Gesetz über die unabhängige Bürger- und Polizeibeauftragte oder den unabhängigen Bürger- und Polizeibeauftragten des Landes Hessen Vom 11. Dezember 2020
Gesetz über die unabhängige Bürger- und Polizeibeauftragte oder den unabhängigen Bürger- und Polizeibeauftragten des Landes Hessen Vom 11. Dezember 2020
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: § 1a neu eingefügt durch Gesetz vom 30. September 2021 (GVBl. S. 635) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Gesetz über die unabhängige Bürger- und Polizeibeauftragte oder den unabhängigen Bürger- und Polizeibeauftragten des Landes Hessen vom 11. Dezember 2020 | 18.12.2020 |
Teil 1 - Allgemeine Vorschriften über die oder den Bürgerbeauftragten | 18.12.2020 |
§ 1 - Aufgaben, Verhältnis zum Petitionsausschuss | 18.12.2020 |
§ 1a - Fonds für die Opfer und Angehörigen schwerer Gewalttaten von landesweiter Bedeutung und von Terroranschlägen | 12.10.2021 |
§ 2 - Eingaberecht | 18.12.2020 |
§ 3 - Grenzen des Prüfungsrechts | 18.12.2020 |
§ 4 - Befugnisse | 18.12.2020 |
§ 5 - Erledigung der Aufgaben und Abschluss des Verfahrens | 18.12.2020 |
§ 6 - Amtshilfe | 18.12.2020 |
§ 7 - Anwesenheit im Landtag | 18.12.2020 |
§ 8 - Verschwiegenheitspflicht | 18.12.2020 |
§ 9 - Wahl und Amtszeit | 18.12.2020 |
§ 10 - Amtsverhältnis | 18.12.2020 |
§ 11 - Abberufung und Entlassung | 18.12.2020 |
§ 12 - Dienstsitz | 18.12.2020 |
§ 13 - Verhinderung | 18.12.2020 |
§ 14 - Bezüge | 18.12.2020 |
Teil 2 - Zuständigkeit der oder des Polizeibeauftragten für die Polizeibehörden des Landes | 18.12.2020 |
§ 15 - Aufgabe und Stellung | 18.12.2020 |
§ 16 - Anwendungsbereich, Konkurrenzen | 18.12.2020 |
§ 17 - Beschwerden | 18.12.2020 |
§ 18 - Eingaben von Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten der Polizeibehörden | 18.12.2020 |
§ 19 - Form und Frist | 18.12.2020 |
§ 20 - Befugnisse | 18.12.2020 |
Teil 3 - Schlussvorschriften | 18.12.2020 |
§ 21 - Bericht | 18.12.2020 |
§ 22 - Inkrafttreten | 18.12.2020 |
Teil 1 Allgemeine Vorschriften über die oder den Bürgerbeauftragten
§ 1 Aufgaben, Verhältnis zum Petitionsausschuss
(1) Die oder der Bürgerbeauftragte hat die Aufgabe, die Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit den Behörden des Landes zu beraten und zu unterstützen. Sie oder er befasst sich mit den von den Bürgerinnen und Bürgern an sie oder ihn herangetragenen Wünschen, Anliegen und Vorschlägen (Bürgeranliegen). Sie oder er hat zudem die Aufgabe, das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Bürgerschaft und Polizeibehörden zu stärken. Sie oder er wirkt auf eine einvernehmliche und zweckmäßige Erledigung der Bürgeranliegen hin.
(2) Die Zuständigkeit für die Polizeibehörden wird in besonderen Vorschriften in Teil 2 geregelt.
(3) Die Aufgabenwahrnehmung nach Abs. 1 erstreckt sich auf
1.
Bürgeranliegen nach Abs. 1 Satz 2, die keine Petitionen im Sinne des Art. 16 der Verfassung des Landes Hessens sind,
2.
sonstige Vorgänge außerhalb eines Petitionsverfahrens, soweit Anhaltspunkte für eine nicht ordnungsgemäße oder unzweckmäßige Behandlung von Bürgerangelegenheiten durch Stellen bestehen, die der parlamentarischen Kontrolle des Landtags unterliegen.
(4) Der oder dem Bürgerbeauftragten zugeleitete Angelegenheiten, die Petitionen im Sinne des Art. 16 der Verfassung des Landes Hessen darstellen, leitet die oder der Bürgerbeauftragte an die zuständige Stelle oder den Landtag weiter. Im Zweifelsfall ist die Eingabe als Petition zu behandeln. Die Entscheidung trifft der Petitionsausschuss.
(5) Während eines Petitionsverfahrens in derselben Angelegenheit ruhen das Eingaberecht und das Verfahren bei der oder dem Bürgerbeauftragten. Nach Abschluss eines Petitionsverfahrens in derselben Angelegenheit ist keine Eingabe bei der oder dem Bürgerbeauftragten mehr möglich.
§ 1a Fonds für die Opfer und Angehörigen schwerer Gewalttaten von landesweiter Bedeutung und von Terroranschlägen
Die oder der Bürgerbeauftragte setzt die Entscheidungen des vom Hessischen Landtag gewählten Opferfondsbeirats über Zuwendungen aus dem Fonds für die Opfer und Angehörigen schwerer Gewalttaten von landesweiter Bedeutung und von Terroranschlägen beim Hessischen Landtag (Opferfonds) um. Sie oder er unterstützt den Opferfondsbeirat bei der Entscheidungsfindung im Rahmen der von diesem festgelegten Richtlinien über die Gewährleistung von Zuwendungen aus dem Opferfonds.
§ 2 Eingaberecht
Jede und jeder hat das Recht, sich unmittelbar schriftlich, elektronisch oder mündlich an die Bürgerbeauftragte oder den Bürgerbeauftragten zu wenden. Bei Freiheitsentzug oder -beschränkung ist die Eingabe ohne Kontrolle und verschlossen der oder dem Bürgerbeauftragten zuzuleiten.
§ 3 Grenzen des Prüfungsrechts
(1) Die oder der Bürgerbeauftragte sieht von einer sachlichen Prüfung der Eingabe ab, wenn
1.
eine Zuständigkeit oder rechtliche Einwirkungsmöglichkeit einer Landesbehörde nicht gegeben ist,
2.
ihre Behandlung einen Eingriff in ein gerichtliches Verfahren oder die Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung bedeuten würde,
3.
es sich um ein rechtskräftig abgeschlossenes gerichtliches Verfahren handelt und das Vorbringen eine Wiederaufnahme des Verfahrens oder eine Abänderung der getroffenen gerichtlichen Entscheidung bezweckt,
4.
es sich um eine Angelegenheit handelt, die Gegenstand eines staatsanwaltschaftlichen, steuerstrafrechtlichen oder innerdienstlichen Ermittlungsverfahrens ist; die sachliche Prüfung ist jedoch zulässig, soweit sich die Eingabe gegen die verzögernde Behandlung des Ermittlungsverfahrens richtet,
5.
der Vorgang Gegenstand eines Untersuchungsausschusses des Landtags ist oder war, oder
6.
es sich um eine Entscheidung handelt, die in kommunaler Selbstverwaltung getroffen worden ist.
(2) Die oder der Bürgerbeauftragte kann von einer sachlichen Prüfung der Eingabe absehen, wenn
1.
sie nicht mit dem Namen und der vollständigen Anschrift der Bürgerin oder des Bürgers versehen oder unleserlich ist,
2.
sie ein konkretes Anliegen oder einen erkennbaren Sinnzusammenhang nicht enthält,
3.
sie nach Form oder Inhalt eine Straftat darstellt, oder
4.
sie gegenüber einer bereits beschiedenen Eingabe kein wesentliches neues Sachvorbringen enthält.
(3) Beschwerden und Eingaben, deren Urheber nicht erkennbar sind, leitet die oder der Bürgerbeauftragte ohne sachliche Prüfung an die zuständige Stelle weiter.
(4) Sieht die oder der Bürgerbeauftragte von einer sachlichen Prüfung der Eingabe ab, so teilt sie oder er dies der Bürgerin oder dem Bürger unter Angabe von Gründen mit. Im Falle des Abs. 1 kann sie oder er die Eingabe an die zuständige Stelle weiterleiten. Die Entscheidung der oder des Bürgerbeauftragten ist nicht anfechtbar.
§ 4 Befugnisse
Die oder der Bürgerbeauftragte kann im Rahmen der Prüfung von konkreten Eingaben die Landesregierung, alle Behörden des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie der Aufsicht des Landes unterstehen, vorbehaltlich verfassungsrechtlicher und gesetzlicher Grenzen, um
1.
mündliche, schriftliche und elektronische Auskünfte,
2.
Einsicht in Akten und Unterlagen ersuchen.
Die gleichen Befugnisse bestehen gegenüber juristischen Personen des Privatrechts, nicht rechtsfähigen Vereinigungen und natürlichen Personen, soweit sie unter der Aufsicht des Landes eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit ausüben.
§ 5 Erledigung der Aufgaben und Abschluss des Verfahrens
(1) Die oder der Bürgerbeauftragte hat auf eine einvernehmliche Erledigung der Angelegenheit hinzuwirken. Hierzu kann sie oder er Empfehlungen aussprechen oder der zuständigen Stelle Gelegenheit zur Abhilfe geben. Die Ersuchen nach § 4 sowie die Empfehlung sind dem fachlich zuständigen Ministerium zeitgleich zuzuleiten.
(2) Die zuständige Stelle soll der oder dem Bürgerbeauftragten auf Anfrage über die von ihr oder ihm veranlassten Maßnahmen, den Fortgang oder das Ergebnis des Verfahrens berichten.
(3) Die oder der Bürgerbeauftragte kann von Maßnahmen nach Abs. 1 absehen, wenn die Sach- oder Rechtslage eine gerichtliche Entscheidung angezeigt erscheinen lässt. Sie oder er teilt dies der Bürgerin oder dem Bürger unter Angabe von Gründen mit. In begründet erscheinenden Fällen kann der Vorgang mit Einwilligung der beschwerdeführenden oder eingebenden Person der für die Einleitung eines Straf- oder Disziplinarverfahrens zuständigen Stelle unter Mitteilung der gewonnenen Erkenntnisse zugeleitet werden.
(4) Die oder der Bürgerbeauftragte teilt der Bürgerin oder dem Bürger schriftlich oder elektronisch unter Angabe der maßgeblichen Gründe mit, welche Erledigung die Angelegenheit gefunden hat.
(5) Ist die oder der Bürgerbeauftragte der Ansicht, dass die behördliche Maßnahme rechtswidrig und die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer dadurch in ihren oder seinen Rechten verletzt ist oder dass ein innerdienstliches Fehlverhalten vorliegt, teilt sie oder er dies in bedeutenden Fällen dem fachlich zuständigen Ministerium mit und gibt ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.
§ 6 Amtshilfe
Die Landesregierung, alle Behörden des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, sollen der oder dem Bürgerbeauftragten bei der Durchführung der erforderlichen Erhebungen Amtshilfe leisten.
§ 7 Anwesenheit im Landtag
Der Landtag und seine Ausschüsse können jederzeit die Anwesenheit der oder des Bürgerbeauftragten verlangen und sie oder ihn zu ihren Beratungen hinzuziehen.
§ 8 Verschwiegenheitspflicht
(1) Die oder der Bürgerbeauftragte ist auch nach Beendigung des Amtsverhältnisses verpflichtet, über die ihr oder ihm amtlich bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
(2) Die oder der Bürgerbeauftragte darf, auch wenn sie oder er nicht mehr im Amt ist, über Angelegenheiten, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, ohne Genehmigung weder vor Gericht noch außergerichtlich Aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Genehmigung erteilt die Präsidentin oder der Präsident des Landtags nach Anhörung der betroffenen Bürgerin oder des betroffenen Bürgers sowie des für die Angelegenheit zuständigen Mitglieds der Landesregierung.
(3) Unberührt bleiben gesetzlich begründete Pflichten, Straftaten anzuzeigen und bei Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung für deren Erhaltung einzutreten.
§ 9 Wahl und Amtszeit
(1) Der Landtag wählt auf Vorschlag der Fraktionen die Bürgerbeauftragte oder den Bürgerbeauftragten. Eine Aussprache findet nicht statt.
(2) Als Bürgerbeauftragte oder Bürgerbeauftragter ist wählbar, wer in den Landtag wählbar ist und das 25. Lebensjahr vollendet hat.
(3) Die Amtszeit der oder des Bürgerbeauftragten beträgt sechs Jahre. Die Wiederwahl ist zulässig.
§ 10 Amtsverhältnis
(1) Die oder der Bürgerbeauftragte steht nach Maßgabe dieses Gesetzes in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis zum Land Hessen.
(2) Das Amtsverhältnis beginnt mit der Aushändigung der Urkunde über die Bestellung durch die Präsidentin beziehungsweise den Präsidenten des Landtags. Die Präsidentin oder der Präsident des Landtags verpflichtet die Bürgerbeauftragte oder den Bürgerbeauftragten vor dem Landtag, ihr oder sein Amt gerecht und unparteiisch zu führen und die Verfassung des Landes Hessen und das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Gesetze getreulich zu wahren.
(3) Das Amtsverhältnis endet
1.
mit Verlust der Wählbarkeit nach § 9 Abs. 2,
2.
mit Ablauf der Amtszeit,
3.
durch Tod,
4.
durch Abberufung nach § 11 Abs. 1,
5.
mit der Entlassung auf Verlangen nach § 11 Abs. 2, oder,
6.
im Falle einer Verhinderung, mit der Bestellung einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers nach § 13 Abs. 2.
(4) Urlaubsangelegenheiten der oder des Bürgerbeauftragten richten sich nach den für die Beamtinnen und Beamten des Landes Hessen geltenden Regelungen.
(5) Die oder der Bürgerbeauftragte darf weder einer Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes noch einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes untersteht, angehören. Sie oder er darf neben diesem Amt kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichts- oder Verwaltungsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.
(6) Die oder der Bürgerbeauftragte sieht von allen mit den Aufgaben ihres oder seines Amtes nicht zu vereinbarenden Handlungen ab und übt während der Amtszeit keine mit dem Amt nicht zu vereinbarende entgeltliche oder unentgeltliche Tätigkeit aus.
§ 11 Abberufung und Entlassung
(1) Der Landtag kann auf Antrag einer Fraktion oder eines Drittels der Mitglieder des Landtags die oder den Bürgerbeauftragten mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder abberufen. Die Abstimmung über den Antrag auf Abberufung hat frühestens zwei Wochen und spätestens acht Wochen nach Eingang des Antrags bei der Präsidentin beziehungsweise bei dem Präsidenten des Landtags stattzufinden.
(2) Die oder der Bürgerbeauftragte kann jederzeit ihre oder seine Entlassung verlangen. Die Präsidentin beziehungsweise der Präsident des Landtags spricht die Entlassung aus.
§ 12 Dienstsitz
(1) Die oder der Bürgerbeauftragte hat den Dienstsitz beim Landtag.
(2) Der Haushalt der oder des Bürgerbeauftragten wird beim Haushalt des Landtags veranschlagt.
(3) Die oder der Bürgerbeauftragte führt Bürgersprechstunden im gesamten Land durch.
(4) Der oder dem Bürgerbeauftragten wird die zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben notwendige Sach- und Personalausstattung gemäß Haushaltsplan zur Verfügung gestellt. Das Personal untersteht der direkten Dienstaufsicht der oder des Bürgerbeauftragten. Die Beamtinnen und Beamten werden auf ihren oder seinen Vorschlag von der Präsidentin beziehungsweise vom Präsidenten des Landtags ernannt und entlassen.
§ 13 Verhinderung
(1) Ist die oder der Bürgerbeauftragte verhindert, das Amt auszuüben, so nimmt für die Dauer der Verhinderung die dienstälteste Beamtin beziehungsweise der dienstälteste Beamte des höheren Dienstes der Dienststelle die Geschäfte wahr.
(2) Dauert die Verhinderung länger als sechs Monate, so kann der Landtag eine neue Bürgerbeauftragte oder einen neuen Bürgerbeauftragten wählen.
§ 14 Bezüge
(1) Die oder der Bürgerbeauftragte erhält Bezüge in Höhe des Grundgehalts der Besoldungsgruppe B 3. Daneben werden der Familienzuschlag sowie sonstige Besoldungsbestandteile, Reise- und Umzugskosten, Trennungsgeld und Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen in entsprechender Anwendung der für Beamtinnen und Beamte geltenden Vorschriften gewährt. Zuständig für die Festsetzung, Berechnung und Anordnung der Zahlung der Bezüge einschließlich des Familienzuschlags, der Sonderzahlungen und Aufwandsentschädigungen sowie der Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge ist die Hessische Bezügestelle im Auftrag der oder des Bürgerbeauftragten. Zuständig für die Festsetzung von Reise- und Umzugskosten sowie Trennungsgeld ist die Dienststelle der oder des Bürgerbeauftragten. Festsetzungsstelle für die Beihilfe ist die Kanzlei des Landtags.
(2) Die oder der Bürgerbeauftragte und ihre oder seine Hinterbliebenen erhalten Versorgung in entsprechender Anwendung der in Hessen für die Mitglieder der Landesregierung geltenden Bestimmungen. Zuständig für die Festsetzung der Versorgungsbezüge ist das Regierungspräsidium Kassel im Auftrag der oder des Bürgerbeauftragten.
Teil 2 Zuständigkeit der oder des Polizeibeauftragten für die Polizeibehörden des Landes
§ 15 Aufgabe und Stellung
(1) Die oder der Polizeibeauftragte hat in Bezug auf die Polizeibehörden des Landes die Aufgabe, das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Bürgerschaft und Polizeibehörden zu stärken. Sie oder er unterstützt die Bürgerinnen und Bürger im Dialog mit den Polizeibehörden und wirkt darauf hin, dass begründeten Beschwerden (§ 17) abgeholfen wird. Ihr oder ihm obliegt auch die Befassung mit Vorgängen aus dem innerpolizeilichen Bereich, die an sie oder ihn im Rahmen einer Eingabe nach § 18 herangetragen werden.
(2) Soweit in diesem Teil des Gesetzes nichts Besonderes bestimmt ist, sind die Vorschriften des Teils 1 dieses Gesetzes sinngemäß anzuwenden.
§ 16 Anwendungsbereich, Konkurrenzen
(1) Nachfolgende Bestimmungen finden Anwendung auf Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte der Polizeibehörden des Landes Hessen. Für Beamtinnen, Beamte und Tarifbeschäftigte der Polizeibehörden anderer Länder oder des Bundes gelten die Bestimmungen nicht.
(2) Ist gegen eine Polizeibeamtin oder einen Polizeibeamten oder eine Tarifbeschäftigte beziehungsweise einen Tarifbeschäftigten wegen eines dienstlichen Verhaltens ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet oder öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben worden, ein gerichtliches Bußgeldverfahren anhängig oder ein behördliches Disziplinarverfahren eingeleitet worden, darf die oder der Polizeibeauftragte nicht tätig werden. Laufende Beschwerden und Eingaben werden in diesen Fällen vorläufig eingestellt. Über die Tatsache der vorläufigen Einstellung wird die beschwerdeführende oder eingebende Person unterrichtet. Gleiches gilt im Falle der Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Polizeibeauftragte oder den Polizeibeauftragten.
§ 17 Beschwerden
Mit einer Beschwerde an die Polizeibeauftragte oder den Polizeibeauftragten kann sich jede und jeder wenden, die beziehungsweise der ein persönliches Fehlverhalten einzelner Beamtinnen, Beamter oder Tarifbeschäftigter der Polizeibehörden oder die Rechtswidrigkeit einer polizeibehördlichen Maßnahme behauptet.
§ 18 Eingaben von Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten der Polizeibehörden
Jede Beamtin und jeder Beamter sowie jede oder jeder Tarifbeschäftigte der Polizeibehörden des Landes Hessen kann sich mit einer Eingabe ohne Einhaltung des Dienstwegs unmittelbar an die Polizeibeauftragte oder den Polizeibeauftragten wenden, wenn sie oder er damit eine eigene Betroffenheit geltend macht oder eine Beschwerde entsprechend § 17 vorbringt. Wegen der Tatsache der Anrufung der oder des Polizeibeauftragten darf sie oder er weder dienstlich gemaßregelt werden noch sonst Nachteile erleiden.
§ 19 Form und Frist
(1) Beschwerden und Eingaben nimmt die oder der Polizeibeauftragte entgegen. Sie müssen den Namen und die vollständige Anschrift der beschwerdeführenden oder eingebenden Person sowie den der Beschwerde oder Eingabe zugrundeliegenden Sachverhalt enthalten. Vertrauliche Beschwerden und Eingaben, bei denen die oder der Betroffene ausdrücklich um Geheimhaltung der Person ersucht, sind zulässig. In diesem Fall soll die oder der Polizeibeauftragte von der Bekanntgabe des Namens der beschwerdeführenden oder eingebenden Person absehen, sofern keine Rechtspflichten entgegenstehen.
(2) Die Beschwerde muss innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der polizeibehördlichen Maßnahme eingereicht sein. Entsprechendes gilt für die Eingabe im Hinblick auf den mit ihr beanstandeten Sachverhalt.
§ 20 Befugnisse
(1) Die oder der Polizeibeauftragte prüft, ob auf der Grundlage der Beschwerde oder Eingabe hinreichender Anlass zur Sachverhaltsaufklärung besteht. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn bei verständiger Würdigung des Vorbringens eine nicht unerhebliche Rechtsverletzung der oder des Betroffenen oder ein nicht unerhebliches innerdienstliches Fehlverhalten zumindest möglich erscheint. Besteht kein hinreichender Anlass zur Sachverhaltsaufklärung, teilt die oder der Polizeibeauftragte dies der oder dem Betroffenen unter Angabe der maßgeblichen Gründe mit. Die Entscheidung der oder des Polizeibeauftragten ist nicht anfechtbar. Auch unabhängig von einer Beschwerde oder Eingabe kann die oder der Polizeibeauftragte tätig werden, soweit sie oder er in sonstiger Weise Kenntnis von einem Sachverhalt erhält, der ein Einschreiten entsprechend § 17 oder § 18 zulassen würde.
(2) Zur sachlichen Prüfung kann die oder der Polizeibeauftragte vom fachlich zuständigen Ministerium vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Grenzen Auskunft verlangen. Die Auskunft ist binnen eines Monats nach Eingang zu erteilen. Der von einer Beschwerde oder Eingabe betroffenen Beamtin oder dem betroffenen Beamten oder Tarifbeschäftigten der Polizeibehörde sowie der Leiterin oder dem Leiter der betroffenen Polizeibehörde oder Einrichtung ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(3) Die nach Abs. 2 Satz 1 zu erteilende Auskunft darf nur verweigert werden, wenn
1.
die betroffene Polizeibeamtin, der betroffene Polizeibeamte oder die oder der betroffene Tarifbeschäftigte der Polizeibehörde mit der Auskunft sich selbst oder eine in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung genannte angehörige Person dem Verdacht eines Dienstvergehens oder einer Straftat aussetzen würde,
2.
die um Auskunft angehaltene Beamtin oder der um Auskunft angehaltene Beamte bzw. die oder der Tarifbeschäftigte der Polizeibehörde ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung hat oder
3.
zwingende Geheimhaltungsgründe ihrer Erteilung entgegenstehen.
Die Berufung auf ein Auskunftsverweigerungsrecht erfolgt gegenüber der oder dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten. Ein zwingender Geheimhaltungsgrund im Sinne von Satz 1 Nr. 3 liegt nur vor, wenn die durch das Bekanntwerden des Inhalts eintretenden Nachteile das Interesse an der Sachverhaltsaufklärung offensichtlich überwiegen. Die Entscheidung hierüber trifft das fachlich zuständige Ministerium.
(4) Liegen konkrete Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens oder einer Straftat rechtfertigen, ist die betroffene Beamtin oder der betroffene Beamte oder die oder der Tarifbeschäftigte der Polizeibehörde darauf hinzuweisen, dass es ihr oder ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder sich nicht zur Sache einzulassen und sie oder er sich jederzeit einer oder eines Bevollmächtigten oder eines Beistands bedienen kann. Verantwortlich für die Erteilung des Hinweises ist die oder der unmittelbare Dienstvorgesetzte. Die Regelungen des Hessischen Disziplinargesetzes bleiben unberührt.
Teil 3 Schlussvorschriften
§ 21 Bericht
Die oder der Bürgerbeauftragte erstattet dem Landtag jährlich einen schriftlichen Gesamtbericht über die Tätigkeit. Sie oder er ist verpflichtet, bei der Aussprache über den Bericht im Landtag und in den Ausschüssen anwesend zu sein und sich auf Verlangen zu äußern. Über besondere Vorgänge des Teils 2 unterrichtet die oder der Bürgerbeauftragte unverzüglich den Innenausschuss des Landtags.
§ 22 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag der Verkündung in Kraft.
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