Landesgesetz über Dolmetschende und Übersetzende in Justizangelegenheiten (LDÜJG)
Landesgesetz über Dolmetschende und Übersetzende in Justizangelegenheiten (LDÜJG)
*)
Vom 7. Dezember 2022
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Fußnoten
*)
Dieses Gesetz dient unter anderem der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EG Nr. L 255 S. 22).
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Landesgesetz über Dolmetschende und Übersetzende in Justizangelegenheiten (LDÜJG) vom 7. Dezember 2022 | 01.01.2023 |
Eingangsformel | 01.01.2023 |
§ 1 - Definitionen, Anwendungsbereich | 01.01.2023 |
§ 2 - Zuständigkeit | 01.01.2023 |
§ 3 - Allgemeine Beeidigung von Dolmetschenden im Justizbereich außerhalb des Gerichtsdolmetschergesetzes | 01.01.2023 |
§ 4 - Ermächtigung der Übersetzenden | 01.01.2023 |
§ 5 - Bescheinigung der Übersetzung | 01.01.2023 |
§ 6 - Pflicht zur Übernahme von Aufträgen | 01.01.2023 |
§ 7 - Vorübergehende Dienstleistungen | 01.01.2023 |
§ 8 - Ordnungswidrigkeit | 01.01.2023 |
§ 9 - Übergangsbestimmung | 01.01.2023 |
§ 10 - Änderung des Landesjustizverwaltungskostengesetzes | 01.01.2023 |
§ 11 - Änderung der Landesverordnung über die Zuständigkeiten nach dem Verpflichtungsgesetz im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz | 01.01.2023 |
§ 12 - Inkrafttreten | 01.01.2023 |
Der Landtag Rheinland-Pfalz hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 Definitionen, Anwendungsbereich
(1) Zur Sprachenübertragung in gerichtlichen, staatsanwaltschaftlichen und notariellen Angelegenheiten (Justizangelegenheiten) werden Dolmetschende sowie Übersetzende tätig. Die Tätigkeit der Dolmetschenden umfasst die mündliche Sprachenübertragung und diejenige mittels Gebärdensprache, die der Übersetzenden die schriftliche Sprachenübertragung.
(2) Für Gerichtsdolmetschende gilt das Gerichtsdolmetschergesetz (GDolmG) vom 10. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2121, 2124), geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2099). Gerichtsdolmetschende sind solche, die nach § 185 des Gerichtsverfassungsgesetzes, auch in Verbindung mit § 55 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 52 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung, § 9 Abs. 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes und § 61 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes, zur Sprachenübertragung in Gerichtsverhandlungen zuzuziehen sind. Zu den Gerichtsdolmetschenden im Sinne der Sätze 1 und 2 gehören nicht diejenigen, die zur Sprachenübertragung mittels Gebärdensprache zuzuziehen sind.
(3) Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes können für das Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz die Dolmetschenden zur Sprachenübertragung in Justizangelegenheiten außerhalb des Anwendungsbereichs des Absatzes 2 Satz 1 und 2 auf Antrag allgemein beeidigt werden (Dolmetschende im Justizbereich außerhalb des Gerichtsdolmetschergesetzes). Übersetzende können nach den Vorschriften dieses Gesetzes für das Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz auf Antrag zur Sprachenübertragung in Justizangelegenheiten ermächtigt werden.
§ 2 Zuständigkeit
(1) Zuständig für die allgemeine Beeidigung und die Ermächtigung nach diesem Gesetz ist die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die antragstellende Person ihre berufliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen ihren Wohnsitz hat. Im Übrigen ist die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz zuständig.
(2) Die Verfahren nach diesem Gesetz können über einen einheitlichen Ansprechpartner im Sinne des § 1 Abs. 1 des Landesgesetzes über die einheitlichen Ansprechpartner in Verwaltungsangelegenheiten vom 27. Oktober 2009 (GVBl. S. 355, BS 2010-6) in der jeweils geltenden Fassung abgewickelt werden.
§ 3 Allgemeine Beeidigung von Dolmetschenden im Justizbereich außerhalb des Gerichtsdolmetschergesetzes
(1) Auf die allgemeine Beeidigung von Dolmetschenden im Justizbereich außerhalb des Gerichtsdolmetschergesetzes finden die §§ 3 bis 5 und §§ 7 bis 10 GDolmG entsprechende Anwendung. Bei antragsstellenden Personen, die bereits in einem Bundesland aufgrund des Gerichtsdolmetschergesetzes allgemein beeidigt sind, genügt zum Nachweis ihrer fachlichen Eignung für die allgemeine Beeidigung nach diesem Gesetz die Vorlage einer Bescheinigung über ihre allgemeine Beeidigung als Dolmetschende für die betreffende Sprache nach dem Gerichtsdolmetschergesetz.
(2) Die allgemeine Beeidigung nach diesem Gesetz berechtigt zum Führen der Bezeichnung „Für Justizangelegenheiten allgemein beeidigte Dolmetscherin/allgemein beeidigter Dolmetscher der ... Sprache/Gebärdensprache“. Diese Bezeichnung darf nicht in einer anderen Form geführt werden.
(3) Mit der allgemeinen Beeidigung ist keine öffentliche Bestellung verbunden.
§ 4 Ermächtigung der Übersetzenden
(1) Auf die Ermächtigung der Übersetzenden finden die §§ 3, 4 und 5 Abs. 3 und 4 sowie die §§ 7 bis 10 GDolmG entsprechende Anwendung. An die Stelle der Dolmetscherprüfung und der Prüfung für den Dolmetscherberuf tritt die entsprechende Prüfung für die Übersetzenden. Bei antragsstellenden Personen, die bereits in einem Bundesland aufgrund des Gerichtsdolmetschergesetzes allgemein beeidigt sind, genügt zum Nachweis ihrer fachlichen Eignung für die Ermächtigung nach diesem Gesetz die Vorlage einer Bescheinigung über ihre allgemeine Beeidigung als Dolmetschende für die betreffende Sprache nach dem Gerichtsdolmetschergesetz.
(2) Die Ermächtigung umfasst das Recht, die Richtigkeit und Vollständigkeit von Übersetzungen zu bescheinigen. Dies gilt auch für bereits vorgenommene Übersetzungen, die zur Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit vorgelegt werden.
(3) Die Ermächtigung nach diesem Gesetz berechtigt zum Führen der Bezeichnung „Für Justizangelegenheiten ermächtigte Übersetzerin/ermächtigter Übersetzer der ... Sprache“. Diese Bezeichnung darf nicht in einer anderen Form geführt werden.
(4) Mit der Ermächtigung ist keine öffentliche Bestellung verbunden.
§ 5 Bescheinigung der Übersetzung
(1) Die Richtigkeit und Vollständigkeit von schriftlichen Sprachenübertragungen ist durch die Übersetzenden zu bescheinigen. Der Bescheinigungsvermerk lautet:
„Die Richtigkeit und Vollständigkeit vorstehender Übersetzung aus der ... Sprache wird bescheinigt.
Ort, Datum, Unterschrift
Für Justizangelegenheiten ermächtigte Übersetzerin/ermächtigter Übersetzer der ... Sprache“.
(2) Der Bescheinigungsvermerk ist auf die Übersetzung zu setzen und zu unterschreiben. Ist das übersetzte Dokument kein Original oder wurde nur ein Teil des Dokuments übersetzt, so ist dies in der Bescheinigung kenntlich zu machen. In ihr soll auch auf Auffälligkeiten des übersetzten Dokuments, insbesondere unleserliche Worte, Änderungen oder Auslassungen, hingewiesen werden, sofern sich dies nicht aus der Übersetzung ergibt.
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn eine zur Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit vorgelegte Übersetzung als richtig und vollständig bescheinigt wird.
§ 6 Pflicht zur Übernahme von Aufträgen
Die nach den §§ 3 und 4 allgemein Beeidigten oder Ermächtigten sind verpflichtet, Aufträge von rheinland-pfälzischen Gerichten, Staatsanwaltschaften und Notariaten im Rahmen ihres Tätigkeitsbereichs nach § 1 Abs. 1 zu übernehmen und kurzfristig zu erledigen, es sei denn, wichtige Gründe stehen entgegen.
§ 7 Vorübergehende Dienstleistungen
(1) Wer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zur Ausübung einer in § 1 Abs. 1 genannten oder vergleichbaren Tätigkeit rechtmäßig niedergelassen ist, darf diese Tätigkeit in Rheinland-Pfalz mit denselben Rechten und Pflichten wie eine nach § 3 allgemein beeidigte Person oder eine nach § 4 ermächtigte Person vorübergehend und gelegentlich ausüben (vorübergehende Dienstleistungen). Wenn weder die Tätigkeit noch die Ausbildung zu dieser Tätigkeit im Staat der Niederlassung reglementiert sind, gilt dies nur, wenn die Person die Tätigkeit dort während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr ausgeübt hat.
(2) Vorübergehende Dienstleistungen sind nur zulässig, wenn die Person vor der erstmaligen Erbringung einer solchen Dienstleistung in Rheinland-Pfalz der nach § 2 Abs. 1 zuständigen Stelle die Aufnahme der Tätigkeit angezeigt hat. Die Anzeige muss enthalten:
1.
Name, Anschrift und Telekommunikationsanschlüsse der anzeigenden Person und die jeweilige Sprache,
2.
eine Bescheinigung darüber, dass die Person in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum rechtmäßig zur Ausübung einer in § 1 Abs. 1 genannten oder vergleichbaren Tätigkeit niedergelassen ist und dass ihr die Ausübung dieser Tätigkeit zum Zeitpunkt der Vorlage der Bescheinigung nicht, auch nicht vorübergehend, untersagt ist,
3.
einen Nachweis über das Vorliegen einer fachlichen Eignung im Sinne des § 3 Abs. 1 oder § 4 Abs. 1 dieses Gesetzes jeweils in Verbindung mit § 3 Abs. 2 oder § 4 GDolmG,
4.
sofern weder die Tätigkeit noch die Ausbildung zu dieser Tätigkeit im Staat der Niederlassung reglementiert sind, einen Nachweis darüber, dass die Person diese Tätigkeit dort während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr ausgeübt hat, und
5.
die Angabe der Berufsbezeichnung nach Absatz 4, unter der die vorübergehenden Dienstleistungen in Rheinland-Pfalz zu erbringen sind.
Änderungen der Angaben nach Satz 2 sind der nach § 2 Abs. 1 zuständigen Stelle unverzüglich mitzuteilen. Die Anzeige ist jährlich zu wiederholen, wenn die Person beabsichtigt, während des betreffenden Jahres erneut vorübergehende Dienstleistungen in Rheinland-Pfalz zu erbringen.
(3) Sobald die Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 vollständig vorliegt, ist die Person nach § 3 allgemein zu beeidigen oder nach § 4 zu ermächtigen; § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 3 finden keine Anwendung. Die Person wird für die Dauer eines Jahres in die länderübergreifende Dolmetscher- und Übersetzdatenbank eingetragen. Sobald die Anzeige nach Absatz 2 Satz 4 vollständig vorliegt, ist die Eintragung nach Satz 2 um ein Jahr zu verlängern.
(4) Die vorübergehenden Dienstleistungen sind unter der in der Sprache des Staates der Niederlassung für die Tätigkeit bestehenden Berufsbezeichnung zu erbringen. Eine Verwechslung mit den in § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 3 aufgeführten Bezeichnungen muss ausgeschlossen sein.
(5) Die allgemeine Beeidigung oder die Ermächtigung einer vorübergehend dienstleistenden Person kann widerrufen werden, wenn
1.
begründete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person wiederholt fehlerhafte Sprachenübertragungen ausgeführt hat,
2.
die Person im Staat der Niederlassung nicht mehr rechtmäßig niedergelassen ist,
3.
ihr die Ausübung der Tätigkeit im Staat der Niederlassung untersagt ist,
4.
sie beharrlich entgegen Absatz 4 eine unrichtige Bezeichnung führt,
5.
sie Tatsachen, die ihr bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Dritten unbefugt mitgeteilt oder sie zum Nachteil anderer verwertet hat oder
6.
sie gegen die Pflicht nach § 6 verstoßen hat.
§ 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes in Verbindung mit den §§ 48 und 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleibt unberührt. Ein Verzicht der antragstellenden Person auf die allgemeine Beeidigung oder Ermächtigung ist möglich. Nach Beendigung der allgemeinen Beeidigung oder der Ermächtigung ist der Nachweis darüber unverzüglich zurückzugeben.
§ 8 Ordnungswidrigkeit
(1) Ordnungswidrig handelt, wer sich unbefugt als „Für Justizangelegenheiten allgemein beeidigte Dolmetscherin/allgemein beeidigter Dolmetscher der ... Sprache/Gebärdensprache“ nach § 3 Abs. 2 oder als „Für Justizangelegenheiten ermächtigte Übersetzerin/ermächtigter Übersetzer der ... Sprache“ nach § 4 Abs. 3 bezeichnet oder eine Bezeichnung führt, die damit verwechselt werden kann.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.
(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die nach § 2 Abs. 1 zuständige Stelle.
§ 9 Übergangsbestimmung
Für Dolmetschende im Justizbereich außerhalb des Gerichtsdolmetschergesetzes und Übersetzende, die vor dem 1. Januar 2023 nach den rheinland-pfälzischen Vorschriften ermächtigt oder allgemein beeidigt worden sind, gilt die allgemeine Beeidigung oder Ermächtigung vor den rheinlandpfälzischen Stellen des Justizbereichs bis zum 31. Dezember 2028 fort. In diesen Fällen gelten die §§ 9 und 10 GDolmG für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Beeidigten oder Ermächtigten durch die die Beeidigung oder Ermächtigung vorgenommenen Stellen entsprechend.
§ 10 Änderung des Landesjustizverwaltungskostengesetzes
[Änderungsanweisungen zum Landesjustizverwaltungskostengesetz]
§ 11 Änderung der Landesverordnung über die Zuständigkeiten nach dem Verpflichtungsgesetz im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz
[Änderungsanweisungen zur Landesverordnung über die Zuständigkeiten nach dem Verpflichtungsgesetz im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz]
§ 12 Inkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft:
1.
das Landesgesetz über Dolmetscherinnen und Dolmetscher und Übersetzerinnen und Übersetzer in der Justiz vom 10. September 2008 (GVBl. S. 201), geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 27. Oktober 2009 (GVBl. S. 358), BS 317-2, und
2.
die Landesverordnung zur Bestimmung der Bearbeitungsfrist für Verfahren nach dem Landesgesetz über Dolmetscherinnen und Dolmetscher und Übersetzerinnen und Übersetzer in der Justiz vom 31. Mai 2010 (GVBl. S. 90, BS 317-2-1).
Feedback