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Hessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) Vom 7. März 2012

Hessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) Vom 7. März 2012
Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 01.01.2023 bis 31.12.2024
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 9. Dezember 2022 (GVBl. S. 764, 765)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Hessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) vom 7. März 201221.03.2012 bis 31.12.2024
Inhaltsverzeichnis01.01.2017 bis 31.12.2024
ERSTER TEIL - Allgemeine Bestimmungen21.03.2012 bis 31.12.2024
§ 1 - Aufgabe und Ziel21.03.2012 bis 31.12.2024
§ 2 - Geltungsbereich01.01.2023 bis 31.12.2024
§ 3 - Informationspflichten01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 4 - Anregungen, Hinweise und Beschwerden21.03.2012 bis 31.12.2024
§ 5 - Mitwirkungsrecht von Bewohnerinnen und Bewohnern01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 6 - Leistungen an die Betreiberin oder den Betreiber und Beschäftigte01.01.2017 bis 31.12.2024
ZWEITER TEIL - Anforderungen an den Betrieb21.03.2012 bis 31.12.2024
§ 7 - Gewaltprävention01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 8 - Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen01.01.2023 bis 31.12.2024
§ 9 - Anforderungen01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 10 - Besondere Qualitätsanforderungen für Einrichtungen der Behindertenhilfe01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 11 - Betriebsaufnahme, Anzeigen01.01.2023 bis 31.12.2024
§ 12 - Befreiungen01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 13 - Dokumentation21.03.2012 bis 31.12.2024
DRITTER TEIL - Prüfung, Mängel01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 14 - Prüfung01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 15 - Mängelbeseitigung01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 16 - Folgen der Mängelfeststellung01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 17 - Prüfberichte01.01.2017 bis 31.12.2024
VIERTER TEIL - Untersagung, Ordnungswidrigkeiten01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 18 - Beschäftigungsverbot, kommissarische Leitung01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 19 - Untersagung des Betriebs01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 20 - Ordnungswidrigkeiten01.01.2023 bis 31.12.2024
FÜNFTER TEIL - Arbeitsgemeinschaften und Zuständigkeit01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 21 - Arbeitsgemeinschaften01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 22 - Zuständige Behörden01.01.2023 bis 31.12.2024
SECHSTER TEIL - Schlussbestimmungen01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 23 - Erlass von Rechtsverordnungen01.01.2017 bis 31.12.2024
§ 24 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten01.01.2017 bis 31.12.2024
Inhaltsübersicht
ERSTER TEIL Allgemeine Bestimmungen
§ 1Aufgabe und Ziel
§ 2Geltungsbereich
§ 3Informationspflichten
§ 4Anregungen, Hinweise und Beschwerden
§ 5Mitwirkungsrecht von Bewohnerinnen und Bewohnern
§ 6 Leistungen an die Betreiberin oder den Betreiber und Beschäftigte
ZWEITER TEIL Anforderungen an den Betrieb
§ 7Gewaltprävention
§ 8Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen
§ 9Anforderungen
§ 10Besondere Qualitätsanforderungen für Einrichtungen der Behindertenhilfe
§ 11Betriebsaufnahme, Anzeigen
§ 12Befreiungen
§ 13Dokumentation
DRITTER TEIL Prüfung, Mängel
§ 14Prüfung
§ 15Mängelbeseitigung
§ 16Folgen der Mängelfeststellung
§ 17Prüfberichte
VIERTER TEIL Untersagung, Ordnungswidrigkeiten
§ 18Beschäftigungsverbot, kommissarische Leitung
§ 19Untersagung des Betriebs
§ 20Ordnungswidrigkeiten
FÜNFTER TEIL Arbeitsgemeinschaften und Zuständigkeit
§ 21Arbeitsgemeinschaften
§ 22Zuständige Behörden
SECHSTER TEIL Schlussbestimmungen
§ 23Erlass von Rechtsverordnungen
§ 24Inkrafttreten, Außerkrafttreten*)
Fußnoten
*)
[Red. Anm.: § 26 ist noch bis zum 31.12.2017 in Kraft.]

ERSTER TEIL Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Aufgabe und Ziel

(1) Ziel des Gesetzes ist es, ältere betreuungsbedürftige Menschen, pflegebedürftige volljährige Menschen und volljährige Menschen mit Behinderung (Betreuungs- und Pflegebedürftige) im Rahmen der zur Verfügungstellung oder Vorhaltung von Betreuungs- und Pflegeleistungen nach § 2 Abs. 1
1.
in ihrer Würde zu schützen und zu achten,
2.
vor Beeinträchtigungen ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit zu bewahren,
3.
in ihrer Selbstständigkeit und Selbstbestimmung, auch hinsichtlich Religion, Kultur und Weltanschauung sowie ihrer geschlechtsspezifischen Erfordernisse, zu achten und zu fördern,
4.
bei ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie bei der Mitwirkung in den Einrichtungen zu unterstützen und
5.
vor Gewalt sowie in ihrer Intimsphäre zu schützen.
(2) Dieses Gesetz soll darüber hinaus ermöglichen, dass
1.
die Angebote des Wohnens und der Betreuung für Betreuungs- und Pflegebedürftige an den Bedürfnissen des Einzelnen ausgerichtet werden,
2.
die Einrichtungen ihre Angebote für das Lebens- und Wohnumfeld der Menschen mit Hilfe- und Unterstützungsbedarf öffnen und transparent gestalten und
3.
bürgerschaftliches Engagement gefördert werden kann.
(3) Die Selbstständigkeit der Betreiberin oder des Betreibers bei der Zielsetzung und Durchführung ihrer oder seiner Aufgaben bleibt unberührt.

§ 2 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für die entgeltliche
1.
Überlassung von Wohnraum und Zurverfügungstellung oder Vorhaltung von Betreuungs- und Pflegeleistungen in Einrichtungen, die in ihrem Bestand von dem Wechsel und der Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig sind,
a)
am Tag,
b)
zur Nacht,
c)
für kürzere Zeit oder
d)
auf Dauer,
2.
Betreuung oder Pflege von Betreuungs- und Pflegebedürftigen in ambulanter Form (ambulante Betreuungs- und Pflegedienste),
3.
Betreuung und Pflege durch entgeltlich vermittelte Pflegekräfte.
Als kürzere Zeit im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 Buchst. c ist ein Zeitraum von bis zu drei Monaten anzusehen.
(2) Betreuung im Sinne dieses Gesetzes umfasst nur die tatsächliche Unterstützungsleistung und die Gewährung von sozialen oder psychosozialen Hilfen.
(3) Einrichtungen der Behindertenhilfe im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, in denen die Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gemeinschaft sowie ihre Eingliederung im Vordergrund stehen.
(4) Dieses Gesetz gilt nicht für
1.
betreute Wohnformen, wenn die Vermieterin oder der Vermieter vertraglich nur dazu verpflichtet ist, allgemeine Betreuungsleistungen wie Notrufdienste, die Vermittlung von Dienst- und Pflegeleistungen oder Informationen und Beratungsleistungen von bestimmten Anbietern vorzuhalten und darüber hinausgehende Betreuungs- oder Pflegeleistungen von den Bewohnerinnen und Bewohnern frei gewählt werden können,
2.
Krankenhäuser im Sinne des § 2 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Fassung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Juni 2022 (BGBl. I S. 938).

§ 3 Informationspflichten

(1) Die Behörde informiert und berät
1.
a)
Betreuungs- und Pflegebedürftige,
b)
Einrichtungsbeiräte und Einrichtungsfürsprecher,
c)
Angehörige, Betreuerinnen und Betreuer sowie
d)
Betreiberinnen und Betreiber von Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Dienste nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (Betreiberinnen und Betreiber)
über ihre Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz und den danach erlassenen Rechtsverordnungen,
2.
Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, über Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Dienste nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 sowie
3.
Personen, die den Betrieb einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder eines Dienstes nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 anstreben, über deren Planung.
Hinsichtlich der Pflegekräfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erfolgt eine Information und Beratung in dem in § 9 Abs. 3 Satz 2 benannten Umfang.
(2) Die Betreiberin oder der Betreiber ist verpflichtet, die Vertragspartnerin oder den Vertragspartner bei Abschluss eines Vertrages schriftlich hinzuweisen auf
1.
lokale und regionale Beratungsstellen für Betreuungs- und Pflegebedürftige,
2.
die zuständige Behörde,
3.
Beschwerdestellen sowie
4.
ihre interne Beschwerdestelle.
(3) Die Betreiberin oder der Betreiber einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder eines Dienstes nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 hat den Qualitätsbericht nach § 115 Abs. 1a des Elften Buches Sozialgesetzbuch bei Abschluss des Vertrages unaufgefordert vorzulegen und zu erläutern, die Betreiberin oder der Betreiber einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 auch den aktuellen Prüfbericht nach § 17.

§ 4 Anregungen, Hinweise und Beschwerden

Anregungen, Hinweise und Beschwerden hinsichtlich der Pflege und Betreuung in Einrichtungen oder bezüglich vermittelter Pflegekräfte nach § 2 Abs. 1 können schriftlich bei der Behörde oder über das einzurichtende Beschwerdetelefon mit landeseinheitlicher Rufnummer abgegeben werden. Die zuständige Behörde ist verpflichtet, den Beschwerden unverzüglich nachzugehen.

§ 5 Mitwirkungsrecht von Bewohnerinnen und Bewohnern

(1) Die Betreuungs- und Pflegebedürftigen in Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d haben das Recht, durch einen zu wählenden Einrichtungsbeirat oder in anderer Form in Angelegenheiten des Einrichtungsbetriebs, wie Qualitätssicherung, Unterkunft, Betreuung, Aufenthaltsbedingungen, Einrichtungsordnung, Verpflegung und Freizeitgestaltung, mitzuwirken. Gewählt werden können auch ehrenamtliche externe Personen, insbesondere Mitglieder des Seniorenbeirats. Ein Einrichtungsbeirat kann bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Rechte fach- und sachkundige Personen seines Vertrauens, insbesondere Mitglieder des örtlichen Seniorenbeirats oder ehrenamtlich tätige Personen, hinzuziehen. Diese sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
(2) Die Betreiberin oder der Betreiber einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d hat durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass ein Einrichtungsbeirat gewählt werden kann. Sie oder er hat den für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden auf Ersuchen Auskünfte über die getroffenen Maßnahmen zur Wahl eines Einrichtungsbeirates zu erteilen.
(3) Es kann ein Angehörigen-, Betreuerinnen- und Betreuerbeirat gebildet werden, der die Leitung der Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d und den Einrichtungsbeirat bei ihrer Arbeit berät und durch Vorschläge und Stellungnahmen unterstützt.
(4) Für die Zeit, in der ein Einrichtungsbeirat nicht gebildet werden kann, werden seine Aufgaben durch eine Einrichtungsfürsprecherin oder einen Einrichtungsfürsprecher wahrgenommen. Diese Tätigkeit erfolgt unentgeltlich und ehrenamtlich. Die Einrichtungsfürsprecherin oder der Einrichtungsfürsprecher wird im Benehmen mit der Einrichtungsleitung von der zuständigen Behörde bestellt. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung oder deren gesetzliche Vertreter können der zuständigen Behörde Vorschläge zur Auswahl der Einrichtungsfürsprecherin oder des Einrichtungsfürsprechers unterbreiten. Die zuständige Behörde kann von der Bestellung einer Einrichtungsfürsprecherin oder eines Einrichtungsfürsprechers absehen, wenn die Mitwirkung der Bewohnerinnen und Bewohner auf andere Weise gewährleistet ist.
(5) Die Bewohnerinnen von Einrichtungen der Behindertenhilfe nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d haben das Recht, eine Vertrauensfrau zu wählen.
(6) Das Nähere hinsichtlich des Mitwirkungsrechts der Betreuungs- und Pflegebedürftigen sowie der Wahl und der Aufgaben des Einrichtungsbeirats und der Vertrauensfrau und der Bildung des Angehörigen-, Betreuerinnen- und Betreuerbeirats wird durch Rechtsverordnung geregelt.
(7) Auf stationäre Hospize finden die Abs. 1 bis 6 keine Anwendung.

§ 6 Leistungen an die Betreiberin oder den Betreiber und Beschäftigte

(1) Der Betreiberin oder dem Betreiber einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ist es untersagt, sich von oder zugunsten von Bewerberinnen und Bewerbern um einen Betreuungs- oder Pflegeplatz oder für die Erbringung von Betreuungs- und Pflegeleistungen Geld- oder geldwerte Leistungen über das in dem Mustervertrag nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 vorgesehene Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen. Satz 1 gilt entsprechend für bestehende Vertragsverhältnisse mit der Maßgabe, dass das Verbot auch für ambulante Betreuungs- und Pflegedienste und für die Betreuung und Pflege durch vermittelte Pflegekräfte gilt.
(2) Der Leitung und den Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder eines Dienstes nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 sowie Personen, die zu diesen in einem Angehörigenverhältnis nach § 20 Abs. 5 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes stehen, ist es untersagt, sich von oder zugunsten von Betreuungs- und Pflegebedürftigen neben der von der Betreiberin oder von dem Betreiber erbrachten Vergütung Geld- oder geldwerte Leistungen für die Erfüllung der Pflichten aus dem Vertrag mit der Betreiberin oder dem Betreiber versprechen oder gewähren zu lassen.
(3) Die Verbote nach Abs. 1 und 2 gelten nicht, wenn
1.
geringwertige Aufmerksamkeiten versprochen oder gewährt werden,
2.
Leistungen im Hinblick auf die Überlassung eines Einrichtungsplatzes zum Bau, zum Erwerb, zur Instandsetzung, zur Ausstattung oder zum Betrieb der Einrichtung als Darlehen versprochen oder gewährt werden oder
3.
eine Spende an ein Hospiz oder an einen ambulanten Hospizdienst versprochen oder gewährt wird.
(4) Die Behörde kann in Einzelfällen Ausnahmen von den Verboten der Abs. 1 und 2 zulassen, soweit der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner die Aufrechterhaltung der Verbote nicht erfordert und die Leistungen noch nicht versprochen oder gewährt worden sind.
(5) Durch Rechtsverordnung können für die Fälle des Abs. 3 Nr. 2
1.
nähere Bestimmungen über die Pflichten der Betreiberin oder des Betreibers getroffen werden, insbesondere darüber
a)
ausreichende Sicherheiten für die Erfüllung der Rückzahlungsansprüche zu erbringen,
b)
die Leistung angemessen zu verzinsen,
c)
die erhaltenen Vermögenswerte getrennt zu verwalten und
d)
dem Leistenden vor Abschluss des Vertrages die für die Beurteilung des Vertrages erforderlichen Angaben, insbesondere über die Sicherung der Rückzahlungsansprüche, in schriftlicher Form auszuhändigen sowie
2.
die Befugnis der Betreiberinnen und Betreiber zur Entgegennahme und Verwendung der Leistungen beschränkt sowie Art, Umfang und Zeitpunkt der Rückzahlungspflicht näher geregelt werden,
3.
die Betreiberinnen und Betreiber verpflichtet werden, die Einhaltung der ihnen aufgrund der Rechtsverordnungen nach Nr. 1 und 2 obliegenden Verpflichtungen auf ihre Kosten regelmäßig sowie aus besonderem Anlass prüfen zu lassen und den Prüfbericht der Behörde vorzulegen, soweit es zu einer wirksamen Überwachung erforderlich ist; hierbei können die Einzelheiten der Prüfung geregelt werden, insbesondere
a)
deren Anlass, Zeitpunkt und Häufigkeit,
b)
die Auswahl, Bestellung und Abberufung der Prüferinnen und Prüfer, deren Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeit,
c)
der Inhalt des Prüfberichts,
d)
die Pflichten der Betreiberin oder des Betreibers gegenüber den Prüferinnen und Prüfern sowie
e)
das Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten zwischen der Prüferin oder dem Prüfer und der Betreiberin oder dem Betreiber.

ZWEITER TEIL Anforderungen an den Betrieb

§ 7 Gewaltprävention

Betreiberinnen und Betreiber von Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder von Diensten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 treffen geeignete Maßnahmen, um Betreuungs- und Pflegebedürftige vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch, einschließlich ihrer geschlechtsspezifischen Aspekte, zu schützen.

§ 8 Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen

Gerichtlich genehmigte freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 1831 BGB sind auf das notwendige Maß zu beschränken und unter Angabe der Genehmigung und der oder des für die Anordnung der Maßnahme Verantwortlichen zu dokumentieren. Satz 1 gilt entsprechend für während einer Unterbringung nach § 1831 BGB durch die Betreuerinnen und Betreuer angeordnete, in die persönliche Freiheit der Betreuungs- und Pflegebedürftigen eingreifende Maßnahmen.

§ 9 Anforderungen

(1) Eine Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder ein Dienst nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 darf nur betrieben werden, wenn die Betreiberin oder der Betreiber
1.
die notwendige Zuverlässigkeit, insbesondere die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Betrieb einer Einrichtung, besitzt,
2.
sicherstellt, dass die Zahl der Beschäftigten und ihre persönliche und fachliche Eignung für die von ihnen zu leistende Tätigkeit ausreicht,
3.
angemessene Entgelte verlangt,
4.
ein Qualitätsmanagementsystem betreibt,
5.
die Würde, die Interessen sowie die Bedürfnisse von Betreuungs- und Pflegebedürftigen vor Beeinträchtigungen schützt,
6.
die Intimsphäre, Selbstständigkeit sowie die Selbstbestimmung und Selbstverantwortung der Betreuungs- und Pflegebedürftigen wahrt und fördert,
7.
bei Menschen, die Leistungen der Behindertenhilfe erhalten, die individuelle Betreuung und Förderung auf der Grundlage von Förder- und Hilfeplänen gewährleistet,
8.
geeignete Methoden zur Gewaltprävention sowie zur Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen anwendet und die Betreuungs- und Pflegekräfte dahingehend regelmäßig schult oder schulen lässt,
9.
eine angemessene Qualität der Betreuung einschließlich der Pflege nach dem allgemein anerkannten Stand pflegerisch-medizinischer Erkenntnisse erbringt,
10.
gewährleistet, dass für Betreuungs- und Pflegebedürftige der individuelle Betreuungs- und Pflegeprozess qualifiziert umgesetzt und schriftlich dokumentiert wird sowie
11.
mit
a)
der zuständigen Behörde,
b)
den Pflegestützpunkten nach § 7c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit der Allgemeinverfügung des Hessischen Sozialministeriums zur Einrichtung von Pflegestützpunkten in Hessen vom 8. Dezember 2008 (StAnz. S. 3488) und
c)
den Gesundheitsämtern
zusammenarbeitet.
Durch Rechtsverordnung können nähere Regelungen über die personelle Ausstattung, über die erforderliche Qualifikation und Zuverlässigkeit der Leiterin oder des Leiters und der Beschäftigten sowie der sonstigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getroffen sowie der für die notwendige Qualität erforderliche Anteil an Fachkräften bestimmt werden.
(2) Über Abs. 1 hinaus darf eine Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 nur betrieben werden, wenn die Betreiberin oder der Betreiber
1.
eine aussagekräftige, den fachlichen Anforderungen entsprechende Konzeption, die auch eine Teilkonzeption zur Gewaltprävention sowie zur Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen enthält, erstellt und angemessen fortschreibt,
2.
den Betreuungs- und Pflegebedürftigen eine nach Art und Umfang ihrer Betreuungsbedürftigkeit angemessene Lebensgestaltung und eine persönliche Lebensführung sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Rahmen der sozialen Betreuung ermöglicht,
3.
die erforderlichen Hilfen gewährt sowie die ärztliche und gesundheitliche Betreuung gewährleistet,
4.
einen ausreichenden Schutz vor Infektionen gewährleistet und sicherstellt, dass die Beschäftigten mindestens einmal jährlich geschult und die für ihren Aufgabenbereich einschlägigen Anforderungen der Hygiene eingehalten werden,
5.
sicherstellt, dass Arzneimittel bewohnerbezogen und ordnungsgemäß aufbewahrt und alle mit der Arzneimittelversorgung betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln mindestens einmal jährlich geschult werden,
6.
eine angemessene Qualität des Wohnens sicherstellt und
7.
die Verwaltung von Geldern und Wertsachen für die Betreuungs- und Pflegebedürftigen schriftlich dokumentiert.
(3) Über Abs. 1 hinaus darf ein ambulanter Pflegedienst nach § 2 Abs. 1 Satz 1 nur betrieben werden, wenn die Betreiberin oder der Betreiber die Leistungen unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft erbringt, die pflegebedürftige Menschen sowie deren Angehörige in pflegerischen Fragen berät und unterstützt. Die Pflegekraft nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ist auf Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 5 und 6 verpflichtet, die mit dem betreuungs- und pflegebedürftigen Menschen vereinbarten Leistungen in angemessener Qualität zu erbringen.
(4) Durch Rechtsverordnung sind für Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 nähere Regelungen zu treffen über die
1.
Ausstattung, Größe, Belegung und Zugänglichkeit der Räume, insbesondere der Wohn-, Aufenthalts-, Therapie- und Wirtschaftsräume, sowie der Verkehrsflächen und sanitären Anlagen,
2.
Maßnahmen der Infektionsverhütung und
3.
technischen Einrichtungen.

§ 10 Besondere Qualitätsanforderungen für Einrichtungen der Behindertenhilfe

(1) Die Betreiberin oder der Betreiber einer Einrichtung der Behindertenhilfe nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 hat zusätzlich sicherzustellen, dass
1.
die erbrachten Betreuungsleistungen dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechen,
2.
individuelle Förder- und Hilfepläne aufgestellt oder gleich geeignete Maßnahmen ergriffen sowie deren Umsetzung dokumentiert werden,
3.
die Eingliederung sowie die Teilhabe der Bewohnerinnen und Bewohner am Leben in der Gesellschaft und ihre möglichst selbstständige Lebensführung unterstützt werden und
4.
Art und Umfang der Betreuung dem individuellen und sich verändernden Betreuungsbedarf der Bewohnerinnen und Bewohner angepasst werden.
Sofern eine ständige Betreuung nicht erforderlich ist, hat die Betreiberin oder der Betreiber in der Regel sicherzustellen, dass außerhalb der Betreuungszeiten eine Rufbereitschaft vorhanden ist.
(2) Soweit die Erfüllung von Anforderungen nach Abs. 1 Satz 2 und § 9 Abs. 2 Nr. 3 bis 7 aufgrund des Betreuungsbedarfs der Bewohnerinnen und Bewohner nicht geboten ist, kann in Einrichtungen nach Abs. 1 hiervon abgewichen werden.

§ 11 Betriebsaufnahme, Anzeigen

(1) Wer den Betrieb einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 aufnehmen will, hat dies spätestens drei Monate vor der vorgesehenen Betriebsaufnahme der Behörde anzuzeigen. Die Anzeige muss enthalten:
1.
den vorgesehenen Zeitpunkt der Betriebsaufnahme,
2.
die Namen und die Anschriften der Betreiberin oder des Betreibers und deren oder dessen vertretungsberechtigte Personen,
3.
die vorgesehene Zahl der Mitarbeiterstellen und den zeitlichen Umfang der Beschäftigung,
4.
den Namen, die berufliche Ausbildung und den Werdegang der Leitung und bei Pflegeeinrichtungen der Pflegedienstleitung,
5.
den Namen, das Geburtsjahr, die berufliche Ausbildung, die vorgesehene Tätigkeit und wöchentliche Arbeitszeit jeder Pflege- und Betreuungskraft,
6.
die Konzeption und die allgemeine Leistungsbeschreibung,
7.
die Unterlagen zur Finanzierung der Investitionskosten,
8.
das Muster eines nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. November 2019 (BGBl. I S. 1948), abzuschließenden Vertrages (Mustervertrag),
9.
einen Versorgungsvertrag nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch,
10.
die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag der Betreiberin oder des Betreibers,
11.
die Nutzungsart der Einrichtung und die Nutzungsart, Lage, Zahl und Größe ihrer Räume sowie die vorgesehene Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner und
12.
die Einzelvereinbarungen aufgrund des § 39a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.
Stehen die in Satz 2 Nr. 4 und 5 genannten Beschäftigten zum Zeitpunkt der Anzeige noch nicht fest, ist die Mitteilung zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens vier Wochen vor Aufnahme des Betriebs, nachzuholen. Wurde der in Satz 2 Nr. 9 genannte Versorgungsvertrag oder die dort genannte Vereinbarung zum Zeitpunkt der Anzeige noch nicht abgeschlossen, ist dieser unverzüglich nach Vertragsschluss vorzulegen.
(2) Die Betreiberin oder der Betreiber einer Einrichtung § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 hat unverzüglich anzuzeigen:
1.
Änderungen zu den Angaben nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 4 und 6 bis 12,
2.
die drohende Zahlungsunfähigkeit, die Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie Entscheidungen des Insolvenzgerichts,
3.
die beabsichtigte vollständige und teilweise Einstellung des Betriebs,
4.
erhebliche Missstände,
5.
besondere Vorkommnisse.
Besondere Vorkommnisse im Sinne des Satzes 1 Nr. 5 sind außergewöhnliche Ereignisse, die erhebliche Auswirkungen auf Rechtsgüter der Bewohnerinnen und Bewohner haben oder haben können, insbesondere Straftaten, Selbsttötungen, Epidemien und Katastrophen.
(3) Die Betreiberin oder der Betreiber einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 hat jeweils bis zum 31. Januar die im vorangegangen Kalenderjahr eingetretenen Änderungen hinsichtlich der Angaben zu Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 mitzuteilen.
(4) Die Dienste nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 sind verpflichtet,
1.
anlassbezogen auf Verlangen der Behörde den jeweiligen Vertrag über die ambulanten Betreuungs- und Pflegeleistungen vorzulegen,
2.
unverzüglich anzuzeigen, wenn sie in einer Wohnung mehr als zwei betreuungs- und pflegebedürftige Menschen versorgen. Die Anzeige muss die Örtlichkeit und eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner enthalten.
(5) Die Behörde kann von Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Diensten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 weitere Angaben verlangen, soweit sie zur Aufgabenerfüllung erforderlich sind.

§ 12 Befreiungen

(1) Die zuständige Behörde kann auf Antrag die Betreiberin oder den Betreiber von Anforderungen nach den §§ 9 und 10 sowie nach den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen befreien, insbesondere wenn
1.
dies im Sinne der Erprobung neuer Betreuungs- oder Wohnformen geboten erscheint,
2.
die Erfüllung der Anforderungen und Betriebspflichten in anderer Weise gesichert ist oder die Konzeption sie nicht erforderlich macht und
3.
hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird.
Die Betreiberin oder der Betreiber ist auf Verlangen der zuständigen Behörde verpflichtet, die Erprobung neuer Betreuungs- oder Wohnformen auf ihre oder seine Kosten wissenschaftlich begleiten und auswerten zu lassen.
(2) Die Entscheidung der Behörde ergeht durch schriftlichen Verwaltungsakt und ist auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Die Befugnis zur Überwachung bleibt durch die Befreiung unberührt. Wird im Rahmen der Überwachung ein ordnungsgemäßer Betrieb festgestellt, kann die Befreiung im Falle der Wiedererteilung unbefristet erfolgen.

§ 13 Dokumentation

Die Betreiberin oder der Betreiber soll nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung Aufzeichnungen über den Betrieb fertigen und die Qualitätssicherungsmaßnahmen und deren Ergebnisse dokumentieren, sodass Feststellungen zum ordnungsgemäßen Betrieb getroffen werden können.

DRITTER TEIL Prüfung, Mängel

§ 14 Prüfung

(1) Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sind in regelmäßigen Abständen durch die Behörde zu prüfen. Darüber hinaus sind Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Dienste nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 anlassbezogen zu prüfen.
(2) Die Einrichtungen sind daraufhin zu überprüfen, ob sie die Anforderungen an den Betrieb der Einrichtung nach diesem Gesetz und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erfüllen.
(3) Der Umfang der regelmäßigen Prüfungen nach Abs. 1 Satz 1 ist insoweit einzuschränken, als Prüfberichte des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, des Prüfdienstes des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V., der von den Landesverbänden der Pflegekassen oder dem Verband der privaten Krankenversicherung e.V. bestellten Sachverständigen oder des Trägers der Sozialhilfe darauf schließen lassen, dass die Anforderungen nach diesem Gesetz erfüllt sind.
(4) Es sollen Vereinbarungen zur arbeitsteiligen Überprüfung zwischen dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, dem Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V., dem Träger der Sozialhilfe und der zuständigen Behörde getroffen werden.
(5) Die Prüfung soll in der Regel unangemeldet erfolgen. Prüfungen in der Nachtzeit sind nur zulässig, wenn und soweit das Überwachungsziel zu anderen Zeiten nicht erreicht wird.
(6) Die Betreiberinnen und Betreiber, die Leitung und die Pflegedienstleitung haben der Behörde die für die Durchführung dieses Gesetzes und den danach erlassenen Rechtsverordnungen erforderlichen mündlichen und schriftlichen Auskünfte unentgeltlich auf Verlangen zu erteilen. Sie oder er kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie oder ihn selbst oder einen ihrer oder seiner in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Die Aufzeichnungen nach diesem Gesetz und den danach erlassenen Rechtsverordnungen haben die Betreiberinnen und Betreiber am Ort der Einrichtung zur Prüfung vorzuhalten.
(7) Die von der Behörde mit der Prüfung beauftragten Personen sind befugt,
1.
die für die Einrichtung genutzten Grundstücke und Räume zu betreten; unterliegen die Räume der Betreuungs- und Pflegebedürftigen deren Hausrecht, ist dies nur mit deren Zustimmung möglich,
2.
Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen,
3.
Einsicht in die Aufzeichnungen des oder der Auskunftspflichtigen in der jeweiligen Einrichtung zu nehmen,
4.
sich mit den Betreuungs- und Pflegebedürftigen, den Betreuerinnen und Betreuern, dem Einrichtungsbeirat, dem Angehörigen-, Betreuerinnen- und Betreuerbeirat sowie der Einrichtungsfürsprecherin oder dem Einrichtungsfürsprecher in Verbindung zu setzen,
5.
bei Pflegebedürftigen mit deren Zustimmung den Pflegezustand in Augenschein zu nehmen,
6.
die Beschäftigten zu befragen und
7.
Gespräche vertraulich ohne Dritte durchzuführen.
(8) Maßnahmen nach Abs. 1, 2, 6 und 7 sind auch zulässig zur Feststellung, ob eine Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 vorliegt.
(9) Der Behörde steht es frei, zu ihren Prüfungen weitere fach- und sachkundige Personen und Stellen hinzuzuziehen. Diese sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie dürfen keine personenbezogenen Daten über Bewohnerinnen und Bewohner speichern und an Dritte übermitteln.
(10) Bedienstete der zuständigen Behörde können Grundstücke und Räume, die einem Hausrecht der Betreuungs- und Pflegebedürftigen unterliegen oder Wohnzwecken der oder des Auskunftspflichtigen dienen, ohne deren Einwilligung betreten, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen von bedeutendem Wert erforderlich ist. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1
des Grundgesetzes, Art. 8 der Verfassung des Landes Hessen) wird insoweit eingeschränkt.

§ 15 Mängelbeseitigung

(1) Sind bei einer Prüfung Mängel festgestellt worden, soll der Betreiberin oder dem Betreiber unter Setzen einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Abhilfe gegeben und über die Möglichkeiten hierzu beraten werden. Werden die Mängel nicht innerhalb der nach Satz 1 gesetzten Frist abgestellt, soll die Beseitigung der Mängel angeordnet werden, soweit dies zur Beseitigung einer eingetretenen oder zur Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Betreuungs- und Pflegebedürftigen, zur Sicherung der Einhaltung der der Betreiberin oder dem Betreiber gegenüber den Betreuungs- und Pflegebedürftigen obliegenden Pflichten oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen dem Entgelt und der Leistung erforderlich ist. Satz 1 und 2 gelten entsprechend, wenn vor Aufnahme des Betriebs Mängel festgestellt werden.
(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen nach Abs. 1 Satz 2 haben keine aufschiebende Wirkung.

§ 16 Folgen der Mängelfeststellung

Ist aufgrund der festgestellten Mängel die Fortsetzung eines Vertragsverhältnisses mit einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder einem Dienst nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 nicht mehr zuzumuten, soll die Behörde die Betreuungs- oder Pflegebedürftige oder den Betreuungs- oder Pflegebedürftigen dabei unterstützen, eine angemessene anderweitige Betreuung oder Pflege zu zumutbaren Bedingungen zu finden.

§ 17 Prüfberichte

Über die nach § 14 durchgeführten Prüfungen sind Prüfberichte zu erstellen und in geeigneter Weise zu veröffentlichen. Näheres hinsichtlich des Umfangs, der Form und des Inhalts wird durch Rechtsverordnung geregelt.

VIERTER TEIL Untersagung, Ordnungswidrigkeiten

§ 18 Beschäftigungsverbot, kommissarische Leitung

Der Betreiberin oder dem Betreiber einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder eines Dienstes nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 kann die weitere Beschäftigung der Leiterin oder des Leiters, einer oder eines Beschäftigten oder einer sonstigen Mitarbeiterin oder eines sonstigen Mitarbeiters ganz oder für bestimmte Funktionen oder Tätigkeiten untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie oder er die für ihre oder seine Tätigkeit erforderliche Eignung nicht besitzt. Wird im Falle eines Beschäftigungsverbots der Leitung durch die Betreiberin oder den Betreiber keine neue geeignete Leitung eingesetzt, benennt die zuständige Behörde eine kommissarische Leitung.

§ 19 Untersagung des Betriebs

(1) Der Betrieb einer Einrichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder eines Dienstes nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist zu untersagen und die Einrichtung zu schließen, wenn Anforderungen nach den §§ 7 bis 10 nicht erfüllt sind und Anordnungen zur Behebung der Mängel nicht ausreichen.
(2) Der Betrieb kann untersagt und die Einrichtung geschlossen werden, wenn die Betreiberin oder der Betreiber
1.
die Anzeige nach § 11 Abs. 1 unterlassen oder unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
2.
keine Konzeption und Schulungsmaßnahmen zur Verhinderung freiheitsentziehender Maßnahmen nachweist,
3.
Anordnungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 nicht innerhalb der gesetzten Frist befolgt oder
4.
Personen entgegen einem nach § 18 Satz 1 ergangenen Verbot beschäftigt.
(3) Vor Betriebsaufnahme ist eine Untersagung nur bei Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zulässig.
(4) Die Untersagung kann auch gegenüber einer vertretungsberechtigten Person der Betreiberin oder des Betreibers, insbesondere gegenüber der Geschäftsführerin oder dem Geschäftsführer juristischer Personen oder eingetragener Vereine, ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Betrieb fortgesetzt werden.
(5) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen nach Abs. 1, 2 und 4 haben keine aufschiebende Wirkung.

§ 20 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
entgegen § 6 Abs. 1 sich Geld- oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren lässt,
2.
den Vorschriften einer aufgrund des § 6 Abs. 5 erlassenen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit diese für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
3.
seiner Verpflichtung nach § 7, für eine gewaltfreie und menschenwürdige Pflege und Betreuung zu sorgen, nicht nachkommt,
4.
entgegen § 11 Abs. 1 eine Betriebsaufnahme nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig anzeigt oder
5.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 19 Abs. 1, 2 oder 4 zuwiderhandelt.
(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
den Vorschriften einer aufgrund des § 5 Abs. 6, § 9 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 4 oder § 17 Satz 2 erlassenen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
2.
entgegen § 6 Abs. 2 sich Geld- oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren lässt,
3.
entgegen § 14 Abs. 6 eine Auskunft nicht, unrichtig oder unvollständig erteilt,
4.
die Maßnahmen nach § 14 Abs. 7 und 8 nicht duldet oder
5.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 oder Untersagung nach § 18 Satz 1 zuwiderhandelt.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Abs. 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfundzwanzigtausend Euro, in den Fällen des Abs. 2 mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.
(4) Zuständige Verwaltungsbehörde für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten ist das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege.

FÜNFTER TEIL Arbeitsgemeinschaften und Zuständigkeit

§ 21 Arbeitsgemeinschaften

(1) Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zum Schutz der Interessen und Bedürfnisse der Vertragspartnerinnen und Vertragspartner der Betreiberinnen und Betreiber und zur Sicherung einer angemessenen Qualität des Wohnens und der Betreuung durch ambulante Betreuungs- und Pflegedienste sowie zur Sicherung einer angemessenen Qualität der Überwachung sind die zuständigen Behörden, die Pflegekassen und deren Landesverbände, die Verbände der privaten Krankenversicherung e. V., der Medizinische Dienst der Krankenversicherung, der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. und die Träger der Sozialhilfe verpflichtet, in einer Arbeitsgemeinschaft eng zusammenzuarbeiten. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit sollen die in Satz 1 genannten Beteiligten sich gegenseitig informieren, insbesondere Daten hinsichtlich des Zeitpunkts, der Häufigkeit und der Ergebnisse der jeweils vorgenommenen Überprüfungen auszutauschen, ihre Prüftätigkeit koordinieren sowie Einvernehmen über Maßnahmen zur Qualitätssicherung und zur Abstellung von Mängeln anstreben. Dies beinhaltet insbesondere die Verständigung über die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen sowie Vereinbarungen über eine gemeinsame oder arbeitsteilige Überprüfung zur Vermeidung von Doppelprüfungen. Der Vorsitz in dieser Arbeitsgemeinschaft obliegt einer oder einem Vertreter der zuständigen Behörde. Die in Satz 1 genannten Beteiligten der Arbeitsgemeinschaft tragen die ihnen durch die Zusammenarbeit entstehenden Kosten selbst.
(2) Die Arbeitsgemeinschaft nach Abs. 1 befasst sich auch mit dem Abbau von Bürokratie im Rahmen der Dokumentation und Prüfung.
(3) Die in Abs. 1 Satz 1 genannten Beteiligten der Arbeitsgemeinschaft sind berechtigt und verpflichtet, die für ihre Zusammenarbeit erforderlichen Angaben einschließlich der bei der Überwachung gewonnenen Erkenntnisse gegenseitig zu übermitteln.
(4) Besteht im Bereich der zuständigen Behörde eine Arbeitsgemeinschaft nach § 4 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, so sind im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft auch Fragen der bedarfsgerechten Planung zur Erhaltung und Schaffung der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Einrichtungen und Dienste in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zu beraten.
(5) Die Arbeitsgemeinschaft nach Abs. 1 arbeitet mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, den kommunalen Trägern und den sonstigen Trägern sowie deren Vereinigungen, den Verbänden der Betreuungs- und Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen und den Verbänden der Pflege- und Betreuungsberufe vertrauensvoll zusammen.
(6) Die oder der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft hat jährlich dem Hessischen Landtag über deren Tätigkeit nach Abs. 1 bis 5 (schriftlich) zu berichten.

§ 22 Zuständige Behörden

(1) Zuständige Behörde nach diesem Gesetz ist das örtliche Amt für Versorgung und Soziales. Abweichend hiervon ist in den Fällen des § 6 Abs. 4 und 5 Nr. 3 sowie des § 21 Abs. 1 Satz 4 die obere Aufsichtsbehörde zuständige Behörde. Durch Rechtsverordnung kann eine von Satz 1 und 2 abweichende Zuständigkeit bestimmt werden.
(2) Obere Aufsichtsbehörde ist das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege. Oberste Aufsichtsbehörde ist das Hessische Ministerium für Soziales und Integration. Die in Satz 1 und 2 genannten Behörden haben die Fach- und Rechtsaufsicht.

SECHSTER TEIL Schlussbestimmungen

§ 23 Erlass von Rechtsverordnungen

Die für das Personal für Altenpflege, ambulante Dienste, Heimaufsicht über Altenpflegeheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige und das Recht der behinderten Menschen zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister erlässt die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen, in den Fällen
1.
des § 6 Abs. 5 im Einvernehmen mit der für Angelegenheiten von Dienstleistungsbetrieben zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister,
2.
des § 9 Abs. 4 im Einvernehmen mit der für allgemeines Bauwesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister.

§ 24 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft.
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