AusgStG
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Gesetz zur Durchführung der EU-Verordnung über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe (Ausgangsstoffgesetz - AusgStG)

AusgStG
Ausfertigungsdatum: 03.12.2020
Vollzitat:
"Ausgangsstoffgesetz vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2678)"
Fußnote
(+++ Textnachweis ab: 1.2.2021 +++)
(+++ Amtlicher Hinweis des Normgebers auf EG-Recht:
Durchführung der
EUV 2019/1148 (CELEX Nr: 32020R1148) vgl. § 1 dieser V +++)
Das G wurde als Artikel 1 des G v. 3.12.2020 I 2678 vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen. Es ist gem. Art. 4 dieses G am 1.2.2021 in Kraft getreten.

§ 1 Zweck des Gesetzes

Dieses Gesetz dient der Durchführung der Verordnung (EU) 2019/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 1; L 231 vom 6.9.2019, S. 30) sowie der von der Europäischen Kommission zu dieser Verordnung erlassenen delegierten Rechtsakte.

§ 2 Begriffsbestimmungen

Bei der Anwendung dieses Gesetzes gelten die Begriffsbestimmungen des Artikels 3 der Verordnung (EU) 2019/1148. Auf Mitglieder der Allgemeinheit ist dieses Gesetz anzuwenden, soweit sie regulierte Ausgangsstoffe für Explosivstoffe besitzen, verwenden, bereitstellen oder in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringen.

§ 3 Kontaktstellen

(1) Die Landesregierungen bestimmen jeweils eine Kontaktstelle gemäß Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2019/1148.
(2) Zuständig für die Entgegennahme der Meldungen der Wirtschaftsteilnehmer nach Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/1148 ist die Kontaktstelle des Landes, in dem der Wirtschaftsteilnehmer seinen Geschäftssitz hat. Zuständig für die Entgegennahme der Meldungen der Online-Marktplätze nach Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/1148 ist die Kontaktstelle des Landes, in dem die vom Besteller angegebene Lieferadresse liegt. Sofern die Lieferadresse im Falle des Satzes 2 außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes liegt, ist die Kontaktstelle des Landes zuständig, in dem der Online-Marktplatz seinen inländischen Geschäftssitz hat. Zuständig für die Entgegennahme der Meldungen der Wirtschaftsteilnehmer oder gewerblichen Verwender nach Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2019/1148 ist die Kontaktstelle des Landes, in dem das Abhandenkommen erfolgte oder der betreffende Diebstahl begangen wurde.
(3) Jede Kontaktstelle nach Absatz 1 muss jeweils eine eindeutig festgelegte E-Mail-Adresse und eine bestimmte Telefonnummer für die Annahme der Meldungen nach Artikel 9 der Verordnung (EU) 2019/1148 bereitstellen. Die Kontaktstellen haben die E-Mail-
Adresse
und die Telefonnummer für Wirtschaftsteilnehmer, Online-Marktplätze und gewerbliche Verwender leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten.

§ 4 Datenverarbeitung durch die Kontaktstellen

Die Kontaktstellen dürfen in den Meldungen nach Artikel 9 der Verordnung (EU) 2019/1148 enthaltene personenbezogene Daten speichern, mit automatisiert geführten Dateien abgleichen, in sonstiger Weise verarbeiten und an andere in- oder ausländische Gefahrenabwehrbehörden übermitteln, soweit dies
1. zur Verhinderung der Verwendung von Ausgangsstoffen für die unerlaubte Herstellung von Explosivstoffen oder
2. zur Verhütung von Straftaten unter Verwendung von Ausgangstoffen für Explosivstoffe
erforderlich ist. Weitergehende Befugnisse der Kontaktstellen aufgrund der Strafprozessordnung sowie der Landesgesetze zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bleiben unberührt. Die Regelungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen bleiben unberührt.

§ 5 Inspektionsbehörden

Die Landesregierungen haben für den Vollzug der Verordnung (EU) 2019/1148 zuständige Inspektionsbehörden gemäß Artikel 11 dieser Verordnung zu benennen.

§ 6 Befugnisse der Inspektionsbehörden

(1) Die Inspektionsbehörden sind befugt, von Wirtschaftsteilnehmern, Online-Marktplätzen, gewerblichen Verwendern und Mitgliedern der Allgemeinheit alle zur Überwachung der Einhaltung der Verordnung (EU) 2019/1148 erforderlichen Auskünfte zu verlangen. Die nach Satz 1 Auskunftspflichtigen können die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen ihrer in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit aussetzen würde. Sie sind über ihr Auskunftsverweigerungsrecht zu belehren.
(2) Die von den Inspektionsbehörden mit der Überwachung beauftragten Personen können zur Überwachung der Einhaltung der Verordnung (EU) 2019/1148 zu den Betriebs- und Geschäftszeiten
1. Grundstücke, Geschäftsräume und Betriebsräume der nach Absatz 1 Satz 1 Auskunftspflichtigen betreten und besichtigen,
2. bei Unklarheiten über den Inhalt von Behältnissen nach ihrer Auswahl von den nach Absatz 1 Satz 1 Auskunftspflichtigen Proben von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen verlangen, selbst entnehmen, prüfen und auf Kosten des nach Absatz 1 Satz 1 Auskunftspflichtigen durch einen von der Behörde zu bestimmenden Sachverständigen prüfen lassen sowie
3. in die geschäftlichen Unterlagen der nach Absatz 1 Satz 1 Auskunftspflichtigen Einsicht nehmen.
Die beauftragten Personen sind befugt, verdeckte Testkäufe durchzuführen. Zur Verhütung dringender Gefahren durch den Missbrauch von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe können die Maßnahmen nach Satz 1 auch in Wohnräumen und zu jeder Tages- und Nachtzeit getroffen werden. Das Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes auf Unverletzlichkeit der Wohnung wird insoweit eingeschränkt.
(3) Die den nach Absatz 1 Satz 1 Auskunftspflichtigen durch die Entnahme von Proben von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen entstehenden eigenen Aufwendungen haben diese selbst zu tragen.
(4) Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die Anordnungen treffen, die zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße gegen dieses Gesetz oder gegen die Verordnung (EU) 2019/1148 erforderlich sind.
(5) Wird einer Anordnung nach Absatz 4 nicht nachgekommen, so kann die zuständige Behörde auch die von der Anordnung betroffene Bereitstellung oder Verbringung ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen, wenn die Untersagung zum Schutz der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist.
(6) Rechtsbehelfe gegen die Anordnung der Untersagung nach Absatz 5 haben keine aufschiebende Wirkung.

§ 7 Mitwirkung der Zolldienststellen

(1) Die Zolldienststellen wirken bei der Überwachung der Einhaltung des Artikels 5 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2019/1148 beim Verbringen von Stoffen nach Anlage 1 der Verordnung (EU) 2019/1148 oder Gemischen, die solche Stoffe enthalten, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes mit. Die Zolldienststellen können
1. Waren der in Satz 1 genannten Art sowie deren Beförderungsmittel, Behälter, Lademittel und Verpackungsmittel beim Verbringen anhalten,
2. den Verdacht von Verstößen gegen Verbote und Beschränkungen nach diesem Gesetz oder den unmittelbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes den nach § 5 zuständigen Behörden mitteilen sowie
3. in den Fällen der Nummer 2 anordnen, dass die Waren der in Satz 1 genannten Art auf Kosten und Gefahr des Verfügungsberechtigten den nach § 5 zuständigen Behörden vorgeführt werden.
(2) Im Falle des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 stellen die Zolldienststellen die Waren sicher.
(3) Hat die Zolldienststelle der nach § 5 zuständigen Behörde den Verdacht eines Verstoßes mitgeteilt, nimmt die zuständige Behörde die Waren in amtliche Verwahrung und informiert die mitteilende Zolldienststelle unverzüglich. Die Sicherstellung nach Absatz 2 ist aufzuheben, wenn die zuständige Behörde die Waren in amtliche Verwahrung genommen hat. Die zuständige Behörde entscheidet über weitere Maßnahmen, einschließlich der Beschlagnahme oder Vernichtung der Waren der in Absatz 1 Satz 1 genannten Art und teilt diese der Person mit, die die Waren verbracht oder verbringen lassen hat. Die zuständige Behörde informiert die mitteilende Zolldienststelle über ihre Entscheidung.
(4) Für die Mitwirkung der Zollverwaltung nach den Absätzen 1 und 2 wird das Brief- und Postgeheimnis nach Artikel 10 des Grundgesetzes eingeschränkt.

§ 8 Mitwirkungs- und Duldungspflichten

Wirtschaftsteilnehmer, Online-Marktplätze sowie gewerbliche Verwender sind verpflichtet,
1. ihre Kontaktangaben, einschließlich einer E-Mail-Adresse sowie einer Telefonnummer, für die Inspektionsbehörden und für die von diesen beauftragten Personen jederzeit einsehbar zu halten;
2. Auskunftsersuchen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 unverzüglich zu beantworten;
3. Maßnahmen nach § 6 Absatz 2 zu dulden und bei der Durchführung der Überwachung mitzuwirken, insbesondere auf Verlangen der mit der Überwachung beauftragten Personen die Stellen zu bezeichnen, an denen sie den Verkehr mit Ausgangsstoffen durchführen, umfriedete Grundstücke, Gebäude, Räume, Behälter und Behältnisse zu öffnen, Unterlagen vorzulegen sowie die Entnahme von Proben zu ermöglichen.
Die Pflicht zur Duldung und Mitwirkung nach Satz 1 Nummer 3 gilt auch für Mitglieder der Allgemeinheit.

§ 9 Identitätsnachweis beim Erwerb von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe

(1) Wirtschaftsteilnehmer und Online-Marktplätze sind berechtigt, sich vor der Überlassung eines regulierten Ausgangsstoffes für Explosivstoffe an Mitglieder der Allgemeinheit zur Überprüfung der Identität des Erwerbers einen gültigen amtlichen Ausweis vorlegen zu lassen.
(2) Für die Zwecke der Meldung verdächtiger oder versuchter verdächtiger Transaktionen nach Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/1148 dürfen Wirtschaftsteilnehmer und Online-Marktplätze die zur Feststellung der Identität des Erwerbers erforderlichen personenbezogenen Daten erheben und bis zur Abgabe der Meldung speichern.

§ 10 Genehmigungssystem

Ein Genehmigungssystem im Sinne von Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2019/1148 wird nicht errichtet. Genehmigungen für den Erwerb, den Besitz oder die Verwendung von beschränkten Ausgangsstoffen für Explosivstoffe durch Mitglieder der Allgemeinheit dürfen nicht erteilt werden. Genehmigungen, die durch die Behörden anderer Mitgliedstaaten erteilt wurden, haben im Geltungsbereich dieses Gesetzes keine Gültigkeit.

§ 11 Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen

(1) Die Länder führen die nach der Verordnung (EU) 2019/1148 vorgesehenen
1. Schulungsmaßnahmen nach Artikel 10 Absatz 1 Satz 1 für ihre eigenen Behörden sowie
2. Sensibilisierungsmaßnahmen nach Artikel 10 Absatz 2 für Wirtschaftsteilnehmer mit Geschäftssitz in dem jeweiligen Land
als eigene Angelegenheit durch.
(2) Die Schulungsmaßnahmen für die Behörden des Bundes werden vom Bundeskriminalamt durchgeführt. An den Schulungsmaßnahmen nach Satz 1 können nach Maßgabe freier Plätze auch Mitarbeiter von Behörden der Länder teilnehmen.

§ 12 Berichterstattung

Zuständig für die Berichterstattung gegenüber der Europäischen Kommission nach Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1148 ist das Bundeskriminalamt. Ab dem Jahr 2022 übermitteln die Länder dem Bundeskriminalamt jeweils spätestens am 10. Januar eines jeden Jahres in zusammengefasster Form die nach Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1148 erforderlichen Informationen über
1. die Anzahl gemeldeter verdächtiger Transaktionen und der Fälle von Abhandenkommen und Diebstahl erheblicher Mengen,
2. die nach § 11 Absatz 1 Nummer 2 durchgeführten Sensibilisierungsmaßnahmen und
3. die nach Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/1148 durchgeführten Inspektionen, einschließlich der Anzahl der Inspektionen und der erfassten Wirtschaftsteilnehmer.

§ 13 Strafvorschriften

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 1; L 231 vom 6.9.2019, S. 30) einen beschränkten Ausgangsstoff für Explosivstoffe bereitstellt, verbringt, besitzt oder verwendet.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

§ 14 Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1. entgegen § 8 Satz 1 Nummer 1 Kontaktdaten nicht, nicht richtig oder nicht vollständig einsehbar hält,
2. entgegen § 8 Satz 1 Nummer 2 ein Auskunftsersuchen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig beantwortet oder
3. entgegen § 8 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Maßnahme nicht duldet oder bei der Durchführung der Überwachung nicht mitwirkt.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer gegen die Verordnung (EU) 2019/1148 verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig
1. entgegen Artikel 7 Absatz 1 eine Unterrichtung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vornimmt,
2. entgegen Artikel 7 Absatz 2 nicht gewährleistet, dass die im Verkauf tätigen Mitarbeiter über dort genanntes Wissen verfügen oder auf die dort genannten Pflichten hingewiesen werden,
3. entgegen Artikel 7 Absatz 3 eine dort genannte Vorkehrung nicht oder nicht vor Bereitstellung des Ausgangsstoffes trifft,
4. entgegen Artikel 8 Absatz 2 Satz 1 um eine dort genannte Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig ersucht,
5. entgegen Artikel 8 Absatz 4 Satz 1 eine dort genannte Information nicht oder nicht mindestens 18 Monate aufbewahrt oder
6. entgegen Artikel 9 Absatz 4 Satz 2 oder Absatz 5 Satz 1 eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

§ 15 Verordnungsermächtigung

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten bezüglich des Verfahrens der Übermittlung und Entgegennahme der Meldungen nach Artikel 9 der Verordnung (EU) 2019/1148 zu regeln. In der Verordnung kann insbesondere bestimmt werden, dass für die Entgegennahme der Meldungen ein zentrales, bundeseinheitliches Online-Portal errichtet wird.
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