € 10,37 € 11,76 € 12,48 € 13,00 €
2014 11,11 € 9,98 € 9,67 € 10,47 € 11,83 € 12,34 € 13,00 €
2015 11,11 € 10,00 € 9,65 € 10,50 € 11,91 € 12,26 € 13,39 €
2016 11,40 € 10,16 € 9,97 € 10,92 € 12,10 € 12,51 € 13,50 €
2017 12,39 € 10,73 € 10,39 € 11,25 € 12,19 € 13,01 € 14,41 €
2018 12,29 € 11,03 € 10,83 € 11,87 € 12,65 € 13,25 € 14,42 €
2019 12,58 € 11,50 € 11,21 € 12,45 € 13,00 € 13,50 € 14,50 €
2020 13,24 € 12,00 € 11,80 € 12,90 € 13,32 € 13,80 € 14,57 €
Quelle: empirica ag (bis einschl. 2018/ab 2019 GEWOS)
Tabelle 1 zeigt, dass das Niveau der Angebotsmieten 2020 im Durchschnitt in allen Größenklassen des Wohnungsbestandes deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 8,97 Euro/m² Wohnfläche liegt.
Tabelle 2 zeigt die Veränderung der Angebotsmieten in Hamburg in den Jahren 2007 bis 2020 nach Wohnungsgrößen.
Tabelle 2: Veränderung der Angebotsmieten in Hamburg 2007 bis 2020 und von 2018 bis 2020 (nach Größenklassen)
Veränderung der Angebotsmieten (netto-kalt) in Hamburg
Jahr < 40 qm mit 40 bis 59qm mit 60 bis 79qm mit 80 bis 99qm mit 100 bis 119qm mit 120 bis 159qm > = 160qm
Median Median Median Median Median Median Median
Anstieg im Zeitraum 2007 bis 2020 53 % 56 % 59 % 64 % 49,5 % 35 % 27 %
Anstieg im Zeitraum 2018 bis 2020 8 % 9 % 9 % 9 % 5 % 4 % 1 %
Quelle: Berechnungen BSW/WSB auf Basis der Daten von empirica ag/GEWOS
Die Angaben verdeutlichen, dass in fast allen Größenklassen die Mietpreisentwicklung zwischen 2007 und 2020 mit Anstiegen von 49,5 v. H. bis 64 v. H. über dem Niveau der Mietenentwicklung des Bundesdurchschnittes von 49 v. H. lag. Nur die Wohnungen über 120 m² Wohnfläche wiesen auf einem bereits sehr hohen Preisniveau einen geringeren Anstieg auf (27 v. H. bis 35 v. H.).
Dieselbe Entwicklung ist auch für die unterschiedlichen regionalen Teilmärkte, welche die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen zur Analyse der kleinräumigen Mietenentwicklung gebildet hat, festzustellen. Insgesamt wurden 31 räumlich zusammenhängende Teilmärkte für Hamburg gebildet (siehe hierzu Tabelle 3). Dabei wurden jeweils benachbarte Stadtteile, die ähnliche Mietpreisniveaus aufwiesen, zu einem Teilmarkt zusammengefasst.
5)
Tabelle 4 zeigt im Folgenden die Entwicklung der Angebotsmieten im Zeitraum 2007 bis 2020 auf Ebene dieser Hamburger Teilmärkte.
Tabelle 3: : Abgrenzung der Hamburger Mietwohnungsteilmärkte
Abgrenzung der Hamburger Mietwohnungsteilmärkte für die Auswertung der Angebotsmieten
Teilmärkte Stadtteile
Alsterdorf/Ohlsdorf Alsterdorf Ohlsdorf
Altes Land Cranz Finkenwerder Moorburg Neuenfelde Francop
Altona/Bahrenfeld Altona-Altstadt Altona-Nord Bahrenfeld
Altona-West Iserbrook Rissen Sülldorf
City (Altstadt/Neustadt/Hafencity) Hamburg-Altstadt Neustadt HafenCity
Barmbek Barmbek-Nord Barmbek-Süd Dulsberg
Bergedorf/Lohbrügge Bergedorf Lohbrügge
Billstedt Billstedt
Eimsbüttel Eimsbüttel Hoheluft-West
Elbvororte Blankenese Groß Flottbek Nienstedten Othmarschen
Eppendorf Eppendorf Hoheluft-Ost
Fuhlsbüttel/Langenhorn Fuhlsbüttel Langenhorn
Borgfelde/Hamm/Horn Hamm Horn Borgfelde
Harburg Harburg Heimfeld Eißendorf Langenbek Marmstorf Rönneburg Sinstorf Wilstorf Neuland Gut Moor
Lokstedt/Stellingen Lokstedt Stellingen
Lurup/Osdorf Lurup Osdorf
Neugraben Neugraben-Fischbek Hausbruch
Niendorf Niendorf Gross Borstel
Östliche Alster Uhlenhorst Winterhude
Ottensen Ottensen
Rahlstedt Rahlstedt
Schnelsen/Eidelstedt Schnelsen Eidelstedt
St. Georg/Hohenfelde St. Georg Hohenfelde
Steilshoop/Bramfeld Bramfeld Steilshoop
St.Pauli St.Pauli Sternschanze
Vier und Marschlande Allermöhe Altengamme Billwerder Curslack Kirchwerder Moorfleet Neuengamme Ochsenwerder Reitbrook Spadenland Tatenberg Neuallermöhe
Wandbek-Nord Bergstedt Duvenstedt Hummelsbüttel Poppenbüttel Lemsahl-Mellingstedt Sasel Volksdorf Wellingsbüttel Wohldorf-Ohlstedt
Wandsbek-Mitte Eilbek Marienthal Wandsbek
Wandsbek-Ost Farmsen-Berne Jenfeld Tonndorf
Westliche Alster Harvestehude Rotherbaum
Wilhelmsburg Wilhelmsbürg Veddel Rothenburgsort Kleiner Grasbrook
Tabelle 4: Entwicklung der Angebotsmieten auf den Hamburger Teilmärkten 2007 bis 2020 sowie von 2018 bis 2020
Entwicklung der durchschnittlichen Angebotsmieten pro m² Wfl. (Median) auf den Hamburger Teilmärkten von 2007 bis 2020 und von 2018 bis 2020
Teilmarkt Jahr 2007 Jahr 2018 Jahr 2020 Veränderung im Zeitraum 2007 bis 2020 Veränderung im Zeitraum 2018 bis 2020
Altes Land 6,61 € 7,99 € 8,36 € 26 % 5 %
Neugraben 6,51 € 8,65 € 9,49 € 46 % 10 %
Harburg 6,86 € 9,40 € 10,00 € 46 % 6 %
Vier- und Marschlande 6,66 € 9,38 € 10,14 € 52 % 8 %
Billstedt 6,70 € 9,58 € 10,45 € 56 % 9 %
Steilshoop/Bramfeld 7,57 € 10,00 € 10,83 € 43 % 8 %
Rahlstedt 7,42 € 9,95 € 10,89 € 47 % 9 %
Wilhelmsburg (inkl. Veddel/Rothenburgsort) 6,04 € 10,00 € 10,93 € 81 % 9 %
Bergedorf/Lohbrügge 7,34 € 10,06 € 11,00 € 50 % 9 %
Lurup/Osdorf 7,61 € 9,75 € 11,00 € 45 % 13 %
Schnelsen/Eidelstedt 8,00 € 10,42 € 11,10 € 39 % 7 %
Wandsbek-Ost 7,38 € 9,77 € 11,12 € 51 % 14 %
Borgfelde/Hamm/Horn 6,89 € 10,56 € 11,33 € 64 % 7 %
Altona-West 8,21 € 11,03 € 11,98 € 46 % 9 %
Fuhlsbüttel/Langenhorn 7,58 € 10,83 € 12,00 € 58 % 11 %
Wandsbek-Mitte 7,64 € 11,25 € 12,00 € 57 % 7 %
Wandsbek-Nord 8,21 € 10,90 € 12,03 € 47 % 10 %
Niendorf (inkl. Groß Borstel) 8,39 € 11,03 € 12,04 € 44 % 9 %
Alsterdorf/Ohlsdorf 8,50 € 11,47 € 12,53 € 47 % 9 %
Barmbek (inkl. Dulsberg) 7,85 € 11,64 € 13,03 € 66 % 12 %
Lokstedt/Stellingen 8,39 € 12,40 € 13,51 € 61 % 9 %
Altona/Bahrenfeld 9,15 € 13,27 € 14,15 € 55 % 7 %
Elbvororte 10,83 € 13,75 € 14,42 € 33 % 5 %
Eimsbüttel (inkl. Hoheluft-West) 9,48 € 13,84 € 14,59 € 54 % 5 %
St. Pauli/Sternschanze 9,32 € 13,92 € 14,91 € 60 % 7 %
St. Georg/Hohenfelde 9,60 € 13,88 € 14,99 € 56 % 8 %
Eppendorf (inkl. Hoheluft-Ost) 10,11 € 14,04 € 15,00 € 48 % 7 %
Ottensen 10,81 € 14,04 € 15,00 € 39 % 7 %
Östliche Alster 10,53 € 14,12 € 15,02 € 43 % 6 %
Westliche Alster 12,00 € 15,36 € 16,54 € 38 % 8 %
City (Altstadt/Neustadt/HafenCity) 13,46 € 15,84 € 16,56 € 23 % 5 %
Quelle: empirica AG/GEWOS; sortiert nach durchschnittlicher Miethöhe 2020
Das absolute Mietniveau, das ein wichtiger Indikator für einen angespannten Wohnungsmarkt ist, liegt in fast allen in Tabelle 4 aufgeführten räumlichen Teilmärkten über dem Bundesdurchschnitt von 8,97 Euro/m² Wohnfläche. Ausnahme bildet lediglich der im Südwesten gelegene Teilmarkt Altes Land.
Insgesamt wird deutlich, dass nicht nur in den traditionell nachgefragten innerstädtischen Stadtteilen wie Eppendorf oder Eimsbüttel oder in den sogenannten „Szenestadtteilen“ wie St. Pauli oder St. Georg die Mieten stark gestiegen sind. Auch Stadtteile wie Wilhelmsburg (Anstieg 81 v. H.), Barmbek (Anstieg 66 v. H.) und Borgfelde/Hamm/Horn (Anstieg 64 v. H.) zeigen diese Entwicklung.
1.1.3
Entwicklung der „Mietenspiegel-Mieten“
Die steigende Mietenentwicklung in Hamburg wird nicht nur durch die Angebotsmieten dokumentiert, sondern auch durch die Mietenentwicklung bei den „Mietenspiegel-Mieten“. Das sind die Mieten, die für nicht mietpreisgebundene Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit jeweils zum Stichtag 1. April in Hamburg gezahlt worden sind. Dabei werden die Wohnungsbestände aller Vermietergruppen entsprechend ihrer jeweiligen Anteile in den einzelnen Baualtersklassen und Wohnlagen repräsentativ erfasst. In diesen Mieten sind folglich auch die Mieten der Wohnungsbaugenossenschaften und der kommunalen Wohnungsunternehmen repräsentativ enthalten. Es wurden bis einschließlich des Mietenspiegels 2019 (erschienen am 19. November 2019, der Mietenspiegel 2021 erscheint voraussichtlich im 4. Quartal 2021) die Mieten erfasst, die innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Stichtag neu abgeschlossen oder geändert worden sind. Damit werden auch Mietänderungen im Bestand berücksichtigt.
Der durchschnittliche gewichtete Mittelwert des Hamburger Mietenspiegels ist von 2007 bis 2019 um 33 v. H. von 6,53 Euro/m² Wohnfläche (2007) auf 8,66 Euro/m² Wohnfläche (2019) gestiegen. Im Vergleich dazu stieg der als Vergleichsgröße insoweit am ehesten geeignete Bundesmietenindex
6)
im Zeitraum 2007 bis 2019 nur um 15,1 v. H. Das zeigt, dass auch die „Mietenspiegel-Mieten“ im Vergleich zu den in den Bundesmietenindex einfließenden Mieten überdurchschnittlich gestiegen sind.
1.1.4
Überdurchschnittliche Mietbelastung der Hamburger Haushalte im Vergleich zum Bundesdurchschnitt
Ein weiterer Parameter, der nach § 201a BauGB auf eine Anspannung des Mietwohnungsmarktes hindeutet, ist die Höhe der Mietbelastung im Verhältnis zum Einkommen, die den jeweiligen Anteil der Bruttokaltmiete am Haushaltsnettoeinkommen bezeichnet. Dieser betrug bundesweit für alle Haushalte im Jahr 2018 durchschnittlich 27,2 v. H. In Hamburg lag die Mietbelastungsquote im gleichen Jahr dagegen bei 30,4 v. H., also 3,2 Prozentpunkte höher und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt
7)
.
1.1.5
Zwischenergebnis: Beurteilung der Mietindikatoren
Alle dargestellten Mietindikatoren verdeutlichen, dass in Hamburg das Mietniveau im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich hoch ist. Die Mietenentwicklung liegt dabei über dem Niveau des Bundes. Da die absolute durchschnittliche Miethöhe in Hamburg zudem von Beginn des Betrachtungszeitraumes an deutlich über der des Bundes lag, ist dieses Argument für einen angespannten Wohnungsmarkt primär zu berücksichtigen.
Das gilt, obwohl in Hamburg bereits vor sechs Jahren eine Rechtsverordnung zur Mietpreisbegrenzung erlassen worden ist (aktuell in Kraft befindlich ist die Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 23. Juni 2020 (HmbGVBl. S. 341)), während der Bundesdurchschnitt auch die Mietentwicklung von Gebieten ohne Mietpreisbremse umfasst.
Die Auswertungen zur Entwicklung der Angebotsmieten auf den sachlichen und regionalen Teilmärkten zeigen, dass es nur einen kleinen regionalen Teilmarkt am Stadtrand gibt, in dem die absolute Miethöhe in 2020 im Betrachtungszeitraum geringfügig unter dem Bundesdurchschnitt lag.
Wie oben bereits ausgeführt, erfassen die Angebotsmieten nicht alle Anbieter auf dem Wohnungsmarkt gleichermaßen. Insbesondere die Bestände des städtischen Unternehmens SAGA und der Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften sind in den ausgewerteten Angebotsmietdaten stark unterrepräsentiert. Deren Bestände weisen im Vergleich zu den anderen Anbietern auf dem Hamburger Wohnungsmarkt grundsätzlich auch bei einer Neuvermietung niedrigere Mieten auf (so beispielsweise die sogenannte CRES-Studie aus dem Jahr 2019)
8)
. Für die Beurteilung der Lage auf dem Hamburger Wohnungsmarkt kann aus diesem Umstand aber nicht der Schluss gezogen werden, dass der Hamburger Wohnungsmarkt nicht angespannt wäre. Denn auch die Entwicklung der „Mietenspiegel-Mieten“ im Verhältnis zur Entwicklung des Bundesmietenindex verdeutlicht, dass in Hamburg die Mieten im Betrachtungszeitraum überdurchschnittlich stark gestiegen sind. Bei diesem Indikator sind die Mieten aller Eigentümergruppen entsprechend der Größe ihrer Bestände repräsentativ berücksichtigt.
1.2
Bevölkerungswachstum und Neubautätigkeit in Hamburg
Nach § 201a BauGB kann als ein weiterer Indikator der Anstieg der Wohnbevölkerung im Vergleich zur Neubautätigkeit geprüft werden. Betrachtet man diesen Indikator für Hamburg, ist festzustellen, dass die Neubautätigkeit mit dem Anwachsen der Wohnbevölkerung (noch) nicht Schritt halten kann. Dies ergibt sich aus folgenden Zahlen: Von 2006 bis November 2019 ist die Bevölkerung von 1.754.182 auf 1.851 872 Einwohnerinnen und Einwohner gestiegen (Quelle: Statistikamt Nord). Ausschlaggebend für diese Entwicklung ist, dass mehr Menschen nach Hamburg zuziehen, als Einwohnerinnen und Einwohner die Stadt verlassen. Gerade jüngere Menschen (im Alter zwischen 20 und 30 Jahren) zieht es im Rahmen ihrer Ausbildung, ihres Studiums oder mit der Aufnahme der ersten Erwerbstätigkeit nach Hamburg. Sie fragen zunächst in der Regel kleinere Wohnungen in innerstädtischen attraktiven Lagen nach. Viele von ihnen werden in Hamburg später eine Familie gründen wollen und dementsprechend dann auch familiengerechten Wohnraum nachfragen.
Der Anteil der Einpersonenhaushalte liegt derzeit bei rund 54 v. H. Da Einpersonenhaushalte im Verhältnis mehr Wohnfläche pro Kopf als Mehrpersonenhaushalte benötigen, verstärkt dies tendenziell den Nachfragedruck auf den Wohnungsmarkt.
Insgesamt ist auf Basis der Kleinräumigen Bevölkerungsvorausberechnung für den Zeitraum bis 2035 mit einem weiteren Bevölkerungsanstieg um rd. 146.000 Personen in Hamburg zu rechnen.
9)
Neben der Zuwanderung hat auch die demografisch bedingte Veränderung der Bevölkerungsstruktur eine Rolle für den Anstieg der Haushaltszahlen gespielt. So hat sich die Zahl der Haushalte mit Menschen, die älter als 65 Jahre sind, erhöht und wird auch perspektivisch weiter steigen. Bei einer steigenden Lebenserwartung und einem erwünschten und geförderten längeren Verbleib in der eigenen Wohnung besteht auch zukünftig ein weiterer demografischer Druck auf den Hamburger Wohnungsmarkt.
Ende des Jahres 2019 standen den rund 1.042.000 Haushalten
10)
, welche die potentielle Wohnungsnachfrage abbilden, insgesamt rund 966.000 Wohnungen gegenüber. Dabei ist zu berücksichtigen, dass teilweise mehrere Haushalte in einer Wohnung lebten (Wohngemeinschaften, Jugendwohnungen, Untermietverhältnisse). Als Indikator für einen angespannten Wohnungsmarkt kann auf die Anzahl der Wohneinheiten insgesamt Bezug genommen werden. Denn ist die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum insgesamt besonders gefährdet, gilt dies erst recht für die Teilmenge der Mietwohnungen.
1.3
Geringe Leerstandsquote und große Nachfrage nach Wohnraum in Hamburg
Ein weiterer geeigneter Indikator für einen angespannten Wohnungsmarkt, der in § 201a BauGB aufgeführt wird, ist ein geringer Leerstand bei zugleich großer Nachfrage. Der Senat hat insoweit den CBRE-empirica-Leerstandsindex
11)
herangezogen.
Die Daten des CBRE-empirica-Leerstandsindex zeigen für die Jahre 2007 bis 2019
12)
in Graphik 3, dass Hamburg im Bundesländervergleich mit 0,5 v. H. (2019) die niedrigste Leerstandsquote aufweist (Bundesdurchschnitt 2019: 2,8 v. H.). Dargestellt im CBRE-empirica-Leerstandsindex wird der marktaktive Leerstand, jeweils unabhängig von der Dauer des Leerstandes. Dieser wird nur für Geschosswohnungen ausgewiesen. Der marktaktive Leerstand umfasst leer stehende Wohnungen, die unmittelbar verfügbar sind, sowie leer stehende Wohnungen, die aufgrund von Mängeln derzeit nicht zur Vermietung anstehen beziehungsweise gerade modernisiert werden, aber gegebenenfalls in weniger als sechs Monaten aktivierbar wären.
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Eine derart niedrige Leerstandsquote von 0,5 v. H. in 2019 zeigt das geringe Volumen an kurz- und mittelfristig verfügbarer Wohnungen. Da die Haushaltszahlen gleichzeitig wachsen (siehe dazu Nummer 1.3), lässt auch die niedrige Leerstandsquote auf einen angespannten Wohnungsmarkt in Hamburg schließen.
Nach § 201a Satz 4 Nummer 4 BauGB kommt dem Leerstand eine Indizwirkung zu, wenn gleichzeitig eine große Nachfrage besteht. Diese große Nachfrage ist in Hamburg derzeit und nach Einschätzung des Senats (auf Grundlage der vorliegender Bevölkerungs- und Haushaltsprognosen) auch zukünftig gegeben.
Kennzeichnend für einen Wohnungsmarkt, auf dem ein Nachfrageüberhang beziehungsweise eine „große Nachfrage“ besteht, ist, dass das Mietniveau und/oder der Mietanstieg überdurchschnittlich hoch sind. Beides ist in Hamburg der Fall, wie unter Nummer 1.1 ausgeführt. Ausdruck für eine hohe Nachfrage ist auch, wenn das Verhältnis der zuziehenden Bevölkerung im Verhältnis zur Wohnbevölkerung beziehungsweise zum Wohnungsbestand hoch ist und die Zahl der Zuzüge die der Fortzüge übersteigt - also eine hohe Wanderungsintensität besteht. Auch dies trifft auf Hamburg zu (siehe Nummer 1.2).
1.4
Situation hilfebedürftiger Haushalte/Sozialwohnungsbestand
Als weiteren für die Beurteilung der Lage auf dem Wohnungsmarkt sachgerechten Indikator betrachtet der Senat die Situation der hilfebedürftigen Haushalte, weil diese insbesondere auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen sind. Ihre Wohnungsversorgung stellt sich wie folgt dar:
Im Jahr 2020 wurden 11.872 Wohnberechtigungsscheine (§-5-Scheine), mit denen Sozialwohnungen des 1. Förderwegs bezogen werden können, erteilt, allerdings lediglich 3.000 bestehende oder neue Sozialwohnungen an diesen Personenkreis vergeben
13)
. Der Großteil der Berechtigten ist daher darauf angewiesen, sich außerhalb des gebundenen Wohnungsbestands zu versorgen. Es ist nicht damit zu rechnen, dass sich die Zahl der einkommensschwachen Haushalte in Zukunft nennenswert verringern wird. Circa 247.000 Einwohnerinnen und Einwohner (Stand Januar 2021) erhalten Transferleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 852, 2094), zuletzt geändert am 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2020, 2021), beziehungsweise dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022, 3023), zuletzt geändert am 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2020, 2021), oder dem Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2023), zuletzt geändert am 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2020, 2021).
Die Wohnraumversorgungssituation der anerkannt vordringlich Wohnungssuchenden
14)
, das heißt von Haushalten, die es am Wohnungsmarkt besonders schwer haben, hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugespitzt und aufgrund der gestiegenen Zuwanderung weiter verschärft. So stieg die Zahl der unversorgten vordringlich wohnungsuchenden Haushalte im Zeitraum von 2007 bis 2020 von 5.682 auf 12.824 Haushalte an. Dies zeigt die gestiegene Anspannung der Versorgungssituation vordringlich wohnungssuchender Haushalte.
Der für einkommensschwächere Bevölkerungskreise besonders geeignete Sozialwohnungsbestand (1. Förderweg) hat von rund 116.500 Wohnungen im Jahr 2007 auf rund 76.800 Wohnungen im Jahr 2020 kontinuierlich abgenommen. In der Folge des Auslaufens von öffentlichen Bindungen würde sich der Sozialwohnungsbestand (1. Förderweg) von 2020 bis 2030 um weitere rund 42.000 Wohnungen reduzieren. Soweit die Förderzahlen auf dem derzeitigen Niveau in den nächsten zehn Jahren verstetigt werden, wird es jedoch gelingen, den Bestand der Sozialwohnungen (1. Förderweg) bis 2030 bei etwa 71.500 Wohnungen zu halten. Anders stellt sich die Prognose für den WA-gebundenen
15)
Wohnungsbestand, der vordringlich wohnungssuchenden Haushalten vorbehalten ist, dar: Bereits von 2007 bis 2020 ist die Zahl der WA-gebundenen Wohnungen von gut 73.700 auf etwa 34.200 Wohnungen gesunken und in Folge weiter auslaufender Bindungen wird sich der Bestand in den kommenden zehn Jahren noch einmal um fast die Hälfte reduzieren. Trotz verstärkter Anstrengungen des Senats in diesem Bereich wird diese Entwicklung voraussichtlich nicht durch den Wohnungsneubau und Bindungsankäufe im Bestand zu kompensieren sein.
Obwohl für die Wohnraumversorgung von sozialwohnungsberechtigten Haushalten neben den gebundenen auch die ungebundenen Wohnungen (insbesondere die Bestände des städtischen Unternehmens SAGA) zur Verfügung stehen, zeigt die Entwicklung der beiden Parameter - kontinuierlicher Anstieg der Anzahl wohnberechtigter Haushalte sowie auslaufende Sozialbindungen -, dass gegenwärtig und auch zukünftig eine Gefährdung der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen festzustellen ist.
1.5
Ergebnis der Prüfung des angespannten Wohnungsmarkts
Die unter Nummern 1.1 bis 1.4 dargestellten Indikatoren belegen nach Überzeugung des Senats, dass die angespannte Lage auf dem Mietwohnungsmarkt für ganz Hamburg festzustellen ist. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach Mietwohnungen und die Mieten selbst sind nicht in allen Stadtteilen gleich. Der Mietwohnungsmarkt ist aber insgesamt zusammenhängend, und in keinem relevanten Teilgebiet oder Teilsegment kann er als derart entspannt eingestuft werden, dass die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen nicht besonders gefährdet wäre. Damit sind die Voraussetzungen für den Erlass einer Rechtsverordnung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a BauGB für das gesamte Stadtgebiet gegeben.
Auch mit der Verordnung über die Feststellung einer Gefährdungslage nach § 9 Absatz 1 des Hamburgischen Wohnraumschutzgesetzes vom 20. März 2018 (HmbGVBl. S. 70) hat der Senat festgestellt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg ein Gebiet ist, in dem die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, und damit das in Hamburg seit 1971 ununterbrochen geltende Zweckentfremdungsverbot bestätigt. Mit der Kündigungsschutzfristverordnung vom 12. November 2013 (HmbGVBl. S. 458), geändert am 30. Dezember 2014 (HmbGVBl. 2015 S. 11), hat der Senat festgestellt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg eine Gemeinde im Sinne des § 577a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist, in der die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Mit der Kappungsgrenzenverordnung vom 26. Juni 2018 (HmbGVBl. S. 215) hat der Senat festgestellt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg eine Gemeinde im Sinne des § 558 Absatz 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist, in der die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessen Bedingungen besonders gefährdet ist. Mit der Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 23. Juni 2020 (HmbGVBl. S. 341) hat der Senat zuletzt festgestellt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg ein Gebiet mit einem angespanntem Wohnungsmarkt im Sinne des § 556d Absatz 1 BGB ist. Die zu allen Verordnungen getroffenen Feststellungen gelten weiterhin für das gesamte Stadtgebiet. Trotz zwischenzeitlich feststellbarer Abschwächung des Mietanstiegs sowohl bei den Angebotsmieten als auch beim Mietenspiegel 2019 liegt bislang kein verstetigter Trend vor. Auch ist das absolute Mietniveau in Hamburg weiterhin sehr hoch. Die Lage am Wohnungsmarkt hat sich bisher - wie dargelegt - nicht entspannt.
2.
Entschließung zum Verordnungserlass
Die Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt durch eine Rechtsverordnung nach § 201a BauGB ist Voraussetzung für die Anwendung des § 25 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BauGB (Vorkaufsrecht an unbebauten oder brachliegenden Grundstücken, die vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, durch eine entsprechende Vorkaufsrechtsverordnung), des § 31 Absatz 3 BauGB (erleichterte Voraussetzungen für Befreiungen zugunsten des Wohnungsbaus), und des § 176 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BauGB (Baugebot zur Bebauung eines Grundstückes mit einer oder mehrerer Wohneinheiten, wenn im Bebauungsplan Wohnnutzungen zugelassen sind) auch nach Maßgabe des neuen § 175 Absatz 2 Satz 2 (Vorliegen eines dringenden Wohnbedarfs der Bevölkerung im Sinne des Satzes 1, 2. Halbsatz insbesondere dann, wenn es sich um ein nach § 201a BauGB bestimmtes Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt handelt). Zur Erleichterung des Wohnungsbaus beschließt der Senat diese Rechtsverordnung mit einem räumlichen Geltungsbereich für das gesamte Stadtgebiet ohne sachliche Einschränkungen (siehe dazu Nummer 2.1) sowie mit einer Geltungsdauer bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 (siehe dazu Nummer 2.2).
Da der Hamburger Wohnungsmarkt nach den vorstehenden Feststellungen insgesamt angespannt ist, obwohl die unter Nummer 1.5 dargestellten miet- und wohnraumschutzrechtlichen Vorschriften gelten, ist aus Sicht des Senats zumindest als vorübergehende Maßnahme eine Rechtsverordnung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a BauGB erforderlich. Damit wird die Anwendung der im vorstehenden Absatz dargestellten bauplanungsrechtlichen Regelungen ermöglicht, die auf eine erleichterte Schaffung der Voraussetzungen für die Errichtung von zusätzlichem Wohnraum gerichtet sind. Damit soll das Potential für dämpfende Wirkungen auf die Entwicklungen der Mietpreise ausgeschöpft werden, das in einer Steigerung der auf dem Markt angebotenen Mietwohnungen liegt. Die Rechtsverordnung nach § 201a BauGB ist damit eine notwendige Ergänzung zu den bereits geltenden miet- und wohnraumschutzrechtlichen Vorschriften.
2.1
Räumlicher und sachlicher Geltungsbereich
Der Senat sieht aufgrund des insgesamt zusammenhängenden Wohnungsmarktes und im Hinblick auf eine Gleichbehandlung aller Mieterinnen und Mieter in Hamburg von einer räumlichen Beschränkung des Geltungsbereiches dieser Rechtsverordnung auf bestimmte Gebiete ab. Die Rechtsverordnung gilt in ganz Hamburg. Denn die Erleichterung und Förderung des Wohnungsbaus durch Anwendung des § 25 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, des § 31 Absatz 3, des § 175 Absatz 2 Satz 2 und des § 176 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BauGB zur Förderung des Wohnungsbaus ist ebenso wichtig wie der Schutz der Mieterinnen und Mieter vor überhöhten Wiedervermietungsmieten (Mietpreisbegrenzungsverordnung), vor übermäßigen Mieterhöhungen im laufenden Mietverhältnis (Kappungsgrenzenverordnung) und vor Kündigungen nach Wohnungsumwandlung (Kündigungsschutzfristverordnung) sowie der Schutz des Wohnraums vor Zweckentfremdung (Zweckentfremdungsverbot). Mietpreisbegrenzungsverordnung, Kappungsgrenzenverordnung, Kündigungsschutzfristverordnung sowie das Zweckentfremdungsverbot gelten im gesamten Stadtgebiet und für alle Wohnungen beziehungsweise Mietwohnungen.
Die zur hamburgweiten Betrachtung ergänzend herangezogenen Daten zur Entwicklung der Angebotsmieten auf den sachlichen und regionalen Teilmärkten dienen auch der Überprüfung des räumlichen Geltungsbereichs der Mietpreisbegrenzungsverordnung. Dabei können die gebildeten Teilmärkte Hamburgs aufgrund ihrer Stellung im Gesamtgefüge des Hamburger Wohnungsmarktes grundsätzlich nicht losgelöst voneinander und ohne Einbeziehung der Gesamtsituation am Hamburger Wohnungsmarkt betrachtet werden. Insoweit stellt Hamburg mit seinen Teilmärkten einen insgesamt zusammenhängenden Mietwohnungsmarkt dar. Dies wird der räumlich sehr engen Verknüpfung der betrachteten regionalen Teilmärkte sowie der besonderen Verkehrs- und Mobilitätsstruktur Hamburgs als Stadtstaat gerecht. Die Gesamtbetrachtung des Hamburger Wohnungsmarkts hat zu der Feststellung einer insgesamt angespannten Situation am Hamburger Wohnungsmarkt geführt, die auch für 30 der insgesamt 31 betrachteten regionalen Teilmärkte im Hinblick auf das Mietenniveau im Vergleich zum Bundesdurchschnitt festgestellt wurde. Den einen regionalen Teilmarkt, für den dies nicht zutrifft, aus dem Geltungsbereich der Verordnung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a BauGB auszunehmen, ist angesichts der bestehenden Gesamtsituation am Hamburger Wohnungsmarkt nicht angebracht. Die Anwendung der Instrumente des BauGB ist auch in diesem Teilgebiet geeignet, eine entlastende Wirkung auf den gesamten Wohnungsmarkt in Hamburg auszuüben. Deshalb wird die Rechtsverordnung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a BauGB für das gesamte Hamburger Stadtgebiet erlassen. Eine Beschränkung der räumlichen Geltung durch die Ausklammerung einzelner Stadtgebiete oder Teilmärkte aus dem Geltungsbereich der Rechtsverordnung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a BauGB ist nicht geboten, da Hamburg als insgesamt zusammenhängender angespannter Mietwohnungsmarkt anzusehen und zu behandeln ist.
2.2
Zeitliche Geltungsdauer
Auf der Basis der Annahmen zur demographischen Entwicklung und der Entwicklung der Zuwanderung wird die Bevölkerung wie auch die Zahl der Haushalte in Hamburg in den kommenden Jahren weiter steigen. Es ist daher nicht damit zu rechnen, dass sich - auch bei Neubaufertigstellungen von aktuell rund 10.000 Wohnungen pro Jahr - die Lage am Wohnungsmarkt bis 2026 in der Weise entspannen wird, dass das Angebot insbesondere an Mietwohnungen die Nachfrage nachhaltig übersteigt und damit die festgestellte Gefährdungslage wegfällt. Der Senat erlässt daher die Verordnung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a BauGB mit einer Geltungsdauer bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026.
3.
Zusammenfassende Bewertung
Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Verordnung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a BauGB erfüllt sind. Aufgrund aller fünf Indikatoren kann festgestellt werden, dass der Wohnungsmarkt in Hamburg angespannt ist. Inwieweit langfristig Veränderungen hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung und der Wohnungsnachfrage in Hamburg entstehen, die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt haben, lässt sich derzeit kaum abschätzen.
Der Senat hält aus den dargelegten Gründen den uneingeschränkten Erlass dieser Verordnung für das gesamte Stadtgebiet für geboten. Der Senat erlässt daher diese Verordnung mit einem Geltungsbereich für das gesamte Stadtgebiet und einer Geltungsdauer bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026.
Fußnoten
1)
Die Angebotsmieten spiegeln in Hamburg die Mietentwicklung der Neuvertragsmieten insbesondere bei privaten Vermietern und Wohnungsunternehmen wieder. Das städtische Wohnungsunternehmen SAGA und die Wohnungsbaugenossenschaften vermarkten ihre Wohnungen dagegen in den meisten Fällen nicht über die einschlägigen Internetportale.
2)
Vergleiche Bundestagsdrucksache 19/11750 (Wohngeld- und Mietenbericht 2018), zum Beispiel Seiten 11 und 21 ff.
3)
Der Betrachtungszeitraum 2007 bis 2020 ergibt sich auch daraus, dass seit 2007 differenzierte Daten zu den Angebotsmieten für Hamburg insgesamt und für die regionalen Teilmärkte vorliegen. Im Übrigen siehe 1.
4)
Definition Median: Der Median (50 v. H.) oder Zentralwert ist ein Mittelwert für Verteilungen in der Statistik. Im Gegensatz zum arithmetischen Mittel ist der Median nicht anfällig für Ausreißer, das heißt er reagiert nicht sensibel auf über- oder unterdurchschnittliche Extremwerte.
5)
Ausnahme bilden Billstedt, Rahlstedt und Ottensen. Aufgrund der Größe der Stadtteile Billstedt und Rahlstedt beziehungsweise des herausgehobenen Mietniveaus in Ottensen wurden in diesen Fällen keine Teilmärkte mit anderen Stadtteilen gebildet.
6)
Quelle: Statistisches Bundesamt. Im Bundesmietenindex werden alle Mieten (nicht nur Neuvertragsmieten oder Änderungen von Bestandsmieten) erfasst. Der Mietenindex ist Teil des vom Statistischen Bundesamt berechneten Verbraucherpreisindex und hat die Aufgabe, die reine Preisänderung für den Ausgabebereich Wohnungsnutzung zu messen.
7)
Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis) auf Grundlage des Mikrozensus 2018. Daten für 2019 liegen nicht vor.
8)
Vgl.
https://www.vnw.de/fileadmin/user_upload/2019-10-29_Studientext-CRES-Studie-HH-Mietwohnungsmarkt19-MW_V9.pdf
(Stand: 12.5.2020)
9)
Ausgangszeitpunkt der Prognose ist der 21.12.2018.
10)
Quelle: Statistikamt Nord; Haushaltegenerierung mit dem Programm HHGen auf Grundlage des Melderegisters (mit Nebenwohnsitz).
11)
Vgl.
https://www.empirica-institut.de/nc/nachrichten/details/nachricht/cbre-empirica-leerstandsindex-2020/
12)
Schätzung des Leerstandes im Geschosswohnungsbau jeweils für das Ende des Kalenderjahres. Die Daten für 2020 erscheinen voraussichtlich im Dezember 2021.
13)
Quelle: Statistik der Bezirksämter/Wohnungsabteilungen.
14)
Es handelt sich um anerkannt vordringlich Wohnungssuchende im Sinne der Fachanweisung gemäß § 45 Absätze 2 und 3 des Bezirksverwaltungsgesetzes der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen über die Versorgung von vordringlich Wohnungsuchenden mit Wohnraum.
15)
WA steht für Wohnungsamt. Es handelt sich um Wohnungsbestand, der vordringlich wohnungssuchenden Haushalten vorbehalten ist und für dessen Belegung die bezirklichen Wohnungsabteilungen i.d.R. ein Benennungsrecht im Rahmen des sogenannten Dreier-Vorschlags haben.
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