Landesgesetz über die Freistellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für Zwecke der Weiterbildung (Bildungsfreistellungsgesetz - BFG -) Vom 30. März 1993
Landesgesetz über die Freistellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für Zwecke der Weiterbildung (Bildungsfreistellungsgesetz - BFG -) Vom 30. März 1993
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 20 des Gesetzes vom 22.12.2015 (GVBl. S. 461) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
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Landesgesetz über die Freistellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für Zwecke der Weiterbildung (Bildungsfreistellungsgesetz - BFG -) vom 30. März 1993 | 01.10.2001 |
§ 1 - Bildungsfreistellung, Anspruchsberechtigte | 30.12.2015 |
§ 2 - Bildungsfreistellungsanspruch | 01.01.2013 |
§ 3 - Anerkannte Veranstaltungen der Bildungsfreistellung | 01.01.2003 |
§ 4 - Verhältnis zu anderen Regelungen, Anrechnung | 01.10.2001 |
§ 5 - Verfahren der Bildungsfreistellung | 01.10.2001 |
§ 6 - Fortzahlung des Arbeitsentgelts, Verbot von Erwerbstätigkeit, Benachteiligungsverbot | 01.10.2001 |
§ 7 - Anerkennung von Veranstaltungen | 01.01.2013 |
§ 8 - Ausgleich für Klein- und Mittelbetriebe | 01.01.2013 |
§ 9 - Bericht der Landesregierung | 01.01.2013 |
§ 10 - In-Kraft-Treten | 01.10.2001 |
§ 1 Bildungsfreistellung, Anspruchsberechtigte
(1) Die im Lande Rheinland-Pfalz Beschäftigten haben gegenüber ihrem Arbeitgeber für Zwecke der Weiterbildung nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts (Bildungsfreistellung).
(2) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen gleichgestellten Personen sowie andere Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind.
(3) Dieses Gesetz gilt für die Beamtinnen und Beamten im Sinne des § 1 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes und für die Richterinnen und Richter im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 des Landesrichtergesetzes.
§ 2 Bildungsfreistellungsanspruch
(1) Der Anspruch auf Bildungsfreistellung beläuft sich auf zehn Arbeitstage für jeden Zeitraum zweier aufeinander folgender Kalenderjahre. Dieser Zeitraum beginnt jeweils mit dem 1. Januar eines ungeraden Kalenderjahres. Wird das Arbeitsverhältnis in einem geraden Kalenderjahr begründet, beläuft sich der Anspruch auf Bildungsfreistellung in diesem Kalenderjahr auf fünf Arbeitstage. Wird regelmäßig an mehr oder weniger als fünf Tagen in der Woche gearbeitet, so erhöht oder verringert sich der Anspruch entsprechend. Für nachgewiesene Tage der Arbeitsunfähigkeit während der Bildungsfreistellung bleibt der Anspruch bestehen.
(2) Der Anspruch auf Bildungsfreistellung wird durch einen Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses nicht berührt. Bei einem Wechsel innerhalb des Zweijahreszeitraums wird eine bereits erfolgte Bildungsfreistellung auf den Anspruch gegenüber dem neuen Arbeitgeber angerechnet.
(3) Für die in Rheinland-Pfalz zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten gilt dieses Gesetz mit der Maßgabe, dass sich der Anspruch auf Bildungsfreistellung auf fünf Arbeitstage im Ausbildungsjahr zur Teilnahme an Veranstaltungen der gesellschaftspolitischen Weiterbildung beläuft, wenn dadurch das Ausbildungsziel nicht gefährdet wird.
(4) Der Anspruch auf Bildungsfreistellung besteht nicht, wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als fünf Personen ständig beschäftigt; dabei werden Teilzeitbeschäftigte entsprechend ihrem jeweiligen Anteil an der üblichen Arbeitszeit berücksichtigt. In diesen Fällen soll unter Berücksichtigung der betrieblichen oder dienstlichen Belange Bildungsfreistellung gewährt werden.
(5) Die Bildungsfreistellung für die Beschäftigten in Schule und Hochschule soll in der Regel während der unterrichts- oder vorlesungsfreien Zeit erfolgen.
(6) Der Anspruch auf Bildungsfreistellung entsteht nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach Beginn des Ausbildungsverhältnisses oder des Beschäftigungsverhältnisses.
§ 3 Anerkannte Veranstaltungen der Bildungsfreistellung
(1) Die Bildungsfreistellung erfolgt nur für anerkannte Veranstaltungen der beruflichen oder der gesellschaftspolitischen Weiterbildung oder deren Verbindung.
(2) Berufliche Weiterbildung dient der Erneuerung, Erhaltung, Erweiterung und Verbesserung von berufsbezogenen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten. Sie ist nicht auf die bisher ausgeübte Tätigkeit beschränkt und schließt auch die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen und Orientierungswissen ein.
(3) Gesellschaftspolitische Weiterbildung dient der Information über gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge sowie der Befähigung zur Beurteilung, Teilhabe und Mitwirkung am gesellschaftlichen, sozialen und politischen Leben.
(4) Berufliche und gesellschaftspolitische Weiterbildung oder deren Verbindung dienen insbesondere auch der Gleichstellung von Mann und Frau und von behinderten und nicht behinderten Menschen.
§ 4 Verhältnis zu anderen Regelungen, Anrechnung
(1) Der nach diesem Gesetz bestehende Anspruch auf Bildungsfreistellung ist ein Mindestanspruch. Andere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, tarifvertragliche Regelungen, betriebliche Vereinbarungen sowie sonstige vertragliche oder betriebliche Regelungen über Freistellungen für Zwecke der Weiterbildung bleiben davon unberührt.
(2) Freistellungen, die aufgrund der in Absatz 1 Satz 2 genannten Regelungen erfolgen, werden auf den Anspruch nach diesem Gesetz angerechnet, soweit die Veranstaltungen den in § 3 niedergelegten Zielen entsprechen. Das Nähere regelt die Landesregierung durch Rechtsverordnung.
§ 5 Verfahren der Bildungsfreistellung
(1) Der Anspruch auf Bildungsfreistellung ist bei dem Arbeitgeber so früh wie möglich, in der Regel mindestens sechs Wochen vor Beginn der Veranstaltung, schriftlich geltend zu machen. Der Nachweis über die Anerkennung der Veranstaltung, der Informationen über Inhalt, Zeitraum und durchführende Einrichtung einschließt, ist beizufügen.
(2) Der Arbeitgeber kann die Bildungsfreistellung ablehnen, sobald die Gesamtzahl der Arbeitstage, die im laufenden Kalenderjahr für Bildungsfreistellungen nach diesem Gesetz in Anspruch genommen worden sind, die Zahl der am 30. April des Jahres anspruchsberechtigten Beschäftigten erreicht hat.
(3) Der Arbeitgeber kann die Bildungsfreistellung für den vorgesehenen Zeitraum ablehnen, wenn zwingende betriebliche oder dienstliche Belange entgegenstehen. Vor einer derartigen Ablehnung ist der Betriebs- oder Personalrat nach den jeweils dafür maßgeblichen Bestimmungen zu beteiligen. Die Ablehnung ist so früh wie möglich, in der Regel mindestens drei Wochen vor Beginn der Veranstaltung, schriftlich mitzuteilen.
(4) Bei Ablehnung der Bildungsfreistellung nach Absatz 3 im laufenden Zweijahreszeitraum (§ 2 Abs. 1) gilt der Anspruch auf Bildungsfreistellung als auf den nächsten Zweijahreszeitraum übertragen; eine nochmalige Ablehnung nach Absatz 3 ist unzulässig. Im Übrigen kann eine im laufenden Zweijahreszeitraum nicht erfolgte Bildungsfreistellung im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber auf den nächsten Zweijahreszeitraum übertragen werden.
(5) Die ordnungsgemäße Teilnahme an der Veranstaltung ist dem Arbeitgeber nach deren Beendigung nachzuweisen.
(6) Der Arbeitgeber hat bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auf Verlangen eine Bescheinigung darüber auszustellen, ob und in welchem Umfang im laufenden Zweijahreszeitraum Bildungsfreistellung erfolgt ist.
§ 6 Fortzahlung des Arbeitsentgelts, Verbot von Erwerbstätigkeit, Benachteiligungsverbot
(1) Während der Bildungsfreistellung wird das Arbeitsentgelt entsprechend den §§ 11 und 12 des Bundesurlaubsgesetzes fortgezahlt.
(2) Während der Bildungsfreistellung darf keine dem Freistellungszweck widersprechende Erwerbstätigkeit ausgeübt werden.
(3) Niemand darf wegen der Inanspruchnahme von Bildungsfreistellung benachteiligt werden.
§ 7 Anerkennung von Veranstaltungen
(1) Veranstaltungen werden auf Antrag durch eine von dem für die Angelegenheiten der Weiterbildung zuständigen Ministerium durch Rechtsverordnung zu bestimmende Stelle anerkannt, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:
1.
Sie müssen der beruflichen oder gesellschaftspolitischen Weiterbildung oder deren Verbindung und dürfen nicht der Erholung, Unterhaltung oder der allgemeinen Freizeitgestaltung dienen.
2.
Sie müssen im Einklang stehen mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und mit der Verfassung für Rheinland-Pfalz.
3.
Sie sollen mindestens drei Tage in Block- oder Intervallform und müssen in der Regel mindestens je Tag durchschnittlich sechs Unterrichtsstunden umfassen.
4.
Sie müssen in der organisatorischen und fachlich-pädagogischen Durchführung der Einrichtung liegen, die die Anerkennung beantragt. Die Einrichtung hat hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lehrkräfte, Bildungsziele und Qualität ihrer Bildungsarbeit eine sachgemäße Weiterbildung zu gewährleisten. Bildungseinrichtungen des Landes, nach dem Weiterbildungsgesetz anerkannte Volkshochschulen, Landesorganisationen der Weiterbildung in freier Trägerschaft und Heimbildungsstätten, Einrichtungen der nach dem Berufsbildungsgesetz zuständigen Stellen und Einrichtungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe gelten als entsprechend qualifiziert.
5.
Sie müssen offen zugänglich sein. Die offene Zugänglichkeit setzt eine Veröffentlichung der Veranstaltung voraus. Die Teilnahme an den Veranstaltungen darf nicht von der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, Partei, Gewerkschaft oder sonstigen Vereinigung oder Institution abhängig gemacht werden. Dies schließt die Anerkennung von Veranstaltungen in der Trägerschaft derartiger Vereinigungen oder Institutionen nicht aus. Die Teilnahme muss freiwillig erfolgen können. Sie darf von pädagogisch begründeten Voraussetzungen sowie Zielgruppenorientierungen abhängig gemacht werden.
(2) In grundsätzlichen Fragen der Anerkennung werden Vertretungen der Spitzenorganisationen der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften, der Kammern sowie des Landesbeirats für Weiterbildung nach dem Weiterbildungsgesetz beteiligt.
(3) Veranstaltungen, die aufgrund vergleichbarer Rechtsvorschriften anderer Bundesländer dort anerkannt worden sind, werden nach diesem Gesetz anerkannt, wenn auch die Anerkennungsvoraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 3 und 5 gegeben sind.
(4) Die Landesregierung regelt das Nähere der Anerkennungsvoraussetzungen und des Anerkennungsverfahrens (Absatz 1) sowie das Verfahren der Beteiligung in grundsätzlichen Fragen (Absatz 2) durch Rechtsverordnung.
§ 8 Ausgleich für Klein- und Mittelbetriebe
(1) Das Land erstattet Arbeitgebern ausgenommen den Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Vereinigungen, Einrichtungen oder Unternehmungen, deren Kapital (Grund- oder Stammkapital) sich unmittelbar oder mittelbar ganz oder überwiegend in öffentlicher Hand befindet oder die fortlaufend ganz oder überwiegend aus öffentlichen Mitteln unterhalten werden , die in der Regel weniger als 50 Personen ständig beschäftigen, auf Antrag nach Maßgabe des Landeshaushalts einen pauschalierten Anteil des für den Zeitraum der Bildungsfreistellung fortzuzahlenden Arbeitsentgelts; § 2 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 gilt entsprechend.
(2) Die Pauschale nach Absatz 1 beträgt für jeden Tag der Bildungsfreistellung die Hälfte des im Lande Rheinland-Pfalz in dem jeweiligen Kalenderjahr durchschnittlichen Arbeitsentgelts je Tag. Öffentliche Mittel, die von anderer Seite zugewendet werden, sind auf die Erstattung nach Absatz 1 anzurechnen.
(3) Die Erstattung erfolgt nicht für Freistellungen, die nur nach § 4 Abs. 2 auf den Anspruch auf Bildungsfreistellung angerechnet werden und für die keine Anerkennung ausgesprochen worden ist.
(4) Soweit eine Erstattung nach Absatz 1 und 2 nicht mehr möglich ist, besteht kein Anspruch auf Bildungsfreistellung nach diesem Gesetz.
(5) Der Erstattungsantrag ist vor der Bildungsfreistellung zu stellen. Das Nähere über die Erstattung regelt das für die Angelegenheiten der Weiterbildung zuständige Ministerium durch Rechtsverordnung.
§ 9 Bericht der Landesregierung
Die Landesregierung legt dem Landtag alle zwei Jahre, erstmalig zum 1. April 1995, einen Bericht über Inhalte, Formen, Dauer und Teilnahmestruktur der Bildungsfreistellung vor. Einrichtungen, die aufgrund von § 7 anerkannte Veranstaltungen durchführen, sind verpflichtet, die für den Bericht notwendigen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
§ 10 In-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt am 1. April 1993 in Kraft.
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