Landesgesetz über die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten der Landesregierung Rheinland-Pfalz (Opferbeauftragtengesetz) Vom 7. Februar 2023
Landesgesetz über die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten der Landesregierung Rheinland-Pfalz (Opferbeauftragtengesetz) Vom 7. Februar 2023
Zum 13.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Landesgesetz über die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten der Landesregierung Rheinland-Pfalz (Opferbeauftragtengesetz) vom 7. Februar 2023 | 11.02.2023 |
Eingangsformel | 11.02.2023 |
§ 1 - Opferbeauftragte oder Opferbeauftragter | 11.02.2023 |
§ 2 - Berufung und Rechtsstellung | 11.02.2023 |
§ 3 - Aufgaben | 11.02.2023 |
§ 4 - Kriseninterventionskonzept | 11.02.2023 |
§ 5 - Befugnisse | 11.02.2023 |
§ 6 - Unterrichtungspflichten | 11.02.2023 |
§ 7 - Tätigkeitsbericht | 11.02.2023 |
§ 8 - Verarbeitung personenbezogener Daten | 11.02.2023 |
§ 9 - Inkrafttreten | 11.02.2023 |
Der Landtag Rheinland-Pfalz hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 Opferbeauftragte oder Opferbeauftragter
Die oder der Opferbeauftragte der Landesregierung (Opferbeauftragte oder Opferbeauftragter) ist die zentrale Stelle für Opfer und Angehörige von Opfern von terroristischen Anschlägen, Amoktaten, Naturkatastrophen und Unglücken überregionalen Ausmaßes mit Personenschäden in Rheinland-Pfalz sowie für von terroristischen Anschlägen, Amoktaten, Naturkatastrophen und Unglücken überregionalen Ausmaßes betroffene Personen, die in Rheinland-Pfalz leben. Darüber hinaus wird sie oder er im Einzelfall auf Aufforderung der Landesregierung tätig.
§ 2 Berufung und Rechtsstellung
(1) Die oder der Opferbeauftragte wird von der Landesregierung berufen und entlassen. Ihre oder seine Amtszeit endet mit der bei Berufung laufenden Wahlperiode des Landtags Rheinland-Pfalz, durch Tod, durch Rücktritt oder mit der Entlassung. Eine Wiederberufung ist zulässig.
(2) Die oder der Opferbeauftragte ist in der Wahrnehmung ihrer oder seiner Aufgaben nach den §§ 1 und 3 unabhängig und nicht an Weisungen gebunden.
(3) Das Amt der oder des Opferbeauftragten ist ein öffentliches Ehrenamt. Das Land ersetzt der oder dem Opferbeauftragten die durch die Tätigkeit veranlassten Aufwendungen. Die für die Erfüllung der Aufgaben notwendigen Ausgaben richten sich nach dem Landeshaushalt.
§ 3 Aufgaben
(1) Die oder der Opferbeauftragte soll insbesondere folgende Aufgaben wahrnehmen:
1.
Beratung und Vermittlung von schnellen und passgenauen Hilfen (Lotsenfunktion) für die Opfer und deren Angehörige,
2.
Weitergabe relevanter Informationen an die Opfer und deren Angehörige,
3.
Koordinierung der Beratung und Hilfen für Opfer und deren Angehörige zwischen den beteiligten Stellen,
4.
Weitergabe der für die Unterstützung von Opfern und deren Angehörigen relevanten Informationen an Beratungsstellen der Opferhilfe und des Opferschutzes im Strafverfahren im Land Rheinland-Pfalz (Opferberatungseinrichtungen) und sonstige zuständige öffentliche und nichtöffentliche Stellen,
5.
Erstellung eines Kriseninterventionskonzeptes nach § 4,
6.
anlassbezogene Kooperation in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
7.
Organisation und Pflege einer nachhaltigen Angebots- und Beratungsstruktur außerhalb der Akutphase (Ankerfunktion),
8.
Zusammenarbeit mit Opferberatungseinrichtungen und anderen Organisationen aus dem Bereich des zivilgesellschaftlichen Engagements im Land Rheinland-Pfalz,
9.
Zusammenarbeit mit relevanten öffentlichen Stellen im Land Rheinland-Pfalz, insbesondere der Katastrophenschutzbehörde, sowie der anderen Länder und des Bundes,
10.
Zusammenarbeit mit den Opferbeauftragten und Beratungsstellen anderer Länder und des Bundes,
11.
Bereitstellung einer Internetseite mit Informationen für die Opfer und deren Angehörige.
(2) Die oder der Opferbeauftragte soll im Rahmen ihrer oder seiner Aufgaben nach den §§ 1 und 3 auch eigeninitiativ mit Opfern und deren Angehörigen in Kontakt treten.
§ 4 Kriseninterventionskonzept
Die oder der Opferbeauftragte erstellt unter Berücksichtigung der bestehenden Hilfestrukturen ein Kriseninterventionskonzept für Fälle eines terroristischen Anschlags, von Amoktaten, Naturkatastrophen und Unglücken überregionalen Ausmaßes mit Personenschäden in Rheinland-Pfalz (Ereignisfall). Das Kriseninterventionskonzept informiert über konkrete Handlungsfelder, schnell verfügbare und längerfristige Hilfsangebote und Möglichkeiten der Entschädigung. Das Kriseninterventionskonzept ist regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren.
§ 5 Befugnisse
(1) Die oder der Opferbeauftragte kann von allen Behörden des Landes sowie den Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie der Aufsicht des Landes unterstehen, die mündlichen und schriftlichen Auskünfte verlangen, die sie oder er zur Identifizierung von oder zur Kontaktaufnahme mit Opfern und Angehörigen benötigt, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer oder seiner Aufgaben nach den §§ 1 und 3 erforderlich ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Datenübermittlung den schutzwürdigen Interessen der Opfer oder Angehörigen widerspricht. Die gleichen Befugnisse bestehen gegenüber juristischen Personen des Privatrechts, nicht rechtsfähigen Vereinigungen und natürlichen Personen, soweit sie unter der Aufsicht des Landes öffentlich-rechtliche Tätigkeit ausüben.
(2) Zu den personenbezogenen Daten, welche die oder der Opferbeauftragte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 zur Identifizierung von oder zur Kontaktaufnahme mit Opfern und Angehörigen benötigt, gehören insbesondere Name, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Art der Betroffenheit von dem Ereignis und der Aufenthaltsort.
(3) Die oder der Opferbeauftragte kann von den in Absatz 1 genannten Stellen weitere Auskünfte sowie die Einsicht in Akten und Unterlagen verlangen, wenn die von der Datenübermittlung betroffenen Opfer oder Angehörigen eingewilligt haben. Zum Nachweis der Einwilligung gegenüber der ersuchten Stelle genügt die mündliche oder schriftliche Versicherung der oder des Opferbeauftragten.
(4) Auskunft, Akten- und Unterlagenvorlagen dürfen verweigert werden, soweit zu besorgen ist, dass dem Bund, einem Land oder einem Dritten ein erheblicher Nachteil entstehen würde oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährdet oder erheblich erschwert wäre. Besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen, insbesondere § 479 der Strafprozessordnung und § 62 Abs. 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes vom 10. November 1993 (GVBl. S. 595, BS 2012-1) in der jeweils geltenden Fassung, und die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleiben unberührt.
§ 6 Unterrichtungspflichten
Das Ministerium des Innern und für Sport oder die nachgeordneten Polizeibehörden haben im Ereignisfall die relevanten Informationen, insbesondere zu Anzahl und Identität der Opfer, zur Art der Betroffenheit von dem Ereignis, zum Aufenthaltsort und zur Lage, unverzüglich an die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten weiterzugeben.
§ 7 Tätigkeitsbericht
Die oder der Opferbeauftragte erstellt alle zwei Jahre, spätestens sechs Monate vor dem Ende der jeweiligen Wahlperiode, einen Bericht über die Ergebnisse ihrer oder seiner Tätigkeit an den Ministerrat.
§ 8 Verarbeitung personenbezogener Daten
(1) Die oder der Opferbeauftragte kann personenbezogene Daten von Opfern, Angehörigen sowie von Verursachern und von Menschen, die sich im Rahmen ihrer oder seiner Aufgaben an sie oder ihn wenden, verarbeiten, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer oder seiner Aufgaben nach den §§ 1 und 3 erforderlich ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Datenverarbeitung den schutzwürdigen Interessen dieser Personen widerspricht. Die Verarbeitung weiterer personenbezogener Daten von Opfern oder Angehörigen als der nach § 5 Abs. 2 bedarf deren Einwilligung. Besondere gesetzliche Verarbeitungsregelungen bleiben unberührt.
(2) Die oder der Opferbeauftragte kann, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer oder seiner Aufgaben nach den §§ 1 und 3 erforderlich ist, Gesundheits- und Sozialdaten von Opfern verarbeiten, insbesondere zur Verletzung, dem Gesundheitszustand und der Aufnahme in einem Krankenhaus, einer Rehabilitationseinrichtung oder der Inanspruchnahme ambulanter Versorgungs-, Behandlungs- und Beratungseinrichtungen. § 19 Abs. 1 und 3 des Landesdatenschutzgesetzes vom 8. Mai 2018 (GVBl. S. 93, BS 204-1) in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.
(3) Nach Erfüllung des Verarbeitungszwecks nach Absatz 1 oder Absatz 2 sind die personenbezogenen Daten zu löschen. Abweichend von Satz 1 können personenbezogene Daten mit Einwilligung der betroffenen Personen jeweils drei weitere Jahre zur Wahrnehmung weiterer Aufgaben nach den §§ 1 und 3 verarbeitet werden. Personenbezogene Daten sind mit Ablauf des Zeitraums, für den die letzte Einwilligung erteilt worden ist, zu löschen. Die betroffene Person ist darauf hinzuweisen, dass die Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann. Gesetzliche Aufbewahrungspflichten bleiben unberührt.
(4) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten ergänzend zu der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. EU Nr. L 119 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung. Auf die ergänzenden Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes wird verwiesen.
§ 9 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
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