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Gesetz über die juristische Ausbildung (Juristenausbildungsgesetz - JAG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. März 2004

Gesetz über die juristische Ausbildung (Juristenausbildungsgesetz - JAG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. März 2004
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: §§ 6, 12, 47, 48 und 52 geändert sowie § 29a neu eingefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. Oktober 2022 (GVBl. S. 489)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über die juristische Ausbildung (Juristenausbildungsgesetz - JAG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. März 200408.03.2004
Eingangsformel08.03.2004
ERSTER TEIL - Zuständigkeiten und Organisation08.03.2004
§ 108.03.2004
§ 208.03.2004
§ 328.12.2021
§ 408.03.2004
§ 528.12.2021
ZWEITER TEIL - Staatliche Pflichtfachprüfung und universitäre Schwerpunktbereichsprüfung08.03.2004
§ 601.01.2023
§ 708.03.2004
§ 808.03.2004
§ 908.03.2004
§ 1008.03.2004
§ 1108.03.2004
§ 1201.01.2023
§ 1308.03.2004
§ 1408.03.2004
§ 1508.03.2004
§ 1601.06.2011
§ 1708.03.2004
§ 1808.03.2004
§ 1908.03.2004
§ 2008.03.2004
§ 2101.06.2011
§ 2208.03.2004
§ 2308.03.2004
§ 2408.03.2004
§ 2501.11.2007
DRITTER TEIL - Der juristische Vorbereitungsdienst08.03.2004
Erster Abschnitt - Allgemeines08.03.2004
§ 2601.11.2019
§ 2701.11.2019
§ 2808.03.2004
§ 2908.03.2004
§ 29a01.01.2023
§ 3008.03.2004
Zweiter Abschnitt - Die Ausbildung bei den Ausbildungsstellen08.03.2004
§ 3108.03.2004
§ 3208.03.2004
§ 3308.03.2004
§ 3430.06.2009
§ 3508.03.2004
§ 3608.03.2004
Dritter Abschnitt - Die Ausbildung in den Arbeitsgemeinschaften08.03.2004
§ 3708.03.2004
§ 3801.03.2014
Vierter Abschnitt - Mitwirkungsrechte der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare08.03.2004
§ 3908.03.2004
§ 4008.03.2004
§ 4108.03.2004
§ 4208.03.2004
§ 4330.06.2009
§ 4430.06.2009
VIERTER TEIL - Die zweite juristische Staatsprüfung08.03.2004
§ 4508.03.2004
§ 4608.03.2004
§ 4701.01.2023
§ 4801.01.2023
§ 4908.03.2004
§ 5001.11.2007
§ 5101.11.2007
§ 5201.01.2023
§ 52a01.06.2011
§ 5301.11.2019
FÜNFTER TEIL - Übergangs- und Schlußvorschriften08.03.2004
§ 5401.11.2019
§ 5501.11.2019
§ 5608.03.2004
§ 5701.11.2019
§ 5808.03.2004
Präambel
1)
Die Ausbildung der Juristen in der Bundesrepublik Deutschland ist durch das Gesetz zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes vom 10. September 1971 (BGBl. I S. 1557), das am 15. Juni 1972 in Kraft getreten ist, in wesentlichen Teilen auf eine neue Grundlage gestellt worden. Mit dem vorliegenden Gesetz wird dieser bundesrechtliche Rahmen für Hessen ausgefüllt und inhaltlich konkretisiert.
Ziel der juristischen Ausbildungsreform ist der kritische, aufgeklärt rational handelnde Jurist, der sich seiner Verpflichtung als Wahrer des freiheitlich demokratischen und sozialen Rechtsstaats bewusst ist und der in der Lage ist, die Aufgaben der Rechtsfortbildung zu erkennen. In Übereinstimmung damit sind die Inhalte und Ziele der Ausbildung im Folgenden, insbesondere in den Paragraphen 6 und 23, beschrieben und festgelegt.
Fußnoten
1)
Die Präambel bezieht sich auf die erste Fassung des Gesetzes vom 12. März 1974 (GVBl. I S. 157)

ERSTER TEIL Zuständigkeiten und Organisation

§ 1

(1) Die juristische Ausbildung gliedert sich in ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität, das mit einer ersten Prüfung abschließt, und einen anschließenden Vorbereitungsdienst, der mit der zweiten Staatsprüfung abschließt; die erste Prüfung besteht aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer staatlichen Pflichtfachprüfung.
(2) Für die juristische Ausbildung und für die Entscheidungen nach diesem Gesetz und den dazu ergehenden Rechtsverordnungen ist das Ministerium der Justiz zuständig, soweit dieses Gesetz und die dazu ergehenden Rechtsverordnungen nichts anderes bestimmen.

§ 2

(1) Für die staatliche Pflichtfachprüfung und die zweite juristische Staatsprüfung ist das Justizprüfungsamt zuständig, das von einer Präsidentin oder einem Präsidenten geleitet wird. Es wird bei dem Ministerium der Justiz errichtet.
(2) Das Justizprüfungsamt gliedert sich in die Prüfungsabteilung I für die staatliche Pflichtfachprüfung und in die Prüfungsabteilung II für die zweite juristische Staatsprüfung.

§ 3

(1) Als Prüferinnen und Prüfer gehören dem Justizprüfungsamt die Präsidentin oder der Präsident und weitere Mitglieder an.
(2) Die Präsidentin oder der Präsident muss die Befähigung zum Richteramt haben, die weiteren Mitglieder müssen, soweit sie nicht Professorinnen oder Professoren der Rechte nach § 67 des Hessischen Hochschulgesetzes vom 14. Dezember 2021 (GVBl. S. 931) oder in sonstiger Weise mit der selbstständigen Wahrnehmung rechtswissenschaftlicher Lehraufgaben an der Universität betraut sind, entweder die Befähigung zum Richteramt oder die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst aufgrund eines Studiums der Rechtswissenschaft und der vorgeschriebenen Prüfungen erlangt haben.
(3) Die Präsidentin oder der Präsident wird vom Ministerium der Justiz auf Zeit oder für die Dauer eines Hauptamtes bestellt. Sie oder er erhält eine Amtszulage in Höhe von fünf Prozent des Grundgehalts der Besoldungsgruppe B 4, sofern die Aufgabe nicht neben einem gleich oder höher besoldeten Hauptamt wahrgenommen wird.
(4) Das Ministerium der Justiz beruft die weiteren Mitglieder des Justizprüfungsamtes auf die Dauer von vier Jahren hauptamtlich oder nebenamtlich. Die Wiederberufung ist zulässig.
(5) Professorinnen und Professoren sowie ihnen nach Abs. 2 gleichgestellte Personen werden auf Vorschlag der rechtswissenschaftlichen Fachbereiche der Universitäten, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auf Vorschlag der Rechtsanwaltskammern, Richterinnen und Richter sowie Beamtinnen und Beamte, die nicht der Dienstaufsicht des Ministeriums der Justiz unterstehen, auf Vorschlag des zuständigen Ministeriums berufen, nachdem die Präsidentin oder der Präsident des Justizprüfungsamtes zu den Berufungsvorschlägen Stellung genommen hat. Sonstige Personen können auf Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten des Justizprüfungsamtes berufen werden, wenn sie aufgrund ihrer Tätigkeit in der Praxis geeignet erscheinen.
(6) Die nebenamtliche Mitgliedschaft im Justizprüfungsamt endet bei Professorinnen und Professoren oder ihnen nach Abs. 2 gleichgestellten Personen mit der Beendigung der Lehrverpflichtung im Lande Hessen, bei Richterinnen und Richtern sowie Beamtinnen und Beamten mit dem Ausscheiden aus dem Hauptamt, bei Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit dem Erlöschen der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder mit der Vollendung des 65. Lebensjahres, im Übrigen mit der Vollendung des 65. Lebensjahres. Ein Mitglied kann bereits begonnene Tätigkeiten in einem Prüfungsverfahren auch nach Beendigung der Mitgliedschaft zu Ende führen. Die Tätigkeit eines Mitglieds ruht während des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte oder der vorläufigen Dienstenthebung oder bei einem Vertretungsverbot für die Rechtsanwältin oder den Rechtsanwalt. Das Ministerium der Justiz kann im Einzelfall eine Mitgliedschaft, die nach Satz 1 endet, um drei Jahre verlängern.

§ 4

(1) Die Prüfungsausschüsse bestehen aus drei Prüferinnen oder Prüfern einschließlich der oder des Vorsitzenden.
(2) Den Prüfungsausschüssen der Prüfungsabteilung II gehört jeweils eine Verwaltungsbeamtin oder ein Verwaltungsbeamter oder eine Richterin oder ein Richter der allgemeinen oder einer besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit an.
(3) Die Präsidentin oder der Präsident bestimmt die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse sowie die Prüferinnen und Prüfer für die Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten. Den Vorsitz in einem Prüfungsausschuss führt die Präsidentin oder der Präsident oder nach ihrer oder seiner Benennung ein weiteres Mitglied der zuständigen Prüfungsabteilung. Der Prüfungsausschuss entscheidet mit Stimmenmehrheit.
(4) Die Prüferinnen und Prüfer sind in ihren Prüfungsentscheidungen unabhängig; im Übrigen unterstehen sie in ihrer Eigenschaft als Prüferinnen und Prüfer der Dienstaufsicht des Ministeriums der Justiz.

§ 5

(1) Die Präsidentin oder der Präsident führt die Aufsicht über den Geschäftsbetrieb des Justizprüfungsamts, wählt die Aufgaben für die Prüfungsarbeiten aus und stellt die Zeugnisse über das Bestehen der Prüfung aus. Entscheidungen im Rahmen der Verfahren der staatlichen Pflichtfachprüfung und der zweiten juristischen Staatsprüfung außerhalb der mündlichen Prüfung trifft das Justizprüfungsamt, soweit sie nicht ausdrücklich durch dieses Gesetz oder eine aufgrund dieses Gesetzes erlassene Rechtsverordnung der Präsidentin oder dem Präsidenten des Justizprüfungsamts, einem Prüfungsausschuss oder dem Ministerium der Justiz zugewiesen sind.
(2) Die Vertretung der Präsidentin oder des Präsidenten regelt das Ministerium der Justiz. Die zur Vertretung berufenen Personen müssen die Befähigung zum Richteramt haben.
(3) Das Justizprüfungsamt ist die für die staatliche Pflichtfachprüfung zuständige Stelle nach § 22 Abs. 5 Satz 2 des Hessischen Hochschulgesetzes.

ZWEITER TEIL Staatliche Pflichtfachprüfung und universitäre Schwerpunktbereichsprüfung

§ 6

(1) Die Inhalte des sich auf die Kernbereiche des Bürgerlichen Rechts, des Strafrechts, des Öffentlichen Rechts, des Verfahrensrechts und die Grundlagen des Rechts erstreckenden Studiums berücksichtigen die rechtsprechende, verwaltende und rechtsberatende Praxis einschließlich der hierfür erforderlichen Schlüsselqualifikationen, wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit. Sie berücksichtigen ferner die ethischen Grundlagen des Rechts und fördern die Fähigkeit zur kritischen Reflexion des Rechts. Die Vermittlung der Inhalte des Studiums erfolgt auch in Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrecht und dem Unrecht der SED-Diktatur.
(2) Die staatliche Pflichtfachprüfung ist vorwiegend Verständnisprüfung. Sie dient der Feststellung, ob die Bewerberinnen und Bewerber aufgrund des Studiums der Rechtswissenschaft mit ihren inneren Verbindungen zu den Wissenschaften von der Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Geschichte und zur Philosophie über die Kenntnisse in den Pflichtfächern einschließlich der europarechtlichen Bezüge und der Schlüsselqualifikationen verfügen und die wissenschaftlichen Arbeitsmethoden beherrschen, die als Grundlage erforderlich sind, um den Anforderungen des juristischen Vorbereitungsdienstes zu entsprechen.

§ 7

Pflichtfächer der staatlichen Pflichtfachprüfung im Sinne des § 6 Abs. 2 sind
1.
von den Grundlagen des Rechts:
Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Grundzüge der Rechtstheorie, der Rechtsphilosophie und der Rechtssoziologie sowie der Rechts- und Verfassungsgeschichte;
2.
aus dem Bürgerlichen Recht:
a)
die allgemeinen Lehren, der Allgemeine Teil des Schuldrechts;
b)
aus dem Besonderen Teil des Schuldrechts: Kauf, Miete, Darlehensvertrag, Dienstvertrag, Werkvertrag, Auftrag, Geschäftsführung ohne Auftrag, Gesellschaft, Gemeinschaft, Bürgschaft, ungerechtfertigte Bereicherung, unerlaubte Handlung sowie die Haftungsvorschriften des Straßenverkehrsgesetzes und die Grundzüge des Produkthaftungsgesetzes;
c)
aus dem Sachenrecht: Besitz und Eigentum sowie die Grundzüge des Rechts der Mobiliarsicherheiten, der Hypothek und der Grundschuld;
d)
aus dem Familienrecht: Wirkung der Ehe, gesetzliches Güterrecht, Scheidungsgründe sowie die Grundzüge des Rechts der Abstammung, der elterlichen Sorge und der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie der Lebenspartnerschaft;
e)
aus dem Erbrecht: Erbfolge, rechtliche Stellung des Erben, Testament sowie Grundzüge des Rechts des Erbvertrages, des Erbscheins und des Pflichtteilsrechts;
f)
aus dem Handelsrecht: Kaufleute, Handelsregister, Handelsfirma sowie Grundzüge des Rechts der Prokura und der Handlungsvollmacht, der Handelsgeschäfte und des Handelskaufes;
g)
aus dem Gesellschaftsrecht: Recht der Offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft sowie Grundzüge des Rechts der Kapitalgesellschaften betreffend die Errichtung, Vertretung und Geschäftsführung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung;
h)
aus dem Arbeitsrecht: Inhalt, Begründung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Leistungsstörungen und Haftung im Arbeitsverhältnis sowie Grundzüge der zugehörigen Regelungen aus dem Tarifvertrags- und Betriebsverfassungsrecht;
i)
aus dem Zivilprozessrecht: verfassungsrechtliche und gerichtsverfassungsrechtliche Grundlagen, aus dem Verfahren im ersten Rechtszug: Verfahrensgrundsätze, Prozessvoraussetzungen, Arten und Wirkungen von Klagen und gerichtlichen Entscheidungen, Beweisgrundsätze sowie in Grundzügen Arten der Rechtsbehelfe, allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen und Arten und Rechtsbehelfe der Zwangsvollstreckung;
3.
aus dem Strafrecht:
a)
Allgemeiner Teil des Strafgesetzbuches, jedoch Titel 4 bis 7 des Dritten Abschnitts (Strafaussetzung zur Bewährung, Verwarnung mit Strafvorbehalt und Absehen von Strafe, Maßregeln der Besserung und Sicherung, Verfall und Einziehung) nur im Überblick;
b)
aus dem Besonderen Teil des Strafgesetzbuches die Abschnitte 6 (Widerstand gegen die Staatsgewalt), 7 (Straftaten gegen die öffentliche Ordnung), 9 (falsche uneidliche Aussage und Meineid), 10 (falsche Verdächtigung), 14 bis 23 (Beleidigung, Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs, Straftaten gegen das Leben, Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit, Straftaten gegen die persönliche Freiheit, Diebstahl und Unterschlagung, Raub und Erpressung, Begünstigung und Hehlerei, Betrug und Untreue, Urkundenfälschung) und 27 bis 30 (Sachbeschädigung, gemeingefährliche Straftaten, Straftaten gegen die Umwelt, Straftaten im Amt);
c)
aus dem Strafprozessrecht: Verfahrensgrundsätze, Verfahrensbeteiligte sowie in Grundzügen Gang des Strafverfahrens, gerichtliche Zuständigkeit, Instanzenzug, Zwangsmittel und Rechtskraft;
4.
aus dem Öffentlichen Recht:
a)
Staatsrecht ohne Finanzverfassungsrecht und Notstandsverfassungsrecht;
b)
aus dem Verfassungsprozessrecht: Organstreit, Normenkontrolle, Verfassungsbeschwerde;
c)
aus dem Europarecht: Rechtsquellen der Europäischen Gemeinschaften, Grundfreiheiten des EG-Vertrages und ihre Durchsetzung, Organe und Handlungsformen der Europäischen Gemeinschaften sowie Grundzüge des Rechtsschutzes vor dem Europäischen Gerichtshof;
d)
Allgemeines Verwaltungsrecht und allgemeines Verwaltungsverfahrensrecht mit Ausnahme der besonderen Verwaltungsverfahren, einschließlich der Grundzüge des Rechts der öffentlichen Ersatzleistungen;
e)
aus dem Verwaltungsprozessrecht: Verfahrensgrundsätze, Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges, Klagearten, Vorverfahren, gerichtlicher Prüfungsumfang, gerichtliche Entscheidung sowie Grundzüge des Rechts des vorläufigen Rechtsschutzes;
f)
aus dem Besonderen Verwaltungsrecht die Grundzüge des Polizei- und Ordnungsrechts sowie das Recht der Bauleitplanung und der Baugenehmigung einschließlich der Grundzüge der kommunalen Organisation und des kommunalen Satzungsrechts.
Soweit Kenntnisse von Grundzügen bestimmter Rechtsgebiete verlangt werden, müssen den Bewerberinnen und Bewerbern die gesetzlichen Strukturen und Grundkenntnisse von Rechtsprechung und Literatur bekannt sein; soweit Kenntnisse im Überblick verlangt werden, müssen den Bewerberinnen und Bewerbern lediglich die gesetzlichen Strukturen bekannt sein.

§ 8

(1) Die Studienzeit beträgt vier Jahre; diese Zeit kann unterschritten werden, sofern die für die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung erforderlichen Leistungen nachgewiesen werden.
(2) Die Regelstudienzeit beträgt viereinhalb Jahre. Während des Studiums ist eine Zwischenprüfung abzulegen, die als Hochschulprüfung durchgeführt wird und sich jedenfalls auf das Zivilrecht, das Strafrecht und das Öffentliche Recht erstreckt.

§ 9

(1) Für die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung sind nachzuweisen:
1.
ein Studium der Rechtswissenschaft, wovon mindestens zwei Jahre auf ein Studium an einer Universität in der Bundesrepublik Deutschland entfallen müssen;
2.
die Teilnahme an:
a)
einer rechtswissenschaftlichen und einer fachübergreifenden sozialwissenschaftlich-rechtswissenschaftlichen Einführungslehrveranstaltung im ersten Jahr des Studiums;
b)
einer Lehrveranstaltung über die Grundlagen des Rechts (Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie oder Rechtssoziologie), in der eine Leistung in Form einer schriftlichen Arbeit oder eines Referates mit mindestens "ausreichend" bewertet worden ist;
c)
je einer Übung für Fortgeschrittene mit schriftlichen Arbeiten im Zivilrecht, im Öffentlichen Recht und im Strafrecht, in der mindestens eine Hausarbeit und eine Aufsichtsarbeit mit mindestens "ausreichend" bewertet worden sind;
d)
einer Lehrveranstaltung zur Vermittlung interdisziplinärer Schlüsselqualifikationen (§ 6);
e)
einer erfolgreich besuchten fremdsprachigen rechtswissenschaftlichen Lehrveranstaltung oder einem erfolgreich besuchten rechtswissenschaftlich ausgerichteten Sprachkurs.
3.
die regelmäßige Teilnahme an praktischen Studienzeiten von insgesamt drei Monaten Dauer in der vorlesungsfreien Zeit;
4.
das Bestehen der Zwischenprüfung nach § 8 Abs. 2 Satz 2.
(2) Die Leistungsnachweise nach Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b bis c und e haben zu bestätigen, dass individuelle Arbeitsergebnisse bewertet worden sind. Leistungsnachweise nach Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b, d und e können auch an politikwissenschaftlichen, soziologischen, philosophischen, historischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Fachbereichen erbracht werden. Der Leistungsnachweis nach Abs. 2 Nr. 2 Buchst. e kann auch anderweitig erbracht werden, soweit nachgewiesen wird, dass eine erfolgreiche Beschäftigung mit rechtswissenschaftlichen Gegenständen in einer fremden Sprache stattgefunden hat.

§ 10

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer praktischen Studienzeit haben, auch nach Beendigung der Studienzeit, über die ihnen bei der praktischen Studienzeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Hierauf sind sie vor Beginn der praktischen Studienzeit nach Maßgabe des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), geändert durch Gesetz vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942), förmlich zu verpflichten.

§ 11

(1) Zuständig für die Entscheidung über die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung ist das Justizprüfungsamt.
(2) Studentinnen und Studenten der Rechtswissenschaft sind zur Prüfung zuzulassen, wenn sie die Zulassungsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 erfüllen und mindestens ein Jahr an einer hessischen Universität studiert haben. Die Entscheidung ergeht schriftlich und ist im Falle der Ablehnung zu begründen.
(3) Aus wichtigem Grund kann von den Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 befreit werden. Ein Studium der Wirtschafts- oder Sozialwissenschaften kann bei Teilnahme an einer angemessenen Zahl rechtswissenschaftlicher Lehrveranstaltungen bis zur Dauer von drei Studienhalbjahren auf das Studium der Rechtswissenschaft angerechnet werden. Ein ordnungsgemäßes Studium der Rechtswissenschaft muss gewährleistet sein.
(4) Das Justizprüfungsamt kann auf Antrag eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung für den gehobenen Justizdienst oder für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst bis zu einem Jahr auf das Studium anrechnen.

§ 12

(1) Die staatliche Pflichtfachprüfung besteht aus sechs schriftlichen Aufsichtsarbeiten, die innerhalb einer Terminfolge anzufertigen sind, und einer mündlichen Prüfung. Das Justizprüfungsamt bestimmt die Reihenfolge der Anfertigung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten.
(2) Die Aufsichtsarbeiten können nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Satz 2 auch elektronisch angefertigt werden. Die Ministerin oder der Minister der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen zu treffen über
1.
den Zeitpunkt, von dem an eine elektronische Anfertigung der Aufsichtsarbeiten möglich ist, und
2.
die Ausgestaltung der elektronischen Anfertigung der Aufsichtsarbeiten.
(3) Die Aufgaben für die Aufsichtsarbeiten werden dem Justizprüfungsamt in der Regel von den rechtswissenschaftlichen Fachbereichen der Universitäten zur Verfügung gestellt und von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Justizprüfungsamts ausgewählt.
(4) Die Aufsichtsarbeiten werden unter Kennziffern von jeweils zwei Prüferinnen oder Prüfern unabhängig von dem Prüfungsausschuss, der die mündliche Prüfung abnimmt, abschließend bewertet. Die Bewertung ist für das Verfahren bindend. Die Präsidentin oder der Präsident bestimmt die Reihenfolge der Bewertungen.

§ 13

(1) Die Aufsichtsarbeiten dienen der Feststellung, ob die Bewerberin oder der Bewerber fähig ist, in begrenzter Zeit mit vorgegebenen Hilfsmitteln die in einem Lebenssachverhalt enthaltenen oder durch ein Thema bestimmten Rechtsprobleme auch mit ihren Auswirkungen für die Beteiligten als Mitglieder der Gesellschaft zu erfassen und aufgrund rechtswissenschaftlicher Erkenntnisse und Arbeitsweisen unter Darstellung der dazu führenden Erwägungen einen Vorschlag für ihre rechtliche Behandlung zu erarbeiten.
(2) Es sind zu bearbeiten:
zwei Aufgaben aus dem Bereich des Bürgerlichen Rechts,
zwei Aufgaben aus dem Bereich des Öffentlichen Rechts,
eine Aufgabe aus dem Bereich des Strafrechts,
eine Aufgabe aus dem Bereich des Arbeits-, Handels- oder Gesellschaftsrechts,
jeweils einschließlich der verfahrensrechtlichen Bezüge sowie der Bezüge zu den Grundlagen des Rechts.

§ 14

Die mündliche Prüfung besteht aus drei Abschnitten und dient der Feststellung, ob die Bewerberin oder der Bewerber im Rahmen der Pflichtfächer einschließlich der Grundlagenbezüge Rechtsprobleme aufgrund von Rechtskenntnissen und mit Verständnis für wissenschaftliche Denkweisen und Arbeitsmethoden sowie für Grundfragen der Rechtswissenschaft und der mit ihr verbundenen Wissenschaften (§ 6) behandeln kann.

§ 15

(1) Die einzelnen Leistungen in der Prüfung sind mit einer der folgenden Noten und Punktzahlen zu bewerten:
sehr gut eine besonders hervorragende Leistung
= 16 bis 18 Punkte
gut eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 13 bis 15 Punkte
vollbefriedigend eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 10 bis 12 Punkte
befriedigend eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen entspricht
= 7 bis 9 Punkte
ausreichend eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht
= 4 bis 6 Punkte
mangelhaft eine an erheblichen Mängeln leidende, im ganzen nicht mehr brauchbare Leistung
= 1 bis 3 Punkte
ungenügend eine völlig unbrauchbare Leistung
= 0 Punkte.
(2) Soweit Durchschnittspunktzahlen zu ermitteln sind, wird dazu die Summe der Punktzahlen der Einzelbewertungen durch die Anzahl der Einzelbewertungen geteilt; eine dritte Dezimalstelle bleibt unberücksichtigt.

§ 16

(1) Kann eine Bewerberin oder ein Bewerber, sofern der schriftliche Teil der Prüfung noch nicht abgeschlossen ist, das Prüfungsverfahren aus einem von ihr oder ihm nicht zu vertretenden Grund innerhalb einer der Gesamtdauer angemessenen Frist nicht beenden, so kann das Justizprüfungsamt es abbrechen. Die Prüfung gilt dann als nicht unternommen.
(2) Tritt eine Bewerberin oder ein Bewerber ohne Genehmigung vom Prüfungsverfahren zurück, so gilt die Prüfung als nicht bestanden. Wird der Rücktritt von dem Justizprüfungsamt genehmigt, so gilt die Prüfung als nicht unternommen.
(3) Das Justizprüfungsamt erklärt die Prüfung für nicht bestanden, wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber aus einem von ihr oder ihm zu vertretenden Grund
1.
mehr als einen Termin zur Anfertigung einer Aufsichtsarbeit versäumt oder mehrere Aufsichtsarbeiten nicht abgibt oder deren Bearbeitung fortsetzt, obwohl die Bearbeitungszeit abgelaufen ist,
2.
den Termin zur mündlichen Prüfung versäumt.
(4) Erscheint eine Bewerberin oder ein Bewerber aus einem von ihr oder ihm zu vertretenden Grund nicht zur Anfertigung einer Aufsichtsarbeit oder gibt sie oder er eine Aufsichtsarbeit nicht ab oder setzt deren Bearbeitung fort, obwohl die Bearbeitungszeit abgelaufen ist, wird diese Arbeit mit der Note "ungenügend" bewertet.
(5) Bestehen Zweifel daran, ob die Bewerberin oder der Bewerber ein Versäumnis zu vertreten hat, kann das Justizprüfungsamt zur Glaubhaftmachung, dass das Versäumnis nicht zu vertreten ist, auch die Abgabe einer Versicherung an Eides Statt verlangen.
(6) Hat eine Bewerberin oder ein Bewerber aus einem von ihr oder ihm nicht zu vertretenden Grund eine oder mehrere Aufsichtsarbeiten versäumt, so hat sie oder er alle Aufsichtsarbeiten erneut anzufertigen.
(7) Eine Erkrankung ist unverzüglich anzuzeigen und durch Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses zur Frage einer Prüfungsunfähigkeit und zur voraussichtlichen Dauer der Erkrankung nachzuweisen. Von der Pflicht zur Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses kann ausnahmsweise befreit werden.

§ 17

(1) Versucht eine Bewerberin oder ein Bewerber, das Ergebnis der Prüfung durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen, oder verstößt sie oder er sonst erheblich gegen die Ordnung des Prüfungsverfahrens, so kann das Justizprüfungsamt die davon betroffene Prüfungsleistung mit der Note "ungenügend" bewerten. In schweren Fällen kann das Justizprüfungsamt den Ausschluss von der Prüfung erklären; die Prüfung gilt als nicht bestanden.
(2) Versucht eine Bewerberin oder ein Bewerber, bei Anfertigung der Aufsichtsarbeiten zu täuschen, oder verstößt sie oder er sonst erheblich gegen die Ordnung, so kann die Aufsichtsperson die Bewerberin oder den Bewerber von der Fortsetzung der betroffenen Arbeit ausschließen. Die Arbeit ist in diesem Fall mit der Note "ungenügend" zu bewerten.
(3) Stellt der Prüfungsausschuss in der mündlichen Prüfung Ordnungsverstöße fest, so entscheidet er über deren Folgen für das Prüfungsverfahren.
(4) Wird ein Verstoß nach Abs. 1 erst nach Beendigung des Prüfungsverfahrens bekannt, so kann das Justizprüfungsamt innerhalb von drei Jahren seit dem Tag der mündlichen Prüfung das Prüfungsergebnis entsprechend berichtigen oder die Prüfung für nicht bestanden erklären. Das unrichtige Zeugnis ist einzuziehen. Das Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung schließt die Änderung der Prüfungsentscheidung der ersten Prüfung aus.

§ 18

Werden vier oder mehr Aufsichtsarbeiten mit einer Durchschnittspunktzahl von weniger als 4 Punkten bewertet oder liegt die Durchschnittspunktzahl aller Aufsichtsarbeiten unter 3,5 Punkten, ist die Bewerberin oder der Bewerber von der weiteren Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden.

§ 19

(1) Im Anschluss an die mündliche Prüfung bewertet der Prüfungsausschuss die Leistungen im Prüfungsgespräch. Er bildet die Prüfungsnote und entscheidet über das Gesamtergebnis der Prüfung durch Bildung der Abschlussnote; dabei ist er an die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten gebunden.
(2) Die Prüfungsnote setzt sich zu zwei Dritteln aus den Bewertungen der Aufsichtsarbeiten und zu einem Drittel aus den Bewertungen der Leistungen in der mündlichen Prüfung zusammen. Sie wird in der Weise ermittelt, dass die Summe der Durchschnittspunktzahlen für die Aufsichtsarbeiten nach § 13 und für die Prüfungsabschnitte nach § 14 durch neun geteilt wird; eine dritte Dezimalstelle bleibt unberücksichtigt.
(3) Für die Bildung der Abschlussnote kann der Prüfungsausschuss die rechnerisch ermittelte Punktzahl der Prüfungsnote um bis zu 1 Punkt anheben, wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks den Leistungsstand der Bewerberin oder des Bewerbers besser kennzeichnet und die Abweichung auf das Bestehen keinen Einfluss hat; hierbei sind insbesondere die Leistungsnachweise nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b bis e zu berücksichtigen. Macht der Prüfungsausschuss von der Möglichkeit der Hebung keinen Gebrauch, so ist die nach Abs. 2 ermittelte Prüfungsnote die Abschlussnote.
(4) Die Prüfung ist für bestanden zu erklären als
sehr gut bei einer Punktzahl der Abschlussnote von 14,00 bis 18,00,
gut bei einer Punktzahl der Abschlussnote von 11,50 bis 13,99,
vollbefriedigend bei einer Punktzahl der Abschlussnote von 9,00 bis 11,49,
befriedigend bei einer Punktzahl der Abschlussnote von 6,50 bis 8,99,
ausreichend bei einer Punktzahl der Abschlussnote von 4,00 bis 6,49.
(5) Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn die Punktzahl der Abschlussnote unter 4 liegt.

§ 20

(1) Hat eine Bewerberin oder ein Bewerber die Prüfung nicht bestanden, so darf sie oder er sie einmal wiederholen. Hat das Justizprüfungsamt die Prüfung nachträglich für nicht bestanden erklärt, so hängt die Zulassung zur Wiederholung von seiner besonderen Genehmigung ab.
(2) Die Prüfung ist vollständig zu wiederholen.
(3) Bewerberinnen und Bewerber, die vor einem anderen Prüfungsamt die staatliche Pflichtfachprüfung nicht bestanden haben, können zur Wiederholung der Prüfung zugelassen werden, wenn ein wichtiger Grund den Wechsel des Prüfungsamts rechtfertigt und das andere Prüfungsamt sich mit dem Wechsel einverstanden erklärt. Die Bedingungen dieses Prüfungsamts behalten ihre Wirkung für das neue Prüfungsverfahren.

§ 21

*
(1) Meldet sich eine Bewerberin oder ein Bewerber nach ununterbrochenem Studium der Rechtswissenschaft so rechtzeitig zur Prüfung, dass sie oder er spätestens nach dem Ende der Vorlesungszeit des achten Fachsemesters zur Ablegung der Prüfung zugelassen wird, und besteht sie oder er nach vollständiger Erbringung der vorgesehenen Prüfungsleistungen die Prüfung nicht, so gilt diese als nicht unternommen. Bei der Berechnung der Semesterzahl nach Satz 1 bleiben Fachsemester unberücksichtigt, während derer die Bewerberin oder der Bewerber wegen Krankheit oder aus einem anderen wichtigen Grund am Studium gehindert und beurlaubt war. War eine Bewerberin oder ein Bewerber nachweislich wegen Krankheit oder aus einem anderen wichtigen Grund längerfristig am Studium gehindert, ohne beurlaubt zu sein, bleibt bei der Berechnung der Semesterzahl nach Satz 1 ein Fachsemester unberücksichtigt. Ein Studium der Rechtswissenschaft im Ausland bleibt bei der Berechnung der Seinesterzahl nach Satz 1 im Umfang von bis zu zwei Semestern unberücksichtigt, wenn die Bewerberin oder der Bewerber während dieses Studiums nachweislich rechtswissenschaftliche Lehrveranstaltungen besucht und mindestens einen Leistungsnachweis im ausländischen Recht erworben hat.
(2) Abs. 1 Satz 1 gilt nicht, wenn die Prüfung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 als nicht bestanden gilt oder nach § 17 Abs. 4 für nicht bestanden erklärt wird.
(3) § 20 Abs. 3 gilt entsprechend für Bewerberinnen oder Bewerber, deren vor einem anderen Prüfungsamt durchgeführte Prüfung aufgrund einer Abs. 1 entsprechenden Regelung als nicht unternommen gilt.
(4) Wer die Prüfung nach Abs. 1 in Hessen bestanden hat, kann sie zur Notenverbesserung einmal wiederholen. Die Prüfung ist vollständig zu wiederholen; der Antrag ist so rechtzeitig zu stellen, dass mit dieser Wiederholungsprüfung innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Prüfung nach Abs. 1 begonnen werden kann. Bis zum Beginn der mündlichen Prüfung kann schriftlich der Rücktritt vom Prüfungsverfahren erklärt werden; die Prüfung gilt in diesem Fall als nicht unternommen und kann nicht wiederholt werden. Wird in der Wiederholungsprüfung zur Notenverbesserung eine Abschlussnote mit höherer Punktzahl erreicht und liegt bereits ein Zeugnis nach § 25 Abs. 2 vor, so wird ein neues Zeugnis ausgestellt.
(5) Meldet sich eine Bewerberin oder ein Bewerber nach ununterbrochenem Studium der Rechtswissenschaft so rechtzeitig zur Prüfung, dass sie oder er spätestens nach dem Ende der Vorlesungszeit des zehnten Fachsemesters zur Ablegung der Prüfung zugelassen wird, und besteht sie oder er diese Prüfung in Hessen, so kann sie oder er diese zur Verbesserung der Note einmal wiederholen. Die Gesamtzahl der Freisemester darf die Anzahl von vier nicht überschreiten. Abs. 1 Satz 2 bis 4 sowie Abs. 4 Satz 2 bis 4 gelten entsprechend.
(6) Für die Abnahme der Prüfung nach Abs. 5 erhebt das Justizprüfungsamt eine Gebühr in Höhe von 400 Euro. Sie wird mit der Antragstellung fällig und ist nach Anforderung innerhalb von zwei Wochen zu zahlen. Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, soll die Zulassung versagt werden.
(7) Die Gebühr wird in voller Höhe zurückerstattet, wenn der Rücktritt von der Prüfung vor Beginn der schriftlichen Prüfung erklärt wird. Sie ermäßigt sich um
1.
80 vom Hundert, wenn der Rücktritt von der Prüfung bis zum Ende des auf den Abschluss der schriftlichen Prüfung folgenden Werktages erklärt wird,
2.
40 vom Hundert, wenn der Rücktritt von der Prüfung vor Bekanntgabe der Ergebnisse der schriftlichen Prüfung erklärt wird,
3.
20 vom Hundert, wenn der Rücktritt von der Prüfung innerhalb von 3 Tagen nach Bekanntgabe der Ergebnisse der schriftlichen Prüfung erklärt wird.
Fußnoten
*)
Absätze 5 bis 7 finden erstmals Anwendungen auf Studentinnen und Studenten , die sich nach Inkrafttreten des Gesetzes vom 24.05.2011, also nach dem 01.06.2011, erstmalig zur staatlichen Pflichtfachprüfung melden, siehe Artikel 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 24.05.2011 (GVBl. S. 206)

§ 22

(1) Wer die staatliche Pflichtfachprüfung bestanden hat, erhält einen Bescheid, der die erzielte Abschlussnote mit ihrer Punktzahl enthält.
(2) Wer die Prüfung nicht bestanden hat, erhält darüber einen mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid.

§ 23

Gegen Verwaltungsakte, denen eine Bewertung von Prüfungsleistungen zugrunde liegt, findet ein Widerspruchsverfahren statt.

§ 24

(1) Die Schwerpunktbereichsprüfung wird von den Universitäten in eigener Verantwortung als Hochschulprüfung durchgeführt.
(2) Die Universitäten regeln das Angebot an Schwerpunktbereichen unter Beachtung der Gegenstände der staatlichen Pflichtfachprüfung (§ 7).
(3) Gegenstände der Schwerpunktbereichsprüfung sind der von der Bewerberin oder dem Bewerber gewählte Schwerpunktbereich und die mit ihm gegebenenfalls zusammenhängenden Pflichtfächer einschließlich der interdisziplinären und internationalen Bezüge des Rechts.
(4) In der Schwerpunktbereichsprüfung ist mindestens eine wissenschaftliche Hausarbeit zu erbringen.
(5) Über die bestandene Schwerpunktbereichsprüfung erteilt die Universität einen Bescheid, der die erzielte Abschlussnote mit ihrer Punktzahl enthält; § 19 Abs. 4 gilt entsprechend.

§ 25

(1) Die erste Prüfung hat bestanden, wer sowohl die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung an einer Universität im Geltungsbereich des Deutschen Richtergesetzes als auch die staatliche Pflichtfachprüfung bestanden hat.
(2) Für Bewerberinnen und Bewerber, die die staatliche Pflichtfachprüfung im Land Hessen bestanden haben, stellt das Justizprüfungsamt das Zeugnis über das Bestehen der ersten Prüfung aus. Das Zeugnis weist die Ergebnisse der bestandenen universitären Schwerpunktbereichsprüfung unter Angabe der Universität und der bestandenen staatlichen Pflichtfachprüfung sowie zusätzlich eine Gesamtnote aus, in die die Ergebnisse der Schwerpunktbereichsprüfung mit 30 vom Hundert und der Pflichtfachprüfung mit 70 vom Hundert einfließen. § 19 Abs. 4 gilt entsprechend; eine dritte Dezimalstelle bleibt unberücksichtigt.
(3) Mit Aushändigung des Zeugnisses dürfen Bewerberinnen die Bezeichnung "Referendarin jur.", Bewerber die Bezeichnung "Referendar jur." führen.

DRITTER TEIL Der juristische Vorbereitungsdienst

Erster Abschnitt Allgemeines

§ 26

(1) Wer die erste Prüfung oder erste juristische Staatsprüfung bestanden hat, wird auf Antrag in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgenommen. Nicht aufgenommen wird, wer für den Vorbereitungsdienst persönlich ungeeignet oder, insbesondere wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens, der Erlangung der Befähigung zum Richteramt nicht würdig ist.
(2) Mit der Aufnahme werden die Bewerberinnen und Bewerber, bei denen die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Beamtenstatusgesetzes und § 8 Abs. 1 des Hessischen Beamtengesetzes vorliegen, in das Beamtenverhältnis auf Widerruf, im Übrigen in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis berufen. Sie führen die Bezeichnung "Rechtsreferendarin" oder "Rechtsreferendar".
(3) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare werden jeweils zum ersten Arbeitstag der Monate Januar, März, Mai, Juli, September und November eines Jahres eingestellt.
(4) Die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst kann für den jeweiligen Einstellungstermin versagt werden, wenn
1.
die im Haushaltsplan des Landes Hessen zur Verfügung stehenden Stellen für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare nicht ausreichen oder
2.
die personelle und sachliche Kapazität der Ausbildungsstellen eine sachgerechte Ausbildung nicht gewährleistet.
(5) Sofern die Zahl der fristgerecht eingegangenen Gesuche um Aufnahme in den Vorbereitungsdienst die Zahl der zur Verfügung stehenden Ausbildungsstellen übersteigt, sind
1.
50 vom Hundert der Ausbildungsstellen nach Eignung und Leistung der Bewerberinnen und Bewerber;
2.
15 vom Hundert der Ausbildungsstellen für Fälle besonderer Härte;
3.
35 vom Hundert der Ausbildungsstellen nach der Dauer der Zeit seit dem ersten Gesuch um Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Hessen
zur Verfügung zu stellen.
(6) Die Ministerin oder der Minister der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen zu treffen über
1.
die Einzelheiten der Auswahl unter den Bewerberinnen und Bewerbern nach Eignung und Leistung, Fällen besonderer Härte und der Dauer der Zeit seit dem ersten Gesuch um Aufnahme (Abs. 3); dabei kann für die Auswahl unter ranggleichen Bewerberinnen und Bewerbern auch die Entscheidung durch das Los vorgesehen werden;
2.
die Zahl der für Einstellungen in den juristischen Vorbereitungsdienst zur Verfügung stehenden Ausbildungsstellen und deren Verteilung auf die Landgerichtsbezirke.
(7) Bei der Ermittlung der zur Verfügung stehenden Ausbildungsstellen und bei deren Verteilung auf die Landgerichtsbezirke sind zu berücksichtigen:
1.
die im Haushaltsplan des Landes Hessen zur Verfügung stehenden Stellen,
2.
die räumlichen und sächlichen Gegebenheiten in den einzelnen Landgerichtsbezirken,
3.
die Zahl der in den einzelnen Landgerichtsbezirken tätigen Ausbilderinnen und Ausbilder sowie Art und Umfang ihrer Tätigkeit.

§ 27

(1) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare haben sich der Ausbildung mit vollem Einsatz ihrer Arbeitskraft zu widmen. Für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis gelten im Übrigen die für Beamtinnen und Beamte auf Widerruf geltenden Bestimmungen mit Ausnahme von die §§ 47 und 80 des Hessischen Beamtengesetzes sowie § 3 des Hessischen Besoldungsgesetzes entsprechend.
(2) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis erhalten eine monatliche Unterhaltsbeihilfe, bei deren Festsetzung ein familienbedingter Mehrbedarf berücksichtigt und die an Feiertagen und im Krankheitsfall ungekürzt fortgezahlt wird. Das Nähere regelt die Ministerin oder der Minister der Justiz im Einvernehmen mit der Ministerin oder dem Minister des Innern durch Rechtsverordnung.
(3) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis wird nach beamtenrechtlichen Vorschriften Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbstätigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet.

§ 28

(1) Während des Vorbereitungsdienstes soll die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar unter Erweiterung und Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten die juristische Berufsausübung mit ihren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Grundlagen und Auswirkungen kennen lernen und Erfahrungen kritisch in dem Bewusstsein verarbeiten, dass erst aus der Kenntnis und Einbeziehung der gesellschaftlichen Probleme die Verwirklichung des demokratischen und sozialen Rechtsstaats möglich ist. Praktische Aufgaben soll die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar in möglichst weitem Umfang selbstständig und, soweit die Art der Tätigkeit es zulässt, eigenverantwortlich erledigen. Sie oder er soll die Möglichkeit vertiefter Ausbildung in einem Bereich nach Wahl erhalten, am Ende des Vorbereitungsdienstes aber in der Lage sein, sich auch in solche juristische Tätigkeiten einzuarbeiten, in denen keine Ausbildung stattfand.
(2) Dieses Ziel der Ausbildung bestimmt Art und Maß der übertragenen Aufgaben.

§ 29

(1) Der Vorbereitungsdienst dauert zwei Jahre. Er wird bei Ausbildungsstellen sowie in Arbeitsgemeinschaften, Ausbildungslehrgängen und Arbeitstagungen durchgeführt. Die Teilnahme an einer Arbeitsgemeinschaft oder einem Ausbildungslehrgang geht jedem anderen Dienst vor.
(2) Die Ausbildung findet statt
1.
vier Monate bei einem Landgericht - Zivilkammer, Kammer für Handelssachen - oder einem Amtsgericht - Zivilabteilung - in erstinstanzlichen Zivilsachen;
2.
vier Monate bei einer Staatsanwaltschaft, einem Amtsgericht - Schöffengericht, Strafrichter - oder einem Landgericht - Strafkammer - in Strafsachen;
3.
vier Monate in der Verwaltung bei einer Gemeinde, einem Kreis oder einer Behörde, soweit gewährleistet ist, dass die Ausbilderin oder der Ausbilder die Befähigung zum höheren Dienst in der allgemeinen Verwaltung besitzt;
4.
neun Monate bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt, die oder der möglichst auf allgemeinen Rechtsgebieten tätig ist; im Verlauf des ersten Ausbildungsmonats richtet die Rechtsanwaltskammer einen einführenden Anwaltslehrgang ein, im weiteren Verlauf dieser Ausbildung findet ein zweiwöchiger Lehrgang im Arbeitsrecht statt;
5.
drei Monate nach Wahl der Rechtsreferendarin oder des Rechtsreferendars bei einer Ausbildungsstelle in einer der in Abs. 3 genannten Wahlstationen.
(3) Die Ausbildung nach Abs. 2 Nr. 5 findet in folgenden Wahlstationen statt:
1.
Zivilrechtspflege mit Ausbildungsstellen bei
dem Oberlandesgericht - Zivilsenat -,
einem Landgericht - Berufungs- oder Beschwerdekammer -,
einem Amtsgericht - Abteilung für Familiensachen (Familiengericht) oder Dezernate der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, des Grundbuch-, Zwangsvollstreckungs- oder Insolvenzrechts -,
einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt der Tätigkeit in zivilgerichtlichen Berufungsverfahren oder in Familiensachen,
einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt der Tätigkeit in der Insolvenz- und Vermögensverwaltung,
einer Syndikusanwältin oder einem Syndikusanwalt mit dem Schwerpunkt der Tätigkeit in Zivilsachen,
einer Notarin oder einem Notar;
2.
Strafrechtspflege mit Ausbildungsstellen bei
einer Staatsanwaltschaft, jedoch regelmäßig nicht in einem allgemeinen Dezernat,
einem Amtsgericht - Jugendschöffengericht und Jugendrichter -,
einem Landgericht - Strafkammer -,
einem Oberlandesgericht - Strafsenat -,
einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt der Tätigkeit in Strafsachen,
einer Justizvollzugsanstalt;
3.
Staat und Verwaltung mit Ausbildungsstellen bei Behörden mit in der Regel allgemeinen Verwaltungsaufgaben, jedoch regelmäßig auf einer anderen Verwaltungsebene als in der Pflichtausbildung,
einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt der Tätigkeit im Verwaltungsrecht, einem Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit,
einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder des Landes oder einer ihrer Fraktionen,
einer mit Regionalplanung oder Landesentwicklung befassten Stelle;
4.
Steuern und Finanzen mit Ausbildungsstellen bei
einem Finanzamt,
einer Behörde oder einer Körperschaft wirtschaftlicher Selbstverwaltung in deren Tätigkeitsbereich Steuerrecht,
einem Wirtschaftsunternehmen in dessen Tätigkeitsbereich Steuerrecht,
einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt der Tätigkeit im Steuerrecht,
einer Wirtschaftsprüferin oder einem Wirtschaftsprüfer im Tätigkeitsbereich Steuerrecht,
einer Steuerberaterin oder einem Steuerberater,
einem Gericht der Finanzgerichtsbarkeit;
5.
Arbeit mit Ausbildungsstellen bei
einem Arbeitgeberverband,
einer Gewerkschaft,
einem Wirtschaftsunternehmen in dessen Tätigkeitsbereich Arbeitsrecht,
einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt der Tätigkeit im Arbeitsrecht,
einem Gericht für Arbeitssachen;
6.
Wirtschaft mit Ausbildungsstellen bei
einem Arbeitgeberverband,
einer Gewerkschaft,
einer Körperschaft wirtschaftlicher Selbstverwaltung,
einem Wirtschaftsunternehmen in dessen Tätigkeitsbereich Wirtschaftsrecht,
einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt der Tätigkeit im Wirtschaftsrecht,
einem Gericht, in dessen Zuständigkeit Verfahren aus dem Bereich der Wirtschaft fallen;
7.
Sozialwesen mit Ausbildungsstellen bei
einer Behörde oder Körperschaft sozialer oder beruflicher Selbstverwaltung,
einem Wirtschaftsunternehmen in dessen Tätigkeitsbereich Sozialrecht,
einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt der Tätigkeit im Sozialrecht,
einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit oder einem Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit, in dessen Zuständigkeit Verfahren aus dem Bereich des Sozialrechts fallen.
(4) In einer der Ausbildungsstationen nach Abs. 2 Nr. 2 bis 4 kann die Ausbildung für die Dauer von höchstens der Hälfte der auf die jeweilige Ausbildungsstation entfallenden Zeit bei einer überstaatlichen, zwischenstaatlichen oder ausländischen Stelle oder einer ausländischen Rechtsanwältin oder einem ausländischen Rechtsanwalt stattfinden, soweit eine sachgerechte Ausbildung gewährleistet ist. In der Ausbildungsstation nach Abs. 2 Nr. 3 kann die Ausbildung für die Dauer von höchstens zwei Monaten bei einem Verwaltungsgericht stattfinden. In der Ausbildungsstation nach Abs. 2 Nr. 4 kann die Ausbildung für die Dauer von höchstens drei Monaten bei einem Notar, einem Unternehmen, einem Verband oder bei einer sonstigen Ausbildungsstelle stattfinden, soweit eine sachgerechte Ausbildung in Angelegenheiten der Rechtsberatung gewährleistet ist. In jeder Ausbildungsstation kann lediglich von einer dieser Wahlmöglichkeiten Gebrauch gemacht werden. Über die Zulassung der Ausbildungsstellen nach Satz 1 und Satz 3 entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts.
(5) Die Ausbildung nach Abs. 2 Nr. 5 kann auch bei einer überstaatlichen, zwischenstaatlichen oder ausländischen Stelle, bei einer ausländischen Rechtsanwältin oder einem ausländischen Rechtsanwalt oder bei einer sonstigen Wahlstation im Sinne des § 5b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Buchst. h des Deutschen Richtergesetzes stattfinden, soweit eine sachgerechte Ausbildung gewährleistet ist; die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts entscheidet über die Zulassung der Ausbildungsstelle und ordnet sie einer Wahlstation zu.
(6) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare können auf Antrag für ein Semester der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer überwiesen werden; das Studium wird im Umfang von drei Monaten nach Wahl auf die Ausbildung nach Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4 oder Nr. 5 angerechnet. Im Fall der Anrechnung auf die Ausbildung nach Abs. 2 Nr. 3 findet die Ausbildung in der Wahlstation bei einer Verwaltungsbehörde statt.
(7) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare können in der Wahlstation auf Antrag dem rechtswissenschaftlichen Fachbereich einer Universität zu einem wissenschaftlichen Vertiefungsstudium für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare überwiesen werden.
(8) Das Ministerium der Justiz kann eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung für den gehobenen Justizdienst oder für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst auf Antrag bis zu sechs Monate auf den Vorbereitungsdienst anrechnen. Der Antrag kann vor Aufnahme des Vorbereitungsdienstes gestellt werden.
(9) Während des Vorbereitungsdienstes haben die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare an den vom Ministerium der Justiz und den vom Ministerium des Innern eingerichteten Arbeitsgemeinschaften und Ausbildungslehrgängen sowie dem Anwaltslehrgang teilzunehmen; sie sollen an mindestens einer vom Ministerium der Justiz veranstalteten Arbeitstagung teilnehmen.

§ 29a

(1) Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5b Abs. 6 Satz 1 oder 2 des Deutschen Richtergesetzes ist auf Antrag die Ableistung des Vorbereitungsdienstes in Teilzeit zu bewilligen; § 62 Abs. 3 Satz 1 und § 63 Abs. 2 des Hessischen Beamtengesetzes sowie § 8 Abs. 1 der Hessischen Mutterschutz- und Elternzeitverordnung vom 8. Dezember 2011 (GVBl. I S. 758), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. November 2021 (GVBl. S. 718), finden keine Anwendung. In den Fällen des Satz 1
1.
kann Teilzeitbeschäftigung
a)
auch für einen Teil des Ausbildungszeitraums nach § 29 Abs. 1 Satz 1 und
b)
nach Beginn des Vorbereitungsdienstes
in Anspruch genommen werden, in den Fällen des Buchst. b auch durch Verlängerung einer bereits nach Buchst. a bewilligten Teilzeitbeschäftigung,
2.
erfolgt die Reduzierung des regelmäßigen Dienstes um ein Fünftel nach § 5b Abs. 6 Satz 3 des Deutschen Richtergesetzes innerhalb der Ausbildungsstationen nach § 29 Abs. 2 in der Ausbildung bei den Ausbildungsstellen und
3.
verlängert sich die Dauer des Vorbereitungsdienstes um ein Viertel des Zeitraums, für den Teilzeitbeschäftigung bewilligt wurde, höchstens auf zweieinhalb Jahre.
In den Fällen des Satz 2 Nr. 1 kann die Teilzeitbeschäftigung nur zum Ersten eines Monats aufgenommen werden. Der Verlängerungszeitraum nach Satz 2 Nr. 3 ist dergestalt auf volle Monate aufzurunden, dass sich eine gerade Anzahl von Monaten ergibt. In dem Verlängerungszeitraum kann der Vorbereitungsdienst nur in Teilzeit abgeleistet werden.
(2) Die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 erfolgt nach dem achten Monat der Ausbildungsstation nach § 29 Abs. 2 Nr. 4 im Rahmen einer zusätzlichen Ausbildungsstation. Sie beinhaltet eine Ausbildung bei Ausbildungsstellen der Ausbildungsstationen nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 bis 4, deren Aufteilung unter Berücksichtigung des Ausbildungsstandes erfolgt. Während des Verlängerungszeitraums erfolgt keine Zuweisung zu einer Arbeitsgemeinschaft. Im Anschluss an die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes ist der neunte Monat der Ausbildungsstation nach § 29 Abs. 2 Nr. 4 zu absolvieren.
(3) Die Teilzeitbeschäftigung ist auf Antrag in der Weise zu bewilligen, dass der Vorbereitungsdienst während vier Fünftel des Zeitraums, für den die Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird, mit der regelmäßigen Dienstzeit abgeleistet wird und während des verbleibenden Fünftels die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar vollständig vom Dienst freigestellt wird. Die Freistellung erfolgt nach dem achten Monat der Ausbildungsstation nach § 29 Abs. 2 Nr. 4 und ohne Zuweisung zu einer Ausbildungsstelle und Arbeitsgemeinschaft. Abs. 1 Satz 3 und 4 sowie Abs. 2 Satz 4 gelten entsprechend.
(4) Die Teilzeitbeschäftigung kann auf Antrag vor Ablauf des Zeitraums, für den sie bewilligt worden ist, beendet werden, wenn sie der Rechtsreferendarin oder dem Rechtsreferendar nicht mehr zugemutet werden kann und dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Der Übergang zu einer Vollzeitbeschäftigung kann nur zum Ersten eines Monats erfolgen.
(5) Anträge auf Ableistung des Vorbereitungsdienstes in Teilzeit nach Abs. 1 oder 3 oder auf Verlängerung der Teilzeitbeschäftigung sind schriftlich spätestens einen Monat vor dem beabsichtigten Beginn oder der beabsichtigten Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung zu stellen. Anträge auf vorzeitige Beendigung der Teilzeitbeschäftigung nach Abs. 4 sind schriftlich spätestens einen Monat vor dem beabsichtigten Übergang zur Vollzeitbeschäftigung zu stellen. Nach dem siebten Monat der Ausbildungsstation nach § 29 Abs. 2 Nr. 4 sind Anträge nach Satz 1 oder 2 nicht mehr zulässig.

§ 30

(1) War eine Rechtsreferendarin oder ein Rechtsreferendar mehr als einen Monat dienstunfähig oder beurlaubt, so kann die Ausbildung bei der jeweiligen Ausbildungsstelle in der Regel um bis zu vier Monate verlängert werden, wenn die Verlängerung erforderlich ist, um das Ziel der Ausbildungsstelle zu erreichen.
(2) Auf Antrag kann die Ausbildung bei einer Ausbildungsstelle um bis zu vier Monate verlängert werden, wenn die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar glaubhaft macht, dass sie oder er wegen außergewöhnlicher Umstände, insbesondere aus gesundheitlichen Gründen oder wegen besonderer persönlicher Verhältnisse, nicht in der Lage war, sich der Ausbildung hinreichend zu widmen. Der Antrag ist spätestens vier Wochen vor dem Ende der Ausbildungsstelle zu stellen. Die Verlängerung ist nicht zulässig, wenn die Ausbildung bei dieser Ausbildungsstelle bereits nach Abs. 1 verlängert worden war.
(3) Vor der Verlängerung einer Ausbildungsstelle ist die Leiterin oder der Leiter der Arbeitsgemeinschaft, die der Ausbildungsstelle sachlich zugeordnet ist, zu hören.
(4) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, deren Kenntnisse und Leistungen bei zwei Pflichtausbildungsstellen (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 bis 4) mit der Note "mangelhaft" oder "ungenügend" bewertet werden, sind zu entlassen.

Zweiter Abschnitt Die Ausbildung bei den Ausbildungsstellen

§ 31

(1) Die Ausbildung bei den Ausbildungsstellen kann als Einzelausbildung oder als Gruppenausbildung durchgeführt werden. Sie ist so zu gestalten, dass die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar eine individuell nachweisbare und überprüfbare Einzelleistung erbringen kann. Die Ausbilderin oder der Ausbilder hat die Ausbildung nach den für die Ausbildungsstelle erlassenen Ausbildungsplänen zu gestalten.
(2) Eine Zuweisung von Rechtsreferendarinnen oder Rechtsreferendaren zur Ausbildung darf nicht erfolgen, wenn die Belastung der Ausbilderin oder des Ausbilders eine zuverlässige Ausbildung nicht gestattet. Zur Einzelausbildung sollen nicht mehr als zwei Rechtsreferendarinnen oder Rechtsreferendare zugewiesen werden.

§ 32

(1) Während der Ausbildung in Zivilsachen sollen die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare die Regelung von Konflikten zwischen einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft mit Hilfe des Zivilrechts und die praktische Verwirklichung zivilrechtlicher Ansprüche in gerichtlichen Verfahren durch Beteiligung an der Praxis der Zivilrechtspflege erleben, daran mitarbeiten und selbstständig zu bewerten lernen.
(2) An praktischer Tätigkeit soll insbesondere erlernt werden,
1.
auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien einen Lebenssachverhalt zu klären, zu erfassen und geordnet darzustellen,
2.
zur Feststellung des Sachverhalts Beweise zu erheben und zu würdigen,
3.
Lebenssachverhalte für das Rechtsschutzbegehren der Parteien sachgerecht zu beurteilen und diese Beurteilung überzeugend mündlich und schriftlich zu begründen,
4.
einen Zivilprozess im Rahmen der Verfahrensvorschriften zweckmäßig zu leiten, die praktische Handhabung der Vorschriften des Zivilrechts und Zivilprozessrechts sowie die Entscheidungstechnik durch Beteiligung an den Aufgaben der Alltagspraxis der Ausbilderin oder des Ausbilders zu erfassen.
(3) Die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar hat eine schriftliche Arbeit in Form eines Sachberichts oder Tatbestands und eines Gutachtens anzufertigen.

§ 33

(1) Während der Ausbildung in Strafsachen sollen die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare Strafrecht als Mittel der Bewältigung von Konflikten des Einzelnen mit der Gesellschaft und die Verwirklichung des staatlichen Strafanspruchs durch Beteiligung an der Praxis der Strafrechtspflege erfahren und selbstständig zu bewerten lernen; dabei soll ein Verständnis für die umwelt- und persönlichkeitsbedingten Ursachen der Straftat geweckt und vertieft werden.
(2) An praktischer Tätigkeit soll insbesondere erlernt werden,
1.
einen strafrechtlich bedeutsamen Lebensvorgang zu erfassen, darzustellen und weiter zu ermitteln,
2.
Ermittlungsergebnisse strafrechtlich zu würdigen und nach dieser Würdigung in den von der Praxis verwendeten Formen eine Entscheidung zu treffen und überzeugend zu begründen,
3.
gesellschaftliche Umstände und Persönlichkeitsbildung bei der Ermittlung der Entstehungsursachen der Straftat und bei der Zumessung von Strafe und Maßregeln der Sicherung und Besserung zu erkennen und zu berücksichtigen,
4.
die praktische Handhabung der Vorschriften des Straf- und Strafprozessrechts sowie die Entscheidungstechnik durch Beteiligung an den Aufgaben der Alltagspraxis der Ausbilderin oder des Ausbilders zu erfassen.

§ 34

(1) Während der Ausbildung in der Verwaltung sollen die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare die Bedeutung der gestaltenden und ordnenden Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung mit ihren Eingriffsregelungen, Leistungen und Planungen erfahren, daran mitarbeiten und selbstständig zu bewerten lernen; dabei sind die Verantwortung für die Folgen des Verwaltungshandelns, die Notwendigkeit der Zusammenarbeit sowie Probleme der Organisation und Leitung von Behörden, der Haushaltsbindung und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung besonders zu beachten.
(2) An praktischer Tätigkeit soll insbesondere erlernt werden,
1.
Verwaltungsentscheidungen auch unter Beteiligung verschiedener Dezernate oder Behörden vorzubereiten,
2.
Besprechungen zur Aufklärung zu regelnder Vorgänge vorzubereiten und durchzuführen,
3.
an Planungsprojekten wie der Bauplanung oder der Haushaltsaufstellung mitzuarbeiten,
4.
Sitzungen von Anhörungsausschüssen vorzubereiten und zu leiten,
5.
Sitzungen von Kollegialorganen und Vertretungskörperschaften durch Vorschläge oder Vortrag zur Entscheidung anstehender Vorgänge mitzugestalten,
6.
Aufgaben eines Dezernats vorübergehend selbständig wahrzunehmen.

§ 35

(1) Während der Ausbildung bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt sollen die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare Stellung und Aufgaben eines unabhängigen Organs der Rechtspflege kennen lernen. Sie sollen insbesondere die Funktion des Rechts erfahren, auch durch Regelung zukünftiger Verhaltensweisen Konflikte zu vermeiden und die Schutz- und Freiheitssphäre des Einzelnen zu gewährleisten.
(2) An praktischer Tätigkeit soll insbesondere erlernt werden,
1.
ungesichtete Sachverhalte und das Begehren von Rechtsuchenden nach ihrer Schilderung zu erfassen, zu ordnen und unter kritischer Würdigung rechtlich aufzuarbeiten,
2.
Rechtsrat zu erteilen und Rechtssuchenden Beistand zu leisten,
3.
Mandate gerichtlich und außergerichtlich wahrzunehmen,
4.
Lebensverhältnisse nach den beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der Auswirkungen für die Zukunft rechtlich abzusichern und zu gestalten,
5.
durch Beteiligung an der Alltagspraxis der Ausbilderin oder des Ausbilders die praktisch verwendeten Formen des anwaltlichen Schriftverkehrs zu gebrauchen und Mandantenbesprechungen selbstständig durchzuführen,
6.
die Aussichten der Rechtsverfolgung unter Einbeziehung ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen zu begutachten und das Ergebnis in kurzer und für die Beteiligten verständlicher Form darzustellen.
(3) Einen besonderen Ausbildungsschwerpunkt beim Erlernen praktischer Tätigkeiten sollen anwaltliche Aufgaben im Bereich der gestaltenden Zivilrechtspflege bilden; in diesem Rahmen sollen die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare insbesondere die Gebiete der Freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Zwangsvollstreckung kennen lernen.

§ 36

(1) Während der Wahlstation (§ 29 Abs. 2 Nr. 5) sollen die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare die Ausbildung im Rahmen der angebotenen Wahlstationen in einer nach Neigung und Interesse bestimmten Richtung ergänzen und vertiefen.
(2) Erfordert die Tätigkeit in der Wahlstation zusätzliche Rechtskenntnisse, so haben sich die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare diese selbst anzueignen.

Dritter Abschnitt Die Ausbildung in den Arbeitsgemeinschaften

§ 37

(1) Die Ausbildungsstationen nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und Nr. 5 werden während ihrer gesamten Dauer, diejenige nach § 29 Abs. 2 Nr. 4 während des zweiten bis fünften Ausbildungsmonats von sachlich zugeordneten Arbeitgemeinschaften begleitet.
(2) Aufgabe der Arbeitsgemeinschaften ist es, die in den Ausbildungsstellen gemachten Erfahrungen kritisch aufzuarbeiten und zu vertiefen.
(3) In den Arbeitsgemeinschaften sollen Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare während mindestens vier Wochenstunden, die jeweils an einem Tag stattfinden sollen, insbesondere lernen,
1.
Methoden der Rechtspraxis zu erkennen und in den von der Praxis verwendeten Formen anzuwenden,
2.
Aktenfälle vorzutragen sowie Lösungsvorschläge zu entwerfen und zu diskutieren,
3.
Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der zentralen Verwaltungspraxis zu analysieren und kritisch zu würdigen und dabei auch die gesellschaftlichen Bedingungen und die Interessen der jeweils Beteiligten in die Betrachtung einzubeziehen.
(4) Die Arbeitsgemeinschaftsleiterinnen und Arbeitsgemeinschaftsleiter haben die Ausbildung in der Arbeitsgemeinschaft nach den dafür erlassenen Ausbildungsplänen zu gestalten.
(5) In freiwilligen Arbeitsgemeinschaften (Klausurarbeitsgemeinschaften) werden vom Justizprüfungsamt zur Verfügung gestellte Aufsichtsarbeiten unter prüfungsähnlichen Bedingungen geschrieben und besprochen. Zu diesen Klausurarbeitsgemeinschaften werden vorzugsweise Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare während der letzten vier Monate der Anwaltsstation (§ 29 Abs. 2 Nr. 4) zugelassen.

§ 38

(1) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, die Ausbildungsstellen zum gleichen Termin zugewiesen werden, gehören jeweils einer Arbeitsgemeinschaft an. An einer Arbeitsgemeinschaft sollen jedoch höchstens 20 Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare teilnehmen.
(2) Zu Leiterinnen und Leitern der Arbeitsgemeinschaften können Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Beamtinnen und Beamte und sonstige Personen bestellt werden, die die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst haben. § 3 Abs. 6 Satz 4 gilt entsprechend. Das Ministerium der Justiz bestellt die Leiterinnen und Leiter der Arbeitsgemeinschaften, diejenigen aus den Ausbildungsbereichen nach § 29 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3 bis 7 auf Vorschlag des zuständigen Fachministeriums, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auf Vorschlag der zuständigen Rechtsanwaltskammer. Angehörige des öffentlichen Dienstes sollen zugleich mit ihrer Bestellung von ihren sonstigen Dienstgeschäften angemessen entlastet werden. Soweit eine Entlastung nicht möglich ist, ist eine Nebentätigkeit als Arbeitsgemeinschaftsleiterin oder Arbeitsgemeinschaftsleiter angemessen zu vergüten.
(3) Die Arbeitsgemeinschaftsleiterinnen und Arbeitsgemeinschaftsleiter sollen die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare auch in allgemeinen Ausbildungsfragen fördern und beraten.

Vierter Abschnitt Mitwirkungsrechte der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare

§ 39

(1) Jede Arbeitsgemeinschaft wählt aus ihrer Mitte zwei Sprecherinnen oder Sprecher. Die Leiterinnen und Leiter haben bei der ersten Zusammenkunft einer Arbeitsgemeinschaft auf diese Wahl hinzuweisen und darauf hinzuwirken, dass sie alsbald abgehalten wird. Die Arbeitsgemeinschaft ist beschlussfähig, wenn die Wahl in der vorangegangenen Zusammenkunft angekündigt worden war.
(2) Die Wahlzeit der Sprecherinnen und Sprecher endet mit dem jeweiligen Ausscheiden aus der Arbeitsgemeinschaft. Scheidet eine Sprecherin oder ein Sprecher vorzeitig aus, so findet eine Nachwahl für die noch offene Wahlzeit statt.
(3) Die Sprecherinnen und Sprecher vertreten die Ausbildungsinteressen der Arbeitsgemeinschaft. Sie sind bei Maßnahmen von allgemeiner Bedeutung für Inhalt und Organisation der Arbeitsgemeinschaft und den ihr zugeordneten Ausbildungsstellen zu beteiligen; ihnen ist vor solchen Maßnahmen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Sprecherinnen und Sprecher können jederzeit Maßnahmen vorschlagen und Anregungen geben, die der Ausbildung in der Arbeitsgemeinschaft und den ihr zugeordneten Ausbildungsstellen dienlich sind.

§ 40

(1) Die Sprecherinnen und Sprecher der in einem Landgerichtsbezirk bestehenden Arbeitsgemeinschaften aller Ausbildungsbereiche bilden die Sprecherversammlung. Die Sprecherversammlung muss mindestens alle drei Monate von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landgerichts einberufen werden.
(2) Die Sprecherversammlung hat die Aufgaben, Ausbildungsfragen zu beraten und dazu Empfehlungen abzugeben, soweit sie für die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare bei allen Ausbildungsstellen und allen Arbeitsgemeinschaften, die in dem Bezirk des Landgerichts bestehen, bedeutsam sind. § 39 Abs. 3 gilt entsprechend.
(3) Die Sprecherversammlung wählt bei ihrer ersten Zusammenkunft in jedem Jahr aus ihrer Mitte nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl eine Liste für die Sprecherversammlung bei dem Ministerium der Justiz. Die Landgerichtsbezirke Fulda, Hanau und Limburg entsenden je eine Vertreterin oder einen Vertreter, die Landgerichtsbezirke Gießen, Kassel, Marburg und Wiesbaden je zwei und die Landgerichtsbezirke Darmstadt und Frankfurt am Main je drei Vertreterinnen oder Vertreter in die Sprecherversammlung bei dem Ministerium der Justiz. Für die Liste sollen für Fälle der Verhinderung doppelt so viele Personen gewählt werden, wie der jeweilige Landgerichtsbezirk Vertreterinnen oder Vertreter entsenden kann. Die Wahlzeit endet nach einem Jahr oder mit dem Ausscheiden aus dem juristischen Vorbereitungsdienst.

§ 41

(1) Das Ministerium der Justiz beruft mindestens einmal bis zum 31. März eines jeden Jahres die Sprecherversammlung nach § 40 Abs. 3 zu einer Sitzung ein.
(2) Aufgabe der Sprecherversammlung bei dem Ministerium der Justiz ist
1.
der Informations- und Meinungsaustausch zu Ausbildungsfragen von allgemeiner Bedeutung,
2.
die Wahl einer Liste von Rechtsreferendarinnen oder Rechtsreferendaren aus der Mitte der Sprecherversammlung nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl als Vertreterinnen und Vertreter für den Ausbildungsausschuss bei dem Ministerium der Justiz; für die Liste sollen für Fälle der Verhinderung mindestens doppelt so viele Personen gewählt werden, wie die Sprecherversammlung in den Ausbildungsausschuss entsendet.

§ 42

(1) Der Ausbildungsausschuss bei dem Ministerium der Justiz hat die Aufgaben, aktuelle Ausbildungsfragen zu erörtern, Empfehlungen für die Verbesserung von Inhalt und Organisation des juristischen Vorbereitungsdienstes zu erarbeiten sowie Ausbildungspläne auf ihre praktische Verwirklichung und zweckmäßige Gestaltung hin ständig zu überprüfen.
(2) Der Ausbildungsausschuss besteht aus
1.
der Präsidentin oder dem Präsidenten des Justizprüfungsamts (Vorsitz),
2.
einer Vertreterin oder einem Vertreter des Ministeriums des Innern,
3.
einer Leiterin oder einem Leiter einer Arbeitsgemeinschaft, die einer Ausbildungsstelle des Justizbereichs zugeordnet ist,
4.
einer Ausbilderin oder einem Ausbilder aus einer Ausbildungsstelle des Justizbereichs,
5.
einer Leiterin oder einem Leiter einer Arbeitsgemeinschaft aus dem Bereich der Verwaltung,
6.
den ersten drei Sprecherinnen oder Sprechern der nach § 41 Abs. 2 Nr. 2 gewählten Liste, bei Verhinderung rückt die nächstgewählte Person auf,
7.
zwei Rechtsreferendarinnen oder Rechtsreferendaren in Vertretung der Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und der auf Landesebene organisierten Vereinigungen von Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren.
Die Mitglieder des Ausbildungsausschusses zu Satz 1 Nr. 3 und 4 werden einverständlich von dem Bezirksrichterrat und dem Bezirksstaatsanwaltsrat benannt. Die in Satz 1 Nr. 7 genannten Organisationen benennen je eine Vertreterin oder einen Vertreter; werden danach mehr als zwei Personen benannt, so nehmen sie abwechselnd an den Sitzungen des Ausbildungsausschusses teil. Das Nähere regelt eine vom Ministerium der Justiz zu erlassende Geschäftsordnung.
(3) Der Ausschuss wird nach Bedarf von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Justizprüfungsamts einberufen; er soll einberufen werden, wenn mindestens fünf Mitglieder dies unter Angabe von Beratungsthemen wünschen.

§ 43

(1) Der Ausbildungsausschuss bei dem Ministerium der Justiz kann aus seiner Mitte einen Einigungsausschuss bilden, der Empfehlungen abgibt zur Regelung von
1.
Streitfällen im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses einer Rechtsreferendarin oder eines Rechtsreferendars, wenn die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar ihn anruft oder einen Widerspruch im Sinne des § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen Maßnahmen im Ausbildungsverhältnis eingelegt hat,
2.
Streitfällen über Maßnahmen für Inhalt und Organisation der Ausbildung, wenn die Sprecherversammlung eines Landgerichtsbezirks sich damit an ihn wendet.
(2) Bei Streitfällen im Falle des Abs. 1 Nr. 1 soll ein Widerspruchsbescheid erst nach der Empfehlung des Einigungsausschusses ergehen.
(3) Der Einigungsausschuss wird gebildet aus
1.
der Präsidentin oder dem Präsidenten des Justizprüfungsamts,
2.
einer Ausbilderin oder einem Ausbilder oder einer Arbeitsgemeinschaftsleiterin oder einem Arbeitsgemeinschaftsleiter,
3.
einer Rechtsreferendarin oder einem Rechtsreferendar.
(4) Der Einigungsausschuss kann die an dem Streitfall Beteiligten zu seiner Sitzung hinzuziehen. Im Übrigen gilt § 12 Abs 2 und 3 des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung vom 27. Oktober 1997 (GVBl. I S. 381), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. November 2008 (GVBl. I S. 970), entsprechend.

§ 44

(1) Die durch die Tätigkeit der Sprecherversammlungen, des Ausbildungsausschusses und des Einigungsausschusses entstehenden Kosten trägt die Dienststelle. Das ist im Falle des § 40 Abs. 1 und 2 das Landgericht, in den Fällen der §§ 40 Abs. 3, der §§ 41, 42, 43 das Ministerium der Justiz.
(2) Für die Sitzungen und die laufende Geschäftsführung hat die Dienststelle die erforderlichen Räume und den Geschäftsbedarf zur Verfügung zu stellen.
(3) Für Reisen von Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren, die diese zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der Sprecherversammlung, dem Ausbildungsausschuss oder dem Einigungsausschuss unternehmen, werden Reisekosten nach Stufe 1 des Hessischen Reisekostengesetzes in der Fassung vom 27. August 1976 (GVBl. I S. 390), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Oktober 2005 (GVBl. I S. 674), gezahlt. Die Dienstreise gilt durch die ordnungsgemäße Einberufung der Sprecherversammlung, des Ausbildungsausschusses oder des Einigungsausschusses als angeordnet.

VIERTER TEIL Die zweite juristische Staatsprüfung

§ 45

(1) Die zweite juristische Staatsprüfung dient der Feststellung, ob die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar das Ziel der Ausbildung (§ 28 Abs. 1) erreicht hat und ihr oder ihm nach den fachlichen Kenntnissen, dem Verantwortungsbewusstsein und dem Verständnis von Recht in seiner praktischen Bedeutung zur Regelung sozialer Konflikte und Gestaltung gesellschaftlicher Vorgänge die Befähigung zum Richteramt zuerkannt werden kann.
(2) Prüfungsgebiet ist Recht unter dem Gesichtspunkt seiner praktischen Bedeutung im Rahmen der während des Vorbereitungsdienstes erfahrenen Tätigkeitsbereiche unter Einbeziehung der damit verknüpften wirtschaftlichen, sozialen und politischen Voraussetzungen und Auswirkungen.

§ 46

(1) Die zweite juristische Staatsprüfung besteht aus acht schriftlichen Aufsichtsarbeiten, die die rechtsprechende, verwaltende und rechtsberatende Praxis berücksichtigen und in einer Terminfolge anzufertigen sind, (schriftlicher Teil) sowie aus einem Aktenvortrag und einem Prüfungsgespräch (mündlicher Teil).
(2) Die Aufsichtarbeiten werden von jeweils zwei Prüferinnen oder Prüfern unabhängig von dem Prüfungsausschuss, der die mündliche Prüfung abnimmt, abschließend unter Kennziffern bewertet. Die Bewertung ist für das Verfahren bindend. Die Präsidentin oder der Präsident bestimmt die Reihenfolge der Bewertungen.

§ 47

(1) Zuständig für die Zulassung zur zweiten juristischen Staatsprüfung ist das Justizprüfungsamt.
(2) Auf das Prüfungsverfahren finden § 12 Abs. 2, §§ 15 bis 17, § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 23 entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den folgenden Bestimmungen etwas anderes ergibt.
(3) Für die Zulassung gelten § 26 Abs. 1 Satz 2 und § 53 Abs. 3 entsprechend. Nach der Zulassung wird die Pflicht zur Teilnahme an der Prüfung durch eine Entlassung auf eigenen Antrag aus dem Vorbereitungsdienst nicht aufgehoben. Der mündliche Teil der Prüfung kann erst abgelegt werden, wenn sämtliche Ausbildungsabschnitte des § 29 Abs. 2 abgeleistet wurden.

§ 48

(1) Die Aufsichtsarbeiten beziehen sich auf die Pflichtausbildung (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 bis 4) einschließlich Arbeitsrecht. Sie sind im neunten Monat der Ausbildungsstation nach § 29 Abs. 2 Nr. 4 anzufertigen.
(2) Die Aufsichtsarbeiten dienen der Feststellung, ob die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar fähig ist, einen Vorgang in beschränkter Zeit und mit begrenzten Hilfsmitteln zu erfassen und für seine rechtliche Lösung in den üblichen Formen der Rechtspraxis auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Beteiligten als Mitglieder der Gesellschaft einen überzeugend begründeten Vorschlag zu machen.
(3) Den Aufsichtsarbeiten sollen Rechtsfälle und Rechtsfragen nach Akten und Vorgängen der Rechtswirklichkeit zugrunde liegen.
(4) Es sind zu bearbeiten
1.
drei Aufgaben aus dem Zivilrecht, die jeweils mit Zivilprozess- oder Zwangsvollstreckungsrecht verbunden sein können,
2.
zwei Aufgaben aus dem Strafrecht,
3.
zwei Aufgaben aus dem öffentlichen Recht,
4.
eine Aufgabe aus den Bereichen von Arbeit oder Wirtschaft.

§ 49

Fertigt eine Rechtsreferendarin oder ein Rechtsreferendar sechs oder mehr Aufsichtsarbeiten an, die mit einer Durchschnittspunktzahl von weniger als 4 Punkten bewertet werden oder liegt die Durchschnittspunktzahl aller Aufsichtsarbeiten unter 3,1 Punkten, so ist sie oder er von der weiteren Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden.

§ 50

(1) Der mündliche Teil der Prüfung bezieht sich auf die gesamte Ausbildung. Er bildet den Abschluss des Prüfungsverfahrens und beginnt mit dem Aktenvortrag; daran anschließend findet das Prüfungsgespräch statt.
(2) Der Vortrag dient der Feststellung, ob die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar fähig ist, in beschränkter Zeit für einen Entscheidungsvorgang unter Darstellung der entscheidungserheblichen Gesichtspunkte einen Vorschlag für die zu treffenden rechtlichen Maßnahmen in den Formen der Rechtspraxis zu machen und verständlich und einleuchtend begründet vorzutragen.
(3) Dem Vortrag sollen Rechtsfälle und Rechtsfragen nach Akten und Vorgängen der Rechtswirklichkeit zugrunde liegen, die unter Berücksichtigung der Wahlstation ausgewählt werden sollen.
(4) Das Prüfungsgespräch besteht aus drei Abschnitten und dient der Feststellung, ob die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar fähig ist, rechtliche Fragestellungen aus der Praxis mit Verständnis auch für ihre gesellschaftlichen Voraussetzungen und Folgen und für wirtschaftliche Zusammenhänge zu erfassen, einzuordnen und die für ihre Lösung tragenden Gesichtspunkte verständlich zu entwickeln.

§ 51

(1) Im Anschluss an die mündliche Prüfung bewertet der Prüfungsausschuss den Vortrag und die Leistungen im Prüfungsgespräch. Er bildet die Prüfungsnote und entscheidet über das Gesamtergebnis der Prüfung durch Bildung der Abschlussnote; dabei ist er an die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten gebunden.
(2) Die Prüfungsnote wird in der Weise errechnet, dass zunächst für jede Aufsichtsarbeit, den Aktenvortrag und jeden Abschnitt des Prüfungsgesprächs jeweils die Durchschnittspunktzahl ermittelt wird; sodann werden die Durchschnittspunktzahlen
für jede Aufsichtsarbeit mit 7,5
den Aktenvortrag mit 10
jeden Abschnitt des Prüfungsgesprächs mit 10
vervielfältigt, und die Gesamtsumme wird durch 100 geteilt. Eine dritte Dezimalstelle bleibt jeweils unberücksichtigt.
(3) Für die Bildung der Abschlussnote kann der Prüfungsausschuss die rechnerisch ermittelte Punktzahl der Prüfungsnote um bis zu 1 Punkt anheben, wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks den Leistungsstand der Bewerberin oder des Bewerbers besser kennzeichnet und die Abweichung auf das Bestehen keinen Einfluss hat; hierbei sind auch die Leistungen im Vorbereitungsdienst zu berücksichtigen. Macht der Prüfungsausschuss von der Möglichkeit der Hebung keinen Gebrauch, so ist die nach Abs. 2 ermittelte Prüfungsnote die Abschlussnote.
(4) § 19 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.
(5) Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn die Punktzahl der Abschlussnote unter 4 liegt.

§ 52

(1) Über das Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung wird ein Zeugnis ausgestellt, das die erzielte Abschlussnote mit ihrer Punktzahl und die Einteilung der Notenstufen enthält. In dem Zeugnis ist ferner die abgeleistete Wahlstation zu vermerken. Mit der Aushändigung des Zeugnisses sind Rechtsreferendarinnen berechtigt, die Bezeichnung "Assessorin" zu führen; Rechtsreferendare sind berechtigt, die Bezeichnung "Assessor" zu führen.
(2) Wer die Prüfung nicht bestanden hat, erhält darüber einen mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid.
(3) Hat eine Rechtsreferendarin oder ein Rechtsreferendar die Prüfung nicht bestanden, so schließt sich unter Fortsetzung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf oder des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses ein Ergänzungsvorbereitungsdienst an. Die Präsidentin oder der Präsident des Justizprüfungsamtes bestimmt Art und Dauer des Ergänzungsvorbereitungsdienstes, der bis zu sechs Monaten betragen kann. Die Präsidentin oder der Präsident des Justizprüfungsamtes kann für die Zulassung zur Wiederholungsprüfung Bedingungen für die Ausgestaltung des Ergänzungsvorbereitungsdienstes auferlegen. Für den Ergänzungsvorbereitungsdienst gilt § 29a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 4 und 5 entsprechend. Die Ableistung der Verlängerung des Ergänzungsvorbereitungsdienstes erfolgt im Anschluss an den nach Satz 2 bestimmten Zeitraum und beinhaltet die Fortsetzung der Ausbildung bei der von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Justizprüfungsamtes bestimmten Ausbildungsstelle; § 29a Abs. 2 Satz 3 gilt entsprechend. Der Antrag auf Ableistung des Ergänzungsvorbereitungsdienstes in Teilzeit ist unverzüglich nach Bekanntgabe der Bestimmung des Ergänzungsvorbereitungsdienstes nach Satz 2 zu stellen. § 30 Abs. 1 findet entsprechend Anwendung. § 47 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Gilt die Prüfung als nicht bestanden oder wird sie für nicht bestanden erklärt, so ist in der Regel von der Auferlegung eines Ergänzungsvorbereitungsdienstes abzusehen. Gilt die Prüfung bereits vor Beendigung der Wahlstation (§ 29 Abs. 2 Nr. 5) als nicht bestanden oder wird sie vor diesem Zeitpunkt für nicht bestanden erklärt, so beginnt die Wiederholungsprüfung nach Ende der Wahlstation.
(4) Nach zweimaligem Misserfolg kann die Präsidentin oder der Präsident des Justizprüfungsamts ausnahmsweise die nochmalige Wiederholung der Prüfung gestatten, wenn die erfolglosen Prüfungsversuche in Hessen stattgefunden haben und besondere Gründe vorliegen, die eine außergewöhnliche Behinderung der Bewerberin oder des Bewerbers in dem zweiten Prüfungsverfahren dartun und eine nochmalige Wiederholung hinreichend aussichtsreich erscheinen lassen. Ein Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber nach Bekanntgabe der Bewertungen der Aufsichtsarbeiten zur mündlichen Prüfung nicht erschienen ist.

§ 52a

(1) Wer die zweite juristische Staatsprüfung in Hessen bei erstmaliger Ablegung bestanden hat, kann sie zur Notenverbesserung einmal wiederholen. Der Antrag auf Zulassung ist innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe der Entscheidung über das Bestehen der Prüfung zu stellen.
(2) Die Prüfung wird außerhalb des Vorbereitungsdienstes abgelegt; eine Ausbildung zur Prüfungsvorbereitung findet nicht statt. Die Prüfung ist zum nächstmöglichen Termin abzulegen.
(3) Die Prüfung ist vollständig zu wiederholen. § 21 Abs. 4 Satz 3 und 4 gelten entsprechend.
(4) § 21 Abs. 6 und 7 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Gebühr 500 Euro beträgt.

§ 53

(1) Die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar ist jeweils mit Ablauf des Tages aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf oder öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis entlassen, an dem ihr oder ihm bekannt gegeben wird, dass sie oder er die Prüfung bestanden oder wiederholt nicht bestanden hat.
(2) Aus dem Vorbereitungsdienst ist unter Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf oder dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zu entlassen, wer die Entlassung schriftlich beantragt. Eine Wiederaufnahme erfolgt auf schriftlichen Antrag, wenn eine Eingliederung in den Ausbildungsablauf nach § 29 Abs. 2 gewährleistet ist und genügend Ausbildungsplätze vorhanden sind. Erfolgte die Entlassung aus einem von der Rechtsreferendarin oder dem Rechtsreferendar zu vertretenden Grund während oder nach Beendigung des Ergänzungsvorbereitungsdienstes, ist eine Wiederaufnahme in den Vorbereitungsdienst ausgeschlossen. Das Recht, die zweite juristische Staatsprüfung abzulegen, bleibt davon unberührt.
(3) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare können aus dem Vorbereitungsdienst unter Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf oder dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
1.
während des Vorbereitungsdienstes ein Umstand eintritt oder bekannt wird, der die Versagung der Aufnahme in den Vorbereitungsdienst rechtfertigen würde,
2.
Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare ihre Pflichten erheblich verletzen, insbesondere nachhaltig unentschuldigt dem Dienst fernbleiben,
3.
Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare länger als sechs Monate dienstunfähig sind und nicht zu erwarten ist, dass sie binnen dreier weiterer Monate wieder dienstfähig werden. Sie sind zu entlassen, wenn die Dienstunfähigkeit zwölf Monate angedauert hat.
(4) Über die Entlassung entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts.

FÜNFTER TEIL Übergangs- und Schlußvorschriften

§ 54

(1) Im Falle eines vor dem 1. Januar 2008 abgeschlossenen oder bereits begonnenen Studiums der Rechtswissenschaft im Ausland ist § 21 Abs. 1 Satz 4 in seiner bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden.
(2) § 52a findet Anwendung auf Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, die den mündlichen Teil der zweiten juristischen Staatsprüfung nach dem 31. Oktober 2007 ablegen.

§ 55

Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, die sich am 1. November 2019 im Vorbereitungsdienst befinden und die Ausbildungsstation nach § 29 Abs. 2 Nr. 4 noch nicht abgeschlossen haben, sind auf Antrag, der bis zum 30. November 2019 schriftlich bei der Einstellungsbehörde zu stellen ist, bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Beamtenstatusgesetzes und § 8 Abs. 1 des Hessischen Beamtengesetzes unter Entlassung aus dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis ins Beamtenverhältnis auf Widerruf zu berufen. Für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, die sich am 1. November 2019 im Vorbereitungsdienst befinden und nicht nach Satz 1 in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zu berufen sind, gelten § 27 und die aufgrund des § 27 Abs. 2 Satz 2 erlassene Rechtsverordnung in der ab dem 1. November 2019 geltenden Fassung.

§ 56

(Änderungsanweisung)

§ 57

(1) Die Landesregierung erlässt die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen. Sie regelt dabei insbesondere
1.
die Ausgestaltung der praktischen Studienzeiten,
2.
die Art der Nachweise über die Voraussetzungen für die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung sowie das Verfahren der staatlichen Pflichtfachprüfung,
3.
die Einstellung in den Vorbereitungsdienst,
4.
die Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes im einzelnen, die Voraussetzungen für die Zulassung sowie das Verfahren der zweiten juristischen Staatsprüfung,
5.
die Bekanntgabe der Noten der schriftlichen Prüfungsleistungen vor der mündlichen Prüfung und die Offenlegung der Prüfungsarbeiten nach Abschluss des Prüfungsverfahrens,
6.
das Recht der Nebentätigkeit und des Urlaubs im Vorbereitungsdienst.
(2) Die zur Ausführung dieses Gesetzes und der dazu ergehenden Rechtsverordnungen erforderlichen Verwaltungsvorschriften erlässt das Ministerium der Justiz, für die Ausbildung in der Verwaltung (§ 29 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) das Ministerium des Innern.

§ 58

2)
Dieses Gesetz tritt am 1. Juni 1974 in Kraft.
Fußnoten
2)
Diese Bestimmung betrifft das In-Kraft-Treten des Gesetzes in der ursprünglichen Fassung.
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