ThürSchiedsVO-SGB VIII
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Thüringer Verordnung über die Schiedsstelle nach § 78g des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (ThürSchiedsVO-SGB VIII) Vom 28. Januar 1999

Thüringer Verordnung über die Schiedsstelle nach § 78g des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (ThürSchiedsVO-SGB VIII) Vom 28. Januar 1999
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 7 der Verordnung vom 18. September 2012 (GVBl. S. 410)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Thüringer Verordnung über die Schiedsstelle nach § 78g des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (ThürSchiedsVO-SGB VIII) vom 28. Januar 199928.02.1999
Eingangsformel28.02.1999
§ 1 - Einrichtung der Schiedsstelle und deren Geschäftsstelle01.05.2008
§ 2 - Zusammensetzung der Schiedsstelle28.02.1999
§ 3 - Bestellung der Mitglieder der Schiedsstelle01.05.2008
§ 4 - Amtsperiode28.02.1999
§ 5 - Abberufung und Amtsniederlegung01.05.2008
§ 6 - Amtsführung28.02.1999
§ 7 - Einleitung des Schiedsverfahrens28.02.1999
§ 8 - Vorbereitung der Sitzung28.02.1999
§ 9 - Verlauf der Sitzung01.05.2008
§ 10 - Entscheidung28.02.1999
§ 11 - Verfahrensgebühr und Kostentragung14.06.2002
§ 12 - Entschädigung01.05.2008
§ 13 - Geschäftsordnung01.05.2008
§ 14 - Aufsicht01.05.2008
§ 15 - Gleichstellungsbestimmung28.02.1999
§ 16 - Inkrafttreten31.12.2012
Aufgrund des § 78g Abs. 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) in der Fassung vom 15. März 1996 (BGBl. I S. 477), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. Mai 1998 (BGBl. I S. 1188), verordnet die Landesregierung:

§ 1 Einrichtung der Schiedsstelle und deren Geschäftsstelle

(1) Die nach § 78g Abs. 1 SGB VIII in Thüringen einzurichtende Schiedsstelle wird beim Landesverwaltungsamt gebildet.
(2) Die Geschäftsführung der Schiedsstelle wird vom Landesverwaltungsamt wahrgenommen, das hierzu eine Geschäftsstelle errichtet.

§ 2 Zusammensetzung der Schiedsstelle

(1) Der Schiedsstelle gehören neun Mitglieder an; sie besteht aus dem vorsitzenden Mitglied, vier Vertretern der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und vier Vertretern der Träger der Einrichtungen.
(2) Das vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle hat einen Stellvertreter, die übrigen Mitglieder haben jeweils einen ersten und einen zweiten Stellvertreter.
(3) Das vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle und sein Stellvertreter dürfen weder haupt- noch nebenberuflich bei einem Träger der freien oder öffentlichen Jugendhilfe tätig sein.

§ 3 Bestellung der Mitglieder der Schiedsstelle

(1) Als Vertreter der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestellen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemeinsam vier Mitglieder der Schiedsstelle und deren Stellvertreter.
(2) Als Vertreter der Träger der Einrichtungen bestellen
1.
zwei Mitglieder der Schiedsstelle und deren Stellvertreter die Liga der freien Wohlfahrtspflege,
2.
ein Mitglied der Schiedsstelle und dessen Stellvertreter die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemeinsam und
3.
ein Mitglied der Schiedsstelle und dessen Stellvertreter die im Lande vertretenen Vereinigungen der privatgewerblichen Träger gemeinsam.
(3) Die nach den Absätzen 1 und 2 beteiligten Organisationen bestellen das vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle und dessen Stellvertreter gemeinsam.
(4) Soweit die nach den Absätzen 1 bis 3 beteiligten Organisationen von ihrem Recht auf Bestellung keinen Gebrauch machen oder bei gemeinsam zu bestellenden Mitgliedern der Schiedsstelle und deren Stellvertretern eine Einigung über diese nicht erzielt wird, bestellt das Landesverwaltungsamt auf Antrag einer der beteiligten Organisationen die Mitglieder der Schiedsstelle und deren Stellvertreter.
(5) Die Bestellung der Mitglieder der Schiedsstelle und deren Stellvertreter bedarf der Schriftform. Die Bestellung wird wirksam, sobald die Mitglieder der Schiedsstelle und deren Stellvertreter ihr Einverständnis gegenüber der Geschäftsstelle der Schiedsstelle schriftlich mitgeteilt haben. Die Geschäftsstelle der Schiedsstelle unterrichtet die nach den Absätzen 1 bis 3 beteiligten Organisationen über die erfolgten Bestellungen.

§ 4 Amtsperiode

(1) Die Amtsperiode der Mitglieder der Schiedsstelle beträgt vier Jahre. Die erste Amtsperiode beginnt am ersten Tag des auf die Verkündung dieser Verordnung folgenden Kalendermonats.
(2) Die Amtszeit der Mitglieder der Schiedsstelle und deren Stellvertreter endet mit dem Ablauf der Amtsperiode. Sie führen ihr Amt weiter, bis ihre Nachfolger bestellt sind. Die erneute Bestellung ist möglich.
(3) Scheidet ein Mitglied der Schiedsstelle oder ein Stellvertreter vorzeitig aus, so wird von den für seine Bestellung nach § 3 Abs. 1 bis 3 zuständigen Organisationen für den Rest der Amtsperiode unverzüglich ein Ersatzmitglied oder ein Ersatzstellvertreter bestellt. § 3 Abs. 4 gilt entsprechend.

§ 5 Abberufung und Amtsniederlegung

(1) Das vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle und sein Stellvertreter können von den für ihre Bestellung nach § 3 Abs. 3 zuständigen Organisationen gemeinsam unter gleichzeitiger Bestellung eines Nachfolgers abberufen werden. Auf Antrag einer der beteiligten Organisationen können sie aus wichtigem Grund durch das Landesverwaltungsamt abberufen werden. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn nach Abwägung ihrer Interessen den beteiligten Organisationen eine weitere Zusammenarbeit mit demjenigen, der abberufen werden soll, bis zum Ende der Amtsperiode nicht zugemutet werden kann. Dem Betroffenen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und ihre Stellvertreter können unter gleichzeitiger Bestellung eines Nachfolgers von den Organisationen abberufen werden, die sie bestellt haben.
(3) Die Abberufung bedarf der Schriftform. Sie ist der Geschäftsstelle der Schiedsstelle schriftlich mitzuteilen. Diese unterrichtet die übrigen nach § 3 Abs. 1 bis 3 beteiligten Organisationen.
(4) Die Mitglieder der Schiedsstelle und ihre Stellvertreter können ihr Amt durch schriftliche Erklärung gegenüber der Geschäftsstelle der Schiedsstelle niederlegen. Diese unterrichtet die nach § 3 Abs. 1 bis 3 beteiligten Organisationen.

§ 6 Amtsführung

(1) Die Mitglieder der Schiedsstelle und ihre Stellvertreter führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden.
(2) Die Mitglieder der Schiedsstelle sind zur Teilnahme an den Sitzungen der Schiedsstelle verpflichtet. Ein an der Teilnahme verhindertes Mitglied der Schiedsstelle muss unverzüglich seinen ersten Stellvertreter, bei dessen Verhinderung seinen zweiten Stellvertreter, zur Teilnahme auffordern und die Verhinderung sowie den Namen des Stellvertreters der Geschäftsstelle der Schiedsstelle mitteilen. Die Sätze 1 und 2 gelten für die Stellvertreter entsprechend.
(3) Die Mitglieder der Schiedsstelle und ihre Stellvertreter sowie die Mitarbeiter der Geschäftsstelle haben, auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit, über die ihnen bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren.

§ 7 Einleitung des Schiedsverfahrens

(1) Das Schiedsverfahren beginnt mit dem schriftlichen Antrag einer Partei. Der Antrag ist bei der Geschäftsstelle der Schiedsstelle einzureichen; diese vermerkt das Eingangsdatum.
(2) Der Antrag muss folgende Angaben enthalten:
1.
die Bezeichnung der Parteien,
2.
den Sachverhalt und das Ergebnis der vorangegangenen Verhandlungen,
3.
die Angabe der Gründe, aus denen eine Vereinbarung nicht erzielt werden konnte,
4.
einen Entscheidungsantrag.
Die Unterlagen, die den Verhandlungen über die streitige Angelegenheit zu Grunde gelegen haben, sind beizufügen.
(3) Die Geschäftsstelle der Schiedsstelle leitet den anderen Parteien eine Ausfertigung des Antrags einschließlich der dem Antrag beigefügten Unterlagen zu und fordert sie unter Fristsetzung zur Stellungnahme auf.

§ 8 Vorbereitung der Sitzung

(1) Das vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle legt Zeit, Ort und Gegenstand der Sitzung fest und bereitet diese inhaltlich vor.
(2) Die Ladungsfrist für Parteien und Mitglieder der Schiedsstelle beträgt mindestens zwei Wochen. Die schriftliche Ladung enthält Angaben über Zeit und Ort der Sitzung sowie über den Gegenstand und die von den Parteien eingereichten Unterlagen. Es kann in Abwesenheit der Parteien verhandelt werden, sofern in der Ladung darauf hingewiesen wurde. Zeit und Ort der Sitzung sind auch den Stellvertretern mitzuteilen.
(3) Auf Verlangen des vorsitzenden Mitgliedes der Schiedsstelle sind die Parteien verpflichtet, zusätzliche Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen.

§ 9 Verlauf der Sitzung

(1) Die Schiedsstelle entscheidet nach mündlicher, nicht öffentlicher Verhandlung.
(2) Stellvertretende Mitglieder der Schiedsstelle können als Zuhörer teilnehmen. Anderen Personen kann das vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle die Anwesenheit gestatten, wenn keine Partei widerspricht.
(3) Die Schiedsstelle kann durch Beschluss Zeugen und Sachverständige hinzuziehen, wenn die Parteien dies beantragen. Zeugen sind zur Aussage und Sachverständige zur Erstattung von Gutachten verpflichtet. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen beizuwohnen und hierbei sachdienliche Fragen zu stellen; ein schriftliches Gutachten soll ihnen zugänglich gemacht werden.
(4) Das vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle leitet die Sitzung; es ist für die Ordnung verantwortlich.
(5) Das vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle hat den Verfahrensgegenstand mit den Parteien zu erörtern und darauf hinzuwirken, dass unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben ergänzt sowie alle für die Feststellung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden. Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle haben das Recht, sachdienliche Fragen zu stellen. Die Schiedsstelle soll auf eine Einigung der Parteien hinwirken.
(6) Über die Sitzung ist eine Niederschrift anzufertigen. Die Niederschrift muss Angaben enthalten über
1.
den Ort und den Tag der Sitzung,
2.
die Namen des vorsitzenden Mitgliedes der Schiedsstelle, der anwesenden übrigen Mitglieder der Schiedsstelle, der erschienenen Parteien und deren Bevollmächtigten sowie der hinzugezogenen Zeugen und Sachverständigen,
3.
den behandelten Verfahrensgegenstand,
4.
die gestellten Entscheidungsanträge,
5.
den wesentlichen Inhalt der Aussagen der Zeugen und Sachverständigen und
6.
die getroffene Entscheidung sowie das Abstimmungsergebnis; jedes Mitglied der Schiedsstelle kann verlangen, dass in der Niederschrift festgehalten wird, wie es abgestimmt hat.
Die Niederschrift ist vom vorsitzenden Mitglied der Schiedsstelle und von einem bei der Sitzung anwesenden Mitglied der Schiedsstelle zu unterzeichnen.

§ 10 Entscheidung

(1) Die Schiedsstelle ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder der Schiedsstelle ordnungsgemäß geladen und neben dem vorsitzenden Mitglied der Schiedsstelle mindestens je drei die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die Träger der Einrichtungen vertretenden Mitglieder der Schiedsstelle anwesend sind. Tritt die Schiedsstelle wegen vorheriger Beschlussunfähigkeit erneut zur Beratung über denselben Gegenstand zusammen, so ist sie ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlussfähig. In der Einladung zur Sitzung ist darauf hinzuweisen.
(2) Die Schiedsstelle berät und entscheidet nicht öffentlich in Abwesenheit der Parteien. Bei der Beratung und Entscheidung dürfen nur Mitglieder der Schiedsstelle zugegen sein, die auch an der Sitzung teilgenommen haben.
(3) Die Entscheidung wird mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen getroffen. Ergibt sich keine Mehrheit, gibt die Stimme des vorsitzenden Mitgliedes der Schiedsstelle den Ausschlag.
(4) Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen und den Parteien zuzustellen. Sie ist vom vorsitzenden Mitglied der Schiedsstelle zu unterschreiben.

§ 11 Verfahrensgebühr und Kostentragung

(1) Zur Deckung der Kosten der Schiedsstelle (Aufwendungen für die Geschäftsstelle und Entschädigungen nach § 12 Abs. 1) wird für jedes Verfahren der Schiedsstelle eine Gebühr erhoben. Die Höhe der Gebühr und deren Verteilung auf die Parteien setzt das vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle mit einem Betrag zwischen 250 und 2 500 Euro schriftlich fest.
(2) Die Gebühr trägt die unterliegende Partei. Bei nur teilweisem Unterliegen oder bei einem Vergleich erfolgt eine anteilige Kostentragung entsprechend der Unterliegensquote.
(3) Die durch Gebühren nicht gedeckten Kosten der Schiedsstelle (Aufwendungen für die Geschäftsstelle und Entschädigungen nach § 12 Abs. 1) tragen je zur Hälfte die nach § 3 Abs. 1 und 2 beteiligten Organisationen, untereinander als Gesamtschuldner, entsprechend der Sitzverteilung in der Schiedsstelle.

§ 12 Entschädigung

(1) Das vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle und sein Stellvertreter erhalten Reisekosten nach dem Thüringer Reisekostengesetz vom 23. Dezember 2005 (GVBl. S. 446) in der jeweils geltenden Fassung. Für sonstige Barauslagen und Zeitaufwendungen erhalten sie einen Pauschalbetrag, dessen Höhe die nach § 3 Abs. 3 beteiligten Organisationen zu Beginn der Amtsperiode gemeinsam festsetzen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, wird der Pauschalbetrag vom Landesverwaltungsamt festgesetzt.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und deren Stellvertreter erhalten Reisekosten sowie Ersatz für sonstige Barauslagen und Zeitaufwendungen von den Organisationen, die sie nach § 3 Abs. 1 und 2 bestellt haben, nach deren Bestimmungen.
(3) Sachverständige und Zeugen erhalten eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718 -776-) in der jeweils geltenden Fassung. Die Entschädigung wird von dem vorsitzenden Mitglied der Schiedsstelle festgesetzt. Im Übrigen gilt § 11 Abs. 2 entsprechend.
(4) Die Ansprüche auf Entschädigung nach den Absätzen 1 und 3 sind bei der Geschäftsstelle der Schiedsstelle schriftlich geltend zu machen.

§ 13 Geschäftsordnung

Die Schiedsstelle gibt sich eine Geschäftsordnung. Diese bedarf der Bestätigung durch das Landesverwaltungsamt.

§ 14 Aufsicht

Die Rechtsaufsicht über die Schiedsstelle führt das für Kinder- und Jugendhilfe zuständige Ministerium. Es ist auch Fachaufsichtsbehörde über das Landesverwaltungsamt im Rahmen der dem Landesverwaltungsamt durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben.

§ 15 Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in dieser Verordnung gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

§ 16 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Erfurt, den 28. Januar 1999
Die Landesregierung
Der Ministerpräsident Die Ministerin für Soziales und Gesundheit
Bernhard Vogel Ellenberger
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