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Hessisches Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (Hessisches Klimagesetz - HKlimaG) Vom 26. Januar 2023

Hessisches Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (Hessisches Klimagesetz - HKlimaG) Vom 26. Januar 2023
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Hessisches Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (Hessisches Klimagesetz - HKlimaG) vom 26. Januar 202308.02.2023
§ 1 - Zweck des Gesetzes08.02.2023
§ 2 - Begriffsbestimmungen08.02.2023
§ 3 - Klimaschutzziele08.02.2023
§ 4 - Klimaplan Hessen08.02.2023
§ 5 - Anpassung an die Folgen des Klimawandels08.02.2023
§ 6 - Wissenschaftlicher Klimabeirat08.02.2023
§ 7 - Vorbildrolle des Landes08.02.2023
§ 8 - Gemeinden und Landkreise08.02.2023
§ 9 - Monitoring08.02.2023
§ 10 - Evaluierung08.02.2023
§ 11 - Inkrafttreten08.02.2023

§ 1 Zweck des Gesetzes

(1) Zweck dieses Gesetzes ist die Festlegung eines notwendigen Beitrags des Landes Hessen zur Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst 1,5 Grad Celsius, gegenüber dem vorindustriellen Niveau. Durch diese Festlegung sollen die sozialen, ökologischen, gesundheitlichen und ökonomischen Auswirkungen des weltweiten Klimawandels so gering wie möglich gehalten werden.
(2) Weiterer Zweck dieses Gesetzes ist es, dazu beizutragen, die nicht zu vermeidenden Folgen des Klimawandels abzumildern und insbesondere Anpassungsmaßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit, der biologischen Vielfalt, der Gewässer, des Bodens, der natürlichen Umwelt, des kulturellen Erbes, der Infrastruktur und sonstiger Sachgüter zu entwickeln und umzusetzen sowie die sozialen Folgewirkungen abzuschwächen und die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der hessischen Wirtschaft zu erhalten.

§ 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind:
1.
Treibhausgase: Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O) und Schwefelhexafluorid (SF6), Stickstofftrifluorid (NF3) sowie teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW) und perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFKW).
2.
Treibhausgasemissionen: die anthropogene Freisetzung von Treibhausgasen in Tonnen Kohlendioxidäquivalent, wobei eine Tonne Kohlendioxidäquivalent eine Tonne Kohlendioxid oder die Menge eines anderen Treibhausgases ist, die in ihrem Potenzial zur Erwärmung der Atmosphäre einer Tonne Kohlendioxid entspricht.
3.
Netto-Treibhausgasneutralität: das Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken.

§ 3 Klimaschutzziele

(1) Die Treibhausgasemissionen werden unter Einbezug der Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene im Vergleich zum Jahr 1990 kontinuierlich wie folgt gemindert:
1.
bis zum Jahr 2025 um mindestens 40 Prozent,
2.
bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent,
3.
bis zum Jahr 2040 um mindestens 88 Prozent.
(2) Bis zum Jahr 2045 werden die Treibhausgasemissionen so weit gemindert, dass Netto-Treibhausgasneutralität erreicht wird. Nach dem Jahr 2050 sollen negative Treibhausgasemissionen erreicht werden.

§ 4 Klimaplan Hessen

(1) Der Klimaplan Hessen legt die Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele nach § 3 fest. Die obersten Landesbehörden erarbeiten für ihren Zuständigkeitsbereich Maßnahmen zur Zielerreichung für den Einbezug in den Klimaplan Hessen; über die Maßnahmen ist das Einvernehmen mit der für Klimaschutz zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister herzustellen.
Der Klimaplan Hessen enthält insbesondere:
1.
auf wissenschaftlicher Grundlage ermittelte Minderungsziele für die einzelnen Hauptemissionssektoren,
2.
Maßnahmen zur Zielerreichung, möglichst unter Angabe der jeweils angestrebten Reduktion von Treibhausgasemissionen,
3.
Vorschläge zur Sicherung und zum Ausbau von Kohlenstoffsenken.
(2) Die für Klimaschutz zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister legt den Entwurf des Klimaplans Hessen der Landesregierung zur Beschlussfassung vor. Die Landesregierung beschließt den Klimaplan Hessen.
(3) Die obersten Landesbehörden sind für die Umsetzung der Maßnahmen des Klimaplans in ihrem Zuständigkeitsbereich verantwortlich.
(4) Der Klimaplan ist spätestens nach fünf Jahren ab dem Jahr der erstmaligen oder letzten Erstellung anzupassen.
(5) Die Förderung und die Umsetzung von Maßnahmen des Klimaschutzes erfolgen im Rahmen der im Haushaltsplan zur Verfügung stehenden Mittel.

§ 5 Anpassung an die Folgen des Klimawandels

(1) Das für Klimaschutz zuständige Ministerium entwickelt eine Strategie zur Abmilderung der negativen Folgen des Klimawandels. Diese enthält die Ziele, die wesentlichen Handlungsfelder und die Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.
(2) Die obersten Landesbehörden erarbeiten für ihren Zuständigkeitsbereich Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zum Einbezug in die Strategie; über die Maßnahmen ist das Einvernehmen mit der für Klimaschutz zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister herzustellen. Die Maßnahmen werden in der Strategie zur Abmilderung der negativen Folgen des Klimawandels zusammengefasst und die für Klimaschutz zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister legt die Strategie der Landesregierung zur Beschlussfassung vor. Die Landesregierung beschließt die Strategie zur Abmilderung der negativen Folgen des Klimawandels.
(3) Die Strategie zur Abmilderung der negativen Folgen des Klimawandels ist spätestens nach fünf Jahren ab dem Jahr der erstmaligen oder letzten Erstellung anzupassen.
(4) Für die Umsetzung der Maßnahmen zur Abmilderung der negativen Folgen des Klimawandels sind die obersten Landesbehörden in ihrem Zuständigkeitsbereich verantwortlich.
(5) Die Förderung und die Umsetzung von Maßnahmen zur Abmilderung der negativen Folgen des Klimawandels erfolgen im Rahmen der im Haushaltsplan zur Verfügung stehenden Mittel.

§ 6 Wissenschaftlicher Klimabeirat

(1) Die Landesregierung beruft auf Vorschlag der für Klimaschutz zuständigen Ministerin oder des hierfür zuständigen Ministers einen in seinen Empfehlungen unabhängigen wissenschaftlichen Klimabeirat, der die Landesregierung regelmäßig in Fragen zum Klimaschutz und zur Klimawandelanpassung berät. Er wird mit Mitgliedern besetzt, die über besondere Sachkunde auf dem Gebiet der Klimaforschung, Ingenieurwissenschaften, Umweltwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften, Sozialwissenschaften, Medizin oder verwandten Gebieten verfügen.
(2) Der wissenschaftliche Klimabeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Sie werden persönlich berufen und sind an Weisungen nicht gebunden. Die Amtszeit jedes Mitglieds beträgt fünf Jahre, eine erneute Berufung ist zulässig.
(3) Der wissenschaftliche Klimabeirat wählt aus seiner Mitte das vorsitzende Mitglied und eine Vertretung.
(4) Der wissenschaftliche Klimabeirat ist jederzeit berechtigt, gegenüber der Landesregierung Empfehlungen abzugeben. Er nimmt zum Entwurf des Klimaplans Hessen nach § 4 und zum Entwurf der Strategie zur Abmilderung der negativen Folgen des Klimawandels nach § 5 Stellung. Er äußert sich auf Ersuchen der Landesregierung gutachtlich zu Fragen, deren Beantwortung im Zusammenhang mit der Erreichung der Ziele dieses Gesetzes von Bedeutung sind.

§ 7 Vorbildrolle des Landes

(1) Das Land wirkt vorbildhaft darauf hin, die Ziele dieses Gesetzes zu erreichen.
(2) Die Zwecke dieses Gesetzes, insbesondere die Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, sind bei allen Planungen, Maßnahmen und Entscheidungen der öffentlichen Hand zu berücksichtigen.
(3) Beschlüsse der Landesregierung über Gesetzesentwürfe und Verordnungen werden unter Abwägung der Auswirkungen auf die Klimaschutzziele nach § 3 gefasst. Die wesentlichen Abwägungen und Entscheidungsgründe sind in der Beschlussvorlage festzuhalten. Satz 1 gilt auch für Förderprogramme von erheblicher finanzieller Bedeutung.
(4) Bei der Planung, Auswahl und Durchführung von Investitionen und bei der Beschaffung durch das Land Hessen ist für die Vermeidung oder Verursachung von Treibhausgasemissionen ein CO2-Preis zugrunde zu legen.
(5) Bis zum Jahr 2030 wird die Landesverwaltung netto-treibhausgasneutral organisiert. Dies wird vorrangig durch die Reduktion des Energiebedarfs, die effiziente und emissionsneutrale Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von thermischer und elektrischer Energie sowie die Nutzung erneuerbarer Energien erreicht. Weiterhin nicht vermeidbare Treibhausgase sind durch Zahlungen zur Finanzierung von treibhausgasmindernden Investitionen (Zertifikate für Treibhausgasemissionen) zu kompensieren.
(6) Bis spätestens zum Jahr 2045 soll die Kompensation über Zertifikate eingestellt werden.
(7) Die obersten Landesbehörden sind für ihren Zuständigkeitsbereich für die Zielerreichung verantwortlich.
(8) Die Landesregierung legt dem Landtag ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes alle zwei Jahre einen Bericht zum Stand der Umsetzung des Ziels nach Abs. 5 Satz 1 vor. Der Bericht umfasst insbesondere Angaben zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen durch die Nutzung landeseigener Gebäude, Art und Höhe des Energiebedarfs in der Landesverwaltung sowie durch dienstliche Mobilität.
(9) Für landeseigene Gebäude ist bis zum Jahr 2026 ein Plan zu erstellen, der festlegt, mit welchen Maßnahmen für die Gebäude Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 erreicht wird. Die Umsetzung des Plans muss bis spätestens 2028 begonnen werden. Ab dem Jahr 2026 werden in landeseigenen Gebäuden bei der Umrüstung oder Neuausstattung der Gebäudetechnik grundsätzlich nur Anlagen verwendet, die auf die Verbrennung fossiler Energieträger verzichten.
(10) Landeseigene Grundstücke, insbesondere Wald- und Moorflächen, landwirtschaftliche Flächen sowie Gewässer in staatlicher Unterhaltslast, werden so aufgewertet, dass sie ihr Potenzial zur Bindung von Kohlenstoff unter Beachtung der Funktionen für die biologische Vielfalt steigern.

§ 8 Gemeinden und Landkreise

(1) Die Gemeinden und Landkreise tragen als Teil der Daseinsvorsorge eine besondere Verantwortung für die Erreichung der Klimaschutzziele und die Anpassung an die nicht zu vermeidenden Folgen des Klimawandels. Sie nehmen diese Aufgabe in eigener Verantwortung und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit wahr.
(2) Das Land unterstützt sie hierbei durch Förderung und Beratungsangebote, insbesondere bei der Erstellung kommunaler Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsstrategien sowie beim Energie-, Gebäude- und Mobilitätsmanagement und der Umsetzung daraus abgeleiteter Maßnahmen.

§ 9 Monitoring

(1) Das Erreichen der Ziele dieses Gesetzes wird durch quantitative und qualitative Erhebungen überprüft (Monitoring). Das Monitoring bildet die Grundlage für die Bewertung und Weiterentwicklung der Klimaschutzmaßnahmen des Landes. Die Landesregierung ist für das Monitoring zuständig.
(2) Das Monitoring umfasst folgende Berichte:
1.
eine jährliche Treibhausgasbilanz des Landes Hessen, die durch das Hessische Statistische Landesamt erstellt wird,
2.
einen alle fünf Jahre von der Landesregierung zu veröffentlichenden Monitoring- und Projektionsbericht der für Klimaschutz zuständigen Ministerin oder des hierfür zuständigen Ministers, der auf der Treibhausgasbilanz des Landes Hessen durch das Hessische Statistische Landesamt aufbaut und insbesondere folgende Angaben enthält:
a)
zur Entwicklung und Projektion der Treibhausgasemissionen in Hessen und deren Auswirkungen auf die Erreichung der Klimaschutzziele,
b)
zu Vorschlägen für die Weiterentwicklung von Klimaschutzmaßnahmen für den Klimaplan Hessen,
c)
zu Wirkungsbeiträgen und Wechselwirkungen mit Maßnahmen des Bundes und der Europäischen Union zum Klimaschutz,
d)
zu Aspekten der verursacherbezogenen Betrachtung von Treibhausgasemissionen.
(3) Der Landtag erhält die Treibhausgasbilanz und den Monitoring- und Projektionsbericht zur Kenntnis.
(4) Bei einer durch den Monitoring- und Projektionsbericht festgestellten erheblichen Abweichung eines Emissionssektors von den Zielen nach § 3 in Verbindung mit § 4 ist die hierfür zuständige Ministerin oder der zuständige Minister verpflichtet, der für Klimaschutz zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung des Monitoring- und Projektionsberichts Maßnahmenvorschläge zur Wiedererreichung des Zielpfads des Emissionssektors vorzulegen. Der wissenschaftliche Klimabeirat gibt zu den Maßnahmenvorschlägen Empfehlungen ab. Die für Klimaschutz zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister legt die Maßnahmen mit einer Bewertung der Landesregierung zur Beschlussfassung vor. Die Landesregierung beschließt über die Maßnahmenvorschläge.
(5) Ergeben sich im Rahmen des Monitorings bereits auf Grundlage der jährlichen Treibhausgasbilanz Hinweise auf erhebliche Abweichungen eines Emissionssektors von den Zielen nach § 3 in Verbindung mit § 4, soll die zuständige Ministerin oder der zuständige Minister der Landesregierung über die Gründe für die drohende Zielabweichung und die erwartete Entwicklung der Treibhausgasemissionen im betroffenen Sektor berichten. Der Bericht kann auch Maßnahmenvorschläge zur Wiedererreichung des Zielpfades enthalten.

§ 10 Evaluierung

Das Gesetz ist spätestens nach fünf Jahren ab dem Inkrafttreten oder der letzten Evaluierung von dem für Klimaschutz zuständigen Ministerium zu evaluieren.

§ 11 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
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