KRG HE 2014
DE - Landesrecht Hessen

Hessisches Krebsregistergesetz Vom 15. Oktober 2014

Hessisches Krebsregistergesetz Vom 15. Oktober 2014
*)
Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 01.01.2023 bis 31.12.2023
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 9. Dezember 2022 (GVBl. S. 764, 766)
Fußnoten
*)
Verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zum Hessischen Krebsregister und zur Änderung von Rechtsvorschriften vom 15. Oktober 2014 (GVBl. S. 241)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Hessisches Krebsregistergesetz vom 15. Oktober 201425.10.2014 bis 31.12.2023
§ 1 - Regelungsbereich und Aufgaben25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 2 - Organisation01.01.2023 bis 31.12.2023
§ 3 - Trägerschaft, Kosten25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 4 - Begriffsbestimmungen19.12.2019 bis 31.12.2023
§ 5 - Meldungen, Widerspruch25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 6 - Datenübermittlung durch Behörden25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 6a - Datenaustausch mit dem Deutschen Kinderkrebsregister19.12.2019 bis 31.12.2023
§ 7 - Speicherung19.12.2019 bis 31.12.2023
§ 8 - Bildung von Kontrollnummern25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 9 - Abgleichung und Übermittlung personenidentifizierender Daten19.12.2019 bis 31.12.2023
§ 10 - Verarbeitung von Daten aus Screeningverfahren25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 11 - Datensicherheit25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 12 - Patientenbezogener Datenabruf durch meldepflichtige Personen25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 13 - Auskunft an Patientinnen und Patienten25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 14 - Löschung der Identitäts- und Stammdaten19.12.2019 bis 31.12.2023
§ 15 - Wissenschaftlicher Beirat25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 16 - Verordnungsermächtigungen25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 17 - Aufhebung bisherigen Rechts25.10.2014 bis 31.12.2023
§ 18 - Übergangsbestimmung19.12.2019 bis 31.12.2023
§ 19 - Inkrafttreten, Außerkraftreten19.12.2019 bis 31.12.2023

§ 1 Regelungsbereich und Aufgaben

(1) Das Hessische Krebsregister ist landesweites klinisches Krebsregister nach § 65c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und flächendeckendes, bevölkerungsbezogenes epidemiologisches Krebsregister unter Einbeziehung der Daten von Behandlungsfällen, die an das Deutsche Kinderkrebsregister zu melden sind. Von ihm werden Daten von Tumorpatientinnen und -patienten erfasst, die ihren Hauptwohnsitz in Hessen haben oder in Hessen ärztlich oder zahnärztlich behandelt werden. Nicht erfasst werden Daten von Patientinnen und Patienten mit nicht-melanotischen Hauttumoren.
(2) Über die Aufgaben eines klinischen Krebsregisters nach § 65c Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 6 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 und 3 sowie Abs. 10 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch hinaus hat das Hessische Krebsregister als epidemiologisches Krebsregister folgende Aufgaben:
1.
die Erfassung und die statistisch-epidemiologische Auswertung von Auftreten, Behandlungen und Verlauf sowie die Trendentwicklung von Krebserkrankungen,
2.
die Bereitstellung von Daten als Grundlage der Gesundheitsplanung,
3.
die Durchführung epidemiologischer Forschung einschließlich der Ursachenforschung und der Gesundheitsberichterstattung,
4.
die Mitwirkung bei der Bewertung präventiver und kurativer Maßnahmen und zur Qualitätssicherung im Rahmen der Krebsbekämpfung,
5.
die Mitwirkung bei der Ergebniskontrolle von Maßnahmen zur Krankheitsfrüherkennung,
6.
die Bereitstellung von Daten für die wissenschaftliche Forschung,
7.
die Durchführung von Studien zur epidemiologischen Forschung.

§ 2 Organisation

(1) Das Hessische Krebsregister besteht aus der Vertrauensstelle bei der Landesärztekammer Hessen sowie der Landesauswertungsstelle und der Abrechnungsstelle beim Hessischen Landesamt für Gesundheit und Pflege. Die Vertrauensstelle, Landesauswertungsstelle und Abrechnungsstelle sind räumlich, organisatorisch und personell voneinander getrennt.
(2) Die Vertrauensstelle ist innerhalb der Landesärztekammer Hessen fachlich unabhängig.
(3) Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium führt die Fach- und Rechtsaufsicht über die Vertrauensstelle, die Landesauswertungsstelle und die Abrechnungsstelle.

§ 3 Trägerschaft, Kosten

(1) Träger des Hessischen Krebsregisters ist das Land.
(2) Für Meldungen werden Meldevergütungen als Aufwandsentschädigung an die Leistungserbringer nach § 65c Abs. 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gezahlt.
(3) Für Meldungen zu Patientinnen oder Patienten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr leistet das Hessische Krebsregister aus Landesmitteln eine Aufwandsentschädigung an die nach § 4 Abs. 6 meldepflichtigen Personen.
(4) Die Landesärztekammer erhält die ihr im Zusammenhang mit der Vertrauensstelle des Hessischen Krebsregisters entstehenden Kosten nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit durch das Land erstattet.

§ 4 Begriffsbestimmungen

(1) Identitätsdaten sind:
1.
Familiennamen, Vornamen, frühere Namen,
2.
Geschlecht,
3.
Geburtsdatum.
(2) Stammdaten sind:
1.
Anschrift sowie frühere Anschriften einschließlich der jeweils in der Vertrauensstelle gebildeten dazugehörenden geografischen Koordinaten,
2.
jeweiliger Zeitpunkt des Umzuges von einem früheren zum gegenwärtigen Wohnort,
3.
Datum der ersten Tumordiagnose,
4.
Sterbedatum,
5.
Versichertennummer oder Versicherungsvertragsnummer bei privat Krankenversicherten,
6.
Name der Krankenkasse,
7.
Beihilfenummer,
8.
Name der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle,
9.
Patientenidentifikationsnummer der meldenden Einrichtung,
10.
Kommunikationsnummer als Zeichenfolge, die nur vorübergehend für den Datenabgleich und den Datenfluss zwischen dem Hessischen Krebsregister und den für ein Screeningverfahren zuständigen Stellen gebildet wird.
(3) Epidemiologische Daten sind:
1.
Geschlecht,
2.
Monat und Jahr der Geburt,
3.
Wohnort mit Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
4.
die zur Anschrift gehörende geografische Position mit einer Genauigkeit von 1 000 mal 1 000 Meter,
5.
Tumordiagnose im Klartext und nach dem Schlüssel der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) in der jeweils neuesten vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation (DIMDI) herausgegebenen Fassung,
6.
Histologie und Lokalisation des Tumors einschließlich der Seite bei paarigen Organen im Klartext und nach dem Schlüssel der Internationalen Klassifikation der onkologischen Krankheiten (ICD-O),
7.
Monat und Jahr der ersten Tumordiagnose,
8.
Tumorausprägung im Vordergrund zum Zeitpunkt der Meldung (Tumornachweis, Primärdiagnostik, Rezidiv, Nachsorge, fraglicher Befund),
9.
frühere Tumorleiden,
10.
Stadium der Erkrankung (insbesondere der TNM-Schlüssel zur Darstellung der Größe, des Lymphknotenbefalls und des Metastasierungsgrades der Tumoren),
11.
Art der Sicherung der Diagnose (klinischer Befund, Histologie, Zytologie, Obduktion und andere),
12.
Art der Primärtherapie (kurativ oder palliativ; operative, Strahlen-, Chemo- oder andere Therapie),
13.
Sterbemonat und Sterbejahr,
14.
Todesursache (Grundleiden) und bösartige Tumoren als andere schwere Krankheiten, die zum Tode beigetragen haben, sowie bösartige Tumoren als Begleiterkrankung im Todesfall,
15.
Ergebnis der durchgeführten Autopsie,
16.
Datum der Meldung an die Vertrauensstelle.
(4) Klinische Daten sind:
1.
epidemiologische Daten nach Abs. 3,
2.
alle im bundesweit einheitlichen Datensatz der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT) und der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) zur Basisdokumentation für Tumorkranke und ihn ergänzender Module aufgeführten Merkmale in der jeweils gültigen Fassung,
3.
bei einer Teilnahme an einer Reihenuntersuchung für Krebs das Screeningdatum, das Screeningergebnis sowie gegebenenfalls die Bewertung einer im Zeitraum zwischen zwei Screeninguntersuchungen aufgetretenen Tumorerkrankung (Intervallkarzinom),
4.
in den Fällen des Abs. 7 Nr. 2 der Name und die Anschrift der oder des einsendenden Ärztin oder Arztes.
(5) Kontrollnummern sind Zeichenfolgen, die aus den Identitätsdaten gewonnen werden, ohne dass eine Wiedergewinnung der Identitätsdaten möglich ist.
(6) Meldepflichtige Personen sind alle in Hessen tätigen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte.
(7) Meldeanlässe sind:
1.
die Diagnose einer Tumorerkrankung,
2.
die histologische, zytologische und autoptische Sicherung der Diagnose,
3.
der Beginn sowie der Abschluss einer therapeutischen Maßnahme,
4.
Änderungen im Krankheitsverlauf, insbesondere durch das Auftreten von Rezidiven, Metastasen und Zweittumoren,
5.
das Ergebnis der Nachsorge,
6.
der Tod der Patientin oder des Patienten.

§ 5 Meldungen, Widerspruch

(1) Die meldepflichtigen Personen sind verpflichtet, die Angaben nach § 4 Abs. 1 bis 4 ihrer mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldeten Patientinnen und Patienten bei Vorliegen eines Meldeanlasses unverzüglich an die Vertrauensstelle zu melden. Die Patientin oder der Patient, gegebenenfalls die Betreuerin oder der Betreuer oder die oder der Personensorgeberechtigte (widerspruchsberechtigte Person), kann einer solchen Meldung sowie der dauerhaften Speicherung aller beim Hessischen Krebsregister über die Patientin oder den Patienten gespeicherten Daten jederzeit widersprechen. Bei einem Widerspruch hat die meldepflichtige Person die Meldung zu unterlassen oder beim Hessischen Krebsregister darauf hinzuweisen, dass die bereits von ihr gemeldeten Daten gelöscht und entsprechende Unterlagen vernichtet werden müssen.
(2) Die meldepflichtige Person hat die widerspruchsberechtigte Person von der Meldung an die Vertrauensstelle zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten. Darüber hinaus ist sie über die Widerspruchsrechte nach Abs. 1 Satz 2 zu belehren. Die Unterrichtung und die Belehrung können durch ein Informationsblatt erfolgen, welches über den Zweck der Meldung und das Widerspruchsrecht aufklärt. Auf Verlangen der widerspruchsberechtigten Person ist ihr der Inhalt der Meldung mitzuteilen. Die Unterrichtung und die Belehrung dürfen nur unterbleiben, wenn zu erwarten ist, dass der Patientin oder dem Patienten durch sie mit hoher Wahrscheinlichkeit gesundheitliche Nachteile entstehen.
(3) Die Unterrichtung und die Belehrung nach Abs. 2 Satz 1 und 2, in den Fällen des Abs. 2 Satz 5 deren Unterbleiben und die Gründe hierfür, sind zu dokumentieren.
(4) In der Meldung ist anzugeben, ob die widerspruchsberechtigte Person über die Meldung unterrichtet worden ist. Ist keine Unterrichtung erfolgt, sind die Gründe hierfür mitzuteilen.
(5) Meldepflichtige Personen können einzelne einrichtungsbezogene Krebsregister mit der Meldung betrauen. In einer solchen Meldung sind der Name und die Anschrift der meldepflichtigen Person anzugeben, für welche die Meldung erfolgt. Diagnosedaten sind in einer solchen Meldung nur einmal mitzuteilen.
(6) Eine meldepflichtige Person ist in einem Fall, in dem sie nur diagnostisch tätig ist, nicht zur Unterrichtung und Belehrung verpflichtet. Sie hat die meldepflichtige Person, die ihr diagnostisches Tätigwerden veranlasst hat oder die Patientin oder den Patienten weiterbehandelt, über die unterlassene Unterrichtung und Belehrung und über die beabsichtigte oder erfolgte Meldung an die Vertrauensstelle zu informieren und zudem die behandelnde meldepflichtige Person auf ihre Pflicht zur Durchführung des Verfahrens nach Abs. 2 hinzuweisen.
(7) Die Meldungen an die Vertrauensstelle sollen durch elektronische Datenübermittlung oder mit maschinell verwertbaren Datenträgern erfolgen. Sie können auch mit Formblättern erfolgen.

§ 6 Datenübermittlung durch Behörden

Die Gesundheitsämter sind verpflichtet, der Vertrauensstelle eine Kopie aller Todesbescheinigungen - Vertraulicher Teil - und falls erforderlich weitere aussagekräftige Daten im Hinblick auf die Krebserkrankung zu übermitteln.

§ 6a Datenaustausch mit dem Deutschen Kinderkrebsregister

Zum Zwecke des Datenabgleichs übermittelt die Vertrauensstelle dem Deutschen Kinderkrebsregister auf Anfrage die epidemiologischen Daten nach § 4 Abs. 3 aller Patientinnen und Patienten, bei denen Hinweise für eine erstmalige Krebserkrankung vor Vollendung des 18. Lebensjahres vorliegen, und die entsprechenden Kontrollnummern. Soweit nach Durchführung des Datenabgleichs zusätzliche epidemiologische Daten und die entsprechenden Kontrollnummern durch das Deutsche Kinderkrebsregister gemeldet werden, gilt § 5 entsprechend.

§ 7 Speicherung

(1) In der Vertrauensstelle werden die folgenden personenbezogenen Daten automatisiert und dauerhaft in Klartext gespeichert:
1.
zu jeder Patientin und jedem Patienten unter der registerinternen laufenden Nummer:
a)
Identitäts- und Stammdaten,
b)
klinisch-epidemiologische Daten,
c)
Kontrollnummern und
d)
Angaben zur Unterrichtung und Belehrung,
2.
zu jeder Meldung Name, Anschrift und Bankverbindung der meldepflichtigen Person,
3.
bei Meldungen eines einrichtungsbezogenen Krebsregisters auch Name und Anschrift der meldepflichtigen Person, in deren Auftrag die Meldung erfolgt; für jede meldende Abteilung einer Einrichtung wird ein interner Code gespeichert, um auf Anfrage melderspezifische Auswertungen zu ermöglichen.
(2) Die Landesauswertungsstelle hat auf die in Abs. 1 genannten Daten keinen Zugriff.
(3) In der Landesauswertungsstelle werden zu jeder Meldung unter der registerinternen laufenden Nummer automatisiert und dauerhaft gespeichert:
1.
klinisch-epidemiologische Daten und
2.
die Kontrollnummern.

§ 8 Bildung von Kontrollnummern

(1) Für den Datenabgleich mit vorhandenen Daten sowie für die Zuordnung der epidemiologischen und klinischen Daten sind von der Vertrauensstelle Kontrollnummern zu bilden.
(2) Das Verfahren zur Bildung der Kontrollnummern und die hierzu erforderlichen Datenverarbeitungsprogramme haben dem Stand der Technik zu entsprechen.
(3) Die für die Bildung der Kontrollnummern entwickelten und eingesetzten Schlüssel sind geheim zu halten. Gleiches gilt für den Austauschschlüssel für den Datenabgleich im Rahmen von Maßnahmen zur Früherkennung von Krebserkrankungen und die Übermittlung von Kontrollnummern an andere Krebsregister und Stellen.

§ 9 Abgleichung und Übermittlung personenidentifizierender Daten

(1) Für notwendige Maßnahmen des Gesundheitsschutzes oder für wichtige, im öffentlichen Interesse stehende Forschungsaufgaben kann das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium der Vertrauensstelle erforderlichenfalls zu deren Durchführung den Abgleich personenidentifizierender Daten von Vergleichskollektiven mit Daten des Hessischen Krebsregisters und die Übermittlung von Identitätsdaten an Einrichtungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes oder sonstige Forschungseinrichtungen (empfangende Stelle) im erforderlichen Umfang genehmigen.
(2) In der Genehmigung kann das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium der Vertrauensstelle die Übermittlung in der Form gestatten, dass es der empfangenden Stelle ermöglicht wird, Dritte im Rahmen des Forschungsvorhabens zu befragen, wenn die Erkrankten bereits verstorben sind, die Befragung für den Forschungszweck erforderlich ist und keine Anhaltspunkte über eine mögliche Verletzung von schutzwürdigen Belangen der verstorbenen Person vorliegen.
(3) Erfordert ein Vorhaben zu den klinisch-epidemiologischen Daten zusätzliche Angaben und werden diese Angaben von der empfangenden Stelle nicht einer bestimmten Person zugeordnet, darf die Vertrauensstelle die benötigten Daten bei der jeweiligen meldepflichtigen Person oder der mit der Meldung betrauten Stelle erfragen und an die empfangende Stelle weiterleiten. Die jeweilige meldepflichtige Person oder die mit der Meldung betraute Stelle darf diese Angaben mitteilen. Der empfangenden Stelle ist es untersagt, sich von Dritten Angaben zu verschaffen, die bei der Zusammenführung mit den von der Vertrauensstelle übermittelten Daten eine Identifizierung der Patientin oder des Patienten ermöglichen würden.
(4) Die Vertrauensstelle hat vor Weiterleitung der Daten über die meldepflichtige Person die schriftliche Einwilligung der Patientin oder des Patienten, der Betreuerin oder des Betreuers oder der oder des Personensorgeberechtigten einzuholen, wenn Identitätsdaten oder Daten, die von der empfangenden Stelle einer bestimmten Person zugeordnet werden können, weitergegeben werden sollen und bisher keine Einwilligung vorliegt. Einer Einwilligung bedarf es nicht in den Fällen des § 5 Abs. 2 Satz 5. Wird die erforderliche Einwilligung nicht erteilt, sind die nach Abs. 1 erstellten Daten unverzüglich zu löschen.
(5) Die übermittelten Daten dürfen von der empfangenden Stelle nur für den beantragten Zweck verarbeitet werden. Eine Übermittlung an Dritte ist unzulässig. Die Daten sind zu löschen, wenn sie für die Durchführung des Vorhabens nicht mehr erforderlich sind, spätestens jedoch, wenn das Vorhaben abgeschlossen ist; die Vertrauensstelle ist über die erfolgte Löschung zu unterrichten. Werden die Daten länger als zwei Jahre gespeichert, ist die Patientin oder der Patient über die Vertrauensstelle darauf hinzuweisen.
(6) Die empfangende Stelle hat das Ergebnis der Forschungsaufgaben unverzüglich nach dessen Vorliegen dem für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerium vorzulegen.

§ 10 Verarbeitung von Daten aus Screeningverfahren

(1) Zum Zweck der Qualitätssicherung und Evaluation von Screeningverfahren, die nach der Krebsfrüherkennungsrichtlinie vom 18. Juni 2009, BAnz. Nr. 148a S. 1, in der jeweils geltenden Fassung durchgeführt werden, insbesondere zur Ermittlung von Fällen mit Verdacht auf ein Intervallkarzinom, können die für das Screeningverfahren zuständigen Stellen der Vertrauensstelle je Teilnehmerin oder Teilnehmer folgende Daten übermitteln:
1.
Kontrollnummer,
2.
Geschlecht, Monat und Jahr der Geburt, Wohnort mit Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
3.
klinische Daten nach § 4 Abs. 4 Nr. 3,
4.
eine Kommunikationsnummer.
Die in Satz 1 genannten Daten können auch zu Personen übermittelt werden, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes an einer Screeninguntersuchung teilgenommen haben. Die Vertrauensstelle verarbeitet die übermittelten Daten so, dass sie für den Abgleich mit den Daten der Landesauswertungsstelle genutzt werden können, übermittelt sie an diese und löscht die Daten anschließend. Die Landesauswertungsstelle gleicht die Daten mit den bei ihr gespeicherten Daten ab, um insbesondere Fälle mit Verdacht auf ein Intervallkarzinom zu ermitteln.
(2) Die Landesauswertungsstelle kann zu den bei ihr ermittelten Fällen mit Verdacht auf ein Intervallkarzinom die folgenden Daten an die für die Qualitätssicherung des Screeningverfahrens zuständige Stelle übermitteln:
1.
Tumordiagnose nach dem Schlüssel der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) in der jeweils neuesten vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen und von diesem in Kraft gesetzten Fassung, Histologie nach dem Schlüssel der Internationalen Klassifikation der onkologischen Krankheiten (ICD-O),
2.
Lokalisation des Tumors, bei paarigen Organen auch die Seite,
3.
Diagnoseanlass nach ADT,
4.
Monat und Jahr der ersten Tumordiagnose,
5.
Stadium der Tumorerkrankung zum Zeitpunkt der ersten Diagnose, insbesondere der TNM-Schlüssel zur Darstellung der Größe des Tumors, des Lymphknotenbefalls und des Metastasierungsgrades,
6.
Art der Sicherung der Diagnose,
7.
Monat und Jahr des Todes,
8.
Todesursache,
9.
Name und Anschrift der oder des Meldepflichtigen,
10.
Datum der Meldung sowie
11.
die Kommunikationsnummer.
Die für die Qualitätssicherung des Screeningverfahrens zuständige Stelle darf die Kommunikationsnummer sowie Name und Anschrift der meldepflichtigen Person an die Stelle übermitteln, die die Screeninguntersuchung durchgeführt hat. Für eine Bewertung der Fälle mit Verdacht auf ein Intervallkarzinom fordert die die Screeninguntersuchung durchführende Stelle die diagnostischen Unterlagen über die meldepflichtige Person an und leitet diese zusammen mit den Screeningunterlagen in pseudonymisierter Form an die für die Qualitätssicherung zuständige Stelle weiter. Spätestens neun Monate nach der Datenübermittlung übermittelt die für die Qualitätssicherung zuständige Stelle fallbezogen das Ergebnis der Bewertung zusammen mit der Kommunikationsnummer an die Vertrauensstelle.
(3) Die Vertrauensstelle speichert von Teilnehmerinnen und Teilnehmern an einem Screeningverfahren, das zur Feststellung einer Tumorerkrankung führt, auf deren Früherkennung sich das Screeningverfahren richtet, die Kontrollnummer und die Daten nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. Die Vertrauens- und die Landesauswertungsstelle löschen alle übrigen von den für das Screeningverfahren zuständigen Stellen übermittelten Daten nach der Speicherung, spätestens jedoch zwölf Monate nach der Datenübermittlung.
(4) Bei Verdacht auf ein Intervallkarzinom sind die meldepflichtigen Personen verpflichtet, der die Screeninguntersuchung durchführenden Stelle auf Anforderung die diagnostischen Unterlagen zum Zweck der Qualitätssicherung zur Verfügung zu stellen.

§ 11 Datensicherheit

(1) Die Vertrauensstelle sowie die Landesauswertungsstelle und die Abrechnungsstelle haben im Rahmen ihrer Aufgaben die technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um den Datenschutz bei der Ausführung dieses Gesetzes zu gewährleisten. Erforderlich sind diese Maßnahmen, soweit der damit verbundene Aufwand unter Berücksichtigung der Art der personenbezogenen Daten und ihrer Verarbeitung zum Schutz des Rechts des Einzelnen, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten zu bestimmen, angemessen ist.
(2) Bei der automatisierten Verarbeitung der personenbezogenen Daten ist das Verfahren auszuwählen oder zu entwickeln, welches geeignet ist, so wenig personenbezogene Daten zu verarbeiten, wie zur Umsetzung dieses Gesetzes erforderlich ist. Außerdem sind Maßnahmen schriftlich anzuordnen, die nach dem jeweiligen Stand der Technik und der Art des eingesetzten Verfahrens erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass
1.
Unbefugte keinen Zutritt zu Datenverarbeitungsanlagen erhalten, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet werden (Zutrittskontrolle),
2.
Unbefugte an der Benutzung von Datenverarbeitungsanlagen und -verfahren gehindert werden (Benutzerkontrolle),
3.
die zur Benutzung eines Datenverarbeitungsverfahrens Befugten ausschließlich auf die ihrer Zugriffsberechtigung unterliegenden personenbezogenen Daten zugreifen können (Zugriffskontrolle),
4.
personenbezogene Daten nicht unbefugt oder nicht zufällig gespeichert, zur Kenntnis genommen, verändert, kopiert, übermittelt, gelöscht, entfernt, vernichtet oder sonst verarbeitet werden (Datenverarbeitungskontrolle),
5.
es möglich ist, festzustellen, wer welche personenbezogenen Daten zu welcher Zeit verarbeitet hat und wohin sie übermittelt werden sollen oder übermittelt worden sind (Verantwortlichkeitskontrolle),
6.
personenbezogene Daten, die im Auftrag verarbeitet werden, nur entsprechend den Weisungen des Auftraggebers verarbeitet werden können (Auftragskontrolle),
7.
durch eine Dokumentation aller wesentlichen Verarbeitungsschritte die Überprüfbarkeit der Datenverarbeitungsanlage und des -verfahrens möglich ist (Dokumentationskontrolle),
8.
die innerbehördliche oder innerbetriebliche Organisation den besonderen Anforderungen des Datenschutzes gerecht wird (Organisationskontrolle).
(3) Werden die personenbezogenen Daten nicht automatisiert verarbeitet, dann sind insbesondere Maßnahmen zu treffen, die den Zugriff Unbefugter bei der Bearbeitung, der Aufbewahrung, dem Transport und der Vernichtung verhindern.

§ 12 Patientenbezogener Datenabruf durch meldepflichtige Personen

Zur effektiven Krebsbehandlung übermittelt die Vertrauensstelle auf Abruf durch eine meldepflichtige Person personenbezogene Informationen zu allen Tumorerkrankungen einer bestimmten Patientin oder eines bestimmten Patienten. Hierzu hat die meldepflichtige Person beim Abruf Identitäts- und Stammdaten der betreffenden Patientin oder des betreffenden Patienten zu übermitteln und glaubhaft zu machen, dass sie in die Behandlung der Krebserkrankung involviert ist. Jede Anfrage ist zu protokollieren. Das Protokoll ist zehn Jahre aufzubewahren.

§ 13 Auskunft an Patientinnen und Patienten

(1) Die Vertrauensstelle hat auf Antrag einer Patientin oder eines Patienten oder der Betreuerin oder des Betreuers oder der oder des Personensorgeberechtigten einer von dieser oder diesem benannten meldepflichtigen Person schriftlich mitzuteilen, ob und gegebenenfalls welche Daten zur Person der Patientin oder des Patienten gespeichert sind.
(2) Die Herausgabe von personenbezogenen Daten des Hessischen Krebsregisters an Dritte, außer in den in diesem Gesetz geregelten Fällen, ist unzulässig.

§ 14 Löschung der Identitäts- und Stammdaten

Die Identitäts- und Stammdaten sind zehn Jahre nach dem Tod oder spätestens 130 Jahre nach der Geburt der Patientin oder des Patienten zu löschen.

§ 15 Wissenschaftlicher Beirat

Zur fachlichen und wissenschaftlichen Beratung des Hessischen Krebsregisters beruft das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium einen wissenschaftlichen Beirat. Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium führt den Beiratsvorsitz.

§ 16 Verordnungsermächtigungen

Die für das Gesundheitswesen zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu regeln:
1.
die näheren Einzelheiten zur Aufgabenwahrnehmung zwischen der Vertrauensstelle, der Landesauswertungsstelle und der Abrechnungsstelle,
2.
das Verfahren zur Abrechnung der Pauschalen nach § 65c Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und der Meldevergütungen nach § 65c Abs. 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen sowie für Privatversicherte und gegebenenfalls für beihilfeberechtigte und berücksichtigungsfähige Personen, einschließlich der Übermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten an und durch Kostenträger,
3.
die Bemessung sowie das Verfahren der Aufwandsentschädigung für Meldungen von Patientinnen oder Patienten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr nach § 3 Abs. 3,
4.
die Festlegung weiterer, über § 4 Abs. 4 hinausgehender Daten,
5.
die Form der Meldungen an die Vertrauensstelle nach § 5 Abs. 7,
6.
die Festlegung weiterer Vorgaben zu Umfang und Durchführung von Krebsfrüherkennungsmaßnahmen nach § 10 Abs. 1 und
7.
die Zusammensetzung des wissenschaftlichen Beirates nach § 15.

§ 17 Aufhebung bisherigen Rechts

Das Hessische Krebsregistergesetz vom 17. Dezember 2001 (GVBl. I S. 582), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2012 (GVBl. S. 622), sowie die Verordnung zur Ausführung des Hessischen Krebsregistergesetzes vom 2. Januar 2007 (GVBl. I S. 7), geändert durch Verordnung vom 11. Dezember 2012 (GVBl. S. 681), werden aufgehoben.

§ 18 Übergangsbestimmung

(1) Die nach dem Hessischen Krebsregistergesetz in der bis zum 24. Oktober 2014 geltenden Fassung gespeicherten
1.
Kontrollnummern,
2.
epidemiologischen Daten,
3.
Namen und Anschriften der meldepflichtigen Personen sowie
4.
Informationsstatus der Patientin oder des Patienten
werden der Vertrauensstelle zur Speicherung übermittelt.
(2) Stimmen die Kontrollnummern einer Meldung nach § 5 Abs. 1 mit Kontrollnummern überein, die nach § 5 Abs. 2 des Hessischen Krebsregistergesetzes in der bis zum 24. Oktober 2014 geltenden Fassung gespeichert wurden, können die dazugehörenden nach § 5 Abs. 3 des Hessischen Krebsregistergesetzes in der bis zum 24. Oktober 2014 geltenden Fassung gespeicherten Daten in den Datenbestand nach § 7 Abs. 1 überführt werden.
(3) Im Falle einer Meldung nach § 5 Abs. 1 zu einer Patientin oder einem Patienten, zu der oder dem bereits Daten im Hessischen Krebsregister nach dem Hessischen Krebsregistergesetz in der bis zum 24. Oktober 2014 geltenden Fassung erfasst sind, können diese Daten verwendet werden, wenn dem nach entsprechender Belehrung durch die Vertrauensstelle nicht widersprochen wurde. § 5 Abs. 2 Satz 2, 3, 5 und Abs. 3 gilt entsprechend.

§ 19 Inkrafttreten, Außerkraftreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft.
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