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Landesgesetz zur Ausführung des Artikels 49 Abs. 5 der Verfassung für Rheinland-Pfalz (Konnexitätsausführungsgesetz - KonnexAG -) Vom 2. März 2006

Landesgesetz zur Ausführung des Artikels 49 Abs. 5 der Verfassung für Rheinland-Pfalz (Konnexitätsausführungsgesetz - KonnexAG -) Vom 2. März 2006
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Landesgesetz zur Ausführung des Artikels 49 Abs. 5 der Verfassung für Rheinland-Pfalz (Konnexitätsausführungsgesetz - KonnexAG -) vom 2. März 200616.03.2006
Eingangsformel16.03.2006
§ 1 - Anwendungsbereich des Konnexitätsprinzips16.03.2006
§ 2 - Deckung der Kosten16.03.2006
§ 3 - Mehrbelastungsausgleich16.03.2006
§ 4 - Regelungsentwürfe der Landesregierung und der Landesbehörden16.03.2006
§ 5 - Gesetzentwürfe aus der Mitte des Landtags16.03.2006
§ 6 - Beachtung des Konnexitätsprinzips bei Volksbegehren und Volksinitiativen16.03.2006
§ 7 - In-Kraft-Treten16.03.2006
Der Landtag Rheinland-Pfalz hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Anwendungsbereich des Konnexitätsprinzips

(1) Überträgt das Land den Gemeinden oder Gemeindeverbänden die Erfüllung staatlicher Aufgaben, verpflichtet es sie zur Erfüllung von Selbstverwaltungsaufgaben oder stellt es besondere Anforderungen an die Erfüllung bestehender oder neuer Aufgaben dieser Art, so hat es gleichzeitig aufgrund einer Kostenfolgenabschätzung Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Das Gleiche gilt, wenn den Gemeinden oder Gemeindeverbänden Finanzierungspflichten auferlegt werden. Verbleiben den betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbänden in ihrer Gesamtheit trotz der Bestimmungen über die Deckung der Kosten unabweisbare und wesentliche finanzielle Mehrbelastungen, ist im Rahmen des § 3 ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu leisten. Eine wesentliche finanzielle Mehrbelastung ist im Regelfall erreicht, wenn die geschätzte jährliche Mehrbelastung der betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbände in ihrer Gesamtheit über einem Betrag von 0,25 EUR pro Einwohner liegt.
(2) Wenn aufgrund europa- oder bundesrechtlicher Regelungen eine Aufgabe oder Finanzierungspflicht unmittelbar den Gemeinden oder Gemeindeverbänden übertragen wird, findet das Konnexitätsprinzip nur insoweit Anwendung, als dem Land zur Umsetzung ein eigener Gestaltungsspielraum bleibt und dieser genutzt wird.
(3) Das Konnexitätsprinzip findet auf den am 25. Juni 2004 vorhandenen Bestand an Aufgaben und Finanzierungspflichten der Gemeinden und Gemeindeverbände in seiner zu diesem Zeitpunkt bestehenden Ausgestaltung keine Anwendung.
(4) Das Konnexitätsprinzip findet keine Anwendung, wenn die Gemeinden oder Gemeindeverbände nicht in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder Finanzierungspflichten, sondern wie private Dritte von neuen oder geänderten Anforderungen betroffen sind.

§ 2 Deckung der Kosten

(1) Bestimmungen über die Deckung der Kosten erfordern eine Abschätzung des Anteils des Landes an der Kostenverursachung (Kostenverursachungsabschätzung), wenn bei der Übertragung oder Änderung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht europa- oder bundesrechtliche Vorgaben beachtlich sind, sowie eine Prognose der bei wirtschaftlicher Verwaltungstätigkeit durch die Erfüllung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht entstehenden durchschnittlichen und angemessenen Kosten (Kostenfolgenabschätzung im engeren Sinne). Hierzu sind der mengenmäßige Umfang der zu erfüllenden Aufgabe oder der zu erfüllenden Finanzierungspflicht und der je Mengeneinheit anfallende Aufwand zu schätzen; dabei kann auf Pauschalen sowie auf Erfahrungs- oder Vergleichswerte zurückgegriffen werden. Bei der Kostenfolgenabschätzung im engeren Sinne sind folgende Positionen zu berücksichtigen:
1.
künftig zu bewirkende Leistungen an Dritte sind nach Höhe und Fallzahlen pauschal zu schätzen,
2.
der Personalaufwand ist zu ermitteln, indem die durchschnittlichen Kosten der für die Erfüllung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht voraussichtlich erforderlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem geschätzten unabweisbaren Zeitaufwand multipliziert werden,
3.
der Sachaufwand für einen Büroarbeitsplatz kann im Regelfall mit Pauschalbeträgen oder mit einem pauschalen Zuschlag in Höhe von 20 v. H. auf den Personalaufwand gemäß Nummer 2 ermittelt und angesetzt werden, besonderer aufgabenspezifischer Sachaufwand ist zu schätzen,
4.
Aufwand, der der Erfüllung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht nicht direkt zugerechnet werden kann (Verwaltungsgemeinkosten), ist nur zu berücksichtigen, wenn er sich nachweislich durch die Erfüllung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht nicht nur unerheblich erhöht; er kann dann im Regelfall mit einem Zuschlag in Höhe von bis zu 10 v. H. auf den Personalaufwand gemäß Nummer 2 angesetzt werden,
5.
Investitionskosten sind zu berücksichtigen, soweit sie für die Erfüllung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht unabweisbar notwendig sind und nicht in sonstiger Weise gefördert werden; sie können dann in einer Summe oder verteilt über die Dauer der wirtschaftlichen Nutzung der betreffenden Vermögensgegenstände einbezogen werden.
(2) Sind die betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbände berechtigt, für die Erfüllung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht Gebühren, Beiträge oder sonstige Entgelte zu erheben, sind diese Einnahmemöglichkeiten zu schätzen und von den nach Absatz 1 ermittelten Kosten in Abzug zu bringen.
(3) Die Deckung der nach Absatz 2 verbleibenden Kosten der Erfüllung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht kann erfolgen durch:
1.
Verbesserung der Einnahmen oder der Einnahmemöglichkeiten im Wege der Erschließung neuer sowie der Erweiterung bestehender Einnahmequellen,
2.
Ausgabeeinsparungen oder Ermöglichung von Ausgabeeinsparungen an anderer Stelle.
Bei der Ausgestaltung der Bestimmungen über die Deckung der Kosten sind unter Rückgriff auf allgemeine Erfahrungswerte Typisierungen und Pauschalierungen zulässig.
(4) Die Bestimmungen über die Deckung der Kosten können in der Regelung über die Übertragung oder Änderung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht selbst oder gleichzeitig mit der Regelung über die Übertragung oder Änderung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht in einer besonderen Kostendeckungsregelung getroffen werden. Die Bestimmungen über die Deckung der Kosten müssen spätestens zu dem Zeitpunkt in Kraft treten, in dem die Regelung über die Übertragung oder Änderung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht in Kraft tritt.
(5) Im Rahmen der Abschätzung der Kostenfolgen nach Absatz 1 einschließlich der Möglichkeiten zur Entgelterhebung nach Absatz 2 und der Folgen der vorgesehenen Bestimmungen über die Deckung der Kosten nach Absatz 3 (Kostenfolgenabschätzung im weiteren Sinne) sind alle für eine gesicherte Prognose erheblichen Umstände zu erfassen und in ihren Auswirkungen gesondert zu bewerten. Die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen sind zu dokumentieren.
(6) Eine Kostenverursachungsabschätzung nach Absatz 1 Satz 1 sowie die Kostenfolgenabschätzungen nach den Absätzen 1 und 5 sind vom Land zeitnah zu überprüfen, wenn sich herausstellt, dass die ihr zugrunde liegenden Annahmen bereits von Anfang an erheblich fehlerhaft waren, oder aufgrund späterer Entwicklungen erhebliche Abweichungen von den Annahmen auftreten, und die Berechnung der Mehrbelastung deshalb zu unangemessenen Ergebnissen führen könnte. Die Überprüfung der Kostenverursachungsabschätzung und der Kostenfolgenabschätzungen erfolgt durch das jeweils fachlich zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem für den Landeshaushalt zuständigen Ministerium.
(7) Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, dem Land alle für die Kostenverursachungsabschätzung nach Absatz 1 Satz 1 sowie die Kostenfolgenabschätzungen nach den Absätzen 1 und 5 notwendigen Auskünfte unentgeltlich zu erteilen.

§ 3 Mehrbelastungsausgleich

(1) Verbleiben den betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbänden in ihrer Gesamtheit trotz der Bestimmungen über die Deckung der Kosten nach § 2 Abs. 3 unabweisbare und wesentliche Mehrbelastungen, ist vom Land ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu leisten und die angemessene Verteilung der Mittel zu regeln. Eine Mehrbelastung wird durch die Kostenfolgenabschätzung im weiteren Sinne nach § 2 Abs. 5 ermittelt. Bei der Ausgestaltung des Mehrbelastungsausgleichs sind unter Rückgriff auf allgemeine Erfahrungswerte Typisierungen und Pauschalierungen zulässig.
(2) Die erstmalige Zahlung des Mehrbelastungsausgleichs muss unverzüglich nach dem tatsächlichen Beginn der Erfüllung der Aufgabe oder der Finanzierungspflicht durch die betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbände erfolgen. Die jährliche Zahlung des Mehrbelastungsausgleichs kann in Teilbeträgen erfolgen.
(3) Eine Anpassung des Mehrbelastungsausgleichs ist vorzunehmen, wenn eine Überprüfung der Kostenverursachungsabschätzung oder der Kostenfolgenabschätzungen gemäß § 2 Abs. 6 ergeben hat, dass der Mehrbelastungsausgleich unangemessen ist.

§ 4 Regelungsentwürfe der Landesregierung und der Landesbehörden

(1) Bei Regelungsentwürfen der Landesregierung und der Landesbehörden gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 obliegen die Kostenverursachungsabschätzung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und die Kostenfolgenabschätzungen nach § 2 Abs. 1 und 5 dem jeweils fachlich zuständigen Ministerium im Einvernehmen mit dem für den Landeshaushalt zuständigen Ministerium.
(2) Regelungsentwürfe der Landesregierung und der Landesbehörden gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 hat das jeweils fachlich zuständige Ministerium mit den kommunalen Spitzenverbänden in geeigneter Form rechtzeitig zu erörtern. Hierzu ist den kommunalen Spitzenverbänden der Regelungsentwurf einschließlich der Kostenverursachungsabschätzung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und der Kostenfolgenabschätzungen nach § 2 Abs. 1 und 5 mit einer Prüfungsfrist von mindestens vier Wochen zuzuleiten. Im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden kann auf die Erörterung verzichtet werden.
(3) Soweit die kommunalen Spitzenverbände mit der Kostenverursachungsabschätzung, einer Kostenfolgenabschätzung oder einer vorgesehenen Regelung zur Deckung der Kosten oder zum Mehrbelastungsausgleich nicht einverstanden sind, soll ein Konsensgespräch durchgeführt werden. Zu diesem Gespräch kann jede Seite auf eigene Rechnung sachverständige Dritte hinzuziehen oder ein Gutachten in Auftrag geben.
(4) Bei einem Gesetz- oder Verordnungsentwurf nimmt das jeweils fachlich zuständige Ministerium die Ergebnisse des Erörterungsverfahrens nach Absatz 2 und eines Konsensverfahrens nach Absatz 3 in die Begründung des Entwurfs auf. Wurde eine Einigung nicht erzielt, sind dem Entwurf die Kostenverursachungsabschätzung nach § 2 Abs. 1 Satz 1, die Kostenfolgenabschätzung nach § 2 Abs. 5 und die abschließenden Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände beizufügen.
(5) Bei einer Überprüfung einer Kostenverursachungsabschätzung oder einer Kostenfolgenabschätzung gemäß § 2 Abs. 6 sowie bei einer Anpassung des Mehrbelastungsausgleichs gemäß § 3 Abs. 3 gelten die Absätze 2 bis 4 entsprechend.

§ 5 Gesetzentwürfe aus der Mitte des Landtags

(1) Bei Gesetzentwürfen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 aus der Mitte des Landtags entscheidet dieser, durch wen die Kostenverursachungsabschätzung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und die Kostenfolgenabschätzungen nach § 2 Abs. 1 und 5 erstellt werden. Der Landtag kann hierzu auch einen Bericht der Landesregierung anfordern.
(2) Bei Gesetzentwürfen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 aus der Mitte des Landtags sollen die kommunalen Spitzenverbände zu der Kostenverursachungsabschätzung, den Kostenfolgenabschätzungen sowie den vorgesehenen Regelungen zur Deckung der Kosten und zum Mehrbelastungsausgleich schriftlich oder mündlich gehört werden. Stattdessen kann der Landtag, falls er einen Bericht der Landesregierung nach Absatz 1 Satz 2 anfordert, diese zusätzlich ersuchen, die kommunalen Spitzenverbände entsprechend § 4 Abs. 2 und 3 zu beteiligen.

§ 6 Beachtung des Konnexitätsprinzips bei Volksbegehren und Volksinitiativen

(1) Ist ein Gesetz gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 Gegenstand eines Volksbegehrens (Artikel 109 Abs. 1 Nr. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz, § 61 Abs. 1 Nr. 1 des Landeswahlgesetzes - LWahlG -), hat die Landesregierung in ihrer stattgebenden Zulassungsentscheidung nach § 64 LWahlG festzustellen, ob und in welchem Umfang aufgrund des Gesetzes ergänzende Regelungen nach Artikel 49 Abs. 5 der Verfassung für Rheinland-Pfalz in Verbindung mit den §§ 1 bis 3 notwendig würden und in welcher Form sie getroffen werden könnten.
(2) Ist ein Gesetz gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 Gegenstand einer Volksinitiative (Artikel 108 a Abs. 1 Satz 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz, § 60 d Satz 2 LWahlG), beurteilt der Landtag, ob und in welchem Umfang aufgrund des Gesetzes ergänzende Regelungen nach Artikel 49 Abs. 5 der Verfassung für Rheinland-Pfalz in Verbindung mit den §§ 1 bis 3 notwendig würden und in welcher Form sie getroffen werden könnten. Der Landtag kann hierzu auch einen Bericht der Landesregierung anfordern.

§ 7 In-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Mainz, den 2. März 2006
Der Ministerpräsident Kurt Beck
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