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Verordnung zur Ausführung des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes (HessBGGAV) Vom 29. Oktober 2010

Verordnung zur Ausführung des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes (HessBGGAV) Vom 29. Oktober 2010
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Verordnung vom 21. November 2014 (GVBl. S. 300)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Verordnung zur Ausführung des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes (HessBGGAV) vom 29. Oktober 201026.11.2010
Eingangsformel26.11.2010
Erster Teil - Zugänglichmachung von Dokumenten für blinde, sehbehinderte und taubblinde Menschen im Verwaltungsverfahren26.11.2010
§ 1 - Anwendungsbereich und Anlass26.11.2010
§ 2 - Geeignete Formen der Zugänglichmachung26.11.2010
§ 3 - Umfang des Anspruchs auf Zugänglichmachung26.11.2010
§ 4 - Zeitpunkt der Zugänglichmachung04.12.2014
§ 5 - Kosten26.11.2010
Zweiter Teil - Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren26.11.2010
§ 6 - Anwendungsbereich und Anlass26.11.2010
§ 7 - Geeignete Kommunikationshilfen26.11.2010
§ 8 - Umfang des Anspruchs auf Kommunikationshilfen26.11.2010
§ 9 - Art und Weise der Bereitstellung von Kommunikationshilfen26.11.2010
§ 10 - Vergütung, Entschädigung04.12.2014
Dritter Teil - Schlussvorschriften26.11.2010
§ 11 - Aufhebung bisherigen Rechts26.11.2010
§ 12 - Inkrafttreten04.12.2014
Anlage04.12.2014
Aufgrund des § 11 Abs. 2 und des § 12 Abs. 2 des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes vom 20. Dezember 2004 (GVBl. I S. 482), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 729), wird verordnet:

Erster Teil Zugänglichmachung von Dokumenten für blinde, sehbehinderte und taubblinde Menschen im Verwaltungsverfahren

§ 1 Anwendungsbereich und Anlass

Blinde, sehbehinderte und taubblinde Menschen können zur Wahrnehmung eigener Rechte als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens verlangen, dass ihnen öffentlich-rechtliche Verträge, Vordrucke und Bescheide (Dokumente) einschließlich der Anlagen, die die Dokumente in Bezug nehmen, in einer für sie wahrnehmbaren, geeigneten Form zugänglich gemacht werden. Dies gilt nicht für das behördliche Ordnungswidrigkeitenverfahren.

§ 2 Geeignete Formen der Zugänglichmachung

(1) Die in § 1 Satz 1 genannten Dokumente können
1.
in Blindenschrift oder in Großdruck,
2.
elektronisch durch E-Mail oder Datenträger,
3.
akustisch durch Hörkassette,
4.
mündlich von Person zu Person oder
5.
in sonstiger Weise
zugänglich gemacht werden. Ein Dokument ist zugänglich gemacht, wenn die oder der Berechtigte den Inhalt des Dokumentes wahrnehmen kann.
(2) Werden Dokumente auf elektronischem Wege zugänglich gemacht, sind die Standards der barrierefreien Informationstechnik nach § 14 Satz 1 des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes maßgebend.

§ 3 Umfang des Anspruchs auf Zugänglichmachung

(1) Die Berechtigten können zwischen den Formen der Zugänglichmachung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 auswählen. Die Auswahlentscheidung ist aktenkundig zu machen und im weiteren Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.
(2) Erhalten die in § 9 Abs. 1 Satz 1 des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes genannten Stellen Kenntnis von der Blindheit, Taubblindheit oder einer anderen Sehbehinderung einer oder eines Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens, haben sie diese auf ihr Recht auf Zugänglichmachung nach § 1 Satz 1 und ihr Wahlrecht nach Abs. 1 Satz 1 hinzuweisen.

§ 4 Zeitpunkt der Zugänglichmachung

Die Dokumente sollen den Berechtigten, soweit möglich, gleichzeitig mit der Bekanntgabe auch in der für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden. Die Vorschriften über die Bekanntgabe nach dem Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung vom 15. Januar 2010 (GVBl. I S. 18), geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2012 (GVBl. S. 622), bleiben unberührt.

§ 5 Kosten

Zusätzliche Kosten für die Zugänglichmachung eines Dokuments in wahrnehmbarer Form nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes werden nicht erhoben. Dies gilt auch für Folgekosten.

Zweiter Teil Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren

§ 6 Anwendungsbereich und Anlass

(1) Hör- oder sprachbehinderte Menschen können zur Wahrnehmung eigener Rechte als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens verlangen, dass ihnen für die mündliche Kommunikation eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher für die Deutsche Gebärdensprache, für lautsprachbegleitende Gebärden oder andere geeignete Kommunikationshilfen bereitgestellt werden. Dies gilt nicht für das behördliche Ordnungswidrigkeitenverfahren.
(2) Abs. 1 Satz 1 gilt entsprechend für die Kommunikation von hör- oder sprachbehinderten Eltern mit der Schule im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes. Dies gilt nicht für Unterricht in Schulen und andere schulische Veranstaltungen.

§ 7 Geeignete Kommunikationshilfen

(1) Andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes sind
1.
Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer, insbesondere
a)
Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher,
b)
Simultanschriftdolmetscherinnen und Simultanschriftdolmetscher,
c)
Oraldolmetscherinnen und Oraldolmetscher und
d)
Kommunikationsassistentinnen und Kommunikationsassistenten,
2.
Kommunikationsmethoden, insbesondere
a)
Lormen und taktil wahrnehmbare Gebärden,
b)
Unterstützte Kommunikation für Menschen mit autistischer Störung,
c)
relaisgestützte Kommunikation und
d)
lautsprachbegleitende Gebärden,
3.
Kommunikationsmittel, insbesondere
a)
akustisch-technische Hilfen und
b)
grafische Symbol-Systeme.
(2) Die Kommunikation mittels einer Kommunikationshilfe ist als geeignet anzusehen, wenn sie die für die Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderliche Verständigung sicherstellt.

§ 8 Umfang des Anspruchs auf Kommunikationshilfen

(1) Die Berechtigten können zwischen den geeigneten Kommunikationshilfen im Sinne des § 7 auswählen oder auch selbst eine geeignete Kommunikationshilfe bereitstellen.
(2) Erhalten die in § 9 Abs. 1 Satz 1 des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes genannten Stellen Kenntnis von der Hör- oder Sprachbehinderung einer oder eines Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens, haben sie diese auf ihr Recht auf barrierefreie Kommunikation und auf ihr Wahlrecht nach Abs. 1 hinzuweisen.
(3) Bei der Abwehr von unmittelbar bevorstehenden Gefahren für bedeutsame Rechtsgüter, insbesondere Leben, Gesundheit, Freiheit oder nicht unwesentliche Vermögenswerte, kann von dem Einsatz von Gebärdensprachdolmetscherinnen oder Gebärdensprachdolmetschern oder anderer Kommunikationshilfen abgesehen werden.

§ 9 Art und Weise der Bereitstellung von Kommunikationshilfen

Die geeigneten Kommunikationshilfen im Sinne des § 7 werden von den in § 9 Abs. 1 Satz 1 des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes genannten Stellen bereitgestellt, es sei denn, die Berechtigten stellen diese selbst bereit. Die Auswahlentscheidung ist aktenkundig zu machen und im weiteren Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.

§ 10 Vergütung, Entschädigung

Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher sowie Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bis c erhalten eine Vergütung nach Maßgabe der Nr. 1 der Anlage und die darauf entfallende Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz in der Fassung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juli 2014 (BGBl. I S. 1266), unerhoben bleibt. Kommunikationsassistentinnen und Kommunikationsassistenten nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d erhalten eine Entschädigung nach Maßgabe der Nr. 2 der Anlage.

Dritter Teil Schlussvorschriften

§ 11 Aufhebung bisherigen Rechts

Aufgehoben werden
1.
die Hessische Verordnung über barrierefreie Dokumente vom 29. März 2006 (GVBl. I S. 98)
1)
und
2.
die Hessische Kommunikationshilfenverordnung vom 29. März 2006 (GVBl. I S. 99)
2)
Fußnoten
1)
Hebt auf GVBl. II 34-52
2)
Hebt auf GVBl. II 34-53

§ 12 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Anlage

(zu § 10)
1.
Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher sowie Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bis c (kommunikationsunterstützende Personen) erhalten als Vergütung
a)
ein Entgelt in Höhe von
aa)
37,50 Euro je angefangene 30 Minuten Dolmetschzeit bei nachgewiesener abgeschlossener Berufsausbildung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld,
bb)
24 Euro je angefangene 30 Minuten Dolmetschzeit ohne nachgewiesene abgeschlossene Berufsausbildung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld,
b)
eine Pauschale für entstandene Fahrt- und Wartezeiten bei einer einfachen Wegstrecke zwischen Wohnort und Einsatzort:
aa)
von bis zu 50 Kilometern in Höhe von 46 Euro,
bb)
von bis zu 70 Kilometern in Höhe von 59 Euro,
cc)
von bis zu 90 Kilometern in Höhe von 72 Euro,
dd)
von bis zu 100 Kilometern in Höhe von 85 Euro,
ee)
von bis zu 150 Kilometern in Höhe von 98 Euro,
ff)
bei mehr als 150 Kilometern in Höhe von 150 Euro,
c)
Fahrtkosten und Wegstreckenentschädigung in entsprechender Anwendung des Hessischen Reisekostengesetzes vom 9. Oktober 2009 (GVBl. I S. 397),
d)
eine Ausfallentschädigung anstelle der Vergütung nach Buchst. a bis c im Falle einer Terminverlegung in Höhe von
aa)
75 Euro bei nachgewiesener abgeschlossener Berufsausbildung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld,
bb)
48 Euro ohne nachgewiesene abgeschlossene Berufsausbildung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld,
wenn die Terminverlegung der kommunikationsunterstützenden Person oder der oder dem Berechtigten, wenn diese oder dieser die kommunikationsunterstützende Person selbst bereitstellt, nicht mindestens einen Tag vorher mitgeteilt wurde.
2.
Personen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d erhalten für ihren Einsatz auf Antrag eine pauschale Entschädigung von 30 Euro.
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