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Hessisches Enteignungs- und Entschädigungsgesetz (HEEG) Vom 4. April 1973

Hessisches Enteignungs- und Entschädigungsgesetz (HEEG) Vom 4. April 1973
Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 15.10.2020 bis 31.12.2030
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Oktober 2020 (GVBl. S. 710)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Hessisches Enteignungs- und Entschädigungsgesetz (HEEG) vom 4. April 197301.01.2004 bis 31.12.2030
Inhaltsverzeichnis15.10.2020 bis 31.12.2030
Erster Abschnitt - Allgemeine Vorschriften01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 1 - Geltungsbereich01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 2 - Grundstücksteile und grundstücksgleiche Rechte01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 3 - Enteignungszweck15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 4 - Enteignungsgegenstand01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 5 - Zulässigkeitsvoraussetzungen15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 6 - Enteignung von Grundstücken zur Entschädigung in Land01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 7 - Ersatz für entzogene Rechte01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 8 - Umfang, Beschränkung und Ausdehnung der Enteignung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 9 - Vorarbeiten auf Grundstücken15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 10 - Sicherung anderer Grundstücke01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 11 - Enteignungsbehörde10.10.2012 bis 31.12.2030
§ 12 - Wiedereinsetzung15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 13 - Von Amts wegen bestellter Vertreter15.10.2020 bis 31.12.2030
Zweiter Abschnitt - Planfeststellung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 14 - Möglichkeit des Planfeststellungsverfahrens15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 15 - Durchführung des Planfeststellungsverfahrens15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 16 - Wirkung der Planfeststellung01.01.2004 bis 31.12.2030
Dritter Abschnitt - Vorzeitige Besitzeinweisung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 17 - Grundsätze der vorzeitigen Besitzeinweisung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 18 - Besitzeinweisungsbeschluß01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 19 - Wirkung der Besitzeinweisung, Fälligkeit der Besitzeinweisungsentschädigung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 20 - Ermittlung des Zustandes des Grundstücks01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 21 - Aufhebung des Besitzeinweisungsbeschlusses01.01.2004 bis 31.12.2030
Vierter Abschnitt - Enteignungsverfahren01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 22 - Enteignungsantrag15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 23 - Beteiligte15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 24 - Erforschung des Sachverhalts15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 25 - Vorbereitung der mündlichen Verhandlung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 26 - Einleitung des Enteignungsverfahrens15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 27 - Einigung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 28 - Teileinigung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 29 - Entscheidung der Enteignungsbehörde01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 30 - Enteignungsbeschluß15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 31 - Verwendungsfrist01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 32 - Verfahren bei der Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 33 - Aufhebung des Enteignungsbeschlusses01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 34 - Bekanntgabe der Unanfechtbarkeit01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 35 - Ausführung des Enteignungsbeschlusses01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 36 - Hinterlegung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 37 - Verteilungsverfahren01.01.2004 bis 31.12.2030
Fünfter Abschnitt - Entschädigung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 38 - Entschädigungsgrundsätze01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 39 - Entschädigungsberechtigter und -verpflichteter01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 40 - Entschädigung für den Rechtsverlust01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 41 - Entschädigung für andere Vermögensnachteile01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 42 - Behandlung der Rechte der Nebenberechtigten01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 43 - Schuldübergang01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 44 - Entschädigung in Geld15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 45 - Entschädigung in Land01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 46 - Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte01.01.2004 bis 31.12.2030
Sechster Abschnitt - Schlußvorschriften01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 47 - Rückenteignung15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 48 - Entschädigung für die Rückenteignung01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 49 - Kosten15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 50 - Klage wegen der Art und Höhe der Entschädigung oder Ausgleichszahlung15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 51 - Parteien01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 52 - Klagefrist01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 53 - Klageschrift01.01.2004 bis 31.12.2030
§ 54 - Vollstreckbarer Titel15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 55 - Anhängige Verfahren15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 56 - Verarbeitung personenbezogener Daten15.10.2020 bis 31.12.2030
§ 57 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten15.10.2020 bis 31.12.2030
Inhaltsübersicht:
ERSTER ABSCHNITT Allgemeine Vorschriften
§ 1Geltungsbereich
§ 2Grundstücksteile und grundstücksgleiche Rechte
§ 3Enteignungszweck
§ 4Enteignungsgegenstand
§ 5Zulässigkeitsvoraussetzungen
§ 6Enteignung von Grundstücken zur Entschädigung in Land
§ 7Ersatz für entzogene Rechte
§ 8Umfang, Beschränkung und Ausdehnung der Enteignung
§ 9Vorarbeiten auf Grundstücken
§ 10Sicherung anderer Grundstücke
§ 11Enteignungsbehörde
§ 12Wiedereinsetzung
§ 13Von Amts wegen bestellter Vertreter
ZWEITER ABSCHNITT Planfeststellung
§ 14Möglichkeit des Planfeststellungsverfahrens
§ 15Durchführung des Planfeststellungsverfahrens
§ 16Wirkung der Planfeststellung
DRITTER ABSCHNITT Vorzeitige Besitzeinweisung
§ 17Grundsätze der vorzeitigen Besitzeinweisung
§ 18Besitzeinweisungsbeschluß
§ 19Wirkung der Besitzeinweisung, Fälligkeit der Besitzeinweisungsentschädigung
§ 20Ermittlung des Zustandes des Grundstücks
§ 21Aufhebung des Besitzeinweisungsbeschlusses
VIERTER ABSCHNITT Enteignungsverfahren
§ 22Enteignungsantrag
§ 23Beteiligte
§ 24Erforschung des Sachverhalts
§ 25Vorbereitung der mündlichen Verhandlung
§ 26Einleitung des Enteignungsverfahrens
§ 27Einigung
§ 28Teileinigung
§ 29Entscheidung der Enteignungsbehörde
§ 30Enteignungsbeschluß
§ 31Verwendungsfrist
§ 32Verfahren bei der Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte
§ 33Aufhebung des Enteignungsbeschlusses
§ 34Bekanntgabe der Unanfechtbarkeit
§ 35Ausführung des Enteignungsbeschlusses
§ 36Hinterlegung
§ 37Verteilungsverfahren
FÜNFTER ABSCHNITT Entschädigung
§ 38Entschädigungsgrundsätze
§ 39Entschädigungsberechtigter und -verpflichteter
§ 40Entschädigung für den Rechtsverlust
§ 41Entschädigung für andere Vermögensnachteile
§ 42Behandlung der Rechte der Nebenberechtigten
§ 43Schuldübergang
§ 44Entschädigung in Geld
§ 45Entschädigung in Land
§ 46Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte
SECHSTER ABSCHNIT Schlußvorschriften
§ 47Rückenteignung
§ 48Entschädigung für die Rückenteignung
§ 49Kosten
§ 50Klage wegen der Art und Höhe der Entschädigung oder Ausgleichszahlung
§ 51Parteien
§ 52Klagefrist
§ 53Klageschrift
§ 54Vollstreckbarer Titel
§ 55Anhängige Verfahren
§ 56Verarbeitung personenbezogener Daten
§ 57Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften

§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für Enteignungen im Lande Hessen, soweit nicht Bundesrecht anzuwenden ist.
(2) Unberührt bleiben Enteignungen durch Landesgesetz und andere landesgesetzliche Vorschriften über die Enteignung und Planfeststellung.

§ 2 Grundstücksteile und grundstücksgleiche Rechte

(1) Die für Grundstücke geltenden Vorschriften dieses Gesetzes gelten sinngemäß auch für Grundstücksteile.
(2) Die für das Eigentum an Grundstücken bestehenden Vorschriften gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes vorschreibt, sinngemäß auch für grundstücksgleiche Rechte.

§ 3 Enteignungszweck

Nach diesem Gesetz kann enteignet werden, um
1.
die nach anderen Gesetzen zulässigen Enteignungen durchzuführen,
2.
andere Vorhaben zu verwirklichen, die dem Wohle der Allgemeinheit dienen, insbesondere
a)
Einrichtungen für den Sport, das Gesundheitswesen und andere soziale Zwecke,
b)
Einrichtungen für Schulen, Hochschulen und andere Zwecke von Kultur, Wissenschaft und Forschung,
c)
Einrichtungen des Bestattungs- und Friedhofswesens,
d)
Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und des Justizvollzugs einschließlich des Maßregelvollzugs,
e)
Einrichtungen für die Entsorgung oder die Versorgung, hierunter fällt zum Beispiel die öffentliche Versorgung mit Wasser und Fernwärme,
f)
Einrichtungen, die dem Umweltschutz dienen,
g)
Rohrleitungen zum Transport von Rohstoffen oder Produktion in großen Mengen oder mit gefährlichen Eigenschaften,
3.
durch Enteignung entzogene Rechte durch neue Rechte zu ersetzen,
4.
Grundstücke für die Entschädigung in Land zu beschaffen.

§ 4 Enteignungsgegenstand

(1) Durch Enteignung können
1.
das Eigentum an Grundstücken entzogen oder belastet werden,
2.
andere Rechte an Grundstücken entzogen oder belastet werden,
3.
Rechte entzogen werden, die zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken berechtigen oder die den Verpflichteten in der Benutzung von Grundstücken beschränken,
4.
soweit es in den Vorschriften dieses Gesetzes vorgesehen ist, Rechtsverhältnisse begründet werden, die Rechte der in Nr. 3 bezeichneten Art gewähren,
5.
die Änderung oder Beseitigung vorhandener baulicher Anlagen angeordnet werden.
(2) Soweit ein Grundstück nur für einen vorübergehenden Zeitraum benötigt wird und die Wiederherstellung seines früheren Zustandes zumutbar ist, kann die Enteignungsbehörde an Stelle der Entziehung oder Belastung des Grundstücks durch Enteignungsbeschluß eine Verfügung erlassen, welche die Wirkung eines Mietvertrages hat (Mietverfügung).
(3) Auf das Zubehör eines Grundstücks sowie auf Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden oder in ein Gebäude eingefügt sind, darf die Enteignung nur nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 ausgedehnt werden.
(4) Die für die Entziehung oder Belastung des Eigentums an Grundstücken geltenden Vorschriften sind auf die Entziehung, Belastung oder Begründung der in Abs. 1 Nr. 2 bis 4, Abs. 2 bezeichneten Rechte sinngemäß anzuwenden.

§ 5 Zulässigkeitsvoraussetzungen

Die Enteignung zu dem in § 3 Nr. 2 bezeichneten Zweck ist im einzelnen Fall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann. Sie setzt insbesondere voraus, daß
1.
die Bereitstellung von Grundstücken aus dem Grundbesitz des Unternehmers oder einer juristischen Person, an der der Unternehmer allein oder überwiegend beteiligt ist, weder möglich noch zumutbar ist,
2.
der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb eines geeigneten Grundstücks zu angemessenen Bedingungen, insbesondere, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist, unter Angebot geeigneten anderen Landes aus dem eigenen Vermögen oder aus dem Vermögen juristischer Personen, an deren Kapital er überwiegend beteiligt ist, vergeblich bemüht hat und
3.
er glaubhaft macht, daß das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zwecke verwendet wird.

§ 6 Enteignung von Grundstücken zur Entschädigung in Land

(1) Die Enteignung von Grundstücken zur Entschädigung in Land (Ersatzland) ist zulässig, wenn
1.
gemäß § 45 die Entschädigung eines Eigentümers in Land festzusetzen ist,
2.
die Bereitstellung von Grundstücken, die als Ersatzland geeignet sind, weder aus dem Grundbesitz des Enteignungsbegünstigten noch aus dem einer juristischen Person, an der der Enteignungsbegünstigte allein oder überwiegend beteiligt ist, möglich und zumutbar ist, und
3.
von dem Enteignungsbegünstigten geeignete Grundstücke freihändig zu angemessenen Bedingungen, insbesondere, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist, unter Angebot geeigneten anderen Landes aus dem eigenen Vermögen oder aus dem Vermögen von juristischen Personen des Privatrechts, an deren Kapital er überwiegend beteiligt ist, nicht erworben werden können.
(2) Grundstücke unterliegen nicht der Enteignung zur Entschädigung in Land, wenn und soweit
1.
der Eigentümer oder bei land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken auch der sonstige Nutzungsberechtigte auf das zu enteignende Grundstück mit seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit angewiesen und ihm im Interesse der Erhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Betriebes die Abgabe nicht zuzumuten ist, oder
2.
die Grundstücke oder ihre Erträge unmittelbar öffentlichen Zwecken oder der Wohlfahrtspflege, dem Unterricht, der Forschung, der Kranken- und Gesundheitspflege, der Erziehung, der Körperertüchtigung, Betrieben des öffentlichen Verkehrs oder der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme oder Wasser oder den Aufgaben der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie deren Einrichtungen dienen oder zu dienen bestimmt sind.
(3) Außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches eines Bebauungsplanes und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile können Grundstücke zur Entschädigung in Land nur enteignet werden, wenn sie land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden sollen.
(4) Die Enteignung zum Zwecke der Entschädigung eines Eigentümers, dessen Grundstück zur Beschaffung von Ersatzland enteignet wird, ist unzulässig.

§ 7 Ersatz für entzogene Rechte

Die Enteignung zu dem Zweck, durch Enteignung entzogene Rechte durch neue Rechte zu ersetzen, ist nur zulässig, soweit der Ersatz in den Vorschriften des Fünften Abschnittes vorgesehen ist.

§ 8 Umfang, Beschränkung und Ausdehnung der Enteignung

(1) Ein Grundstück darf nur in dem Umfang enteignet werden, in dem dies zur Verwirklichung des Enteignungszwecks erforderlich ist. Reicht eine Belastung mit einem Recht zur Verwirklichung des Enteignungszwecks aus, so ist die Enteignung hierauf zu beschränken.
(2) Soll ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet werden, so kann der Eigentümer an Stelle der Belastung die Entziehung des Eigentums verlangen. Soll ein Grundstück mit einem anderen Recht belastet werden, so kann der Eigentümer die Entziehung des Eigentums verlangen, wenn die Belastung mit dem dinglichen Recht für ihn unzumutbar ist.
(3) Soll ein Grundstück oder ein räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängender Grundbesitz nur zum Teil enteignet werden, so kann der Eigentümer die Ausdehnung der Enteignung auf das Restgrundstück oder den Restbesitz insoweit verlangen, als das Restgrundstück oder der Restbesitz nicht mehr in angemessenem Umfang baulich oder wirtschaftlich genutzt werden kann.
(4) Der Eigentümer kann verlangen, daß die Enteignung auf die in § 4 Abs. 3 bezeichneten Gegenstände ausgedehnt wird, wenn und soweit er sie infolge der Enteignung nicht mehr wirtschaftlich nutzen oder in anderer Weise angemessen verwerten kann.
(5) Ein Verlangen nach den Abs. 2 bis 4 ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Enteignungsbehörde bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung (§ 26) geltend zu machen.

§ 9 Vorarbeiten auf Grundstücken

(1) Die Beauftragten der Enteignungsbehörde sind befugt, im Rahmen eines Enteignungsverfahrens Grundstücke, deren Enteignung in Betracht kommt, mit Ausnahme von Wohnungen zur Vorbereitung der nach diesem Gesetz zu treffenden Maßnahmen zu betreten sowie auf den Grundstücken andere notwendige Vorarbeiten vorzunehmen. Die Enteignungsbehörde kann auch den Träger eines Vorhabens, dessen Durchführung eine Enteignung erfordern kann, sowie dessen Beauftragte zu solchen Vorarbeiten ermächtigen.
(2) Eigentümer und Nutzungsberechtigte sind vor dem Betreten der Grundstücke zu benachrichtigen, es sei denn, daß die Benachrichtigung nur durch öffentliche Zustellung möglich wäre. Die Benachrichtigung kann auch durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise erfolgen, wenn die in Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Vorbereitungshandlungen wegen der Besonderheiten des Vorhabens auf eine Vielzahl von Grundstücken erstreckt werden müssen, im Falle des Abs. 1 Satz 2 jedoch nur mit Zustimmung der Enteignungsbehörde.
(3) Entstehen durch eine nach Abs. 1 zulässige Maßnahme dem Eigentümer oder Besitzer unmittelbare Vermögensnachteile, so ist dafür von dem Träger des Vorhabens, dessen Durchführung eine Enteignung erfordern kann, eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so setzt die Enteignungsbehörde die Entschädigung fest; vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören.

§ 10 Sicherung anderer Grundstücke

(1) Werden infolge der Enteignung eines Grundstücks oder seiner neuen Verwendung andere Grundstücke gefährdet oder beeinträchtigt, so hat der Enteignungsbegünstigte auf dem von der Enteignung betroffenen Grundstück oder außerhalb desselben die zur Sicherung der gefährdeten oder beeinträchtigten Grundstücke erforderlichen Vorkehrungen zu treffen und zu unterhalten. Sind Vorkehrungen außerhalb des von der Enteignung betroffenen Grundstücks erforderlich, so hat sie der Eigentümer, auf dessen Grundstück die Vorkehrungen zu schaffen sind, zu dulden.
(2) Die Kosten, die aufgewandt werden müssen, um die für die Vorkehrungen notwendigen Einrichtungen zu schaffen und zu unterhalten, trägt der Enteignungsbegünstigte unter Berücksichtigung der Vorteile, die dem durch die Vorkehrungen Begünstigten durch sie erwachsen, die Kosten der Unterhaltung jedoch nur, soweit sie über den Umfang der bestehenden Verpflichtungen zur Unterhaltung der bisherigen Einrichtungen hinausgehen. Wird durch Vorkehrungen nach Abs. 1 Satz 2 der Wert des betroffenen Grundstücks gemindert, so hat der Enteignungsbegünstigte dem Eigentümer Entschädigung zu leisten.
(3) Vorkehrungen im Sinne der Abs. 1 und 2 sind die Herstellung, Veränderung oder Verlegung von Wirtschaftswegen, Gräben, Vorflutanlagen, Stützmauern, Einfriedigungen und ähnlichen Einrichtungen sowie die Anlage von Sicherheitsvorrichtungen.
(4) Weitergehende nachbarrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(5) Über Ansprüche nach dieser Vorschrift entscheidet auf Antrag die Enteignungsbehörde. Die Ansprüche können auch noch nach Abschluß des Enteignungsverfahrens geltend gemacht werden.

§ 11 Enteignungsbehörde

(1) Enteignungsbehörde ist das Regierungspräsidium.
(2) Örtlich zuständig ist das Regierungspräsidium, in dessen Bezirk das zu enteignende Grundstück liegt.
(3) Werden von einem Vorhaben Grundstücke in verschiedenen Regierungsbezirken betroffen und ist eine einheitliche Durchführung der Verfahren zweckmäßig, so bestimmt der Minister des Innern die zuständige Enteignungsbehörde.

§ 12 Wiedereinsetzung

(1) Wenn ein Beteiligter ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche oder auf Grund dieses Gesetzes bestimmte Frist für eine Verfahrenshandlung einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.
(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses, spätestens jedoch innerhalb eines halben Jahres seit dem Ende der versäumten Frist, zu stellen und zu begründen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Behörde, die über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Sie kann nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an Stelle einer Entscheidung, die den durch das bisherige Verfahren herbeigeführten neuen Rechtszustand ändern würde, eine Entschädigung festsetzen.

§ 13 Von Amts wegen bestellter Vertreter

(1) Ist ein Vertreter nicht vorhanden, so hat das Betreuungsgericht, für einen minderjährigen Beteiligten das Familiengericht auf Ersuchen der Enteignungsbehörde einen rechts- und sachkundigen Vertreter zu bestellen
1.
für einen Beteiligten, dessen Person unbekannt, oder für eine Person, deren Beteiligung ungewiß ist,
2.
für einen abwesenden Beteiligten, dessen Aufenthalt unbekannt oder dessen Aufenthalt zwar bekannt, der aber an der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist,
3.
für einen Beteiligten, dessen Aufenthalt sich nicht innerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes befindet, wenn er der Aufforderung der Enteignungsbehörde, einen Vertreter zu bestellen, innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nachgekommen ist,
4.
für Gesamthandseigentümer oder Eigentümer nach Bruchteilen sowie für mehrere Inhaber eines sonstigen Rechts an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, wenn sie der Aufforderung der Enteignungsbehörde, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, innerhalb der ihnen gesetzten Fristen nicht nachgekommen sind,
5.
bei herrenlosen Grundstücken zur Wahrung der aus dem Eigentum sich ergebenden Rechte und Pflichten.
Die Bestellung soll binnen zwei Wochen vorgenommen werden.
(2) Für die Bestellung des Vertreters ist das Vormundschaftsgericht zuständig, in dessen Bezirk das betroffene Grundstück liegt.
(3) Für die Bestellung und für das Amt des Vertreters gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Pflegschaft entsprechend.

Zweiter Abschnitt Planfeststellung

§ 14 Möglichkeit des Planfeststellungsverfahrens

(1) Erstreckt sich ein Vorhaben auf mehrere Grundstücke, so kann die Enteignungsbehörde nach Stellung des Enteignungsantrags und vor Einleitung des Enteignungsverfahrens ein Planfeststellungsverfahren durchführen, wenn sie es für sachdienlich hält und nicht ein Planfeststellungsverfahren oder ein anderes Verfahren nach anderen Gesetzen vorgesehen ist. Ist ein Enteignungsantrag noch nicht gestellt, so kann die Enteignungsbehörde ein Planfeststellungsverfahren auch dann durchführen, wenn dies der Träger eines Vorhabens, dessen Durchführung eine Enteignung erfordern kann, beantragt.
(2) Wird ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, so darf das Enteignungsverfahren erst eingeleitet werden, wenn die Entscheidung über die Planfeststellung unanfechtbar oder ihre sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet ist.

§ 15 Durchführung des Planfeststellungsverfahrens

(1) Die Enteignungsbehörde führt die Stellungnahmen der Gemeinden und aller Behörden zu dem Plan herbei, deren Aufgabengebiet von der Durchführung des Vorhabens berührt wird.
(2) Der Plan ist mit seinen Unterlagen und Erläuterungen in den Gemeinden, in deren Bereich das Vorhaben geplant ist, einen Monat zur Einsicht auszulegen. Einwendungen sind innerhalb einer von der Behörde festzulegenden Frist, die vier Wochen ab Beendigung der Auslegung nicht unterschreiten darf, schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben. Zeit und Ort der Auslegung und die Behörde, bei der die Einwendungen erhoben werden können, sowie die Einwendungsfrist sind in ortsüblicher Weise bekanntzumachen.
(3) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Enteignungsbehörde die Einwendungen gegen den Plan mit den Beteiligten und den Behörden zu erörtern, die Einwendungen erhoben haben. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Enteignungsbehörde mit der Feststellung des Planes zugleich über die Einwendungen.
(4) Ergeben sich auf Grund des Anhörungsverfahrens wesentliche Planänderungen, so ist der Plan erneut auszulegen. Bedarf es keiner erneuten Auslegung, so teilt die Enteignungsbehörde die Änderungen den hierdurch Betroffenen mit dem Hinweis mit, daß Einwendungen innerhalb von zwei Wochen erhoben werden können. Im übrigen gilt Abs. 3.
(5) Die Feststellung des Planes und die Entscheidungen über die Einwendungen sind zu begründen und den am Verfahren Beteiligten mit Rechtsmittelbelehrung zuzustellen.

§ 16 Wirkung der Planfeststellung

(1) Die Planfeststellung ersetzt alle zur Ausführung des Vorhabens nach anderen landesrechtlichen Vorschriften notwendigen behördlichen Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Genehmigungen mit Ausnahme von Baugenehmigungen. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.
(2) Der festgestellte Plan ist dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend. Gegen Enteignungsmaßnahmen können keine Einwendungen geltend gemacht werden, über die durch die Planfeststellung entschieden worden ist oder die im Planfeststellungsverfahren hätten geltend gemacht werden können.
(3) Der Plan tritt fünf Jahre nach seiner Unanfechtbarkeit außer Kraft, wenn nicht innerhalb dieses Zeitraumes mit der Ausführung des Vorhabens begonnen worden und dessen plangemäße Vollendung in angemessener Zeit gesichert ist. Die Enteignungsbehörde kann auf Antrag die Frist bis zu weiteren fünf Jahren verlängern. Die Entscheidung hierüber kann nur innerhalb der Frist des Satz 1 erfolgen.

Dritter Abschnitt Vorzeitige Besitzeinweisung

§ 17 Grundsätze der vorzeitigen Besitzeinweisung

(1) Sind die sofortige Ausführung eines Vorhabens und die Besitzeinweisung für die Durchführung der beabsichtigten Maßnahmen aus Gründen des öffentlichen Wohls dringend geboten, so kann die Enteignungsbehörde den Antragsteller auch vor Einleitung des Enteignungsverfahrens durch Beschluß in den Besitz des betroffenen Grundstücks einweisen. § 14 Abs. 2 gilt entsprechend.
(2) Für das Verfahren gilt § 24. Der Besitzeinweisung hat eine mündliche Verhandlung mit dem Eigentümer und, wenn ein anderer durch die Besitzeinweisung betroffen wird, auch mit diesem vorauszugehen. Die Ladungsfrist beträgt zwei Wochen. Das Verfahren wird auch bei Nichterscheinen der zum Termin Geladenen fortgesetzt. Hierauf und auf das Antragsrecht nach § 20 ist in der Ladung hinzuweisen. Die Betroffenen sind spätestens mit der Ladung über den Inhalt des Antrags und sie berührende Ermittlungsergebnisse (§ 24 Abs. 1) zu unterrichten.
(3) Auf Antrag des unmittelbaren Besitzers ist der Zeitpunkt, zu dem der Besitzeinweisungsbeschluß wirksam wird, auf mindestens zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses an ihn festzusetzen. Soweit auf dem Grundstück Wohngebäude vorhanden sind, deren Nutzung durch die vorzeitige Besitzeinweisung beeinträchtigt wird, ist der Zeitpunkt so festzusetzen, daß die angemessene anderweitige Unterbringung der durch die Besitzeinweisung Betroffenen gesichert ist. Entsprechendes gilt für die auf dem Grundstück ansässigen gewerblichen und landwirtschaftlichen Betriebe und die auf dem Grundstück vorhandenen Verkehrs-, Fernmelde- oder Versorgungseinrichtungen und -anlagen sowie Einrichtungen und Anlagen der Abwasserwirtschaft.
(4) Der Eingewiesene hat für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung den Betroffenen entstehenden Vermögensnachteile eine einmalige oder wiederkehrende Entschädigung zu leisten (Besitzeinweisungsentschädigung), soweit die Nachteile nicht durch die Verzinsung der Geldentschädigung (§ 44 Abs. 3) ausgeglichen werden.
(5) Die Enteignungsbehörde kann die vorzeitige Besitzeinweisung auf Antrag des Eigentümers oder des Inhabers eines Rechts, das zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigt, von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der jeweils zu erwartenden Enteignungsentschädigung und von der vorherigen Erfüllung anderer Bedingungen abhängig machen. Dies gilt hinsichtlich der Sicherheitsleistung nicht, wenn die vorzeitige Besitzeinweisung zugunsten einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts erfolgt.

§ 18 Besitzeinweisungsbeschluß

(1) Der Besitzeinweisungsbeschluß (Teil A) muß bezeichnen
1.
die durch die Besitzeinweisung Betroffenen, den Eingewiesenen und den Zweck, für den die Enteignung vorgesehen ist;
2.
den Gegenstand der Besitzeinweisung;
hierbei soll
a)
das von der Enteignung betroffene Grundstück nach Größe, grundbuchmäßiger, katastermäßiger oder sonst üblicher Bezeichnung angegeben werden; im Falle der Enteignung eines Grundstücksteils ist bei der Besitzeinweisung die Begrenzung dieses Teils zu beschreiben;
b)
soweit ein Recht an einem Grundstück Gegenstand einer selbständigen Enteignung sein soll, dieses nach Inhalt und grundbuchmäßiger Bezeichnung angegeben werden;
c)
soweit ein sonstiges Recht Gegenstand einer selbständigen Enteignung sein soll, dieses nach seinem Inhalt und dem Grund seines Bestehens angegeben werden;
3.
die Entscheidung über die gegen die Besitzeinweisung erhobenen Einwendungen;
4.
den Zeitpunkt, in dem die Besitzeinweisung wirksam wird.
(2) Der Besitzeinweisungsbeschluß (Teil B) muß enthalten
1.
eine festgesetzte Besitzeinweisungsentschädigung;
2.
eine angeordnete Sicherheitsleistung.
(3) Der Besitzeinweisungsbeschluß ist den Betroffenen und dem Eingewiesenen mit Rechtsmittelbelehrung zuzustellen.
(4) Der Eintritt der Unanfechtbarkeit des Besitzeinweisungsbeschlusses (Teil A) ist den Beteiligten schriftlich bekanntzugeben. Die Mitteilung ist zuzustellen.

§ 19 Wirkung der Besitzeinweisung, Fälligkeit der Besitzeinweisungsentschädigung

(1) Durch die Besitzeinweisung wird zu dem im Besitzeinweisungsbeschluß bezeichneten Zeitpunkt dem Besitzer der Besitz entzogen und der Eingewiesene Besitzer. Durch die Besitzeinweisung wird ein Recht zur Nutzung des Grundstücks ausgeschlossen, soweit die Ausübung der Nutzung mit dem Zweck der Besitzeinweisung nicht vereinbar ist.
(2) Die Besitzeinweisungsentschädigung ist zu dem Zeitpunkt fällig, in dem die Besitzeinweisung wirksam wird. Bei einer wiederkehrenden Entschädigung wird die erste Rate zu dem in Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt fällig.

§ 20 Ermittlung des Zustandes des Grundstücks

Auf Antrag des Eigentümers, eines Besitzers, eines Nebenberechtigten oder des Antragstellers ist der Zustand des Grundstücks, soweit er für die Festsetzung der Besitzeinweisungs- oder Enteignungsentschädigung von Bedeutung ist, nötigenfalls unter Zuziehung von Sachverständigen zu ermitteln. Der Zustand des Grundstücks kann auch von Amts wegen ermittelt werden.

§ 21 Aufhebung des Besitzeinweisungsbeschlusses

Wird der Enteignungsantrag abgelehnt oder das Verfahren eingestellt, so ist die vorzeitige Besitzeinweisung aufzuheben und der vorherige unmittelbare Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Ist dieser nicht mehr zum Besitz berechtigt, so ist der dinglich Berechtigte in den Besitz einzuweisen. Der bisher Eingewiesene hat für alle durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile Entschädigung zu leisten. Art und Höhe der Entschädigung werden durch die Enteignungsbehörde festgesetzt.

Vierter Abschnitt Enteignungsverfahren

§ 22 Enteignungsantrag

(1) Der Antrag auf Durchführung eines Enteignungsverfahrens ist mit den zur Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen bei der Enteignungsbehörde schriftlich oder nach Maßgabe des § 3a des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Januar 2010 (GVBl. I S. 18), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. September 2018 (GVBl. S. 570), in elektronischer Form zu stellen.
(2) Ist der Besitz bereits im Wege eines Verfahrens der vorzeitigen Besitzeinweisung oder wegen freiwilliger Besitzüberlassung übergegangen, kann derjenige, der in einem Enteignungsverfahren nach § 23 Abs.1 Nr. 2 zu beteiligen wäre, die Entziehung des Eigentums verlangen. Er kann den Antrag auf Entziehung des Eigentums bei der Enteignungsbehörde stellen, wenn seit der Inbesitznahme eine Frist von einem Jahr verstrichen ist und keine Einigung über den Erwerb des Grundstücks zustande gekommen ist. Wurde der Besitzübergang vor dem 15. Oktober 2020 bereits vollzogen, beginnt die Jahresfrist nach Satz 2 mit diesem Tag.

§ 23 Beteiligte

(1) In dem Enteignungsverfahren sind Beteiligte
1.
der Enteignungsbegünstigte, dem ein Recht an einem Enteignungsgegenstand im Sinne von § 4 übertragen werden soll,
2.
der Eigentümer und diejenigen, für welche ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist,
3.
Inhaber eines nicht im Grundbuch eingetragenen Rechts an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, eines Anspruchs mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder eines persönlichen Rechts, das zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigt oder die Benutzung des Grundstücks beschränkt,
4.
wenn Ersatzland bereitgestellt wird, der Eigentümer und die Inhaber der in den Nr. 2 und 3 genannten Rechte hinsichtlich des Ersatzlandes,
5.
die Eigentümer der Grundstücke, die durch eine Enteignung nach § 7 betroffen werden, und
6.
derjenige, der Ansprüche nach § 10 erhoben hat.
(2) Die in Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Personen werden in dem Zeitpunkt Beteiligte, in dem die Anmeldung ihres Rechts der Enteignungsbehörde zugeht. Die Anmeldung kann spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erfolgen.
(3) Bestehen Zweifel an einem angemeldeten Recht, so hat die Enteignungsbehörde dem Anmeldenden unverzüglich eine Frist zur Glaubhaftmachung seines Rechts zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist er bis zur Glaubhaftmachung seines Rechts nicht mehr zu beteiligen.
(4) Der im Grundbuch eingetragene Gläubiger einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, für die ein Brief erteilt ist, sowie jeder seiner Rechtsnachfolger, hat auf Verlangen der Enteignungsbehörde eine Erklärung darüber abzugeben, ob ein anderer die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder ein Recht daran erworben hat; die Person eines Erwerbers hat er dabei zu bezeichnen.

§ 24 Erforschung des Sachverhalts

(1) Die Enteignungsbehörde hat den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Sie kann insbesondere Besichtigungen durchführen, Zeugen und Sachverständige vernehmen sowie Urkunden und Akten beiziehen.
(2) Die Enteignungsbehörde kann anordnen, daß
1.
Beteiligte persönlich erscheinen oder einen Vertreter entsenden, der zur Abgabe der erforderlichen Erklärungen ermächtigt ist,
2.
Urkunden und sonstige Unterlagen vorgelegt werden, auf die sich ein Beteiligter bezogen hat,
3.
Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldgläubiger die in ihrem Besitz befindlichen Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe vorlegen.
Für den Fall, daß ein Beteiligter der Anordnung nicht nachkommt, kann ein Zwangsgeld bis zu 1 500 Euro angedroht und festgesetzt werden. Ist ein Beteiligter eine juristische Person oder eine nicht rechtsfähige Personenvereinigung, so ist das Zwangsgeld dem nach Gesetz oder Satzung Vertretungsberechtigten anzudrohen und gegen ihn festzusetzen. Androhung und Festsetzung können wiederholt werden.

§ 25 Vorbereitung der mündlichen Verhandlung

Das Enteignungsverfahren soll beschleunigt durchgeführt werden. Die Enteignungsbehörde soll schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen treffen, die erforderlich sind, um das Verfahren tunlichst in einem Verhandlungstermin zu erledigen. Sie hat dem Eigentümer, dem Antragsteller sowie den Behörden, für deren Geschäftsbereich die Enteignung bedeutsam ist, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

§ 26 Einleitung des Enteignungsverfahrens

(1) Das Enteignungsverfahren wird durch Anberaumung eines Termins zu einer mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten eingeleitet. Zu der mündlichen Verhandlung sind der Antragsteller, der Eigentümer des betroffenen Grundstücks, die sonstigen aus dem Grundbuch ersichtlichen Beteiligten sowie diejenigen Beteiligten zu laden, die Rechte gemäß § 23 Abs. 2 angemeldet haben. Die Ladung ist zuzustellen. Die Ladungsfrist beträgt einen Monat. Die Sachverständigen, die Gutachten für die Enteignungsbehörde erstellt haben, sollen zum Termin hinzugezogen werden.
(2) Die Ladung muß enthalten
1.
die Bezeichnung des Antragstellers und des betroffenen Grundstücks,
2.
den wesentlichen Inhalt des Enteignungsantrags mit dem Hinweis, daß der Antrag mit den ihm beigefügten Unterlagen bei der Enteignungsbehörde oder einer von ihr bezeichneten Stelle eingesehen werden kann,
3.
die Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen den Enteignungsantrag möglichst vor der mündlichen Verhandlung bei der Enteignungsbehörde schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären,
4.
den Hinweis, daß auch bei Nichterscheinen über den Enteignungsantrag und andere im Verfahren zu erledigende Anträge entschieden werden kann, und
5.
den Hinweis, daß ein Bevollmächtigter des Grundeigentümers für eine etwaige Einigung im Sinne des § 27 Abs. 2 einer öffentlich beglaubigten Vollmacht bedarf.
(3) Die Ladung von Personen, deren Beteiligung auf einem Antrag auf Entschädigung in Land beruht, muß außer dem in Abs. 2 vorgeschriebenen Inhalt auch die Bezeichnung des Eigentümers, dessen Entschädigung in Land beantragt ist, und des Grundstücks, für das die Entschädigung in Land gewährt werden soll, enthalten.
(4) Die Einleitung des Enteignungsverfahrens ist unter Bezeichnung des betroffenen Grundstücks und des im Grundbuch als Eigentümer Eingetragenen sowie des ersten Termins der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten in ortsüblicher Weise in der Gemeinde öffentlich bekanntzumachen. In der Bekanntmachung sind alle Beteiligten aufzufordern, ihre Rechte spätestens in der mündlichen Verhandlung wahrzunehmen mit dem Hinweis, daß auch bei Nichterscheinen über den Enteignungsantrag und andere im Verfahren zu erledigende Anträge entschieden werden kann.
(5) Die Enteignungsbehörde teilt dem Grundbuchamt die Einleitung des Enteignungsverfahrens mit. Sie ersucht das Grundbuchamt, in das Grundbuch des betroffenen Grundstücks einzutragen, dass das Enteignungsverfahren eingeleitet ist (Enteignungsvermerk). Ist das Enteignungsverfahren beendigt, ersucht die Enteignungsbehörde das Grundbuchamt, den Enteignungsvermerk zu löschen. Das Grundbuchamt hat die Enteignungsbehörde und den Antragsteller von allen Eintragungen zu benachrichtigen, die nach dem von der Enteignungsbehörde mitgeteilten Zeitpunkt im Grundbuch des betroffenen Grundstücks vorgenommen sind und vorgenommen werden.
(6) Ist im Grundbuch die Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung eingetragen, so gibt die Enteignungsbehörde dem Vollstreckungsgericht von der Einleitung des Enteignungsverfahrens Kenntnis, soweit dieses das Grundstück betrifft, das Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens ist.

§ 27 Einigung

(1) Die Enteignungsbehörde hat auf eine Einigung zwischen den Beteiligten hinzuwirken.
(2) Einigen sich die Beteiligten, so hat die Enteignungsbehörde eine Niederschrift über die Einigung aufzunehmen. Die Niederschrift muß den Erfordernissen des § 30 Abs. 3 und 4 entsprechen. Sie ist von den Beteiligten zu unterschreiben. Ein Bevollmächtigter des Grundeigentümers bedarf einer öffentlich beglaubigten Vollmacht. Die beurkundete Einigung steht einem unanfechtbaren Enteignungsbeschluß gleich.

§ 28 Teileinigung

(1) Einigen sich die Beteiligten nur über den Übergang oder die Belastung des Eigentums an dem zu enteignenden Grundstück oder anderer in § 4 genannter Rechte oder hierüber und nur über einen Teil der Entschädigung, so ist § 27 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. Im übrigen wird das Enteignungsverfahren fortgesetzt.
(2) Erfolgt die Einigung im Sinne des Abs. 1 außerhalb des Verfahrens, so kann die Enteignungsbehörde auf Antrag durch Enteignungsbeschluß (Teil B) eine Geldentschädigung festsetzen. § 26 Abs. 1 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß zu der mündlichen Verhandlung über die Entschädigungsfestsetzung nur die an der Einigung Beteiligten zu laden sind; Abs. 2 bis 6 sind nicht anzuwenden.

§ 29 Entscheidung der Enteignungsbehörde

(1) Soweit eine Einigung nicht zustande kommt, entscheidet die Enteignungsbehörde auf Grund der mündlichen Verhandlung durch Beschluß über den Enteignungsantrag, die übrigen gestellten Anträge und die erhobenen Einwendungen. Ist die Sache noch nicht entscheidungsreif, so kann die Enteignungsbehörde mit Einverständnis aller Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden.
(2) Gibt die Enteignungsbehörde dem Enteignungsantrag statt, so entscheidet sie zugleich,
1.
welche Rechte der in § 42 bezeichneten Berechtigten an dem Gegenstand der Enteignung aufrechterhalten bleiben,
2.
mit welchen Rechten der Gegenstand der Enteignung, das Ersatzland oder ein anderes Grundstück belastet werden,
3.
welche Rechtsverhältnisse begründet werden, die Rechte der in § 4 Abs. 1 Nr. 3, 4 und Abs. 2 bezeichneten Art gewähren,
4.
im Falle der Entschädigung in Ersatzland über den Eigentumsübergang oder die Enteignung des Ersatzlandes.

§ 30 Enteignungsbeschluß

(1) Der Beschluß der Enteignungsbehörde ist zu begründen und den Beteiligten zuzustellen. Er ist mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.
(2) Im Enteignungsbeschluß wird entschieden über Gegenstand und Umfang der Enteignung, über die Art der Entschädigung, über die Höhe der Entschädigung in Geld und eine Ausgleichszahlung.
(3) Der Teil A des Enteignungsbeschlusses muß bezeichnen
1.
die von der Enteignung Betroffenen und den Enteignungsbegünstigten;
2.
die sonstigen Beteiligten;
3.
den Enteignungszweck und die Frist, innerhalb deren das Grundstück zu dem vorgesehenen Zweck zu verwenden ist;
4.
den Gegenstand der Enteignung, und zwar
a)
wenn das Eigentum an einem Grundstück Gegenstand der Enteignung ist, das Grundstück nach Größe, grundbuchmäßiger, katastermäßiger und sonst üblicher Bezeichnung; im Falle der Enteignung eines Grundstücksteils ist zu seiner Bezeichnung auf Vermessungsschriften (Vermessungsrisse und Karten) Bezug zu nehmen, die von einer zu Liegenschaftsvermessungen befugten Stelle gefertigt sind,
b)
wenn ein anderes Recht an einem Grundstück Gegenstand einer selbständigen Enteignung ist, dieses Recht nach Inhalt und grundbuchmäßiger Bezeichnung,
c)
wenn ein persönliches Recht, das zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken berechtigt oder den Verpflichteten in der Nutzung von Grundstücken beschränkt, Gegenstand einer selbständigen Enteignung ist, dieses Recht nach seinem Inhalt und dem Grund seines Bestehens,
d)
die in § 4 Abs. 3 bezeichneten Gegenstände, wenn die Enteignung auf diese ausgedehnt wird;
5.
bei der Belastung eines Grundstücks mit einem Recht die Art, den Inhalt, soweit er durch Vertrag bestimmt werden kann, sowie den Rang des Rechts, den Berechtigten und das Grundstück;
6.
bei der Begründung eines Rechts der in Nr. 4 Buchst.c bezeichneten Art den Inhalt des Rechtsverhältnisses und die daran Beteiligten;
7.
die Eigentums- und sonstigen Rechtsverhältnisse vor und nach der Enteignung;
8.
denjenigen, der die Kosten des Enteignungsverfahrens zu tragen hat.
(4) Der Teil B des Enteignungsbeschlusses muß enthalten
1.
die Entscheidung über die Art der Entschädigung und bei Entschädigung in Land die Bezeichnung des Ersatzlandes in der in Abs. 3 Nr. 4 Buchst.a bezeichneten Weise;
2.
die Höhe der Entschädigung und die Höhe der Ausgleichszahlungen nach § 45 Abs. 4 Satz 4 und § 46 Abs. 1 Satz 2 mit der Angabe, wie, von wem und an wen sie zu leisten sind; Geldentschädigungen, aus denen andere von der Enteignung Betroffene nach § 42 Abs. 4 zu entschädigen sind, müssen von den sonstigen Geldentschädigungen getrennt ausgewiesen werden;
3.
die Höhe der Entschädigung nach § 9 Abs. 3, die der Enteignungsbegünstigte zu erstatten hat.
(5) Ist ein Teil der Gegenstände des Enteignungsverfahrens entscheidungsreif, so kann ein Teilenteignungsbeschluß erlassen werden.
(6) Ist im Grundbuch die Anordnung der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung eingetragen, so gibt die Enteignungsbehörde dem Vollstreckungsgericht von dem Enteignungsbeschluß Kenntnis.

§ 31 Verwendungsfrist

(1) Die Frist, innerhalb deren das Grundstück zu dem vorgesehenen Zweck (§ 30 Abs. 3 Nr. 3) zu verwenden ist, beginnt mit dem Eintritt der Rechtsänderung.
(2) Die Enteignungsbehörde kann diese Frist vor ihrem Ablauf auf Antrag verlängern, wenn
1.
der Enteignungsbegünstigte nachweist, daß er den Enteignungszweck ohne Verschulden innerhalb der festgesetzten Frist nicht erfüllen kann, oder
2.
vor Ablauf der Frist eine Gesamtrechtsnachfolge eintritt und der Rechtsnachfolger nachweist, daß er den Enteignungszweck innerhalb der festgesetzten Frist nicht erfüllen kann.
Der enteignete frühere Eigentümer ist vor der Entscheidung über die Verlängerung zu hören.

§ 32 Verfahren bei der Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte

(1) Soll die Entschädigung des Eigentümers eines zu enteignenden Grundstücks gemäß § 46 festgesetzt werden und ist die Bestellung, Übertragung oder die Bewertung eines der dort bezeichneten Rechte im Zeitpunkt des Erlasses des Enteignungsbeschlusses noch nicht möglich, so kann die Enteignungsbehörde, wenn es der Eigentümer unter Bezeichnung eines Rechts beantragt, im Enteignungsbeschluß neben der Festsetzung der Entschädigung in Geld dem Enteignungsbegünstigten aufgeben, binnen einer bestimmten Frist dem von der Enteignung Betroffenen ein Recht der bezeichneten Art zu angemessenen Bedingungen anzubieten.
(2) Bietet der Enteignungsbegünstigte binnen der bestimmten Frist ein Recht der bezeichneten Art nicht an oder einigt er sich mit dem von der Enteignung Betroffenen nicht, so wird ihm ein solches Recht auf Antrag zugunsten des von der Enteignung Betroffenen durch Enteignung entzogen. Die Enteignungsbehörde setzt den Inhalt des Rechts fest, soweit dessen Inhalt durch Vereinbarung bestimmt werden kann. Die Vorschriften dieses Gesetzes über das Verfahren und die Entschädigung sind sinngemäß anzuwenden.
(3) Der Antrag nach Abs. 2 kann nur innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der bestimmten Frist gestellt werden.

§ 33 Aufhebung des Enteignungsbeschlusses

(1) Die Enteignungsbehörde hat den Enteignungsbeschluß auf Antrag aufzuheben, wenn der Enteignungsbegünstigte die ihm durch den Beschluß auferlegten Zahlungen nicht innerhalb von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt geleistet hat, in dem der Beschluß (Teil A) unanfechtbar geworden ist. Antragsberechtigt ist jeder Beteiligte, dem eine nicht gezahlte Entschädigung zusteht oder der nach § 42 Abs. 4 aus ihr zu befriedigen ist.
(2) Vor der Aufhebung ist der Enteignungsbegünstigte zu hören. Der Aufhebungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen und dem Grundbuchamt abschriftlich mitzuteilen.

§ 34 Bekanntgabe der Unanfechtbarkeit

Der Eintritt der Unanfechtbarkeit des Teils A des Enteignungsbeschlusses ist den Beteiligten schriftlich bekanntzugeben. Die Mitteilung ist zuzustellen.

§ 35 Ausführung des Enteignungsbeschlusses

(1) Ist der Enteignungsbeschluß (Teil A und B) nicht mehr anfechtbar, so ordnet auf Antrag eines Beteiligten die Enteignungsbehörde seine Ausführung an (Ausführungsanordnung), wenn der Enteignungsbegünstigte die Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat.
(2) Die Ausführungsanordnung ist allen Beteiligten zuzustellen, deren Rechtsstellung durch den Enteignungsbeschluß betroffen wird. § 30 Abs. 6 gilt sinngemäß.
(3) Mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag wird der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluß geregelten Rechtszustand ersetzt. Gleichzeitig entstehen die nach § 30 Abs. 3 Nr. 6 begründeten Rechtsverhältnisse; sie gelten von diesem Zeitpunkt an als zwischen den an dem Rechtsverhältnis Beteiligten vereinbart.
(4) Die Ausführungsanordnung schließt die Einweisung in den Besitz des enteigneten Grundstücks und des Ersatzlandes zu dem festgesetzten Tag ein.
(5) Die Enteignungsbehörde übersendet dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift des Enteignungsbeschlusses und der Ausführungsanordnung mit dem Ersuchen, das Grundbuch entsprechend den eingetretenen Rechtsänderungen zu berichtigen.
(6) Ist nur noch die Höhe einer Geldentschädigung streitig, so kann die Enteignungsbehörde auf Antrag des Begünstigten die vorzeitige Ausführung des Enteignungsbeschlusses anordnen. In der Entscheidung kann bestimmt werden, daß der Enteignungsbegünstigte für den im Streit befindlichen Betrag Sicherheit zu leisten hat. Die vorzeitige Ausführungsanordnung darf erst ergehen, wenn der Enteignungsbegünstigte die im Enteignungsbeschluß festgesetzte Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Die Abs. 2 bis 5 gelten entsprechend.

§ 36 Hinterlegung

(1) Geldentschädigungen sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch erheben und eine Einigung über die Auszahlung dem Entschädigungsverpflichteten nicht nachgewiesen ist. Die Hinterlegung erfolgt bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt; § 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes gilt sinngemäß.
(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, bleiben unberührt.

§ 37 Verteilungsverfahren

(1) Nach Eintritt des neuen Rechtszustandes kann jeder Beteiligte sein Recht an der hinterlegten Summe gegen einen Mitbeteiligten, der dieses Recht bestreitet, vor den ordentlichen Gerichten geltend machen oder die Einleitung eines gerichtlichen Verteilungsverfahrens beantragen.
(2) Für das Verteilungsverfahren ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt; § 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes gilt sinngemäß.
(3) Auf das Verteilungsverfahren sind die Vorschriften über die Verteilung des Erlöses im Falle der Zwangsversteigerung mit folgenden Abweichungen sinngemäß anzuwenden:
1.
Das Verteilungsverfahren ist durch Beschluß zu eröffnen;
2.
die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses an den Antragsteller gilt als Beschlagnahme im Sinne des § 13 des Zwangsversteigerungsgesetzes; ist das Grundstück schon in einem Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmt, so hat es hierbei sein Bewenden;
3.
das Verteilungsgericht hat bei Eröffnung des Verfahrens von Amts wegen das Grundbuchamt um die in § 19 Abs. 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes bezeichneten Mitteilungen zu ersuchen; in die beglaubigte Abschrift des Grundbuchblattes sind die zur Zeit der Zustellung des Enteignungsbeschlusses an den Enteigneten vorhandenen Eintragungen sowie die später eingetragenen Veränderungen und Löschungen aufzunehmen;
4.
bei dem Verfahren sind die in § 42 Abs. 4 bezeichneten Entschädigungsberechtigten nach Maßgabe des § 10 des Zwangsversteigerungsgesetzes zu berücksichtigen, wegen der Ansprüche auf wiederkehrende Nebenleistungen jedoch nur für die Zeit bis zur Hinterlegung.

Fünfter Abschnitt Entschädigung

§ 38 Entschädigungsgrundsätze

(1) Für die Enteignung ist Entschädigung zu leisten.
(2) Die Entschädigung wird gewährt
1.
für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust,
2.
für andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile.
(3) Vermögensvorteile, die einem Entschädigungsberechtigten (§ 39) infolge der Enteignung entstehen, sind bei der Festsetzung der Entschädigung zu berücksichtigen. Hat bei der Entstehung eines Vermögensnachteils das Verschulden eines Entschädigungsberechtigten mitgewirkt, so gilt § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuches sinngemäß.
(4) Für die Bemessung der Entschädigung ist der Zustand des Grundstücks in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet. In den Fällen der vorzeitigen Besitzeinweisung oder freiwilligen Besitzüberlassung ist der Zustand in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem diese wirksam wird.

§ 39 Entschädigungsberechtigter und -verpflichteter

(1) Entschädigung kann verlangen, wer in seinem Recht durch die Enteignung beeinträchtigt wird und dadurch einen Vermögensnachteil erleidet.
(2) Zur Leistung der Entschädigung ist der Enteignungsbegünstigte verpflichtet. Er hat im Falle der Enteignung von Ersatzland auch die Entschädigung hierfür zu leisten.

§ 40 Entschädigung für den Rechtsverlust

(1) Die Entschädigung für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust bemißt sich nach dem Verkehrswert des zu enteignenden Grundstücks oder sonstigen Gegenstandes der Enteignung. Maßgebend ist der Verkehrswert in dem Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet.
(2) Bei der Festsetzung der Entschädigung bleiben unberücksichtigt
1.
Wertänderungen, die infolge der bevorstehenden Enteignung eingetreten sind;
2.
Werterhöhungen, die nach dem Zeitpunkt eingetreten sind, in dem der Eigentümer zur Vermeidung der Enteignung ein Kauf- oder Tauschangebot des Antragstellers mit angemessenen Bedingungen hätte annehmen können, es sei denn, daß der Eigentümer Kapital oder Arbeit für sie aufgewendet hat;
3.
wertsteigernde Veränderungen, die während einer Veränderungssperre ohne Genehmigung der Baugenehmigungsbehörde vorgenommen worden sind;
4.
wertsteigernde Veränderungen, die nach Einleitung des Enteignungsverfahrens oder im Falle der Planfeststellung nach Auslegung des Planes ohne behördliche Anordnung oder Zustimmung der Enteignungsbehörde vorgenommen worden sind.
(3) Für bauliche Anlagen, deren Abbruch jederzeit auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften entschädigungslos gefordert werden kann, ist eine Entschädigung nur zu gewähren, wenn es aus Gründen der Billigkeit geboten ist. Kann der Abbruch entschädigungslos erst nach Ablauf einer Frist gefordert werden, so ist die Entschädigung nach dem Verhältnis der restlichen zu der gesamten Frist zu bemessen.
(4) Wird der Wert des Eigentums an dem Grundstück durch Rechte Dritter gemindert, die an dem Grundstück aufrechterhalten, an einem anderen Grundstück neu begründet oder gesondert entschädigt werden, so ist dies bei der Festsetzung der Entschädigung für den Rechtsverlust zu berücksichtigen.

§ 41 Entschädigung für andere Vermögensnachteile

(1) Wegen anderer durch die Enteignung eintretender Vermögensnachteile ist eine Entschädigung nur zu gewähren, wenn und soweit diese Vermögensnachteile nicht bei der Bemessung der Entschädigung für den Rechtsverlust berücksichtigt sind. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten festzusetzen, insbesondere für
1.
den vorübergehenden oder dauernden Verlust, den der bisherige Eigentümer in seiner Berufstätigkeit, seiner Erwerbstätigkeit oder in Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben erleidet, jedoch nur bis zu dem Betrag des Aufwandes, der erforderlich ist, um ein anderes Grundstück in der gleichen Weise wie das zu enteignende Grundstück zu nutzen;
2.
die Wertminderung, die durch die Enteignung eines Grundstücksteils oder eines Teils eines räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängenden Grundbesitzes bei dem anderen Teil oder durch Enteignung des Rechts an einem Grundstück bei einem anderen Grundstück entsteht, soweit die Wertminderung nicht schon bei der Festsetzung der Entschädigung nach Nr. 1 berücksichtigt ist;
3.
die notwendigen Aufwendungen für einen durch die Enteignung erforderlich werdenden Umzug.
(2) Im Falle des Abs. 1 Nr. 2 ist § 40 Abs. 2 Nr. 2 anzuwenden.
(3) Entstehen nach Erlaß des Enteignungsbeschlusses Vermögensnachteile der in Abs. 1 bezeichneten Art, für die eine Entschädigung im Enteignungsbeschluß nicht festgesetzt werden konnte, so ist auf Antrag des Entschädigungsberechtigten von der Enteignungsbehörde eine Entschädigung hierfür nachträglich festzusetzen, sofern eine Einigung nicht zustande kommt. Der Antrag kann nur binnen zehn Jahren nach der Unanfechtbarkeit des Enteignungsbeschlusses gestellt werden.

§ 42 Behandlung der Rechte der Nebenberechtigten

(1) Rechte an dem zu enteignenden Grundstück sowie persönliche Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Benutzung des Grundstücks beschränken, können aufrechterhalten werden, soweit dies mit dem Enteignungszweck vereinbar ist.
(2) Als Ersatz für ein Recht an einem Grundstück, das nicht aufrechterhalten wird, kann mit Zustimmung des Rechtsinhabers das Ersatzland oder ein anderes Grundstück des Enteignungsbegünstigten mit einem gleichen Recht belastet werden. Als Ersatz für ein persönliches Recht, das nicht aufrechterhalten wird, kann mit Zustimmung des Rechtsinhabers ein Rechtsverhältnis begründet werden, das ein Recht gleicher Art in bezug auf das Ersatzland oder auf ein anderes Grundstück des Enteignungsbegünstigten gewährt. Als Ersatz für dingliche oder persönliche Rechte eines öffentlichen Verkehrsunternehmens oder eines Trägers der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme oder Wasser, der auf diese zur Erfüllung seiner wesensgemäßen Aufgaben angewiesen ist, sind auf seinen Antrag Rechte gleicher Art zu begründen. Soweit dazu Grundstücke des Enteignungsbegünstigten nicht geeignet sind, können zu diesem Zweck auch andere Grundstücke in Anspruch genommen werden; die Vorschriften in § 6 Abs. 1 und 2 gelten hierbei entsprechend. Anträge nach Satz 3 müssen vor Beginn der mündlichen Verhandlung schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde gestellt werden.
(3) Soweit Rechte nicht aufrechterhalten oder nicht durch neue Rechte ersetzt werden, sind bei der Enteignung eines Grundstücks gesondert zu entschädigen
1.
Erbbauberechtigte, Altenteilsberechtigte sowie Inhaber von Dienstbarkeiten und Erwerbsrechten an dem Grundstück,
2.
Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen, wenn der Berechtigte im Besitz des Grundstücks ist,
3.
Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Erwerb des Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Nutzung des Grundstücks beschränken.
(4) Berechtigte, deren Rechte nicht aufrechterhalten, nicht durch neue Rechte ersetzt und nicht gesondert entschädigt werden, haben bei der Enteignung eines Grundstücks Anspruch auf Ersatz des Wertes ihres Rechts aus der Geldentschädigung für das Eigentum an dem Grundstück, soweit sich ihr Recht auf dieses erstreckt. Das gilt entsprechend für die Geldentschädigungen, die für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust in anderen Fällen oder nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 festgesetzt werden.

§ 43 Schuldübergang

(1) Haftet bei einer Hypothek, die aufrechterhalten oder durch ein neues Recht an einem anderen Grundstück ersetzt wird, der von der Enteignung Betroffene zugleich persönlich, so übernimmt der Enteignungsbegünstigte die Schuld in Höhe der Hypothek. Die §§ 415, 416 des Bürgerlichen Gesetzbuches gelten entsprechend; als Veräußerer im Sinne des § 416 ist der von der Enteignung Betroffene anzusehen.
(2) Das gleiche gilt, wenn bei einer Grundschuld oder Rentenschuld, die aufrechterhalten oder durch ein neues Recht an einem anderen Grundstück ersetzt wird, der von der Enteignung Betroffene zugleich persönlich haftet, sofern er spätestens in dem gemäß § 26 anzuberaumenden Termin die gegen ihn bestehende Forderung unter Angabe ihres Betrages und Grundes angemeldet und auf Verlangen der Enteignungsbehörde oder eines Beteiligten glaubhaft gemacht hat.

§ 44 Entschädigung in Geld

(1) Die Entschädigung ist in einem einmaligen Betrag zu leisten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Auf Antrag des Entschädigungsberechtigten kann die Entschädigung in wiederkehrenden Leistungen festgesetzt werden, wenn dies den übrigen Beteiligten zuzumuten ist.
(2) Für die Belastung eines Grundstücks mit einem Erbbaurecht ist die Entschädigung in einem Erbbauzins zu leisten.
(3) Einmalige Entschädigungsbeträge sind mit zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches jährlich von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet. Im Falle der vorzeitigen Besitzeinweisung oder freiwilligen Besitzüberlassung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem diese wirksam wird.

§ 45 Entschädigung in Land

(1) Die Entschädigung ist auf Antrag des Eigentümers in geeignetem Ersatzland festzusetzen, wenn er zur Sicherung seiner Berufstätigkeit, seiner Erwerbstätigkeit oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben auf Ersatzland angewiesen ist und
1.
der Enteignungsbegünstigte über geeignetes Ersatzland verfügt, auf das er nicht in seiner Berufstätigkeit, seiner Erwerbstätigkeit oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben angewiesen ist oder
2.
der Enteignungsbegünstigte geeignetes Ersatzland nach pflichtmäßigem Ermessen der Enteignungsbehörde freihändig zu angemessenen Bedingungen beschaffen kann oder
3.
geeignetes Ersatzland durch Enteignung nach § 6 beschafft werden kann.
(2) Unter den Voraussetzungen der Nr. 1 bis 3 des Abs. 1 ist die Entschädigung auf Antrag des Eigentümers auch dann in geeignetem Ersatzland festzusetzen, wenn ein Grundstück enteignet werden soll, das mit einem Eigenheim oder einer Kleinsiedlung bebaut ist. Dies gilt nicht, wenn nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften der Abbruch des Gebäudes jederzeit entschädigungslos gefordert werden kann.
(3) Die Entschädigung kann unter den Voraussetzungen von Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nach pflichtmäßigem Ermessen auf Antrag ganz oder teilweise in Ersatzland festgesetzt werden. Bei der Entscheidung über den Antrag sind die Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten gerecht abzuwägen.
(4) Für die Bewertung des Ersatzlandes gilt § 40 entsprechend. Hierbei kann eine Werterhöhung berücksichtigt werden, die das übrige Grundvermögen des von der Enteignung Betroffenen durch den Erwerb des Ersatzlandes über dessen Wert nach Satz 1 hinaus erfährt. Hat das Ersatzland einen geringeren Wert als das zu enteignende Grundstück, so ist eine dem Wertunterschied entsprechende zusätzliche Geldentschädigung festzusetzen. Hat das Ersatzland einen höheren Wert als das zu enteignende Grundstück, so ist festzusetzen, daß der Entschädigungsberechtigte an den durch die Enteignung Begünstigten eine dem Wertunterschied entsprechende Ausgleichszahlung zu leisten hat. Die Ausgleichszahlung wird mit dem nach § 35 Abs. 3 Satz 1 in der Ausführungsanordnung festgesetzten Tage fällig.
(5) Wird die Entschädigung in Land festgesetzt, so sollen dingliche oder persönliche Rechte, soweit sie nicht an dem zu enteignenden Grundstück aufrechterhalten werden, auf Antrag des Rechtsinhabers ganz oder teilweise nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 ersetzt werden. Soweit dies nicht möglich ist oder nicht ausreicht, sind die Inhaber der Rechte gesondert in Geld zu entschädigen; dies gilt für die in § 42 Abs. 4 bezeichneten Berechtigten nur, soweit ihre Rechte nicht durch eine dem Eigentümer gemäß Abs. 4 zu gewährende zusätzliche Geldentschädigung gedeckt werden.
(6) Anträge nach den Abs. 1, 2, 3 und 5 sind schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde zu stellen, und zwar in den Fällen der Abs. 1 bis 3 vor Beginn und im Falle des Abs. 5 bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung (§ 26).

§ 46 Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte

(1) Der Eigentümer eines zu enteignenden Grundstücks kann auf seinen Antrag, wenn dies unter Abwägung der Belange der Beteiligten billig ist, ganz oder teilweise entschädigt werden
1.
durch Bestellung oder Übertragung von Wohnungseigentum, Teileigentum, Dauerwohnrecht oder Dauernutzungsrecht an diesem oder einem anderen Grundstück des Enteignungsbegünstigten oder
2.
durch Übertragung von Eigentum an einem bebauten Grundstück des Enteignungsbegünstigten oder
3.
durch Übertragung von Eigentum an einem Grundstück des Enteignungsbegünstigten, das mit einem Eigenheim oder einer Kleinsiedlung bebaut werden soll.
Bei Wertunterschieden zwischen den Rechten nach Satz 1 und dem zu enteignenden Grundstück gilt § 45 Abs. 4 entsprechend.
(2) Der Antrag nach Abs. 1 muß bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung (§ 26) schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde gestellt werden.

Sechster Abschnitt Schlußvorschriften

§ 47 Rückenteignung

(1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn und soweit der durch die Enteignung Begünstigte oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück nicht innerhalb der festgesetzten Frist (§ 30 Abs. 3 Nr. 3, § 31) zu dem Enteignungszweck verwendet oder den Enteignungszweck vor Ablauf der Frist aufgegeben hat.
(2) Die Rückenteignung kann nicht verlangt werden, wenn
1.
der Enteignete selbst das Grundstück im Wege der Enteignung erworben hatte oder
2.
ein Verfahren zur Enteignung des Grundstücks zugunsten eines anderen eingeleitet worden ist und der enteignete frühere Eigentümer nicht glaubhaft macht, daß er das Grundstück binnen angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zwecke verwenden wird.
(3) Der Antrag auf Rückenteignung ist binnen zwei Jahren seit Entstehung des Anspruchs bei der zuständigen Enteignungsbehörde einzureichen. §§ 206 und 209 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend. Der Antrag ist nicht mehr zulässig, wenn in den Fällen des Abs. 1 mit der zweckgerechten Verwendung begonnen worden und die plangemäße Vollendung des Vorhabens in angemessener Zeit gesichert ist.
(4) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist.
(5) Der frühere Inhaber eines Rechts, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes aufgehoben ist, kann unter den in Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten sinngemäß.
(6) Für das Verfahren gelten die §§ 22 bis 37 entsprechend.

§ 48 Entschädigung für die Rückenteignung

Wird dem Antrag auf Rückenteignung stattgegeben, so hat der Antragsteller dem von der Rückenteignung Betroffenen Entschädigung für den Rechtsverlust zu leisten. § 38 Abs. 2 Nr. 2 ist nicht anzuwenden. Die dem Eigentümer zu gewährende Entschädigung darf den bei der ersten Enteignung zugrunde gelegten Verkehrswert des Grundstücks nicht übersteigen, jedoch sind Aufwendungen zu berücksichtigen, die zu einer Werterhöhung des Grundstücks geführt haben. Im übrigen gelten die Vorschriften über die Entschädigung im Fünften Abschnitt sinngemäß.

§ 49 Kosten

(1) Die Kosten für das Enteignungsverfahren und das Rückenteignungsverfahren hat der Entschädigungsverpflichtete zu tragen, wenn dem Antrag stattgegeben wird, im Übrigen der Antragsteller. Wird ein Antrag eines sonstigen Beteiligten abgelehnt oder zurückgenommen, so werden diesem die durch die Behandlung seines Antrags verursachten Kosten auferlegt, wenn sein Antrag offensichtlich unbegründet war. Die Kosten für das Verfahren nach § 17 trägt der Antragsteller.
(2) Kosten des Planfeststellungsverfahrens sind die Verwaltungskosten. Kosten des Enteignungsverfahrens sind die Verwaltungskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten; die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes oder sonstigen Bevollmächtigten sind erstattungsfähig, es sei denn, daß die Enteignungsbehörde die Zuziehung eines Bevollmächtigten nicht für erforderlich erklärt.
(3) Für die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen gilt das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449), in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.
(4) Die Enteignungsbehörde setzt die Kosten durch Beschluß fest.

§ 50 Klage wegen der Art und Höhe der Entschädigung oder Ausgleichszahlung

(1) Wegen der Art und Höhe der nach diesem Gesetz zu leistenden Entschädigungen und Ausgleichszahlungen ist der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten gegeben. Sachlich zuständig sind die Landgerichte - Baulandkammern -. Die für Justiz zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Zuständigkeit einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zuzuweisen.
(2) Die Klage ist erst zulässig, wenn der Enteignungsbeschluß oder der Besitzeinweisungsbeschluß hinsichtlich des Teils A unanfechtbar geworden ist. § 28 Abs. 2 bleibt unberührt.

§ 51 Parteien

(1) Der Rechtsstreit vor dem ordentlichen Gericht ist zwischen dem Entschädigungsberechtigten und dem Begünstigten zu führen. Dies gilt sinngemäß, wenn der Rechtsstreit eine Ausgleichszahlung betrifft.
(2) Das Gericht unterrichtet die Enteignungsbehörde über den Ausgang des Rechtsstreits durch Übersendung einer Ausfertigung der Entscheidung oder des Vergleichs, gegebenenfalls auch über den Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung.

§ 52 Klagefrist

(1) Die Klage ist innerhalb von einem Monat zu erheben.
(2) Die Frist ist eine Notfrist im Sinne der Zivilprozeßordnung und beginnt mit dem Tage, an dem die Mitteilung über die Unanfechtbarkeit den Beteiligten zugestellt ist (§ 18 Abs. 4, § 34). Im Falle des § 28 Abs. 2 beginnt die Frist mit dem Tage der Zustellung des Enteignungsbeschlusses (§ 30 Abs. 1).

§ 53 Klageschrift

In der Klage sollen der Enteignungsbeschluß (Teil B) oder der Besitzeinweisungsbeschluß (Teil B) bezeichnet und die Beweismittel angegeben werden, welche die Einhaltung der Frist des § 52 Abs. 1 ergeben. Mit der Klageschrift soll eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift des Enteignungsbeschlusses oder des Besitzeinweisungsbeschlusses vorgelegt werden.

§ 54 Vollstreckbarer Titel

(1) Die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Vollstreckung von Urteilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten findet statt
1.
aus der Niederschrift über eine Einigung und aus einem unanfechtbaren Enteignungsbeschluß (Teil B) wegen einer Ausgleichszahlung;
2.
aus einem Beschluß über die vorzeitige Besitzeinweisung oder deren Aufhebung wegen der darin festgesetzten Leistungen.
Die Zwangsvollstreckung wegen einer Ausgleichszahlung ist erst zulässig, wenn die Ausführungsanordnung wirksam und unanfechtbar geworden ist. Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts erteilt, in dessen Bezirk die Enteignungsbehörde ihren Sitz hat und, wenn das Verfahren bei einem Gericht anhängig ist, von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts. In den Fällen der §§ 731, 767 bis 770, 785 und 786 der Zivilprozeßordnung tritt das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Enteignungsbehörde ihren Sitz hat, an die Stelle des Prozeßgerichts.
(2) Im übrigen findet das Hessische Verwaltungsvollstreckungsgesetz in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

§ 55 Anhängige Verfahren

Für die bei Inkrafttreten des Gesetzes anhängigen Enteignungsverfahren sind die bisher geltenden Vorschriften anzuwenden. Hat die Enteignungsbehörde die Entschädigung noch nicht festgesetzt, so sind die Vorschriften dieses Gesetzes über die Entschädigung anzuwenden.

§ 56 Verarbeitung personenbezogener Daten

Die Enteignungsbehörden dürfen für Verfahren nach diesem Gesetz die folgenden personenbezogenen Daten von Verfahrensbeteiligten im erforderlichen Umfang verarbeiten:
1.
Name,
2.
Vornamen,
3.
Anschrift,
4.
Telefonnummern und Informationen zur elektronischen Erreichbarkeit,
5.
Informationen zur grundbuchrechtlichen Beschreibung des Grundstücks,
6.
Informationen zu Rechten am Grundstück.

§ 57 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2030 außer Kraft.
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