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DE - Landesrecht Hessen

Gesetz zur Ausführung von Artikel 141 der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 141-Gesetz) Vom 26. Juni 2013

Gesetz zur Ausführung von Artikel 141 der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 141-Gesetz) Vom 26. Juni 2013
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Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 1. April 2022 (GVBl. S. 184, 204)
Fußnoten
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Verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Ausführung von Artikel 141 der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 141-Gesetz) sowie zur Änderung der Hessischen Landeshaushaltsordnung vom 26. Juni 2013 (GVBl. S. 447)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz zur Ausführung von Artikel 141 der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 141-Gesetz) vom 26. Juni 201301.01.2015
§ 1 - Grundsätze für die Veranschlagung von Kreditaufnahmen zur Deckung von Ausgaben01.01.2015
§ 2 - Ausnahmesituationen04.07.2020
§ 3 - (aufgehoben)15.04.2022
§ 4 - Finanzielle Transaktionen01.01.2015
§ 5 - Konjunkturkomponente15.04.2022
§ 6 - Konjunkturausgleichskonto01.01.2015
§ 7 - Kontrollkonto01.01.2015
§ 8 - Abweichungsrechte bei Nachtragshaushaltsgesetzen01.01.2015
§ 9 - Unterrichtung des Landtages01.01.2015
§ 10 - Prüfungsrechte des Rechnungshofes01.01.2015
§ 11 - Übergangsregelung01.01.2015

§ 1 Grundsätze für die Veranschlagung von Kreditaufnahmen zur Deckung von Ausgaben

(1) Der Haushalt ist ungeachtet der Einnahmen- und Ausgabenverantwortung des Landtags und der Landesregierung in einer konjunkturellen Normallage grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Dabei sind die Einnahmen und die Ausgaben um finanzielle Transaktionen nach § 4 sowie um die Zuführungen zum und die Entnahmen aus dem Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Landes Hessen“ zu bereinigen.
(2) Wird für das Haushaltsjahr eine von der Normallage abweichende negative wirtschaftliche Entwicklung erwartet, ist eine Kreditaufnahme in Höhe der erwarteten Wirkung der konjunkturellen Entwicklung auf den Haushalt zulässig. Ist mit einer positiven Abweichung von der wirtschaftlichen Normallage zu rechnen, sind konjunkturbedingte Überschüsse in Höhe der erwarteten Wirkung der konjunkturellen Entwicklung auf den Haushalt zu bilden.
(3) Kreditermächtigungen für Landesbetriebe, Hochschulen des Landes und Sondervermögen sind ausgeschlossen, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

§ 2 Ausnahmesituationen

Bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, können auf Beschluss des Landtages abweichend von § 1 Abs. 1 Einnahmen aus Krediten vorgesehen werden. Die Abweichung ist mit einem Tilgungsplan zu verbinden, der sicherstellt, dass die nach Satz 1 aufgenommenen Kredite innerhalb eines angemessenen Zeitraums zurückgeführt werden. Dieser Zeitraum ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Ausnahmesituation, der Höhe der Kreditaufnahme sowie der konjunkturellen Situation zu bestimmen.

§ 3 (aufgehoben)

§ 4 Finanzielle Transaktionen

Finanzielle Transaktionen im Sinne des § 1 Abs. 1 sind Einnahmen aus der Veräußerung von Beteiligungen, Einnahmen aus der Kreditaufnahme beim öffentlichen Bereich und aus Darlehensrückflüssen sowie Ausgaben für den Erwerb von Beteiligungen, für Tilgungen an den öffentlichen Bereich und für die Vergabe von Darlehen, solange und soweit nicht auf ihre Rückzahlung verzichtet wird. Der Verzicht auf die Rückzahlung von Darlehen ist bei der Ermittlung der zulässigen Kreditaufnahme nach § 1 wie eine Einnahme aus Darlehensrückflüssen zu behandeln.

§ 5 Konjunkturkomponente

(1) Zur Feststellung der Auswirkungen einer Abweichung von der wirtschaftlichen Normallage auf den Landeshaushalt ermittelt das Finanzministerium eine Konjunkturkomponente. Bei einer negativen Abweichung von der wirtschaftlichen Normallage können in Höhe der Konjunkturkomponente Einnahmen aus Krediten veranschlagt werden, soweit zum Ausgleich der konjunkturbedingten Mindereinnahmen keine zweckentsprechenden Rücklagen zur Verfügung stehen. Die bei einer positiven Abweichung entstehenden konjunkturbedingten Überschüsse sind zur Tilgung bestehender konjunkturbedingter Kredite aus Vorjahren zu veranschlagen; danach verbleibende Beträge können zur Tilgung bestehender Kredite aus Vorjahren verwendet oder einer zweckgebundenen Rücklage zugeführt werden.
(2) Die Konjunkturkomponente besteht aus der Ex-ante-Konjunkturkomponente nach Abs. 3 und der Steuerabweichungskomponente nach Abs. 4. Die zulässige konjunkturbedingte Kreditaufnahme oder der konjunkturbedingte Überschuss ergibt sich aus der um die Steuerabweichungskomponente bereinigten Ex-ante-Konjunkturkomponente.
(3) Die Ex-ante-Konjunkturkomponente wird einmalig bei der Haushaltsaufstellung entsprechend dem für den Bundeshaushalt aufgrund von Art. 115 Abs. 2 Satz 5 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Artikel 115-Gesetz vom 10. August 2009 (BGBl. I S. 2702, 2704) geltenden Konjunkturbereinigungsverfahren bestimmt.
(4) Die Steuerabweichungskomponente errechnet sich als Differenz zwischen den bei Haushaltsaufstellung veranschlagten Steuereinnahmen für das kommende Haushaltsjahr (Basissteuern) und der tatsächlichen Entwicklung der Steuereinnahmen bis zum Abschluss des Haushaltsjahres. Die Basissteuern werden regelmäßig auf der Grundlage der Frühjahrs-Steuerschätzung des dem Haushaltsjahr vorangehenden Jahres ermittelt. Die Steuereinnahmen sind hierbei auf derselben gesamtwirtschaftlichen Projektion zu schätzen, auf deren Grundlage auch die Berechnung der Ex-ante-Konjunkturkomponente beruht. Die Differenz nach Satz 1 ist um die Auswirkungen von Rechtsänderungen auf die Steuereinnahmen, die zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung noch nicht bekannt waren und bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahrs kassenwirksam werden, zu bereinigen. Von den Steuereinnahmen sind die Zahlungen des Landes in den Länderfinanzausgleich und die Abrechnung über den Steuerverbund nach § 11 des Hessischen Finanzausgleichsgesetzes vom 23. Juli 2015 (GVBl. S. 298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. September 2021 (GVBl. S. 636), in der jeweils geltenden Fassung in Abzug zu bringen.
(5) Das Verfahren zur Ermittlung der Konjunkturkomponente ist regelmäßig unter Berücksichtigung des Standes der Wissenschaft zu überprüfen und fortzuentwickeln.

§ 6 Konjunkturausgleichskonto

Die sich nach § 5 Abs. 2 nach Abschluss des Haushaltsjahres ergebende Konjunkturkomponente ist bis zum 30. April des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres auf einem Konjunkturausgleichskonto zu erfassen.

§ 7 Kontrollkonto

(1) Weicht die tatsächliche Kreditaufnahme von dem Betrag ab, der sich nach Abschluss des betreffenden Haushaltsjahres auf der Grundlage der tatsächlichen Wirkung der konjunkturellen Entwicklung auf den Haushalt nach § 1 ergibt, wird diese Abweichung bis zum 30. April des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres auf einem Verrechnungskonto (Kontrollkonto) erfasst. Soweit in einer erhöhten Kreditaufnahme des Jahres zugleich auch Kredite aufgrund einer Ausnahme nach § 2 enthalten sind, sind diese vor Aufnahme in das Kontrollkonto zu bereinigen.
(2) Bei negativem Saldo ist auf einen Ausgleich des Kontrollkontos hinzuwirken. Der negative Saldo des Kontrollkontos soll einen Betrag in Höhe von 5 Prozent der durchschnittlichen Steuereinnahmen des Landes nach § 5 Abs. 4 Satz 5 der dem Haushalt vorangegangenen drei Haushaltsjahre nicht überschreiten.

§ 8 Abweichungsrechte bei Nachtragshaushaltsgesetzen

Bei Nachträgen zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsplan kann die nach § 1 ermittelte zulässige Kreditaufnahme bis zu einem Betrag in Höhe von 3 Prozent der im Haushaltsplan veranschlagten Steuereinnahmen des Landes nach § 5 Abs. 4 Satz 5 erhöht werden. In diesem Nachtrag dürfen keine neuen Maßnahmen veranschlagt werden, die zu Mehrausgaben oder zu Mindereinnahmen führen. Die Regelungen der §§ 6 und 7 Abs. 1 bleiben unberührt.

§ 9 Unterrichtung des Landtages

Die Landesregierung unterrichtet den Landtag bis zum 30. April des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres über
1.
den Vollzug der Tilgungspläne nach § 2 Satz 2,
2.
die Veränderung und den Bestand des Konjunkturausgleichskontos nach § 6,
3.
die Veränderung und den Bestand des Kontrollkontos nach § 7 und
4.
die Umsetzung der nach § 7 Abs. 2 erforderlichen Anpassungsschritte.

§ 10 Prüfungsrechte des Rechnungshofes

Die Prüfungsrechte des Rechnungshofs nach Teil V der Hessischen Landeshaushaltsordnung in der Fassung vom 15. März 1999 (GVBl. I S. 248), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. September 2012 (GVBl. S. 290), bleiben unberührt.

§ 11 Übergangsregelung

Dieses Gesetz ist erstmals auf den Haushalt des Jahres 2015 anzuwenden. Abweichend von § 1 Abs. 1 beträgt die zulässige Kreditaufnahme
1.
im Jahr 2015: vier Fünftel,
2.
im Jahr 2016: drei Fünftel,
3.
im Jahr 2017: zwei Fünftel,
4.
im Jahr 2018: ein Fünftel
der um die Konjunkturkomponente nach § 5, den Saldo der finanziellen Transaktionen nach § 4 sowie den Saldo der Zu- und Abführungen zum Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Landes Hessen“ bereinigten Kreditaufnahme des Jahres 2014.
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