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Gesetz über den Vollzug von Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt (Maßregelvollzugsgesetz) Vom 3. Dezember 1981

Gesetz über den Vollzug von Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt (Maßregelvollzugsgesetz) Vom 3. Dezember 1981
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22. März 2023 (GVBl. S. 160, 167)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über den Vollzug von Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt (Maßregelvollzugsgesetz) vom 3. Dezember 198101.01.2004
Inhaltsverzeichnis24.12.2021
Erster Titel - Allgemeines, Organisation01.01.2004
§ 1 - Anwendungsbereich12.05.2015
§ 2 - Einrichtungen des Maßregelvollzuges24.12.2021
§ 2a - Unterbringung von Jugendlichen24.12.2021
§ 3 - Aufsichtsbehörde12.05.2015
§ 4 - Vollstreckungsplan12.05.2015
§ 4a - Verlegungen12.05.2015
§ 5 - Ausübung der Befugnisse24.12.2021
§ 5a - Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprecher24.12.2021
§ 5b - Forensikbeiräte12.05.2015
§ 5c - Besuchskommission24.12.2021
Zweiter Titel - Planung und Gestaltung des Vollzuges01.01.2004
§ 6 - Behandlungs- und Eingliederungsplan04.04.2023
§ 7 - Ärztliche Behandlung24.12.2021
§ 7a - Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge24.12.2021
§ 7b - Unmittelbarer Zwang12.05.2015
§ 8 - Offener Vollzug, Lockerungen des Vollzuges12.05.2015
§ 9 - Urlaub12.05.2015
§ 10 - Weisungen, Widerruf, Rücknahme12.05.2015
§ 11 - Taschengeld12.05.2015
§ 12 - Verwendung des Taschengeldes, Haus-, Eigen- und Überbrückungsgeld, Unterhaltsbeitrag und Entlassungsbeihilfe12.05.2015
§ 13 - Persönlicher Besitz12.05.2015
§ 14 - Aufbewahrung eingebrachter Sachen12.05.2015
§ 15 - Kleidung12.05.2015
§ 16 - Erwerb von Sachen12.05.2015
§ 17 - Besuche12.05.2015
§ 18 - Besuche von Betreuerinnen und Betreuern, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren12.05.2015
§ 19 - Überwachung der Besuche24.12.2021
§ 20 - Beschränkung des Schriftwechsels12.05.2015
§ 21 - Überwachung des Schriftwechsels12.05.2015
§ 22 - Anhalten von Schreiben12.05.2015
§ 23 - Ferngespräche12.05.2015
§ 24 - Pakete12.05.2015
§ 25 - Zeitungen und Zeitschriften12.05.2015
§ 26 - Hörfunk und Fernsehen12.05.2015
Dritter Titel - Gesundheitsfürsorge01.01.2004
§ 27 - Anspruch auf Gesundheitsfürsorge12.05.2015
Vierter Titel - Religionsausübung01.01.2004
§ 28 - Seelsorge12.05.2015
§ 29 - Religiöse Veranstaltungen12.05.2015
§ 30 - Weltanschauungsgemeinschaften12.05.2015
Fünfter Titel - Sicherheit und Ordnung01.01.2004
§ 31 - Durchsuchung, Überprüfung25.05.2018
§ 32 - Disziplinarmaßnahmen25.05.2018
§ 33 - Festnahmerecht12.05.2015
§ 34 - Besondere Sicherungsmaßnahmen24.12.2021
§ 35 - Einzelunterbringung, unausgesetzte Absonderung12.05.2015
Sechster Titel - Schlußbestimmungen01.01.2004
§ 36 - Datenschutz25.05.2018
§ 37 - Geschäftsordnung, Hausordnung12.05.2015
§ 38 - Einschränkung von Grundrechten12.05.2015
§ 39 - Inkrafttreten12.05.2015
ÜBERSICHT
Erster Titel Allgemeines, Organisation
§ 1Anwendungsbereich
§ 2Einrichtungen des Maßregelvollzuges
§ 2aUnterbringung von Jugendlichen
§ 3Aufsichtsbehörde
§ 4Vollstreckungsplan
§ 4aVerlegungen
§ 5Ausübung der Befugnisse
§ 5aPatientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprecher
§ 5bForensikbeiräte
§ 5cBesuchskommission
Zweiter Titel Planung und Gestaltung des Vollzuges
§ 6Behandlungs- und Eingliederungsplan
§ 7Ärztliche Behandlung
§ 7aZwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
§ 7bUnmittelbarer Zwang
§ 8Offener Vollzug, Lockerungen des Vollzuges
§ 9Urlaub
§ 10Weisungen, Widerruf, Rücknahme
§ 11Taschengeld
§ 12Verwendung des Taschengeldes; Haus-, Eigen- und Überbrückungsgeld, Unterhaltsbeitrag und Entlassungsbeihilfe
§ 13Persönlicher Besitz
§ 14Aufbewahrung eingebrachter Sachen
§ 15Kleidung
§ 16Erwerb von Sachen
§ 17Besuche
§ 18Besuche von Betreuerinnen und Betreuern, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren
§ 19Überwachung der Besuche
§ 20Beschränkung des Schriftwechsels
§ 21Überwachung des Schriftwechsels
§ 22Anhalten von Schreiben
§ 23Ferngespräche
§ 24Pakete
§ 25Zeitungen und Zeitschriften
§ 26Hörfunk und Fernsehen
Dritter Titel Gesundheitsfürsorge
§ 27Anspruch auf Gesundheitsfürsorge
Vierter Titel Religionsausübung
§ 28Seelsorge
§ 29Religiöse Veranstaltungen
§ 30Weltanschauungsgemeinschaften
Fünfter Titel Sicherheit und Ordnung
§ 31Durchsuchung, Überprüfung
§ 32Disziplinarmaßnahmen
§ 33Festnahmerecht
§ 34Besondere Sicherungsmaßnahmen
§ 35Einzelunterbringung, unausgesetzte Absonderung
Sechster Titel Schlussbestimmungen
§ 36Datenschutz
§ 37Geschäftsordnung, Hausordnung
§ 38Einschränkung von Grundrechten
§ 39Inkrafttreten

Erster Titel Allgemeines, Organisation

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt den Vollzug von Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt (Maßregelvollzug).
(2) Es gilt entsprechend für den Vollzug der einstweiligen Unterbringung nach § 126a der Strafprozessordnung, der Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand eines Beschuldigten nach § 81 Abs. 1 der Strafprozessordnung und der Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand eines Beschuldigten nach § 73 des
Jugendgerichtsgesetzes, soweit Zweck und Eigenart des Verfahrens nicht entgegenstehen.

§ 2 Einrichtungen des Maßregelvollzuges

(1) Die Maßregeln nach § 1 Abs. 1 und die Unterbringungen nach § 1 Abs. 2 werden in Einrichtungen des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen vollzogen. Die für den Maßregelvollzug zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit der für Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsrecht zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister andere Träger zu bestimmen. Ein Vollzug in Einrichtungen außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes wird hierdurch nicht ausgeschlossen. Träger von Einrichtungen des Maßregelvollzuges können auch Kapitalgesellschaften sein, deren Anteile vollständig vom Landeswohlfahrtsverband Hessen oder einer Gesellschaft des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, an der der Landeswohlfahrtsverband Hessen ebenfalls sämtliche Anteile hält, gehalten werden, wenn diese die notwendige Zuverlässigkeit und Fachkunde nachweisen. Diese werden durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem für den Maßregelvollzug zuständigen Ministerium und dem Träger mit der Aufgabe des Maßregelvollzugs beliehen. Der Beleihungsvertrag muss insbesondere sicherstellen, dass in der Einrichtung jederzeit die zur ordnungsgemäßen Durchführung des Maßregelvollzugs erforderlichen personellen, sachlichen, baulichen und organisatorischen Voraussetzungen gegeben sind. Die Leiterinnen und Leiter der Einrichtungen sowie ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter und die weiteren Ärztinnen und Ärzte sowie psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Psychologinnen und Psychologen mit Leitungsfunktion bleiben dabei auch in Zukunft Beschäftigte des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen und treffen die Ermessensentscheidungen, die in Grundrechte der Untergebrachten eingreifen. Über die Besetzung der Stellen
1.
der Leitung der Einrichtung ist das Einvernehmen und
2.
der weiteren Ärztinnen und Ärzte, psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Psychologinnen und Psychologen mit Leitungsfunktion ist das Benehmen
mit der Fachaufsichtsbehörde herzustellen.
(2) Die Einrichtungen des Maßregelvollzugs sind verpflichtet, forensisch-psychiatrische Ambulanzen zu betreiben, um Nachsorgemaßnahmen zu vermitteln oder durchzuführen sowie Weisungen nach § 68b Abs. 2 des Strafgesetzbuches erfüllen zu können. Die forensisch-psychiatrischen Ambulanzen können organisatorisch und funktionell zu einer forensischen Nachsorgeambulanz zusammengefasst werden. Die Bildung von Außenstellen ist zulässig. Die Kosten der forensisch-psychiatrischen Nachsorgeambulanz trägt das Land.

§ 2a Unterbringung von Jugendlichen

Jugendliche sind getrennt von Erwachsenen unterzubringen, soweit dies dem Kindeswohl entspricht. Heranwachsende können mit Jugendlichen zusammen untergebracht werden, sofern dies mit dem Kindeswohl der untergebrachten Jugendlichen vereinbar ist.

§ 3 Aufsichtsbehörde

(1) Das für den Maßregelvollzug zuständige Ministerium führt die Rechts- und Fachaufsicht in Angelegenheiten nach diesem Gesetz.
(2) Die Fachaufsichtsbehörde hat ein Weisungsrecht gegenüber dem Träger der Einrichtung. Kommt der Träger einer Einrichtung einer Weisung der Fachaufsichtsbehörde nicht innerhalb der gesetzten Frist nach, kann diese die erforderlichen Maßnahmen für den Träger selbst und auf dessen Kosten vornehmen. Sie tritt dabei kommissarisch in die Rechte des Trägers ein und kann sich der personellen, sachlichen, baulichen und organisatorischen Ausstattung des Trägers bedienen.
(3) Die Fachaufsichtsbehörde hat ein Weisungsrecht gegenüber der Leitung der Einrichtung. Das Weisungsrecht betrifft nicht die ärztliche Therapiefreiheit. Die Leitung der Einrichtung hat das Recht, sich in die Einrichtung und den Vollzug der Unterbringung nach § 1 Abs. 2 betreffenden Angelegenheiten unmittelbar an die Fachaufsicht zu wenden.

§ 4 Vollstreckungsplan

(1) Die Träger der Einrichtungen des Maßregelvollzuges regeln im Einvernehmen mit dem für den Maßregelvollzug zuständigen Ministerium und dem für Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsrecht zuständigen Ministerium die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Einrichtungen des Maßregelvollzuges in einem Vollstreckungsplan.
(2) Abweichungen vom Vollstreckungsplan sind zulässig, wenn
1.
hierdurch die Behandlung der untergebrachten Person oder ihre Eingliederung nach der Entlassung gefördert wird oder
2.
Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe die Abweichung gebieten.
Die Träger der Einrichtungen des Maßregelvollzuges haben Entscheidungen nach Satz 1 dem für den Maßregelvollzug zuständigen Ministerium und dem für Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsrecht zuständigen Ministerium unverzüglich mitzuteilen; deren Genehmigung bedürfen Verlegungen in Einrichtungen oder von Einrichtungen außerhalb des Landes.
(3) Das für den Maßregelvollzug zuständige Ministerium veröffentlicht den Vollstreckungsplan im Staats-Anzeiger für das Land Hessen.

§ 4a Verlegungen

(1) Die untergebrachte Person kann mit ihrer Zustimmung in eine andere Einrichtung verlegt werden, soweit die Verlegung den therapeutischen Zielen nicht entgegensteht.
(2) Ohne die Zustimmung der untergebrachten Person darf eine Verlegung nur erfolgen, wenn
1.
das Ziel der Unterbringung mit den Möglichkeiten der Einrichtung nicht oder nicht mehr zu erreichen ist oder
2.
sie
a)
für die Behandlung und Wiedereingliederung nach der Entlassung der untergebrachten Person oder
b)
aus Gründen der Vollzugsorganisation oder aus anderen gewichtigen Gründen, wie der Sicherheit oder Belegungsfähigkeit der Einrichtung,
erforderlich ist.
(3) Die Entscheidung über eine Verlegung ist der Fachaufsichtsbehörde mitzuteilen.

§ 5 Ausübung der Befugnisse

(1) Im Maßregelvollzug obliegen die Aufgaben der Vollzugsbehörde, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, der Einrichtung des Maßregelvollzuges.
(2) Entscheidungen nach den §§ 4a, 7a, 8, 9 Abs. 1 und § 10 sowie Anordnungen nach den §§ 32 und 34 mit Ausnahme von Anordnungen nach § 34 Abs. 2 Nr. 6 in Verbindung mit § 34 Abs. 5 und Anordnungen nach § 34 Abs. 2 Nr. 7 in Verbindung mit § 34 Abs. 6 sind der Leitung der Einrichtung vorbehalten.
(3) Bei Gefahr im Verzuge dürfen auch Bedienstete der Einrichtung des Maßregelvollzuges, denen die Befugnisse nach Abs. 2 nicht zustehen, besondere Sicherungsmaßnahmen vorläufig anordnen; eine Anordnung nach § 34 Abs. 3 Satz 2 darf nur eine Ärztin oder ein Arzt treffen. Die Leitung der Einrichtung des Maßregelvollzuges ist von einer vorläufigen Anordnung nach Satz 1 unverzüglich zu unterrichten.

§ 5a Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprecher

Für die Einrichtungen nach § 2 sind Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprecher zu wählen. § 7 des Hessischen Krankenhausgesetzes 2011 vom 21. Dezember 2010 (GVBl. I S. 587), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. September 2020 (GVBl. S. 573), gilt entsprechend mit den Maßgaben, dass
1.
in Abs. 1 Satz 3 an die Stelle des Benehmens das Einvernehmen tritt,
2.
in Abs. 3 Satz 6 an die Stelle des für das Gesundheitswesen zuständigen Ministeriums das für den Maßregelvollzug zuständige Ministerium tritt,
3.
den Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 und 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Juli 2021 (BGBl. I S. 2754), keine Einsicht zu gewähren ist,
4.
die Einrichtung nur notwendige Auskünfte zu erteilen, Zutritt zu gewähren und dem Vorbringen nachzugehen hat, soweit berechtigte Interessen der Einrichtung oder Dritter nicht entgegenstehen,
5.
der Träger die Kosten der Aufwandsentschädigung zu tragen hat.

§ 5b Forensikbeiräte

Zur Förderung des Verständnisses und der gesellschaftlichen Akzeptanz des Maßregelvollzugs und seiner Ziele sollen ehrenamtliche Beiräte gebildet werden, die als Mittler zwischen den Einrichtungen und der Öffentlichkeit dienen und insbesondere in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Träger über die Zwecke des Maßregelvollzugs und seine Behandlungsmittel in verständlicher Form informieren.

§ 5c Besuchskommission

(1) Das für den Maßregelvollzug zuständige Ministerium bildet eine Besuchskommission, die mindestens ein Mal pro Jahr die Einrichtungen des Maßregelvollzugs besucht und daraufhin überprüft, ob die mit der Unterbringung in einer Einrichtung des Maßregelvollzugs verbundenen besonderen Aufgaben erfüllt werden. Der Besuchskommission ist ungehinderter Zugang zu den Einrichtungen zu gewähren. Bei den Besichtigungen ist den untergebrachten Personen Gelegenheit zu geben, Wünsche und Beschwerden vorzutragen. Die Einrichtungen sind verpflichtet, die Besuchskommission bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen und ihr die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben ist der Besuchskommission Einsicht in die hierfür erforderlichen Unterlagen zu gewähren. Personenbezogene Patientenunterlagen dürfen nur mit Einwilligung der betroffenen untergebrachten Person eingesehen werden.
(2) Der Besuchskommission sollen angehören:
1.
a)
eine Fachärztin oder ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, beim Besuch einer Einrichtung des Jugendmaßregelvollzugs eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
b)
eine Gesundheits- und Krankenpflegerin oder ein Gesundheits- und Krankenpfleger oder eine Pflegefachfrau oder ein Pflegefachmann,
c)
eine Psychologische Psychotherapeutin oder ein Psychologischer Psychotherapeut oder eine Psychotherapeutin oder ein Psychotherapeut,
d)
eine Sozialarbeiterin oder ein Sozialarbeiter
mit Erfahrung auf dem Gebiet des Maßregelvollzugs,
2.
eine Richterin oder ein Richter einer Strafvollstreckungskammer,
3.
eine Vertreterin oder ein Vertreter aus dem Kreis der Psychiatrie-Erfahrenen und
4.
eine Vertreterin oder ein Vertreter aus dem Kreis der Angehörigen.
Die in Satz 1 genannten Personen dürfen weder in der zu besichtigenden Einrichtung gegenwärtig beschäftigt, noch mit der Bearbeitung von Unterbringungssachen im Einzugsbereich der zu besichtigenden Einrichtung unmittelbar befasst sein.
(3) Die Besuchskommission legt alsbald, spätestens drei Monate nach einem Besuch, der Fachaufsicht einen Besuchsbericht mit dem Ergebnis der Überprüfung vor. Die Einrichtung erhält zugleich eine Durchschrift dieses Berichts. Angaben über persönliche Belange untergebrachter Personen, die identifizierende Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen, dürfen in den Bericht nicht aufgenommen werden, es sei denn diese Angaben sind zur Darstellung des Sachzusammenhangs im Bericht unerlässlich und die untergebrachte Person hat einer Aufnahme in den Bericht zugestimmt.
(4) Die Mitglieder der Besuchskommission sind nicht an Weisungen gebunden. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ihre Aufgaben nehmen sie ehrenamtlich wahr. Für ihre Entschädigung gilt § 27 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1 sowie Abs. 5 der Hessischen Gemeindeordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass
1.
die für den Maßregelvollzug zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung die Regelung nach § 27 Abs. 1 Satz 2, 4 und 7 und Abs. 3 Satz 1 zu treffen,
2.
in der Rechtsverordnung nach Nr. 1 eine Regelung über die Gewährung einer Aufwandsentschädigung zu treffen ist.
Die Kosten trägt das Land.

Zweiter Titel Planung und Gestaltung des Vollzuges

§ 6 Behandlungs- und Eingliederungsplan

(1) Unter Berücksichtigung der Persönlichkeit, des Alters, des Entwicklungsstandes, des kulturellen Hintergrundes und der Lebensverhältnisse der untergebrachten Person ist alsbald nach der Aufnahmeuntersuchung ein Behandlungs- und Eingliederungsplan aufzustellen. Er soll Angaben enthalten über
1.
die ärztliche Behandlung,
2.
besondere, namentlich psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen,
3.
die Zuweisung zu bestimmten Behandlungsgruppen,
4.
den Einsatz in der Beschäftigungs- oder Arbeitstherapie und
5.
medizinische und berufliche Eingliederungsmaßnahmen.
In den Behandlungs- und Eingliederungsplan sollen auch Angaben über Lockerungen und Beurlaubungen aufgenommen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen.
(2) Der Behandlungs- und Eingliederungsplan soll mit der untergebrachten Person und ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihrem gesetzlichen Vertreter oder ihrer Betreuerin oder ihrem Betreuer erarbeitet werden.
(3) Der Behandlungs- und Eingliederungsplan ist im Abstand von längstens sechs Monaten zu überprüfen und der weiteren Entwicklung der untergebrachten Person anzupassen.

§ 7 Ärztliche Behandlung

(1) Die untergebrachte Person erhält die zur Erreichung des Vollzugsziels nach § 136 Satz 2 und § 137 des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088, 1977 S. 436), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2099), erforderliche ärztliche Behandlung; sie schließt die notwendige Untersuchung ein. Die Behandlung umfasst die gebotenen medizinischen, psychotherapeutischen, soziotherapeutischen und heilpädagogischen Maßnahmen. Die Behandlung umfasst auch Maßnahmen, die erforderlich sind, um der untergebrachten Person nach ihrer Entlassung ein eigenverantwortliches Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen.
(2) Die medizinische Untersuchung und Behandlung bedürfen, vorbehaltlich des § 7a, der umfassenden ärztlichen Aufklärung und der Einwilligung der untergebrachten Person. Die untergebrachte Person ist nicht einwilligungsfähig, wenn sie krankheitsbedingt nicht fähig ist, Grund, Bedeutung und Tragweite der Behandlung einzusehen und ihren Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen. Die Vorschriften über die Feststellung des Patientenwillens (§§ 1901a und 1901b des Bürgerlichen Gesetzbuchs) bleiben unberührt.
(3) Jugendliche, die im Rahmen eines Strafverfahrens nach § 2 Abs. 1 untergebracht werden, sind zur Beurteilung ihrer allgemeinen körperlichen und geistigen Verfassung unverzüglich ärztlich zu untersuchen, wenn
1.
gesundheitliche Anzeichen Anlass zu einer solchen Untersuchung geben oder
2.
ein entsprechender Antrag des Jugendlichen, des Trägers der elterlichen Sorge oder seines Rechtsbeistandes vorliegt.

§ 7a Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Gegen den natürlichen Willen einer nicht einwilligungsfähigen untergebrachten Person sind medizinische Untersuchungen und Behandlungen sowie die Ernährung zulässig, wenn
1.
eine erhebliche Gefahr für das Leben der untergebrachten Person oder einer schwerwiegenden Schädigung ihrer Gesundheit vorliegt,
2.
dies zur Wiederherstellung der Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der untergebrachten Person erforderlich ist und wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ohne die Maßnahme ihre Entlassung nicht möglich sein wird.
(2) Gegen den natürlichen Willen einer untergebrachten Person sind bei erheblicher Gefahr des Lebens oder einer gegenwärtigen schwerwiegenden Schädigung der Gesundheit anderer Personen medizinische Untersuchungen und Behandlungen sowie die Ernährung zulässig.
(3) Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 und 2 dürfen nur angeordnet werden, wenn
1.
erfolglos versucht worden ist, die auf Vertrauen gegründete Zustimmung der untergebrachten Person zu der Untersuchung, Behandlung oder Ernährung zu erwirken,
2.
deren Anordnung der untergebrachten Person angekündigt wurde und sie über Art, Umfang und Dauer der Maßnahme durch eine Ärztin oder einen Arzt aufgeklärt wurde,
3.
die Maßnahme zur Abwendung der Lebens- oder Gesundheitsgefahr oder zur Wiederherstellung der Freiheit geeignet, erforderlich, für die untergebrachte Person nicht mit unverhältnismäßigen Belastungen und Folgen verbunden ist und mildere Mittel keinen Erfolg versprechen und
4.
der zu erwartende Nutzen der Maßnahme den möglichen Schaden der Nichtbehandlung deutlich überwiegt.
Von den Anforderungen nach Nr. 1 und 2 kann abgesehen werden, wenn Gefahr im Verzug ist.
(4) Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 und 2 sind durch eine Ärztin oder einen Arzt nach § 2 Abs. 1 Satz 7 einzuleiten und zu überwachen. Die Gründe für die Anordnung einer Maßnahme nach Abs. 1 und 2, das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 3 sowie die ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren.
(5) Die Behandlung aufgrund einer Anordnung nach Abs. 3 bedarf der vorherigen Genehmigung der Fachaufsicht. Der Einholung einer vorherigen Genehmigung bedarf es nicht, wenn Gefahr im Verzug ist und die Genehmigung unverzüglich nach Einleiten der Maßnahme eingeholt wird. Gegen die Anordnung kann nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes gerichtliche Entscheidung beantragt werden.
(6) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der untergebrachten Person zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.

§ 7b Unmittelbarer Zwang

Die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch körperliche Gewalt und ihre Hilfsmittel sind Bediensteten der Einrichtung des Maßregelvollzugs gestattet gegen untergebrachte Personen oder gegen Personen, die eine untergebrachte Person zu befreien versuchen oder widerrechtlich in den Bereich der Einrichtung des Maßregelvollzugs eindringen und sich unbefugt darin aufhalten, wenn dies erforderlich ist, um die Behandlungsmaßnahmen, zu deren Duldung die untergebrachte Person verpflichtet ist, oder Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung des Maßregelvollzugs oder einer anderen Unterbringungseinrichtung, insbesondere bei Aufenthalten von untergebrachten Personen in einem Allgemeinkrankenhaus, durchzuführen und der damit verfolgte Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann.

§ 8 Offener Vollzug, Lockerungen des Vollzuges

(1) Die untergebrachte Person kann in den offenen Vollzug verlegt werden, wenn dies ihrer Behandlung dient, sie den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügt und nicht zu befürchten ist, sie werde sich dem weiteren Vollzug entziehen oder den offenen Vollzug zu Handlungen, die den Zweck des Vollzuges gefährden, oder zu Straftaten missbrauchen. Unter den gleichen Voraussetzungen können der untergebrachten Person Lockerungen des Vollzuges gewährt werden. Die Verlegung in den offenen Vollzug und eine Lockerung sollen nicht gegen den Willen der untergebrachten Person angeordnet werden. Die Verlegung in den offenen Vollzug ist der Vollstreckungsbehörde mitzuteilen.
(2) Als Lockerung des Vollzuges kann insbesondere angeordnet werden, daß die untergebrachte Person
1.
außerhalb der Einrichtung des Maßregelvollzuges regelmäßig einer Beschäftigung unter Aufsicht einer oder eines Bediensteten der Einrichtung (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht (Freigang) nachgehen oder
2.
für eine bestimmte Tageszeit die Einrichtung des Maßregelvollzuges unter Aufsicht einer oder eines Bediensteten der Einrichtung (Ausführung) oder ohne Aufsicht (Ausgang) verlassen darf.

§ 9 Urlaub

(1) Der untergebrachten Person kann zum Zwecke der Behandlung, zur Vorbereitung einer Entscheidung nach § 67 e des Strafgesetzbuches oder zur Vorbereitung auf ihre Entlassung Urlaub gewährt werden. § 8 Abs. 1 gilt entsprechend.
(2) Urlaub aus dem geschlossenen Vollzug darf nicht länger als zwei Wochen dauern; die Höchstgrenze für Urlaub in einem Kalendervierteljahr beträgt einen Monat. Urlaub aus dem offenen Vollzug darf nicht mehr als sechs Monate jährlich betragen. Zur Vorbereitung einer Entscheidung nach § 67e des Strafgesetzbuches und zur Vorbereitung auf die Entlassung kann die Höchstgrenze nach Satz 2 bis auf acht Monate verlängert werden.
(3) Die Gewährung eines Urlaubs von mehr als drei Tagen oder von mehr als insgesamt neun Tagen in einem Kalendermonat bedarf der Zustimmung des Vollstreckungsgerichts oder der Vollstreckungsleitung.

§ 10 Weisungen, Widerruf, Rücknahme

(1) Für Lockerungen des Vollzuges oder Urlaub können der untergebrachten Person Weisungen erteilt werden. Für die Weisung, sich einer Heilbehandlung zu unterziehen, gilt § 7.
(2) Eine Lockerung des Vollzuges oder Urlaub kann widerrufen werden, wenn
1.
nachträglich Umstände eintreten, die die Versagung gerechtfertigt hätten,
2.
die untergebrachte Person die Lockerung des Vollzuges oder den Urlaub zu Straftaten mißbraucht,
3.
die untergebrachte Person einer Weisung schuldhaft nicht nachkommt oder
4.
der Widerruf aus sonstigen Gründen zur Behandlung der untergebrachten Person notwendig ist.
(3) Eine Lockerung des Vollzuges oder Urlaub kann zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung nicht vorgelegen haben.

§ 11 Taschengeld

Die untergebrachte Person erhält einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung (Taschengeld) unter den Voraussetzungen und in der Höhe, wie es in vergleichbaren Fällen nach den Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch psychisch Kranken und seelisch oder geistig behinderten Personen gewährt wird.

§ 12 Verwendung des Taschengeldes, Haus-, Eigen- und Überbrückungsgeld, Unterhaltsbeitrag und Entlassungsbeihilfe

(1) Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes über die Verwendung des Taschengeldes (§ 47 Abs. 1), über das Haus-, Eigen- und Überbrückungsgeld (§ 47 Abs. 1, § 51 Abs. 1 bis 3, § 52), den Unterhaltsbeitrag (§ 49) und die Entlassungsbeihilfe (§ 75 Abs. 1 und 2) gelten entsprechend mit der Maßgabe, daß
1.
der untergebrachten Person monatlich mindestens ein Betrag von 15,34 Euro als Hausgeld verbleibt;
2.
Überbrückungsgeld auch bei Gewährung von Urlaub zu zahlen ist, soweit der notwendige Lebensunterhalt der untergebrachten Person nicht auf andere Weise gesichert ist;
3.
die Überweisung des Überbrückungsgeldes oder der Überbrückungsbeihilfe an die Bewährungshilfe oder eine mit der Eingliederung der untergebrachten Person befasste Person oder Stelle der Zustimmung der untergebrachten Person und deren gesetzlicher Vertreterin oder gesetzlichen Vertreters oder Betreuerin oder Betreuers bedarf.
(2) Die für den Maßregelvollzug zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Mindestbetrag nach Abs. 1 Nr. 1 der allgemeinen Einkommensentwicklung anzupassen.

§ 13 Persönlicher Besitz

(1) Die untergebrachte Person darf mit Zustimmung der Leitung der Einrichtung des Maßregelvollzuges Sachen für den persönlichen Gebrauch in angemessenem Umfange in Gewahrsam haben oder annehmen. Dies gilt insbesondere für Lichtbilder nahestehender Personen und Erinnerungsstücke von persönlichem Wert sowie für Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung; die untergebrachte Person darf damit ihren Wohn- und Schlafbereich ausstatten.
(2) Sachen, die den Zweck der Unterbringung oder die Sicherung oder Ordnung der Einrichtung des Maßregelvollzuges oder die Übersichtlichkeit des Unterbringungsraumes gefährden, können der untergebrachten Person vorenthalten oder entzogen werden.
(3) Besitz, Empfang, Weitergabe und Versendung von Ton- und Bildträgern sowie Datenträgern können davon abhängig gemacht werden, daß die untergebrachte Person ihrer Überprüfung zustimmt. Im übrigen gelten § 20 Abs. 1 und die §§ 21 und 22 entsprechend.

§ 14 Aufbewahrung eingebrachter Sachen

(1) Eingebrachte Sachen, die die untergebrachte Person nicht in Gewahrsam haben darf, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Der untergebrachten Person ist Gelegenheit zu geben, eingebrachte Sachen, die sie für ihre Entlassung nicht benötigt, zu versenden.
(2) Weigert sich eine untergebrachte Person, eingebrachte Sachen, deren Aufbewahrung nach Art und Umfang nicht möglich ist, aus der Einrichtung des Maßregelvollzuges zu verbringen, so kann diese sie auf Kosten der untergebrachten Person entfernen lassen.
(3) Aufzeichnungen und andere Sachen, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen vermitteln, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

§ 15 Kleidung

(1) Die untergebrachte Person hat Kleidung der Einrichtung des Maßregelvollzuges zu tragen, wenn dies ihre Behandlung oder die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung erfordert.
(2) Das Tragen von Kleidung der Einrichtung des Maßregelvollzuges kann angeordnet werden, wenn zu befürchten ist, die untergebrachte Person werde versuchen, aus dem Bereich der Einrichtung des Maßregelvollzuges oder anläßlich einer Ausführung zu entweichen.

§ 16 Erwerb von Sachen

(1) Wenn es die Behandlung der untergebrachten Person oder die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung des Maßregelvollzuges erfordert, kann angeordnet werden, daß die untergebrachte Person Sachen nur durch Vermittlung der Einrichtung erwerben darf. Aus den gleichen Gründen können bestimmte Sachen vom Erwerb ausgeschlossen werden.
(2) Auf ärztliche Anordnung kann der untergebrachten Person der Erwerb oder der Besitz einzelner Nahrungs- oder Genußmittel ganz oder teilweise untersagt werden, wenn zu befürchten ist, daß diese ihre Gesundheit ernsthaft gefährden.

§ 17 Besuche

(1) Die untergebrachte Person darf regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer kann bis auf eine Stunde in der Woche beschränkt werden.
(2) Abs. 1 Satz 2 gilt nicht für Besuche, welche die Behandlung oder Eingliederung der untergebrachten Person fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von der untergebrachten Person schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung der untergebrachten Person aufgeschoben werden können.
(3) Aus Gründen der Sicherheit kann ein Besuch davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherin oder der Besucher durchsuchen lässt.
(4) Besuche bestimmter Personen können eingeschränkt oder untersagt werden, wenn die Besuche den Zweck der Unterbringung oder die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung gefährden würden. Vorübergehend können alle Besuche für eine in einer Entziehungsanstalt untergebrachte Person untersagt werden. Die Maßnahme nach Satz 2 darf einen Zeitraum von zwei Monaten nicht überschreiten.

§ 18 Besuche von Betreuerinnen und Betreuern, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren

Besuche der Betreuerin oder des Betreuers der untergebrachten Person, ihrer Verteidigerin oder ihres Verteidigers sowie von Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälten oder Notarinnen oder Notaren in einer die untergebrachte Person betreffenden Rechtssache sind vorbehaltlich des § 17 Abs. 3 und 4 Satz 1 zu gestatten; im Übrigen findet § 17 keine Anwendung. Eine inhaltliche Überprüfung der von der Verteidigerin oder dem Verteidiger mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig; § 21 Abs. 2 findet Anwendung.

§ 19 Überwachung der Besuche

(1) Besuche dürfen überwacht werden, soweit es aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung des Maßregelvollzuges geboten ist. § 34 Abs. 5 des Hessischen Strafvollzugsgesetzes vom 28. Juni 2010 (GVBl. I S. 185), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. November 2020 (GVBl. S. 778), ist entsprechend anwendbar.
(2) Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn die Besucherin, der Besucher oder die untergebrachte Person gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder eine auf Grund dieses Gesetzes getroffene Anordnung trotz Abmahnung verstößt. Die Abmahnung unterbleibt, wenn es unerläßlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.
(3) Besuche der Verteidigerin oder des Verteidigers werden nicht überwacht.
(4) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. Satz 1 gilt nicht für die bei dem Besuch
1.
einer Verteidigerin oder eines Verteidigers,
2.
einer Rechtsanwältin, eines Rechtsanwalts, einer Notarin, eines Notars, der gesetzlichen Vertreterin, des gesetzlichen Vertreters oder der Betreuerin oder des Betreuers zur Erledigung einer die untergebrachte Person betreffenden Rechtssache
übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen; jedoch kann bei Personen nach Nr. 2 die Übergabe aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung von einer Erlaubnis abhängig gemacht werden. § 21 Abs. 2 findet Anwendung.

§ 20 Beschränkung des Schriftwechsels

(1) Die untergebrachte Person hat Absendung und Empfang ihrer Schreiben durch die Einrichtung vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.
(2) Der Schriftwechsel mit bestimmten Personen kann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn er den Zweck der Unterbringung oder die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung gefährden würde. § 18 Satz 1 und § 21 Abs. 3 gelten entsprechend.

§ 21 Überwachung des Schriftwechsels

(1) Der Schriftwechsel der untergebrachten Person mit ihrer Verteidigerin oder ihrem Verteidiger wird nicht überwacht.
(2) Liegt dem Vollzug der Unterbringung eine Straftat nach § 129 a des Strafgesetzbuches zugrunde, gelten § 148 Abs. 2 und § 148 a der Strafprozeßordnung entsprechend. Dies gilt auch, wenn gegen eine untergebrachte Person im Anschluß an die dem Vollzug der Unterbringung zugrunde liegende Verurteilung eine Freiheitsstrafe oder Unterbringung wegen einer Straftat nach § 129 a des Strafgesetzbuches zu vollstrecken ist.
(3) Nicht überwacht wird ferner Schriftwechsel der untergebrachten Person an Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder, soweit die Schreiben an die Anschriften dieser Volksvertretungen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben, an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, an den Hessischen Datenschutzbeauftragten, an die Aufsichtsbehörde und an Gerichte und Staatsanwaltschaften.
(4) Der übrige Schriftwechsel darf überwacht werden, soweit es aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung geboten ist.

§ 22 Anhalten von Schreiben

(1) Schreiben können angehalten werden,
1.
wenn ihre Weitergabe den Zweck der Unterbringung oder die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung des Maßregelvollzuges gefährden würde,
2.
wenn die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,
3.
wenn sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Verhältnissen der Einrichtungen des Maßregelvollzuges enthalten,
4.
wenn sie grobe Beleidigungen enthalten,
5.
wenn ihre Weitergabe die Eingliederung einer anderen untergebrachten Person gefährden würde oder
6.
wenn sie in Geheimschrift, unlesbar, verschlüsselt oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefaßt sind.
Vorübergehend können alle Schreiben an eine in einer Entziehungsanstalt untergebrachte Person angehalten werden, wenn und soweit durch den Empfang der Schreiben die Behandlung der untergebrachten Person beeinträchtigt werden könnte. Die Maßnahme nach Satz 2 darf den Zeitraum von zwei Monaten nicht überschreiten.
(2) Schreiben der untergebrachten Person können außerdem angehalten werden, wenn durch ihre Weitergabe erhebliche Nachteile für die untergebrachte Person oder Dritte zu befürchten sind und die untergebrachte Person aufgrund ihres Zustands unfähig ist, die Folgen ihres Verhaltens zu übersehen und nach der entsprechenden Einsicht zu handeln.
(3) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die untergebrachte Person auf der Absendung besteht.
(4) Ist ein Schreiben angehalten worden, wird dies der untergebrachten Person mitgeteilt. Angehaltene Schreiben werden an den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich ist oder aus besonderen Gründen untunlich ist, von der Einrichtung verwahrt.

§ 23 Ferngespräche

Der untergebrachten Person kann gestattet werden, Ferngespräche zu führen. Im übrigen gelten für Ferngespräche die Vorschriften über den Besuch entsprechend. Der Besitz von Mobilfunkendgeräten bedarf der Zustimmung der Einrichtung; sie kann nur erteilt werden, wenn nach einer Überprüfung des Gerätes gegen dessen Verwendung aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung keine Bedenken bestehen.

§ 24 Pakete

(1) Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung des Maßregelvollzuges erforderlich ist.
(2) Pakete können geöffnet werden; dies hat in Gegenwart der untergebrachten Person zu geschehen. Für den Ausschluß von Sachen gilt § 16 entsprechend. Ausgeschlossene Gegenstände können zu den von der Einrichtung verwahrten Sachen der untergebrachten Person genommen oder dem Absender zurückgesandt werden. Nicht ausgehändigte Gegenstände durch die bei der Versendung oder Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können, dürfen vernichtet werden.
(3) Der untergebrachten Person kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Ihr Inhalt kann im therapeutischen Interesse und aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung überprüft werden. Für den Ausschluß von der Versendung gilt § 22 Abs. 1 und 2 entsprechend.
(4) Entscheidungen nach Abs. 2 Satz 2 bis 4 und Abs. 3 Satz 2 und 3 sind der untergebrachten Person und ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihrem gesetzlichen Vertreter unverzüglich zu eröffnen.

§ 25 Zeitungen und Zeitschriften

(1) Die untergebrachte Person darf Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfange durch Vermittlung der Einrichtung des Maßregelvollzuges beziehen.
(2) Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften können der untergebrachten Person vorenthalten werden, wenn sie das Ziel der Unterbringung oder die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung des Maßregelvollzuges erheblich gefährden würden.

§ 26 Hörfunk und Fernsehen

Die untergebrachte Person darf am Hörfunkprogramm der Einrichtung des Maßregelvollzuges und am gemeinschaftlichen Fernsehempfang teilnehmen. Der Hörfunk- und Fernsehempfang kann allgemein oder für einzelne untergebrachte Personen eingeschränkt oder ausgesetzt werden, wenn er das Ziel der Unterbringung oder die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung des Maßregelvollzuges erheblich gefährden würde.

Dritter Titel Gesundheitsfürsorge

§ 27 Anspruch auf Gesundheitsfürsorge

(1) Die untergebrachte Person hat Anspruch auf Krankenhilfe, Vorsorgeleistungen und sonstige Maßnahmen entsprechend den Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.
(2) Kann eine Erkrankung in der Einrichtung des Maßregelvollzuges nicht geklärt oder behandelt werden, so ist die untergebrachte Person in einer für sie geeigneten Krankenabteilung einer anderen Einrichtung des Maßregelvollzuges, einer Justizvollzugsanstalt oder in einem Krankenhaus außerhalb des Vollzuges unterzubringen.
(3) Während einer Beurlaubung hat die untergebrachte Person gegenüber dem Träger der Einrichtung des Maßregelvollzuges Anspruch auf ärztliche Behandlung und Pflege in der für ihn zuständigen Einrichtung des Maßregelvollzuges und auf Übernahme der Heilbehandlungskosten, die infolge einer Weisung nach § 10 Abs. 1 entstehen, soweit nicht Ansprüche gegen einen Leistungsträger nach § 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch vorgehen.

Vierter Titel Religionsausübung

§ 28 Seelsorge

(1) Der untergebrachten Person darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden.
(2) Die untergebrachte Person darf grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihr nur bei grobem Mißbrauch entzogen werden.
(3) Der untergebrachten Person sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfange zu belassen.

§ 29 Religiöse Veranstaltungen

(1) Die untergebrachte Person hat das Recht, innerhalb der Einrichtung des Maßregelvollzuges am Gottesdienst und an den religiösen Veranstaltungen ihrer Religionsgemeinschaft teilzunehmen.
(2) Zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer Religionsgemeinschaft, der die untergebrachte Person nicht angehört, wird sie zugelassen, wenn deren Seelsorgerin oder Seelsorger zustimmt.
(3) Die untergebrachte Person kann von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus zwingenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.

§ 30 Weltanschauungsgemeinschaften

Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 28 und 29 entsprechend.

Fünfter Titel Sicherheit und Ordnung

§ 31 Durchsuchung, Überprüfung

Die untergebrachte Person, ihre Sachen und die Unterbringungsräume dürfen durchsucht werden. Ausgenommen sind Gegenstände, die der Überwachung (§ 21) nicht unterliegen. Bei der Durchsuchung ist das Schamgefühl zu schonen.

§ 32 Disziplinarmaßnahmen

§ 55 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 bis 6, Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und Nr. 8, Abs. 3 und Abs. 4 des Hessischen Strafvollzugsgesetzes ist entsprechend mit der Maßgabe anwendbar, dass ein Arrest nur bis zu einer Woche zulässig ist.

§ 33 Festnahmerecht

Eine untergebrachte Person, die entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Einrichtung des Maßregelvollzuges aufhält, kann durch die Vollzugsbehörde oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und in die Einrichtung des Maßregelvollzuges zurückgebracht werden.

§ 34 Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Gegen eine untergebrachte Person können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden,
1.
wenn und solange die Gefahr nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abgewendet werden kann und
2.
wenn in erhöhtem Maße Fluchtgefahr besteht oder sonst ihr Verhalten oder ihr Zustand eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung des Maßregelvollzugs darstellt, insbesondere wenn Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder eine Selbsttötung oder Selbstverletzung zu befürchten sind.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind nur zulässig:
1.
die Absonderung von anderen Untergebrachten,
2.
die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände,
3.
der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
4.
der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthaltes im Freien,
5.
die Fesselung,
6.
die Aufhebung der Bewegungsfreiheit an allen Gliedmaßen,
7.
die sonstige Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch eine mechanische Vorrichtung,
8.
die Beobachtung der untergebrachten Person, auch durch technische Hilfsmittel; § 50 Abs. 6 des Hessischen Strafvollzugsgesetzes ist entsprechend anwendbar.
(3) Grundsätzlich dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse der untergebrachten Person kann eine andere Art der Fesselung angeordnet werden. Die Fesselung ist zeitweise zu lockern, soweit dies notwendig ist.
(4) Bei einer besonderen Sicherungsmaßnahme nach Abs. 2
1.
Nr. 2 und 7 hat eine engmaschige Überwachung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal zu erfolgen,
2.
Nr. 6 ist stets die Eins-zu-eins-Betreuung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal zu gewährleisten.
Besondere Sicherungsmaßnahmen nach Abs. 2 Nr. 2, 6 oder 7 sind nachzubesprechen, sobald der Zustand der untergebrachten Person es zulässt.
(5) Eine besondere Sicherungsmaßnahme nach Abs. 2 Nr. 6, durch die die Bewegungsfreiheit der untergebrachten Person nicht nur kurzfristig vollständig aufgehoben wird, darf nur durch das Gericht auf Antrag einer Ärztin oder eines Arztes nach § 2 Abs. 1 Satz 7 angeordnet werden. Sie gilt dann als nicht nur kurzfristig, wenn im Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme davon auszugehen ist, dass ihre Dauer eine halbe Stunde überschreiten wird oder dies im Verlauf erkennbar wird. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung einer nicht nur kurzfristigen Maßnahme durch eine Person nach § 2 Abs. 1 Satz 7 getroffen werden. In diesem Fall ist unverzüglich eine nachträgliche richterliche Genehmigung zu beantragen, es sei denn,
1.
es ist bereits zu Beginn der Maßnahme abzusehen, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird oder
2.
die Maßnahme ist vor Herbeiführung der Entscheidung tatsächlich beendet und es ist auch keine Wiederholung zu erwarten.
Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Maßnahme vor deren Erlangung beendet worden, so ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Nach Beendigung der besonderen Sicherungsmaßnahme nach Abs. 2 Nr. 6 ist die untergebrachte Person auf die Möglichkeit der nachträglichen gerichtlichen Überprüfung ihrer Zulässigkeit hinzuweisen.
(6) Eine besondere Sicherungsmaßnahme nach Abs. 2 Nr. 7, durch die die Bewegungsfreiheit der untergebrachten Person über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig entzogen wird, darf nur durch das Gericht auf Antrag einer Ärztin oder eines Arztes nach § 2 Abs. 1 Satz 7 angeordnet werden. Abs. 5 Satz 3 bis 6 gelten entsprechend.
(7) Für das Verfahren bei gerichtlichen Entscheidungen über die Anordnung, die Genehmigung oder sonstige Überprüfung einer Maßnahme nach Abs. 2 Nr. 6 und Nr. 7 gelten bei Volljährigen die Bestimmungen für Unterbringungssachen nach § 312 Nr. 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3436), und bei Minderjährigen die Bestimmungen nach § 151 Nr. 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich bei Volljährigen nach § 313 Abs. 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und bei Minderjährigen nach den §§ 167 Abs. 1 Satz 1, 313 Abs. 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(8) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur aufrechterhalten werden, soweit und solange es ihr Zweck erfordert. Sie sind zu dokumentieren. Im Fall einer besonderen Sicherungsmaßnahme nach Abs. 2 Nr. 2, Nr. 6 und 7 sind die Anordnung und ihre Begründung, ihre Dauer, die Art der Betreuung und Überwachung, die Beendigung, die Nachbesprechung sowie im Fall der besonderen Sicherungsmaßnahmen nach Abs. 2 Nr. 6 und 7 zusätzlich die in der Sache ergangenen gerichtlichen Entscheidungen und der Hinweis auf die Möglichkeit der nachträglichen gerichtlichen Überprüfung zu dokumentieren.
(9) Während der Durchführung besonderer Sicherungsmaßnahmen ist eine ärztliche Mitwirkung und Überwachung zu gewährleisten.

§ 35 Einzelunterbringung, unausgesetzte Absonderung

Die unausgesetzte Absonderung einer untergebrachten Person über einen Zeitraum von mehr als einem Monat bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Die Zustimmung erstreckt sich jeweils nur auf einen Zeitraum von höchstens zwei weiteren Monaten und ist erforderlichenfalls zu erneuern. Die Anordnung einer Einzelunterbringung aus therapeutischen Gründen nach § 7 Abs. 1 bleibt unberührt; überschreitet sie die Dauer von drei Monaten, ist die Aufsichtsbehörde davon zu unterrichten.

Sechster Titel Schlußbestimmungen

§ 36 Datenschutz

(1) § 58 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, 5 und 6, die §§ 59, 60 Abs. 1, 2, 3 Satz 1, 2, 4 und 5, Abs. 4 bis 7, die §§ 61, 62 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 65 Abs. 1, 2, 4 bis 6 des Hessischen Strafvollzugsgesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass
1.
Daten über die untergebrachte Person bei ihr erhoben werden sollen und bei Dritten erhoben werden dürfen, soweit die Daten zur Beurteilung des Gesundheitszustands der untergebrachten Person oder zu ihrer Eingliederung erforderlich sind oder soweit eine Erhebung bei der untergebrachten Person nicht möglich ist,
2.
zu den Daten über die untergebrachte Person auch die Angaben über gegenwärtige oder frühere Krankheiten, Körperschäden und Verhaltensauffälligkeiten der untergebrachten Person zählen,
3.
die Übermittlung der Daten der untergebrachten Person an Personen und Stellen außerhalb der Einrichtung auch zulässig ist, soweit dies zur Weiterbehandlung der untergebrachten Person durch eine Einrichtung, in die sie im Rahmen des Maßregelvollzugs verlegt worden ist oder verlegt werden soll, oder durch eine forensisch-psychiatrische Ambulanz erforderlich ist,
4.
Kenntnisse aus der Überwachung der Besuche, des Schriftwechsels, der Ferngespräche oder sonstiger Sendungen und der Überprüfung der Mobilfunkendgeräte und Datenträger auch verwertet werden dürfen, soweit dies aus Gründen der Behandlung geboten ist,
5.
bei der Übersendung der Personalakte Daten, die dem § 203 des Strafgesetzbuchs unterliegen, nur übermittelt werden dürfen, soweit sie für den Zweck des Empfängers erforderlich sind,
6.
der Aufsichtsbehörde Daten, die dem § 203 des Strafgesetzbuches unterliegen, nur übermittelt werden dürfen, soweit sie für die Zwecke der Fach- und Rechtsaufsicht nach § 3 erforderlich sind,
7.
bei der Aufbewahrung von Daten aus der Personal- und Krankenakte eine Frist von 30 Jahren nicht überschritten werden darf.
(2) Alle zur untergebrachten Person erhobenen und für den Vollzug der Maßregel erforderlichen Daten sind in einer Akte (Personalakte) aufzunehmen. Getrennt ist die Krankenakte, die nicht der Behandlung der Anlasserkrankung dient, zu führen. Personal- und Krankenakte können auch elektronisch geführt werden.
(3) Ärztinnen und Ärzte, sonstige behandelnde oder betreuende Personen sowie Gerichte und Behörden sind, wenn Daten nach Abs. 1 Nr. 1 und 2 bei ihnen erhoben werden, befugt, den zuständigen Stellen die erhobenen Angaben zu übermitteln, soweit diese zur Durchführung des Maßregelvollzugs benötigt werden und Rechtsvorschriften außerhalb der allgemeinen Regelungen über die Berufs- und Amtsverschwiegenheit die Übermittlung nicht untersagen.
(4) Die in der Einrichtung Beschäftigten dürfen Daten der untergebrachten Person nur für den zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck einsehen, verarbeiten oder sonst nutzen. Die Weitergabe von Daten der untergebrachten Person an andere Abteilungen innerhalb der Einrichtung ist nur zulässig, soweit sie für die Behandlung der untergebrachten Person erforderlich ist. Die Verwaltung der Einrichtung darf auf Daten der untergebrachten Person nur insoweit zugreifen, als dies zur rechtmäßigen Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist.
(5) Auf Antrag ist den untergebrachten Personen unentgeltlich Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten zu erteilen und, soweit dies ohne Verletzung schutzwürdiger Belange Dritter möglich ist, Einsicht in die über sie geführten Akten zu gewähren. Die Auskunftserteilung oder die Akteneinsicht können verweigert werden, soweit Nachteile für den Gesundheitszustand oder den Therapieverlauf der untergebrachten Person zu erwarten sind.

§ 37 Geschäftsordnung, Hausordnung

(1) Die Träger der Einrichtungen des Maßregelvollzuges regeln in der Geschäftsordnung für Einrichtungen des Maßregelvollzuges insbesondere
1.
die Organisation der Einrichtungen des Maßregelvollzuges,
2.
die Gliederung und die personelle und räumliche Ausstattung der Einrichtungen des Maßregelvollzuges,
3.
die Zusammenarbeit mit Behörden und sonstigen Stellen und den im Vollzug tätigen Privatpersonen,
4.
den Geschäftsgang bei Einrichtungen des Maßregelvollzuges.
(2) Die Träger der Einrichtungen des Maßregelvollzuges erlassen in der für ihre jeweiligen Einrichtungen geltenden Hausordnungen insbesondere
1.
die Ausführungsvorschriften zu § 7,
2.
die Regelungen für die Aufnahme und Entlassung,
3.
Bestimmungen über
a)
die Behandlungszeiten, Freizeit und Ruhezeit,
b)
die Besuchszeiten, Häufigkeit und Dauer der Besuche einschließlich der Pflichten der Besucher sowie den sonstigen Verkehr mit der Außenwelt,
c)
die Bekleidung, die Verwahrung von persönlichem Besitz und die Behandlung von Nachlaßgegenständen,
4.
Vorschriften über die Ordnung und Sicherheit in der Einrichtung des Maßregelvollzuges, insbesondere Vorschriften über den Ausschluß bestimmter Gegenstände vom persönlichen Besitz, vom Erwerb oder Empfang und über die Durchführung besonderer Sicherungsmaßnahmen,
5.
Hinweise, welche Bediensteten und Stellen für die Entgegennahme von Anträgen und Beschwerden der untergebrachten Person zuständig sind.
Die Hausordnung hat auch eine Übersicht über die Angebote für eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu enthalten.
(3) Die Geschäftsordnung für Einrichtungen des Maßregelvollzuges und die Hausordnungen bedürfen der Genehmigung des für den Maßregelvollzug zuständigen Ministeriums. Die Genehmigung der Hausordnung erteilt das für den Maßregelvollzug zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem für Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsrecht zuständigen Ministerium.
(4) Das für den Maßregelvollzug zuständige Ministerium veröffentlicht die Geschäftsordnung für Einrichtungen des Maßregelvollzuges im Staats-Anzeiger für das Land Hessen. Die Träger der Einrichtungen des Maßregelvollzuges machen die Hausordnungen in den Einrichtungen des Maßregelvollzuges durch Aushang in der Einrichtung bekannt.

§ 38 Einschränkung von Grundrechten

In dem in diesem Gesetz bezeichneten Umfange werden die Grundrechte der Freiheit der Person, der körperlichen Unversehrtheit und der Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Art. 2 und 10 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und Art. 5, 6 und 12 der Verfassung des Landes Hessen) eingeschränkt.

§ 39 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1982 in Kraft.
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