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Hessisches Bibliotheksgesetz (HessBiblG) Vom 20. September 2010

Hessisches Bibliotheksgesetz (HessBiblG) Vom 20. September 2010
Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 21.12.2021 bis 31.12.2031
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Dezember 2021 (GVBl. S. 841)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Hessisches Bibliotheksgesetz (HessBiblG) vom 20. September 201024.09.2010 bis 31.12.2031
§ 1 - Geltungsbereich und Begriffsbestimmung21.12.2021 bis 31.12.2031
§ 2 - Bildung, Kultur und Medienkompetenz21.12.2021 bis 31.12.2031
§ 3 - Bibliothek und Gesellschaft21.12.2021 bis 31.12.2031
§ 4 - Wissenschaftliche Bibliotheken21.12.2021 bis 31.12.2031
§ 5 - Landesbibliothekarische Aufgaben21.12.2021 bis 31.12.2031
§ 6 - Pflichtexemplarrecht21.12.2021 bis 31.12.2031
§ 7 - Öffentliche Bibliotheken und Schulbibliotheken21.12.2021 bis 31.12.2031
§ 8 - Zusammenarbeit21.12.2021 bis 31.12.2031
§ 9 - Kulturelles Erbe21.12.2021 bis 31.12.2031
§ 10 - Finanzierung21.12.2021 bis 31.12.2031
§ 11 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten21.12.2021 bis 31.12.2031

§ 1 Geltungsbereich und Begriffsbestimmung

Dieses Gesetz gilt für wissenschaftliche Bibliotheken, öffentliche Bibliotheken und Schulbibliotheken sowie für die in Hessen veröffentlichten Medienwerke. Bibliotheken im Sinne dieses Gesetzes sind die vom Land und den Kommunen, von den unter der Rechtsaufsicht des Landes stehenden juristischen Personen, von den Kirchen und von den Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft unterhaltenen systematisch geordneten und in Katalogen erschlossenen Sammlungen von Büchern und anderen Medienwerken.

§ 2 Bildung, Kultur und Medienkompetenz

(1) Bibliotheken sind als Bildungseinrichtungen Partner für lebensbegleitendes Lernen. Sie sind Orte der Wissenschaft, der Kultur, der Begegnung und der Kommunikation. Sie fördern den Erwerb von Wissen und damit gesellschaftliche Integration. Sie wirken aktiv an der Weiterentwicklung der Gesellschaft mit.
(2) Bibliotheken sind Dienstleister der modernen Wissensgesellschaft, die Wissen als Allgemeingut versteht, an dem jedes Mitglied der Gesellschaft teilhaben und mitwirken kann. Sie stärken die Lese-, Medien- und Informationskompetenz ihrer Nutzerinnen und Nutzer durch geeignete Maßnahmen sowie durch Zusammenarbeit mit anderen Bildungseinrichtungen. Bibliotheken sollen mit den Schulen zusammenarbeiten und unterstützen sie in Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachministerien beim Aufbau und dem Betrieb von eigenen Bibliotheken.
(3) Bibliotheken sollen durch kulturelle Veranstaltungen in der Öffentlichkeit präsent sein. Durch Kooperation mit anderen kulturellen Einrichtungen soll ein spartenübergreifendes Kulturangebot entstehen. Bibliotheken sind Teil der kulturellen Infrastruktur; das gilt in besonderer Weise für den ländlichen Raum. Bibliotheken sollen Autorinnen und Autoren sowie Künstlerinnen und Künstlern der Region ein Forum für ihre Werke geben.

§ 3 Bibliothek und Gesellschaft

(1) Bibliotheken ermöglichen die demokratische Teilhabe an der politischen Willensbildung, indem sie den Zugang zu allgemeinen Informationsquellen durch einen politisch, weltanschaulich und religiös ausgewogenen Bestand gewährleisten. Durch ihre digitalen Informations- und Publikationsangebote tragen Bibliotheken zum freien Zugang zu Wissen und Bildung sowie zur Meinungs- und Informationsfreiheit in Gesellschaft und Wissenschaft bei. Sie sind in der Auswahl ihrer Medien und Informationsmittel unabhängig.
(2) Bibliotheken unterstützen Menschen mit Behinderungen sowie Menschen in schwierigen Lebenssituationen durch geeignete Informations- und Medienangebote. Sie sind als barrierefreie Orte der Begegnung und der Kommunikation für alle zu gestalten.
(3) Bibliotheken fördern das bürgerschaftliche Engagement; sie binden ihre Nutzerinnen und Nutzer in ihre Arbeit ein und entwickeln Konzepte der Partizipation.
(4) Bibliotheken leisten einen Beitrag zu sinnvoller und erfüllender Freizeitgestaltung.

§ 4 Wissenschaftliche Bibliotheken

(1) Das Land und die unter seiner Rechtsaufsicht stehenden Hochschulen sowie die Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft unterhalten Bibliotheken mit umfangreichen Beständen für wissenschaftliche Forschung, Studium und Lehre (wissenschaftliche Bibliotheken).
(2) Wissenschaftliche Bibliotheken an den Hochschulen stellen die für Lehre, Forschung und Studium erforderlichen Medienwerke bereit. Sie fördern durch geeignete Schulungs- und Lehrangebote die Informations- und Medienkompetenz und sind Partner bei der Publikation, Bereitstellung und Verwaltung digitaler barrierefreier wissenschaftlicher Daten und Dokumente.
(3) Wissenschaftliche Bibliotheken stehen außerdem der Öffentlichkeit zur privaten, beruflichen und wissenschaftlichen Aus- und Weiterbildung zur Verfügung.
(4) Behördenbibliotheken als Spezialbibliotheken versorgen Verwaltung, Gerichte und Landtag mit den für ihre Arbeit notwendigen Medienwerken. Sie können, sofern dienstliche Belange und Sicherheitsaspekte dem nicht entgegenstehen, für externe Benutzer zugänglich gemacht werden.

§ 5 Landesbibliothekarische Aufgaben

(1) Die Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain, die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, die Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, die Hochschul- und Landesbibliothek Fulda und die Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel nehmen landesbibliothekarische Aufgaben im Auftrag des Landes wahr. Sie erhalten hierfür einen Zuschuss des Landes.
(2) Bibliotheken mit landesbibliothekarischen Aufgaben sammeln und erschließen Medienwerke mit Bezug zum Land Hessen und seiner Geschichte, pflegen das damit verbundene historische Erbe und nehmen das Pflichtexemplarrecht wahr.

§ 6 Pflichtexemplarrecht

(1) Medienwerke sind alle Darstellungen in Schrift, Bild und Ton, die in körperlicher Form verbreitet oder in unkörperlicher Form der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Medienwerke in körperlicher Form sind alle Darstellungen auf Papier, elektronischen Datenträgern und anderen Trägern. Medienwerke in unkörperlicher Form sind alle Darstellungen in öffentlichen Netzen. Musik- und Filmwerke sowie ausschließlich im Rundfunk gesendete Werke unterliegen nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes.
(2) Die Ablieferungspflichtigen haben Medienwerke in körperlicher und unkörperlicher Form in einfacher Ausfertigung nach Abs. 3 abzuliefern. Ablieferungspflichtig ist, wer berechtigt ist, ein Medienwerk zu verbreiten oder erstmals öffentlich zugänglich zu machen und den Sitz, eine Betriebsstätte oder den Hauptwohnsitz in Hessen hat.
(3) Die Ablieferungspflichtigen haben die Medienwerke auf eigene Kosten binnen eines Monats seit Beginn der Verbreitung oder der öffentlichen Zugänglichmachung bei der zuständigen Bibliothek oder der von dieser benannten Stelle abzuliefern. Sie sind vollständig, in einwandfreiem, benutzbarem Zustand und zur dauerhaften Archivierung durch die Bibliothek geeignet unentgeltlich abzuliefern. Ihre Nutzbarkeit muss unbefristet und ohne Einschränkung durch Schutzmechanismen sowie rechtliche und tatsächliche Beschränkungen möglich sein. Medienwerke in unkörperlicher Form können nach den Maßgaben der zuständigen Bibliothek auch zur Abholung bereitgestellt werden. Die Bibliothek trägt dafür Sorge, dass die zur Verfügung gestellten Medienwerke in unkörperlicher Form nicht unzulässig weiterverbreitet werden können. Wird die Ablieferungspflicht nicht binnen eines Monats seit Beginn der Verbreitung oder der öffentlichen Zugänglichmachung des Medienwerkes erfüllt, ist die Bibliothek nach Mahnung und fruchtlosem Ablauf von weiteren drei Wochen berechtigt, die Medienwerke auf Kosten der Ablieferungspflichtigen anderweitig zu beschaffen. Frei zugängliche unkörperliche Medienwerke, die der Ablieferungspflicht nach Abs. 2 unterliegen, kann die Bibliothek in ihren Bestand übernehmen und im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages nutzen.
(4) Die Ablieferungspflichtigen haben der zuständigen Bibliothek bei Ablieferung der Medienwerke unentgeltlich die zu ihrer Aufgabenerfüllung notwendigen Auskünfte auf Verlangen zu erteilen. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, ist die Bibliothek nach Ablauf eines Monats seit Beginn der Verbreitung oder öffentlichen Zugänglichmachung berechtigt, die Informationen auf Kosten der Auskunftspflichtigen anderweitig zu beschaffen.
(5) Für Druckwerke gewährt die zuständige Bibliothek den Ablieferungspflichtigen auf Antrag einen Zuschuss zu den Herstellungskosten der abzuliefernden Ausfertigungen, wenn die unentgeltliche Abgabe eine unzumutbare Belastung darstellt.
(6) Zur geordneten Durchführung der Pflichtablieferung und um einen nicht vertretbaren Aufwand der zuständigen Bibliotheken sowie um Unbilligkeiten zu vermeiden, wird die für das Bibliothekswesen zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu regeln:
1.
die Einschränkung der Ablieferungs- oder der Sammelpflicht für bestimmte Gattungen von Medienwerken, wenn für deren Sammlung, Inventarisierung, Erschließung, Sicherung und Nutzbarmachung kein öffentliches Interesse besteht,
2.
die Beschaffenheit der ablieferungspflichtigen Medienwerke und die Ablieferung in Fällen, in denen ein Medienwerk in verschiedenen Ausgaben oder Fassungen verbreitet oder öffentlich zugänglich gemacht wird,
3.
welche Bibliothek zuständige Bibliothek nach Abs. 3 Satz 1 ist und das Verfahren der Ablieferung der Medienwerke sowie
4.
die Voraussetzungen und das Verfahren bei der Gewährung von Zuschüssen.
Die Ablieferung der unkörperlichen Medienwerke erfolgt allein nach Maßgabe der Rechtsverordnung. Die Befugnis der Bibliothek nach Abs. 3 Satz 7 bleibt unberührt.

§ 7 Öffentliche Bibliotheken und Schulbibliotheken

(1) Öffentliche Bibliotheken sind allgemein zugängliche Sammlungen von Medienwerken in Rechtsträgerschaft der Gemeinden und Landkreise sowie solche in kirchlicher Trägerschaft.
(2) Öffentliche Bibliotheken und Schulbibliotheken dienen der schulischen, beruflichen und allgemeinen Bildung und Information, der Vermittlung von Medien- und Informationskompetenz sowie der Pflege von Sprache und Literatur. Sie sollen in besonderer Weise der Leseförderung von Kindern und Jugendlichen verpflichtet sein.

§ 8 Zusammenarbeit

(1) Die Bibliotheken sollen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, insbesondere bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen, im Rahmen des Einkaufes, bei der Fernleihe sowie bei der Ausbildung in bibliothekarischen Berufen zusammenwirken. Dies geschieht in der Regel im Rahmen bibliothekarischer Verbände und Verbünde.
(2) Die Hessische Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken als Abteilung der Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain berät kommunale öffentliche Bibliotheken, Schulbibliotheken und ihre Träger. Sie unterstützt den Auf- und Ausbau leistungsfähiger Bibliotheken und fördert die Weiterentwicklung der Bibliotheken zu benutzerorientierten Informations-, Bildungs- und Dienstleistungszentren durch die Vergabe von Fördermitteln des Landes. Sie bietet insbesondere ehrenamtlich geführten Bibliotheken qualifizierte Unterstützung. Sie wird durch das Land finanziert.

§ 9 Kulturelles Erbe

(1) Die wertvollen Altbestände und spezialisierten Sammlungen der wissenschaftlichen Bibliotheken dienen in besonderer Weise der Bewahrung, Erschließung und Vermittlung des schriftlichen kulturellen Erbes des Landes. Diese sind durch sachgerechte Aufbewahrung, Konservierung und Restaurierung im Original zu erhalten. Besonders bedeutende oder gefährdete Bestände sollen auch durch geeignete Maßnahmen der Reproduktion nach wissenschaftlichen Maßstäben geschützt und für zukünftige Generationen erhalten werden.
(2) Die Kataloge und ausgewählten Bestände der wissenschaftlichen Bibliotheken nach § 4 sollen schrittweise durch geeignete Maßnahmen nach wissenschaftlichen Maßstäben digitalisiert werden, um das dort verwahrte Kulturgut zu erhalten, digital verwendbar und im Internet sichtbar zu machen. Durch die Digitalisierung sollen das öffentliche Interesse an den wissenschaftlichen Bibliotheken sowie der freie Zugang für Wissenschaft und Öffentlichkeit gefördert werden. Die wissenschaftlichen Bibliotheken führen die Digitalisierung ihrer Bestände in Zusammenarbeit durch.
(3) Von einem Werk, das unter wesentlicher Verwendung von historischem Buchbestand, Handschriften oder Nachlässen entstanden ist, ist unaufgefordert nach der Veröffentlichung ein Beleg bei der Bibliothek, die den bearbeiteten Bestand besitzt, in der veröffentlichten Form unentgeltlich abzuliefern. Ist eine kostenfreie Ablieferung nicht zumutbar, gilt § 6 Abs. 5 entsprechend.
(4) Für die Verzeichnung und Benutzung von Nachlässen und anderen nicht veröffentlichten Materialien in den Sammlungen der Bibliotheken finden die §§ 13 bis 16 des Hessischen Archivgesetzes vom 26. November 2012 (GVBl. S. 458), geändert durch Gesetz vom 5. Oktober 2017 (GVBl. S. 294), entsprechende Anwendung.

§ 10 Finanzierung

(1) Die Bibliotheken werden von ihren Trägern finanziert.
(2) Darüber hinaus kann das Land im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel die wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken fördern. Dabei wird die Entwicklung eines nutzerorientierten, flächendeckenden, regional ausgewogenen und zukunftsfähigen Netzes öffentlicher und wissenschaftlicher Bibliotheken in Hessen angestrebt.
(3) Die Benutzung der Bibliotheksbestände am Ort des jeweiligen Bestandes ohne Ausleihe ist kostenfrei. Für die Inanspruchnahme darüber hinausgehender Leistungen können die Träger in ihren Benutzungsordnungen angemessene Benutzungsentgelte festsetzen.
(4) Abs. 3 gilt auch für öffentlich zugängliche Bibliotheken in privater oder kirchlicher Trägerschaft, sofern sie aus öffentlichen Mitteln gefördert werden.

§ 11 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2031 außer Kraft.
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