OGerG HE 1952
DE - Landesrecht Hessen

Ortsgerichtsgesetz in der Fassung vom 2. April 1980

Ortsgerichtsgesetz in der Fassung vom 2. April 1980
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2015 (GVBl. S. 315)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Ortsgerichtsgesetz in der Fassung vom 2. April 198001.01.2004
Erster Abschnitt - Einrichtung und Stellung der Ortsgerichte01.01.2004
§ 1 - Errichtung der Ortsgerichte01.01.2004
§ 2 - Aufgaben der Ortsgerichte01.01.2004
§ 3 - Aufsicht über die Ortsgerichte01.01.2004
§ 4 - Zusammensetzung der Ortsgerichte01.01.2004
§ 5 - Vertretung der Ortsgerichtsmitglieder01.01.2004
§ 6 - Stellung der Ortsgerichtsmitglieder01.01.2004
§ 7 - Ernennung der Ortsgerichtsmitglieder01.01.2004
§ 8 - Persönliche Voraussetzungen für die Ernennung07.04.2010
§ 9 - Vereidigung der Ortsgerichtsmitglieder01.01.2004
§ 10 - Ausschließung der Ortsgerichtsmitglieder07.04.2010
§ 11 - Ausscheiden der Ortsgerichtsmitglieder01.01.2004
§ 12 - Hilfskräfte der Ortsgerichte01.01.2004
Zweiter Abschnitt - Zuständigkeit der Ortsgerichte01.01.2004
A. Obliegenheiten des Ortsgerichtsvorstehers allein01.01.2004
§ 13 - Beglaubigung von Unterschriften und Abschriften01.01.2004
§ 14 - Sterbefallsanzeige07.04.2010
§ 15 - Sonstige Aufgaben des Ortsgerichtsvorstehers01.01.2004
B. Obliegenheiten des Ortsgerichtsvorstehers unter Zuziehung eines Ortsgerichtsschöffen01.01.2004
§ 16 - Sicherung des Nachlasses01.01.2004
C. Obliegenheiten des Ortsgerichts in der Besetzung mit drei Mitgliedern01.01.2004
§ 17 - Mitwirkung des Ortsgerichts bei Festsetzung und Erhaltung von Grundstücksgrenzen01.01.2004
§ 18 - Schätzungen01.01.2004
Dritter Abschnitt - Anzeigepflichten des Standesbeamten01.01.2004
§ 19 - Anzeigen des Todes einer Person04.08.2015
Vierter Abschnitt - Einnahmen und Ausgaben der Ortsgerichte01.01.2004
§ 20 - Gebührenpflicht01.01.2004
§ 21 - Erhebung von Auslagen01.01.2004
§ 22 - Kostenschuldner01.01.2004
§ 23 - Festsetzung der Kosten01.01.2004
§ 24 - Zurückbehaltungsrecht01.01.2004
§ 25 - Einziehung der Kosten01.01.2004
§ 26 - Vorschußpflicht01.01.2004
§ 27 - Verwendung der Gebühren und Auslagen01.01.2004
§ 28 - Unkostentragung01.01.2004
Fünfter Abschnitt - Schlußbestimmungen01.01.2004
§ 29 - Inkrafttreten01.01.2004
§ 30 - Übergangsbestimmungen01.01.2004

Erster Abschnitt Einrichtung und Stellung der Ortsgerichte

§ 1 Errichtung der Ortsgerichte

(1) Ortsgerichte werden für eine Gemeinde errichtet. In Gemeinden mit mehreren Ortsteilen können mehrere Ortsgerichte errichtet werden.
(2) Die Errichtung von Ortsgerichten erfolgt durch den Minister der Justiz im Benehmen mit dem Minister des Innern durch Rechtsverordnung, die im Justiz-Ministerial-Blatt für Hessen zu verkünden ist. Die beteiligten Gemeinden sind vorher zu hören.
(3) Der Präsident des Oberlandesgerichts kann durch Rechtsverordnung im Benehmen mit dem Kreisausschuß, in kreisfreien Städten mit dem Magistrat, Ortsgerichtsbezirke ändern und Ortsgerichte aufheben, wenn sich die Grenzen von Gemeinden oder Ortsteilen ändern, eine ordnungsgemäße Besetzung der Ortsgerichte nicht gewährleistet ist oder sonstige wichtige Gründe vorliegen. Die beteiligten Gemeinden sind vorher zu hören. Für die Verkündung gilt Abs. 2.
(4) Wird eine Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert oder werden Gemeinden zusammengeschlossen, bleiben die bisherigen Ortsgerichtsbezirke bis zu einer Neuabgrenzung nach Abs. 3 unverändert.

§ 2 Aufgaben der Ortsgerichte

Die Ortsgerichte sind Hilfsbehörden der Justiz. Ihnen obliegen die durch Gesetz näher bezeichneten Aufgaben auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Schätzungswesens. Sie führen das Landessiegel.

§ 3 Aufsicht über die Ortsgerichte

Die Dienstaufsicht über die Ortsgerichte üben aus:
1.
der Präsident des Oberlandesgerichts;
2.
der Präsident oder Direktor des Amtsgerichts, zu dessen Bezirk das Ortsgericht gehört.

§ 4 Zusammensetzung der Ortsgerichte

(1) Für jedes Ortsgericht werden ein Ortsgerichtsvorsteher und vier Ortsgerichtsschöffen (Ortsgerichtsmitglieder) bestellt. Die Präsidenten oder Direktoren der Amtsgerichte können die Zahl der Schöffen erhöhen, wenn hierzu ein Bedürfnis besteht.
(2) Das Ortsgericht wird, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, mit dem Ortsgerichtsvorsteher als Vorsitzendem und zwei Ortsgerichtsschöffen als Beisitzern tätig. Beschlüsse werden in mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit gefasst.
(3) Die Erledigung der Verwaltungsarbeit obliegt dem Ortsgerichtsvorsteher.

§ 5 Vertretung der Ortsgerichtsmitglieder

(1) Für den Fall der Verhinderung des Ortsgerichtsvorstehers ernennt der Präsident oder Direktor des Amtsgerichts bis zu zwei Ortsgerichtsschöffen zu Vertretern.
(2) Der Ortsgerichtsvorsteher regelt vor Beginn des Kalenderjahres für dessen Dauer die Reihenfolge, in der die Ortsgerichtsschöffen tätig werden, und bestimmt ihre Vertretung im Falle der Verhinderung. Ist zur Vertretung keine Bestimmung getroffen, so erfolgt sie durch den jeweils dienstältesten bei gleichem Dienstalter durch den lebensältesten Ortsgerichtsschöffen.
(3) Der Präsident oder Direktor des Amtsgerichts kann bestimmen, daß die Vertreter des Ortsgerichtsvorstehers in Ortsgerichtsbezirken mit mehreren Ortsteilen Dienstgeschäfte, die dem Ortsgerichtsvorsteher allein obliegen, für solche Ortsteile, in denen sich die Geschäftsräume des Ortsgerichts nicht befinden, auch dann selbständig wahrnehmen können, wenn eine Verhinderung nach Abs. 1 nicht vorliegt.

§ 6 Stellung der Ortsgerichtsmitglieder

Die Ortsgerichtsmitglieder sind Ehrenbeamte.

§ 7 Ernennung der Ortsgerichtsmitglieder

(1) Die Ortsgerichtsmitglieder werden auf Vorschlag der Gemeinde von dem Präsidenten oder Direktor des Amtsgerichts auf die Dauer von zehn Jahren ernannt. Die Amtszeit kann auf fünf Jahre begrenzt werden, wenn der Vorgeschlagene bereits das 65. Lebensjahr vollendet hat. Dem Vorschlag ist die schriftliche Einverständniserklärung des Vorgeschlagenen beizufügen. Erneute Ernennung ist zulässig. Die Ortsgerichtsmitglieder bleiben nach Ablauf ihrer Amtszeit bis zum Amtsantritt der neuen Ortsgerichtsmitglieder im Amt.
(2) Die Gemeinde hat die Personen vorzuschlagen, auf die mehr als die Hälfte der Stimmen der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreter entfallen sind. Die Abstimmung erfolgt schriftlich und geheim. Wenn niemand widerspricht, kann durch Zuruf oder Handaufheben abgestimmt werden. Bewerber können vom Gemeindevorstand oder aus der Mitte der Gemeindevertretung benannt werden.
(3) Reicht die Gemeinde innerhalb einer angemessenen Frist keinen Vorschlag ein, so ernennt der Präsident oder Direktor des Amtsgerichts eine geeignete Person. Abs. 1 gilt entsprechend, jedoch kann die Ernennung für eine kürzere Amtszeit erfolgen.
(4) Lehnt der Präsident oder Direktor des Amtsgerichts die Ernennung des Vorgeschlagenen ab, so hat die Gemeinde auf Grund einer neuen Abstimmung einen neuen Vorschlag einzureichen. Geschieht dies nicht innerhalb einer angemessenen Frist oder wird der abgelehnte Bewerber erneut vorgeschlagen, so ernennt der Präsident oder Direktor des Amtsgerichts eine geeignete Person.

§ 8 Persönliche Voraussetzungen für die Ernennung

(1) Zu Ortsgerichtsmitgliedern dürfen nur Personen ernannt werden, die allgemeines Vertrauen genießen sowie lebenserfahren und unbescholten sind. Sie sollen mit der Schätzung von Grundstücken vertraut sein.
(2) Ortsgerichtsmitglieder können nicht Personen sein, die
1.
ihren Wohnsitz im Bezirk des Ortsgerichts nicht oder nicht mehr haben,
2.
die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig ausüben;
3.
als Rechtsanwalt oder Notar zugelassen sind.
(3) Im Dienst befindliche Richter sowie Beamte im Justizdienst, deren berufliche Tätigkeit im Zusammenhang mit den Aufgaben des Ortsgerichts steht, sollen nicht zu Ortsgerichtsmitgliedern ernannt werden.
(4) Personen, die miteinander im ersten oder zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind, sowie Ehegatten oder Lebenspartner sollen nicht gleichzeitig Ortsgerichtsmitglieder sein.
(5) Weitergehende beamtenrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

§ 9 Vereidigung der Ortsgerichtsmitglieder

Die Ortsgerichtsmitglieder haben vor dem Präsidenten oder Direktor des Amtsgerichts den für Beamte vorgeschriebenen Eid zu leisten, sofern sie nicht schon als Beamte vereidigt worden sind.

§ 10 Ausschließung der Ortsgerichtsmitglieder

(1) Ein Ortsgerichtsmitglied ist von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen:
1.
in Sachen, in denen es selbst beteiligt ist oder in denen es zu einem Beteiligten in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regreßpflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten oder Lebenspartners, auch wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der es in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen es als Bevollmächtigter eines Beteiligten bestellt oder als gesetzlicher Vertreter eines solchen aufzutreten berechtigt ist oder war.
(2) Ein Ortsgerichtsmitglied soll sich, auch wenn ein Ausschließungsgrund nach Abs. 1 nicht vorliegt, der Ausübung seines Amtes enthalten, wenn es sich wegen persönlicher Beziehungen oder aus einem anderen Grunde für befangen hält. Die Ablehnung eines Ortsgerichtsmitgliedes ist ausgeschlossen.
(3) Eine Verletzung dieser Vorschriften beeinträchtigt die Wirksamkeit des vorgenommenen Dienstgeschäftes nicht.

§ 11 Ausscheiden der Ortsgerichtsmitglieder

(1) Für die Verabschiedung und die Entlassung von Ortsgerichtsmitgliedern ist der Präsident oder Direktor des Amtsgerichts zuständig.
(2) Der Präsident oder Direktor des Amtsgerichts kann ein Ortsgerichtsmitglied aus wichtigem Grund entlassen.

§ 12 Hilfskräfte der Ortsgerichte

(1) Der Ortsgerichtsvorsteher kann zu seiner Entlastung für Nebenarbeiten Hilfspersonen mit Zustimmung des Präsidenten oder Direktors des Amtsgerichts beschäftigen. Sie treten zu dem Ortsgericht in kein Dienstverhältnis.
(2) Die Hilfspersonen sind vor Arbeitsaufnahme von dem Ortsgerichtsvorsteher zur gewissenhaften Arbeitsleistung und zur Verschwiegenheit besonders zu verpflichten.

Zweiter Abschnitt Zuständigkeit der Ortsgerichte

A. Obliegenheiten des Ortsgerichtsvorstehers allein

§ 13 Beglaubigung von Unterschriften und Abschriften

(1) Der Ortsgerichtsvorsteher ist zuständig, Unterschriften öffentlich zu beglaubigen.
(2) Der Ortsgerichtsvorsteher ist ferner zur Beglaubigung von Abschriften öffentlicher oder privater Urkunden zuständig. Zur Beglaubigung einer auszugsweisen Abschrift ist er nicht befugt.
(3) Die Unterschriften und Abschriften soll er nur beglaubigen, wenn die Personen, die die Unterschriften vollzogen oder die Abschriften vorgelegt haben, im Bezirk des Ortsgerichts ihren Wohnsitz, ihren ständigen Aufenthalt oder ihren ständigen Arbeitsplatz haben, oder wenn dies im Zusammenhang mit anderen, die gleiche Sache betreffenden Beglaubigungen geschieht.

§ 14 Sterbefallsanzeige

(1) Auf Ersuchen des Amtsgerichts erteilt der Ortsgerichtsvorsteher über den Sterbefall von Personen, die in dem Bezirk des Ortsgerichts ihren letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben, eine Sterbefallsanzeige.
(2) Die Sterbefallsanzeige soll Angaben enthalten über:
1.
Namen und Stand,
2.
letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort,
3.
Zeitpunkt und Ort der Geburt und des Todes,
4.
Familienstand,
5.
gesetzliche Erben,
6.
Vorhandensein einer Verfügung von Todes wegen,
7.
allgemeine Vermögensverhältnisse, insbesondere Grundbesitz,
8.
Güterrechtsverhältnisse der Ehegatten oder Lebenspartner.
Sie soll weiter zu erkennen geben, ob ein Einschreiten des Vormundschaftsgerichts oder des Nachlaßgerichts geboten ist.
(3) Der Präsident oder Direktor des Amtsgerichts kann das Ersuchen allgemein für alle Sterbefälle im Bezirk des Gerichts stellen. Der zuständige Standesbeamte ist hiervon zu benachrichtigen.

§ 15 Sonstige Aufgaben des Ortsgerichtsvorstehers

Der Ortsgerichtsvorsteher hat die Ersuchen der Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu erledigen, insbesondere
1.
über Besitzverhältnisse oder persönliche Verhältnisse der in seinem Bezirk wohnenden oder sich aufhaltenden Personen Auskünfte zu erteilen,
2.
zu Fragen gutachtlich, Stellung zu nehmen, die das Gericht für seine Entscheidungen benötigt,
3.
Vermögensverzeichnisse und Nachlassinventare aufzustellen.

B. Obliegenheiten des Ortsgerichtsvorstehers unter Zuziehung eines Ortsgerichtsschöffen

§ 16 Sicherung des Nachlasses

(1) Der Ortsgerichtsvorsteher ist, soweit ein Bedürfnis besteht, neben dem Amtsgericht für die in § 1960 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorgesehene Sicherung des Nachlasses zuständig. Zur Bestellung eines Nachlaßpflegers ist er nicht befugt.
(2) Zum Zwecke der Sicherung kann er insbesondere Siegel anlegen, Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten an sich nehmen sowie in einer Liste die vorgefundenen Gegenstände aufzeichnen.
(3) Der Ortsgerichtsvorsteher hat zu diesen Maßnahmen einen Ortsgerichtsschöffen zuzuziehen sowie am Orte anwesende Erben oder Verwandte des Erblassers oder geeignete Auskunftspersonen zu laden.
(4) Von den getroffenen Maßnahmen hat der Ortsgerichtsvorsteher dem Amtsgericht unverzüglich Mitteilung zu machen. Hat er Siegel angelegt, so soll deren Abnahme nur auf Anordnung des Amtsgerichts erfolgen. Verfügungen von Todes wegen, die sich im Nachlaß befinden, sowie Geld, Wertpapiere oder Kostbarkeiten, die der Ortsgerichtsvorsteher an sich genommen hat, hat er unverzüglich an das Amtsgericht abzuliefern.
(5) Wenn zweifelhaft ist, ob Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind, der Ortsgerichtsvorsteher sie jedoch nicht trifft, hat er dem Amtsgericht unverzüglich den Sachverhalt anzuzeigen.
(6) Auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen kann das Amtsgericht Maßnahmen, die der Ortsgerichtsvorsteher zum Zwecke der Sicherung des Nachlasses getroffen hat, abändern oder aufheben, wenn sie nach seinem Ermessen nicht gerechtfertigt sind.

C. Obliegenheiten des Ortsgerichts in der Besetzung mit drei Mitgliedern

§ 17 Mitwirkung des Ortsgerichts bei Festsetzung und Erhaltung von Grundstücksgrenzen

Das Ortsgericht ist zuständig, auf Antrag eines Beteiligten oder auf Ersuchen einer Behörde bei der Feststellung und Erhaltung der Grenzen der Grundstücke, die in seinem Bezirk liegen, insbesondere bei der Errichtung fester Grenzzeichen mitzuwirken.

§ 18 Schätzungen

(1) Das Ortsgericht ist zuständig, auf Antrag eines Beteiligten oder auf Ersuchen einer Behörde den Wert zu schätzen von:
1.
Grundstücken,
2.
beweglichen Sachen,
3.
Nutzungen eines Grundstücks,
4.
Rechten an einem Grundstück,
5.
Früchten, die von dem Boden noch nicht getrennt sind,
6.
Schäden an einem Grundstück und an Früchten, die von dem Boden noch nicht getrennt sind,
soweit die Gegenstände sich in seinem Bezirk befinden.
(2) Liegt ein Grundstück in den Bezirken mehrerer Ortsgerichte, so ist das Ortsgericht zuständig, in dessen Bezirk der größere Teil liegt.
(3) Die Schätzungsurkunden über Grundstücke sollen Angaben enthalten über
1.
Größe und Bodenwert,
2.
Bauart und Wert der Gebäude,
3.
Wert der besonderen Einrichtungen, die zum Grundstück gehören,
4.
Gesamtwert.

Dritter Abschnitt Anzeigepflichten des Standesbeamten

§ 19 Anzeigen des Todes einer Person

(1) Wird bei einem Standesbeamten der Tod einer Person angezeigt, so hat er an das für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt zuständige Amtsgericht eine Durchschrift der Eintragung in das Sterbebuch zu übersenden, auch wenn die Voraussetzungen des § 168a Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht vorliegen.
(2) Ist ein Ersuchen nach § 14 Abs. 3 gestellt, übersendet der Standesbeamte die Durchschrift an das für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt zuständige Ortsgericht.

Vierter Abschnitt Einnahmen und Ausgaben der Ortsgerichte

§ 20 Gebührenpflicht

(1) Die Ortsgerichte erheben Gebühren nach einer Gebührenordnung, die der Minister der Justiz im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen erlässt; sie kann für Tätigkeiten Gebührenfreiheit vorsehen. Die Erhebung der Gebühren unterbleibt, wenn deren Zahlung dem Gebührenschuldner nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann. Zur gebührenfreien Amtshilfe sind die Ortsgerichte nicht verpflichtet.
(2) Die Gebühren werden mit der Beendigung des gebührenpflichtigen Geschäfts fällig.

§ 21 Erhebung von Auslagen

(1) Die den Ortsgerichtsmitgliedern bei der Vornahme von Dienstgeschäften entstandenen baren Unkosten werden von dem Ortsgericht als Auslagen erhoben. Zu den baren Unkosten gehört auch der entgangene Arbeitsverdienst nach Maßgabe der für Schöffen geltenden Vorschriften.
(2) Die Auslagen sind sofort fällig.

§ 22 Kostenschuldner

(1) Zur Zahlung der Kosten (Gebühren und Auslagen) sind verpflichtet:
1.
bei Geschäften, die auf Antrag vorgenommen werden, jeder, der die Tätigkeit des Ortsgerichts veranlaßt, bei der Beurkundung von Rechtsgeschäften insbesondere jeder Teil, dessen Erklärung beurkundet ist;
2.
bei Geschäften, die von Amts wegen vorgenommen werden, derjenige, dessen Interesse wahrgenommen wird;
3.
bei Geschäften, die auf Ersuchen des Amtsgerichts vorgenommen werden, und bei Erteilung von Sterbefallsanzeigen derjenige, dessen Interesse wahrgenommen wird;
4.
derjenige, der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts für die Kostenschuld eines anderen kraft Gesetzes haftet.
(2) Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner.
(3) In den Fällen des Abs. 1 Nr. 3 und bei Nachlasssicherungen, die ohne Ersuchen des Amtsgerichts vorgenommen werden, verauslagt die Staatskasse die Kosten. Sie werden mit den Kosten eines gerichtlichen Verfahrens von dem Kostenschuldner erhoben.

§ 23 Festsetzung der Kosten

(1) Auf Antrag des Kostenschuldners setzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Amtsgerichts die Kosten fest. Gerichtskosten werden für die Festsetzung nicht erhoben.
(2) Gegen die Festsetzung ist die Erinnerung zulässig; die Entscheidung des Amtsgerichts ist endgültig.

§ 24 Zurückbehaltungsrecht

(1) Ausfertigungen, Abschriften sowie zurückzugebende Urkunden, die aus Anlass des Geschäfts eingereicht sind, können zurückbehalten werden, bis die in der Angelegenheit erwachsenen Kosten bezahlt sind.
(2) Über Erinnerungen gegen Anordnungen gemäß Abs. 1 wird im Aufsichtsweg entschieden.

§ 25 Einziehung der Kosten

Auf Ersuchen des Ortsgerichtsvorstehers werden die Kosten im Wege des Verwaltungszwanges nach den Vorschriften der Justizbeitreibungsordnung eingezogen.

§ 26 Vorschußpflicht

(1) Bei Geschäften, die auf Antrag vorzunehmen sind, kann die Vornahme des Geschäfts davon abhängig gemacht werden, dass der Kostenschuldner einen zur Deckung der Kosten hinreichenden Vorschuss zahlt. Dies gilt nicht, wenn die Voraussetzungen nach § 20 Abs. 1 Satz 2 vorliegen, oder wenn eine etwaige Verzögerung einem Beteiligten einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde.
(2) Vorschüsse werden nur insoweit zurückgezahlt, als sie den Gesamtbetrag der für das Geschäft bis zu dessen Beendigung entstandenen Kosten übersteigen.

§ 27 Verwendung der Gebühren und Auslagen

(1) Von den durch das Ortsgericht vereinnahmten Gebühren erhalten
1.
der Ortsgerichtsvorsteher oder sein Vertreter 25 vom Hundert,
2.
die an den einzelnen Dienstgeschäften beteiligten Ortsgerichtsmitglieder (einschließlich des Ortsgerichtsvorstehers) - untereinander zu gleichen Teilen - zusammen 75 vom Hundert.
Die Gebührenanteile der Ortsgerichtsmitglieder sind Dienstaufwandsentschädigungen.
(2) Die vereinnahmten Auslagen stehen den Ortsgerichtsmitgliedern zu.
(3) Die Abrechnung und Auszahlung erfolgt jeweils am Monatsende.

§ 28 Unkostentragung

Die Auslagen für Hilfspersonen trägt der Ortsgerichtsvorsteher, die sonstigen Kosten der Geschäftsführung des Ortsgerichts die Gemeinde.

Fünfter Abschnitt Schlußbestimmungen

§ 29 Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am 1. Januar 1953 in Kraft.

§ 30 Übergangsbestimmungen

Die bisher eingerichteten Ortsgerichte gelten als auf Grund dieses Gesetzes errichtet. Die Schätzungsämter und Feldgerichte stellen ihre Tätigkeit ein.
Markierungen
Leseansicht