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Landesverordnung über die Berufspflichten und die Berufsausübung der Hebammen und Entbindungspfleger (Hebammenberufsordnung) Vom 14. März 1995

Landesverordnung über die Berufspflichten und die Berufsausübung der Hebammen und Entbindungspfleger (Hebammenberufsordnung) Vom 14. März 1995
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 28 des Gesetzes vom 19.12.2018 (GVBl. S. 448)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Landesverordnung über die Berufspflichten und die Berufsausübung der Hebammen und Entbindungspfleger (Hebammenberufsordnung) vom 14. März 199501.10.2001
Eingangsformel01.10.2001
§ 101.10.2001
§ 201.10.2001
§ 301.10.2001
§ 401.10.2001
§ 528.12.2018
§ 601.01.2003
§ 701.10.2001
§ 801.10.2001
§ 901.10.2001
Auf Grund
der §§ 17 und 25 des Hebammengesetzes vom 21. Dezember 1938 (GVBl. 1972, Sondernummer S. 50, BS Anhang II R 2124-1) und des § 10 des Gesetzes über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3. Juli 1934 (GVBl. 1972, Sondernummer S. 19, BS Anhang II R 2120-1),
jeweils in Verbindung mit Artikel 129 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, § 2 des Landesgesetzes über die Beschränkung des Erlasses von Rechtsverordnungen auf Grund ehemaligen Reichsrechts vom 21. Juni 1948 (GVBl. S. 241; 1949 S. 80, BS 1103-2) und der Ersten Übertragungsverordnung Gesundheit - Wohlfahrt vom 15. Februar 1949 (GVBl. S. 80, BS 1103-2-8),
wird verordnet:

§ 1

(1) Hebammen und Entbindungspfleger haben Frauen während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbetts und Neugeborenen Hilfe zu leisten. Sie haben in Fragen der Familienplanung, Schwangerschaft und Geburt sowie der Pflege während des Wochenbetts und von Neugeborenen aufzuklären und zu beraten; die Beratung soll auch soziale und psychische Probleme berücksichtigen.
(2) Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft und entsprechend dem jeweiligen Stand der berufsfachlichen Erkenntnisse auszuüben und sich regelmäßig fortzubilden. Sie haben sich über die für ihre Berufsausübung geltenden Vorschriften zu unterrichten und diese zu beachten.
(3) Der Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers ist kein Gewerbe.

§ 2

(1) Hebammen und Entbindungspfleger leisten eigenverantwortliche Hilfe bei Vorgängen der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbetts. Sie haben auf Unregelmäßigkeiten und Risikofaktoren zu achten und erforderlichenfalls ärztliche Hilfe hinzuzuziehen.
(2) Hebammen und Entbindungspfleger führen insbesondere folgende Tätigkeiten und Aufgaben in eigener Verantwortung aus:
1.
angemessene Aufklärung und Beratung in Fragen der Familienplanung,
2.
Feststellung der Schwangerschaft, Beobachtung der normal verlaufenden Schwangerschaft, Durchführung der zur Beobachtung des Verlaufs einer normalen Schwangerschaft erforderlichen Untersuchungen einschließlich Blutentnahme,
3.
Durchführung oder Veranlassung von Untersuchungen, die für eine möglichst frühzeitige Feststellung einer Risikoschwangerschaft erforderlich sind und Aufklärung über die damit zusammenhängenden Besonderheiten,
4.
Vorbereitung auf die Elternschaft, umfassende Vorbereitung auf die Geburt einschließlich Schwangerengymnastik und Beratung in Fragen der Hygiene und Ernährung,
5.
Betreuung der Frau während der Geburt und Überwachung des Fötus in der Gebärmutter mit Hilfe geeigneter klinischer und technischer Mittel,
6.
Durchführung von Normalgeburten bei Kopflage und bei fehlender ärztlicher Hilfe von Beckenendlagengeburten einschließlich Vornahme und Naht eines erforderlichen Dammschnitts und Naht eines unkomplizierten Dammrisses,
7.
Feststellung von Anzeichen für Anomalien bei der Mutter oder beim Kind, die ein ärztliches Eingreifen erforderlich machen, sowie Hilfeleistung bei ärztlichen Maßnahmen; Ergreifen der erforderlichen Maßnahmen bei fehlender ärztlicher Hilfe, insbesondere manuelle Ablösung der Plazenta mit anschließender manueller Nachuntersuchung der Gebärmutter,
8.
Untersuchung, Überwachung und Pflege des Neugeborenen in der Regel in den ersten zehn Tagen nach der Geburt und erforderlichenfalls darüber hinaus einschließlich Prophylaxe-Maßnahmen und Blutentnahme für Screening-Untersuchungen und andere notwendige Untersuchungen; Einleitung und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen in Notfällen, insbesondere Wiederbelebung des Neugeborenen; Unterrichtung der Mutter über die Notwendigkeit kinderärztlicher Untersuchungen des Neugeborenen zur Früherkennung von Krankheiten,
9.
Pflege sowie Überwachung des Zustands der Mutter in der Regel in den ersten zehn Tagen nach der Geburt und erforderlichenfalls darüber hinaus; Durchführung von Wochenbettgymnastik; Erteilung zweckdienlicher Ratschläge für die bestmögliche Pflege und Ernährung des Neugeborenen,
10.
Durchführung von ärztlich verordneten Behandlungen,
11.
Abfassung der erforderlichen schriftlichen Dokumentation über die getroffenen Feststellungen und Maßnahmen,
12.
Ausstellung von Bescheinigungen im Rahmen der Berufsausübung.

§ 3

(1) Hebammen und Entbindungspfleger dürfen ohne ärztliche Verordnung folgende Arzneimittel anwenden und verabreichen:
1.
bei gegebener Indikation in der Eröffnungsperiode ein betäubungsmittelfreies krampflösendes oder schmerzstillendes Medikament, das für die Geburtshilfe angezeigt ist,
2.
bei bedrohlichen Blutungen in der Nachgeburtsperiode Wehenmittel, Mutterkornpräparate oder eine Kombination beider Wirkstoffe zur Blutstillung, soweit ärztliche Hilfe nicht rechtzeitig hinzugezogen werden kann oder die rechtzeitige Einweisung in ein Krankenhaus nicht möglich ist,
3.
zur Überbrückung einer Notfallsituation wehenhemmende Mittel bis zur Einweisung in ein Krankenhaus,
4.
im Falle einer Dammnaht ein Lokalanästhetikum,
5.
Vitamin K oral für das Neugeborene (1 mg).
Injektionen dürfen intrakutan, subkutan und intramuskulär vorgenommen werden.
(2) In der Geburtshilfe freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger haben die in Absatz 1 genannten Arzneimittel verfügbar zu halten. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel stellt eine Ärztin oder ein Arzt des örtlich zuständigen Gesundheitsamts die notwendigen Verschreibungen aus, wenn die Verfügbarkeit dieser Arzneimittel nicht auf andere Weise sichergestellt ist.

§ 4

Hebammen und Entbindungspfleger haben über die ihnen im Rahmen ihrer Berufsausübung anvertrauten oder sonst bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren, soweit sie nicht zur Offenbarung befugt sind (§ 203 Strafgesetzbuch); dies gilt auch gegenüber Ärztinnen, Ärzten, Hebammen und Entbindungspflegern, die nicht bei der Behandlung oder Betreuung mitwirken oder mitgewirkt haben.

§ 5

(1) Hebammen und Entbindungspfleger haben die in Ausübung ihres Berufs getroffenen Feststellungen und Maßnahmen und die verabreichten und angewandten Arzneimittel schriftlich zu dokumentieren. Die Dokumentation ist so abzufassen, daß die gesamte Tätigkeit während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbetts sowie die Versorgung des Neugeborenen nachvollziehbar ist. Die Gesundheitsämter können die Verwendung einheitlicher Formulare für die Dokumentation vorschreiben. Die Dokumentation ist unter Verschluß aufzubewahren; sie ist nach 15 Jahren zu löschen, wenn im Einzelfall kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange beeinträchtigt werden. Freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger haben sicherzustellen, daß die Dokumentation im Falle ihres Todes dem örtlich zuständigen Gesundheitsamt übergeben wird.
(2) Die datenschutzrechtlichen Vorschriften dieser Verordnung finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. EU Nr. L 119 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt. Auf die ergänzenden Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes (LDSG) wird verwiesen. Sofern im Rahmen der Aufgabenerfüllung genetische oder biometrische Daten oder Gesundheitsdaten verarbeitet werden, sind die Anforderungen des Artikels 9 der Verordnung (EU) 2016/679 und des § 19 LDSG zu beachten.

§ 6

(1) Hebammen und Entbindungspfleger üben ihren Beruf unter Aufsicht des Gesundheitsamts aus. Sie sind verpflichtet, dem Gesundheitsamt die zur Durchführung der Aufsicht erforderlichen Auskünfte zu erteilen sowie Einsicht in die Dokumentation zu gewähren.
(2) Freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger haben das Gesundheitsamt unverzüglich zu benachrichtigen, wenn eine von ihnen betreute Frau während der Schwangerschaft, der Geburt oder des Wochenbetts oder ein Neugeborenes verstorben oder eine Totgeburt erfolgt ist. Sonstige gesetzliche Melde-, Anzeige-, Hinweis- und Benachrichtigungspflichten, insbesondere die Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz, die Anzeigepflichten nach dem Personenstandsgesetz und die Hinweispflichten nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch, bleiben unberührt.

§ 7

Freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet,
1.
sich ausreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern,
2.
berufsunwürdige Werbung zu unterlassen,
3.
Beginn und Beendigung der Berufsausübung sowie Änderungen der Art und des Umfangs der Berufsausübung dem Gesundheitsamt unverzüglich anzuzeigen; bei Beginn der Berufsausübung ist die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung nachzuweisen.

§ 8

Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet, sich regelmäßig beruflich fortzubilden, insbesondere durch Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und durch Studium von Fachliteratur. Sie haben dem Gesundheitsamt auf Verlangen die von ihnen durchgeführten Fortbildungsmaßnahmen in geeigneter Form nachzuweisen. Das Gesundheitsamt kann die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen anordnen.

§ 9

*
(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
(2) (Aufhebungsbestimmung)
Der Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit
Fußnoten
*)
Abs. 1: Verkündet am 13. 4. 1995
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